Gericht | OLG Brandenburg 3. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 25.03.2025 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 3 U 120/23 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2025:0325.3U120.23.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Berufung der Klägerin unter ihrer Zurückweisung im Übrigen wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 06.10.2023, Az. 11 O 269/21, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt,
1. die Teilfläche des Grundstücks Gemarkung R. bei B., Flur …2, Flurstück …7, die die Parzelle 8.1 (postalische Anschrift A.) mit einer Größe von 300 m² umfasst und deren Umfang und Begrenzung sich aus der anliegenden Luftbildaufnahme K1 ergeben, sowie die Teilfläche des Grundstücks Gemarkung R., Flur …2, Flurstück …7, die die Parzelle 8.2 (postalische Anschrift A.) mit einer Größe von 330 m² umfasst und deren Umfang und Begrenzung sich aus der anliegenden Luftbildaufnahme K2 ergeben, nebst der auf diesem Grundstück befindlichen Baulichkeit, sofort zu räumen und beräumt an die Klägerin herauszugeben;
2. an die Klägerin einen Betrag von 325 € nebst 5 % Verzugszinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 21.09.2021 sowie weitere 2.665 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Wegen des Räumungsausspruches kann die Beklagte die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von 15.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Im Übrigen kann die Beklagte die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Antrag der Beklagten auf Gewährung einer Räumungsfrist wird zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt bis zu 35.000 €.
I.
Die Klägerin verlangt im Wesentlichen von der Beklagten die Herausgabe von zwei nebeneinander liegenden Flächen in R. (bezeichnet als Parzelle 8.1 und 8.2) mit einer Größe von 300 m² bzw. 330 m², die sie unter dem 27.06.2017 mit zwei Pachtverträgen von der Klägerin gepachtet hat (Anl. K3 und K4, Anlagenheft Klägerin Bl. 5 ff. und Bl. 14 ff.). Der Pachtzins beträgt 1 € pro Quadratmeter und Jahr für die Parzelle 8.1 und 3,60 € für die andere. Mit Schreiben vom 19.01.2021 kündigte die Beklagte das Pachtverhältnis zum 30.04.2021 ordentlich. Die Kündigung wurde der Beklagten am 29.01.2021 zugestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.
Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob es sich bei den gepachteten Flächen um solche nach dem Bundeskleingartengesetz handelt, die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe ein Recht zum Besitz gemäß § 986 BGB. Die streitgegenständlichen Parzellen würden dem Geltungsbereich des Bundeskleingartengesetzes gemäß § 1 BKleingG unterfallen. Hierzu hat das Landgericht ausgeführt, dass in dem Gebiet mit den Gartenparzellen zwischen dem Weg „A.“ und dem Weg „H.“ durch ein Wege- bzw. Straßennetz jede Gartenparzelle eingebunden werde, wobei die Anzahl der Gartenparzellen nicht bekannt und diese auch nicht ermittelt worden sei. Die in Augenschein genommenen Gartenparzellen würden einen ähnlichen Charakter aufweisen wie die der Beklagten. Zudem sei eine Einfriedung der Parzellen vorhanden. Die von der Beklagten gepachteten Parzellen seien sowohl in der Einzelbetrachtung als auch in ihrer Gesamtbetrachtung als Kleingartenparzellen zu qualifizieren. Dass es sich um eine Kleingartenanlage im Sinne des vorgenannten Gesetzes handele, ergebe sich auch daraus, dass Spielflächen und Gemeinschaftsparkplätze vorhanden seien. Kündigungsgründe nach § 9 BKleingG lägen nicht vor. Zudem stehe der Klägerin auch kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zu.
Die Klägerin ficht das Urteil in vollem Umfang an und führt zur Begründung aus, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung wenigstens ein Drittel der Fläche zum Anbau von Gartenerzeugnissen für den Eigenbedarf genutzt werden müsse. Hier seien es gerade einmal 6 % der Fläche. Die angrenzenden Grundstücke würden auch keine kleingärtnerische Nutzung aufweisen. Vielmehr habe die ganze Anlage den Charakter einer Erholungs- und Wochenendsiedlung. Auch die Anzahl der Parzellen seien nicht geeignet, von einer Kleingartenanlage zu sprechen. Weder gebe es eine zentrale gemeinschaftliche Wasserversorgung noch eine zentrale gemeinschaftliche Energieversorgung. Die vom Sachverständigen als Spielplatz veranschlagte freie Rasenfläche sei eine nicht vergebene Parzelle. Soweit der Sachverständige Parkplätze festgestellt haben will, befänden sich diese auf dem gepachteten Grundstück der Beklagten. Die Pacht betrage auch ein Vielfaches der Kleingartenpacht in der Gemeinde R.. Für die gepachteten Flächen entrichte die Beklagte auch eine Zweitwohnungssteuer. Zudem werde das Gebäude dauerhaft genutzt. Teilweise sei auch die Zweitwohnung von ihr vermietet worden bzw. zur Vermietung angeboten worden. Sie ist der Ansicht, dass ein Pachtzins von 3,87 € pro Quadratmeter und Jahr ortsüblich sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder), 11 O 269/21, vom 06.10.2023, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
1. die Teilfläche des Grundstücks Gemarkung R. bei B., Flur …2, Flurstück …7, die die Parzelle 8.1 (postalische Anschrift A.) mit einer Größe von 300 m² umfasst und deren Umfang und Begrenzung sich aus der anliegenden Luftbildaufnahme K1 ergeben, sowie die Teilfläche des Grundstücks Gemarkung R., Flur …2, Flurstück …7, die die Parzelle 8.2 (postalische Anschrift A.) mit einer Größe von 330 m² umfasst und deren Umfang und Begrenzung sich aus der anliegenden Luftbildaufnahme K2 ergeben, nebst der auf diesem Grundstück befindlichen Baulichkeit, sofort zu räumen und beräumt an die Klägerin herauszugeben;
2. an die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 325,00 EUR nebst 5 % Verzugszinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. künftig an die Klägerin eine monatliche Entschädigung in Höhe von 65,00 EUR, beginnend ab Oktober 2021, bis zur Herausgabe der unter Nr. 1 genannten Teilfläche, der Parzelle 8.1, zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussberufung beantragt sie hilfsweise,
die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 30.000,00 € Zug um Zug gegen Herausgabe der, im Berufungsantrag zu 1. näher bezeichneten Grundstücksflächen zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Beklagte, die ihre Hilfswiderklage zweitinstanzlich aufrechterhält, verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die landgerichtliche Entscheidung. Sie führt zur Begründung aus, dass der Kleingartencharakter auch dann gegeben sei, wenn die Nutzbepflanzung weniger als ein Drittel der Fläche in Anspruch nehme. Dies habe auch der Sachverständige bestätigt. Insgesamt gebe es 23 Parzellen. Dass das nunmehr von der Klägerseite Abrede gestellt werde, sei nicht nachvollziehbar. Nicht zutreffend sei es, dass es keine gemeinschaftliche Wasser- und Energieversorgung gebe. Der Pachtvertrag sei zum Zwecke der gärtnerischen Nutzung und Erholung geschlossen worden. Weiter führt die Beklagte aus, dass die insgesamt 23 Parzellen der Anlage über Gemüsebeete, Obstpflanzen, Feldfrüchte, Gewächshäuser, Beerensträucher, Kompostanlagen sowie Biotope wie Teiche und Wiesen verfügen, wobei alle Parzellen der weiteren Pächter der Anlage mindestens zu einem Drittel kleingärtnerisch genutzt und den Charakter der Anlage maßgeblich mitprägen würden. Die Beete seien bereits seit 2003 vorhanden. In der Anlage gebe es einen gemeinschaftlichen Steg mit Sitz- und Ruheflächen, der für alle Pächter öffentlich und frei zugänglich sei. Diese Bereiche würden halbjährlich von der Gemeinschaft gepflegt und restauriert. Die gemeinschaftlich genutzten Versorgungsanlagen für Wasser und Strom würden ebenfalls halbjährlich gewartet, abgelesen und auf die einzelnen Nutzer verteilt. Zu den gemeinschaftlich genutzten Einrichtungen gehöre auch eine gelbe Tonne. Zäune innerhalb der Anlage würden von der Gemeinschaft überprüft, gestrichen und gegebenenfalls repariert. Ebenso verhalte es sich mit den Wegen und Flächen innerhalb der Anlage. Auf den Spiel- und Gemeinschaftsflächen der Wiesen würden Grillfeste gefeiert, um das soziale Miteinander zu fördern. Im Rahmen der Grillfeste würden wichtige Themen und Informationen besprochen, die anstehen würden, wie Abstimmungen zur Umgestaltung der Gemeinschaftsflächen, die langfristige Pflege der Wege, Spiel- und Gemeinschaftsflächen. Zudem würden sich die Pächter als Nachbarn gegenseitig unterstützen. Für den Fall der Räumung und Herausgabe stehe ihr gegenüber der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von 30.000 € zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat überwiegend in der Sache Erfolg. Hingegen ist die im Wege der zulässigen Anschlussberufung erhobene Hilfswiderklage unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte nach der von ihr mit Schreiben vom 19.01.2024 ausgesprochenen fristgemäßen Kündigung einen Anspruch auf Herausgabe der streitgegenständlichen Parzellen 8.1 und 8.2 gemäß §§ 546 Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Kündigung des Pachtverhältnisses wirksam. Die von der Beklagten für unbestimmte Zeit gepachteten Flächen unterliegen nicht den Beschränkungen des Bundeskleingartengesetzes, nach denen eine ordentliche Kündigung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 BKleingG nur unter bestimmten Voraussetzungen, die hier allesamt unstreitig nicht vorliegen, möglich ist. Das Vorbringen der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten zu dem Kriterium, dass sich die von ihr genutzten Flächen in einer Kleingartenanlage i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG befinden, war auch nach den Hinweisen des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2024 ohne Substanz. Der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zur Frage der Anwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes war entbehrlich. Die Feststellungen des Sachverständigen, der erstinstanzlich beauftragt worden war, waren hierzu unzureichend.
Dazu im Einzelnen:
Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 BKleingG ist ein Kleingarten ein Garten, der dem Nutzer (Kleingärtner) zur nicht erwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung dient (kleingärtnerische Nutzung) und in einer Anlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen, zum Beispiel Wegen, Spielflächen und Vereinshäusern, zusammengefasst sind (Kleingartenanlage). Ein Kernmerkmal des Kleingartens ist danach die nicht erwerbsmäßige gärtnerische Nutzung, und zwar die Erzeugung von Obst, Gemüse und anderen Früchten durch Selbstarbeit des Kleingärtners oder seiner Familienangehörigen. Daneben tritt die Erholungsfunktion, die aber die Verwendung des Gartens zum Anbau nicht ersetzen darf (BGH, Urt. v. 17.06.2004, Az: III ZR 281/03, juris).
Bei der Beurteilung, ob es sich bei dem jeweils fraglichen Gartenkomplex um eine Kleingartenanlage oder um eine sonstige Erholungs- oder Wochenendsiedlergartenanlage, eine Ferien- oder Wochenendhaussiedlung handelt, ist auf den Charakter der gesamten Anlage, nicht einzelner Parzellen abzustellen (BGH, Urt. v. 17.06.2004, Az: III ZR 281/03, juris). Kleingarten- und Erholungsgrundstücksanlagen sind danach voneinander abzugrenzen, welchen Anteil nach dem äußeren Erscheinungsbild des Komplexes die Gartenbau- und die reine Erholungsnutzung haben (BGH, Urt. v. 17.06.2004, Az: III ZR 281/03, juris). Die Nutzung der Parzellen zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen muss den Charakter der Anlage maßgeblich mitprägen. Eine Kleingartenanlage liegt nicht vor, wenn die Verwendung der Grundflächen als Nutzgärten nur eine untergeordnete Funktion hat (BGH, Urt. v. 17.06.2004, Az: III ZR 281/03, juris). Denn der Grundstückseigentümer wird durch die Bestimmungen des Bundeskleingartengesetzes in der wirtschaftlichen Verwertbarkeit seiner Immobilie erheblich behindert.
In der Regel wird die Erzeugung von Gartenbauprodukten den Charakter einer Anlage nicht mehr maßgeblich mitprägen, wenn mehr als zwei Drittel der Flächen als Ziergarten bepflanzt sind. Dies wird insbesondere anzunehmen sein, wenn es sich um Gärten handelt, die die Normgröße des § 3 Abs. 1 BKleingG nicht überschreiten. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass der Kleingartencharakter einer Anlage in Einzelfällen auch dann besteht, wenn die Nutzbepflanzung weniger als ein Drittel der Flächen in Anspruch nimmt. Dies ist beispielsweise denkbar, wenn die Gartenparzellen – so wie hier die von der Beklagten innegehaltenen – atypisch groß sind und die Bewirtschaftung eines Drittels ihrer Flächen als Nutzgärten in der Freizeit ausgeschlossen erscheint. Auch topographische Besonderheiten oder eine Bodenqualität, die in Teilen den Anbau von Nutzpflanzen nicht zulässt, können eine vom Regelfall abweichende Beurteilung tragen (BGH, Urt. v. 17.06.2004, Az: III ZR 281/03, juris).
Die Beantwortung der Frage, ob die Anlage von einer kleingärtnerischen Nutzung geprägt ist, erfordert eine umfassende Würdigung des Gesamtcharakters der Anlage, die in erster Linie dem Tatrichter obliegt (BGH, NZM 2003, 913; BGH, Urt. v. 17.06.2004, Az: III ZR 281/03, juris).
Es kann dahin stehen, ob die der Beklagten überlassenen Parzellen 8.1. und 8.2 selbst kleingärtnerisch genutzt worden sind. Denn gemessen an den oben dargelegten Grundsätzen konnte anhand des Beklagtenvorbringens nicht davon ausgegangen werden, dass die ihr überlassene Parzelle zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses einer Kleingartenanlage zugehörte (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG). Zwar hat die Beklagte vorgetragen, aus der Luftbildaufnahme aus dem Jahr 2003 lasse sich die kleingärtnerische Nutzung der Anlage entnehmen, die sich bis heute nicht verändert habe. Diese Aufnahme zeigt indes nur einen Ausschnitt, bei dem es sich offensichtlich um die von der Klägerin genutzten Parzellen handelt. Dies lässt jedoch keine Rückschlüsse auf den Charakter der gesamten Anlage zu. Dass Wege vorhanden sind, reicht für sich allein nicht aus, um das Vorhandensein einer Kleingartenanlage zu bejahen. Denn auch bei anderen Freizeitanlagen sind notwendigerweise Wege vorhanden, um die Erreichbarkeit zu den einzelnen Parzellen zu gewährleisten. Dem Vortrag kann nicht entnommen werden, ob es sich ausschließlich um private Wege der Anlage handelt, die nicht ohne weiteres von Dritten genutzt werden können oder für jedermann öffentlich zugänglich sind. Soweit die Beklagte auf eine Steganlage abstellt, ist auch dieser Vortrag nicht geeignet, das Vorhandensein einer Kleingartenanlage zu bejahen. Abgesehen davon, dass es sich bei der Steganlage um einen Zugang zu einem (öffentlichen) Gewässer handelt und damit auch nicht kleingärtnerischen Zwecken unterfällt, lässt sich dem Vortrag nicht entnehmen, dass die Nutzung des Gewässers Gegenstand der Anlage ist. Dass diese für jedermann zugänglich ist, spricht gegen die ausschließliche Nutzung durch die Pächter der Anlage. Soweit die Beklagte – von der Klägerin in Abrede gestellt – darüber hinaus vorträgt, es gebe gemeinschaftlich genutzte Versorgungsanlagen für Wasser und Strom und eine gemeinschaftlich genutzte gelbe Tonne, wird dies allerdings von ihr nicht weiter ausgeführt. Dem Vorbringen der Beklagten kann man weder entnehmen, welche Verträge abgeschlossen worden sind, welche Nutzer der Gemeinschaftsanlage beteiligt sind und wie die einzelnen Verbräuche abgerechnet werden. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang als Beleg einer Wasserabrechnung aus dem Jahr 2022 ein Foto eines handgeschriebenen Zettels (Anl. B2, Bl. 67 eA OLG) vorlegt, lässt sich diesem weder der Aussteller noch der Empfänger noch sonst eine übersichtliche Abrechnung entnehmen. Dass es sich hierbei um eine gemeinschaftliche Abrechnung der Pächter der Anlage handelt, kann in Anbetracht des handschriftlichen Zahlenwerks nicht angenommen werden. Auch das Gutachten, welches erstinstanzlich eingeholt worden ist, ist nicht geeignet zu belegen, dass es sich hierbei um eine Kleingartenanlage im Sinne des Bundeskleingartengesetzes handelt. Abgesehen von dem Umstand, dass der Gutachter E. lediglich fünf weitere Parzellen in Augenschein genommen und eingeräumt hat, ihm sei die Anzahl der Parzellen unbekannt, sprechen die Ausführungen des Sachverständigen im Gutachten selbst und in seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 29.08.2023 gegen die Annahme einer Kleingartenanlage im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG. Soweit der Sachverständige in diesem Zusammenhang Parkplätze an den verpachteten Parzellen festgestellt haben will, wendet die Klägerin zu Recht ein, dass es sich unter anderem um Flächen handelt, die die Beklagte selbst für die Nutzung als Parkflächen hergerichtet hat. Dass auch weitere vereinzelte Abstellmöglichkeiten für Fahrzeuge genutzt werden, vermittelt nicht den Eindruck eines gemeinschaftlichen Parkplatzes für die Pächter in dem Bereich, in dem sich die Parzellen befinden. Es kann dem nicht entnommen werden, dass diese ausschließlich den Pächtern zur Verfügung stehen. Dass eine nicht verpachtete Fläche als gemeinschaftliche Spielwiese genutzt wird, führt nicht dazu, aus diesem Umstand den Charakter einer Kleingartenanlage herzuleiten. Auch hier hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, es handelt sich lediglich um eine nicht verpachtete Fläche. Der Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht lässt sich ebenfalls entnehmen, dass dieser gemeinschaftliche Einrichtungen nicht festgestellt hat. Insbesondere konnte er ein Vereinshaus o. ä. nicht erkennen. Auch wenn die Beklagte in Abrede stellt, dass sie das Grundstück ganzjährig nutzt, spricht der Umstand, dass die Beklagte für die Parzellen eine Zweitwohnungssteuer entrichtet, eher gegen eine kleingärtnerische Nutzung im Sinne des Bundeskleingartengesetzes.
Ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 2 BGB steht der Beklagten entgegen ihrer Ansicht nicht zu, vgl. nur § 570 BGB.
Die Klägerin hat weiter einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung in Höhe von 325 € gemäß 546a Abs. 1 2. Alt. i. V. m. 581 Abs. 2 BGB für den Zeitraum Mai 2021 bis September 2021(5 x 65 €). Mit der wirksamen ordentlichen Kündigung war das Pachtverhältnis beendet. Die Beklagte hat bislang die Pachtsache nicht zurückgegeben. Die Klägerin ist auch berechtigt, eine höhere Nutzungsentschädigung zu verlangen als die ursprünglich vereinbarte Pacht von 1 € pro m²/Jahr. Diese beträgt - wie von der Klägerin vorgetragen – mindestens 3,60 €.
Die für vergleichbare Sachen ortsübliche Pacht, die der Pächter gemäß § 546 a Abs. 1 Alt. 2 BGB für die Dauer der Vorenthaltung der Pachtsache verlangen kann, wenn der Mieter diese nach Beendigung des Pachtverhältnisses nicht zurückgibt, ist anhand der bei Neuabschluss eines Pachtvertrags ortsüblichen Pacht zu bestimmen (vgl. zur Miete: BGH, NJW 2017, 1022). Maßstab für die Pacht am Markt ist, zu welchem Preis ein vergleichbares Objekt während der Zeit der Vorenthaltung weiter zu verpachten wäre bzw. welche Pacht für vergleichbare Parzellen gezahlt wird (Guhling/Günter-Krüger, BGB § 546a Rn 22). Es spielt dabei keine Rolle, ob es dem Verpächter tatsächlich gelungen wäre, die konkret vorenthaltene Pachtsache überhaupt oder zu dem marktüblichen Pachtzins zu vermieten, entscheidend ist das herrschende Pachtniveau. Die bei einer Neu- bzw. Weiterverpachtung erzielbare Pacht muss sich nach dem Wortlaut von § 546a Abs. 1 BGB an vergleichbaren Pachtobjekten orientieren, die am Ort der Pachtsache existieren. Der Begriff der Ortsüblichkeit bedeutet dabei, dass nicht vereinzelte Spitzenwerte (nach oben oder unten) maßgeblich sind, sondern ein gewisser Durchschnitt (Schmidt-Futterer-Streyl, BGB § 546a Rn 60). Danach richtet sich die Höhe der Nutzungsentschädigung ausschließlich und allein anhand derjenigen Pacht, die für Vergleichsobjekte als Pacht im Zeitpunkt der Vorenthaltung durchschnittlich vereinbart worden ist. Ob diese Pacht objektiv betrachtet angemessen ist, ist rechtlich ohne Belang (siehe zum Ganzen Senatsbeschl. v. 31.05.2022, Az: 3 U 131/21 m. w. N., juris).
Die Klägerin hat zur Bemessung der ortsüblichen Vergleichspacht unter Beifügung einer Aufstellung von insgesamt 53 Vergleichsgrundstücken (Anlage BB 3, Blatt 50-54 eA OLG), die sich ebenfalls im hiesigen Bereich befinden, unbestritten vorgetragen, dass die durchschnittliche Pacht für derartige Vergleichsobjekte 3,87 € pro m²/Jahr beträgt. Insofern ist es nicht zu beanstanden, dass die Klägerin nunmehr eine deutlich höhere Nutzungsentschädigung verlangt als die ursprünglich vereinbarte Pacht. Sie befindet sich indes unterhalb des oben benannten Durchschnittswertes.
Die Klägerin hat darüber hinaus einen weiteren Anspruch auf Zahlung von weiteren 2665 € (41 x 65 €) gemäß § 546a Abs. 1 BGB für den Zeitraum von Oktober 2021 bis Februar 2025. Die von der Klägerin geltend gemachte Nutzungsentschädigung für diesen Zeitraum war nicht mehr auf eine künftige Leistung gerichtet. Denn die bis zur mündlichen Verhandlung fällig gewordenen Miet- bzw. Nutzungsentgeltzahlungen sind unbedingt zuzusprechen, ohne dass es einer Änderung des Klageantrages bedarf (BGH, NJW-RR 2005, 1169).
Der darüber hinausgehende Anspruch auf künftige Zahlung ab März 2023 war indes ohne Erfolg.
Die Vorschrift des § 258 ZPO ist entgegen der Auffassung der Klägerin hier nicht einschlägig. Nach § 258 ZPO ist eine Klage auf künftige, nach Erlass des Urteils fällig werdende wiederkehrende Leistungen dann zulässig, wenn ihre Geltendmachung nicht von einer Gegenleistung abhängig ist. Diese Voraussetzungen sind bei einer Klage auf Miet- oder Pachtzahlung nicht gegeben, weil der Anspruch auf Miet- oder Pachtzins mit einer Gegenleistung verknüpft ist. Hingegen ist bei einer auf eine gesetzliche Anspruchsgrundlage (Eigentümer/Besitzer-Verhältnis, ungerechtfertigte Bereicherung) gestützten Klage auf wiederkehrende Nutzungsentschädigung ein Gegenseitigkeitsverhältnis zu verneinen, weil mit dem Nutzungsentgelt die rein tatsächliche Nutzung, nicht eine entsprechende Leistung des zur Entschädigung Berechtigten abgegolten werden soll. Hier liegt der Fall jedoch so, dass die Klägerin den Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB geltend macht, der als vertraglicher Anspruch eigener Art den Mietzinsanspruch ersetzt und als Entschädigung für die weitere Nutzung der Sache zu zahlen ist, seine Ursache daher ebenfalls in der Gewährung einer Leistung hat.
Vielmehr ist § 259 ZPO einschlägig. Gemäß § 259 ZPO kann Klage auf zukünftige Leistung erhoben werden, wenn die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.
Ein „Sich-Entziehen“ liegt in der Regel daher nur vor, wenn der Schuldner den - dem Grunde nach bereits entstandenen und nicht lediglich künftigen – Anspruch des Gläubigers nach Grund, Fälligkeit oder Betrag ernstlich bestreitet (BGH NJW 2003, 1395). Das muss im Einzelfall durch Auslegung seines Verhaltens festgestellt werden (vergl. hierzu OLG Düsseldorf, BeckRs 2007, 3348; OLG Hamm,BeckRS 2006, 676). Hier ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Kündigung durch die Klägerin allein fristgemäß und ordentlich erfolgte, woraus kein Rückschluss gezogen werden kann, ob sich die Beklagte den Mietzinszahlungen entziehen wird. Die Beklagte ist unbestritten ihren Verpflichtungen zur Zahlung der (vermeintlichen) Pacht pünktlich nachgekommen und hat diesen Betrag auch nach Kündigung weiter gezahlt. Es bestehen damit keine Anhaltspunkte dafür, dass zu besorgen ist, dass die Beklagte künftige Nutzungsentgeltforderungen der Klägerin - unabhängig davon, ob sie Pacht oder Nutzungsentschädigung zum Gegenstand haben - nicht rechtzeitig erfüllen wird. Jedenfalls lässt sich dem klägerischen Schriftsatz vom 14.10.2025, mit dem sie die ortsübliche Vergleichspacht hinreichend substantiierte, derartiges nicht entnehmen.
Die im Wege der Anschlussberufung aufrechterhaltene Hilfswiderklage der Beklagten auf Zahlung von 30.000 € ist unbegründet.
Ein Anspruch aus § 11 Abs. 1 BKleingG scheidet allein schon deswegen aus, weil es sich hierbei nicht um einen Kleingarten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes handelt. Auch die Regelung im Pachtvertrag (§§ 1 S. 6, 9 Abs. 2) bietet keinen Anlass, zu einem anderen Ergebnis zu gelangen. Mit den Parteien ist die Regelung in der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2024 erörtert worden. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang unbestritten ausgeführt, dass sie die Gartenlaube von dem Vorpächter gegen Zahlung eines Entgelts übernommen hat. Insofern ist nicht erkennbar, inwiefern die Klägerin für die Gartenlaube eine Entschädigung zahlen soll. Darüber hinaus fehlt es an einer substantiierten Darstellung, wie sich der Betrag i.H.v. 30.000 € zusammensetzt. Auch nach Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2024 ist die Beklagte ihrer Substantiierungspflicht nicht nachgekommen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Die Gewährung einer Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO kam nicht in Betracht. Eine Räumungsfrist nach der genannten Vorschrift kann lediglich bei Verurteilung zur Räumung von Wohnraum gewährt werden, in dem der Räumungsschuldner oder seine Familienangehörigen oder Hausgenossen wohnen. Gegenstand des Pachtvertrages und der Räumung sind jedoch die Parzellen selbst und nicht die auf einer der Parzellen befindliche Laube, die von der Beklagten zu entfernen ist. Abgesehen davon hat die Beklagte ausreichend Zeit gehabt, sich auf die Pflicht zur Herausgabe der Parzellen entsprechend vorzubereiten und einzustellen. Die Kündigungserklärung datiert bereits vom 19.01.2021.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.