Gericht | OLG Brandenburg 4. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 26.03.2025 | |
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Aktenzeichen | 4 MK 2/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2025:0326.4MK2.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Es wird festgestellt, dass bei mit Verbrauchern geschlossenen formularmäßigen Sparverträgen „S-Prämiensparen flexibel“ - bei denen ein variabler Zinssatz vereinbart ist und die Beklagte in ihren AGB mangels konkreter Anpassungsparameter unwirksame Zinsanpassungsregelungen verwendet hat – eine ergänzende Vertragsauslegung dazu führt, dass die Zinsanpassung auf der Grundlage von nach der Svensson-Methode ermittelten Renditen von endfälligen Bundesanleihen mit siebenjähriger Restlaufzeit (Kennung der („Bank 01“): …; vormalige Bezeichnung: Zeitreihe …) vorzunehmen ist (Feststellungsziel 1.b).
2. Es wird festgestellt, dass bei mit Verbrauchern geschlossenen formularmäßigen Sparverträgen „S-Prämiensparen flexibel“ - bei denen ein variabler Zinssatz vereinbart ist und die Beklagte in ihren AGB mangels konkreter Anpassungsparameter unwirksame Zinsanpassungsregelungen verwendet hat – eine ergänzende Vertragsauslegung dazu führt, dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, die Anpassung des ermittelten Zinssatzes monatlich und ohne Berücksichtigung einer Zinsschwelle vorzunehmen (Feststellungsziel 2).
3. Es wird festgestellt, dass bei mit Verbrauchern geschlossenen formularmäßigen Sparverträgen „S-Prämiensparen flexibel“ - bei denen ein variabler Zinssatz vereinbart ist und die Beklagte in ihren AGB mangels konkreter Anpassungsparameter unwirksame Zinsanpassungsregelungen verwendet hat – eine ergänzende Vertragsauslegung dazu führt, dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, bei der Anpassung des ermittelten Zinssatzes das relative Verhältnis zu wahren, das zwischen dem anfänglich vereinbarten variablen Zinssatz zum im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ermittelten Referenzzinssatz im Zeitpunkt des Vertragsschlusses besteht, wobei ein negativer vertraglicher Zinssatz ausgeschlossen ist (Feststellungsziel 3).
4. Die Anträge zu den Feststellungszielen 4, 7 und 8 werden als unzulässig zurückgewiesen.
5. Die weitergehende Musterfeststellungsklage wird abgewiesen.
6. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Musterkläger 62,5 % und die Musterbeklagte 37,5 % zu tragen.
7. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Musterkläger, ein seit 16.07.2002 in die Liste für qualifizierte Einrichtungen gemäß § 4 des UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverband, begehrt im Wege der Musterfeststellungsklage Feststellungen zu den Voraussetzungen für das Bestehen von Ansprüchen von Verbrauchern auf weitere Zinsbeträge aus Prämiensparverträgen (sog. "S-Prämiensparen flexibel", nachfolgend: Sparverträge) gegen die Musterbeklagte. Im Streit stehen die Unwirksamkeit der Klauseln zur Verzinsung der Sparguthaben und deren Folgen sowie die Verjährung etwaiger Ansprüche auf Zinsen.
Die Musterbeklagte schloss – noch unter der Firmierung („Bank 02“) – seit Beginn der 1990er Jahre mit Verbrauchern Sparverträge mit der Bezeichnung „S-Prämiensparen flexibel“, die eine variable Verzinsung der Spareinlage und ab dem dritten Sparjahr eine der Höhe nach eine gestaffelte verzinsliche Prämie vorsahen. Ab dem 15. Sparjahr wurde eine Prämie von 50 % der jährlichen Spareinlage versprochen. Die Sparverträge enthielten keine konkrete Regelung zur Änderung des variablen Zinssatzes, sondern Bestimmungen wie die Folgenden:
„Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit … % verzinst“ bzw. „Die („Bank 02“) zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. (…) % (…)“
Ferner wurde in den Sparkontoeröffnungsschreiben auf die Einbeziehung u.a. der Bedingungen für den Sparverkehr hingewiesen, deren Ziffer 3.3 bestimmte, dass die Zinsen dem Sparguthaben jährlich gutgeschrieben und sodann kapitalisiert werden. Den Sparern war die Kündigungsmöglichkeit mit einer Frist von 3 Monaten eingeräumt, ein Recht der Musterbeklagten zur ordentlichen Kündigung der Sparverträge war bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe jedenfalls konkludent ausgeschlossen. Des Weiteren sollte der Kunde eine individuell ausgehandelte monatliche Sparrate an die Musterbeklagte zahlen.
Der Musterkläger macht mit seiner am 13.12.2021 eingegangenen Musterfeststellungsklage geltend, die Musterbeklagte habe in der Vergangenheit die Verzinsung fehlerhaft und zu Lasten der Kunden vorgenommen; daraus ergäben sich für den jeweiligen Sparer Ansprüche auf Kapitalisierung weiterer erheblicher Zinsbeträge. Er vertritt die Auffassung, die verwendeten Klauseln zur Zinsanpassung seien unwirksam und die hierdurch entstandene Vertragslücke nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, indem ein geeigneter Referenzzins (Feststellungsziel 1, Hilfs-Feststellungsziele 1.a) und 1.b), das Anpassungsintervall und der Anpassungsschwellenwert (Feststellungsziel 2) zu bestimmen sowie festzustellen sei, dass der relative Zinsabstand gewahrt und negative Zinsen bei der vertraglichen Zinsanpassung ausgeschlossen werden (Feststellungsziel 3). Bei der Referenzzinsbestimmung sei neben dem monatlichen Einzahlungsintervall, der variablen Verzinsung und dem Ausschluss der ordentlichen Kündigung die Langfristigkeit der Anlage als Strukturmerkmal zu berücksichtigen; das den Kunden eingeräumte Kündigungsrecht mit einer dreimonatigen Frist habe keine wirtschaftlich vernünftige Handlungsoption dargestellt. Das Refinanzierungsmodell der Beklagten stelle kein für die Referenzwertauswahl relevantes Kriterium dar.
Dem Konzept des Sparvertrages in sachlicher und zeitlicher Hinsicht am nächsten komme der - auch vom OLG Dresden in dem Musterfeststellungsverfahren 5 MK 1/19 herangezogene - gleitende 10-Jahreszins der Zeitreihe WX4260, wobei die Berücksichtigung gleitender Durchschnittswertes eine ohne Beweiserhebung durch den Senat zu beantwortende Rechtsfrage darstelle. Der Gleitzins könne auch dadurch gebildet werden, dass im ersten Monat der aktuelle Wert der Zeitreihe, im zweiten Monat der Zins aus zwei, im dritten Monat aus drei Werten gebildet werde usw., bis ein Durchschnitt von 120 Werten erreicht sei; mit dieser Variante, bei der keine Bindung des Sparers an Werte aus der Vergangenheit bestehe, habe sich der BGH noch nicht auseinandergesetzt. Die der Zeitreihe WX4260 zugrunde liegenden Hypothekenpfandbriefe seien als gleich sicher wie Bundeswertpapiere einzuordnen und bildeten die tatsächlichen Gegengeschäfte ostdeutscher („Bank 02“) zutreffender ab als Bundesanleihen.
Im Hinblick auf die Verjährung verlangt der Musterkläger die Feststellung, dass der Anspruch der Sparer auf das Guthaben sowie die nach den gerichtlich bestimmten Zinsanpassungsparametern neu zu berechnenden Zinsen frühestens ab dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Prämiensparvertrages fällig werden (Feststellungsziel 4) und für den Anspruch auf Nachzahlung der neu zu berechnenden Zinsen, dass sich eine Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen auf die Unwirksamkeit der vertraglichen Zinsanpassungsklausel und die für die ergänzende Vertragsauslegung zu verwendenden Zinsanpassungsparametern zu beziehen habe (Feststellungsziel 5). Ohne diese Kenntnis könnten Verbraucher keine erfolgversprechende Klage auf Auszahlung der korrekt berechneten Zinsen erheben, weil eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliege. Überdies entspreche das Feststellungsziel 5 der gebotenen europarechtskonformen Auslegung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB.
Der Musterkläger kündigte zunächst die - von den später gestellten Anträgen im Wortlaut leicht abweichenden - Anträge zu 1 bis 5 an; hinsichtlich des konkreten Wortlauts wird auf die Klageschrift vom 13.12.2021 (Bl. 1R, 2 d.A.) Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 05.12.2022 hat der Musterkläger seine Klage um die Feststellungsziele 6, 7 und 8 erweitert und im Senatstermin vom 18.01.2023 die Feststellungsziele 7 und 8 um jeweils ein hilfsweises Feststellungsziel ergänzt. Der Musterkläger macht insoweit geltend, die Ausführungen in dem zu den Rechtssachen C-80/21 bis C-82/21 ergangenen Urteil des EuGH vom 08.09.2022 zur Vereinbarkeit einer gemäß nationaler Rechtsprechung vorzunehmenden Ersetzung einer für nichtig erklärten Klausel durch Auslegung des Willens der Vertragspartner mit europarechtlichen Regelungen hätten zur Konsequenz, dass die Verbraucher die Wahlfreiheit hätten, ob sie die Nichtigkeit des Vertrages nebst Rechtsfolgen akzeptieren oder eine Ersetzung der Klausel „durch Auslegung des Willens der Vertragspartner“, mithin eine ergänzende Vertragsauslegung, wünschten (Feststellungsziel 6). Die Gesamtunwirksamkeit der Sparverträge habe die Rückabwicklung nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften zur Folge. Nach ständiger Rechtsprechung bestehe die Vermutung, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses erlangt habe; denn bei der Bemessung der Nutzungen nach § 818 Abs. 1 BGB müsse das, was bei der Berechnung des Verzugsschadens zu ihren Gunsten gelte, auch zu Lasten der Bank gelten. Damit die Verbraucher prüfen könnten, ob die Gesamtnichtigkeit des Sparvertrages für sie nachteilig sei, möchte der Musterkläger für die den Verbrauchern dann zustehenden Bereicherungsansprüche festgestellt wissen, dass die Musterbeklagte mindestens Nutzungen i.H.d. gesetzlichen Zinssatzes erlangt habe (Feststellungsziel 7), hilfsweise, dass dies vermutet werde (Hilfs-Feststellungsziel 7), und dass sich die für den Verjährungsbeginn maßgebliche Kenntnis auf die Gesamtunwirksamkeit des Sparvertrages und der sich daraus ergebenden Bereicherungsansprüche beziehen müsse (Feststellungsziel 8), hilfsweise, dass sich die für den Verjährungsbeginn maßgebliche Kenntnis auf die Gesamtunwirksamkeit des Sparvertrages und der sich daraus ergebenden Bereicherungsansprüche beziehen müsse, wobei die Verjährung nach § 199 Abs. 4 BGB unbenommen bleibe (Hilfs-Feststellungsziel 8).
Der Musterkläger beantragt zuletzt,
1. es wird festgestellt, dass bei mit Verbrauchern geschlossenen formularmäßigen Sparverträgen „S-Prämiensparen flexibel“ - bei denen ein variabler Zinssatz vereinbart ist und die Beklagte in ihren AGB mangels konkreter Anpassungsparameter unwirksame Zinsanpassungsregelungen verwendet hat – eine ergänzende Vertragsauslegung dazu führt, dass die Zinsanpassung auf der Grundlage des jeweils gleitenden Durchschnitts der von der („Bank 01“) veröffentlichten Monatswerte des Zinssatzes für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/ Hypothekenpfandbriefe mit einer Restlaufzeit von über 9 bis einschließlich 10 Jahren (aktuelle Zeitreihenkennung: …, vormals … gemäß Statistik der („Bank 01“)) vorzunehmen ist, wobei der gleitende Durchschnitt definiert ist als „gleitender Mittelwert“ der seit Februar 1990 veröffentlichten Monatswerte, maximal der „gleitende Mittelwert“ der Monatswerte des jeweils zurückliegenden 10-Jahres-Zeitfensters.
Hilfsweise hierzu: Es wird festgestellt, dass bei mit Verbrauchern geschlossenen formularmäßigen Sparverträgen „S-Prämiensparen flexibel“ - bei denen ein variabler Zinssatz vereinbart ist und die Beklagte in ihren AGB mangels konkreter Anpassungsparameter unwirksame Zinsanpassungsregelungen verwendet hat - eine ergänzende Vertragsauslegung dazu führt, dass die Zinsanpassung
a) auf der Grundlage des gleitenden Durchschnitts eines von der („Bank 01“) für inländische Banken erhobenen Referenzzinssatzes vorzunehmen ist oder
b) hilfsweise hierzu, auf der Grundlage eines Referenzmischzinssatzes vorzunehmen ist, der auf von der („Bank 01“) für inländische Banken erhobenen Referenzzinssätzen beruht,
der jeweils dem Konzept der von der Beklagten formularmäßig angebotenen Sparverträge „S-Prämiensparen flexibel“ möglichst nahekommt, und dessen Bestimmung im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung als Teil der rechtlichen Würdigung vom im Musterfeststellungsverfahren erkennenden Gericht selbst durchzuführen ist.
2. Es wird festgestellt, dass bei mit Verbrauchern geschlossenen formularmäßigen Sparverträgen „S-Prämiensparen flexibel“ - bei denen ein variabler Zinssatz vereinbart ist und die Beklagte in ihren AGB mangels konkreter Anpassungsparameter unwirksame Zinsanpassungsregelungen verwendet hat – eine ergänzende Vertragsauslegung dazu führt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Anpassung des ermittelten Zinssatzes monatlich und ohne Berücksichtigung einer Zinsschwelle vorzunehmen.
3. Es wird festgestellt, dass bei mit Verbrauchern geschlossenen formularmäßigen Sparverträgen „S-Prämiensparen flexibel“ - bei denen ein variabler Zinssatz vereinbart ist und die Beklagte in ihren AGB mangels konkreter Anpassungsparameter unwirksame Zinsanpassungsregelungen verwendet hat – eine ergänzende Vertragsauslegung dazu führt, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Anpassung des ermittelten Zinssatzes das relative Verhältnis zu wahren, das zwischen dem anfänglich vereinbarten variablen Zinssatz zum im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ermittelten Referenzzinssatz im Zeitpunkt des Vertragsschlusses besteht, wobei ein negativer vertraglicher Zinssatz ausgeschlossen ist.
4. Es wird festgestellt, dass der vertragliche Anspruch von Kunden der Beklagten, die Verbraucher sind, in Bezug auf das Guthaben und die nach gerichtlich bestimmten Zinsanpassungsparametern zu berechnenden Zinsen aus den formularmäßigen Sparverträgen „S-Prämiensparen flexibel“ frühestens ab dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Sparvertrages entsteht.
5. Es wird festgestellt, dass für den Anspruch von Kunden der Beklagten, die Verbraucher sind, auf Nachzahlung der nach gerichtlich bestimmten Zinsanpassungsparametern zu berechnenden Zinsen aus den formularmäßigen Sparverträgen „S-Prämiensparen flexibel“ die Kenntnis gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erfordert, dass die Verbraucher Kenntnis von folgenden Umständen erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt haben müssten:
- Unwirksamkeit der von der Beklagten verwendeten Zinsanpassungsklausel sowie
- der nach der ergänzenden Vertragsauslegung festgelegten Zinsanpassungsparameter
6. Es wird festgestellt, dass bei mit Verbrauchern geschlossenen formularmäßigen Sparverträgen "S-Prämiensparen flexibel" - bei denen ein variabler Zinssatz vereinbart ist und die Beklagte in ihren AGB mangels konkreter Anpassungsparameter unwirksame Zinsanpassungsregelungen verwendet hat - Verbraucher die Wahl haben, ob der Vertrag gemäß Klageantrag zu 1 aufgrund der Verwendung der unwirksamen Zinsänderungsklausel insgesamt als unwirksam behandelt werden soll oder ob sie sich für die ergänzende Vertragsauslegung entscheiden.
7. Es wird festgestellt, dass die Beklagte aus den Sparbeiträgen, die die Beklagte im Rahmen der unter Klageantrag zu 1 genannten Verträge erhalten hat, Nutzungen mindestens in folgender Höhe erlangt hat:
- 5%-Punkten über dem Diskontsatz der („Bank 01“) (Zeitreihe …) in der Zeit bis 31.12.1998
- 5%-Punkte über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskontsatz-Überleitungsgesetz in der Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2001
- 5%-Punkte über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.01.2002
Hilfsweise hierzu: Es wird festgestellt, dass vermutet wird, dass die Beklagte aus den Sparbeiträgen, die die Beklagte im Rahmen der unter Klageantrag zu 1 genannten Verträge erhalten hat, Nutzungen mindestens in folgender Höhe erlangt hat:
- 5%-Punkten über dem Diskontsatz der („Bank 01“) (Zeitreihe …) in der Zeit bis 31.12.1998
- 5%-Punkte über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskontsatz-Überleitungsgesetz in der Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2001
- 5%-Punkte über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.01.2002
8. Es wird festgestellt, dass bei mit Verbrauchern geschlossenen formularmäßigen Sparverträgen "S-Prämiensparen flexibel" - bei denen ein variabler Zinssatz vereinbart ist und die Beklagte in ihren AGB mangels konkreter Anpassungsparameter unwirksame Zinsanpassungsregelungen verwendet hat - die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Herausgabe der Spareinlagen und der Nutzungen nicht beginnt, bevor die Verbraucher von der möglichen Gesamtunwirksamkeit des Sparvertrages und der sich daraus ergebenden Bereicherungsansprüche Kenntnis erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen.
Hilfsweise hierzu: Es wird festgestellt, dass bei mit Verbrauchern geschlossenen formularmäßigen Sparverträgen "S-Prämiensparen flexibel" - bei denen ein variabler Zinssatz vereinbart ist und die Beklagte in ihren AGB mangels konkreter Anpassungsparameter unwirksame Zinsanpassungsregelungen verwendet hat - die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Herausgabe der Spareinlagen und der Nutzungen nicht beginnt, bevor die Verbraucher von der möglichen Gesamtunwirksamkeit des Sparvertrages und der sich daraus ergebenden Bereicherungsansprüche Kenntnis erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen, wobei die Verjährung nach § 199 Abs. 4 BGB unbenommen bleibt.
Die Musterbeklagte erkennt im Kontext zum Feststellungsziel 1. an, dass sie mit ihren Kunden bei Abschluss der Bestands-Sparverträge "S-Prämiensparen flexibel" allein durch die zwei Preishauptabreden "Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit ...% verzinst" oder "Die („Bank 02“) zahlt neben dem gültigen Zinssatz, z.Zt. [...] % [...]" keine wirksame Zinsänderungsregelung getroffen hat, ferner zum 2. Hilfsantrag des Feststellungsziels 1.b), dass der für die veränderliche Vertragszinsanpassung maßgebliche Einzel-Referenzzins oder Pool von mehreren Referenzzinsen (sog. Referenzwertkombination) sachlich aus einer aktuellen Kapitalmarkt- bzw. Rentenzeitreihe der („Bank 01“) für Zinsen von börsengehandelten Bundeswertpapieren entnommen werden muss, die auch zur Fristigkeit allen anfänglichen vertraglichen Strukturmerkmalen des "S-Prämiensparen flexibel" möglichst nahekommt, und zum Feststellungsziel 2, dass für die vertragliche Zinsveränderung beim streitgegenständlichen Einlagevertrag "S-Prämiensparen flexibel" im Falle der i.S.v. Feststellungsziel 1 bis zu der Rechtsprechungsänderung am 17.02.2004 fehlenden oder unwirksamen Zinsänderungsregelung zeitlich ein monatliches Zinsanpassungsintervall ohne eine Zinsanpassungsschwelle durch die Musterbeklagte beachtet werden müsse, falls der durch den erkennenden Senat in den o.g. Bestandsprämienverträgen mittels ergänzender Vertragsauslegung ausgesuchte/festgestellte Referenzwert der („Bank 01“) ebenso im monatlichen Rhythmus veröffentlicht wird.
Im Übrigen beantragt die Musterbeklagte,
die Klage abzuweisen.
Die Musterbeklagte rügt die Unzulässigkeit der Musterfeststellungsklage insgesamt wegen des mit der Klageänderung fehlenden Gesamtfeststellungszielkonzeptes, und die Unzulässigkeit des Feststellungsziels 4 sowie der Klageerweiterung wegen Nichteinhaltung der Zulässigkeitsquoren gemäß § 606 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 3 ZPO. Das Feststellungsziel 6 sei überdies nicht hinreichend bestimmt. Das Feststellungsziel 2 sei mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig, denn die Musterbeklagte habe sich seit dem Urteil des BGH vom 17.02.2004 (auch) im Bestandsgeschäft nicht mehr auf das ursprünglich unvollständige Preisgefüge berufen und die Zinsanpassung vierteljährlich ohne Schwellenwert nach der Differenzmethode auf Grundlage einer 4-gliedrigen Referenzwertkombination vorgenommen, das Feststellungsziel 5, weil subjektive Voraussetzungen der Verjährung nicht verallgemeinerungsfähig seien. Wie sich der gleitende Durchschnittswert mathematisch ermitteln solle, sei nicht hinreichend dargestellt, der Hilfsantrag sei ebenfalls zu unbestimmt.
Das Feststellungsziel 1 sei nebst den Hilfsfeststellungszielen unbegründet. Nach der vorzunehmenden ergänzenden Vertragsauslegung kämen als geeigneter Referenzzins entweder Einlagezeitreihen oder börsennotierte Bundeswertpapiere mit einer mittleren Fristigkeit in Betracht. Entgegen dem BGH sei neben der durch die vier Merkmale (Laufzeit, Kündigungsmöglichkeit, Basiszins- und Prämiengestaltung sowie Einlagenaufbaustruktur) gekennzeichneten Vertragsstruktur auch die Mittelverwendung bei der Referenzwertauswahl zu berücksichtigen. Die Pfandbriefzeitreihe … sei als Referenzzins ungeeignet. Wegen der höher einzustufenden Sicherheit und Liquidität eines Darlehens an die nicht insolvenzfähige („Land 01“) seien Bundeswertpapiere den (Hypotheken)Pfandbriefen als Referenzanlage vorzuziehen, zudem ließe sich bei letzteren das Zinsänderungsrisiko nur begrenzt absichern Die Zinsstruktur der („Bank 01“) nach der Svensson-Methode sei den finanzmathematisch ungenaueren Renditewerten vorzuziehen. Finanzmathematisch am genauesten und auch beiderseits interessengerecht sei die von („Name 01“) in dem Rechtsstreit 19 O 187/19 des Landgerichts Frankfurt (Oder) präferierte 16-gliedrige Referenzwertkombination börsennotierter Bundeswertpapiere; alle Strukturmerkmale berücksichtige auch der von („Name 02“) in einem jüngst für den hiesigen Senat erstellten Gutachten vom 05.08.2022 herausgearbeitete 7-jährige Null-Kuponanleihe für Bundeswertpapiere. Gewogene, insbesondere sehr breit (z.B. 8-15 Jahre) angelegte Durchschnitte - wie sie der Musterkläger und der vom OLG Dresden herangezogene Sachverständige („Name 03“) präferierten - seien aufgrund der überzeugenden Erwägungen der - in anderen Rechtsstreiten gerichtlich bestellten - Sachverständigen („Name 01“), („Name 04“) und („Name 02“) abzulehnen. Bei gewogenen Durchschnitten komme es zu einer Zusammenfassung verschiedener Anleihearten mit der Konsequenz, dass gewogene Durchschnitte im Grundsatz nicht der tatsächlich am Markt vorherrschenden Verzinsung für eine Anlage über die jeweils gesuchte Restlaufzeit entsprächen. Es werde dem sukzessiven Ansparvorgang als einem der vier Strukturmerkmale des Prämiensparvertrages nicht gerecht, wenn bei der Referenzzinsauswahl der Zeitraum bis zum Erreichen des Prämienhöchstplateaus in den Vordergrund gestellt werde.
Das Gleitzinsmodell sei mit dem BGH als interessenwidrig abzulehnen. Es gewähre keine aktuelle Partizipation der Vertragszinsänderung am aktuellen Marktzins, weil es mit Durchschnittswerten aus der Vergangenheit arbeite; dies widerspreche der anfänglichen Interessenlage des Sparers, der Vertragszinsänderungen auf Grundlage der aktuellen Marktzinsveränderung erwarte. Bei dem Gleitzinsmodell handle es sich zudem lediglich um ein bankbetriebswirtschaftliches Steuerungsmodell zur Beherrschung von Zinsänderungsrisiken, derartige interne Kalkulationserwägungen der Banken seien aber für die Lückenfüllung nicht heranzuziehen.
Das Feststellungsziel 3 sei unbegründet, denn die Verhältnismethode sei nicht als interessengerechte Zinsanpassungsmethode anzusehen, vielmehr sei die branchenübliche Differenzmethode anzuwenden. Zur Vermeidung von Negativzinsen seien ohnehin beide Methoden untauglich; allein mit der absoluten Methode sei eine belastbare zinsänderungsrisikofreie Kalkulation bzw. Refinanzierung für die („Bank 02“) möglich und andererseits für den Sparer das Zinsveränderungsprozedere transparent und nachvollziehbar. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen der Beklagten zur relativen und absoluten Zinsanpassungsmethode wird auf die Schriftsätze vom 14.10.2022 (dort S. 80 ff, Bl. 215R ff d.A.) und vom 03.03.2023 (dort S. 55 ff, Bl. 368 ff d.A.) verwiesen.
Das Feststellungsziel 4 sei jedenfalls unbegründet, denn da der Sparer auch schon vor Beendigung des Sparvertrages ohne Weiteres eine mögliche Zinsgutschrift habe einklagen können, gebe es für ein Hinausschieben der Fälligkeit des Anspruchs auf Gutschrift weiterer Zinsen keine gesetzliche Grundlage.
Das Feststellungsziel 5 sei unbegründet, denn für das subjektive Moment des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB reiche die Kenntnis der Variabilität und das Fehlen einer Zinsanpassungsvereinbarung aus, es sei nicht erforderlich, dass der Betroffene die richtigen rechtlichen Schlüsse hieraus ziehe.
Das Feststellungsziel 6 sei jedenfalls unbegründet, denn das nationale Recht räume dem Verbraucher ein Wahlrecht in der Weise, dass er sich entscheiden könne, ob der Vertrag insgesamt keinen Bestand habe und rückabzuwickeln sei oder die Regelungslücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu füllen sei, nicht ein. Nach nationalem Recht sei die infolge der unwirksamen Zinsanpassungsregelung entstandene Vertragslücke nach §§ 133, 157 BGB im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen. Diese führe nicht zu einer geltungserhaltenden Reduktion und sei mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG vereinbar. Ohnehin habe der Musterkläger auf den Richtlinienschutz für die in der Klageschrift genannten und nach Veröffentlichung angeschlossenen Verbraucher verzichtet. Ein Wahlrecht folge auch nicht aus der Entscheidung des EuGH vom 08.09.2022, denn darin habe er dem nationalen Gericht nur untersagt, den Vertrag inhaltlich zu ergänzen, um dessen Fortbestand zu sichern, falls der Verbraucher Kenntnis von den Folgen der Vertragsnichtigkeit und sich für diese entschieden habe. Prozessuale Aufklärungspflichten könne der EuGH nicht vorgeben, weil das Prozessrecht den Mitgliedsstaaten überantwortet sei. Ein Wahlrecht scheitere an der in § 306 Abs. 2 BGB getroffenen Regelung; eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Norm scheide aufgrund des Willens des Gesetzgebers aus.
Die Feststellungsziele zu 7 und zu 8 seien jedenfalls deshalb unbegründet, weil schon kein Wahlrecht des Verbrauchers dem Grunde nach und damit auch kein Anspruch auf die tatsächlich gezogenen oder aufgrund tatsächlicher Vermutung gezogenen Nutzungen bestehe. Dem Feststellungsziel 8 stehe überdies die kenntnisunabhängige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB entgegen sowie, dass § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur an tatsächliche Umstände anknüpfe und diese Norm wegen ihres klaren Wortlauts einer richtlinienkonformen Auslegung nicht zugänglich sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen („Name 02“) vom 12.09.2023, seine ergänzende Stellungnahme vom 09.04.2024 sowie die Sitzungsniederschrift vom 20.11.2024 (Bl. 714ff d.A.) Bezug genommen.
A.
Die Musterfeststellungsklage ist in Bezug auf die Feststellungsziele 4, 7 und 8 unzulässig, im Übrigen zulässig.
1.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht ist gemäß § 32c ZPO i.V.m. §§ 12, 17 ZPO örtlich und gemäß § 1 ZPO i.V.m. § 119 Abs. 3 Satz 1 GVG sachlich für die Musterfeststellungsklage zuständig.
2.
Es liegen auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 606 ZPO (in der vom 01.11.2018 bis 12.10.2023 geltenden Fassung; im Folgenden: a.F.) vor.
a) Der klagende Verein ist ein seit 16.07.2002 in die Liste für qualifizierte Einrichtungen gemäß § 4 des UKlarG eingetragener Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen und weiterer 26 Verbraucherschutzorganisationen. Zu seinen Gunsten wird gemäß § 606 Abs. 1 Satz 4 ZPO a.F. unwiderleglich vermutet, dass der Musterkläger die Voraussetzungen des § 606 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. erfüllt. Der Musterkläger hat die überwiegende öffentliche Förderung durch die eidesstattliche Versicherung des Leiters Team Haushalt und Finanzen des Musterklägers, („Name 05“), vom 15.06.2021 (Anlage K 3, Bl. 23 d.A.) belegt.
b) Er hat zudem vorgetragen und belegt, dass von den jeweiligen Feststellungszielen - soweit sie zulässig geltend gemacht sind - die Ansprüche und Rechtsverhältnisse von mindestens zehn Verbrauchern (§ 29 c Abs. 2 ZPO, § 13 BGB) abhängen (§ 606 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F.). Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass es sich bei den in der Klageschrift bezeichneten 26 Personen um Verbraucher i.S.d. § 29c ZPO handelt, die sämtlich - durch Vorlage der Bestätigung der Sparkontoeröffnung durch die Musterbeklagte und der Kopie des jeweiligen („Bank 02“)-buchs belegt - mit der Musterbeklagten einen Sparvertrag „S-Prämiensparen flexibel“ abgeschlossen haben; keiner der angegebenen 26 Verbraucher hat einen Sparvertrag "S-Prämiensparen flexibel +" abgeschlossen. Ob der Musterbeklagten darin beizupflichten ist, dass einer dieser insgesamt 26 Verbraucher ("etwa in MFK 7 Abs. 2") deshalb nicht herangezogen werden könnte, weil infolge der abschließenden Abrechnung und Auflösung des Sparvertrages Nachforderungen ausgeschlossen seien, und auf die Anzahl der Vertragsverhältnisse abzustellen sei (so dass ein gemeinsam, etwa von Eheleuten, abgeschlossener Sparvertrag nicht als zwei Rechtsverhältnisse, sondern als ein Rechtsverhältnis gelte), braucht nicht entschieden zu werden, denn selbst dann verbleiben rein rechnerisch Ansprüche und Rechtsverhältnisse von mindestens 10 Verbrauchern mit den als Anlagen eingereichten Berechnungen der Kreditsachverständigen („Name 06“) ist glaubhaft gemacht (§ 294 ZPO), dass die Musterbeklagte die Zinsen zum Nachteil der Verbraucher zu gering abgerechnet hat und ihnen tatsächlich ein höherer Zinsanspruch zusteht. Die Abhängigkeit der Ansprüche und Rechtsverhältnisse von mindestens zehn Verbrauchern ist auch in Bezug auf das Feststellungsziel 4 glaubhaft gemacht (jedenfalls) dadurch, dass in den mit der Klageschrift eingereichten Kontoeröffnungsschreiben der Musterbeklagten an alle 26 genannten Verbraucher, in denen auch die übrigen Vertragsbedingungen für den Prämiensparvertrag festgehalten worden sind, rückseitig auf die Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Musterbeklagten, der Bedingungen für den Sparverkehr und der Sonderbedingungen für den Sparverkehr und deren Aushang bzw. Ausliegen in den Kassenräumen hingewiesen worden ist. Die Abhängigkeit von Ansprüchen von mindestens 10 Verbrauchern von den Feststellungszielen 5 und 8 ist mit Vorlage der Kündigungsschreiben gegenüber den in der Klageschrift genannten 26 Personen glaubhaft gemacht; dass diese Kündigungen erst als Anlagen mit dem Schriftsatz des Musterklägers vom 03.03.2023 eingereicht wurden, ist unschädlich, denn das Erfordernis des § 606 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. kann nachträglich erfüllt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 30.07.2019, VI ZB 59/18, Rn 15). In Bezug auf die Feststellungsziele 6 bis 8, die auf dem Verständnis der Richtlinie 93/13/EWG beruhen, die ihrerseits nach Art. 10 Abs. 1 Satz 3 nur für Verträge gilt, die nach dem 31.12.1994 geschlossen wurden, ergibt sich aus den eingereichten Kontoeröffnungsschreiben ein Abschluss des jeweiligen Prämiensparvertrages nach dem 31.12.1994.
c) Es haben bis zum 14.05.2022, also zwei Monate nach öffentlicher Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage (am 14.03.2022), mindestens 50 Verbraucher ihre Ansprüche oder Rechtsverhältnisse zur Eintragung in das Klageregister wirksam angemeldet (§ 606 Abs. 3 Nr. 3 ZPO a.F.).
Denn auch unter Berücksichtigung von einer Anmeldung (Nr. 35), die einen Sparvertrag "S-Prämiensparen flexibel +", zwei weiteren Anmeldungen (Nr. 19 und Nr. 78), die einen Prämiensparvertrag mit bestimmter Laufzeit betreffen, einer Doppelanmeldung (Nr. 90 und Nr. 91), von 10 - von der Musterbeklagten nicht konkret bezeichneten - Anmeldern, mit denen „originär bei Vertragsschluss oder aber nachträglich“ Zinsanpassungsvereinbarungen getroffen worden seien, zudem Ansprüchen von etwaig weiteren 17 Anmeldern, die - so die Musterbeklagte - infolge der finalen Abrechnung der Sparverträge nicht von den Feststellungszielen abhingen, verbleiben von den insgesamt 134 Anmeldungen zweifelsfrei mehr als 50 wirksame Anmeldungen.
Dass sich in Bezug auf die Feststellungsziele 6-8 derzeit nicht feststellen lässt, ob insoweit ein Quorum von 50 Anmeldern betroffen ist, führt nicht zur Unzulässigkeit der Musterfeststellungsklage mit diesen Feststellungszielen. Zwar lassen sich aus der Liste der Anmeldungen insgesamt lediglich 36 Anmeldungen feststellen, die nach dem 31.12.1994 abgeschlossene Prämiensparverträge betreffen (NRn 5, 15, 17, 18, 21, 23, 30 (zwei Verträge), 34, 42, 45, 47, 55, 60, 63, 64, 65, 66, 71, 74, 76, 77, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 90, 98, 100. 101, 112, 123, 130, und 134). Indes ist das Quorum des § 606 Abs. 3 Nr. 3 ZPO a.F. keine Zulässigkeitsvoraussetzung, die im Falle einer zulässigen Klageerweiterung nach Ablauf der Zweimonatsfrist des § 606 Abs. 3 Nr. 3 ZPO a.F. erfüllt sein muss (vgl. BGH, Beschluss vom 30.07.2019, VI ZB 59/18, Rn 15). Dieses Quorum muss lediglich am Stichtag erfüllt sein; die Zulässigkeit der Musterfeststellungsklage wird (auch) nicht dadurch berührt, dass die Zahl der angemeldeten Verbraucher nach Ablauf von zwei Monaten unter 50 sinkt (BT-Drucks. 19/2507, S. 23).
3.
Die Feststellungsziele 1 bis 5 können zusammen mit den Feststellungszielen 6 bis 8 in einer Musterfeststellungsklage geltend gemacht werden.
a) Da nach § 610 Abs. 5 Satz 1 ZPO a.F. i.V.m. § 147 ZPO mehrere nicht identische Musterfeststellungsklagen verbunden werden können mit der Folge, dass sich deren Feststellungsziele ergänzen und die jeweiligen Anmeldungen (§ 608 ZPO a.F.) zusammengeführt werden (vgl. Rohls in: Nordholtz/Mekat, Musterfeststellungsklage, 2019, § 3 Rn 78; Vollkommer in: Zöller, ZPO, 36. Aufl. 2024, § 610 Rn 3), ist es in gleicher Weise als zulässig anzusehen, von Anfang an eine einheitliche Musterfeststellungsklage zu führen. Die Häufung von Streitgegenständen ist der Musterfeststellungsklage eigen.
b) Es ist dem Musterkläger auch nicht grundsätzlich verwehrt, im Rahmen eines anhängigen Musterfeststellungsklageverfahrens seine Musterfeststellungsklage zu erweitern. Einer Klageerweiterung steht insbesondere nicht entgegen, dass im Rahmen des Musterfeststellungsverfahrens (§§ 606 ff ZPO a.F.) keine der Vorschrift des § 15 KapMuG entsprechende Regelung vorgesehen ist (BGH, Beschluss vom 30.07.2019, VI ZB 59/18, Rn 15 mwN, juris).
Der Zulässigkeit einer Klageerweiterung im Musterfeststellungsverfahren lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass ein schutzwürdiges Vertrauen derjenigen Verbraucher, die bereits zuvor Ansprüche zum Klageregister angemeldet haben, verletzt würde. Bis zum Schluss des ersten Termins zur mündlichen Verhandlung ist eine Rücknahme der Anmeldung gemäß § 608 Abs. 3 ZPO a.F. möglich. Die berechtigten Interessen der Musterbeklagten, für die das rechtskräftige Musterfeststellungsurteil gemäß § 613 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F. Bindungswirkung erzeugt, werden dadurch hinreichend gewahrt, dass die allgemeinen Vorschriften für die Klageänderung (§§ 263, 264 ZPO) vorliegen müssen.
Entgegen der Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 222, juris) ist es nicht gerechtfertigt, die Zulässigkeit einer Klageänderung auf den Zeitpunkt bis zum Ablauf der Anmeldefrist (§ 608 Abs. 1 ZPO a.F.) - also den Ablauf des Tages vor Beginn des ersten Termins - zu beschränken (ablehnend wohl auch BGH, Beschluss vom 30.07.2019, VI ZB 59/18, Rn 15 mwN, juris). Zwar ist richtig, dass sich Verbraucher ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt anmelden können, der neu in den Prozess eingeführt werden soll. Indes geht - wie das vorliegende Verfahren zeigt - eine Klageerweiterung im Musterfeststellungsverfahren nicht notwendig mit der Einführung eines neuen Lebenssachverhalts einher. Gegen eine Beschränkung des Zeitpunkts für eine zulässige Klageerweiterung auf die Frist des § 608 Abs. 1 ZPO a.F. spricht auch, dass das Gericht nach § 610 Abs. 3 ZPO a.F. (erst) spätestens im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung auf sachdienliche Klageanträge hinzuwirken hat; diese Frist läuft leer, wenn dem Musterkläger verwehrt ist, auf ihm vom Gericht im ersten Verhandlungstermin mitgeteilte Bedenken durch Änderung seiner Klageanträge, auch im Wege der Einführung von Hilfsanträgen, reagieren zu können.
So war es hier. Der Musterkläger hat im Verhandlungstermin vom 18.01.2023 die Hilfs-Feststellungsziele 7 und 8 gestellt, um den vom Senat im Termin geäußerten Bedenken in Bezug auf die Zulässigkeit der mit Schriftsatz vom 05.12.2022 in das Verfahren eingeführten Feststellungsziele 7 und 8 Rechnung zu tragen. Ein neuer Lebenssachverhalt ist hiermit nicht in das Verfahren eingeführt worden; die Hilfs-Feststellungsziele 7 und 8 sind als die Hauptfeststellungsziele 7 und 8 lediglich quantitativ und qualitativ modifizierende Hilfsanträge gemäß § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung i.S.d. § 263 ZPO zu qualifizieren.
c) Die Änderung und Erweiterung der Feststellungsziele durch den Musterkläger erweisen sich als statthaft und auch im Übrigen gemäß § 610 Abs. 5 Satz 1 ZPO a.F. i.V.m. §§ 263, 264 ZPO als zulässig.
Die Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 05.12.2022 um den Antrag zu 6, die Haupt und Hilfsanträge zu 7 und zu 8 ist sachdienlich (§ 263 ZPO). Es liegen dieselben Lebenssachverhalte zugrunde. Die Feststellungsziele zielen darauf ab, weitere aus der jüngsten Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie 93/13/EWG erwachsene und für Prämiensparverträge der vorliegenden Art bedeutsame Rechtsfragen zu klären.
4.
Bei den Anträgen handelt es sich, mit Ausnahme der Feststellungsziele 4, 7 und 8, um geeignete Feststellungsziele.
Nach § 606 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F. kann mit der Musterfeststellungsklage das Vorliegen oder Nichtvorliegen von tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen festgestellt werden. Ein zulässiges Feststellungsziel muss danach für Ansprüche der Verbraucher oder für Rechtsverhältnisse vorgreiflich sein (BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 31 mwN; Röthemeyer, Musterfeststellungsklage, 2. Aufl., § 606 ZPO Rn 8 und 22; BeckOK ZPO/Lutz, 41. Edition, Stand: 01.07.2021, § 606 Rn 15 und 51; Waßmuth/Asmus, ZIP 2018, 657, 658). Über § 256 ZPO hinaus können dabei auch einzelne Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses oder einer Anspruchsgrundlage festgestellt werden. Des Weiteren können reine Rechtsfragen mit Bedeutung für eine Vielzahl von betroffenen Rechtsverhältnissen geklärt werden (BR-Drs. 176/18, 20). Die Feststellung eines Anspruchs als solchem kann demgegenüber nach der Rechtsprechung des BGH zum Kapitalanlegermusterverfahren - auch im Musterfeststellungsverfahren - kein zulässiges Feststellungsziel sein (BGH, Beschluss vom 10.06.2008, XI ZB 26/07, Rn 24, juris). Auch können individuelle Anspruchsvoraussetzungen nicht Gegenstand eines Feststellungsziels sein. Jedoch können auch aus diesen Bereichen ausnahmsweise einzelne Tatbestandsvoraussetzungen oder Auslegungsfragen Feststellungsziele sein, wenn jeweils eine Betroffenheit von zehn VerbraucheRn gegeben ist. Nicht als Feststellungsziel geeignet sind neben nicht (mehr) klärungsbedürftigen Fragen auch solche, die nur individuell entschieden werden können und die nicht bei den Ansprüchen der Verbraucher gleichermaßen von Bedeutung sind (BeckOK ZPO/Lutz, 41. Ed. 1.7.2021, ZPO § 606 Rn 16).
a) Die Musterfeststellungsklage ist mit dem Feststellungsziel zu 4 unzulässig, weil insoweit – wie im Senatstermin vom 20.11.2024 erörtert – kein Klärungsbedarf mehr besteht.
Rechtsfragen, die rechtliche Voraussetzungen im Sinne von § 606 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F. darstellen, sind u.a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits hinlänglich geklärt, in Instanzrechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannt und zwischen den Parteien unstreitig sind (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2024, XI ZR 40/23, Rn 28 mwN, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 36).
Das Feststellungsziel 4 zum objektiven Verjährungsbeginn ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung inzwischen hinreichend geklärt (BGH, Urteile vom 09.07.2024, XI ZR 44/23, Rn 41; vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 64 ff, vom 24.11.2021, XI ZR 310/20, Rn 25 f) und im Schrifttum allgemein anerkannt (siehe nur Grüneberg-Ellenberger, BGB 84. Aufl. 2025, § 199 Rn 4; Staudinger/Jacoby (2024) § 199 BGB Rn 13; Lakkis in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, juris-PK-BGB, 10. Aufl. 2025, § 199 BGB, Rn 13). Die Musterbeklagte stellt ausweislich ihrer Ausführungen im Schriftsatz vom 14.11.2024 (dort S. 36, Bl. 652 d.A.) die Sichtweise, dass die Beendigung des Sparvertrages der für den Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB maßgebliche Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf das Sparguthaben und die Zinsen ist, nicht mehr in Frage.
b) Das (Haupt-)Feststellungsziel 7 ist - wie bereits im Senatstermin vom 18.01.2023 ausgeführt - unzulässig, weil die begehrte Feststellung, dass die Beklagte aus den Sparbeiträgen Nutzungen mindestens in Höhe des gesetzlichen Verzugszinssatzes erlangt hat, nur individuell entschieden werden kann. Der Musterkläger stützt sein Feststellungsziel auf die im Rahmen des § 818 Abs. 1 BGB nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (siehe etwa BGH, Urteile vom 24.04.2007, XI ZR 17/06, Rn 35, und vom 12.05.1998, XI ZR 79/97, Rn 21ff) geltende tatsächliche Vermutung (§ 287 ZPO) bei Zahlungen an eine Bank, dass diese aus den eingenommenen Geldern Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat.
Da es der Bank frei steht, zur geringeren Höhe von ihr gezogener Nutzungen unter Darlegung ihres Zinsgewinnaufwandes und ihrer Zinsausfälle im jeweiligen Einzelfall substantiiert vorzutragen, um die Vermutung tatsächlich gezogener Nutzungen in Form von (Wiederanlage)Zinsen zu erschüttern, lässt sich die Frage der aus den Sparbeiträgen tatsächlich gezogenen (Mindest)Nutzungen nicht allgemeingültig, sondern nur individuell beantworten.
b) Auch das Feststellungsziel 8 ist kein geeignetes Feststellungsziel.
Der begehrten Feststellung der Abhängigkeit des Beginns der Verjährungsfrist für den bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Herausgabe der Spareinlagen und der Nutzungen von der Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis der Gesamtunwirksamkeit des Sparvertrages und der sich hieraus ergebenden Bereicherungsansprüche fehlt es an der erforderlichen Verallgemeinerungsfähigkeit, weil das Feststellungsziel außer Acht lässt, dass die zehnjährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB kenntnisunabhängig beginnt.
c) Die übrigen Feststellungsziele sind zulässig.
aa) Die mit dem Feststellungsziel 2 begehrte Feststellung, dass bei Prämiensparverträgen der hier vorliegenden Art, bei denen ein variabler Zinssatz vereinbart ist und die Musterbeklagte in ihren AGB unwirksame Zinsanpassungsregelungen verwendet hat, die ergänzende Vertragsauslegung dazu führt, dass die Anpassung des ermittelten Zinssatzes monatlich und ohne Berücksichtigung einer Zinsschwelle vorzunehmen ist, steht zwar in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu vergleichbaren Prämiensparverträgen (siehe nur BGH, Urteile vom 09.07.2024, XI ZR 44/23, Rn 27; vom 24.11.2021, XI ZR 310/20, Rn 24; und vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 57 ff, juris) und wird von der hiesigen Musterbeklagten nicht in Zweifel gezogen.
Gleichwohl erachtet der Senat dieses Feststellungsziel für zulässig, weil Anpassungsschwelle und Anpassungsintervall (erst) im Wege ergänzender Vertragsauslegung durch das erstinstanzliche Gericht zu bestimmen sind, und das Anpassungsintervall sich überdies regelmäßig nach dem Veröffentlichkeitszyklus des Referenzzinses richtet, den zu bestimmen der Senat mit den Haupt- und Hilfs-Feststellungszielen 1 aufgerufen ist.
bb) Die Feststellungsziele betreffen Fragen, die verallgemeinerungsfähig und nicht individuell zu beantworten sind. Dies gilt auch für das Feststellungsziel 5 und das Hilfs-Feststellungsziel 8. Mit ersterem soll festgestellt werden, dass sich die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Verbrauchers im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die Unwirksamkeit der verwendeten Zinsanpassungsklausel sowie auf die nach der ergänzenden Vertragsauslegung festgelegten Zinsanpassungsparameter, mit dem Hilfs-Feststellungsziel 8, dass sich die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Verbrauchers auf die mögliche Gesamtunwirksamkeit des Sparvertrages und der sich daraus ergebenden Bereicherungsansprüche beziehen müsse, die Verjährung nach § 199 Abs. 4 BGB aber unbenommen bleibe. Damit zielt der Musterkläger – etwas umständlich formuliert – darauf ab, die für den Beginn der Verjährungsfrist des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderlichen subjektiven Umstände klären zu lassen; die insoweit aufgeworfenen verjährungsrechtlichen Rechtsfragen müssen nicht für jeden Verbraucher individuell festgestellt werden, sondern sind verallgemeinerungsfähig (BGH, Urteil vom 09.07.2024, XI ZR 44/23, Rn 39; vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 111 mwN). Sie sind damit taugliche Feststellungsziele im Sinne des § 606 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.
cc) Die Antragstellung genügt, soweit sie zulässige Feststellungsziele betrifft, auch den Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot.
(1) Hinreichend bestimmt sind die Anträge zu dem Feststellungsziel 1 in der zuletzt gestellten Fassung und den Hilfs-Feststellungszielen 1. a) und b).
Der Musterkläger hat die Berechnungsmethode zur Ermittlung des „gleitenden Durchschnitts“ des maßgeblichen Referenzwertes dargestellt und sowohl den Basiswert als auch das Zeitfenster, auf das zur Bildung des gleitenden Durchschnitts als des arithmetischen Mittelwerts aller im Zeitfenster enthaltenen Einzelwerte abzustellen sei, definiert. Ob die („Bank 01“) eine Zinszeitreihe veröffentlicht hat, die den gleitenden Durchschnitt für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen / Hypothekenpfandbriefe mit einer Restlaufzeit von über 9 bis 10 Jahren wiedergibt, ist für die Bestimmtheit der beantragten Feststellung zu 1 irrelevant. Auch der Einwand der Musterbeklagten, die beantragte Feststellung könne deshalb nicht getroffen werden, weil diese Pfandbriefzeitreihe durch die („Bank 01“) nur als aktuelle Zeitreihe während der Vertragslaufzeit publiziert und erst seit Februar 1990 aufgelegt worden sei, betrifft nicht die Frage der Bestimmtheit der Antragstellung; die Durchführbarkeit der Zinsanpassung gemäß dem gestellten Antrag ist allenfalls eine Frage der Begründetheit der Klage (ebenso bereits BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 217 f, juris).
Keinen Bedenken in Bezug auf die Bestimmtheit des Antrages begegnet die für die Hilfs-Feststellungsziele 1.a) und b) geltende Formulierung, wonach die „Bestimmung“ des Referenzzinses, der dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt, „im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung als Teil der rechtlichen Würdigung vom im Musterfeststellungsverfahren erkennenden Gericht selbst durchzuführen ist“. Mit einem so formulierten Feststellungsantrag wird dem Gericht lediglich abverlangt, wozu es ohnehin verpflichtet ist. Den im Hilfs-Feststellungsziel 1.b) enthaltenen Begriff „Referenzmischzinssatz“ versteht der Senat nicht im Sinne einer Beschränkung, sondern einer Erweiterung auf „Misch“zinssätze. Es ist auch keineswegs aufgrund der Urteile vom 09.07.2024 (XI ZR 44/23 und XI ZR 40/23) durch den Bundesgerichtshof bereits ein Referenzzinssatz - Umlaufsrenditen inländischer Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten von über 8 bis 15 Jahren - bindend festgestellt. Entschieden ist lediglich, dass dieser – (u.a.) vom OLG Dresden und OLG des („Land 02“) herangezogene – Referenzzinssatz den Anforderungen, die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung an einen Referenzzins für die variable Verzinsung der Sparverträge zu stellen sind, genügt.
(2) Keine - teilweise - Unzulässigkeit des Feststellungsziels 3 ergibt sich im Hinblick darauf, dass die Musterbeklagte nie bezweifelt und stets praktiziert habe, dass beim streitgegenständlichen Prämiensparvertrag kein vertraglicher Negativzins zu Lasten des Sparers entstehen dürfe. Denn bereits der Wortlaut der Formulierung, „wobei ein negativer vertraglicher Zinssatz ausgeschlossen ist“, macht deutlich, dass damit lediglich die Grenze der mit dem Feststellungsziel zu 3 verfolgten relativen Zinsanpassung aufgezeigt werden soll.
(3) Das Feststellungsziel 6 in seiner zuletzt gestellten Fassung weist keine Defizite in Bezug auf das Bestimmtheitsgebot auf. Entgegen der Auffassung der Musterbeklagten werden darin sowohl der betroffene Prämiensparvertrag („formularmäßige(n) Sparverträge 'S-Prämiensparen flexibel' - bei denen ein variabler Zinssatz vereinbart ist (...)“) hinreichend genau bezeichnet als auch der Grund für die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsregelung genannt („(...) die Beklagte in ihren AGB mangels konkreter Anpassungsparameter unwirksame Zinsanpassungsregelungen verwendet hat“).
B.
Soweit die Feststellungsziele zulässig sind, hat die Musterfeststellungsklage nur im tenorierten Umfang Erfolg.
Die Klage ist mit dem Hauptantrag zu 1 und dem (ersten) Hilfsantrag zu 1.a) unbegründet. Der damit zur Entscheidung angefallene äußerst hilfsweise Klageantrag zu 1.b) ist ebenso wie die Klageanträge zu 2 und zu 3 begründet; die Klage mit den Feststellungszielen 5 und 6 sowie den Hilfs-Feststellungszielen 7 und 8 ist unbegründet.
1.
In Bezug auf den Klageantrag zu dem Feststellungsziel 2 ist die Musterbeklagte ihrem Anerkenntnis in der Klageerwiderung vom 14.10.2022 (dort S. 3, 9, Bl. 177, 180 d.A.) entsprechend durch Anerkenntnisurteil (§ 307 Satz 1 ZPO) zu verurteilen.
Ein Anerkenntnisurteil kann ergehen ungeachtet des grundsätzlichen Erfordernisses, dass das Feststellungsinteresse als allgemeine Prozessvoraussetzung auch im Rahmen einer Musterfeststellungsklage für jedes Feststellungsziel vorliegen muss (BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 108). Nach Auffassung des Senats ist im Falle eines - wie hier - (bedingungslos) erklärten Anerkenntnisses das allgemeine Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nicht mehr zu prüfen.
Der BGH betont allerdings, dass der Beklagte mit einem Anerkenntnis über den sachlich-rechtlichen Anspruch disponieren könne, so dass es dem Gericht verwehrt sei, den ihm ursprünglich vorgelegten Streitstoff zu überprüfen; die Parteien könnten jedoch grundsätzlich nicht über Prozess- und Rechtsmittelvoraussetzungen verfügen, so dass diese auch im Falle eines Anerkenntnisses vom Gericht zu prüfen seien (BGH, Beschluss vom 18.07.2013, IX ZB 41/12, Rn 7, und vom 10.11.2009, XI ZB 15/09, Rn 15). Dementsprechend hat er die zum Zeitpunkt der Anerkenntniserklärung bereits bestehende Unzulässigkeit der Berufung (Beschluss vom 10.11.2009, XI ZB 15/09,) als dem Erlass eines Anerkenntnisurteils entgegenstehend angesehen. Der Grundsatz, dass ein Anerkenntnisurteil bei Fehlen einer Prozessvoraussetzung ausscheidet, gilt allerdings nicht ausnahmslos. So kann ein Anerkenntnisurteil ausnahmsweise dann ergehen, wenn eine fehlende Prozessvoraussetzung ihm nach dem Sinn und Zweck des § 307 ZPO nicht entgegensteht (BGH, Urteil vom 18.07.2014, V ZR 287/13). Dementsprechend ist anerkannt, dass der Revisionsbeklagte den gegen ihn geltend gemachten Anspruch - allerdings nur, solange der Kläger seine Revision noch nicht begründet hat (BGH, Beschluss vom 12.05.2015, XI ZR 397/14) - durch Erklärung seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten anerkennen kann, obwohl vor dem Bundesgerichtshof nach § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO ein qualifizierter Anwaltszwang besteht (BGH, Urteil vom 06.05.2014, X ZR 11/14, Rn 7, 8, juris). Ebenso kann der Beklagte den Klageanspruch innerhalb laufender Berufungsbegründungsfrist wirksam anerkennen, auch wenn die Berufung nicht mehr begründet und das Rechtsmittel damit unzulässig wird (BGH, Beschluss vom 18.07.2013, IX ZB 41/12, Rn 8, juris). Darüber hinaus findet § 307 ZPO entsprechende Anwendung, wenn ein Anerkenntnis im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erklärt wird. Schließlich steht die fehlende Durchführung eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens dem Erlass eines Anerkenntnisurteils nicht entgegen (BGH, Urteil vom 18.07.2014, V ZR 287/13).
In der Literatur und Instanzrechtsprechung findet sich neben der Auffassung, dass das Fehlen des Feststellungsinteresses i.S.d. § 256 ZPO den Erlass eines Anerkenntnisurteils nicht hindere (so OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.11.2003, 15 U 5/03), eine differenzierende Ansicht, dass die Prozessvoraussetzungen (nur) insoweit nicht zu prüfen seien, als es die Rechtsschutzvoraussetzungen betrifft, also Klagbarkeit, Rechtsschutzfähigkeit, Rechtsschutzbedürfnis und Feststellungsinteresse bei der Feststellungsklage (MüKo/Musielak ZPO, 6. Aufl. 2020, § 307 Rn 22; Renten in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. § 307 ZPO Rn 19; OLG Stuttgart, Urteil vom 22.07.2021, 19 U 135/20, Rn 115; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 19.09.2012, 6 P 3/11, Rn 33; offengelassen in OLG Stuttgart, Urteil vom 22.02.2022, 6 U 549/20, Rn 56, juris).
Der letztgenannten Sichtweise schließt sich der Senat an. Der Beklagte, der ein prozessuales Anerkenntnis abgibt, ohne dies davon abhängig zu machen, dass das für die Feststellungsklage grundsätzlich erforderliche Feststellungsinteresse vorliegt, ist nicht schutzwürdig. Sein Kosteninteresse wird, wenn er keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat, durch § 93 ZPO hinreichend geschützt. Die Kostenregelung in § 93 ZPO bringt überdies zum Ausdruck, dass unter dem Gesichtspunkt der Prozessvoraussetzungen gegen den Erlass eines Anerkenntnisurteils auch dann keine Bedenken bestehen, wenn der Beklagte durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage keine Veranlassung gegeben hat (so bereits BVerwG, Beschluss vom 19.09.2012, 6 P 3/11, Rn 33, juris); die in § 93 ZPO getroffene Kostenregelung macht für (positive) Feststellungsklagen keinen Sinn, wenn das Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO Voraussetzung für ein Anerkenntnisurteil ist.
2.
Die Musterfeststellungsklage ist mit dem Feststellungsziel 1 und dem Hilfsfeststellungsziel 1.a) unbegründet.
Der Musterkläger geht - ebenso wie die Musterbeklagte - zu Recht davon aus, dass es an einer wirksamen Vereinbarung über die Art und Weise der Zinsanpassung fehlt. Eine Klausel des Inhalts „Die („Bank 02“) zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. [...] %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres [...]“ oder „Die Spareinlage wird variabel, z. Zt mit [...] % p.a. verzinst“, enthält bei der gebotenen objektiven Auslegung ein Zinsänderungsrecht der Musterbeklagten, nach dem diese den Zinssatz ändern kann, und ist, weil sie nicht das gebotene Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist, wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam (BGH, Urteile vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 20ff, und vom 24.11.2021, XI ZR 461/20, Rn 18, und XI ZR 310/20, Rn 21, juris).
Der Musterkläger will mit den Feststellungszielen 1 bis 1.b) lediglich festgestellt wissen, wie im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bei den Sparverträgen „S-Prämiensparen flexibel“ mit nicht wirksamer Zinsanpassungsregelung die Zinsanpassung vorzunehmen ist. Damit hat der Musterkläger insoweit auf den zugunsten der Verbraucher eingeführten Schutz der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. Nr. L 95 vom 21. April 1993, S. 29, nachfolgend: Richtlinie 93/13/EWG) verzichtet; Fragen der unionsrechtlichen Konformität einer ergänzenden Vertragsauslegung oder der Kontrollfreiheit der Zinsvariabilität als solcher und die etwaig anschließende Frage, ob sich die Verbraucher auf der Grundlage einer gehörigen Aufklärung über die nachteiligen Folgen der Nichtigkeit ihres Sparvertrags in seiner Gesamtheit alternativ für eine Rückabwicklung entscheiden könnten, stellen sich zu den Feststellungszielen 1 bis 1.b) nicht (dazu aber unten Feststellungsziel 6).
Die in den Anträgen 1 und 1.a) formulierten Referenzen genügen jedoch nicht den Vorgaben, die nach gefestigter höchstrichterlicher und vom Senat insoweit geteilter Rechtsprechung an den Referenzzins zu stellen sind, dessen Änderung Auslöser für die Anpassung des auf das Sparkapital zu gewährenden Zinssatzes sein soll.
a) Bei der (ergänzenden) Vertragsauslegung handelt es sich um eine durch das Gericht zu beantwortende Rechtsfrage. Es ist zu entscheiden, welche Regelung die Parteien in Kenntnis der Regelungslücke nach dem vorliegenden Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner zum Referenzzins getroffen hätten (vgl. BGH, Urteil vom 14.03.2017, XI ZR 508/15, Rn 29, juris). Dabei ist bei unwirksamen formularmäßigen Zinsänderungsklauseln, bei denen es sich – ähnlich wie bei („Bank 02“)-AGB – um deutschlandweit verbreitete Vereinbarungen handelt, im Interesse der Rechtssicherheit eine allgemeinverbindliche ergänzende Vertragsauslegung unabhängig von den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls geboten (vgl. BGH, Urteil vom 13.04.2010, XI ZR 197/09, Rn 20, juris) bzw. bei Massengeschäften wie den streitgegenständlichen Sparverträgen ebenso wie für die Auslegung und Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht der Wille der konkreten Vertragsparteien entscheidend, sondern auf Grund einer objektiv-generalisierenden Sicht auf die typischen Vorstellungen der an Geschäften gleicher Art beteiligten Verkehrskreise abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 44 ff., juris). Es sind für den aussagekräftigen Referenzzins präzise Parameter zu wählen, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen (im Folgenden auch „Transparenzkriterium“) genügen (BGH, Urteil vom 13.04.2010, XI ZR 197/09, Rn 19, juris) und die in sachlicher und zeitlicher Hinsicht dem mutmaßlichen Parteiwillen entsprechen (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2010, XI ZR 52/08, Rn 21, juris). Weil der typische Sparer sich für seine Anlageentscheidung am durchschnittlichen Marktzins vergleichbarer Anlagen orientiert und diese Marktzinsen zugleich die Wiederanlagemöglichkeiten der Banken reflektieren, müssen die mit dem in Rede stehenden Sparvertrag erzielten Erträge (Zinsen und Prämien) über den durchschnittlichen Renditen vergleichbarer Anlagen liegen (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 91, juris).
b) Es muss sich um einen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzins handeln, der von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt wird und die Bank nicht einseitig begünstigt. Andernfalls fehlte es an dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen (vgl. BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 365 ff., juris). Ernsthaft in Betracht kommen insoweit nur durch die („Bank 01“) veröffentlichte Zinsreihen; andere Referenzzinsen werden weder von den Parteien noch in der Rechtsprechung oder Literatur diskutiert (vgl. BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 342 ff., juris). Unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarktes ist diejenige oder eine Kombination von Bezugsgrößen auszuwählen, die dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt (so schon BGH, Urteil vom 17.02.2004, XI ZR 140/03, Rn 28). Es kommt in erster Linie darauf an, welche Strukturmerkmale den Sparvertrag „S-Prämiensparen flexibel“ in einer Weise prägen, dass der Referenzzins oder eine Zinskombination diesen entsprechen muss, um eine gleichlaufende Zinsänderung zu rechtfertigen.
Die hier in Rede stehenden Prämiensparverträge werden im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass es sich um Spareinlagen handelt, mithin um eine Anlageform, die in die niedrigste Risikoklasse einzustufen ist, weil ein Risiko, das eingesetzte Kapital (bis zur Höhe der Einlagensicherung) nicht in voller Höhe wieder zurückzuerlangen, nicht besteht. Die Risikolosigkeit der Sparanlage wird auch nicht - wie der Musterkläger meint - dadurch in Frage gestellt, dass die Gewährträgerhaftung durch in den Jahren 1993 bis 2004 „klamme“ ostdeutsche Kommunen und Landkreise eine nicht annähernd vergleichbare Sicherheit geboten habe wie etwa die Bonität der („Land 01“) für Bundesanleihen. Zwar ist richtig, dass die („Bank 02“)n in („Stadt 01“) von der Gewährträgerhaftung erfasst waren, mithin die Träger der („Bank 02“)n für die Erfüllung sämtlicher am 18.07.2005 bestehender Verbindlichkeiten des jeweiligen Instituts zeitlich unbegrenzt nach § 36 des Brandenburgischen („Bank 02“)ngesetzes vom 26.06.1996 (GVBl. I/96, S. 210) hafteten. Ungeachtet etwaig „klammer“ kommunaler Gewährträger bestand aber für Sparer auch im („Land 01“) nie ein Grund für Zweifel daran, dass ihre Spareinlagen bei einer („Bank 02“) sicher seien, was angesichts der fehlenden Insolvenzfähigkeit von Kommunen wie auch anderer öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften (vgl. § 118 Abs. 2 Kommunalverfassung des Landes Brandenburg) gerechtfertigt ist.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der den hier streitgegenständlichen Sparvertrag prägt, ist seine Langfristigkeit. Die ab dem Ende des dritten Sparjahres zusätzlich zum variablen Zins anfallende Prämie in ansteigender Höhe von anfänglich 3 % und ab dem Ende des 15. Sparjahres (gleichbleibend auch für die Folgejahre) von 50 % der Vorjahressparleistung bietet – trotz der für den Sparer jederzeit bestehenden Möglichkeit einer prämienunschädlichen ordentlichen Kündigung des Sparvertrages mit einer Frist von drei Monaten – einen wirtschaftlichen Anreiz, den Vertrag mindestens bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe - mithin bis zum Ablauf von 15 Jahren - zu besparen. Es ist daher interessengerecht, einen Referenzzins für langfristige Spareinlagen heranzuziehen (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.2023, XI ZR 257/21, Rn 18, juris; Urteil vom 14.05.2019, XI ZR 345/18). Der Senat verkennt nicht, dass in dem Vertrag langfristige Elemente mit einem kurzfristigen Kündigungsrecht des Sparers kombiniert werden und dass das dem Sparer eingeräumte Recht, den Sparvertrag jederzeit mit einer Frist von drei Monaten kündigen zu können, bei der Anlageentscheidung des Sparers durchaus eine Rolle gespielt haben mag. Dies ändert aber nichts daran, dass der Sparvertrag in Ansehung der Prämienstaffel und des Ausschlusses des Kündigungsrechts der Musterbeklagten aus Sicht des Sparers auf ein langfristiges Sparen ausgelegt und insofern die Kündigungsmöglichkeit lediglich von untergeordneter Bedeutung war. Auf die durchschnittliche tatsächliche Haltedauer kommt es bei objektiv-generalisierender Sicht hingegen nicht an, zumal diese Umstände sich erst nachträglich feststellen lassen und der Sparer bei Vertragsschluss keine Kenntnisse über das (prognostische) Verhalten einer Vielzahl anderer Sparer hat. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Sparverträge trotz fehlender Festlaufzeit und der damit einhergehenden Flexibilität für die Sparer einen attraktiven Halteanreiz boten und dadurch auf eine Besparung mindestens bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe, und damit auf 15 Jahre, angelegt waren (vgl. BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 325 ff, juris).
Ein weiteres sachliches Vertragsmerkmal, das für die Heranziehung eines Referenzzinssatzes hier von erheblicher Bedeutung ist, ist der Umstand, dass die Spareinlage durch laufende monatliche Einzahlungen in jeweils gleichbleibender Höhe über die gesamte Laufzeit aufgebaut, mithin nicht in einem Betrag bei Abschluss der Sparverträge eingezahlt wird. Darin liegt ein erheblicher Unterschied zu Sparverträgen mit einer Einmalanlage, bei denen der Sparer den Sparbetrag bereits bei Vertragsschluss für die vereinbarte Laufzeit oder auf unbestimmte Zeit anlegt, der dann zu dem vereinbarten Zinssatz verzinst wird, und dem Sparer ggf. die Haltedauer durch über die Jahre ansteigende Prämien zusätzlich vergütet wird. Den zu besparenden Betrag muss der Sparer bei einem Sparvertrag mit Einmalanlage also bei Vertragsschluss aufbringen, wohingegen er bei dem „S-Prämiensparen flexibel“ die Sparleistung in kleineren monatlichen Beträgen über Jahre hinweg leistet. Entgegen der Auffassung des Musterklägers kann auch nach den jüngsten Entscheidungen des BGH zu Prämiensparverträgen diese Ansparphase bei der Referenzzinswahl Berücksichtigung finden (BGH, Urteile vom 09.07.2024, XI ZR 44/23, Rn 29, und vom 24.01.2023, XI ZR 257/21, Rn 18).
c) Dies vorangestellt, sind die Anträge mit dem Feststellungszielen 1 und 1.a) schon deshalb unbegründet, weil eine Zinsänderung auf Grundlage eines gleitenden Durchschnittswertes der für den Referenzzins maßgeblichen Zeitreihe(n) nicht in Betracht kommt; aus denselben Gründen scheiden die als Alternativen vom Musterkläger im Schriftsatz vom 05.12.2022 genannten Zeitreihen … (alte Kennung: …) und … (alte Kennung …) aus. Einer Anpassung des Vertragszinses nach der Methode gleitender Durchschnitte hat der BGH bereits in seinen Urteilen vom 25.04.2023 (XI ZR 225/21, Rn 19), vom 21.12.2010 (XI ZR 52/08, Rn 23 f) und zuletzt vom 09.07.2024 (XI ZR 44/23, Rn 25 ff.) bereits - zu Recht - eine klare Absage erteilt. An dieser Sichtweise hält der Senat, ohne dass es hierzu weiterer sachverständiger Bewertungen bedarf, fest.
aa) Gegen die Heranziehung eines aus (bis zu) 120 Basiswerten gebildeten gleitenden Durchschnittes der für den Referenzzins maßgeblichen Zeitreihe(n) spricht, dass ein derart gebildeter Referenzzins dem Vertragscharakter des in Rede stehenden Prämiensparvertrages mit einem jederzeit anpassbaren, variablen Zins nicht entspricht. Die Musterbeklagte hat den Sparern mit dem angebotenen Sparvertragsmodell „S-Prämiensparen flexibel“ zwei zu unterscheidende Renditearten zugesagt, nämlich eine Rendite in Form einer variablen Basisverzinsung und zusätzlich - zu und in Abgrenzung von dieser - eine festgeschriebene, gestaffelte Rendite in Form der Prämie am Ende eines jeden Sparjahrs. Diese Kombination von einerseits variablem Basiszins und andererseits feststehender Prämie impliziert, dass im Gegensatz zu dem „vertraglich festgelegten Kontinuum“ – der Prämie – die Basisverzinsung flexibel an den Änderungen des Markts ausgerichtet sein sollte (ebenso OLG Dresden, Urteil vom 19.06.2023, 8 U 669/21, Rn 67 vgl. auch OLG Dresden, Urteil vom 13.04.2023, 5 U 1973/20, Rn 36, juris). Ein Rückgriff auf eine variable Basisverzinsung mit dem (bis zu) 10-jährigen gleitenden Durchschnitt eines Referenzzinses würde aufgrund der dadurch bewirkten Trägheit der Zinsänderung einer Abbildung der variablen Basisverzinsung in einer Festzinsposition gleichkommen. Dies hätte zur Folge, dass sich die variable Basisverzinsung gerade nicht flexibel an eine geänderte Marktsituation anpasst, was der vertraglich vorgesehenen Risikoverteilung widerspricht (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 13.04.2023, 5 U 1973/20, Rn 36, juris).
Dem lässt sich auch nicht - so aber („Name 07“) in: Anmerkung zum Urteil des OLG Dresden vom 13.04.2022, 5 U 1973/20, BKR 2022, 579 ff - entgegenhalten, dass die Vorstellung der Verbraucher darauf gerichtet gewesen sei, die Renditeerwartung werde erst langfristig erfüllt werden, und die damit einhergehende Bereitschaft, auch bei fallenden Zinsen die monatlichen Sparraten aufzubringen, sich nur erklären lasse, wenn angenommen werde, dass sich die Vorstellung der Verbraucher hinsichtlich der Verzinsung maßgebend am Durchschnitt der Rendite in den vorangegangenen Jahren orientiere. Diese Überlegung übersieht, dass der Anreiz zum langjährigen Sparen nicht über den gerade nicht absolut festgeschriebenen, sondern variabel vereinbarten Zins erfolgt, sondern über die im Laufe der Sparjahre ansteigenden Prämien, und dass es der Verbraucher bei fallenden Zinsen in erster Linie selbst in der Hand hat, den Sparvertrag weiter laufen zu lassen oder zu kündigen. Ein tatsächlicher Anhaltspunkt dafür, dass der typische Verbraucher bei Abschluss des Sparvertrages „S-Prämiensparen flexibel“ angesichts der ab dem 3. Sparjahr versprochenen, festgeschriebenen und bis zum 15. Sparjahr stetig ansteigenden Prämien ein maßgebliches Interesse daran hatte, dass sich die Verzinsung an dem zurückliegenden Zinsniveau orientiert, die Zinsentwicklung damit möglichst ruhig verläuft, ist nicht erkennbar.
bb) Eine auf gleitenden Durchschnitten der für den Referenzzins maßgeblichen Zeitreihe(n) basierende Zinsanpassung ließe sich auch mit dem Transparenzgebot nicht vereinbaren.
Die Heranziehung eines Gleitzinses kann zwar - abhängig von der monatsübergreifenden Entwicklung des Marktes - für den Sparer bei sinkenden Zinsen vorteilhaft und bei steigenden Zinsen nachteilig sein, weil ein gleitender Wert der aktuellen Marktentwicklung stets nachfolgt. Die Berechnung eines gleitenden Zinses ist jedoch komplizierter und damit weniger transparent. Veränderungen des Kapitalmarkts würden auf den als variabel vereinbarten Vertragszins nur teilweise und zeitverzögert durchschlagen. Dies zu überschauen, übersteigt das Wissen und Fähigkeiten eines finanzwirtschaftlich durchschnittlich gebildeten Sparers (vgl. BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 360 ff., juris).
cc) Zudem vergleicht der Sparer gerade zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses den angebotenen Vertragszins mit anderen am Markt befindlichen Angeboten, was auch der Musterbeklagten bewusst ist. Nach der maßgebenden objektiv-generalisierenden Sicht gehen die typischen Vorstellungen des Verbrauchers, der einen Sparvertrag mit variablem Zinssatz abschließt, nicht dahin, die Verzinsung maßgebend am Durchschnitt von Renditen in vorangegangenen Jahren zu orientieren, und zwar selbst dann nicht, wenn der Durchschnitt aus Renditen (erst) ab Vertragsbeginn gebildet wird; der typische Verbraucher ist vielmehr daran interessiert, die Zinsänderungen, insbesondere steigende Zinsen, ohne verzögerten Anpassungsmechanismus „mitzunehmen“.
Eine andere Sichtweise ist auch nicht deshalb veranlasst, weil die Bildung gleitender Durchschnitte (inzwischen) eine „bankübliche“ Anpassungsmethodik darstellt, die in der Praxis von einigen („Bank 02“)n - auch der hiesigen Musterbeklagten - in Umsetzung des Urteils des BGH vom 17.02.2004 tatsächlich angewendet wurde. Banküblichkeiten oder einseitige (nicht offengelegte) Vorgehensweisen der („Bank 02“)n ändern im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung nichts an der objektiven Bestimmung der redlichen Parteiinteressen (ebenso OLG Dresden, Urteil vom 19.06.2023, 8 U 669/21, Rn 68, juris). Entscheidend im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung ist nicht, was heute (möglicherweise) als Standard gilt, sondern welche Regelung die Parteien in Kenntnis der Regelungslücke nach dem vorliegenden Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner getroffen hätten.
3.
Die Klage ist mit dem höchst hilfsweisen Feststellungsziel 1.b) begründet.
Ein von der („Bank 01“) veröffentlichter Referenzzins, der den oben unter Ziffer 2.b) dargestellten Strukturmerkmalen des hier zu beurteilenden Prämiensparvertrages ohne weiteres nahe kommt, existiert nicht. Der Senat hat daher mit sachverständiger Hilfe denjenigen veröffentlichten Referenzzinssatz gewählt, der dem Prämiensparvertrag unter Anwendung der Kriterien für die ergänzende Vertragsauslegung möglichst nahe kommt. Unter Anwendung dieser Kriterien und unter Berücksichtigung der jüngsten höchstrichterlichen Rechtsprechung ist der Referenzzins nach den gut nachvollziehbaren und überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen („Name 02“), denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, einheitlich für sämtliche mit der Musterbeklagten geschlossene Sparverträge „S-Prämiensparen flexibel“ der Zeitreihe für nach der Svensson-Methode ermittelte Renditen von endfälligen Bundesanleihen mit siebenjähriger Restlaufzeit (Kennung der („Bank 01“): …, vormals Zeitreihe: …) zu entnehmen.
Dieser Referenzzins erfüllt die oben genannten, den Prämiensparvertrag „S-Prämiensparen flexibel“ prägenden Strukturmerkmale und kommt dem Anlageprodukt Prämiensparvertrag „S-Prämiensparen flexibel“ am nächsten. An seiner Sichtweise, dass grundsätzlich ein Zinssatz heranzuziehen ist, der seit dem ersten Vertragsschluss veröffentlicht worden ist, hält der Senat – wie im Verhandlungstermin vom 20.11.2024 ausgeführt – in Anbetracht der Ausführungen des BGH in seinen Urteilen vom 09.07.2024 (XI ZR 44/24, Rn 36, und XI ZR 40/23, Rn 26), nicht mehr fest. Hierzu im Einzelnen:
aa) Von der („Bank 01“) veröffentlichte Zeitreihen zu Einlagenzinssätzen, die als taugliche Referenzwerte herangezogen werden könnten, gibt es nicht - solche werden auch vom Musterkläger nicht herangezogen. Ungeachtet der Problematik der sogenannten Selbstreferenz (dazu BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 101/20, Rn 348) gab es zwar - wie der Sachverständige („Name 02“) in seinem Ergänzungsgutachten vom 09.04.2024 ausgeführt hat - mit dem Bonussparen oder dem Wachstumssparen in gewisser Weise mit dem „S-Prämiensparen flexibel“ vergleichbare Sparformen, bei denen dem Sparer eine Zusatzverzinsung in Abhängigkeit von der Vertragsdauer in Aussicht gestellt wurde; diese Sondersparverträge waren im Übrigen aber sehr unterschiedlich ausgestaltet im Hinblick auf Einmalanlage bzw. Ratensparverträge und die vereinbarte Laufzeit. Entscheidend ist jedoch, dass sich nach den vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen den von der („Bank 01“) veröffentlichten Zinsstatistiken für Spareinlagen mangels hinreichend spezifischer Datenerfassung nicht sicher entnehmen lässt, ob in diese tatsächlich (ausschließlich) alternative Sparprodukte mit ähnlichen Vertragsmerkmalen wie die in Rede stehenden Prämiensparverträge eingegangen sind.
bb) Der gewählte Referenzzinssatz erfüllt das Transparenzkriterium.
Zwar wurde die vom Sachverständigen („Name 02“) ebenfalls als geeignet beurteilte Zeitreihe für die Umlaufsrendite von siebenjährigen Bundesanleihen nach den Ausführungen des Sachverständigen von der („Bank 01“) durchgängig, d.h. im Zeitraum der Herausgabe der Prämiensparverträge von Beginn der 1990er Jahre an bis in die 2000er Jahre, veröffentlicht, hingegen die Zeitreihe … (vormals: …), deren Berechnung auf der durch die Svensson-Methode bestimmten Zinsstruktur beruht, erst ab Oktober 1997 implementiert. Nach den Ausführungen des Sachverständigen („Name 02“) bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens im Verhandlungstermin vom 20.11.2024 sind die Zinsstrukturen indes für die Zeiträume vor Oktober 1997 durch die („Bank 01“) im Nachhinein berechnet und veröffentlicht worden. Der Senat hält es - in Abänderung seiner noch in den Musterfeststellungsverfahren 4 MK 1/21 und 4 MK 1/22 vertretenen Sichtweise - für richtig, ausschließlich auf die nach der Svensson-Methode ermittelten Renditen von endfälligen Bundesanleihen mit siebenjähriger Restlaufzeit (Kennung der („Bank 01“): …, vormals Zeitreihe: …) zurückzugreifen.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist zwar der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Dieser zeitliche Bezugspunkt schließt allerdings - wie der BGH kürzlich entscheiden hat (Urteile vom 09.07.2024, XI ZR 44/23, Rn 36 mwN, und XI ZR 40/23, Rn 26, juris) - nicht die Berücksichtigung späterer Erkenntnisquellen und damit auch nicht den Rückgriff auf Zeitreihen aus, die erst nach Vertragsschluss veröffentlicht worden sind. Denn es geht vorliegend nicht um einen einzelnen Vertragsabschluss, sondern um eine generalisierte Feststellung der Regelungen zur Zinsanpassung für gleichartige, standardisierte, nicht aber identische Sparverträge, so dass der Zeitpunkt des Abschlusses eines einzelnen Sparvertrags für die Bestimmung eines geeigneten Referenzzinses nicht maßgebend sein kann. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.
Gegenüber den Umlaufsrenditen, mit denen die („Bank 01“) vor der Einführung der Svensson-Methode operiert hat, sind die nach dem Svensson-Verfahren berechneten Renditen für risikolose Nullkuponanleihen des Bundes mit dem Sachverständigen deshalb vorzuziehen, weil sie die Zinsverhältnisse am Kapitalmarkt am besten abbilden. Für Umlaufsrenditen wird bei einem größeren Portfolio von Anleihen die mittlere, mit den zu Marktkursen bewerteten Umlaufbeträgen gewichtete Rendite berechnet. Zur Ermittlung der Umlaufsrendite wird also das denkbar einfachste Schätzverfahren, nämlich eine Mittelwertbildung, verwendet; auch Umlaufsrenditen sind mithin - ebenso wie die nach der Svensson-Methode ermittelten Zinsstrukturkurven - „rechnerisch ermittelte“ Renditen (BGH, Urteil vom 21.10.2010, XI ZR 52/08, Rn 22). Des Weiteren ist aus den Angaben der Umlaufsrendite in der („Bank 01“)-statistik nicht erkennbar, wie die einzelnen Anleihen gewichtet worden sind. Auch wenn die („Bank 01“) Umlaufsrenditen für Anleihen mit einer siebenjährigen Laufzeit angibt, muss lediglich die gewichtete mittlere Laufzeit 7 Jahre betragen und die sog. Duration, d.h. die tatsächliche effektive Kapitalbindung, wird nicht berücksichtigt. Das sog. Svensson-Verfahren begegnet diesen methodischen Schwächen; es ist ein - nicht nur - von der („Bank 01“) verwendetes, in der finanzwirtschaftlichen Fachwelt allgemein anerkanntes komplexeres ökonometrisches Verfahren, um Zinsverhältnisse am Kapitalmarkt möglichst genau abbilden zu können.
cc) Dem Referenzzins liegen börsennotierte Bundeswertpapiere zugrunde, mithin eine Anlageform, bei der die Gefahr des Verlustes des eingesetzten Kapitals bzw. eines Teils davon, nicht besteht. Bundesanleihen werden der niedrigsten Risikoklasse zugeordnet.
dd) Der für nach der Svensson-Methode ermittelte Renditen von endfälligen Bundesanleihen mit siebenjähriger Restlaufzeit veröffentlichte Referenzzins erfüllt das Kriterium der Langfristigkeit, denn hierunter fallen nach den Erläuterungen des Sachverständigen gemeinhin Anlagen mit Laufzeiten von über 5 Jahren, und entspricht hinsichtlich der Fristigkeit dem in Rede stehenden Prämiensparvertrag. Zwar war - wie bereits ausgeführt - aus objektiv-generalisierender Sicht beider Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrages die Laufzeit des Vertrages bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe, d.h. auf 15 Jahre, angelegt. Da das zu verzinsende Kapital jedoch durch gleichbleibende monatliche Ratenzahlungen aufgebaut werden sollte, waren die eingezahlten Sparbeiträge im Durchschnitt nur für 7,5 Jahre gebunden. Dieser mittleren Kapitalbindung kommen die Renditen von Bundeswertpapieren mit Restlaufzeiten von 7 Jahre am nächsten.
(1) Es handelt sich nicht um eine Einmalanlage mit 15-jähriger Laufzeit oder mit einem durch entsprechende Prämienstaffelung gesetzten Sparanreiz für (mindestens) 15 Jahre. Der Prämiensparvertrag „S-Prämiensparen flexibel“ sah lediglich optional die Vereinbarung der Einzahlung eines Einmalbetrages zu Vertragsbeginn vor; dass eine Einmalzahlung - zudem in einer die Referenzwertbestimmung maßgeblich beeinflussenden Höhe - typischerweise zwischen den Sparern und der Musterbeklagten vereinbart worden ist, ist weder aus dem vom Musterkläger in der Klageschrift mitgeteilten Sachverhalt, noch aus den in der Klageschrift aufgeführten konkreten Sparverträgen ersichtlich. Der typische Sparvertrag ist vielmehr dadurch gekennzeichnet, dass die Sparbeträge (konstant) Monat für Monat über Jahre hinweg eingezahlt werden. Daraus resultieren – bei einem unterstellten „Ende“ des Vertrages nach 15 Jahren – für die einzelnen Jahreseinzahlbeträge „Laufzeiten“ von 0 bis 15 Jahren; so werden die im 1. Jahr gezahlten Sparbeiträge 15 Jahre gehalten, die im 2. Jahr gezahlten Beiträge 14 Jahre, die im 3. Jahr gezahlten Beiträge 13 Jahre, die im 4. Jahr gezahlten Beträge 12 Jahre usw. bis zu den im 15. Jahr gezahlten Sparbeiträgen, die 1 Jahr gehalten werden.
Vor diesem Hintergrund ist die Aussage, es seien als Referenz in den Monatsberichten der („Bank 01“) veröffentlichte Zinssätze zugrunde zu legen, die einer Laufzeit von 15 Jahren möglichst nahe kommen (BGH Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 85; siehe auch OLG Naumburg, Urteil vom 08.02.2023, 5 MK 1/10), zu relativieren. Die Sparleistung erfolgt bei den in Rede stehenden Prämiensparverträgen durch die Einzahlung monatlich gleichbleibender Geldbeträge; mit Ausnahme der im 1. Jahr eingezahlten Sparbeträge sind die eingezahlten Gelder gerade nicht 15 Jahre gebunden, wie es bei einem auf 15 Jahre angelegten Sparvertrag mit einer Einmalanlage zu Vertragsbeginn der Fall wäre, sondern im Mittel 7,5 Jahre. Diese sozusagen dauerhafte „Ansparleistung“ über die gesamte Vertrags„laufzeit“ von 15 Jahren hinweg kann nach der Auffassung des BGH (Urteile vom 09.07.2024, XI ZR 44/23, Rn 29, und vom 24.01.2023, XI ZR 257/22, Rn 18, juris) als ein den Prämiensparvertrag prägendes und diesen von anderen (Prämien)Sparmodellen unterscheidendes Merkmal bei der Referenzzinsbestimmung Berücksichtigung finden - und darf aus Sicht des Senats nicht unberücksichtigt bleiben.
(2) Das vorstehend beschriebene, den in Rede stehenden Prämiensparvertrag prägende Laufzeitspektrum mag nahelegen, den Referenzzinssatz als Mittelwert von 16 Zinssätzen für Anleihen mit Laufzeiten von 1 bis 15 Jahren zu bilden; dies ist indes - abgesehen von der vom Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten vom 12.09.2023 (dort auf S. 42, Ziffer 4.5.3.1) geschilderten fehlenden Datenverfügbarkeit für Anleihen mit längeren Laufzeiten als 10 Jahren über den gesamten Zeitraum von den frühen 1990er Jahre bis in die 2000er Jahre hinein - aus Rechtsgründen abzulehnen. Es erscheint ausgeschlossen, dass sich der typische Sparer auf einen solchen Referenzzins, der aus 16 verschiedenen Zinssätzen hätte ermittelt werden müssen, eingelassen hätte; eine hierauf beruhende Zinsanpassung wäre für den durchschnittlichen Sparer kaum durchschaubar gewesen.
(3) Diesen Mangel an Transparenz weist der vom Sachverständigen („Name 02“) empfohlene Referenzzins von aus der Zinsstrukturkurve abgeleiteten Renditen siebenjähriger Bundesanleihen nicht auf, und ist daher und weil er die mittlere Bindungsdauer der monatlich eingezahlten Geldbeträge gut abbildet, heranzuziehen.
Zunächst ist festzustellen, dass sich bei Verwendung eines 16gliedrigen Referenzzinssatzes gebildet aus Zinssätzen mit Laufzeiten von einem bis 15 Jahren und dem - lediglich zeitlich gestaffelt anzuwendenden - einzelnen Zinssatz, bezogen auf die mittlere Laufzeit von 7 Jahren, nur geringfügige Unterschiede ergeben. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 12.09.2023 nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass die beiden Zinsverläufe in dem von ihm betrachteten Zeitraum von September 1993 bis Dezember 2019 nahezu deckungsgleich sind und die - für den Zinsanpassungsmechanismus maßgeblichen - monatlichen Veränderungen im Durchschnitt gleich sind, die absolute Abweichung bei der monatlichen Zinsänderung betrug zu keinem Zeitpunkt mehr als 12 bzw. 7 Basispunkte; die Korrelation der Zinsänderungen in beiden Zinsreihen liegt bei 99 %.
Unter den für die mittlere Kapitalbindungsdauer von 7,5 Jahren in Betracht kommenden Anleihen mit einer siebenjährigen Laufzeit und mit einer achtjährigen Laufzeit sieht der Senat - auch insoweit dem Sachverständigen folgend - die siebenjähriger Bundesanleihen deshalb für am besten passend an, weil das zu verzinsende Kapital zu Beginn der Ansparung noch ganz klein war, während es gegen Ende der Prämienstaffel über einen kürzeren Zeitraum gebunden, aber sehr viel größer war.
Keine Bedeutung haben bei dieser Referenzzinsauswahl Überlegungen zu der (hypothetischen) Verwendung des Mittelaufkommens durch die Beklagte und die Refinanzierbarkeit von mit einem bestimmten Referenzzinssatz unterlegten Prämiensparverträgen. Wie der Senat mit Beschluss vom 15.12.2023 (Bl. 522 ff d.A.) dargelegt hat, wird, da die Marktzinsen zugleich die Wiederanlagemöglichkeiten der Institute angemessen reflektieren (vgl. Staub in Staub, HGB, 5. Aufl., 2. Abschnitt, Das Passivgeschäft Rn 52; Grundmann, Bankvertragsrecht, Band 1, 2. Abschnitt Rn 54; Ellenberger, aaO, S. 1758, zum Aktivgeschäft), mit ihnen als Referenz dem berechtigten Interesse der Musterbeklagten Rechnung getragen (BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 92 mwN, juris). Für eine Reduzierung der Anleihelaufzeit von 7 Jahren - wie im schriftlichen Ausgangsgutachten des Sachverständigen erwogen - ist daher kein Raum.
Auch folgt der Senat nicht den im schriftlichen Gutachten vom 12.09.2023 angestellten Überlegungen, das dem Sparer eingeräumte Recht, den Sparvertrag jederzeit mit einer Frist von 3 Monaten kündigen zu können, bei der Laufzeit der Referenzanlage oder durch Beimischung eines kurzfristigen Zinssatzes zu berücksichtigen. Denn bei der gebotenen objektiv-generalisierenden Sicht bot der Prämiensparvertrag, wie bereits dargelegt, bei Abschluss des Vertrages für den Sparer trotz der Flexibilität aufgrund der Kündigungsmöglichkeit den Anreiz, diesen bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe zu besparen. Hiervon abgesehen, wäre die Beimischung von Referenzzinsen mit kürzeren Laufzeiten für einen Sparer kaum nachvollziehbar und ist ausschließlich an den Interessen der Bank ausgerichtet. Es liegt deshalb fern anzunehmen, eine solche Beimischung entspräche dem mutmaßlichen Willen beider Parteien. Eine andere Sichtweise ist auch nicht mit Blick auf die vom BGH ausdrücklich eröffnete Berücksichtigung späterer Erkenntnisquellen und die Entscheidung des IV. Zivilsenats vom 12.10.2005 (IV ZR 162/03, Rn 59 f) zur Bewertung der Interessenlage bei kapitalbildenden Lebensversicherungen gerechtfertigt. Anders als die Musterbeklagte meint, liegt eine Parallele zum hiesigen Lebenssachverhalt nicht vor. Die Verrechnung der Abschlusskosten mit den Versicherungsprämien nach dem Zillmerungsverfahren bewirkt nach den Ausführungen des BGH in IV ZR 162/03 eine Begünstigung derjenigen Versicherungsnehmer, die die Beitragszahlung frühzeitig beenden, und wirkt sich zugleich nachteilig auf die Überschussbeteiligung der Versicherungsnehmer aus, die den Vertrag bis zum Ende durchführen. Ein solcher Zusammenhang besteht beim Prämiensparvertrag ersichtlich nicht; die Kündigung vor Erreichen der Prämienhöchstgrenze durch eine – möglicherweise – Vielzahl von Sparern hat keinerlei Auswirkungen auf die Erträge derjenigen Sparer, die den Sparvertrag bis zum Erreichen der Prämienhöchstgrenze besparen.
d) Der von dem Musterkläger mit dem (Haupt-)Feststellungsziel 1 präferierte Referenzzinssatz weist, ebenso wie andere Referenzzinsen, die hilfsweise vom Musterkläger herangezogen bzw. von der Musterbeklagten oder von Sachverständigen in anderen Verfahren präferiert bzw. vorgeschlagen wurden, die nötigen Strukturmerkmale - wie nachfolgend dargestellt - entweder gar nicht auf oder kommt diesen im Vergleich zu dem hier gewählten Referenzins weniger nahe.
aa) Die von dem Musterkläger mit dem Feststellungsziel 1 bzw. die schriftsätzlich hilfsweise hierzu favorisierten Referenzzinsen der Zeitreihen … bzw. … erfüllen zwar die nötigen Transparenzkriterien und das Strukturmerkmal der Langfristigkeit; sie bilden aber jedenfalls die tatsächliche Kapitalbindungsdauer von (etwa) 7 Jahren nicht ab.
Dies gilt sowohl für den im Feststellungsziel 1 als auch die im Schriftsatz vom 05.12.2022 (dort auf S. 21 f, Bl. 281 f d.A.) beschriebenen Referenzzinsen, die sich jeweils auf Anlagen mit einer längeren Fristigkeit - von über 9 bis 10 Jahren (Feststellungsziel 1), 10 Jahren (Zeitreihe …) und 15 Jahren (Zeitreihe …) - beziehen.
Die von der („Bank 01“) veröffentlichten Zeitreihen für Umlaufsrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe, so die vorgeschlagene Zeitreihe für Umlaufsrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen / Hypothekenpfandbriefe mit einer Restlaufzeit von über 9 bis einschließlich 10 Jahren (Zeitreihenkennung: …, vormals …) - Feststellungsziel 1) - kommen entgegen der Ansicht des Musterklägers auch deshalb nicht als taugliche Referenzwerte in Betracht, weil dieser Referenzzins u.a. auf Hypothekenpfandbriefen basiert und Hypothekenpfandbriefe grundsätzlich ausfallbehaftet sind. Damit sind sie mit einem - wenn auch geringen - Kapitalverlustrisiko behaftet, was sich am Markt in einem höheren Zinssatz niederschlägt. Es handelt sich demnach nicht um eine risikolose Anlageform, so dass Hypothekenpfandbriefe strukturell mit dem hier zu beurteilenden Sparvertrag nicht hinreichend vergleichbar sind (so bereits Senat, Urteile vom 27.03.2024, 4 U 98/22, 4 U 221/21, 4 U 97/22 und 4 U 91/22; vgl. auch BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 370 ff.; OLG Dresden, Urteil vom 13.04.2022, 5 U 1973/20, Rn 29, juris).
Dass diese in dem Feststellungsziel 1 bezeichnete Zeitreihe mit der früheren Bezeichnung … von einigen („Bank 02“)n für die Verzinsung von Prämiensparverträgen herangezogen wurde, ist unerheblich. Der für die ergänzende Vertragsauslegung anzulegende Maßstab ist eine objektiv-generalisierende Sicht auf den streitgegenständlichen Vertragstyp. Eine ergänzende Vertragsauslegung in der Weise, dass an die Stelle der unwirksamen Zinsanpassungsklausel ein von anderen („Bank 02“)n verwendeter - und damit von ihr einseitig vorgegebener - Referenzzins tritt, liefe auf eine im Ermessen der Musterbeklagten begründete Ausgestaltung der Zinsanpassung hinaus und würde damit der Musterbeklagten eine Position einräumen, die sie wegen der Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel gerade nicht hat.
bb) Die Zeitreihe der („Bank 01“) für Umlaufsrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen / börsennotierter Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten zwischen 8 bis 15 Jahren (vormals ..), die etwa vom OLG Dresden (Urteile vom 21.04.2023, 5 MK 1/21, und vom 13.04.2022, 5 U 1973/20), vom OLG Naumburg (Urteil vom 08.02.2023, 5 MK 1/20) sowie vom Bayerischen Obersten Landesgericht (101 MK 1/20) für ab September 1993 bis einschließlich 2019 geschlossene Sparverträge präferiert wird, ist nach Auffassung des Senats ebenfalls weniger geeignet als die hier tenorierte Zeitreihe.
Gegen die Heranziehung von aus der Zinsstruktur abgeleiteten Renditen für Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten von 8 bis 15 Jahren spricht nicht nur, dass solche Restlaufzeiten systematisch über der mittleren Kapitalbindung von 7,5 Jahren liegen. Diese Zinsreihe erscheint überdies deshalb nicht so geeignet, weil in dieser Zeitreihe Bundeswertpapiere mit Laufzeiten von 8 bis 15 Jahren zusammengefasst sind. Die genaue Fristigkeit ist von der jeweiligen Zusammensetzung der am Markt zu einem gegebenen Zeitpunkt gehandelten Bundeswertpapiere abhängig, so dass bei dieser Zinsreihe die tatsächliche mittlere Kapitalbindung stark zwischen 8 und 15 Jahren schwanken kann. Die Veränderungen der Durchschnitte im Laufe der Zeit sind hierbei - so der Sachverständige („Name 02“) - unvorhersehbar, je nachdem, ob in die Berechnungen mehr Papiere mit Restlaufzeiten von 15 Jahren, mit 8 Jahren oder dazwischen liegenden Restlaufzeiten eingegangen sind.
cc) Die vom Bayerischen Obersten Landesgericht im Musterfeststellungsverfahren 101 MK 1/20 zur Ermittlung des Referenzzinssatzes - für ab September 1993 bis einschließlich 2019 geschlossene Sparverträge: Zeitreihe der („Bank 01“) mit der Kennung … (Umlaufsrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen / Börsennotierte Bundeswertpapiere / RLZ von über 8 bis 15 Jahren / Monatswerte) (vormals …), für ab 2020 geschlossene Sparverträge: aus der Zinsstruktur abgeleitete Renditen für Bundeswertpapiere mit jährlichen Kuponzahlungen / RLZ 15 Jahre - gewählte Herangehensweise überzeugt nicht. Der dortige gerichtliche Sachverständige, („Name 08“), ist im Ausgangspunkt noch zutreffend davon ausgegangen, dass sich unter Berücksichtigung des Ansparvorgangs und des fehlenden Ausfallrisikos eine alternative Anlage als eine Summe von 183 Nullkuponanleihen des Bundes mit Laufzeiten von 183 Monaten bis 1 Monat darstellen lässt; dies ist kein wesentlich anderer Ansatz als derjenige des Sachverständigen („Name 02“), der die geleisteten monatlichen Sparbeträge in Jahresbeträge zusammengefasst und somit mit (lediglich) 15 Nullkuponanleihen mit Laufzeiten von 1 bis 15 Jahren operiert hat. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat den Referenzzinssatz dann sachverständig beraten in der Weise ermittelt (Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 355, juris), dass zunächst die erwirtschafteten annualisierten Nominalzinssätze einer zu hypothetischen Einzelverträgen zeitkongruenten Alternativanlage mit einer Anlagendauer von 15 Jahren und 3 Monaten als sog. impliziter Referenzzins errechnet wurden, dieses Prinzip dann auf ein fortlaufendes Kollektiv aus jeweils 183 Einzelverträgen übertragen und der Kontoverlauf nebst annualisierter monatlich zahlbaren Nominalzinssätze berechnet; diesen sog. idealen Referenzzins hat es mithilfe der statistischen Methode der sogenannten linearen Regression mit konkreten Zinssatzzeitreihen der („Bank 01“) verglichen und diejenige Zeitreihe als Referenzzins bestimmt, die die beste Passung zum idealen Referenzzins aufwies. Damit wird der Referenzzins aber retrospektiv anhand der späteren Zinsentwicklung ermittelt und nicht danach, wie die bei objektiv-generalisierender Sicht die typisierten Vertragsparteien den Referenzzins - ohne dessen zukünftige Entwicklung zu kennen - redlicherweise gewählt hätten.
Aus demselben Grund überzeugt die Begründung des OLG Dresden in seinem Urteil vom 13.04.2022 (5 U 1973/20, Rn 28, juris) für die Präferenz der Zinsreihe mit 8 bis 15 Jahren Restlaufzeit gegenüber derjenigen mit 7-jähriger Restlaufzeit nicht, die sich (u.a.) daraus ergeben soll, dass erstere weniger dem Geldmarkt nach der Krise von 2011 folge, was dem Charakter der Sparverträge als langfristige Verträge näher komme. Es überzeugt nach Auffassung des Senats nicht, die tatsächliche Zinsentwicklung von Bundeswertpapieren mit unterschiedlichen Laufzeiten in Folge der Finanzkrise im Jahr 2011 als Argumentationshilfe für oder gegen den einen oder anderen Referenzzins heranzuziehen, weil die Finanzkrise in dem hier als maßgeblich zugrunde zu legenden Zeitraum, in dem die streitgegenständlichen Prämiensparverträge abgeschlossen wurden (von den frühen 1990er Jahren bis in die 2000er Jahre hinein), nicht vorhersehbar war.
Auch die gegen eine „weitere Verkürzung der mittleren Laufzeit“ - und damit gegen eine Zinsreihe mit 7-jähriger Restlaufzeit - angeführte Erwägung des OLG Dresden in dem Musterfeststellungsverfahren 5 MK 1/22, dass die Prämiensparverträge - als solches unbestreitbar - auch nach dem 15. Sparjahr noch attraktive Prämien boten, macht die Zinsreihe mit Produkten aus dem Laufzeitbereich von 8 bis 15 Jahren nicht vorzugswürdig. Ausgangspunkt für den im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu bestimmenden Referenzzins ist - wie oben dargelegt - der mit dem Prämiensparvertrag durch die Prämienstaffel gebotene Halteanreiz von 15 Jahren einerseits und des Ausschlusses der Kündigung durch die Musterbeklagte bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe (nach 15 Jahren) andererseits. Ob und ggf. wie lange ein Sparer den Prämiensparvertrag nach Erreichen der höchsten Prämienstufe weiter besparen wird, lässt sich aus der maßgeblichen Sicht bei Abschluss des Prämiensparvertrages nicht beantworten und kann daher bei der Wahl des Referenzzinssatzes keine Berücksichtigung finden.
dd) Soweit der Senat in Verfahren zu konkreten, mit der Musterbeklagten geschlossenen Prämiensparverträgen (4 U 98/22, 4 U 221/21, 4 U 97/22), gestützt auf dort eingeholte Gutachten des Sachverständigen („Name 01“), auf die Zeitreihe zu Renditen für Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten von 5 bis 8 Jahren zurückgegriffen hat, sieht er sich nicht gehindert, im vorliegenden Fall - wie bereits in den Musterfeststellungsverfahren 4 MK 1/21 und 4 MK 1/22 - die vom Sachverständigen („Name 02“) präferierten Zeitreihen mit einer Restlaufzeit von 7 Jahren, die die durchschnittliche Bindungsdauer der eingezahlten und gehaltenen Geldbeträge exakt und konstant abbildet, als am besten geeignet zugrunde zu legen. Die Unterschiede, die sich bei einer Zinsanpassung anhand der einen oder der anderen Zeitreihe ergeben, sind ohnehin nach den Ausführungen des Sachverständigen im Senatstermin vom 20.11.2024 marginal.
4.
Die Klage ist auch mit dem Antrag zum Feststellungsziel 3 begründet.
Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ist weiter davon auszugehen, dass für die Entwicklung des Vertragszinses das Verhältnis zwischen dem Referenzzins und dem anfänglichen Vertragszins maßgeblich ist (sog. Verhältnismethode). Die Vereinbarung einer festen Zinsdifferenz zwischen anfänglichem Vertragszins und Referenzzins (sog. Differenzmethode) entspricht nach Ansicht des Senats nicht dem mutmaßlichen Parteiwillen (vgl. BGH, Urteil vom 25.04.2023, XI ZR 225/21, Rn 22; Senat, Urteile vom 27.03.2024, 4 U 98/22, 4 U 221/21, 4 U 97/22 und 4 U 91/22; a.A. BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 378 ff., juris)
Der Gegenansicht ist zuzugestehen, dass weder die Verhältnis- noch die Differenzmethode für sich genommen einen - vertraglich ausgeschlossenen - Negativzins vermeidet. Auch die Verhältnismethode hat prinzipiell einen Negativzins auf Seiten des Sparers zur Folge, wenn dies nicht von vorneherein ausgeschlossen wird (so zutreffend BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn. 387; a.A. BGH, Urteil vom 25.04.2023, XI ZR 225/21, Rn 22, juris). Einigkeit besteht insoweit jedoch, dass der Sparer - schon mit Blick auf die Risikolosigkeit der Anlage - Negativzinsen nicht zu tragen hat, auch nicht vorübergehend. Bei beiden in Betracht zu ziehenden Methoden muss demnach im Fall von negativen Referenzzinsen der Vertragszins auf Null festgesetzt werden (BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 387, juris). Zutreffend ist auch das Argument, dass sich der Vertragszins bei der Differenzmethode (aus der konstanten Zinsdifferenz) leichter berechnen lässt als bei der Verhältnismethode (aus dem konstanten Zinsverhältnis) (BayObLG Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn. 383, juris).
Gleichwohl entspricht es nach Auffassung des Senats dem mutmaßlichen Parteiwillen, dass die sich aus dem Sparvertrag ergebenden Chancen und Risiken zwischen den Parteien proportional zueinander aufgeteilt werden, d.h. dass beide Vertragsparteien von steigenden Zinsen in äquivalenter Weise profitieren wie sie die Nachteile sinkender Zinsen hinnehmen müssen. Dies gewährleistet die Verhältnismethode besser als die Differenzmethode. Bei letzterer profitiert die Bank von steigenden Zinsen nicht, sondern allein der Sparer (sofern keine Negativzinsen zu berücksichtigen sind). Umgekehrt gehen sinkende Zinsen - ohne Berücksichtigung von Negativzinsen - allein zu Lasten des Sparers. Eine solche Verteilung von Chancen und Risiken mag im Einzelfall auf lange Sicht zu einer ausgeglichenen Verteilung von Chancen und Risiken führen. Da die Vertragsparteien die zukünftige Marktentwicklung bei Vertragsschluss nicht sicher kennen, werden beide Seiten jedoch bestrebt sein, die Risiken einseitiger Marktbewegungen nicht alleine zu tragen, sondern diese zwischen beiden Vertragsparteien zu verteilen. Eine solche Verteilung kann allein die Verhältnismethode gewährleisten, weshalb ihr der Vorzug zu geben ist. Dass - wie die Musterbeklagte behauptet - die Bank stets mit einer konstanten Marge rechne, ist für den hier allein maßgeblichen mutmaßlichen objektiven Parteiwillen nicht relevant und begegnet auch in tatsächlicher Hinsicht mit Blick auf die denkbar verschiedenen Laufzeiten einzelner Verträge Bedenken.
Der Senat sieht daher auch in Ansehung des Urteils des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 28.02.2024 (101 MK 1/20, Rn 380 ff) keinen Anlass, von der höchstrichterlichen Rechtsauffassung abzuweichen, zumal sich der BGH mit den im vorliegenden Verfahren erhobenen Einwänden der Musterbeklagten, die sich etwa auf das Erfordernis einer Margensicherung, auf die Bankpraxis, auf bankaufsichtsrechtliche Gesichtspunkte, einschließlich Risikosteuerung, auf das Preisanpassungsrecht sowie auf frühere Einschätzungen der Verbraucherschutzverbände beziehen, bereits befasst und diese im Ergebnis - mit überzeugender Begründung - verworfen hat; die diesbezüglichen höchstrichterlichen Ausführungen (Urteile vom 25.04.2023, XI ZR 225/21, Rn 22; und vom 24.01.2023, XI ZR 257/21, Rn 23ff, juris) macht sich der Senat ausdrücklich zu eigen.
5.
Die Musterfeststellungsklage mit dem Feststellungsziel 5 ist, wie bereits im Termin des Senats vom 18.01.2023 dargestellt, unbegründet.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Der Verjährungsbeginn setzt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus. Nicht erforderlich ist in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht (BGH, Beschluss vom 19.03.2008, III ZR 220/07; KG, Urteil vom 20.4.2018, 9 U 69/16; OLG Dresden, Urteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, Rn 113). Ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn aber hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesen Fällen fehlt es - bis zur objektiven Klärung der Rechtslage (BGH, Urteil vom 23.09.2008, XI ZR 263/07, Rn 18, juris) - an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (BGH, zuletzt Urteile vom 09.07.2024, XI ZR 44/23, Rn 41; vom 28.10.2014, XI ZR 348/13, Rn 35, und vom 04.07.2017, XI ZR 562/15, Rn 86, jeweils juris), was erst recht gilt, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht (BGH, Urteile vom 28.10.2014, aaO und vom 04.07.2017, aaO).
a) Danach muss die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Sparer im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bezüglich der Ansprüche auf Zahlung weiterer Zinsbeträge weder die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel noch die höchstrichterlich bestimmten Zinsanpassungsparameter umfassen. Denn rechtlich zutreffende Schlüsse muss der Anspruchsinhaber für die Ingangsetzung des Verjährungsbeginns nicht nachvollziehen. Eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage lag aus den nachfolgenden, vom BGH jüngst erneut dargelegten Gründen (Urteil vom 09.07.2024, XI ZR 44/23, Rn 50, juris) nicht vor.
Der Bundesgerichtshof hat bereits im Jahr 2004 unter Bezugnahme auf eine Leitentscheidung des III. Senates aus dem Jahr 1986 (Urteil vom 06.03.1986, III ZR 195/84) entschieden, dass Zinsanpassungsklauseln der vorliegenden Art unwirksam sind (BGH, Urteil vom 17.02.2004, XI ZR 140/03). Im Jahr 2008 ist durch den XI. Senat des BGH geklärt worden, dass die infolge der Unwirksamkeit entstandene Lücke in vergleichbaren Prämiensparverträgen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist (Urteil vom 10.06.2008, XI ZR 211/07, Rn 18, juris). Welche generell-abstrakten Kriterien hierfür maßgebend sind, hat der für Bankrecht zuständige XI. Senat im Jahr 2010 klargestellt (Urteil vom 13.04.2010, XI ZR 197/09, Rn 21 ff.). Sie sind seitdem in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum anerkannt und stellen eine Selbstverständlichkeit dar (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 36 mwN). Eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage bestand danach bezüglich der Kriterien für die ergänzende Vertragsauslegung in der hier maßgebenden Zeit nicht mehr. Vor dem Hintergrund der vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung war Sparern die Erhebung einer (Feststellungs-)Klage Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich (vgl. BGH, Urteile vom 23.09.2008, XI ZR 263/07, Rn 13, und vom 28.10.2014, XI ZR 348/13, Rn 49, juris).
b) Aus dem Unionsrecht ergibt sich nichts anderes.
aa) Die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 05.04.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. Nr. L 95 vom 21.04.1993, S. 29; nachfolgend: Klausel-Richtlinie) enthält keine Regelung über die Verjährung von Erstattungsansprüchen, die Verbrauchern im Zusammenhang mit der Unwirksamkeit von missbräuchlichen Klauseln zustehen.
bb) Der europarechtliche Effektivitätsgrundsatz führt nicht dazu, dass § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB richtlinienkonform dahin auszulegen ist, dass die Verjährungsfrist nicht zu laufen beginnt, bevor der Verbraucher die Möglichkeit hatte, von seinen Rechten Kenntnis zu nehmen.
Allerdings soll nach der Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der Klausel-Richtlinie eine Verjährungsfrist im Zusammenhang mit einem Anspruch auf Rückerstattung von Beträgen, die ein Verbraucher einem Gewerbetreibenden auf der Grundlage einer missbräuchlichen Klausel rechtsgrundlos gezahlt hat, nur dann mit dem Effektivitätsgrundsatz vereinbar sein, wenn der Verbraucher die Möglichkeit hatte, von seinen Rechten Kenntnis zu nehmen, bevor diese Frist zu laufen beginnt oder abgelaufen ist (EuGH, Urteile vom 10.06.2021, C-776/19 bis C-782/19, Rn 46 - BNP Paribas Personal Finance, vom 08.09.2022, C-80/21 bis C-82/21, Rn 98 - D.B.P. und vom 25.01.2024, C-810/21 bis C-813/21, Rn 48 - Caixabank SA, kritisch hierzu Piekenbrock, WM 2024,1101, 1106 „ohne klare normative Grundlage“ und Fademrecht, WM 2024, 2207,1117 „ungerechtfertigter Eingriff in die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten“).
Es ist indes nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnungen, die Modalitäten des in der Klausel-Richtlinie vorgesehenen Verbraucherschutzes umzusetzen (EuGH, Urteil vom 10.06.2021, aaO Rn 27). Danach ist es insbesondere Sache der Mitgliedstaaten, das Verfahren - einschließlich der Verjährungsregelungen - für die Klagen auszugestalten, die den vollen Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Diese Verfahren dürfen nicht weniger günstig gestaltet sein als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität).
Diesen Anforderungen genügen die nationalen Regelungen der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB zur kenntnisabhängigen Regelverjährungsfrist von drei Jahren. Es handelt sich um Regelungen, die für innerstaatliches Recht ebenso wie für aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gelten, und ihre Anwendung führt nicht dazu, dass die Ausübung der durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert würde (vgl. BGH, Urteile vom 21.02.2018, IV ZR 304/16, Rn 20, und vom 10.10.2022, VIa ZR 542/21, Rn 24, juris), auch wenn ihr Ablauf naturgemäß die vollständige oder teilweise Abweisung der Klage zur Folge hat (BGH, Urteil vom 21.02.2018, aaO).
Da die dreijährige Verjährungsfrist (frühestens) mit Ablauf des Jahres beginnt, in dem das Vertragsverhältnis in Bezug auf den Sparvertrag „S-Prämiensparen flexibel“ beendet worden ist (BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 64 ff, Senatsurteile vom 03.05.2024, 4 MK 1/21 und 4 MK 2/21, und vom 27.03.2024, 4 U 91/22, Rn 71), ist dem Verbraucher für die Geltendmachung weiterer Zinsbeträge ausreichend Zeit eingeräumt.
cc) Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Sinne der Entscheidung des EuGH vom 25.01.2024 (C-810/21 bis C-813/21, Rn 55), der es für die Ingangsetzung der Verjährungsfrist für relevant ansieht, dass der Verbraucher von der „rechtlichen Würdigung“ des Sachverhalts Kenntnis hat, scheidet aus.
Die Auslegung des nationalen Rechts darf nicht dazu führen, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der normative Gehalt der Norm grundlegend neu bestimmt wird. Richterliche Rechtsfortbildung berechtigt den Richter nicht dazu, seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers zu setzen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.09.2011, 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07, Rn 45, juris). Demgemäß kommt eine richtlinienkonforme Auslegung nur in Frage, wenn eine Norm tatsächlich unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen dessen zulässt, was der gesetzgeberischen Zweck- und Zielsetzung entspricht. Die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege findet ihre Grenzen an dem nach der innerstaatlichen Rechtstradition methodisch Erlaubten (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.09.2011, 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07, Rn 47; BGH, Urteile vom 07.05.2014, IV ZR 76/11, Rn 20, vom 28.06.2017, IV ZR 440/14, Rn 24; vom 15.10.2019, XI ZR 759/17, Rn 24, und vom 03.11.2022, VII ZR 724/21, Rn 38, jeweils juris).
Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB dahin, dass es für die Ingangsetzung des Verjährungslaufs nicht nur, wie es im Wortlaut der Vorschrift unmissverständlich zum Ausdruck kommt, auf die Kenntnis bzw. auf die auf grober Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen (Tatsachenkenntnis) ankommt, sondern auch auf die rechtliche Würdigung des Anspruchsinhabers von dem Sachverhalt (Rechtskenntnis), überschritte den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift und den Sinn und Zweck der Norm (BGH, Urteil vom 09.07.2024, XI ZR 44/23, Rn 47; vgl. Piekenbrock, WM 2021, 1113; Fademrecht, WM 2024, 1107, 1114; Kalisz/Lühmann, WM 2024, 1982). Der nationale Gesetzgeber hat die Verantwortung für die Rechtsverfolgung bewusst dem Gläubiger zugewiesen und für die Ingangsetzung des Verjährungslaufs bewusst auf die Erkennbarkeit von Tatsachen abgestellt. „Von der Existenz eines Anspruchs sowie der Person des Schuldners Kenntnis zu nehmen, ist eine eigene Angelegenheit des Gläubigers“ (BT-Drucks. 14/6040, S. 108).
6.
Das Feststellungsziel zu 6 ist unbegründet.
Dem Verbraucher, der mit der Musterbeklagten einen formularmäßigen Sparvertrag „S-Prämiensparen flexibel“ mit einem variablen Zinssatz geschlossen hat, wobei die von der Musterbeklagten in ihren AGB mangels konkreter Anpassungsparameter verwendeten Zinsanpassungsregelungen unwirksam sind, steht nach derzeit geltendem Recht nicht die Wahlfreiheit zu, den Sparvertrag insgesamt als unwirksam zu behandeln oder aber lediglich die Lücke, die infolge der unwirksamen Zinsanpassungsregelung entstanden ist, mittels ergänzender Vertragsauslegung zu schließen. Eine solche Wahlfreiheit besteht für den Verbraucher weder nach nationalem Recht noch aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - und des Senats - hat die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel zur Folge, dass die Sparverträge in ihrer Gesamtheit mangels wirksamer Vereinbarung der von der Musterbeklagten zu erbringenden Hauptleistungspflicht keinen Fortbestand hätten, sondern als von Anfang an nichtig anzusehen wären. Denn die Sparverträge, die eine - nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegende - Vereinbarung über eine variable Verzinsung der Spareinlagen enthalten, wären ohne eine wirksame Vereinbarung über die Ausgestaltung der Variabilität der Verzinsung undurchführbar, weil dann die von der Musterbeklagten zu erbringende Hauptleistung nicht wirksam vereinbart wäre.
Die Nichtigkeit träte allerdings unabhängig davon ein, ob es an einer wirksamen Vereinbarung der Hauptleistungspflicht der Musterbeklagten deshalb fehlt, weil die Zinsanpassungsklausel aus AGB-rechtlichen Gründen unwirksam ist oder weil eine Individualabrede über die Ausgestaltung der Variabilität der Verzinsung nicht wirksam zustande gekommen ist.
b) In einem solchen Fall räumt das nationale Recht dem Verbraucher nicht die (freie) Wahl ein, sich für die Gesamtunwirksamkeit des Vertrages oder die Aufrechterhaltung des im Wege ergänzender Vertragsauslegung ergänzten Vertrages entscheiden zu können.
aa) Ein solches Recht lässt sich nicht auf § 262 BGB stützen.
§ 262 BGB begründet kein Wahlrecht, sondern definiert die Wahlschuld als eine Forderung mit alternativem Leistungsgegenstand oder Leistungsmodalitäten, setzt mithin das Bestehen einer Wahlschuld voraus. Danach liegt eine Wahlschuld vor, wenn mehrere bereits vorab festgelegte Leistungen oder Leistungsmodalitäten in der Weise geschuldet werden, dass nur eine von ihnen erbracht werden muss, wobei die Wahl bei dem Gläubiger oder dem Schuldner liegt. Soweit in Bezug auf die Aufrechterhaltung des lückenhaften, durch dispositives Gesetzesrecht respektive ergänzende Vertragsauslegung ergänzten Vertrages einerseits, der Gesamtnichtigkeit des Vertrages andererseits überhaupt von Leistungen oder Leistungsmodalitäten die Rede sein kann, handelt es sich jedenfalls um Rechtsfolgen, die nicht alternativ (wahlweise) bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zur Verfügung stehen, sondern die an unterschiedliche Voraussetzungen anknüpfen.
Aus demselben Grund scheidet ein Wahl„recht“ des Verbrauchers i.S. einer elektiven Konkurrenz (siehe dazu nur Staudinger/Bittner/Kolbe (2019) BGB § 262 Rn 7), wie beispielsweise bei dem Anspruch gemäß § 179 Abs. 1 BGB auf Erfüllung oder Schadensersatz oder Rücktritt und Minderung (§§ 437 Nr. 2, 634 Nr. 3 BGB) angenommen, aus.
bb) Nach dem Regelungssystem des BGB steht den Vertragspartnern nicht die Wahlfreiheit zu, sich für die Nichtigkeit eines lückenhaften Vertrages oder aber für die Schließung der Vertragslücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung entscheiden zu können.
Der Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrages wegen Fehlens einer wirksamen Vereinbarung über sämtliche Punkte des Vertrages vorangestellt ist stets die Eruierung des Willens der Vertragsparteien im Wege der Auslegung der beiderseitigen Willenserklärungen. Dieser Vorrang der Auslegung von Willenserklärungen gemäß den §§ 133, 157 BGB wird zwar in den Regelungen des BGB nicht ausdrücklich angeordnet, ergibt sich aber aus der Regelungssystematik des BGB. Sie kommt etwa darin zum Ausdruck, dass an verschiedenen Stellen im BGB – etwa in § 125 S. 2, § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB – die Nichtigkeit eines Vertrages nur in Form einer Auslegungsregel („im Zweifel“) angeordnet wird, mithin nur dann gelten soll, wenn die - denklogisch vorangestellte - Auslegung der Willenserklärungen kein eindeutiges Ergebnis bereitstellt. Der Vorrang der Auslegung rechtfertigt sich daraus, dass Rechtsgeschäfte und Willenserklärungen die Gestaltungsinstrumente der Privatautonomie sind, und eine Willenserklärung zum Ausdruck bringt, dass bestimmte Rechtsfolgen fortan gelten sollen; Ziel der Auslegung ist es zu ermitteln, welchen Inhalt eine Willenserklärung oder ein Vertrag hat, sie dient damit der Durchsetzung der von Vertragspartnern privatautonom geregelten privaten Rechtsbeziehungen.
Ist nach dem Ergebnis der eigentlichen Auslegung der Inhalt der Willenserklärung bzw. des Vertrages festgestellt - und letztlich damit der Vertragswille der Parteien -, weist dieser danach aber einen offen gebliebenen Punkt auf, der keine eindeutige Regelung gefunden hat, ist nach ganz allgemeiner Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (RGZ 87, 211, 213; BGH, Urteil vom 22.04.1953, II ZR 143/52, Rn 6 mwN; Urteil vom 21.09.1994, XII ZR 77/93, Rn 8 ff; Urteil vom 17.10.2019, I ZR 34/18, Rn 25 ff, juris) die Schließung einer solchen Lücke durch ergänzende Vertragsauslegung unter Anwendung des § 157 BGB geboten. Bei der ergänzenden Vertragsauslegung handelt es sich um eine Ergänzung (nur) des Vertragsinhalts, die zur Durchführung und Aufrechterhaltung des gesamten Vertragszwecks, nämlich einer abschließenden Regelung der sich aus der Auseinandersetzung ergebenden Rechtsbeziehungen erforderlich ist, weil die Parteien den in Betracht kommenden Punkt keiner feststellbaren Regelung zugeführt haben (BGH, Urteil vom 22.04.1953, II ZR 143/52, Rn 6, juris).
Lässt sich im Wege ergänzender Vertragsauslegung die Lücke im Vertrag schließen, ist der Vertrag mit der vorgenommenen Ergänzung des Vertragsinhalts wirksam; lässt sich die Lücke nicht mittels ergänzender Vertragsauslegung schließen, finden - außerhalb des AGB-Rechts - die Regelungen §§ 154, 155 BGB bzw. § 139 BGB Anwendung. Sich für oder gegen eine ergänzende Vertragsauslegung zu entscheiden, steht nach den oben dargelegten Grundsätzen indes nicht zur Disposition der Vertragspartner.
cc) Auch § 306 BGB gewährt dem Vertragspartner des Verwenders einer unwirksamen Klausel nicht das Recht, zwischen der Gesamtunwirksamkeit des Vertrages oder der Aufrechterhaltung des im Wege ergänzender Vertragsauslegung ergänzten Vertrages frei wählen zu können.
§ 306 Abs. 1 BGB bestimmt, dass der Vertrag grundsätzlich wirksam bleibt, sich der Inhalt des Vertrages, sofern er ohne die unwirksame Klausel eine ausfüllungsbedürftige Lücke aufweist, nach den gesetzlichen Vorschriften richtet (§ 306 Abs. 2 BGB), und eine Gesamtnichtigkeit (nur) eintritt, wenn das Festhalten an dem gemäß § 306 Abs. 2 BGB geänderten Vertrag für eine der Parteien eine unzumutbare Härte darstellt (§ 306 Abs. 3 BGB). Eine (freie) Wahlmöglichkeit für den Verbraucher, sich für die Lückenfüllung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung oder aber Gesamtnichtigkeit entscheiden zu können, gewährt § 306 BGB nach seinem Wortlaut und der Regelungssystematik nicht.
Dem Feststellungsziel 6 lässt sich auch nicht mit der Erwägung zum Erfolg verhelfen, dass es dem Verbraucher freistehe, die „unzumutbare Härte“ i.S.d. § 306 Abs. 3 BGB, die ein Festhalten an dem Vertrag für ihn darstellte, geltend zu machen - mit der Folge der Gesamtunwirksamkeit des Vertrages gemäß § 306 Abs. 3 BGB - oder sich hierauf nicht zu berufen und an dem Vertrag festzuhalten.
Zwar tritt – anders als der Wortlaut des § 306 Abs. 3 BGB nahelegt – eine Gesamtunwirksamkeit des Vertrages nicht bereits kraft Gesetzes unabhängig davon ein, ob seine Fehlerhaftigkeit von den Parteien festgestellt wird und sich eine von ihnen auf die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag beruft. Gegen einen solchen Automatismus spricht, dass die Zumutbarkeitsfrage je nach Zeitablauf verschieden beantwortet werden kann (und muss), und dass auch in Fällen, in denen der Vertrag ganz oder teilweise reibungslos abgewickelt worden ist, ohne dass es auf die unwirksame AGB des Verwenders ankam, kein Anlass besteht, die Unwirksamkeitsfolge gegen den Willen beider Vertragsparteien eingreifen zu lassen (Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht, 13. Aufl. 2022, § 306 BGB Rn 48).
Daraus lässt sich aber nur der Schluss ziehen, dass es dem Verbraucher freisteht, die Gesamtnichtigkeit nach § 306 Abs. 3 BGB herbeizuführen, indem er sich auf die objektiv vorliegende Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag beruft oder nicht; stets erfordert diese Wahlmöglichkeit aber, dass das Festhalten an dem ergänzten Vertrag eine „unbillige Härte“ bedeutet. Ein solches Wahl„recht“ ist nicht das Begehren, das der Musterkläger mit dem Feststellungsziel 6 festgestellt haben will; das Feststellungsziel 6 zielt auf ein bedingungsloses Recht des Verbrauchers ab, zwischen der Gesamtunwirksamkeit des Prämiensparvertrages oder der ergänzenden Vertragsauslegung wählen zu können.
c) Auch aus dem Unionsrecht lässt sich für die Verbraucher ein Wahlrecht, den Sparvertrag insgesamt als unwirksam behandeln zu lassen oder sich für die ergänzende Vertragsauslegung zu entscheiden, nicht herleiten.
Hierbei geht es nicht um die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe zuletzt BGH, Urteile vom 25.04.2023, XI ZR 225/21, Rn 19, vom 19.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 47 ff, zu Preisanpassungsklauseln: Urteile vom 25.09.2024, VIII ZR 176/21, VIII ZR 20/22, und vom 01.06.2022, VIII ZR 287/20, Rn 41 ff) einhellig bejahte, in der Literatur weiterhin nicht unumstrittene (siehe etwa BeckOGK BGB/Bonin, Stand: 1. Dezember 2022, § 306 Rn 102.1; v. Westphalen, ZIP 2022, 1465 ff.; ders., NJW 2022, 288 Rn 18 ff.) Frage der Vereinbarkeit der ergänzenden Vertragsauslegung mit Art. 6 Abs. 1 der RL 93/13/EWG als solche oder darum, ob die ergänzende Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu den gesetzlichen Vorschriften i.S.d. § 306 Abs. 2 BGB gehört. Vielmehr setzt das Feststellungsziel 6 voraus, dass eine Lückenfüllung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung - als Alternative zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages - möglich ist.
aa) Nach Art. 6 Abs. 1 der RL 93/13/EWG sollen die Mitgliedstaaten vorsehen, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften festlegen, ferner sollen sie vorsehen, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.
Während der EuGH noch im Jahr 2014 (siehe nur Urteil vom 30.04.2014, C-23/13, Rn 81 - Kásler) den Ersatz einer wegen Missbräuchlichkeit weggefallenen Klausel durch eine dispositive nationale Vorschrift als „voll und ganz gerechtfertigt“ bezeichnet hat, betont er in jüngster Zeit mehrfach, dass eine Lückenfüllung durch dispositives Recht nur dann erlaubt sein soll, wenn der Vertrag ohne die missbräuchliche Klausel nach nationalem Recht keinen Bestand haben kann (EuGH, Urteil vom 03.10.2019, C-280/18, Rn 39 - Dziubak) und die Nichtigkeit des Vertrags für den Verbraucher besonders nachteilige Folgen zeitigt (EuGH, Urteile vom 27.01.2021, C-229/19 und 289/19, Rn 48, 51f - Dexia; vom 03.10.2019, C-280/18, Rn 48 - Dziubak; vom 08.09.2022, C-80/21 bis 82/21, Rn 71 - D.B.P.; vom 23.11.2023, C-321/22, Rn 87; im gleichen Sinne auch Urteil vom 03.03.2020, C-125/18, Rn 64 ff - Bankia). Damit scheint der EuGH nicht nur das aus Art. 6 Abs. 1 Hs. 2 Klauselrichtlinie folgende Regel-Ausnahmeverhältnis zwischen der Aufrechterhaltung mit Lückenfüllung und der Nichtigkeit umkehren zu wollen (Staudinger/Mäsch (2022) § 305 BGB Rn 11 ff).
Der EuGH räumt auch der Bedeutung des vom Verbraucher zum Ausdruck gebrachten Willens und dem Ziel des Art. 6 Abs. 1 der Klauselrichtlinie einer Abschreckungswirkung gegenüber dem Gewerbetreibenden, nicht mehr solche Klauseln anzubieten, die das Etikett der Missbräuchlichkeit tragen, ein größeres Gewicht ein, wenn er (so im Urteil vom 08.09.2022, C-80/21 bis 82/21, Rn 73, 78, - D.B.P.) unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 03.10.2019 (Dziubak, C-260/18, Rn 53 und die dort angeführte Rechtsprechung) ausführt, dass das nationale Gericht die fragliche Klausel dann nicht unangewendet lassen müsse, wenn der Verbraucher nach einem Hinweis dieses Gerichts die Missbräuchlichkeit und Unverbindlichkeit nicht geltend machen möchte und somit der betreffenden Klausel freiwillig und aufgeklärt zustimme.
Diesen Ausführungen entnehmen Stimmen im Schrifttum (siehe etwa Looschelders, ZIP 2022, 2222), dass das nationale Gericht nach dem Unionsrecht eine missbräuchliche Klausel (nur dann) nicht unangewendet lassen muss, wenn der Verbraucher die Unverbindlichkeit der Klausel nach einem Hinweis des Gerichts nicht geltend machen möchte. Dies impliziert, dass das angerufene Gericht verpflichtet ist, den Verbraucher auf eben diesen Umstand eigens und ausdrücklich hinzuweisen, um ihm auf diesem Weg die Möglichkeit im Rahmen einer privatautonomen Entscheidung zu eröffnen, die Nichtigkeit des Vertrages und die bereicherungsrechtlichen Ansprüche als Lösung vorzuziehen (so - zur Nichtigkeit von anwaltlichen Vergütungsregelungen - Westphalen, ZIP 2023, 2177, 2183).
Ob der EuGH mit seiner jüngsten Rechtsprechung zu Art. 6 und Art. 7 der Klauselrichtlinie so verstanden werden will, was letztlich auf eine Wahlmöglichkeit des - durch das Gericht über die jeweiligen Folgen aufgeklärten - Verbrauchers hinauslaufen könnte, sich für oder gegen die Gesamtnichtigkeit des (Spar)Vertrages zu entscheiden, bedarf vorliegend keiner Klärung.
bb) Eine richtlinienkonforme Auslegung geltenden nationalen Rechts dahin, dass eine solche (materiell-rechtliche) Wahlmöglichkeit besteht, ist nicht möglich; darauf, ob das Verfahrensrecht Regelungen bereit hält, die eine Aufklärungspflicht über Folgen einer ggf. prozessual (noch) nicht geltend gemachten Gesamtnichtigkeit eines Vertrages mit missbräuchlicher Klausel rechtfertigen, kommt es nicht an.
Eine Auslegung der § 306 Abs. 2 und Abs. 3 BGB richtlinienkonform dahin, dass die Gesamtnichtigkeit des Vertrages wegen einer nichtigen Klausel alternativ neben der Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung als Rechtsfolge zur Verfügung steht, überschritte den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift und den Sinn und Zweck der Norm und scheidet deshalb aus.
Das Regelungskonzept von § 306 Abs. 2 und Abs. 3 BGB ist ein anderes. Die Anordnung der Gesamtnichtigkeit ist nach dem klaren Wortlaut des § 306 Abs. 3 BGB als Ausnahmeregelung gefasst und soll nur eintreten, wenn das Festhalten am (ergänzten) Vertrag eine unzumutbare Härte für eine der Vertragsparteien darstellte; die Annahme der Unwirksamkeit des ganzen Vertrages soll nach Möglichkeit vermieden werden. Der Unzumutbarkeitsvorbehalt lässt sich nicht (noch) weiter einschränken, ohne dass er jeden Anwendungsbereich verlöre, und eine generelle Unanwendbarkeit des Unzumutbarkeitsvorbehalts scheitert daran, dass eine richtlinienkonforme Auslegung contra legem nicht in Betracht kommt. Der Gesetzgeber hat im Rahmen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26.11.2001 mit § 306 BGB die Regelungen des § 6 AGBG wörtlich übernommen und insoweit einen Fortschreibungsbedarf in Ansehung der „Fragen der Umsetzung der sog. Klauselrichtlinie 93/13/EWG“ verneint (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 150, linke Spalte unten). Bereits die Vorgängervorschrift des § 6 AGBG hat der Gesetzgeber ausdrücklich als der Richtlinienbestimmung des Art. 6 RL 93/13/EWG entsprechend angesehen und im Gesetzentwurf vom 20.10.1995 (BT-Drucks. 13/2713, S. 6 Ziffer 4.) zur Umsetzung der Klauselrichtlinie lediglich eine geringfügige Änderung des AGBG wegen der kollisionsrechtlichen Vorschrift des Art. 6 Abs. 2 für erforderlich gehalten.
Sind danach die Voraussetzungen für die in § 306 Abs. 3 BGB angeordnete Rechtsfolge der Gesamtnichtigkeit nach dem eindeutigen Wortlaut und dem darin zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers zwingend, lässt sich eine Wahlmöglichkeit des Verbrauchers zwischen der Gesamtnichtigkeit des Vertrages und der Aufrechterhaltung des im Wege ergänzender Vertragsauslegung ergänzten Vertrages durch richtlinienkonforme Auslegung nicht begründen.
7.
Das hilfsweise zum Feststellungsziel zu 7 begehrte Feststellungsziel zu 7, ist – abgesehen davon, dass die Prämisse eines (wahlweisen) bereicherungsrechtlichen Anspruchs des Verbrauchers nicht vorliegt – auch deshalb unbegründet, weil im Falle eines infolge Gesamtnichtigkeit des Sparvertrages bereicherungsrechtlichen Anspruchs des Sparers auf Herausgabe (u.a.) der von der Musterbeklagten gezogenen tatsächlichen Zinsen (§ 818 BGB) die tatsächliche Vermutung nicht dahin geht, dass diese „mindestens“ Zinsen in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes erlangt hat, sondern dahin, dass sie Zinsen (genau) in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes erlangt hat.
Das formulierte Hilfs-Feststellungsziel 7 enthält eine solche Feststellung auch nicht als „Weniger“, so dass auch eine lediglich teilweise Abweisung des Hilfs-Feststellungsziels 7 nicht in Betracht kommt (§§ 610, 308 Abs. 1 ZPO). Überdies fehlte es dann an einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage, denn für den Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB auf Herausgabe der vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Nutzungen ist die Geltung der tatsächlichen Vermutung bei Zahlungen an eine Bank, dass diese Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinssatzes erwirtschaftet, hinreichend höchstrichterlich geklärt (siehe nur Urteile vom 24.05.2012 - IX ZR 125/121, Rn 12, vom 24.04.2007, XI ZR 17/06, Rn 35; vom 12.05.1998, XI ZR 79/97, Rn 24) und in Instanzrechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannt.
8.
Das hilfsweise Feststellungsziel 8, mit dem der Musterkläger in erster Linie festgestellt haben will, dass die Verjährungsfrist für den Anspruch (aus ungerechtfertigter Bereicherung) auf Herausgabe der Spareinlagen und der hieraus von der Beklagten gezogenen Nutzungen nicht beginnt, bevor der Verbraucher von der möglichen Gesamtunwirksamkeit des Sparvertrages und der sich hieraus ergebenden Bereicherungsansprüche Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangt haben müssen, ist aus den oben zum Feststellungsziel zu 5 dargelegten Gründen unbegründet.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 709 Satz 1 ZPO.
Einer Entscheidung über die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 1 ZPO bedarf es nicht, § 614 ZPO.
Der Streitwert der Musterfeststellungsklage wird auf 160.000 € festgesetzt (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO). Maßgebend ist das Interesse der Allgemeinheit an den mit der Musterfeststellungsklage verfolgten Feststellungszielen und nicht die wirtschaftliche Bedeutung für diejenigen, deren Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von den Feststellungszielen abhängen (BT-Drucks. 19/2439, S. 29). Bei der Bestimmung des Streitwerts der Feststellungsziele von Musterfeststellungsklagen im Zusammenhang mit der variablen Verzinsung von Prämiensparverträgen der vorliegenden Art sind die überdurchschnittlich hohe wirtschaftliche Bedeutung, die Vielzahl betroffener Bankkunden sowie der öffentlichkeitswirksame Meinungsstreit in Instanz-Rechtsprechung und Literatur zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 09.09.2024, XI ZR 40/23). Vor diesem Hintergrund bewertet der Senat die Feststellungsziele zu 1. bis 1.b) mit (insgesamt) 20.000 € und die übrigen Feststellungsziele mit jeweils 20.000 €.