Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 13. Senat | Entscheidungsdatum | 29.10.2014 | |
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Aktenzeichen | L 13 SB 150/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 145 SGB 9, § 146 SGB 9 |
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. Juli 2011 geändert und der Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2009 verpflichtet, beim Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 3. Februar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 1995 einen Grad der Behinderung von 50 und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen „G“ ab dem 1. Januar 2013 festzustellen.
Für das erstinstanzliche Verfahren findet eine Kostenerstattung nicht statt. Für das Berufungsverfahren hat der Beklagte dem Kläger die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung zu 2/3 zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt die Zuerkennung eines Grad der Behinderung (GdB) von 50 und des Merkzeichens „G“.
Der Beklagte hatte zuletzt unter teilweiser Aufhebung vorangegangener Feststellungen auch zum Merkzeichen „G“ mit Bescheid vom 3. Februar 1994, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 1995, beim Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 40 und eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit festgestellt und zugleich festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens „G“ nicht (mehr) vorlägen. Die danach festzustellenden Funktionsbeeinträchtigungen beim Kläger seien Herzleistungsminderung (GdB 30) und Funktionsstörung des rechten Fußes (GdB 20).
Am 19. Februar 2009 beantragte der Kläger die Neufeststellung. Gestützt auf Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte lehnte der Beklagte die Neufeststellung mit Bescheid vom 16. April 2009 ab, änderte jedoch die Bezeichnung der Funktionsstörungen. Danach lägen nunmehr vor: Herzleistungsminderung (GdB 30), Funktionsstörung der Wirbelsäule (GdB 20) und Funktionsstörung beider Beine (GdB 20). Hieran hielt der Beklagte auch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2009 fest.
Mit der am 29. Juli 2009 erhobenen Klage hat der Kläger die Feststellung eines GdB von mindestens 50 und des Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen für das Merkzeichen „G“ begehrt und hierzu ausgeführt, sein Wirbelsäulenleiden sei mit einem GdB von 20 zu gering bewertet, da in LWS und HWS mindestens mittelgradige Funktionseinschränkungen bestünden. Auch das Fußleiden sei mit 20 zu gering bewertet. Nach einem Unfall 1967 könne der rechte Fuß nur noch stützende Funktionen ausführen, hinzugetreten sei 2009 ein Achillessehnenabriss. Insoweit sei ein GdB von 30 zuzuerkennen. Schließlich könne der Kläger auch keinesfalls 2.000 Meter in 30 Minuten zurücklegen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eins medizinischen Gutachtens des Sachverständigen Facharztes für Orhopädie und Chirurgie Dr. T. In dessen Gutachten vom 7. Januar 2011 ist der Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, beim Kläger sei ein Gesamt-GdB von 40 angemessen, wenngleich eine Verschiebung der Gewichtung zu verzeichnen sei. Während ursprünglich das Herzleiden mit 30 zutreffend bewertet gewesen sei, habe insofern eine Besserung stattgefunden, die eine Bewertung gegenwärtig mit 10 gebiete. Dafür sei eine Hüftgelenkserkrankung und Achillessehnenruptur hinzugetreten. Die von der Versorgungsärztin des Beklagten mit 30 bewertete Funktionseinschränkung der Wirbelsäule sehe er so nicht.
Mit Urteil vom 13. Juli 2011 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen. In Auswertung des eingeholten Gutachtens hat es hierbei eine Funktionsstörung der LWS (20), des linken Hüftgelenks (20), des rechten Fußes (20) sowie eine Herzleistungsminderung (10) und ein leichtes Bluthochdruckleiden (10) angesetzt. Hingegen ist es ebenfalls in Auswertung des Gutachtens von einer freien Beweglichkeit der HWS, einer guten Einstellung des Diabetes-mellitus und einer Irrelevanz der Adipositas ausgegangen. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 28. Juli 2011 zugestellt worden.
Mit der am Montag, dem 29. August 2011 erhobenen Berufung hat der Kläger sein Begehren zunächst weiter verfolgt. Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ein Gutachten des Sachverständigen Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Z eingeholt. In dessen Gutachten vom 13. März 2012 ist der Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, beim Kläger bestünden folgende Funktionsbeeinträchtigungen:
- Herzleistungsminderung (übernommen mit GdB 30),
- FS der WS betont der LWS bei absoluter Spinalkanalstenose, überbrückender Spondylosis deformans und bei Bandscheibenschäden L4/5/S1 mit Claudicatio spinalis (30),
- Coxarthrose links mit deutlicher Bewegungseinschränkung (30)
- Komplexe Funktionsbehinderung im Bereich der rechten unteren Extremität nach stattgehabter Achilessehnenoperation mit narbigen Verwachsungen und Muskelverschmächtigung sowie Beeinträchtigung der Fußfunktion und bei ausgedehnter Narbenbildung mit Sehnenaffektion der Fußsohle sowie Fersensporn (20),
- Ausgeprägte Rectusdiastase bei Bauchwandbruch mit deutlicher Schwächung der Bauchmuskelfunktion und hieraus resultierender verminderter Stabilisierung des Rumpfes (20),
Bleibe man bei der bisherigen Bezeichnung „Funktionsstörung beider Beine“, so sei hierfür ein GdB von 50 anzusetzen, womit die von ihm benannte Coxarthrose und komplexe Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der rechten unteren Extremität umfasst seien. Der Gesamt-GdB sei mit 70 zu bemessen. Eine erhebliche Gehbehinderung sei gegeben.
Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Gutachtens des Facharztes für Allgemeinmedizin und physikalische und rehabilitative Medizin Dr. Sch. In seinem Gutachten vom 14. Mai 2013 ist der Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, beim Kläger bestünden folgende Funktionsbeeinträchtigungen:
- Seit 01/2013 durch Insulintherapie behandelte Blutzuckererkrankung (30),
- Bluthochdruck, abgelaufener Herzinfarkt, wiederkehrende Brustenge (10),
- Funktionsstörung bei Verschleiß der HWS und LWS, kernspintomographisch gesicherter Bandscheibenvorfall L4/5 mit Sequesterbildung (20),
- Funktionsstörung nach Arbeitsunfall mit Ausbildung einer harten Narbenplatte der Fußsohle, Sehnen- und Muskelverlust des Fußes mit Fußfehlform, Fersensporn, Hüftgelenksverschleiß links mehr als rechts, Knorpelschaden der Kniegelenke beiderseits, Achillessehnenruptur und –reruptur mit bestehender Achillodynie rechts, diabetische Polyneuropathie (40),
- Ellenbogengelenkverschleiß (10),
Bis einschließlich 12/2012 sei der Gesamt-GdB mit 40 zu bemessen, da die Blutzuckererkrankung mit Insulintherapie erst ab 1/2013 festzustellen sei. Ab 1/2013 sei der GdB auf 50 einzuschätzen. Zum einen sei Insulinpflichtigkeit eingetreten, zum anderen sei eine Verschlechterung des Hüftgelenks zu verzeichnen. Seit diesem Zeitpunkt sei auch eine erhebliche Beeinträchtigung des Gehvermögens festzustellen. Dies beruhe auf einer Teilversteifung des linken Hüftgelenks und des rechten Sprunggelenks in verstärkender Wechselwirkung mit dem WS-Leiden.
Nachdem der Beklagte ein vom Kläger angenommenes Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben hat, dass er dem Kläger ab dem 1. Oktober 2013 einen Gesamt-GdB von 50 zuerkenne, ist der Kläger der Ansicht, ihm müsse im Hinblick auf den Diabetes mellitus der GdB von 50 bereits ab dem 1. Januar 2013 zuerkannt werden. Gleiches gelte für die medizinischen Voraussetzungen des Merkzeichens G. Hierzu trägt er vor, er kontrolliere seither regelmäßig täglich den Blutzuckerspiegel und führe dazu Buch. Soweit er sein Klagebegehren zunächst auf einen früheren Zeitpunkt bezogen habe, halte er daran nicht mehr fest. Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. Juli 2011 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2009 zu verpflichten, bei ihm unter Abänderung des Bescheides vom 3. Februar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 1995 einen GdB von 50 und das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für das Merkzeichen „G“ ab dem 1. Januar 2013 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, vor dem 1. Oktober 2013 liege kein hinreichender Nachweis für eine regelmäßige Blutzuckerkontrolle und Dokumentation vor, weshalb der Diabetes mellitus erst ab Oktober eine Anhebung des GdB auf 50 rechtfertige. Die dem Sachverständigen geschilderte Gehwegbeschränkung sei nicht nachvollziehbar, so dass eine Zuerkennung des Merkzeichens „G“ nicht in Betracht komme.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den gesamten Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten sowie der Streitakte Bezug genommen.
Die zulässige Berufung ist in dem nach Teilrücknahme und angenommenem Teilanerkenntnis noch streitbefangenen Umfang begründet. Der Kläger hat sowohl einen Anspruch auf Zuerkennung eines Gesamt-GdB von 50 bereits ab dem 1. Januar 2013 (a.) wie auch auf Feststellung der medizinischen Voraussetzungen für das Merkzeichen „G“ ab demselben Zeitpunkt (b.)
a. Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Heranzuziehen sind hierbei die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“.
Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die beim Kläger festzustellenden Funktionsbeeinträchtigungen einen GdB von 50 rechtfertigen, umstritten ist lediglich, ob dies auch für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 30. September 2013 gilt, nachdem der Kläger eine Dokumentation der täglichen Blutzuckermessung erst beginnend mit dem 1. Oktober 2013 vorgelegt hat. Aus dem Fehlen der Dokumentation zieht der Beklagte den Schluss, dass der für die Diabeteserkrankung anzusetzende GdB lediglich mit einem Wert von 20 anzusetzen sei. Dies steht indes mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen nicht im Einklang. Nach deren Ziffer 15.1 beträgt der GdB 30 bis 40 bei Menschen, die neben weiteren hier nicht umstrittenen Voraussetzungen „mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen“. Eine Vorlage der Dokumentation ist nicht konstitutive Voraussetzung der Zuerkennung des GdB. Ob die Voraussetzung hingegen auch dann erfüllt ist, wenn es zwar medizinisch angezeigt ist, eine tägliche Messung durchzuführen und zu dokumentieren, der Betroffene sich daran jedoch nicht hält, bedarf hier keiner Entscheidung, denn der Senat hat ist davon überzeugt, dass der Kläger seit Jahresbeginn 2013 tägliche Blutzuckermessungen durchführen muss und auch durchgeführt und dokumentiert hat. Zum einen hat der Kläger die Durchführung dieser Maßnahmen gegenüber dem Sachverständigen Dr. Sch im Einzelnen beschrieben. Zum anderen hat er eine Bestätigung der ihn behandelnden Ärztin vorgelegt, wonach sie „seit Januar“ im Rahmen der quartalsweisen Konsultation den Nachweis der täglich ermittelten Blutzuckerwerte auswerte und dem Kläger auch die zur Kontrolle nötigen Teststreifen regelmäßig verordne. Dies reicht dem Senat für die Überzeugungsbildung aus, nachdem keinerlei Anlass zum Zweifel an der Richtigkeit der Angaben durch den Beklagten aufgezeigt worden ist.
b. Gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, Anspruch auf unentgeltliche Beförderung. Alternativ können sie nach § 3a Abs. 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz eine Ermäßigung der Kraftfahrzeugsteuer um 50 v. H. beanspruchen. Über das Vorliegen der damit angesprochenen gesundheitlichen Merkmale treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 1 und 4 SGB IX).
Nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahr für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
Bei der Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein – d.h. altersunabhängig von nichtbehinderten Menschen – noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 10. Dezember 1987, 9a RVs 11/87, BSGE 62, 273 = SozR 3870 § 60 Nr. 2). Nach den überzeugenden gutachterlichen Feststellungen ist dem Kläger diese Wegstrecke nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten möglich.
Allerdings ist es für die Zuerkennung des Merkzeichens „G“ nicht ausreichend, dass diese Wegstrecke nicht in dem genannten Zeitraum bewältigt werden kann. Das Gesetz fordert in § 145 Abs. 1 Satz 1, § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX darüber hinaus, dass Ursache der beeinträchtigten Bewegungsfähigkeit eine Behinderung des schwerbehinderten Menschen sein und diese Behinderung dessen Gehvermögen einschränken muss (sog. „doppelte Kausalität“, siehe Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 24. April 2008 – B 9/9a SB 7/06 R –, SozR 4-3250 § 146 Nr. 1). Hierzu hatte das Bundessozialgericht die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) herangezogen, die in Nr. 30 Abs. 3 bis 5 Regelfälle beschrieben, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" als erfüllt anzusehen waren und die bei der Beurteilung einer dort nicht erwähnten Behinderung als Vergleichsmaßstab dienen konnten (so BSG, Urteil vom 13. August 1997, 9 RVs 1/96, SozR 3-3870 § 60 Nr. 2). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gaben die AHP an, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen mussten, bevor angenommen werden konnte, dass ein Behinderter infolge einer Einschränkung des Gehvermögens "in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist". Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass das menschliche Gehvermögen keine statische Messgröße ist, sondern von verschiedenen Faktoren geprägt und variiert wird. Darunter sind neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau und etwaige Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens (ökonomische Beanspruchung der Muskulatur, Gehtempo und Rhythmus) sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, zu nennen. Von diesen Faktoren filterten die AHP all jene heraus, die nach dem Gesetz außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Bewegungsfähigkeit des schwerbehinderten Menschen im Straßenverkehr nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung seines Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigen (vgl. BSG, Urteil vom 13. August 1997, a.a.O.).
Diese Grundsätze gelten auch auf der Grundlage der in der Anlage zu der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“ weiter, und zwar unabhängig davon, ob – wie überwiegend vertreten wird (so Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4; Oppermann, in: Hauck/Noftz, GK SGB, Loseblattwerk Stand: 2013, Rn. 36a zu § 69 SGB IX; LSG Baden-Württemberg, seit Urteil vom 23. Juli 2010 – L 8 SB 3119/08 – in ständiger Rechtsprechung, zuletzt Urteil vom 24. Januar 2014 – L 8 SB 2723/13 –; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Dezember 2009 – L 10 SB 39/09 –; offen gelassen von: LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Oktober 2013 – L 10 SB 154/12 –; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Dezember 2011 – L 13 SB 12/08 –) – die Vorschriften über die Voraussetzungen des Merkzeichens „G“ in Teil D Nr. 1d bis 1f der Anlage zu § 2 VersMedV mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage nichtig sind. Denn die in den AHP aufgestellten Kriterien wurden über Jahre hinweg sowohl von der Verwaltung als auch von den Gerichten in ständiger Übung angewandt, weshalb die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" als gewohnheitsrechtlich anerkannt zu betrachten sind (so auch LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Dezember 2009 – L 10 SB 39/09 –). Hinzu kommt, dass mit ihrer Verrechtlichung durch die VersMedV keine Änderung des Rechtszustandes beabsichtigt war, da sie materiell die Regelungen zum Merkzeichen „G“ unverändert aus den AHP übernommen hat.
Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Kläger die ortsübliche Wegstrecke „infolge einer Einschränkung des Gehvermögens“ (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) nicht möglich. Denn nach den Darlegungen des Sachverständigen Dr. Schwirkt sich auf dessen Gehfähigkeit die Funktionsstörung des linken Hüftgelenks und der rechten unteren Extremität besonders negativ aus. Der Senat hält die Darlegung des Sachverständigen, wonach gerade die Kombination von gehbehindernden Faktoren an beiden Seiten die Funktionsbeeinträchtigung verstärke, für absolut schlüssig und überzeugend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits. Gründe für eine Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.