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Entscheidung VG 4 K 347/22


Metadaten

Gericht VG Potsdam 4. Kammer Entscheidungsdatum 04.12.2024
Aktenzeichen VG 4 K 347/22 ECLI ECLI:DE:VGPOTSD:2024:1204.4K347.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Gebührenfestsetzung in dem Bescheid vom 14. Juni 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2022 wird insoweit aufgehoben, als sie 406,00 Euro übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Baugenehmigungsgebühren.

Sie ist eine rechtsfähige gemeinnützige k_____Sie betreibt in Brandenburg mehrere Schulen, Kitas und Betreuungseinrichtungen, wozu auch der zuletzt von ihr neu errichtete Bildungscampus in d_____ zählt, der aus einer Kita, einer Grund- und einer Gesamtschule sowie einer Sporthalle besteht.

Mit Baugenehmigung vom 14. Juni 2021 genehmigte der Beklagte im ersten Bauabschnitt die Errichtung einer Kita, einer Grundschule mit Hort, einer Erschließungsstraße inkl. Geländeregulierung und Stützwand sowie eines Blockheizkraftwerks und setzte eine Gebühr in Höhe von 104.426,00 Euro fest.

Gegen die Gebührenfestsetzung legte die Klägerin am 5. Juli 2021 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass Sie als a_____§ 8 Abs. 1 Nr. 8 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg (GebGBbg) von Amts wegen von den Gebühren zu befreien sei. Die Baugenehmigung für den B_____ diene der Errichtung einer Kindertagesstätte, Grundschule, Gesamtschule sowie Sporthalle und somit gemeinnützigen Zwecken im Sinne von § 52 der Abgabenordnung (AO). Jedenfalls hätte sie auf ihren mit dem Bauantrag eingereichten Antrag auf Gebührenbefreiung vom 5. Oktober 2020 nach § 20 Satz 1 Nr. 3 GebGBbg im Rahmen des behördlichen Ermessens eine Gebührenbefreiung erhalten müssen. Zum Nachweis der Gemeinnützigkeit und Förderung kirchlicher Zwecke reichte sie eine Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2018 ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2022 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er unter anderem aus: Die Klägerin sei zwar als g_____von § 8 Abs. 1 Nr. 8 GebGBbg erfasst, es griffen vorliegend jedoch die Rückausnahmen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 7 GebGBbg. Die Erteilung von Baugenehmigungen werde von dem Landkreis im Rahmen der Brandenburgischen Bauordnung als übertragene Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung erbracht. Sie stelle daher eine öffentliche Leistung des Landrats als allgemeine untere Landesbehörde an eine in § 8 Abs. 1 Nr. 1 GebGBbg genannte Stiftung dar, weshalb nach § 8 Abs. 2 Nr. 7 GebGBbg der Gebührenbefreiungstatbestand des Absatz 1 nicht einschlägig sei. Ein anderes Verständnis der Vorschrift liefe dem Schutzzweck vor Einnahmeverlusten für Leistungen auf kommunale Ebene zuwider. Außerdem sei die Rückausnahme nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 GebGBbg gegeben, weil die Klägerin für die Schul-, Kita- und Hortbesuche ein Entgelt erhebe, wie es der „Schulgeldregelung für die Schulen der H_____“ zu entnehmen sei. Die Ankündigungen zum Bildungscampus auf der Homepage der Klägerin wiesen auf das Angebot hin, dass Räume für Veranstaltungen bzw. Sportvereine angemietet werden könnten. Im Rahmen von Entgelterhebungen oder Vermietungen sei eine Umlage auf Dritte möglich. Es sei ausreichend, dass die Möglichkeit einer Umlegung bestehe. Die Dritten, denen die Gebühr auferlegt werden könne, müssten auch nicht bereits im Zeitpunkt der Vornahme der Amtshandlung bestimmt sein. Die Erhebung von Schulgeld verringere eine niederschwellige, barrierefreie Teilnahme am Bildungsangebot im Sinne einer gemeinnützigen Stiftungsarbeit. Der Verweis auf einen Bescheid zur Körperschaftsteuer von 2018 führe zu keiner anderen Bewertung. Die daneben begehrte Gebührenbefreiung nach § 20 Satz 1 Nr. 3 GebGBbg erscheine im Hinblick auf die Kostenbeteiligung bzw. Umlage eines Eigenanteils zum Schul-, Kita- und Hortbesuch, die Vermietungsangebote und die weiteren Finanzierungshilfen des Landes nicht geboten, wenn die Zielumsetzung der Gemeinnützigkeit nach § 52 AO finanziell unterstützt bzw. durch Nutzungsentgelte gesichert werde. Die Erhebung von Schulgeld verringere niederschwellige, barrierefreie Teilnahme am Bildungsangebot im Sinne einer gemeinnützigen Stiftungsarbeit.

Am 20. Februar 2022 hat die Klägerin Klage erhoben.

Zur Begründung führt sie insbesondere aus, dass die Rückausnahme in § 8 Abs. 2 Nr. 7 GebGBbg vorliegend nicht einschlägig sei, weil der Beklagte als Sonderordnungsbehörde und nicht als allgemeine untere Landesbehörde tätig geworden sei. Eine erweiternde Auslegung des Rückausnahmetatbestands, wie von dem Beklagten vorgenommen, stehe in Widerspruch zu der gebotenen weiten Auslegung des Privilegierungstatbestands und somit engen Auslegung der Rückausnahme. Stiftungen hätten eine wichtige gemeinwohlorientierte und den Staat entlastende Funktion, weshalb sie nach der Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 1 Nr. 8 GebGBbg im Gegenzug möglichst großzügig von Gebühren freigestellt werden sollen. Auch der Sinn und Zweck der Gebührenbefreiung gebiete eine enge Auslegung der Rückausnahme. Auch die Rückausnahme nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 GebGBbg greife nicht, weil die Klägerin die Gebühren für die Baugenehmigung nicht auf Dritte umlegen könne. Sie finanziere die Gebühren vielmehr aus den Erträgen des Stiftungsvermögens bzw. durch Kredite. Nach den klaren Vorgaben des brandenburgischen Kitagesetzes in dessen §§ 16 ff. würden sämtliche Kosten für die Errichtung und Unterhaltung der Gebäude von Kitas (und Schulen analog) von der Standortgemeinde getragen. Sie dürften nicht auf die Eltern umgelegt und in das Elterngeld eingerechnet werden. Das Elterngeld diene genauso wie das Schulgeld nur dazu, die Personalkosten für den Betrieb von Schulen und Kitas mitzufinanzieren. Mit der Finanzierung der Gebäude für den Schul- und Kitabetrieb habe das Eltern- oder Schulgeld nichts zu tun. Auch dass die Klägerin einzelne Gebäudeteile (insbesondere die Sporthalle) nach Inbetriebnahme den ortsansässigen Vereinen zur Benutzung zur Verfügung stellen werde, bewirke nicht, dass sie über die so generierten geringen Entgelte die angefallenen Gebühren refinanzieren könne. Diese geringen Entgelte in Höhe von 18 Euro pro Stunde ermöglichten es auch nicht nur ansatzweise, einen echten Gewinn zu erwirtschaften, der die angefallenen Gebühren der Baugenehmigung kompensieren könnte. Jedenfalls sei sie als gemeinnützige Stiftung im Ermessenswege nach § 20 Satz 1 Nr. 3 GebGBbg von der Gebühr zu befreien.

Die Klägerin beantragt,

die Gebührenfestsetzung als Teil der Baugenehmigung vom 14. Juni 2021, Akt.-Zeichen: 05322-2020-10 in Gestalt des diese Gebührenfestsetzung bestätigenden Widerspruchsbescheids vom 26. Januar 2022, Akt.-Zeichen: 03277-21-10-WS, aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Sie ist zulässig und teilweise begründet.

Die Gebührenfestsetzung in dem Baugenehmigungsbescheid vom 14. Juni 2021, in Gestalt des diese Gebührenfestsetzung bestätigenden Widerspruchsbescheids vom 26. Januar 2022 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten soweit Gebühren festgesetzt werden, die einen Betrag in Höhe von 406,00 Euro übersteigen, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Im Übrigen ist sie rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Rechtsgrundlage für die Gebührenfestsetzung in Höhe von 104.020,00 Euro sind die §§ 1 Abs. 1, 2, 12 Abs. 1 Nr. 1, 15 Abs. 1 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg (GebGBbg – hier in der Fassung vom 7. Juli 2009, GVBl.I/09, [Nr. 11], S. 246, zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 10. Juli 2014 (GVBl.I/14, [Nr. 32]) in Verbindung mit §§ 1 ff. der Verordnung über die Gebühren in bauordnungsrechtlichen Angelegenheiten im Land Brandenburg (BbgBauGebO – hier in der Fassung vom 20. August 2009, GVBl.II/09, [Nr. 28], S.562, zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. Mai 2021 (GVBl.II/21, [Nr. 50]) und der Tarifstelle 1.1.3 des dazugehörigen Gebührenverzeichnisses. Denn maßgeblich ist nach § 10 Abs. 1 GebGBbg der Zeitpunkt der Beendigung der Amtshandlung, mithin das Datum des Erlasses des Bescheids am 14. Juni 2021 (vgl. VG Potsdam, Urteil vom 18. April 2024 – 16 K 1892/20 –, juris Rn. 30). Der Umstand, dass in dem Bescheid die BbgBauGebO in der zuletzt durch Verordnung vom 5. Oktober 2016 (GVBl.II/16, [Nr. 53]) geänderten Fassung als Rechtsgrundlage angegeben wurde, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Gebührenfestsetzung. Denn die reine Falschangabe der Rechtsgrundlage ist unbeachtlich, zumal hier die Tarifstelle inhaltsgleich geblieben ist. Nach der zuvor genannten Rechtsgrundlage erheben die Bauaufsichtsbehörden für ihre Amtshandlungen Gebühren und Auslagen nach dieser Verordnung (§ 1 Abs. 1 BbgBauGebO). Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BbgBauGebO sind die Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis (Anlage 1) zu bestimmen. Der Beklagte hat – im Ansatz insoweit zwar fehlerfrei – die einschlägige Tarifstelle 1.1.3 herangezogen. Danach ist für die Erteilung der Baugenehmigung bei der Errichtung und Änderung von baulichen Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen im Baugenehmigungsverfahren – die nicht bereits von den vorausgehenden Ziffern erfasst sind, wie hier – eine Gebühr in Höhe von 1,4 Prozent des anrechenbaren Bauwerts, mindestens jedoch in Höhe von 100,00 Euro zu erheben. Diese Regelung hat der Beklagte herangezogen und die sich auf 104.020,00 Euro belaufende Gebühr danach zutreffend bemessen. Nichts Gegenteiliges ist vorgetragen oder sonst ersichtlich.

Rechtsgrundlage für die (weitere) Gebührenfestsetzung in Höhe von 291,00 Euro ist § 2 Abs. 1, Abs. 5 BbgBauGebO und in Höhe von 115,00 Euro und die §§ 1 Abs. 1, 2, 12 Abs. 1 Nr. 1, 15 Abs. 1 GebGBbg in Verbindung mit § 1 der Gebührenordnung des Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (GebOMUGV – hier in der Fassung vom 22. November 2011GVBl.II/11, [Nr. 77], zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 8. Oktober 2020 (GVBl.II/20, [Nr. 96], S.2), sowie der Tarifstelle 5.1.2.2 der Anlage 2. Da eine Tarifstelle für die Gestattung der Nachreichung von Bauvorlagen nicht vorhanden ist, konnte der Beklagte gemäß § 2 Abs. 5 BbgBauGebBO den Stundensatz von 97,00 Euro in Ansatz bringen. Gegen den in Ansatz gebrachten Aufwand von drei Stunden wurde nichts vorgebracht. Auch die Kammer vermag insoweit keinen Fehler zu erkennen. Bei der weiteren Gebühr in Höhe von 115,00 Euro handelt es sich um die Mindestgebühr für alle sonstigen Genehmigungen zur Gewässerbenutzung, die somit ebenfalls nicht zu beanstanden ist.

Dem insoweit an sich tatbestandsgemäßen Gebührenbescheid fehlt es indes zu einem überwiegenden Teil – nämlich in Höhe von 104.020,00 Euro – an einer wirksamen Rechtsgrundlage, weshalb die Gebührenfestsetzung insoweit rechtswidrig ist.

Das hier in zeitlicher Hinsicht maßgebliche Gebührenverzeichnis in der zuletzt durch Verordnung vom 12. Mai 2021 (GVBl.II/21, [Nr. 50]) geänderten Fassung ist rechtswidrig und stellt keine hinreichende Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung dar. Im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 10. Oktober 2024 – OVG 10 A 5.19 –, juris, die Vorgängerfassung des hier maßgeblichen Gebührenverzeichnisses der BbgBauGebO für unwirksam erklärt. Konkret hat es tenoriert, dass Art. 1 Ziffer 4 (Gebührenverzeichnis) der Dritten Verordnung zur Änderung der Brandenburgischen Baugebührenordnung vom 5. Oktober 2016 (GVBl. II vom 1. Oktober 2016, S. 1) unwirksam sei und zur Begründung unter anderem folgendes ausgeführt:

„[45] Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zum Kostenausgleich vorgesehene Erhöhung der Gebührensätze in Art. 1 Ziff. 4 der Dritten Verordnung zur Änderung der Brandenburgischen Baugebührenordnung vom 5. Oktober 2016 ist mit Art. 97 Abs. 3 Satz 3 LV nicht vereinbar und daher unwirksam. Der Antragsgegner hat die der Ausgleichsregelung zugrunde gelegten Kosten der kommunalen Aufgabenträger fehlerhaft ermittelt und dies führt nach der vom Antragsgegner vorgenommenen Kalkulation des Kostenausgleichs auch dazu, dass die Kosten der Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörde nicht vollständig ausgeglichen werden. […]

[47] Auf der Rechtsfolgenseite gebietet Art. 97 Abs. 3 Satz 3 LV grundsätzlich eine vollständige und finanzkraftunabhängige Erstattung der durch die Aufgabenübertragung verursachten Mehrbelastungen durch das Land (VerfG des Landes Brandenburg, Urteil vom 19. April 2013 - 49/11 -, juris Rn. 88; Urteil vom 14. Februar 2002 - 17/01 -, juris Rn. 54; vgl. auch Urteil vom 20. Oktober 2017 - 63/15 -, juris Rn. 99). Die Auswirkungen der Aufgabenüberbürdung sind in finanzieller Hinsicht zu neutralisieren, so dass im Ergebnis zu Lasten der kommunalen Haushalte keine Mehrbelastung aus der Wahrnehmung der übertragenen Aufgabe verbleibt (vgl. VerfG des Landes Brandenburg, Urteil vom 20. Oktober 2017 - 63/15 -, juris Rn. 99; VerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. Juni 2015 - LVG 3/14 -, juris Rn. 97; Urteil vom 14. September 2004 - LVG 7/03 -, juris Rn. 64; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Oktober 1998 - 4/97 -, juris Rn. 38). […]

[51] Diesen rechtlichen Maßstäben genügt die Kostenprognose – welche vorliegend in nach Art. 97 Abs. 3 Satz 2 LV nicht zu beanstandender Weise (vgl. dazu nur VerfG des Landes Brandenburg, Urteil vom 20. Oktober 2017 - 63/15 -, juris Rn. 111) vom Gesetzgeber im Rahmen der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 6/3268) angestellt und vom Verordnungsgeber anschließend der streitgegenständlichen Verordnung zugrunde gelegt worden ist – nicht, soweit darin für die Personalaufwendungen der Durchschnittswert der Jahre 2011 bis 2014 herangezogen (dazu im Folgenden a.), die Tarifsteigerung der Jahre 2015 und 2016 nicht berücksichtigt (b.) und für Sach- und Gemeinkosten ohne nähere Begründung ein Zuschlag von 20 % der Personalaufwendungen angesetzt wird (c.).“

Zwar betrifft die Entscheidung nicht das hier maßgebliche Gebührenverzeichnis der BbgBauGebO in der Fassung der Verordnung vom 12. Mai 2021 (GVBl.II/21, [Nr. 50]). Die hier maßgebliche Tarifstelle hat seit dem Inkrafttreten des von dem Unwirksamkeitsausspruch erfassten Gebührenverzeichnisses jedoch keine Änderungen erfahren, weshalb die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg in dem o. g. Urteil gleichsam Geltung für das hier maßgebliche Gebührenverzeichnis haben. Aus diesem Grund vermag die erkennende Kammer, die sich die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts zu eigen macht, nicht sehenden Auges eine – zwar nicht aufgehobene aber doch evident – rechtswidrige Vorschrift als taugliche Rechtsgrundlage für eine Gebührenerhebung heranzuziehen. Zwar sind Verwaltungsgerichte nicht gehalten, ohne jegliche Anhaltspunkte die Rechtmäßigkeit von Rechtsgrundlagen für Verwaltungshandeln zu überprüfen. Bei entsprechenden Anhaltspunkten, wie hier, sind jedoch auch sie berechtigt und verpflichtet, im Rahmen der dort rechtshängigen – nicht auf eine Normenkontrolle gerichteten – Verfahren, Normen inzident auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu prüfen und im Falle der Rechtswidrigkeit nicht anzuwenden (vgl. nur Schenke/Schenke, in Kopp/Schenke, VwGO, 30. Auflage 2024, § 47 Rn. 6 m. w. N. aus der Rspr.). Kommt das Verwaltungsgericht, wie im vorliegenden Fall, zu dem Ergebnis, dass die Rechtsgrundlage rechtswidrig ist, ist der Verwaltungsakt zwingend aufzuheben. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO bietet jedenfalls keine Handhabe, Rechtsgrundlagen im Hinblick auf die Folgen ihrer inzident festgestellten Unwirksamkeit während einer Übergangszeit für anwendbar zu erklären oder sonst von der Aufhebung der auf ihnen beruhenden Verwaltungsakte abzusehen (vgl. Riese, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 46. EL August 2024, § 113 VwGO Rn. 26).

Die streitgegenständliche Gebührenerhebung kann auch nicht auf Vorgängerfassungen des Gebührenverzeichnisses der BbgBauGebO gestützt werden. Für die durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg für unwirksam erklärte Vorgängerfassung des Gebührenverzeichnisses gilt dies schon aufgrund des Unwirksamkeitsausspruchs in dem dortigen Normenkontrollverfahren. Aber auch noch ältere Vorgängerfassungen des Gebührenverzeichnisses der BbgBauGebO, etwa die nächst in Betracht kommende Fassung vom 3. August 2015 (GVBl.II/15, [Nr. 37]), stellen keine tauglichen Rechtsgrundlagen für die hier angegriffene Gebührenerhebung dar. Insoweit ist die nicht entscheidungstragende Aussage des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg in seinem Normenkontrollurteil vom 10. Oktober 2024 – OVG 10 A 5.19 –, juris 71, Gebühren könnten auf der Grundlage der vorausgehenden Fassung des Gebührenverzeichnisses erhoben werden, nach Auffassung der Kammer um den Gedanken zu ergänzen, dass dies – im Falle der gerichtlichen Überprüfung einer Gebührenerhebung, wie hier – natürlich nur dann gilt, wenn die vorausgehenden Fassungen der Gebührenverzeichnisse nicht auch an einem Mangel leiden, der zu deren Unwirksamkeit führen würde. Ob dieser Weg auch den Baubehörden mangels Normverwerfungskompetenz zusteht, ist nicht entscheidungserheblich. Auch die Vorgängerfassungen des Gebührenverzeichnisses leiden an dem Mangel, der maßgeblich für Unwirksamerklärung des Gebührenverzeichnisses in der Fassung der Verordnung vom 5. Oktober 2016 (GVBl. II vom 1. Oktober 2016, S. 1) war. Denn nach der in der Vorgängerfassung vom 3. August 2015 einschlägigen Tarifstelle Nr. 1.1.1, „Errichtung und Änderung von baulichen Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen im Baugenehmigungsverfahren“, beliefe sich die Gebühr auf 1,0 Prozent des Bauwerts, mithin auf weitere 0,4 Prozent weniger als die bereits für zu gering befundene Tarifstelle. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg im Urteil vom 10. Oktober 2024 – OVG 10 A 5.19 –, juris, zu einem Verstoß der Tarifstelle gegen das Konnexitätsgebot aus Art. 97 Abs. 3 der Verfassung des Landes Brandenburg gelten damit erst Recht für dieses vorausgehende Gebührenverzeichnis in der Fassung der Verordnung vom 3. August 2015 (GVBl.II/15, [Nr. 37]). Da auch eine anderweitige Rechtsgrundlage, auf die die Gebührenerhebung gestützt werden könnte, nicht ersichtlich ist, ist die angegriffene Gebührenfestsetzung in Höhe von 104.020,00 Euro rechtswidrig.

Insoweit verletzt die objektiv rechtswidrige Gebührenerhebung die Klägerin auch in ihren subjektiven Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Insbesondere schließt der Umstand, dass die Rechtswidrigkeit der Rechtsgrundlage und damit der Gebührenerhebung auf einem Verstoß gegen den Beklagten schützende Belange beruht, den erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der objektiven Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts und der subjektiven Rechtsverletzung nicht aus. Maßgeblich ist nämlich insoweit vorrangig, dass die Klägerin Adressatin des Bescheids ist, mit dem sie zur Gebührenzahlung verpflichtet wird, also eines sie belastenden Verwaltungsakts. Als solche hat sie einen Anspruch darauf, dass der sie belastende Verwaltungsakt vollständig, d.h. „rundum“, rechtmäßig ist. Ist dies nicht der Fall – und das gilt auch, wenn die Rechtsgrundlage, wie hier, rechtswidrig ist, weil sie Rechte Dritter und nicht zumindest auch der Adressatin des Verwaltungsakts, verletzt –, verletzt der Verwaltungsakt nach der Adressatentheorie zumindest das Grundrecht der Klägerin aus Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. Riese, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 46. EL August 2024, § 113 VwGO Rn. 30; Wolff, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 113 Rn. 35 ff.). Vorliegend kommt man auch dann zu einer Verletzung in subjektiven Rechten, wenn man einschränkend die Auffassung vertritt, dass sich der Adressat eines belastenden Verwaltungsakts nicht auf Rechtsfehler berufen kann, die erst aufgrund eines konkreten Sachvortrags Betroffener erkennbar sind, weil sich auf diese die Nachforschungspflicht des Gerichts aus § 86 Abs. 1 VwGO nicht erstrecke (so etwa Wolff, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 113 Rn. 35 ff.). Denn der hier maßgebliche Rechtsfehler ist aufgrund der o. g. Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg sowohl der erkennenden Kammer als auch im Allgemeinen als bekannt und somit zu berücksichtigend anzusehen.

Die weitere Gebührenerhebung in Höhe von 291,00 Euro auf der Grundlage von § 2 Abs. 1, Abs. 5 BbgBauGebO und in Höhe von 115,00 Euro auf der Grundlage von §§ 1 Abs. 1, 2, 12 Abs. 1 Nr. 1, 15 Abs. 1 GebGBbg in Verbindung mit § 1 Geb-OMUGV und der Tarifstelle 5.1.2.2 der Anlage 2 ist nicht zu beanstanden. Insbesondere steht der Klägerin insoweit der geltend gemachte Anspruch auf Gebührenbefreiung aus § 8 Abs. 1 Nr. 8 GebGBbg nicht zu.

Nach § 8 Abs. 1 Nr. 8 GebGBbg sind die rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts mit Sitz im Land Brandenburg, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken im Sinne der Abgabenordnung dienen, von Gebühren befreit. Die Klägerin ist von diesem persönlichen Gebührenbefreiungstatbestand erfasst, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Denn ausweislich ihrer auf ihrer Homepage zugänglichen Satzung (_____, letzter Abruf vom 4. Dezember 2024) ist die Klägerin eine Stiftung im Sinne der §§ 80 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit S_____Sowohl nach der Satzung, als auch nach der im Verwaltungsverfahren beigebrachten Anlage zum Körperschaftssteuerbescheid für das Jahr 2018 ist von einer Förderung mildtätiger, kirchlicher und gemeinnütziger Zwecke im Sinne der §§ 51 ff. der Abgabenordnung (AO) auszugehen. Dass, mit Blick auf den aus dem Jahr 2020 stammenden Bescheid, heute etwas anderes gelten könnte, haben die Beteiligten weder vorgetragen, noch ist dies sonst ersichtlich.

Vorliegend greift jedoch die Rückausnahme von der Gebührenbefreiung in § 8 Abs. 2 Nr. 1 GebGBbg, weshalb die Gebührenerhebung insoweit rechtmäßig ist.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 GebGBbg gilt die Befreiung nach Absatz 1 nicht, wenn die Gebühren einem Dritten auferlegt oder in sonstiger Weise auf Dritte umgelegt werden können. Vorliegend sind jedenfalls die Voraussetzungen der zweiten Alternative der Norm gegeben. Dafür genügt die grundsätzliche rechtliche Möglichkeit der Umlegung der Gebühren in sonstiger Weise auf Dritte; ob sie tatsächlich umgelegt wird, ist dabei unerheblich. Ausreichend ist daher, wenn Dritte mit der betroffenen Gebühr auch nur mittelbar, insbesondere durch die Einstellung in die Kostenkalkulation einer nichtsteuerlichen Abgabe wie Gebühren, Beiträge oder privatrechtliche Entgelte aufgrund vertraglicher Vereinbarungen belastet werden können (vgl. OVG Berlin-Brandenburg in dem Urteil vom 3. März 2015 – OVG 10 B 7.12 –, juris Rn. 26 m. w. N. aus der Rspr.). So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Klägerin kann, d. h. sie hat die rechtliche Möglichkeit, die Baugenehmigungsgebühren in sonstiger Weise als Teil der Bau- und somit Sachkosten auf die Nutzer der jeweiligen Einrichtungen, also Dritte, umzulegen. Die grundsätzliche Umlagemöglichkeit ergibt sich unter anderem aus folgenden Regelungen: für die Schule aus § 121 Abs. 10 BbgSchulG in Verbindung mit § 4 Nr. 10 und § 7 Abs. 1 Nr. 5 der Verordnung über die Genehmigung und Anerkennung von Ersatzschulen (Ersatzschulverordnung – ESV) vom 18. September 2024 (GVBl.II/24, [Nr. 84]); für die Kindertagesstätte und den Hort aus § 17 des Zweiten Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches des Sozialgesetzbuches - Kinder- und Jugendhilfe - (Kindertagesstättengesetz - KitaG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 2004 (GVBl.I/04, [Nr. 16], S.384) zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 5. März 2024 (GVBl.I/24, [Nr. 11], S.8). Dass die Baugenehmigungskosten, als Sachkosten umlagefähig sind ergibt sich aus § 15 Abs. 1 KitaG, § 108 Abs. 1, Abs. 4 und § 110 BbgSchulG. Nach § 110 Abs. 1 BbgSchulG sind Sachkosten ausdrücklich unter anderem die Aufwendungen für die baulichen Maßnahmen zur Errichtung und Instandsetzung von Schulgebäuden und Schulanlagen, wozu zweifellos auch die darin beinhaltenen Baugenehmigungsgebühren zählen. Dass der Klägerin auch hinsichtlich der Sporthalle eine Umlage möglich ist, hat sie selbst eingeräumt, da sie angab, von den ortsansässigen Vereinen für die Nutzung der Sporthalle Entgelte in Höhe von 18 Euro pro Stunde zu erheben. Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. März 2015 – OVG 10 B 7.12 –, juris, kommt es schon nicht darauf an, ob die Umlage auch tatsächlich erfolgt. Die auf der Internetseite der Klägerin abrufbaren „Elternbeitragsordnung zur Erhebung und zur Höhe der Elternbeiträge f_____ und „Schulgeldregelung für die Schulen d_____“ bestätigen zudem hier die Möglichkeit der Umlegung und, dass diese tatsächlich erfolgt. Zu welchem Anteil die Finanzierung über eine Umlage erfolgt, ist nach der Norm irrelevant, da sie bereits dann greift, „wenn“ und nicht „soweit“ eine Umlage erfolgen kann.

Ob die weitere in Streit stehende Rückausnahme nach § 8 Abs. 2 Nr. 7 GebGBbg für öffentliche Leistungen der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der Landräte und Oberbürgermeister als allgemeine untere Landesbehörden an die in Absatz 1 Nr. 8 genannten Stiftungen greift, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen, wenngleich die Kammer Zweifel hat, ob die unteren Bauaufsichtsbehörde, also der Landrat, der nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BbgBO als Sonderordnungsbehörde und nicht als allgemeine untere Landesbehörde handelt, von der Norm erfasst ist. Dagegen spricht auch der Vergleich zur großen kreisangehörigen Stadt, die nach § 57 Abs. 1 Satz 2 BbgBO ebenfalls die Aufgaben der unteren Bauaufsicht wahrnimmt, aber nach dem Wortlaut von § 8 Abs. 2 Nr. 7 GebGBbg nicht von der Norm erfasst wäre.

Ein Anspruch der Klägerin auf eine Gebührenbefreiung im Ermessenswege auf der Grundlage von § 20 Satz 1 Nr. 3 GebGBbg besteht nicht. Die Klägerin hat keine solchen Gründe dargelegt, die eine Ermessensreduzierung auf Null im Sinne eines Anspruchs der Klägerin auf eine Gebührenbefreiung rechtfertigen könnten. Vielmehr teilt die Kammer die Auffassung des Beklagten, dass gerade die Erhebung von Schulgeld eine niederschwellige, barrierefreie Teilnahme am Bildungsangebot im Sinne einer gemeinnützigen Stiftungsarbeit konterkariert, womit sich auch die Entscheidung des Beklagten für ein Absehen von einer Befreiung als ermessensfehlerfrei darstellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 der Zivilprozessordnung.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß §§ 124 a, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 104.426,00 Euro festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 3, 39 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Gemäß § 52 Abs. 3 S. 1 GKG ist die Höhe der bezifferten Geldleistung für den Streitwert maßgebend. Daraus folgt für die Baugenehmigungsgebührenfestsetzung ein Streitwert in Höhe von 104.426,00 Euro.