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Entscheidung 1 OAus 7/25


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Strafsenat Entscheidungsdatum 21.03.2025
Aktenzeichen 1 OAus 7/25 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2025:0321.1OAUS7.25.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Auslieferung des Verfolgten P… an die Republik Polen zur Strafvollstreckung wegen der in dem Europäischen Haftbefehl des Bezirksgerichts G___ vom 27. August 2024 (Az. IV Kop 73/24) näher bezeichneten rechtskräftigen Verurteilung des Bezirksgerichts G___ vom 3. September 2020 (Az. IV K 75/16) zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten wegen illegalen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und wegen Betruges (Art. 55 Abs. 3 des polnischen Gesetzes über die Bekämpfung der Drogenabhängigkeit, Art. 286 § 1 des polnischen StGB) ist zulässig.

Die Entschließung der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg, die Auslieferung des Verfolgten P… an die Republik Polen zum Zwecke der Vollstreckung der Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten aus der in der in dem Europäischen Haftbefehl des Bezirksgerichts G___ vom 27. August 2024 (Az. IV Kop 73/24) näher bezeichneten rechtskräftigen Verurteilung des Bezirksgerichts Gdańsk vom 3. September 2020 (Az. IV K 75/16) zu bewilligen, wird nach vollinhaltlicher Überprüfung gerichtlich bestätigt.

Der Grundsatz der Spezialität ist zu beachten.

Die Fortdauer der Auslieferungshaft gegen den Verfolgten P… wird angeordnet.

Gründe

I.

1. Die polnischen Justizbehörden ersuchen auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls des Bezirksgerichts G____ vom 27. August 2024 (Az. IV Kop 73/24), dem das rechtskräftige Urteil des Bezirksgerichts G___ vom 3. September 2020 (Az. IV K 75/16) zugrunde liegt, um Auslieferung des Verfolgten zum Zwecke der Strafvollstreckung. Der Verfolgte ist durch das vorgenannte rechtskräftige Urteil wegen illegalen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und wegen Betruges (Art. 55 Abs. 3 des polnischen Gesetzes über die Bekämpfung der Drogenabhängigkeit, Art. 286 § 1 des polnischen StGB) zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden, die noch vollständig zu vollstrecken ist.

Nach der deutschen Übersetzung der Sachverhaltsschilderung in dem Europäischen Haftbefehl liegen dem vorgenannten Urteil folgende Sachverhalte zu Grunde:

1. Im Dezember 2013, nicht später als am 12. Dezember 2013, hat der Verfolgte in S___ in der Nähe von K___ an der Oder, im gewollten und bewussten Zusammenwirken mit anderen Personen, in der Absicht, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen, den polnischen Vorschriften des Gesetzes über die Zuwiderhandlung der Rauschgiftsucht zuwider einen innergemeinschaftlichen Erwerb von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Form von 988,83 Gramm Trockenpflanzen (mit Ausnahme von faserigem Cannabiskraut) und von insgesamt 0,54 Gramm Kokain derart begangen, dass er die vorher bestellten Drogen von einer nicht ermittelten Person, die diese für ihn aus Deutschland nach Polen beförderte, in Empfang genommen hat.

2. Im Januar 2014, nicht später als am 22. Januar 2014, hat er in Ś____, im gewollten und bewussten Zusammenwirken mit anderen Personen, in der Absicht, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen, den Vorschriften des Gesetzes über die Zuwiderhandlung der Rauschgiftsucht zuwider einen innergemeinschaftlichen Erwerb von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Form von 1.306,19 Gramm Trockenpflanzen (mit Ausnahme von faserigem Cannabiskraut) derart begangen, dass er die vorher bestellten Drogen von einer unbekannten Person, die diese für ihn aus Deutschland nach Polen beförderte, entgegengenommen hat.

3. Am 23. März 2012 hat der Verfolgte in W…, gemeinschaftlich und in Absprache mit einer anderen Person handelnd, in Zueignungsabsicht bei K… Z… als Vertreterin der S… Z… GmbH in W…, eine nachteilige Vermögensverfügung verursacht, indem er K… Z… irregeführt und das aufgrund des Kfz-Mietvertrags geliehene Fahrzeug des Fabrikats V… P… (amtliches Kennzeichen: „A“ im Wert von 94.000 PLN, das im Eigentum der ’E… F… L… s… a…“‘ [Eu…L… AG mit Sitz in Br…] stand, anders als es im obengenannten Vertrag vorgesehen war, genutzt hat sowie keine Absicht hatte, das Fahrzeug an die Eigentümer zurückzugeben.

2. Der Verfolgte wurde aufgrund der Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) am 10. Februar 2025 gegen 21:20 Uhr im Rahmen der Grenzkontrolle als Mitreisender des Zuges EC 40 (Warschau-Berlin) in Frankfurt (Oder) vorläufig festgenommen und am Folgetag durch den Ermittlungsrichter am Amtsgericht Frankfurt (Oder) richterlich angehört. Hierbei hat er sich mit seiner Auslieferung an Polen im vereinfachten Auslieferungsverfahren nicht einverstanden erklärt und auch auf die Beachtung des Spezialitätsgrundsatzes nicht verzichtet.

Das Amtsgericht Frankfurt (Oder) hat am 11. Februar 2025 eine Festhalteanordnung (Az. 45 Gs 262/25) erlassen und der Senat am 17. Februar 2025 einen Auslieferungshaftbefehl, infolge dessen der Verfolgte gegenwärtig in der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen inhaftiert ist. Mit weiterem Beschluss vom 3. März 2025 hat der Senat seitens des Verfolgten erhobene Einwände gegen den Auslieferungshaftbefehl zurückgewiesen.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich des bisherigen Auslieferungsverfahrens auf den Auslieferungshaftbefehl vom 17. Februar 2025 und auf den Beschluss des Senats vom 3. März 2024 verwiesen.

3. Zu dem Europäischen Haftbefehl und dem damit verbundenen Auslieferungsersuchen ist der Verfolgte am 4. März 2025 gemäß §§ 28, 79 Abs. 2 S. 3 IRG vor dem Amtsgericht Cottbus richterlich vernommen worden (BI. 267 ff. d. A.). Bei dieser Anhörung wurde dem Verfolgten die Absicht der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg als Bewilligungsbehörde bekannt gegeben, keine Bewilligungshindernisse nach § 83b IRG geltend zu machen. Insbesondere wurde ihm Gelegenheit gegeben, mündlich oder schriftlich binnen einer Woche zu dem Wortlaut der nachfolgenden Absichtserklärung der Bewilligungsbehörde Stellung zu nehmen:

„Hinsichtlich der begehrten Auslieferung des Verfolgten nach Polen auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls des Bezirksgerichts G___ vom 27. August 2024 (Az. IV Kop 73/24) zum Zwecke der Vollstreckung der durch rechtskräftiges Urteil des Bezirksgerichts G____ vom 3. September 2020 (Az. IV K 75/16) wegen illegalen Handels mit Betäubungsmitteln und Betruges (Art. 55 Abs. 3 des polnischen Gesetzes über die Bekämpfung der Drogenabhängigkeit, Art. 286 § 1 des polnischen StGB) erkannten Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten beabsichtigt der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg, Bewilligungshindernisse nach § 83b IRG nicht geltend zu machen.

1. Die in § 83b Abs. 1 Nr. 1 bis 4 IRG im Einzelnen aufgeführten Bewilligungshindernisse, die einer Auslieferung entgegenstehen würden, liegen bei dem Verfolgten nicht vor. Insbesondere sind die dem Verfolgten von den polnischen Behörden zur Last gelegten Taten in Polen begangen worden und haben mithin ausschließlich Auslandsbezug.

2. Auch liegen keine Gründe für die Ablehnung der Bewilligung nach § 83b Abs. 2 Nr. 2 IRG vor. Danach kann die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, abgelehnt werden, wenn sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt.

a) Vorliegend ist bereits zweifelhaft, ob der Verfolgte über einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland verfügt. Zwar erklärte er bei seiner richterlichen Vernehmung am 11. Februar 2025 vor dem Amtsgericht Frankfurt (Oder), dass er sich seit acht bis neun Jahren in Deutschland aufhalte und einen festen Wohnsitz in Bi…, …Straße .. habe. Seit zwei oder drei Jahren habe er eine Wohnung in P…, … Straße …, gemietet als Nebenwohnsitz. Er arbeite bei der Deutschen Post in N… seit acht Jahren.

Tatsächlich ist der Verfolgte seit 20. Juli 2017 in Bi…,-Straße .. gemeldet (BI. 145 d. A.). Allerdings hat der Bürgerservice Bi… mit E-Mail vom 12. Oktober 2024 der Polizeidirektion Görlitz mitgeteilt, dass sich das Objekt unter der genannten Anschrift in einem unbewohnbaren Zustand befinde (BI. 51 d. A.). Der Verfolgte sei daher von Amts wegen nach Unbekannt abgemeldet worden. Im Februar 2024 habe der Verfolgte dort vorgesprochen, da er eine Meldebescheinigung benötigte. In dem Gespräch habe sich ergeben, dass der Verfolgte in B… arbeite, aber manchmal in Bi… sei, um das Haus zu sanieren. Bald werde er dort „richtig“ wohnen, weil er demnächst eine Arbeitsstelle in Dresden antrete. Die Abmeldung sei daher rückgängig gemacht worden. Im Rahmen erneuter Ermittlungen sei sodann festgestellt worden, dass das Haus tatsächlich unbewohnt sei und der Briefkasten überquelle. Laut den Nachbarn komme der Verfolgte nicht mehr vorbei. Der Verfolgte sollte daher erneut von Amts wegen abgemeldet werden. Mit Schreiben vom 21. November 2024 (Bi. 188 d. A.) teilte der Bürgerservice Bi… der Staatsanwaltschaft Görlitz, Zweigstelle Bautzen, mit, dass der Verfolgte dort am 8. November 2024 erneut vorgesprochen habe. Es habe sich herausgestellt, dass er nach wie vor in B… arbeite, aber regelmäßig in Bi… sei, um den Briefkasten zu leeren und das Haus zu sanieren. Der Verfolge sei auf seine Meldepflicht in B… hingewiesen worden. Gegebenenfalls werde er erneut von Amts wegen abgemeldet, wenn er dieser Aufforderung nicht nachkomme.

Danach steht fest, dass sich der Verfolgte unter seiner Meldeadresse in Bi… nicht dauerhaft aufhält. In P… oder N… ist er ausweislich der Ermittlungen des LKA nicht gemeldet (BI. 141 d. A.).

Bei der Deutschen Post AG, Paketzentrum …, arbeitet er laut der übermittelten Bestätigung vom 30. Mai 2024 (BI. 156R. d. A.) seit 12. Februar 2018, also seit sieben Jahren. Seit 1. Februar 2020 ist das Beschäftigungsverhältnis unbefristet. Der Verfolgte ist dort teilzeitbeschäftigt mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden (BI. 156 d. A.). Hinsichtlich der Wohnung in P… hat der Rechtsbeistand einen Mietvertrag vom 12. Mai 2020 über Wohnräume in der … straße … in … P… vorgelegt (BI. 157 ff. d. A.). Nach den Angaben des Verfolgten wohne er dort aber erst seit zwei oder drei Jahren. Wo er vorher wohnhaft war, ist nicht bekannt.

Danach ist allein belegt, dass der Verfolgte seit sieben Jahren einer Teilzeitbeschäftigung bei der Deutschen Post AG in N…, OT …, nachgeht. Gefestigte familiäre Bindungen in Deutschland sind ebenfalls nicht ersichtlich. Soweit der Verfolgte im Rahmen der richterlichen Vernehmung angab, seine 80-jährige Mutter lebe bei ihm, konnten keine Meldedaten ermittelt werden (BI. 141 d. A.). Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verfolgte im Inland dauerhaft Bindungen begründet hat, wie sie sich aus einem Wohnsitz im Sinne von Art. 4 Nr. 6 RbEuHb ergeben.

b) Aber selbst wenn man annehmen mag, dass der Verfolgte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, kann er sich nicht auf ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an einer Strafvollstreckung im Inland berufen.

aa) Maßgeblich für diese Entscheidung ist es, ob durch die Verbüßung der Strafe im Inland die Resozialisierungschancen des Verfolgten erhöht werden (vgl. EuGH NJW 2011, 285, 286; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2009, 107, 108 und Beschluss vom 07.12.2010, 1 AK 50/10 - zit. nach Juris; OLG Köln, Beschluss vom 31.08.2009, 6 AuslA 41/09 -, juris). Der Strafvollzug müsste also der Aufgabe, den Verfolgten zu einem künftigen Leben in sozialer Verantwortung ohne Straftaten zu befähigen (vgl. dazu § 2 Satz 1 StVollzG), besser gerecht werden als die Strafvollstreckung im ersuchenden Staat. Insoweit ist über den gewöhnlichen Aufenthalt des Verfolgten in Deutschland hinaus von Bedeutung, in welchem Maße die beruflichen, wirtschaftlichen, familiären und sozialen Beziehungen des Verfolgten in Deutschland verfestigt sind. Hierbei ist zu bedenken, dass bei drohender Strafvollstreckung im Herkunftsland - wie hier - die Bindungen an Deutschland besonderer Ausprägung bedürfen, um ein Bewilligungshindernis zu begründen (vgl. KG, Beschluss vom 23.03.2012, (4) AuslA 1252/09 (38/10) - juris). Dabei ist anzunehmen, dass im Falle einer Vollstreckung im Herkunftsstaat von vornherein keine der Resozialisierung entgegenstehenden sprachlichen und kulturellen Probleme bestehen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 31.08.2009, 6 AuslA 41/09 -, juris; OLG Karlsruhe a.a.O.). Vor allem ist wie bei jeder Auslieferungsentscheidung der Grundsatz des § 79 Abs. 1 IRG zu beachten, wonach eine zulässige Auslieferung nach dem aus der Vorschrift zweifelsfrei ersichtlichen gesetzgeberischen Willen im Regelfall auch zu bewilligen ist.

bb) Unter Beachtung der vorstehend dargestellten Maßstäbe ist anzunehmen, dass die bestehenden Bindungen des Verfolgten im Bundesgebiet nicht geeignet sind, die Resozialisierungschancen im Falle einer Inlandsvollstreckung zu erhöhen. Der Verfolgte würde im Falle der Auslieferung die Strafe in seinem Herkunftsland verbüßen. Die kulturellen und rechtlichen Gegebenheiten in Polen sind ihm geläufig, da er mit den dortigen Lebensverhältnissen vertraut ist. Seine derzeitigen familiären Bindungen führen demgegenüber zu keiner anderen Beurteilung. Es ist bereits zweifelhaft, ob sich seine Mutter dauerhaft in Deutschland aufhält, da Meldedaten nicht vorhanden sind. Eine feste Verwurzelung der Mutter in Deutschland ist nicht anzunehmen. Aufgrund ihrer Herkunft hat sie eher Bindungen zum ersuchenden Staat. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass der Strafvollzug in seinem Herkunftsland die Resozialisierung durch negative Auswirkungen auf die persönliche und familiäre Situation erschweren würde, da Bindungen zu den Angehörigen durch Haftbesuche sowie briefliche und telefonische Kontakte aufrechterhalten werden können.

Die vom Verfolgten bislang in N… ausgeübte Tätigkeit lässt bessere Resozialisierungschancen durch eine Strafvollstreckung im Inland ebenfalls nicht erwarten. Denn die Fortführung dieser Teilzeitbeschäftigung wäre bei einer Strafvollstreckung in Deutschland, konkret in Sachsen, wo der Verfolgte gemeldet ist, nicht gewährleistet. Auch die geplante Sanierung des Objektes in Bi… wäre im Falle einer Verbüßung der Strafe in Deutschland nicht möglich.

Schließlich führen die deutschen Sprachkenntnisse des Verfolgten nicht zu besseren Resozialisierungschancen, da ein Strafvollzug in seinem Herkunftsland frei von jeglichen Sprachhindernissen wäre. Sonstige Umstände, welche eine Erhöhung der Resozialisierungschancen erwarten ließen und ein Überwiegen schutzwürdiger Belange an einer Inlandsvollstreckung begründen könnten, sind nicht ersichtlich.

Nach alledem liegen aus Sicht der Bewilligungsbehörde nach Abwägung aller für und gegen den Verfolgten sprechenden Umstände keine Gründe vor, die einer Übergabe des Verfolgten an die polnischen Behörden zum Zwecke der Strafvollstreckung entgegenstehen.“

Bei seiner richterlichen Anhörung am 4. März 2025 hat sich der Verfolgte - wie bereits im Rahmen seiner am 11. Februar 2025 vor dem Amtsgericht Frankfurt (Oder) stattgefundenen Vernehmung (BI. 42 ff. d. A.) – erneut mit der Auslieferung im vereinfachten Verfahren nicht einverstanden erklärt. Es bedarf mithin einer obergerichtlichen Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung. Auf die Beachtung des Spezialtiätsgrundsatzes hat der Verfolgte ebenfalls nicht verzichtet.

4. Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat unter dem 12. März 2025, eingegangen beim Brandenburgischen Oberlandesgericht am 14. März 2025, beantragt, die Auslieferung des Verfolgten an Polen zur Strafvollstreckung wegen der durch rechtskräftiges Urteil des Bezirksgerichts G___ vom 3. September 2020 (Az. IV K 75/16) wegen illegalen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und wegen Betruges (Art. 55 Abs. 3 des polnischen Gesetzes über die Bekämpfung der Drogenabhängigkeit, Art. 286 § 1 des polnischen StGB) erkannten Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten für zulässig zu erklären, der seitens der Generalstaatsanwaltschaft beabsichtigten Bewilligung der Auslieferung des Verfolgten an Polen zur Strafvollstreckung - unter Spezialitätsvorbehalt – zuzustimmen und die Fortdauer der Auslieferungshaft anzuordnen.

Dem Verfolgten wurde über seinem Beistand der Antrag der Generalstaatsanwaltschaft bekannt gegeben.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 14. März 2024 ist der Verfolgte der avisierten Auslieferung an Polen entgegengetreten. Ergänzend zu den bereits mit Anwaltsschriftsatz vom 17. Februar 2025 vorgebrachen Einwendungen, die Gegenstand des oben genannten Senatsbeschlusses vom 3. März 2025 sind, hat der Verfolgte dargelegt, dass zwei Söhne von ihm in Deutschland leben würden, von denen ein Sohn ebenfalls seit 2017 in Bi… wohnhaft sei und in N…arbeite. Aufgrund der in Deutschland bestehenden Wohn- und Arbeitsverhältnisses stünde § 83b Abs. 2 Nr. 2 IRG einer Bewilligung der Auslieferung des Verfolgten an Polen entgegen.

II.

Der Senat entscheidet entsprechend den Anträgen der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg; die gesetzlichen Voraussetzungen für die erstrebten Anordnungen liegen vor.

1.

Die Auslieferung des Verfolgten an die polnischen Justizbehörden zum Zwecke der Strafvollstreckung ist nach dem durch das EuHbG vom 20. Juli 2006 umgesetzten Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten sowie nach den maßgeblichen Bestimmungen des Achten Teils des IRG nicht unzulässig; Gründe, die einer Auslieferung entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.

a) Die Auslieferungsfähigkeit ist nach den §§ 3, 81 Nr. 2 IRG gegeben. Die dem Urteil des Bezirksgerichts G____ vom 3. September 2020 zugrunde liegenden Taten wären auch nach deutschem Recht gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 4 KCanG, § 263 StGB strafbar. Das Maß der zu vollstreckenden Freiheitsstrafe beträgt mehr als vier Monate (§ 81 Nr. 2 IRG).

Auch enthält der Europäische Haftbefehl die nach § 83 a Abs. 1 Nr. 1 - 6 IRG erforderlichen Angaben. Der Europäische Haftbefehl des Bezirksgerichts G___ vom 27. August 2024 (Az. IV Kop 73/24) gibt die Identität des Verfolgten an, enthält die Bezeichnung und Anschrift der ausstellenden Justizbehörde, nennt die Art und die rechtliche Würdigung der Straftaten einschließlich der gesetzlichen Bestimmungen sowie die verhängte Strafe und beschreibt die Umstände, unter denen die Taten begangen wurden, mit Angaben zu Tatzeit, Tatort und Tatmodalitäten ausreichend. Eine inhaltliche Überprüfung des dem Europäischen Haftbefehl zugrunde liegenden Urteils findet im Rahmen des Auslieferungsverfahrens nicht statt.

b) Ein Zulässigkeitshindernis nach § 83 Abs. 1 Nr. 3 IRG besteht nicht, da der Verfolgte nach den Angaben im Europäischen Haftbefehl bei der dem Urteil zugrundeliegenden Verhandlung anwesend war.

c) Das bei der Staatsanwaltschaft Görlitz, Zweigstelle Bautzen, anhängige Vollstreckungshilfeverfahren 440 Js 38917/24 steht der Auslieferung des Verfolgten an Polen nicht entgegen. Zwar ersuchte das Bezirksgericht G___ im Oktober 2024 um Übernahme der Vollstreckung der Strafe aus dem Urteil desselben Gerichts vom 3. September 2020 (Az. IV K 75/16), welches auch dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt. Eine Entscheidung über die Übernahme ist bisher indes nicht ergangen (BI. 177 d. A.). Im Hinblick auf das parallele Auslieferungsersuchen wird das Vollstreckungshilfeverfahren derzeit nicht weitergeführt (BI. 179 d. A.). Das Bezirksgericht G____ hält an dem Auslieferungsersuchen fest (BI. 201 d. A.).

d) Ferner begründet der erstmals erhobene Einwand des Verfolgten, er habe Angst um sein Leben, weil er Kronzeuge gewesen sei (BI. 268 d. A.), kein Zulässigkeitshindernis. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung einer konkreten Gefahr für sein Leben oder seine Gesundheit ausgesetzt sein könnte, sind nicht ersichtlich und von dem Verfolgten auch nicht vorgetragen worden.

2.

a) Hinsichtlich der avisierten Bewilligung der Auslieferung durch die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg ist infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshof vom 24. November 2020 (Az. C-510/19) zum Begriff der „vollstreckenden Justizbehörde" nach Art. 6 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (2002/584/JI) und der dadurch bedingten europarechtskonformen Auslegung von § 79 Abs. 2 IRG eine vollinhaltliche Überprüfung und Bestätigung durch den Senats veranlasst.

b) Die beabsichtigte Entschließung der Generalstaatsanwaltschaft, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, ist nach vollinhaltlicher Prüfung durch den Senat zu bestätigen.

aa) Die in § 83b Abs. 1 Nr. 1 bis 4 IRG im Einzelnen aufgeführten Bewilligungshindernisse, die einer Auslieferung entgegenstehen könnten, liegen beim Verfolgten nicht vor. Die dem Verfolgten von den polnischen Behörden zur Last gelegte Taten sind in Polen begangen worden und haben ausschließlich Auslandsbezug.

bb) Hinreichende Gründe für die Ablehnung der Bewilligung nach § 83b Abs. 2 Nr. 2 IRG sind nicht gegeben. Ein überwiegendes, zu schützendes Interesse an einer Strafvollstreckung im Inland ist nicht zu erkennen. Eine besondere soziale Verwurzelung des Verfolgten in Deutschland ist nicht erkennbar, hinzukommen zahlreiche falsche und widersprüchliche Angaben des Verfolgten gegenüber den deutschen Behörden.

(1.) Bei der Überprüfung der avisierte Bewilligung der Auslieferung durch die Bewilligungsbehörde ist zu beachten, dass nach § 79 Abs. 1 IRG grundsätzlich eine Pflicht zur Bewilligung zulässiger Auslieferungsersuchen besteht (ausf. Senatsbeschluss vom 4. November 2024, 1 OAus 39/24, zit. n. Juris, dort Rn. 18; siehe auch bereits Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2010, (1) 53 AuslA 52/10 (26/10); ebenso: OLG Karlsruhe NStZ-RR 2008, 376; KG, Beschluss vom 23. März 2010, (4) AuslA 1252/09 (38/10); KG, Beschluss vom 30. November 2009, (4) AuslA 247/08 (78/08), jew. zit. nach juris).

Entscheidungserheblich ist dabei, ob die Resozialisierungschancen des Verfolgten durch die Strafvollstreckung im Inland erhöht werden können (vgl. EuGH NJW 2008, 3201, 3203 – Kozlowski-Urteil –, insbes. Rdnr. 45; ausf. Senatsbeschluss vom Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2010, (1) 53 AuslA 52/10 (26/10); vgl. auch OLG Karlsruhe NStZ-RR 2009, 107, 108; KG, Beschluss vom 23. März 2010, (4) AuslA 1252/09 (38/10); KG, Beschluss vom 30. November 2009, (4) AuslA 247/08 (78/08); OLG Köln Beschluss vom 31. August 2009, jew. zit. nach juris).

Eine merkliche Erhöhung der Resozialisierungschancen durch die Strafvollstreckung in Deutschland setzt voraus, dass der hiesige Strafvollzug seiner Aufgabe gerecht werden kann, einen Verurteilten zu einem künftigen Leben in sozialer Verantwortung ohne Straftaten zu befähigen (§ 2 Satz 1 StVollzG). Insoweit ist über den gewöhnlichen Aufenthalt des Verfolgten in Deutschland hinaus von Bedeutung, in welchem Maße die beruflichen, wirtschaftlichen, familiären und sozialen Beziehungen des Verfolgten in Deutschland verfestigt sind. Hierbei ist zu bedenken, dass bei drohender Strafvollstreckung im Herkunftsland - wie hier - die Bindungen an Deutschland besonderer Ausprägung bedürfen, um ein Bewilligungshindernis zu begründen (vgl. KG, Beschluss vom 23.03.2012, (4) AuslA 1252/09 (38/10) -, juris). Dabei ist anzunehmen, dass im Falle einer Vollstreckung im Herkunftsstaat von vornherein keine der Resozialisierung entgegenstehenden sprachlichen und kulturellen Probleme bestehen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 31.08.2009, 6 AuslA 41/09 -, juris; OLG Karlsruhe a.a.O.). Vor allem ist wie bei jeder Auslieferungsentscheidung der Grundsatz des § 79 Abs. 1 IRG zu beachten, wonach – wie bereits oben erwähnt – eine zulässige Auslieferung nach dem aus der Vorschrift zweifelsfrei ersichtlichen gesetzgeberischen Willen im Regelfall auch zu bewilligen ist.

(2.) Unter Beachtung der vorstehend dargestellten Maßstäbe ist anzunehmen, dass die bestehenden Bindungen des Verfolgten im Bundesgebiet nicht geeignet sind, die Resozialisierungschancen im Falle einer Inlandsvollstreckung zu erhöhen.

Dem Verfolgten ist darin beizupflichten, das der Europäische Gerichtshof von einem möglicherweise gesicherten gewöhnlichen Aufenthalt ab einer Aufenthaltsdauer von fünf Jahren ausgeht, dieser Dauer jedenfalls Indizwirkung beimisst (vgl. EuGH, Urteil vom 05. September 2012, C-42/11 - Lopes da Silva Jorge - NJW 2013, 141; EuGH, Urteil vom 06. Oktober 2009, C-123/08 - Wolzenburg - NJW 2010, 283; siehe auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. Mai 2016, 2 AuslA 202/15, in: NStZ-RR 2016, 352 ff.; siehe auch Senatsbeschluss vom 4. November 2024, 1 OAus 39/24, zit nach juris, dort Rn. 18). Dieser Zeitraum wäre nach den Angaben des Verfolgten hinsichtlich der (Teilzeit-) Beschäftigung bei der Deutschen Post AG in N… zwar erreicht, jedoch muss der Aufenthalt rechtmäßig sein. Dies setzt insbesondere voraus, dass sich der Verfolgte im Inland an die geltenden Melderegelungen gehalten hat (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. Mai 2016, 2 AuslA 202/15, in: NStZ-RR 2016, 352 ff.; Senatsbeschluss vom 4. November 2024, 1 OAus 39/24, zit nach juris, dort Rn. 18), was im vorliegenden Fall gerade nicht der Fall ist.

Soweit der Verfolgte bei seiner richterlichen Vernehmung vor dem Amtsgericht Frankfurt (Oder) angegeben hatte, seinen „festen Wohnsitz“ in der …-Straße .. in Bi… zu haben (Bl. 43 d.A.), ist dies unzutreffend. Auch soweit der Verfolgte dort amtlich gemeldet war, entsprach dies nicht seinem tatsächlichen Wohnsitz in Deutschland. Denn nach den Erkenntnissen des Bürgerservices Bi… befindet und befand sich das Haus …-Straße .. in Bi… jedenfalls Anfang 2024 in einem unbewohnbaren Wohnsitz, so dass der Verfolgte „von Amts wegen nach Unbekannt“ abgemeldet wurde (E-Mail Bürgerservice an Polizei Sachsen vom 12.10.2024, Bl. 51 d.A.). Gegenüber der Meldebehörde hatte der Verfolgte nach seiner Zwangsabmeldung im Februar 2024 vorgebracht, eine Meldebescheinigung zu benötigen. Hierbei hatte er der Wahrheit zuwider angegeben, in B… zu arbeiten, „manchmal“ nach Bi… zu kommen, um das Haus zu sanieren, und demnächst eine Arbeitsstelle in D… anzutreten. Hieraufhin wurde die Zwangsabmeldung rückgängig gemacht (E-Mail vom 12.10.2024 aaO.). Nachdem im Oktober 2024 erneut festgestellt worden war, dass das Haus …-Straße .. in Bi… unbewohnbar war und offensichtlich Sanierungsarbeiten nicht eingeleitet worden waren, und durch Bedienstete des Ordnungsamtes festgestellt worden war, dass es sich offensichtlich um eine „Scheinadresse“ handele, erfolgte von Amts wegen erneut eine „Abmeldung nach Unbekannt“ (E-Mail Polizei Sachsen an Generalstaatsanwaltschaft Dresden vom 15.10.2024, Bl. 50 d.A.). Die Angaben des Verfolgten gegenüber dem Meldeamt zu seinem tatsächlichen Wohnsitz und zu seiner gegenwärtigen und zukünftigen Arbeitsstelle waren falsch und zudem auch widersprüchlich. Denn nach den Angaben des Rechtsbeistands des Verfolgten in den Anwaltsschriftsätzen vom 14. Februar 2025 und vom 14. März 2025 arbeitet er seit dem 12. Februar 2018 bei der Deutschen Post AG in N…. Der Verfolgte gab bei seiner richterlichen Vernehmung vor dem Amtsgericht Frankfurt (Oder) am 11. Februar 2025 an, dort „im Sortierbereich im Lager als Lagerist“ zu arbeiten (Bl. 43 d.A.). Vor diesem Hintergrund erscheint die angegebene Wohn- und Meldeanschrift in Bi… als nicht glaubhaft, da sie sich ca. 240 km von der behaupteten Arbeitsstelle in N… befindet und es unwahrscheinlich ist, dass der Verfolgte bei einem Bruttolohn von 25,00 €/Stunde täglich ca. 480 km von seinem Wohnort zu seiner Arbeitsstätte und zurück fährt. Widersprüchlich ist ferner, dass sich der Verfolgte als Eigentümer des Hauses in …-Straße .. in Bi… geriert, hingegen nach Auskunft des Bürgersevices Bi… „einer der Söhne“ Eigentümer des Hauses sein soll (E-Mail vom 12.10.2024, Bl. 51 d.A.).

Gegen die Annahme des Wohnsitzes in Bi… spricht auch der Mietvertrag vom 12. Mai 2020, wonach der Verfolge seit dem 1. Juni 2020 eine Wohnung in der … Straße … in …P… bezogen haben soll. Amtlich gemeldet ist der Verfolgte in P.. jedoch nicht (vgl. E-Mail LKA Brandenburg an Generalstaatsanwaltschaft vom 14. Februar 2025, Bl. 141 f. d.A.). In Widerspruch zu diesem Wohnsitz steht jedoch die Zulassung des Pkws des Verfolgten in Ba… mit dem amtlichen Kennzeichen „B“ (Bl. 162 R d.A.). Auch hat der Verfolgte als Fahrzeugführer des Pkw „C“ bei einer am 12. Februar 2024 erfolgten Verkehrskontrolle lediglich einen alten polnischen Führerschein vorgelegt, der ungültig war, weshalb ein Strafverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eingeleitet wurde.

Eine besondere Verwurzelung in Deutschland kann der Verfolgte auch nicht auf die Behauptung stützen, dass seine 80-jährige Mutter bei ihm lebe. Hierzu fehlen jegliche Belege. Passende Meldedaten sind nicht erfasst (vgl. E-Mail LKA Brandenburg an Generalstaatsanwaltschaft vom 14. Februar 2025, Bl. 141 f. d.A.). Auch die polizeilichen Ermittlungen an der Anschrift des Verfolgten in P… (Nachbarschaftsbefragungen) haben keine Hinweise für den Aufenthalt einer älteren Frau in der Wohnung des Verfolgten ergeben (E-Mail LKA Brandenburg an Generalstaatsanwaltschaft vom 12. März 2025, BI. 276f d. A.). Ungeachtet dessen ist nicht ersichtlich, dass die Mutter des Verfolgten in Deutschland fest verwurzelt wäre; konkrete Angaben dazu hat der Verfolgte nicht gemacht.

Die im Anwaltsschriftsatz vom 14. März 2025 erstmals aufgestellte Behauptung des Verfolgten, dass auch sein Sohn R… seit 2017 unter der Anschrift …-Straße .. in Bi… gemeldet sei und er diese Adresse auch im Rahmen seines Arbeitsvertrages für geringfügig entlohnte Beschäftigte bei einer Firma im Bereich der Küchen- und Möbelmontage in N… im Jahr 2023 angegeben hatte, ist zum einen vor dem Hintergrund der festgestellten Unbewohnbarkeit des Hauses als auch vor dem Hintergrund der Entfernung des Wohnortes vom Arbeitsort (ca. 240 km) nicht glaubhaft. Welches besondere persönliche Verhältnis der Verfolgte zu seinem Sohn R… hat, wird nicht dargelegt; den Vornamen des zweiten Sohnes, der ebenfalls in Deutschland leben soll, teilt der Verfolgte nicht einmal mit.

Neben einer Teilzeitbeschäftigung in N…, die mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund der anstehenden Vollstreckung der Freiheitsstrafe gekündigt werden dürfte (vgl. E-Mail LKA Brandenburg an Generalstaatsanwaltschaft vom 14. Februar 2025, Bl. 141 f. d.A.), sind keine besonderen sozialen Verwurzelungen des Verfolgten im Inland feststellbar, die ein überwiegendes Interesse der Vollstreckung der Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten durch das Bezirksgericht G___ vom 3. September 2020 (Az. IV K 75/16) in der Bundesrepublik Deutschland nach § 83 b Abs. 2 Nr. 2 IRG rechtfertigen könnten.

Hinsichtlich der Beziehungen des Verfolgten zu seiner 80-jährigen Mutter und zu seinen beiden Söhnen sind die Ausführungen des Verfolgten unzureichend. Weitere mögliche soziale Verwurzelungen des Verfolgten in Deutschland, wie beispielsweise eine bestehende Partnerschaft oder die Übernahme eines Ehrenamtes, werden nicht dargelegt. Im Gegenteil haben die polizeilichen Ermittlungen ergeben, dass das Verhältnis des Verfolgten zu dem Vermieter der Wohnung in P… aufgrund von Mietrückständen oft angespannt ist und aufgrund erneuter aktueller Mietrückstände das Mietverhältnis gekündigt werden soll (E-Mail Polizei Brandenburg an Generalstaatsanwaltschaft Brandenburg vom 12.03.2025, Bl. 276 d.A.). Des Weitern haben die polizeilichen Ermittlungen ergeben, dass an der Arbeitsstelle des Verfolgten in N… „oft“ Vollstreckungsbescheide den Verfolgten betreffend eingehen. Das Arbeitsverhältnis wird ebenfalls als problematisch beschrieben, da der Verfolgte „sehr oft“ krankheitsbedingt ausfalle und er von der Personalverwaltung als „sehr aufmüpfig und unbelehrbar“ beschrieben wurde (E-Mail LKA Brandenburg an Generalstaatsanwaltschaft Brandenburg vom 14. Februar 2025, Bl. 141 f. d.A.).

Es kommt hinzu, dass sich der Verfolgte offenbar zu einer Zeit nach Deutschland begeben hat bzw. sich hier aufhält, als er mit der Strafvollstreckung in Polen rechnen musste. Dieser Umstand relativiert die Bedeutung der ohnehin nur sehr schwachen Bindungen des Verfolgten an Deutschland (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 20. März 2008 – Ausl 3/08 – zit. n. juris).

Selbst wenn man annehmen mag, dass der Verfolgte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, kann er sich – wie die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg in ihrer Stellungnahme vom 12. März 2025 zutreffend ausgeführt hat – nicht auf ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an einer Strafvollstreckung im Inland berufen. Eine Erhöhung der Resozialisierungschancen des Verfolgten durch die Strafvollstreckung im Inland ist vorliegend nicht gegeben (vgl. Senatsbeschluss vom 4. November 2024, 1 OAus 39/24, zit. n. Juris, dort Rn. 17 ff.; Senatsbeschluss vom Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2010, (1) 53 AuslA 52/10 (26/10); ebenso: OLG Karlsruhe NStZ-RR 2009, 107, 108; KG, Beschluss vom 23. März 2010, (4) AuslA 1252/09 (38/10); KG, Beschluss vom 30. November 2009, (4) AuslA 247/08 (78/08); OLG Köln Beschluss vom 31. August 2009, jew. zit. nach juris).

3.

Der Vorbehalt der Spezialitätsbindung wird zu beachten sein.

4.

Die Fortdauer der Auslieferungshaft ist anzuordnen. Der Haftgrund der Fluchtgefahr besteht aus den im Auslieferungshaftbefehl des Senats vom 17. Februar 2025 genannten Gründen fort. Weniger einschneidende Maßnahmen bieten nicht die nach § 25 Abs. 1 IRG erforderliche Gewähr, dass der Zweck der Auslieferungshaft auch durch sie erreicht werden könnte. Angesichts der Höhe der zu vollstreckenden Strafe ist die Fortdauer der Auslieferungshaft erforderlich und angemessen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht dem bei der gegebenen Sachlage nicht entgegen.