Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 10. Berufungskammer | Entscheidungsdatum | 16.12.2024 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 10 TaBV 1088/23 I | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2024:1216.10TABV1088.23I.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | §§ 99, 100 BetrVG |
Es kommt für eine Eingliederung in den Betrieb nicht darauf an, ob die Matrix-Manager dem disziplinarischem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen.
I. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 22.08.2023, 2 BV 18/22, wird hinsichtlich des Antrags zu 1 abgeändert: Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, die Einstellung von Frau Dr. A im Betrieb der Arbeitgeberin in Hennigsdorf aufzuheben, solange die Zustimmung zu ihrer Einstellung nicht vom Betriebsrat erteilt oder im Fall der Zustimmungsverweigerung arbeitsgerichtlich ersetzt wurde.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Der antragsstellende Betriebsrat strebt die Aufhebung einer personellen Einzelmaßnahme an, die seiner Ansicht nach die Einstellung einer Mitarbeiterin in den Betrieb darstellt, für den er gewählt ist. Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin ist im Gegensatz dazu der Auffassung, dass die Mitarbeiterin ausschließlich in einem anderen Betrieb ihres Konzerns eingestellt worden sei.
Die Beteiligte zu 2) (im Folgenden Arbeitgeberin) ist ein Unternehmen der medizinischen Biomarker-Diagnostik. Sie hat ihren Sitz in Hennigsdorf und beschäftigt in diesem Betrieb etwa 230 bis 270 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Neben dem Betrieb in Hennigsdorf unterhält die Arbeitgeberin keine weiteren Betriebe. Sie ist Teil des globalen B-Konzern mit Hauptsitz in den USA, der über eine sogenannte Matrix Organisation, d. h. eine mehrdimensionale Organisationsstruktur verfügt. Im Konzern existieren unternehmens- und länderübergreifende Organisationsstrukturen, die sich an den Produktsparten orientieren. Einzelne Arbeitnehmer haben mehrere Vorgesetzte, die teilweise bei einem anderen konzernangehörigen Unternehmen beschäftigt sind oder als einzelne Vorgesetzte auch gegenüber Arbeitnehmern anderer konzernangehöriger Unternehmen Weisungsbefugnis haben.
Mit dem vorliegenden Verfahren wendet sich der Betriebsrat zuletzt noch gegen insgesamt 2 von ihm genannte Einstelllungen von Mitarbeiterinnen und begehrt die Aufhebung dieser Maßnahmen.
Über die Arbeitnehmerin Frau C wurde mit Teil-Beschluss der erkennenden Kammer des Landesarbeitsgerichts vom 18.04.2024 entschieden. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Tätigkeit von Frau C keine Einstellung im Betrieb der Arbeitgeberin in Hennigsdorf ist. Auf Blatt 329 – 338 d.A. wird verwiesen. Streitig ist im Rahmen des Schluss-Beschlusses nunmehr lediglich die Personalmaßnahme Frau Dr. A.
Frau A ist Senior-Manager D Customer Development und verfügt über einen österreichischen Arbeitsvertrag zu einer dem B-Konzern zugehörigen Tochtergesellschaft. Frau Dr. A fungiert seit dem 01.04.2022 als Vorgesetzte von insgesamt 5 Klinikaußenmitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ihrerseits alle mit der Arbeitgeberin einen Arbeitsvertrag haben und ausschließlich den bei der Arbeitgeberin angesiedelten Betriebszweck, namentlich den Vertrieb des E Assay verfolgen. Das Team vertreibt ein Produkt, welches der Unterstützung der Diagnose einer Blutvergiftung dient.
Frau Dr. A ist die Vorgesetzte von 5 Klinikaußenmitarbeiterinnen und Mitarbeitern und erteilt ihnen entsprechende fachliche Weisung. Frau Dr. A ist nicht vor Ort in Hennigsdorf tätig, ihr Arbeitssitz ist in Österreich. Arbeitsbesprechungen und Teamsitzungen erfolgen jeweils per MS Team. Frau Dr. A führt auch Leistungsbeurteilungen und Zielvereinbarungsgespräche der 5 Mitarbeiter durch. Der Personalleiter der Arbeitgeberin, Herr F, war bei den Zielvereinbarungsgesprächen nicht anwesend. Ob diese nur im Rahmen ihrer fachlichen Weisungsbefugnis oder auch insgesamt erfolgt, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig hat Frau Dr. A keine Kündigungsbefugnis und keine Abmahnungsbefugnis. Diese liegt bei dem Personalleiter der Arbeitgeberin, Herr F. Frau Dr. A wird hierbei mit einbezogen. Inwieweit ihr disziplinarisches Weisungsrecht zusteht, ist zwischen den Betriebsparteien streitig. Sie kann nicht eigenverantwortlich den arbeitsvertraglich festgelegten Umfang der Arbeitszeit erweitern oder herabsetzen.
In den Stellenbeschreibungen der ihr unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter z.B. für Herrn G, Frau H und Herr I ist Frau Dr. A als disziplinarische und fachliche Vorgesetzte bezeichnet ( Bl. 220 ff., Bl. 227 ff.).
Hinsichtlich des Weisungsrechts unstreitig war zuletzt im Anhörungstermin am 16.12.2024 vor dem Landesarbeitsgericht Berlin- Brandenburg zwischen den Betriebsparteien, dass die Arbeitnehmer mit der Fachvorgesetzten, hier mit Frau Dr. A eine Schulung aussuchen und die Fachvorgesetzten diese genehmigen. In der Personalabteilung wird der Antrag dann gegengezeichnet. Theoretisch könnte in ganz besonderen Fällen der Antrag von der Personalabteilung abgelehnt werden. In den allermeisten Fällen wird die Schulung genehmigt. Die Fachvorgesetzte zeichnet dies ab. Diese Vorgehensweise ist bei allen Schulungen der Arbeitnehmer bei der Arbeitgeberin identisch, auch im Hinblick auf die in Hennigsdorf angestellten Vorgesetzten.
Im Anhörungstermin vom 16.12.2024 wurde ebenfalls unstreitig gestellt, dass hinsichtlich des Urlaubs der den Fachvorgesetzten unterstellten Arbeitnehmern die Abstimmung zwischen den Arbeitnehmern und der Fachvorgesetzten erfolgt. Der oder die Fachvorgesetzte genehmigt den Urlaub und gibt ihn im System frei. Die Arbeitszeit der Arbeitnehmer ist in Betriebsvereinbarungen festgelegt. Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen wird vom Personalleiter genehmigt, da er hier eine behördliche Genehmigung beantragen muss. Auch die Samstagsarbeit läuft über den Tisch des Personalleiters, da der Betriebsrat mitbestimmen muss. Dies ist bei allen Führungskräften so, auch bei den Führungskräften, die mit der Arbeitgeberin einen Arbeitsvertrag haben und im Betrieb in Hennigsdorf tätig sind. Sonn- und Feiertagsarbeit im Außendienst kommt sehr selten vor, höchstens einmal im Jahr.
Fachlich weisungsbefugt für Frau Dr. A ist Herr J, der in England tätig ist und weder Arbeitnehmer der Arbeitgeberin in dem Betrieb in Hennigsdorf ist noch in anderer Weise Weisungen der Arbeitgeberin unterworfen ist. Ob dieser auch Frau Dr. A disziplinarisch weisungsbefugt ist bleibt zwischen den Betriebsparteien streitig.
Die Arbeitgeberin wurde mit Schreiben vom 26.08.2022 vom Betriebsrat unter Fristsetzung aufgefordert, die Anhörung gemäß § 99 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz für die Arbeitnehmerinnen Andrea C, A und sowie K nachzuholen und die Zustimmung des Betriebsrats betreffend der 3 streitgegenständlichen Mitarbeiterinnen einzuholen. Die Arbeitgeberin hat dies mit Schreiben vom 30.09.2022 abgelehnt. Am 07.11.2022 hat der Betriebsrat die Einleitung des Beschlussverfahrens nebst Beauftragung der prozessvertretenden Kanzlei beschlossen.
Mit seinem am 22. Dezember 2022 beim Arbeitsgericht Neuruppin eingegangenem Antrag begehrt der Betriebsrat die Aufhebung der aus seiner Sicht erfolgten Einstellung der Arbeitnehmerinnen Frau A, Frau C und Frau K. Der Antrag betreffend die Einstellung von Frau K wurde zurückgenommen.
Der Betriebsrat hat erstinstanzlich geltend gemacht, dass die Einstellung von Frau A nach § 101 Betriebsverfassungsgesetz aufzuheben sei, da er bei der Einstellung nicht angehört worden sei. Frau A sei Arbeitnehmerin in dem Betrieb der Arbeitgeberin und verfolge gemeinsam mit deren Teammitgliedern den in Hennigsdorf bei der Arbeitgeberin angesiedelten Betriebszweck. Sie sei in den Betrieb eingegliedert.
Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,
1. der Arbeitgeberin wird aufgegeben, die Einstellung von A im Betrieb der Arbeitgeberin in Hennigsdorf aufzuheben, solange die Zustimmung zu ihrer Einstellung nicht vom Betriebsrat erteilt oder im Fall der Zustimmungsverweigerung arbeitsgerichtlich ersetzt wurde;
2. der Arbeitgeberin wird aufgegeben, die Einstellung von Frau C im Betrieb der Arbeitgeberin in Hennigsdorf aufzuheben, solange die Zustimmung zu ihrer Einstellung nicht vom Betriebsrat erteilt oder im Fall der Zustimmungsverweigerung arbeitsgerichtlich ersetzt wurde.
Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Hinsichtlich Frau A war die Arbeitgeberin erstinstanzlich der Auffassung, dass Frau A nicht in den Betrieb eingegliedert sei, da – was zwischen den Betriebsparteien unstreitig ist - ihr Arbeitssitz in Österreich sei und auch dort ihr Arbeitgeber sei. Sie sei auch nicht in dem Betrieb der Arbeitgeberin in Hennigsdorf eingegliedert, so dass ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Betriebsverfassungsgesetz nicht vorliege. Sie sei ihrem Arbeitgeber in Österreich weisungsunterworfen.
Mit Beschluss vom 22.08.2023 hat das Arbeitsgericht Neuruppin die Anträge des Betriebsrates zurückgewiesen. Nach Auffassung der Kammer seien Frau A und Frau C nicht derart in dem Betrieb der Arbeitgeberin eingegliedert, dass eine Beteiligung des Betriebsrates bei der Einstellung gemäß § 99 Betriebsverfassungsgesetz hätte erfolgen müssen. Dementsprechend könne der Betriebsrat auch nicht die Aufhebung der Maßnahme im Sinne von § 101 Betriebsverfassungsgesetz von der Arbeitgeberin verlangen. Die Zuständigkeit des Betriebsrates erstrecke sich nur auf Personen, die dem Betrieb zugeordnet seien. Die Betriebszugehörigkeit setze dabei voraus, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in die Betriebsorganisation eingegliedert sei. Die Anträge des Betriebsrates hätten keinen Erfolg haben können, da die Beschäftigten Frau A und Frau C keinen Arbeitsvertrag mit der Arbeitgeberin hatten. Eine Eingliederung sei nicht erfolgt. Hinsichtlich Frau C führe eine Zusammenarbeit, egal ob persönlich oder in Abwesenheit, nicht dazu, dass eine Eingliederung im Sinne der Regelung des Betriebsverfassungsgesetzes erfolgt sei.
Hinsicht der Entscheidung des Arbeitsgerichts wird auf Blatt 175 bis 180 der Akte verwiesen.
Gegen den am 28.09.2023 dem Betriebsrat zugestellten Beschluss hat dieser mit Schreiben vom 24.10.2023 Beschwerde eingelegt. Nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 28.12.2023 hat der Betriebsrat die Beschwerde am 27.12.2023 begründet.
Der Betriebsrat trägt, soweit für den Schluss-Beschluss von Belang, hinsichtlich Frau A vor, ihr fachliches Weisungsrecht sei weiter als die Arbeitgeberin zugestehe. Sie führe mit den 5 ihr unterstellten Arbeitnehmern Zielvereinbarungsgespräche und erstelle die Leistungsbeurteilungen völlig selbstständig. Die Personalabteilung prüfe weder die Bewertungen noch prüft sie, ob die Vorgaben eingehalten werden. Die Letztentscheidung liege bei Frau Dr. A. Darüber hinaus trägt der Betriebsrat vor, Frau Dr. A habe auch disziplinarisches Weisungsrecht. Zwar habe sie keine Kündigungs- und Abmahnungsbefugnis, werde aber - was zwischen den Betriebsparteien unstreitig ist - bei der Entscheidungsbefugnis mit einbezogen. Auch steuere sie die Prämienauszahlung. Der Betriebsrat ist der Auffassung, aus der Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles ergebe sich, dass Frau Dr. A in den Schutzbereich des § 99 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz falle.
Der Betriebsrat ist der Auffassung, es komme nicht darauf an, ob die Matrix Manager, hier Frau Dr. A selbst dem Betriebsinhaber weisungsunterworfen sei. Ob Frau Dr. A Herrn J aus dem Betrieb in England disziplinarisch weisungsunterworfen sei, wisse er nicht. Wesentlich sei, in wieweit die Matrix Manager in die Betriebsabläufe der Arbeitgeberin eingegliedert seien. Ein Arbeitsvertrag mit dem Betriebsinhaber sei keine Voraussetzung für die Einstellung gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG.
Der Betriebsrat ist der Auffassung, der Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG sei, die Interessen der im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmer zu wahren. Dieses Interesse könne auch bei der Zuweisung von Vorgesetztenfunktionen an bislang betriebsfremde Arbeitnehmer berührt sein. Auch sei der innerbetriebliche Stellenmarkt tangiert, wenn die Vorgesetztenfunktion von Externen ausgeübt werde.
Der Betriebsrat beantragt, unter Änderung des angefochtenen Beschlusses
1. der Arbeitgeberin aufzugeben, die Einstellung von Frau A im Betrieb der Arbeitgeberin in Hennigsdorf aufzuheben, solange die Zustimmung zu ihrer Einstellung nicht vom Betriebsrat erteilt oder im Fall der Zustimmungsverweigerung arbeitsgerichtlich ersetzt wurde.
2. der Arbeitgeberin aufzugeben, die Einstellung von Frau C im Betrieb der Arbeitgeberin in Hennigsdorf aufzuheben, solange die Zustimmung zu ihrer Einstellung nicht vom Betriebsrat erteilt oder im Fall der Zustimmungsverweigerung arbeitsgerichtlich ersetzt wurde.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, dass eine Eingliederung von Frau Dr. A in ihrem Betrieb in Hennigsdorf nicht vorliege, da sie keine arbeitsvertragliche Beziehung mit dem Betrieb habe. Wesentlich sei jedoch, dass Frau Dr. A der Arbeitgeberin selbst nicht weisungsunterworfen ist. Eine Eingliederung einer Arbeitnehmerin in den Betrieb liege nur dann vor, wenn der Betriebsinhaber Personalhoheit über diesen Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin habe. Die Arbeitgeberin habe jedoch gegenüber Frau Dr. A keine disziplinarische oder fachliche Weisung. Weisungsbefugt für Frau Dr. A sei Herr J, der seinen Sitz bei einer Konzerntochter in England habe.
Die Arbeitgeberin trägt vor, dass die Hinweise in der Stellenbeschreibung auf die fachliche und disziplinarische Vorgesetztenfunktion der Mitarbeiter ein Versehen bei der Ausstellung der Stellenbeschreibung waren.
Weiterhin bleibt die Arbeitgeberin bei ihren schon erstinstanzlich vorgetragenen Darlegungen, dass der Geschäftsführer und der Personalleiter Herr F das disziplinarische Weisungsrecht für die 5 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätten, die mit Frau Dr. A fachlich zusammenarbeiten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Schriftsätze des Betriebsrats vom 27.Dezember 2023 (Blatt 201 bis 219 der Akte) sowie des Schriftsatzes der Arbeitgeberin vom 5. März 2024 (Blatt 250 bis 260 der Akte) sowie auf den Schriftsatz des Betriebsrats vom 9. April 2024 (Blatt 263 bis 268 der Akte) und den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 16. April 2024 (Blatt 312 bis 316 der Akte) verwiesen. Weiterhin nimmt die Kammer Bezug auf den Schriftsatz des Betriebsrats vom 23. Oktober 2024 (Blatt 349 bis 354 der Akte) und vom 10. Dezember 2024 (Blatt 362 bis 354 der Akte) sowie auf den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 16. April 2024 (Blatt 356 bis 359 der Akte). Verwiesen wird auch auf die Erklärungen der Betriebsparteien vom 16.12.2024 in der öffentlichen Sitzung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg.
II.
Die Beschwerde des Betriebsrates ist hinsichtlich des Antrags zu 1. zulässig und begründet.
1.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 87 Absatz 1 Arbeitsgerichtsgesetz statthaft sowie in der gesetzlichen form- und fristgemäß §§ 87 Absatz 2, 89 Absatz 1, Absatz 2, 66 Arbeitsgerichtsgesetz eingelegt und begründet worden.
2.
Die Beschwerde ist hinsichtlich des Antrags zu 1. (Frau Dr. A) begründet.
a.
Der Antrag ist zulässig und begründet, da für die Beschäftigung von Frau Dr. A im Betrieb der Arbeitgeberin in Hennigsdorf eine Zustimmung des Betriebsrates erforderlich ist. Die für die Einstellung im Sinne von §§ 99, 100 und 101 Betriebsverfassungsgesetz notwendige Eingliederung von Frau Dr. A in dem Betrieb der Arbeitgeberin in Hennigsdorf liegt vor. Daher hat der Betriebsrat Anspruch auf Aufhebung der personellen Maßnahme nach § 101 Satz 1 BetrVG.
Nach § 101 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine personelle Maßnahme iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG aufzuheben, wenn der Arbeitgeber die Maßnahme ohne Zustimmung des Betriebsrats durchführt. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG muss der Arbeitgeber den Betriebsrat in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern ua. vor jeder Einstellung und Versetzung unterrichten und seine Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einholen. Eine personelle Einzelmaßnahme iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kann daher nur nach Zustimmung des Betriebsrats oder ihrer rechtskräftigen Ersetzung in einem Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG oder als vorläufige personelle Maßnahme unter den Voraussetzungen des § 100 BetrVG vorgenommen werden (vgl. BAG, Beschluss vom 14. Juni 2022 – 1 ABR 13/21 – Rn 16; BAG, Beschluss vom 17. November 2021 - 7 ABR 18/20 - Rn. 10 mwN).
Gegenstand eines Aufhebungsverfahrens nach § 101 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz ist die Frage, ob die konkrete Maßnahme gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist. Es geht nicht darum, ob die Maßnahme bei ihrer Durchführung betriebsverfassungsrechtlich zulässig war. Ändert sich die Tätigkeit des von der personellen Einzelmaßnahme betroffenen Arbeitnehmers, ist jedenfalls dann, wenn die Änderung noch vor dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung in der Tatsacheninstanz erfolgt ist, die Maßnahme in ihrem aktuellen Zuschnitt der rechtlichen Überprüfung zu unterziehen (BAG 14. Juni 2022 - 1 ABR 13/21 – Rn 22; LAG Baden-Württemberg 14. März 2023 - 15 TaBV 1/22 - Rn 76).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Einstellung im Sinne des § 99 Absatz 1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz gegeben, wenn eine Person in dem Betrieb eingegliedert wird, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Die für eine Einstellung erforderliche Eingliederung in die Betriebsorganisation setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeiten auf dem Betriebsgelände oder innerhalb der Betriebsräume verrichtet. Entscheidend ist vielmehr, ob der Arbeitgeber mit Hilfe des Arbeitnehmers den arbeitstechnischen Zweck des jeweiligen Betriebes verfolgt (BAG 14. Juni 2022 - 1 ABR 13/21 - Rn 19; LAG Baden-Württemberg 14. März 2023 - 15 TaBV 1/22 - Rn 75).
Die Frage der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation hängt von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab (BAG, Beschluss vom 08.11.2016 - 1 ABR 57/14 -, juris Rn. 15). Auf das Rechtsverhältnis, in dem die Personen zum Betriebsinhaber stehen, kommt es entgegen der früher vom Bundesarbeitsgericht vertretenen „Zwei-Komponenten-Lehre“, wonach zu den konstitutiven Merkmalen der Eingliederung neben der tatsächlichen Eingliederung des Arbeitnehmers in die Betriebsorganisation auch ein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber gehörte, das in der Regel durch einen Arbeitsvertrag, ausnahmsweise aber auch durch Gesetz wie z.B. nach § 10 Abs. 1 AÜG zustande kommen konnte (BAG, Beschluss vom 10.11.2004 - 7 ABR 12/04 -, juris Rn. 14), nicht mehr entscheidend an. Die „Zwei-Komponenten-Lehre“ wurde zwar dem Normalfall gerecht, in dem ein Arbeitnehmer aufgrund eines wirksamen Arbeitsvertrags in der einzigen Betriebsstätte seines Arbeitgebers unselbständige, fremdbestimmte Arbeit tatsächlich leistet. Sie führt jedoch beim drittbezogenen Personaleinsatz nicht zu sachgerechten Ergebnissen. Ihre uneingeschränkte Anwendung hätte vielmehr zur Folge, dass der Arbeitnehmer einerseits dem Betrieb seines Vertragsarbeitgebers mangels Eingliederung nicht zugeordnet werden könnte, während es andererseits zum Betriebsarbeitgeber am arbeitsvertraglichen Band fehlt (BAG, Beschluss vom 05.12.2012 - 7 ABR 48/11 - Rn. 20; Landesarbeitsgericht Bremen, Beschluss vom 2. Mai 2024 – 2 TaBV 2/23 - Rn 42).
Für Führungskräfte hat das Bundesarbeitsgericht abstrakte Maßstäbe aufgestellt, die auf den vorliegenden Fall übertragen werden können. Hiernach kommt es darauf an, ob sich aus der Wahrnehmung der Aufgaben des Arbeitnehmers eine Einbindung bei der Erfüllung der im Betrieb von den dortigen Arbeitnehmern zu erledigenden operativen Aufgaben oder in die dortigen Arbeitsprozesse ergibt. Typischerweise liegt eine Eingliederung vor, wenn der Arbeitnehmer zur Durchführung der ihm obliegenden Aufgaben mit den im Betrieb tätigen Arbeitnehmern regelmäßig zusammenarbeiten muss. Maßgebend ist stets, ob der Arbeitnehmer tatsächlich in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert wird. Eine tatsächliche auch partielle Anwesenheit im Betrieb stellt ein gewichtiges Indiz für eine Eingliederung in die betrieblichen Arbeitsabläufe dar. Die Situation muss so sein, dass der Arbeitnehmer seinen Aufgaben nur in regelmäßiger Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern des fraglichen Betriebs nachkommen kann und daher in die dortigen Arbeitsabläufe eingebunden ist. Es muss eine tatsächliche Einbindung in die Erfüllung der von den Arbeitnehmern des Betriebs zu erledigenden operativen Aufgaben oder in die dortigen - zur Erreichung des arbeitstechnischen Zwecks erforderlichen - Arbeitsprozesse vorliegen (zum Ganzen BAG, Beschluss vom 14.06.2022 - 1 ABR 13/21 - Rn. 23, 24, 25 und 30 ff. m.w.N.; LAG Baden-Württemberg vom 14. März 2023 -15 TaBV 1/22 - Rn 78; Landesarbeitsgericht Bremen, Beschluss vom 2. Mai 2024 – 2 TaBV 2/23 – Rn 43).
Dies erfordert eine Gesamtwürdigung alle Umstände.
b.
Nach den zuletzt vorgetragenen Darlegungen der Betriebsparteien und insbesondere nach den Erörterungen im Kammertermin vom 16.12.2024 ergibt sich nach der Gesamtwürdigung der Umstände, dass Frau Dr. A in den Betrieb der Arbeitgeberin in Hennigsdorf eingegliedert ist.
Sie war unstreitig fachliche Vorgesetzte und übte, wie die übrigen Fachvorgesetzten, die im Betrieb ansässig waren, fachliches Weisungsrecht aus. Dies war zwischen den Betriebsparteien zuletzt nicht mehr streitig. Auch ist Frau Dr. A zumindest teilweise disziplinarische Vorgesetzte der 5 Arbeitnehmer. Zwar ist sie nicht letztentscheidungsbefugt, was Kündigung und Abmahnung betrifft, sie wird jedoch dazu gehört und in die Entscheidung mit eingebunden. Unstreitig ist zuletzt, dass Frau Dr. A wie alle anderen Fachvorgesetzten den Urlaub der Mitarbeiter abstimme und ihn im System freigebe. Damit ist er, bis auf eine eventuell formelle Zustimmung der Arbeitgeberin genehmigt. Die Arbeitgeberin hat auch nicht vorgetragen, dass eine Prüfung der Urlaubsgewährung durch die Personalabteilung erfolgt bzw. der von der Fachvorgesetzten im System freigegebene Urlaub nicht angetreten werden kann. Hinsichtlich der Arbeitszeit hat Frau Dr. A wie die anderen Vorgesetzen wenig Spielraum, da die Arbeitszeit der Mitarbeiter in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist. Dass der Personalleiter bei Sonn- und Feiertagsarbeit sowie bei Samstagsarbeit eingebunden ist und diese nicht von der direkten Vorgesetzten angeordnet werden kann liegt an den betriebsverfassungsrechtlichen und behördlichen Vorgaben und ergibt sich von selbst.
Auch die Auswahl der Schulungen für die Mitarbeiter erfolgt von Frau Dr. A. Zwar ist auch hier eine formale Zustimmung der Personalverwaltung notwendig, diese erfolgt jedoch nach Aussage der Arbeitgeberin in den allermeisten Fällen. Die Arbeitgeberin hat keinen Fall vorgetragen, in dem eine von Frau Dr. A genehmigte Schulung für ihre Mitarbeiter nicht genehmigt wurde. Die Tatsache, dass der Personalleiter Herr F an keinem Gespräch zu den Zielvereinbarungen teilgenommen hat zeigt, dass auch hier Frau Dr. A einen wesentlichen Gestaltungsspielraum hat.
Ob es sich bei der Nennung von Frau Dr. A als fachliche und disziplinarische Vorgesetzte in den Arbeitserträgen von mindestens drei Teammitgliedern um einen redaktionellen Fehler handelt, wie die Arbeitgeberin vorgetragen hat, mag dahingestellt bleiben. Ausschlaggebend ist die tatsächliche und im Betrieb übliche Handhabung.
Wesentlich ist jedoch, dass die fachliche und disziplinarische Führungstätigkeit von Frau Dr. A keine anderen Aspekte beinhaltet als die der vor Ort ansässigen Führungskräfte. Diese sind unstreitig eingegliedert in den Betrieb der Arbeitgeberin. Da es nach der Rechtsprechung des BAG für die Frage der Eingliederung in den Betrieb nicht darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer vor Ort arbeitet, kann es kein Unterschied zwischen den Führungskräften, die auswärts arbeiten und den Führungskräften, die vor Ort sind, geben.
c.
Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin kommt es für eine Eingliederung nicht darauf an, dass die betreffende Mitarbeiterin (Matrixmanagerin) der Personalhoheit des Betriebsinhabers unterliegt. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 13.12.2005 – 1 ABR 51/04 – wie die Arbeitgeberin zutreffend vorgetragen hat – entschieden, dass eine Einstellung eines Mitarbeiters / einer Mitarbeiterin, der in einem Arbeitsverhältnis mit einem Dritten steht, im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur dann vorliegt, wenn der Mitarbeiter derart in die Arbeitsorganisation des Betriebes eingegliedert wird, dass der Betriebsinhaber die für eine weisungsgebundene Tätigkeit typische Entscheidung über Zeit und Ort der Tätigkeit trifft und damit das Weisungsrecht hat ( BAG vom 13.12.2005 – 1 ABR 51/04 – Rn. 13/14).
Diese fast 20 Jahre alte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist in der heutigen Zeit mit den sich ständig verändernden und modernisierten Verzahnungen in Unternehmensstrukturen entsprechend weiter auszulegen. Moderne Unternehmensstrukturen in großen Unternehmen zeichnen sich vielfach auch dadurch aus, dass Projekte und Arbeitsaufgaben nicht nur ortsgebunden, sondern Teamgebunden ausgeführt werden. Der Geschäftsbetrieb ist nicht mehr an der gesellschaftsrechtlichen Struktur, d.h. an der juristischen Person ausgerichtet. Das operative Geschäft ist vielmehr unternehmensübergreifend in Geschäftsbereichen zusammengefasst, die sich auf einzelne Produkte, Märkte oder Kundengruppen beziehen. Durch die Nutzung moderner Kommunikationsmittel und die mittlerweile vielfach genutzte Möglichkeit des Home – Office ist es unerheblich, ob Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen vom Betrieb oder Unternehmen oder Konzern vorgegebenen gemeinsamen Zweck verfolgen Tür an Tür sitzen oder an verschiedene Orten. Unwesentlich ist daher auch, wo sich die Vorgesetzten aufhalten und welchen arbeitsvertraglichen Regelungen diese unterliegen und in welchen Unternehmen oder Betrieb das entsprechende Team eingesetzt oder tatsächlich vor Ort ist.
Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Matrixmanager ihrerseits dem (insbesondere disziplinarischen) Weisungsrecht der Arbeitgeberin unterliegen. Es ist zu berücksichtigen, dass die Matrixmanager gegenüber den ihnen fachlich unterstellten Mitarbeitern insbesondere durch die Zielvereinbarungsgespräche, aber auch die Urlaubsabstimmung ebenfalls neben dem örtlichen Personalleiter mit Vorgesetztenaufgaben ausgestattet sind. Die Matrixmanager sind dadurch in die Weisungskette der Arbeitgeberin eingebunden. Zusammen mit den umfassenden fachlichen Weisungsrechten begründen die beschränkten personellen Führungsaufgaben eine Einbindung in die betrieblichen Abläufe, die für die Verwirklichung des Betriebszwecks der Arbeitgeberin nicht von nur untergeordneter Bedeutung sein kann (so auch Landesarbeitsgericht Bremen, Beschluss vom 2. Mai 2024 – 2 TaBV 2/23 – Rn 47, juris). Die Arbeitgeberin bestimmt mit der Zuweisung der Arbeitsaufgabe an das Team, d.h. an die Vorgesetze und die ihr unterstehenden Mitarbeiter den betrieblichen Zweck, sodass das gesamte Team in die Betriebsstruktur eingegliedert ist.
Das Landesarbeitsgericht Bremen hat in seiner Entscheidung vom 2.5.2024, Az.: 2 TaBV 2/23, Rn 48 hierzu ausgeführt:
Unerheblich ist, dass die Matrixmanager nicht in Deutschland und zum Teil von der Betriebsstätte der Arbeitgeberin räumlich sehr weit entfernt tätig sind. Betriebszugehörig können auch Arbeitnehmer sein, die ihre Tätigkeit außerhalb der Betriebsräume verrichten. Es ist insoweit ausreichend, wenn sie über Informations- und Kommunikationstechnologie in den Arbeitsablauf eingebunden sind. Das Betriebsverfassungsgesetz erfasst auch im Ausland tätige Arbeitnehmer, wenn ihre Tätigkeit die Arbeitsabläufe des Inlandsbetriebs mitgestaltet und der im Ausland tätige Arbeitnehmer an der Verfolgung des gemeinsamen arbeitstechnischen Zweckes mitwirkt (siehe Landesarbeitsgericht Bremen, Beschluss vom 2. Mai 2024 – 2 TaBV 2/23 – Rn 48, juris).
LAG Köln, Beschluss vom 17.07.2020 - 9 TaBV 73/19 -, juris Rn. 45 ff.).
Dem schließt sich die erkennende Kammer an. Auf die von der Arbeitgeberin getroffenen Unterscheidung zwischen unternehmensinterner und unternehmensexterner Matrix kommt es daher nicht an. Die Verzahnung der Unternehmen im Konzern und das Abstellen auf Arbeitsaufgaben im Konzern und Zuweisung der einzelnen Arbeitsaufgaben an eine Gruppe von Arbeitnehmern unterscheidet sich nicht bei einer unternehmensinternen oder unternehmensexternen Matrix.
Damit kann dahingestellt bleiben, ob Frau Dr. A Herrn J in England disziplinarisch unterstellt ist oder einem Vorgesetzten der österreichischen Konzerntochter.
III.
Das Verfahren ist nach § 2 Abs. 2 GKG gerichtskostenfrei.
Die Rechtsbeschwerde wurde gemäß §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.