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Erforderlichkeit und Angemessenheit der Betriebsratsschulung und der Kosten der Rechtsverfolgung


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 10. Berufungskammer Entscheidungsdatum 18.11.2024
Aktenzeichen 10 TaBV 226/24 ECLI ECLI:DE:LAGBEBB:2024:1118.10TABV226.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 40 BetrVG

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 25.01.2024 teilweise abgeändert:

1. Die Beteiligte zu 2 (Arbeitgeberin) wird verpflichtet, an den Beteiligten zu 1 1.184,05 EUR brutto zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2023 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Kosten einer Betriebsratsschulung sowie über Kosten eines gerichtlichen Verfahrens.

Die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) betreibt einen Paketlieferdienst. Ab März 2021 bestand im Betrieb der Arbeitgeberin ein Betriebsrat mit drei Mitgliedern (im Folgenden: Betriebsrat). Der Antragssteller und Beteiligte zu 1) war als Rechtsanwalt mit der Rechtsberatung des Betriebsrats befasst.

Im Oktober 2021 beschäftigte die Arbeitgeberin 18 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der Betriebsrat bestand zu diesem Zeitpunkt aus den drei ordentlichen Mitgliedern, Herrn A (BR Vorsitzender), Herrn B und Frau C. Ersatzmitglieder waren Herr D, Herr E und Herr F. Ab Januar 2022 war Herr D BR Vorsitzender, Herr A und Frau C Betriebsratsmitglieder und Herr E Ersatzmitglied. Ab März 2022 war Frau C BR Vorsitzende und Herr D und Herr E Betriebsratsmitglieder.

Am 27.10.2021 unterbreitete der Antragssteller dem Betriebsrat ein Angebot über die Durchführung eines sogenannten „Inhouse“-Seminars, das nur für den Betriebsrat nebst Ersatzmitgliedern der Arbeitgeberin an vier Tagen vom 31. Januar – 4. Februar 2022 stattfinden sollte. Das Angebot war zum Thema „Betriebsverfassungsrecht I“ zum Preis von 1.200 EUR pro Seminartag, unabhängig von der Anzahl der Teilnehmenden (Blatt 24 ff. der Akte). Teilnehmen sollten die 3 Betriebsratsmitglieder sowie 3 Ersatzmitglieder. Da das damalige Ersatzmitglied D der deutschen Sprache nicht mächtig war, das Betriebsratsmitglied Frau C hingegen kein Englisch sprach, sollte die Schulung bilingual in Deutsch und Englisch stattfinden. Die Zweisprachigkeit verursachte beim Antragssteller besonderen Vorbereitungsaufwand. Auf das Angebot des Beteiligten zu 1) vom 27.10.2021, Bl. 24 – 26 d.A. nebst Kostenvoranschlag wird verwiesen.

Auf seiner Sitzung am 29.10.2021 beschloss der Betriebsrat, dass alle drei Betriebsratsmitglieder und alle drei Ersatzmitglieder vom 31.01. bis 04.02.2022 an dem angebotenen „Inhouse“-Seminar „Betriebsverfassungsrecht I“ der Kanzlei des Antragstellers zu oben genannten Bedingungen teilnehmen sollen (Blatt 52 der Akte).

Ausweislich des Protokolls der Sitzung begann diese um 11.30 Uhr. Unter Top 3 beschloss der Betriebsrat, dass alle Betriebsratsmitglieder und Ersatzmitglieder die Möglichkeit erhalten, an einer Schulung „Seminar zum Betriebsverfassungsrecht I“ teilnehmen, die von der Kanzlei H Rechtsanwälte Berlin als Inhouse-Schulung vom 31.1.2021 (gemeint war 2022) bis 4.2.2021 (gemeint war 2022) durchgeführt wird. Der Betriebsrat nahm das Angebot der Kanzlei an. Die Geschäftsführung sollte aufgefordert werden, bis zum 8.11.2021 eine entsprechende Kostenübernahmeerklärung abzugeben und dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellen.

Der Beschluss wurde von den 3 anwesenden Betriebsratsmitgliedern A, B und C einstimmig gefasst.

Auf Blatt 52 der Akte wird verwiesen.

Der Betriebsrat informierte den Geschäftsführer der Arbeitgeberin mit E-Mail vom 01.11.2021 über den gefassten Beschluss (Bl. 27 d.A.)

Aufgrund eines freigewordenen Zeitfensters bot der Antragsteller dem Betriebsrat an, die Schulung auf den Zeitraum vom 06.12. bis 10.12.2021 vorzuziehen. Mit Beschluss vom 12.11.2021 nahm der Betriebsrat unter Beschluss 4 zu Top 3 dieses Angebot an (Blatt 29 - 31 der Akte). Bei der Abstimmung anwesend waren laut Protokoll A, B und C. Der Beschluss wurde mit zwei Ja–Stimmen und einer Nein-Stimme angenommen. Frau C hatte bereits dem Betriebsrat zu diesem Zeitpunkt mitgeteilt, dass sie an der Schulung zu dem vorverlegten Termin nicht teilnehmen werde und stimmte gegen die Verlegung des Termins auf den Dezember 2021. Ebenfalls war bereits zu diesem Zeitpunkt zumindest dem Betriebsratsmitglied Herr B bekannt, dass er zum Jahresende ausscheiden werde, weil er gekündigt hatte. Im weiteren Verlauf der Betriebsratssitzung wurde unter Beschluss 6 zu Top 3 beschlossen, sämtliche Betriebsräte und Ersatzmitglieder zur Teilnahme an dem Seminar einzuladen. Bei dem Beschluss wurden im Protokoll als anwesend angegeben Herr A, Herr B und Herr D, der Beschluss war einstimmig.

Die Betriebsratssitzung begann ausweislich des Protokolls um 11.26 Uhr bei Anwesenheit von A, B und C (Bl. 31).

Eine weitere Betriebsratssitzung fand am 15.11.2021 statt, an der Herr A, Frau C und Herr D teilgenommen hatten. Unter Beschluss 4 zu Top 4 beschloss der Betriebsrat, die 4 Schulungstage des georderten Seminars auf den Zeitraum vom 6.12. – 10.12.2021 festzulegen. Eine Mitteilung sollte an die Geschäftsleitung, die Kanzlei und die Betriebsratsmitglieder und Ersatzmitglieder gehen. Bei der Beschlussfassung waren zugegen Herr A, Frau C und Herr D, der Beschluss wurde mit zwei Ja–Stimmen und einer Nein-Stimme angenommen (Bl. 33).

Das Betriebsratsmitglied Herr A unterrichtete die Arbeitgeberin mit Mail von 17.11.2021 über die beiden Beschlüsse und mit Mail vom 15.11.2021 die Kanzlei des Antragstellers.

Mit Mail vom 24.11.2021 forderte die Arbeitgeberin den Betriebsrat auf, die Schulung anders zu planen und verwies darauf, dass die zeitliche Lage der Schulung die betrieblichen Notwendigkeiten in keiner Weise berücksichtigen würden. Sowohl die zeitliche Lage mitten in der Peakphase – mit einer Ankündigungsfrist von 2 Wochen als auch die Absicht, bis zu 6 Beschäftigte – davon 4 Vollzeitbeschäftigte – aus dem operativen Geschäft herauszunehmen, würden das Geschäft und den Kunden H___ massiv schädigen. Weiterhin wies der Geschäftsführer darauf hin, dass die Schulung der Ersatzmitglieder zum aktuellen Zeitpunkt kaum erforderlich sei und die Kosten des Seminars unverhältnismäßig seien (Bl. 42).

Mit E-Mail vom 29.11.2021 lehnte die Arbeitgeberin eine Kostenübernahme nochmals ab und wies darauf hin, dass die betriebliche Auslastung in der Vorweihnachtszeit auf dem Höhepunkt ist und die betrieblichen Notwendigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt worden seien (Blatt 41 der Akte). Die Kosten seien für den Betrieb und die Anzahl der Teilnehmer außerdem unverhältnismäßig hoch. Darüber hinaus teilte der Geschäftsführer mit:

„Ich bin der klaren Auffassung, dass eine Notwendigkeit für die Schulung nicht besteht für

a. B als in Kürze ausscheidendes Betriebsratsmitglied sowie

b. für die Ersatzmitglieder F und E. D als erstes Ersatzmitglied würde für B in Kürze nachrücken.

Zu schulen wären demnach A, C und D.“

Auf Blatt 41 d.A. wird verwiesen.

Der Antragssteller veranstaltete im Zeitraum vom 06.12. – 10.12.2021 die geplante Schulung für den Betriebsrat, an der letztlich nur ein Betriebsratsmitglied und ein Ersatzmitglied teilnahmen. Das Betriebsratsmitglied C nahm nicht teil.

Am 14.01.2022 stellte der Antragssteller dem Betriebsrat für die Schulung einen Betrag in Höhe von 5.712,00 EUR in Rechnung, bestehend aus 4.800,00 EUR Honorar und 912,00 EUR Umsatzsteuer (Blatt 10 der Akte).

Die Arbeitgeberin lehnte die Zahlung der Rechnung am 17.01.2022 ab. Am 24.01.2022 beschloss der Betriebsrat, den Antragssteller damit zu beauftragen, ein Beschlussverfahren gerichtet auf die Freistellung von den Schulungskosten einzuleiten. Dazu wurde unter Top 2 der Betriebsratsversammlung vom Betriebsrat beschlossen, die Kanzlei des Antragstellers zu beauftragen, die Freistellung des Betriebsrats von den Schulungskosten gerichtlich durchzusetzen. Anwesend waren bei dem Beschluss 3 Betriebsratsmitglieder, es wurde mit 2 Ja-Stimmen und einer Enthaltung abgestimmt (auf Blatt 71 der Akte wird verwiesen). Ausweislich der Teilnehmerliste (Bl. 144) waren bei der Sitzung Herr D, Herr A und Frau C anwesend. Die 4. Person auf der Anwesenheitsliste vom 24.1.2022, die ab 12.07 Uhr teilgenommen hatte, war der Dolmetscher Herr G. Das Beschlussverfahren wurde beim Arbeitsgericht Berlin unter dem Geschäftszeichen 23 BV 1946/22 geführt. Mit Schreiben vom 15.03.2022 nahm das Betriebsratsmitglied Frau C den Antrag vor dem Arbeitsgericht für den Betriebsrat zurück und teilte mit, dass der Betriebsrat dem Antragssteller das Mandat entzogen habe. Am 17.03.2022 fand ein Gütetermin am Arbeitsgericht Berlin statt. Mit Beschluss vom 12.04.2022 stellte die Vorsitzende der 23. Kammer des Arbeitsgerichts Berlin das Verfahren ein.

Mit Beschluss vom 01.04.2022 trat der Betriebsrat seinen Freistellungsanspruch über die Schulungskosten an den Antragssteller ab (Blatt 13 der Akte).

Mit E-Mail vom 25.05.2022 übersandte der Antragssteller dem Betriebsrat die Rechnung für seine Tätigkeit im Beschlussverfahren. Nachdem der Antragssteller am 09.06.2022 erfuhr, dass der Betriebsrat nicht mehr existiert, übersandte er die Rechnung am 13.06.2022 der Arbeitgeberin per E-Mail (Blatt 72 der Akte).

Mit am 10.05.2023 bei Gericht eingegangenem Antrag verfolgte der Antragsteller zunächst die Zahlung der Schulungskosten sowie erweiternd Rechtsanwaltsvergütung für die Einleitung des Beschlussverfahrens mit dem Geschäftszeichen 23 BV 1946/22.

Der Antragssteller ist der Auffassung, die Arbeitgeberin habe die Kosten für die Schulung zu tragen, da diese erforderlich gewesen sei. Das Grundlagenseminar „Betriebsverfassungsrecht I“ sei in jedem Fall erforderlich. Die Kosten seien für ein Inhouse-Seminar marktüblich, zumal es keine vergleichbaren Angebote bilingualer Seminare gebe. Ein vergleichbares Seminar bei dem Großanbieter „IfB“ für 3,5 Tage und drei Teilnehmer würde 5.140,80 EUR kosten.

Die zeitliche Lage des Seminars sei nicht zu beanstanden, da die Arbeitgeberin nicht alle Arbeitskräfte benötigt habe und grundlegende Rechte des Betriebsrats kontinuierlich verletzt habe.

Der Antragssteller meint ferner, die Arbeitgeberin schulde die anwaltliche Vergütung für die Vertretung des Betriebsrats nach § 40 BetrVG im Beschlussverfahren. Dies habe nur deshalb eingeleitet werden müssen, weil die Arbeitgeberin die Seminarkosten nicht bezahlt habe.

Der Antragsteller hat beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn 5.712 EUR brutto zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.02.2022 zu zahlen;

die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn weitere 1.184,05 EUR brutto zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2023 zu zahlen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin meint, die dem Seminar zugrundliegenden Beschlüsse seien rechtswidrig, da das Ersatzmitglied D an den Beschlüssen mitgewirkt habe, ohne dass ein Vertretungsfall vorgelegen habe. Sie meint außerdem, die Kosten seien unverhältnismäßig.

Sie behauptet, spätestens im Zeitpunkt des Beschlusses vom 12.11.2021 sei bekannt gewesen, dass nur ein Betriebsratsmitglied und ein Ersatzmitglied an dem Seminar teilnehmen werden. Bei der geringen Anzahl an Teilnehmern sei eine Kostenkalkulation unabhängig von der Teilnehmerzahl unverhältnismäßig. Die Schulung von Ersatzmitgliedern sei ohnehin nicht erforderlich. Da bei der Vorverlegung des Seminars auf den Dezember 2021 von Anfang an klar gewesen sei, dass Frau C nicht teilnehmen werde, sei bei der Schulung im Dezember 2021 auch die Zweisprachigkeit nicht erforderlich gewesen. Die zeitliche Lage habe außerdem betriebliche Belange in keiner Weise berücksichtigt, da eine Abwesenheit von sechs Personen unter Berücksichtigung der Vollzeitäquivalente 40 % der Gesamtbelegschaft ausmache und dies im Vorweihnachtsgeschäft bei einer Höchstzahl an Aufträgen von 120 % unzumutbar sei. Die Arbeitgeberin meint, für die Schulung von zwei Mitgliedern sei ein Betrag in Höhe von 1.900 EUR angemessen.

Weiterhin meint sie, ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten bestehe nicht, da der Betriebsratsbeschluss zur Einleitung des Beschlussverfahrens mangels Liste der anwesenden Betriebsratsmitglieder bereits nicht ordnungsgemäß war. Die Kosten seien außerdem bereits aufgrund der späteren Rücknahme des Antrags nicht erforderlich gewesen. Zudem habe sie keine auf ihren Namen ausgestellte Rechnung erhalten.

Für das weitere Vorbringen der Beteiligten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle der 1. Instanz verwiesen.

Mit Beschluss vom 25.1.2024 hat das Arbeitsgericht die Arbeitgeberin verpflichtet, an den Antragsteller 990,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Februar 2022 zu zahlen und im Übrigen die Anträge zurückgewiesen.

Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Der Arbeitgeber sei nach § 40 Absatz 1, § 37 Absatz 6 Satz 1 BetrVG verpflichtet, den Betriebsrat von den Kosten freizustellen, die anlässlich der Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an einer Schulungsveranstaltung entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich und die mit der Teilnahme verbundene Kostenbelastung angemessen sei. Es bestehe hier kein Anspruch auf Freistellung der Kosten für das streitgegenständliche Seminar in der geltend gemachten Höhe, sondern nur in Höhe von 990,00 EUR. Dies seien die Kosten für ein vergleichbares Seminar für ein Betriebsratsmitglied. Die Schulung von Ersatzmitgliedern sei nur unter besonderen Umständen erforderlich, dies habe der Antragsteller nicht dargetan.

Die Zweisprachigkeit und der dafür aufgebrachte Mehraufwand seien ebenfalls nicht erforderlich. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Zweisprachigkeit nur aufgrund des der deutschen Sprache nicht mächtigen Ersatzmitglieds eingeplant wurde und die Schulung dieses Ersatzmitglieds bereits nicht erforderlich war. Der Mehraufwand für die Zweisprachigkeit sei unstreitig angefallen. Die Höhe sei jedoch unklar, da die Rechnung hierüber keinen Aufschluss gebe. Schließlich sei auch ein eigens für einen dreiköpfigen Betriebsrat abgehaltenes Seminar nicht erforderlich.

Da es sich um ein Grundlagenseminar zur Vermittlung von Grundkenntnissen im Betriebsverfassungsrecht für einen neu gebildeten Betriebsrat handelte, sei die Vermittlung der Inhalte aber in jedem Fall erforderlich gewesen.

Bei Überschreitung des Kostenaufwands einer Schulung sei die Arbeitgeberin nur im Rahmen der Erforderlichkeit zur Erstattung der entstandenen Kosten verpflichtet.

Da die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds bei einem etablierten Anbieter 990,00 EUR gekostet hätte, sei dieser Betrag erforderlich.

Hinsichtlich der Kostentragungspflicht für das Beschlussverfahren unter dem Geschäftszeichen 23 BV 1946/22 führt das Arbeitsgericht aus, diese bestehe nicht, wenn die Rechtsverfolgung oder Verteidigung von vornherein offensichtlich aussichtslos oder mutwillig ist (BAG 22.11.2017 – 7 ABR 34/16, NZA 2018, 461). Davon sei auszugehen. Bereits die Schulung von Ersatzmitgliedern sei offensichtlich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht ohne weiteres erforderlich. Die Geltendmachung der Schulungskosten sei auch im Hinblick auf die durch die Zweisprachigkeit aufgrund des Ersatzmitglieds angefallenen Mehrkosten erkennbar aussichtslos. Auch hierbei handele es sich zunächst um einen Freistellungsanspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber. Der Betriebsrat habe den Freistellungsanspruch nicht an den Antragsteller abgetreten.

Hinsichtlich der ausführlichen und sorgsamen Begründung des Arbeitsgerichts wird auf Blatt 116 -128 der Akte verwiesen.

Gegen den am 28.2.2024 dem Antragsteller zugestellten Beschluss hat dieser mit Schreiben vom 13.3.2024 Beschwerde eingelegt und am gleichen Tag begründet.

Nachdem dieser zunächst gegen den gesamten, auch stattgebenden Teil des Beschlusses Beschwerde eingelegt hatte hat er diese nach Hinweis des Gerichts hinsichtlich des stattgebenden Teils zurückgenommen.

Der Antragsteller führt aus, dass es zum Zeitpunkt der Schulung zutreffe, dass nur das Ersatzmitglied D der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen sei. Das Arbeitsgericht lasse aber außer Acht, dass zum Zeitpunkt der Schulung das Ausscheiden des ordentlichen Mitglieds B aus dem Arbeitsverhältnis und damit aus dem Betriebsrat unmittelbar bevorgestanden habe. Es sei somit abzusehen gewesen, dass der erste Nachrücker D einige Tage nach dem Seminar nachrücken und volles Betriebsratsmitglied sein würde. Selbst die Arbeitgeberin habe deshalb auf Teilnahme des Ersatzmitglieds anstelle des regulären aber ausscheidenden Mitglieds B bestanden.

Das hier gegenständliche Angebot vom 15.11.2021 habe ein Seminar für alle drei Betriebsratsmitglieder sowie deren zwei Ersatzmitglieder betroffen. Ein Tagessatz von 1.200 Euro liege unter dem Marktwert. Der Betriebsrat habe das Angebot angenommen und beschlossen, dass alle Betriebsrats- und Ersatzmitglieder zum Seminar entsendet werden. Sowohl der Betriebsrat, als auch die das Seminar anbietende Kanzlei gingen davon aus, eine Inhouse-Schulung mit 5 Teilnehmenden durchzuführen. Zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung und Beauftragung durch den Betriebsrat sei das Seminar auch nach den vom Arbeitsgericht zunächst aufgestellten Grundsätzen erforderlich gewesen.

Auch die Teilnahme von Ersatzmitgliedern an einer Schulung, die ohnehin stattfinde, diene der Kostenschonung: Würden sie später nachrücken und erst dann an Schulungen teilnehmen, würden unnötige Zusatzkosten entstehen. Diese sollten auch im vorliegenden Fall durch die Mitentsendung der Ersatzmitglieder vermieden werden. Daher war die vom Betriebsrat beschlossene Teilnahme der Ersatzmitglieder auch erforderlich, zumal es um die ersten zwei Nachrücker ging.

Die Argumentation des Gerichts zur fehlenden Erforderlichkeit, den ersten Nachrücker D zu schulen, könne schon deswegen nicht überzeugen, weil die Arbeitgeberin selbst auf dessen Teilnahme bestanden hat – die entsprechende E-Mail vom 29.11.2021 ist unstreitig.

Wirtschaftlich seien die Kosten unabhängig von der Anzahl der Teilnehmenden angefallen. Frau C habe gefehlt, ohne dies dem Betriebsrat oder der das Seminar durchführenden Kanzlei mitgeteilt zu haben. Das Seminar sei vorbereitet gewesen, der Raum reserviert, anderweitige Termine des durchführenden Rechtsanwalts verlegt, belegte Brötchen und Gesetzestexte für 5 Personen bestellt usw. Dass nur zwei Personen teilnehmen würden, sei weder zum Zeitpunkt des Betriebsratsbeschlusses noch zu Beginn des Seminars absehbar gewesen. Das Arbeitsgericht könne nun nicht ex post aufgrund dessen, dass sich Betriebsratsmitglieder auf Druck des Arbeitgebers vom Seminar fernhielten, die Erforderlichkeit der angefallenen Seminarkosten herunterregeln.

Rechtlich lasse das Arbeitsgericht völlig außer Acht, dass es Sache des Betriebsrats sei, als Gremium zu beschließen, wer an welchem Seminar teilnimmt. Zwar habe der Geschäftsführer mit E-Mail vom 29.11.21 dem Betriebsrat mitgeteilt, Frau C wolle lieber eine andere Schulung wahrnehmen. Der Betriebsrat hatte aber beschlossen, dass alle Betriebsrats- und Ersatzmitglieder an dem streitgegenständlichen Inhouse-Seminar teilnehmen. Einzelne Betriebsratsmitglieder könnten nicht eigenmächtig andere Seminare buchen, wenn der Betriebsrat dies nicht beschlossen habe (und damit beim Arbeitgeber zusätzliche Kosten verursachen). Möglicherweise habe das Betriebsratsmitglied C hier im Einvernehmen mit dem Geschäftsführer ein anderweitiges Seminar wahrgenommen. Das ändere aber nichts daran, dass auch für sie das Inhouse-Seminar vom Gremium beschlossen und gebucht war und die Arbeitgeberin hierfür die Kosten zu tragen habe.

Der Antragsteller behauptet, die Erforderlichkeit sei auch dadurch gegeben, dass kommerzielle Anbieter keine bilingualen Schulungen anbieten, das nachrückende Mitglied D aber nur englisch sprach. Auch seien die Kosten der Inhouse-Schulung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht absehbar höher als bei einem kommerziellen Anbieter.

Der Antragsteller beantragt,

1. Der Beschluss des Arbeitsgericht Berlin - 42 BV 5200/23 – wird teilweise abgeändert, soweit die Anträge abgewiesen wurden.

2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller weitere 4.722,00 Euro zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Februar 2022 zu zahlen.

3. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller weitere 1.184,05 Euro brutto zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Juni 2023 zu zahlen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass die Schulung des Ersatzmitglieds Herr D zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht notwendig gewesen sei. Es hätte den Ersatzmitgliedern freigestanden, die für ihre Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse von den geschulten Betriebsratsmitgliedern zu erwerben. Zwar sei der Geschäftsführer mit einer Schulung grundsätzlich einverstanden gewesen, er habe sich jedoch unmissverständlich gegen eine Schulung vom 6.12. - 10.12.2021 ausgesprochen, da es sich bei diesem Zeitraum um die umsatzstärkste Zeit des Jahres handelte und der Betrieb auf jeden Mitarbeiter angewiesen war. Auch sei den Betriebsratsmitgliedern nicht gedroht worden, der Geschäftsführer habe lediglich, zuletzt in der Mail vom 29.11.2021 darauf hingewiesen, dass sowohl der Zeitpunkt der Schulung als auch die Kosten unzumutbar seien.

Die Arbeitgeberin ist auch der Ansicht, ein Inhouse Seminar sei für einen dreiköpfigen Betriebsrat insbesondere in Anbetracht der Kosten nicht erforderlich. Vergleichbare Schulungen seien für 700,- € pro Teilnehmer erhältlich. Die Schwelle der Angemessenheit sei nach der Rechtsprechung des BAG überschritten, wenn die Kosten 50% höher liegen als eine vergleichbare Schulung.

Dem Antragsteller sei die Ablehnung des Geschäftsführers bekannt gewesen, er hätte ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt, das Schulungsangebot entsprechend anzupassen.

Die Arbeitgeberin bestreitet, dass eine englischsprachige / zweisprachige Schulung für Herrn D erforderlich gewesen sei. Herr D spreche ausreichend deutsch, dies werde insbesondere auch deshalb deutlich, da die Korrespondenz zwischen dem Antragsteller und Herr D auf Deutsch geführt wurde.

Weiterhin ist die Arbeitgeberin der Auffassung, die Beschlüsse des Betriebsrats zu dem Seminar seien unwirksam. Am 12.11.2021 seien ausweislich der Anwesenheitsliste alle Betriebsratsmitglieder anwesend gewesen. Weshalb das Ersatzmitglied D abgestimmt habe, sei nicht ersichtlich. Das Protokoll sei eindeutig. Auch an der Beschlussfassung in der Betriebsratssitzung vom 15.11.2024 habe aus ungeklärten Gründen das Ersatzmitglied C teilgenommen. Der Beschluss vom 12.11.2024 sei auch erheblich, da in dem Beschluss der Betriebsratssitzung vom 29.10.2021 nur über die Teilnahme an einem Seminar vom 31.1.2022 - 4.2.2022 entschieden wurde, nicht über das tatsächlich stattgefundene Seminar im Dezember 2021.

Hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten weist die Arbeitgeberin darauf hin, dass ein gegebenenfalls bestehender Freistellungsanspruch des Betriebsrats nicht an den Antragsteller abgetreten wurde. Daher könne dieser auch keinen Zahlungsanspruch an die Arbeitgeberin geltend machen. Ein Anspruch des Betriebsrats gegen die Arbeitgeberin bestehe nicht mehr, weil der Betriebsrat nicht mehr existiere. Darüber hinaus seien die Rechtsverfolgungskosten hinsichtlich der Schulungskosten aussichtslos und mutwillig. Der Antragsteller habe erkennen können, dass die Durchführung der Fortbildung unter den von ihm vorgeschlagenen Bedingungen unverhältnismäßig gewesen sei.

Die Arbeitgeberin moniert darüber hinaus, dass ein wirksamer Beschluss zur Einleitung des Verfahrens 23 BV 1946/22 bisher nicht vollständig vorläge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien in der Beschwerde wird auf die Beschwerdebegründung des Antragstellers vom 13.3.2024, Bl. 136 ff d.A. und auf die Beschwerdeerwiderung der Arbeitgeberin vom 22.4.2024, Bl. 162 ff d.A. sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten vom 23.5.204, Blatt 171 d.A., vom 8.7.2024, Blatt 187 ff d.A. und vom 22.7.2024, Blatt 195 ff d.A. und die Protokolle der Sitzungen vom 6.6.2024 und 18.11.2024 verwiesen.

II.

Die statthafte Beschwerde ist nur zum Teil begründet. Das erstinstanzliche Urteil war teilweise abzuändern und im Übrigen die Beschwerde zurückzuweisen.

1.

Die Beschwerde ist statthaft, § 87 Abs. 1 ArbGG und zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet wurde, § 87 Abs. 2 S. 1, § 66 Abs. 1 S. 1, § 89 Abs. 1 und 2 ArbGG, § 594 ZPO.

2.

Die Beschwerde ist teilweise begründet.

a.

Hinsichtlich der Zahlung der Schulungskosten ist die Beschwerde des Antragstellers nicht begründet.

Die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, die Kosten für die Inhouse-Schulung vom Dezember 2021 zu tragen. Eine Erforderlichkeit der durchgeführten Schulung für ein Betriebsratsmitglied und ein Ersatzmitglied im Dezember 2021 ergibt sich angesichts der Kosten in Höhe von 5.712,- € und der betrieblichen Belange nicht.

aa.

Gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Hierzu gehören auch die für die Ausübung des Betriebsratsamts erforderlichen Schulungskosten. Durch diese Kostentragungspflicht entsteht zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat ein vermögensrechtliches gesetzliches Schuldverhältnis.

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die Kosten zu tragen, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Zu den vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten gehören neben den eigentlichen Seminargebühren die notwendigen Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten des Betriebsratsmitglieds (Bundesarbeitsgericht 14. Januar 2015 - 7 ABR 95/12 - Rn. 9).

Nach § 37 Abs. 6 S. 1 BetrVG ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb und Betriebsrat notwendig ist, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann.

Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat die betriebliche Situation und die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Er hat darauf zu achten, dass der Schulungszweck in einem angemessenen Verhältnis zu den hierfür aufzuwendenden Mitteln steht. Die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung ist nicht erforderlich, wenn sich der Betriebsrat vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise verschaffen kann (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 73/10 - Rn. 27 mwN, BAGE 140, 277; 20. August 2014 - 7 ABR 64/12 - Rn. 16 mwN). Der Betriebsrat ist deshalb allerdings nicht gehalten, anhand einer umfassenden Marktanalyse den günstigsten Anbieter zu ermitteln und ohne Rücksicht auf andere Erwägungen auszuwählen (BAG 19. März 2008 - 7 ABR 2/07 - Rn. 15). Er muss nicht die kostengünstigste Schulungsveranstaltung auswählen, wenn er eine andere Schulung für qualitativ besser hält (BAG 19. März 2008 - 7 ABR 2/07 - Rn. 24). Der Beurteilungsspielraum des Betriebsrats bezieht sich auch auf den Inhalt der Schulungsveranstaltung. Nur wenn mehrere gleichzeitig angebotene Veranstaltungen auch nach Ansicht des Betriebsrats im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums als qualitativ gleichwertig anzusehen sind, kann eine Beschränkung der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers auf die Kosten der preiswerteren in Betracht kommen (Fitting 29. Aufl. § 40 Rn. 74 mwN). Bei der Prüfung der Angemessenheit der Kosten können auch die Dauer der Veranstaltung im Hinblick auf die behandelten Themen, die örtliche Lage der Schulungsveranstaltung und die Anzahl der zu entsendenden Betriebsratsmitglieder von Bedeutung sein (BAG 14. Januar 2015 -7 ABR 95/12- Rn. 13; Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 11. März 2019 - 16 TaBV 201/18 - Rn. 58- 60, juris).

bb.

Die Schulung des Betriebsrats war grundsätzlich notwendig, da die Betriebsratsmitglieder bisher noch nicht geschult waren und es sich um einen Betriebsrat handelte, der noch nicht so lange im Amt war.

cc.

Die Erforderlichkeit der Schulung in betriebsverfassungsrechtlichem Grundwissen ist bei Ersatzmitgliedern anders zu beurteilen als bei ordentlichen, ständig heranzuziehenden Betriebsratsmitgliedern. Sie lässt sich insbesondere nicht generell bejahen. Vielmehr darf der Betriebsrat die Schulung von Ersatzmitgliedern nur unter besonderen Umständen für erforderlich halten. So genügt allein die Erwartung von Vertretungsfällen aufgrund des Urlaubs oder der vorübergehenden Erkrankung ordentlicher Betriebsratsmitglieder zur Rechtfertigung der Schulung von Ersatzmitgliedern nicht. Vielmehr hat der Betriebsrat in diesen Fällen zu prüfen, ob er seine Arbeitsfähigkeit nicht durch andere ihm zumutbare und für den Arbeitgeber finanziell weniger belastende Maßnahmen gewährleisten kann (Bundesarbeitsgericht 19. September 2001 -7 ABR 32/00- Rn. 20-23; Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 17. Januar 2022 – 16 TaBV 99/21 –Rn 40, juris).

Vor allem spielen jedoch die zu erwartende Dauer und Häufigkeit der Heranziehung des Ersatzmitglieds eine wesentliche Rolle. Der Betriebsrat hat insoweit eine auf Tatsachen gegründete Prognose anzustellen (Bundesarbeitsgericht 19. September 2001 -7 ABR 32/00- Rn. 20-23; Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 17. Januar 2022 – 16 TaBV 99/21 –Rn 40, juris).

dd.

Grundsätzlich wären die drei Betriebsratsmitglieder A, B und C zu schulen. Dass die Schulung eines Ersatzmitglieds notwendig war, kann bei einem Betriebsrat in der Größe und einem doch recht kleinen Betrieb nicht angenommen werden. Hierzu ist auch nicht vorgetragen, dass eine häufige Vertretungssituation vorlag oder aus anderen Gründen eine Schulung eines Ersatzmitglieds nötig war.

Zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Teilnahme an den Schulungen war jedoch zumindest dem Betriebsratsmitglied B bekannt, dass er zum Zeitpunkt des zunächst anvisierten Termins im Februar 2022 nicht mehr im Betrieb sein werde und für ihn Herr D in den Betriebsrat nachrücken werde. Damit war die Schulung des Betriebsratsmitglied B weder im Februar 2022 noch zu dem tatsächlich durchgeführten Termin im Dezember 2021 notwendig. Notwendig war jedoch die Schulung des damaligen Ersatzmitglieds, späteren ordentlichen Mitglieds Herr D.

Die Notwendigkeit einer Schulung ergäbe sich somit für die beiden Betriebsratsmitglieder C und A und das Ersatzmitglied D, nicht jedoch wie zunächst beschlossen für drei Betriebsratsmitglieder und drei Ersatzmitglieder.

ee.

Ob die Kosten für eine Inhouse-Schulung in Höhe von 5.712,00 € für 3 Betriebsratsmitglieder noch angemessen waren oder zu hoch waren, mag dahingestellt bleiben. Zumindest bewegen sich die Kosten von nahezu 1.900,- € pro zu schulendes Betriebsratsmitglied im obersten Bereich, insbesondere da die Inhouse-Schulung in Berlin stattfand und keine Übernachtungskosten und Fahrtkosten angefallen sind. Auch die Frage, ob eine zweisprachige Schulung notwendig war, da Frau C kein Englisch und Herr D kein Deutsch sprach, mag dahingestellt bleiben.

ff.

Die Schulung der Betriebsratsmitglieder zu dem durchgeführten Termin im Dezember 2021 war jedoch nicht erforderlich. Durch das Vorverlegen hat der Betriebsrat sein Ermessen überschritten.

Zum einen gab es keine nachvollziehbare Begründung für das Vorverlegen von Seiten des Betriebsrats. Dieses war vielmehr wohl der Tatsache geschuldet, dass der Antragsteller als durchführender Veranstalter der Schulung im Dezember einen Termin frei hatte. Dies kann jedoch nicht als Grund dafür gelten, dass der Betriebsrat nunmehr gerade zu diesem Zeitpunkt eine Schulung durchführen muss. Auch der Einwand, es habe viele Streitigkeiten gegeben und eine Schulung sei dringend notwendig gewesen verfängt nicht, da die Schulung ja bereits Ende Januar / Anfang Februar 2022 anvisiert war. Eine Notwendigkeit, einige Wochen vorher zu schulen ist nicht ersichtlich.

Wesentlich gegen die Notwendigkeit einer Vorverlegung spricht, dass zu dem Zeitpunkt, an den dies entschieden wurde bereits klar war, dass Frau C an den Termin im Dezember 2021 nicht teilnehmen kann. Dies hatte sie in der Betriebsratssitzung vom 12.11.2021 bereits kundgetan und entsprechend gegen das Durchführen der Schulung im Dezember 2021 gestimmt. Damit musste einem sorgfältig prüfenden Betriebsrat erkennbar sein, dass die Inhouse-Schulung im Dezember 2021 nur noch mit einem Betriebsratsmitglied und einem Ersatzmitglied stattfinden werde. Auch musste dem Betriebsrat ersichtlich sein, dass damit die Notwendigkeit einer zweisprachigen Schulung entfallen ist. Angesichts der Kosten vom 5.712,00 €, somit fast 3.000,- € pro zu schulendes Mitglied musste auch einem ungeschulten Betriebsratsmitglied offensichtlich sein, dass dies erheblich über den Kosten anderer Anbieter lag. Zumindest hätten die beiden Betriebsratsmitglieder, die für das Vorverlegen der Schulung gestimmt haben, dies auf der Website anderer Anbieter recherchieren können.

Der Einwand des Antragstellers, der Betriebsrat als Gremium entscheide, wer an dem Seminar teilnimmt und nicht das einzelne Betriebsratsmitglied, ist zwar formell richtig, wenn aber ein Betriebsratsmitglied mitteilt, es könne zu dem angegebenen Termin nicht, so ist es grob missbräuchlich, das Betriebsratsmitglied dennoch zu einer Teilnahme zu verpflichten.

Auch der Einwand des Betriebsrats, es habe viele Streitigkeiten gegeben, sodass eine Schulung so schnell wie möglich erfolgen musste, ist nicht konkret ausgeführt. Da die Arbeitgeberin die erheblichen Streitigkeiten bestritten hat hätte der Betriebsrat an konkreten Beispielen darlegen müssen, weshalb eine Schulung noch im Dezember 2021 notwendig war, um welche Streitigkeiten aus der Welt zu schaffen oder zu beseitigen bzw. einer Klärung für den Betriebsrat herbeizuführen.

Die Tatsache, dass der Antragsteller hierüber von dem Betriebsrat nicht informiert wurde und es hier wohl Kommunikationsschwierigkeiten zwischen dem Betriebsrat und dem Antragsteller gab führt nicht dazu, dass die Kosten der Arbeitgeberin aufzuerlegen sind. Hier steht dem Antragsteller ggf. ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Betriebsrat zu.

Darüber hinaus hat der Betriebsrat durch die Verlegung der Schulung in den Dezember 2021 die wirtschaftlichen Belange der Arbeitgeberin nicht ausreichend berücksichtigt. Die Arbeitgeberin hat mehrfach kundgetan, dass im Dezember eine Hochphase des Geschäfts ist, da vor Weihnachten ein erheblich über dem Durchschnitt anfallendes Arbeitsvolumen anfällt. Auch hat die Arbeitgeberin in ihrer Mail von 29.11.2021 darauf hingewiesen, dass durch die Corona-Epidemie die Menschen vermehrt online einkaufen und somit mit einem weiteren Arbeitsanfall zu rechnen sei. Aus diesem Grund kann in einem kleinen Unternehmen mit lediglich 18 Arbeitnehmern nicht auf mehrere Arbeitnehmer in dieser Zeit verzichtet werden.

Diese Überlegungen waren dem Betriebsrat bekannt und sind nachvollziehbar.

Er ist angesichts dessen nicht ersichtlich, weshalb das Seminar in den Dezember 2021 verlegt wurde. Eine Erforderlichkeit hierfür gab es jedenfalls nicht.

b.

Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten für das Verfahren 23 BV 1946/22 gegen die Arbeitgeberin in der beantragten Höhe.

aa.

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Hierzu gehören auch die Honorarkosten für einen Rechtsanwalt, dessen Heranziehung der Betriebsrat in Wahrnehmung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechte für erforderlich halten durfte. Die Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat nicht allein anhand seiner subjektiven Bedürfnisse vorzunehmen. Er ist vielmehr gehalten, die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers andererseits gegeneinander abzuwägen. Der Betriebsrat darf bei der Wahl seiner Rechtsverfolgung oder -verteidigung das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht nicht missachten. Er hat wie jeder, der auf Rechnung eines anderen handeln darf, die Maßstäbe einzuhalten, die er anwenden würde, wenn er selbst bzw. seine beschließenden Mitglieder die Kosten tragen müssten. Die Pflicht des Arbeitgebers zur Tragung der Kosten entfällt, wenn das Vorgehen des Betriebsrats offensichtlich aussichtslos oder mutwillig ist. Offensichtlich aussichtslos ist die Rechtsverfolgung, wenn die Rechtslage unzweifelhaft ist. Mutwilligkeit kann vorliegen, wenn das Interesse des Arbeitgebers an der Kostenbegrenzung missachtet wird (BAG, Beschluss vom 16. Juli 2024 – 1 ABR 24/23 –Rn 22, juris; BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 23/11 - Rn. 37 mwN).

bb.

In den Verfahren 23 BV 1946/22 ging es um den Antrag des Betriebsrats gegen die Arbeitgeberin, den Betriebsrat von der Zahlungsverpflichtung aus der Rechnung der Kanzlei H (des hiesigen Antragstellers) vom 14. Januar 2022 in Höhe von 5.712,00 € freizustellen. Diese Rechnung betraf die oben dargestellte, streitige Schulung der Betriebsratsmitglieder vom Dezember 2021. Der Einleitung des Verfahrens am 28.2.2022 lag ein Beschluss des Betriebsrats vom 24. November 2021 zugrunde. Dieser Beschluss war entgegen der Annahme der Arbeitgeberin wirksam. Aus der zuletzt eingereichten Anwesenheitsliste ergibt sich, dass lediglich die drei Betriebsratsmitglieder und ein Dolmetscher zugegen waren. Über den Tagesordnungspunkt war entsprechend formal richtig abgestimmt. Die Arbeitgeberin hatte sich zuvor mehrfach, zuletzt am 17.1.2022 geweigert, die Schulungskosten zu tragen. Ohne das Verfahren auf Freistellung von den Kosten könnte im Raum stehen, ob der Betriebsrat als Auftraggeber der Schulung zur Zahlung verpflichtet wäre.

cc.

Das Verfahren war auch nicht offensichtlich aussichtslos oder mutwillig. Es war durchaus streitig, ob der Arbeitgeber in der vorliegenden Konstellation die Kosten der Schulung voll oder ggf. nur anteilig zu zahlen hat. Immerhin hat die 1. Instanz im hiesigen Verfahren durchaus dem Antragsteller einen Teil der Kosten der Schulung zugebilligt. Es lag keine klare Rechtslage vor, der Rechtsstreit um die Kosten der Schulung war somit nicht aussichtslos.

Die Tatsache, dass die damalige Betriebsratsvorsitzende Frau C mit Schreiben vom 15.3.2022 an das Gericht mitgeteilt hat, dass der Antrag im Beschlussverfahren 23 BV 1946/22 zurückgenommen wird und dem damaligen Prozessbevollmächtigten das Mandat entzogen wurde ändert nichts an der Entstehung und der Höhe der Rechtsanwaltskosten. Der Gütetermin am 17.3.2022 fand statt und wurde von dem Gericht wegen der ungeklärten Lage, wer Betriebsratsvorsitzende war und ob ein wirksamer Betriebsratsbeschluss vorlag zu Recht nicht abgesagt. Damit sind sowohl die Kosten für das Einreichen des Verfahrens als auch eine Verfahrensgebühr entstanden.

dd.

Ob der Betriebsrat diesen Freistellungsanspruch an den Antragsteller abgetreten hat mag dahingestellt bleiben. Ein Abtretungsbeschluss des Betriebsrats liegt in der Akte nicht vor und wurde von dem Antragsteller auch nicht behauptet. Die vom Antragsteller an den Betriebsrat gestellt Rechnung für das Verfahren 23 BV 1946/22 erreichte den Betriebsrat vermutlich nicht mehr oder wurde von diesem nicht mehr bearbeitet, da der Betriebsrat spätestens seit den 9.6.2022 nicht mehr existierte.

Die Weigerung der Arbeitgeberin, die Rechnung zu bezahlen, ist nicht gerechtfertigt. Die Kostenerstattungspflicht der Arbeitgeberin nach § 40 BetrVG endet nicht mit dem Ende des Mandats des Betriebsrats, wenn die Kosten während der Tätigkeit des Betriebsrats entstanden sind.

Endet das Amt des Betriebsrats, gehen dessen vermögensrechtliche Rechtspositionen nicht ersatzlos unter. Dies folgt aus dem Prinzip der Funktionsnachfolge und der entsprechenden Anwendung von § 22 BetrVG, § 49 Abs. 2 BGB.

Zwar enden mit dem Ende der Amtszeit des Betriebsrats dessen betriebsverfassungsrechtliche Beteiligungsrechte ersatzlos. Dies gilt jedoch nicht in gleicher Weise für Kostenerstattungs- und Freistellungsansprüche des Betriebsrats, die zum Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit des Betriebsrats vom Arbeitgeber noch nicht erfüllt sind (Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 11. März 2019 – 16 TaBV 201/18 –Rn 53 und 54, juris).

Es ist unklar, wie es dazu kam, dass kein Betriebsrat bei der Arbeitgeberin mehr existiert und ob es ein Übergangs- oder Restmandat gibt. Der Betriebsrat hat den ihm zustehenden Freistellungsanspruch gegenüber der Arbeitgeberin nicht mehr geltend gemacht und ihn auch nicht an den Antragsteller abgetreten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der dahinterstehende, bereits entstandene Anspruch eines jeden Dritten ersatzlos untergeht. Würde man dies annehmen, so würde jeder Vertragspartner des Betriebsrats, so zum Beispiel Buchhandlungen bei bestellten und gelieferten Büchern, Schulungsträger für durchgeführte Schulungen oder auch Rechtsanwälte rechtlos gestellt, wenn sie die Kosten mangels Abtretung der Freistellung des Betriebsrats nicht mehr durchsetzen könnten. Dies ist nicht Sinn und Zweck des § 40 BetrVG.

III.

Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da in Beschlussverfahren nach § 2a Abs. 1 ArbGG iVm. § 2 Abs. 2 GKG Kosten nicht erhoben werden.

IV.

Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, liegen nicht vor, § 92 Abs. 1, § 72 ArbGG.