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Entscheidung VG 16 K 934/21


Metadaten

Gericht VG Potsdam 16. Kammer Entscheidungsdatum 28.03.2025
Aktenzeichen VG 16 K 934/21 ECLI ECLI:DE:VGPOTSD:2025:0328.16K934.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines bis auf die Gebührenforderung im Laufe des Prozesses aufgehobenen Widerrufs- und Stilllegungsbescheides im Hinblick auf eine seitens der Klägerin bis zum 11. Oktober 2021 betriebene Biogasanlage.

Der Beklagte erteilte der G. GmbH, deren Geschäftsführer in der Zeit vom 2. Juni 2006 bis zum 12. Oktober 2021 Herr V. war, mit Bescheid vom 2. Juni 2006 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Biogasanlage im bauplanungsrechtlichen Außenbereich der Gemeinde Am M. (Ortsteil S.). Zu den bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen heißt es in der Genehmigung, dass die Anlage in unmittelbarer Nähe einer vorhandenen, von der G. GmbH als S.er M. GmbH betriebenen Schweinezucht- und M.anlage, deren Geschäftsführer in der Zeit vom 2. Juni 2006 bis zum 12. Oktober 2021 ebenfalls Herr V. war, auf einer ausgegliederten Fläche der vorgenannten Anlage betrieben werde. In der Biogasanlage sollten Gülle aus dieser benachbarten Schweineanlage sowie nachwachsende Rohstoffe biologisch behandelt werden. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ergebe sich aus § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB. Bei der G. GmbH handele es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, der mit der S.er M. GmbH, die ebenfalls ein landwirtschaftlicher Betrieb nach dem Baugesetzbuch sei, kooperierend zusammenarbeite. Dies begründe eine enge Verflechtung beider Betriebe. Nach der Gesetzesbegründung der Bundesregierung zum Europarechtsanpassungsgesetz Bau solle der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB auch und gerade die Zusammenarbeit zweier landwirtschaftlicher Betriebe erfassen, wobei ein bestimmter Betrieb den Rahmen für die Nutzung der Biomasse bilde und damit als Anknüpfungspunkt diene. Die Kooperation der teilnehmenden Betriebe beinhalte, dass jeweils ein Teil der Biomasse für die Biogasanlage geliefert werde, sodass ein funktionaler Zusammenhang zwischen der S.er M. GmbH und der G. GmbH bestehe. Bestandteil der Biogasanlage war ein Gärreststofflager mit einer nutzbaren Substrat-Lagerkapazität vom 3746 m². Entsprechend der Genehmigung standen zwei alternativ als Gärreststofflager nutzbare Behälter mit einer nutzbaren Kapazität von jeweils 1325 m² auf der benachbarten SchweineM.anlage als Lagerkapazität für den Gärreststoff der Biogasanlage zur Verfügung und waren ausweislich des Genehmigungsbescheids Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit der Biogasanlage.

Mit Schreiben vom 30. November 2009 zeigte die G. GmbH gegenüber dem Beklagten an, dass die Biogasanlage nunmehr von der Klägerin betrieben werde. Im Vorfeld dieser Anzeige verpflichtete sich die G. GmbH mit Vertrag vom 30. Juli 2009 im Verhältnis zu der Klägerin zur kostenfreien Lieferung von mindestens 4.500 und maximal 15.000 Kubikmetern Schweinegülle pro Jahr von der ihrerseits betriebenen SchweineM.anlage. Weiter verpflichtete sie sich im Verhältnis zu der Klägerin zur kostenpflichtigen Lieferung von mindestens 2.100 und maximal 2.800 Tonnen Maissilage pro Jahr und mindestens 2.750 und maximal 3.500 Tonnen Grassilage pro Jahr. Die Klägerin wiederum verpflichtete sich mit weiterem Vertrag vom 30. Juli 2009 im Verhältnis zu der S.er M. GmbH die SchweineM.anlage mit Wärme aus dem Blockheizkraftwerk der Biogasanlage im Umfang von 1.000 Megawattstunden zu versorgen.

Gesellschafter der S.er M. GmbH und der G. GmbH sind jeweils zu 95 % die S.er E_____ GmbH und zu 5 % Herr V.. Geschäftsführer der S.er E_____ GmbH ist Herr V..

Gesellschafterinnen der Klägerin waren in der Zeit vom 12. August 2009 bis zum 14. Februar 2012 zu 74,9 % die D. GmbH und zu 24,1 % die S.er E. GmbH. Zwischen dem 15. Februar 2012 und dem 12. Oktober 2021 war die D. GmbH alleinige Gesellschafterin der Klägerin. Geschäftsführer der Klägerin, die bis zum 12. August 2009 unter der Bezeichnung BGA-Biogas 3 GmbH firmierte, war bis zum 11. August 2009 Herr K., waren zwischen dem 12. August 2009 und dem 14. Februar 2012 die Herren K. und V., war zwischen dem 15. Februar 2012 und 30. März 2015 Herr K. und waren zwischen dem 31. März 2015 und 12. Oktober 2021 die Herren K. und Knut B..

Mit Vertrag vom 4. Januar 2010 verpflichtete sich die S.er M. GmbH im Verhältnis zu der Klägerin zur kostenfreien Lieferung von Minimum 4.500 Kubikmetern und maximal 15.000 Kubikmetern Schweinegülle.

Mit Schreiben vom 5. August 2010 wies die Bauaufsichtsbehörde des Landkreises T____ im Verhältnis zu der Klägerin darauf hin, dass durch den Substratliefervertrag vom 30. Juli 2009 nicht dargelegt sei, dass die Basisbetriebe in Form der G. GmbH und der S.er M. GmbH ein signifikantes Maß an Kontrolle über die Biomasseanlage der Klägerin haben. Nur vorbehaltlich entsprechender gesellschaftsrechtlicher oder sonstiger vertraglicher Regelungen könne von einer bauplanungsrechtlichen Privilegierung der Biogasanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB ausgegangen werden.

Mit Bescheid vom 12. August 2010 verlängerte der Beklagte die Frist zur Errichtung und Inbetriebnahme der Biogasanlage nach § 18 Abs. 3 BImSchG bis zum 12. August 2010.

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2011, letztmalig ergänzt mit Schreiben vom 6. Februar 2013, reichte die Klägerin eine Änderungsanzeige nach § 15 Abs. 1 BImSchG wegen einer beabsichtigten Änderung der Inputstoffe ein.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2012 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass Herr V. gemäß Beschluss der Gesellschafterversammlung mit Wirkung zum 26. Januar 2012 als Geschäftsführer der Klägerin abberufen wurde.

Am 1. Oktober 2012 reichte die Klägerin eine Änderungsanzeige nach § 15 Abs. 1 BImSchG wegen einer beabsichtigten Änderung der Inputstoffe ein, woraufhin der Beklagte mit Schreiben vom 26. Oktober 2012 unter anderem Nachforderungen zum Nachweis der Privilegierung stellte.

Die Klägerin nahm mit Schreiben vom 1. Februar 2013 dahingehend Stellung, dass aufgrund des Substratliefervertrags und des Wärmelieferungsvertrags hinreichende vertragliche Regelungen zwischen der G. GmbH, der S.er M. GmbH und der Klägerin bestünden, um vom einem hinreichend Einfluss des Basisbetriebs auf die Betreibergesellschaft der Biogasanlage und damit einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB auszugehen.

Mit Bescheid vom 19. Februar 2013 teilte der Beklagte gegenüber der Klägerin mit, dass bei Einhaltung eines maximalen Inputs vom 14.209 Tonnen pro Jahr und 38,93 Tonnen pro Tag der Bezug von maximal 7.056 Kubikmetern und mindestens 4.500 Kubikmetern Schweinegülle pro Jahr von der S.er M. GmbH, 7.087 Tonnen Maissilage und 4.200 Tonnen Grassilage pro Jahr von dem in Beelitz ansässigen Landwirt S.sowie weiteren 200 Tonnen Roggenkorn pro Jahr keiner Genehmigung nach § 16 Abs. 1 BImSchG bedürfe.

Mit Bescheid vom 15. September 2015 erteilte der Beklagte der Klägerin antragsgemäß eine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG zur wesentlichen Änderung der Biogasanlage durch Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Trocknung von flüssigem Gärrest mit nachgeschalteter Abluftreinigung und Erhöhung der Abgastermine beider Blockheizkraftwerke der Betriebseinheit Biogasverwertung auf je 14 Meter.

Mit Bescheid vom 24. Mai 2016 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die am 27. April 2016 angezeigte, beabsichtigte Erhöhung des Bezugs von Roggenkorn auf bis zu 400 Tonnen pro Jahr bei gleichbleibendem maximalem Input vom 14.209 Tonnen pro Jahr keiner Genehmigung nach § 16 Abs. 1 BImSchG bedürfe.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2019 zeigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten an, dass ab Januar 2020 bei gleichbleibender Inputmenge der Bezug von bis zu 7.000 Kubikmetern Schweinegülle von der S.K. Schweinehaltung K. GmbH mit Sitz in K. geplant sei.

Die Güllelieferung durch die S.er M. GmbH wurde zum 31. Dezember 2019 eingestellt.

Mit Bescheid vom 20. Januar 2020 teilte der Beklagte mit, dass die angezeigte Änderung keiner Genehmigung nach § 16 Abs. 1 BImSchG bedürfe.

Am 5. März 2020 fand bei dem Beklagten ein Gespräch von Beklagtenvertretern mit der Klägerin, ihrem Prozessbevollmächtigten als auch Vertretern des Landwirtschaftsamtes und der unteren Wasserbehörde des Landkreises T____ statt. In diesem Rahmen wurde die Klägerin darüber informiert, dass die Frage des Fortbestehens der Privilegierung des Betriebes der Biogasanlage im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 BauGB aufgrund geänderter Gülleherkunft und Gärreststoffabgabe erneut aufgeworfen und zu prüfen sei.

Mit E-Mail vom 11. September 2020 teilte die Bauaufsichtsbehörde des Landkreises T____ dem Beklagten mit, dass aus seiner Sicht die Biogasanlage mit Aufgabe der vertraglichen Beziehungen zur S.er M. GmbH und zur G. GmbH bauplanungsrechtlich nicht mehr nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB zulässig sei.

Mit Schreiben vom 9. November 2020 hörte der Beklagte die Klägerin zum beabsichtigten Widerruf der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen sowie zur Stilllegung mit Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung von Zwangsgeldern an.

Mit Schriftsatz vom 25. November 2020 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin insgesamt drei Verträge vor, die aus seiner Sicht belegen würden, dass die Vertragsbeziehungen zwischen der S.er M. GmbH und der Klägerin wiederaufgenommen worden seien und nunmehr die Voraussetzungen der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB erfüllt seien. Im Einzelnen handelte es sich zum einen um einen Vertrag vom 11. November 2020, in dem die Klägerin und die S.er Agrar GmbH, deren Geschäftsführer in der Zeit vom 2. Juni 2006 bis zum 12. Oktober 2021 Herr V. war, die Lieferung von 2.000 Tonnen Grassilage zu einem Preis von 31,80 € pro Tonne, 500 Tonnen Roggen in Form von Ganzpflanzensilage zu einem Preis von 37,10 € pro Tonne und 500 Tonnen Futterroggen zu einem Preis von 23,32 € pro Tonne vereinbaren. Zudem legte er einen Vertrag vom 30. Oktober 2020 zwischen der Klägerin und der S.er M. GmbH über die Lieferung von Minimum 1.500 Kubikmetern und maximal 5.500 Kubikmetern Schweinegülle zu einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe 6.000 € zuzüglich Umsatzsteuer und einen Vertrag vom 2. November 2020 zwischen der S.er M. GmbH und der Klägerin vor, wonach die Klägerin beabsichtige, der S.er M. GmbH nach Können und Vermögen eine Wärmemenge im Umfang von 1.000 Megawattstunden zur Verfügung zu stellen.

Mit Stellungnahme vom 7. Dezember 2020 kam die beklagtenseits beteiligte Bauaufsichtsbehörde des Landkreises T____ zu dem Ergebnis, dass auch unter Berücksichtigung der wiederaufgenommenen Vertragsbeziehungen zur S.er M. GmbH bzw. zur S.er Agrar GmbH die Voraussetzungen der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB und damit die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nicht gegeben seien. Mit den ab 2021 vertraglich vereinbarten Liefermengen an die Biogasanlage und Abnahmemengen durch die beiden landwirtschaftlichen Betriebe in Form der S.er M. GmbH und der S.er Agrar GmbH sei im Gegensatz zu den zugelassenen und auch ehemals vertraglich vereinbarten Liefer- und Abnahmemengen erkennbar, dass die Biogasanlage weitere Inputmengen benötige, um einen effektiven Betrieb zu gewährleisten. Die vorgelegten Verträge würden sich nicht eignen, um den Nachweis zu erbringen, dass diese in einem Firmenverbund stehenden Betriebe als der Biogasanlage dienende Betriebe i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 6 Halbsatz 1 BauGB gelten können. Er sei nicht erkennbar, in welcher Weise der Schweinehaltungsbetrieb und der Landwirt einen maßgeblichen Einfluss auf die Betreibergesellschaft der Biogasanlage haben. Nach den Verträgen bestimme wohl eher der Betreiber der Biogasanlage über den Zeitpunkt und die Menge der zu liefernden bzw. abzunehmenden Input- und Outputstoffe. Auch der nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 a) BauGB erforderliche räumlich-funktionale Zusammenhang zwischen der Biomasseanlage und dem „Basisbetrieb“ sei mit den neuen vertraglichen Regelungen nicht nachgewiesen, da weiterhin ein nicht unerheblicher Anteil an Inputstoffen von anderen Landwirtschaftsbetrieben beschafft werden müsse und auch Outputstoffe von anderen Landwirtschaftsbetrieben abgenommen werden müssten. Dieser gewerbliche An- und Verkauf entspreche nicht den Privilegierungsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB. Die weiteren vertraglichen Beziehungen mit weiteren Landwirtschaftsbetrieben bestünden nur in der Lieferung von landwirtschaftlichen Produkten und seien damit rein gewerblicher Art. Die energetische Nutzung von Biomasse erfolge damit nur noch in einem geringen Maß im Rahmen eines benachbarten landwirtschaftlichen Betriebs oder Tierhaltungsbetriebs. Der Privilegierungstatbestand nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB könne mit den vorgelegten Liefer- und Abnahmeregelungen- und bedingungen mit der S.er M. GmbH und der S.er Agrar GmbH nicht wiederhergestellt werden. Diese Betriebe könnten nur als weitere Liefer- und Abnahmepartner der gewerblichen Biogasanlage angesehen werden, nicht aber als der Biogasanlage dienende Betriebe, die in einem funktionalen Zusammenhang zu der Biomasseanlage stehen.

Der Beklagte widerrief mit Bescheid vom 10. Dezember 2020 die mit Bescheid vom 2. Juni 2006 erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung in der Fassung der Fristverlängerung vom 12. August 2010 und die Genehmigung zur wesentlichen Änderung vom 15. September 2015 (Ziffer 1). Weiter verfügte er die Stilllegung der Anlage (Ziffer 2) in sechs Einzelschritten, ordnete die sofortige Vollziehbarkeit der Verfügungen zu Ziffer 1 und Ziffer 2 an (Ziffer 3), drohte für den Fall, dass die Klägerin der unter Ziffer 2 verfügten Stilllegung nicht oder nicht vollständig nachkommt, für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 € an (Ziffer 4) und setzte hierfür eine Gebühr in Höhe von 2.500,00 € fest (Ziffer 5). Zur Begründung führte er aus, dass aufgrund der Änderung der tatsächlichen Rahmenbedingungen des Betriebs die Voraussetzungen des Privilegierungstatbestands des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB nachträglich entfallen seien, so dass die Genehmigungsbehörde nunmehr berechtigt sei, die Genehmigung nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG zu widerrufen und die Anlage nach § 20 Abs. 2 BImSchG stillzulegen. Das Tatbestandsmerkmal des Betriebes der Anlage im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs erfordere, dass die Anlage dem Betrieb zuzuordnen sei. Dafür sei notwendig, dass der Eigentümer des landwirtschaftlichen Basisbetriebs maßgeblichen Einfluss auf die Biogasanlage habe. Dies setze zwar keine Eigentümeridentität, allerdings zumindest eine gesellschaftsrechtliche Konstruktion voraus, nach welcher der Eigentümer des Basisbetriebs die Mehrheit der Geschäftsanteile an der Betreibergesellschaft der Biogasanlage innehabe. An dieser Voraussetzung fehle es jedenfalls seit Auslaufen der vertraglichen Verbindung mit der benachbarten Schweineanlage der S.er M. GmbH über die Lieferung von Schweinegülle und Abnahme von Gärreststoff. Die sonstigen eingesetzten Inputstoffe würden schon seit langem nicht mehr aus einem nahe gelegenen Betrieb bezogen. Mit Wegfall nun auch des Bezugs von Schweinegülle aus der benachbarten Anlage der S.er M. würden seit dem 1. Januar 2020 die gesamten eingesetzten Inputstoffe von überregionalen Anbietern bezogen, womit es an einem der Biogasanlage zugeordneten landwirtschaftlichen Betrieb fehle. Zu dieser Einschätzung sei auch die Bauaufsichtsbehörde des Landkreises T____ in ihrer Stellungnahme von 11. September 2020 gekommen. Daran ändere auch die mit Schriftsatz vom 25. November 2020 dargelegte Wiederaufnahme der vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und der S.er M. GmbH nichts. Diesbezüglich habe die Bauaufsichtsbehörde mit Stellungnahme vom 7. Dezember 2020 unter Würdigung der vorgelegten Verträge eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB abermals verneint. Die Biogasanlage sei auch nicht nach § 35 Abs. 2 BauGB zulässig. Insoweit habe die Bauaufsichtsbehörde ausgeführt, dass es an einer ausreichenden Erschließung fehle und durch unwirtschaftliche Aufwendungen für den Ausbau des R_____Wegs und ein eventuelles Planungserfordernis für die nicht mehr privilegierte Biogasanlage öffentliche Belange beeinträchtigt würden. Die Gefährdung des öffentlichen Interesses ergäbe sich daraus, dass seit Auslaufen der vertraglichen Beziehungen eine unzulässige Anlage betrieben werde, die durch die von ihr ausgehenden Lärm-, Ammoniak- und Geruchsimmissionen öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB und Schutzgüter i.S.d. § 1 Abs. 1 BImSchG beeinträchtige. Zudem komme es durch den nun ausschließlich überregionalen Bezug von Inputstoffen in nicht unerheblichen Mengen zu zusätzlichen Emissionen, hervorgerufen durch die notwendigen Transporte von Biomasse hin zur Anlage. Die Widerrufsfrist des § 21 Abs. 2 BImSchG sei gewahrt, da dem Beklagten erstmals am 16. Dezember 2019 bekannt geworden sei, dass die Privilegierung für die Biogasanlage durch die ab 1. Januar 2020 geänderte Gülleherkunft entfallen werde. Da die von der Anlage ausgehenden Auswirkungen auf die Schutzgüter des § 1 Abs. 2 BImSchG sich nicht durch eine nachträgliche Anordnung nach § 17 BImSchG abwenden ließen und ein atypischer Fall nicht ersichtlich sei, reduziere sich das Widerrufsermessen zu einer Pflicht zum Widerruf der Genehmigung. Die Stilllegungsverfügung beruhe auf § 20 Abs. 2 BImSchG. Aufgrund des Widerrufs der Genehmigung sei das Tatbestandsmerkmal des Betreibens ohne Genehmigung eingetreten. Auf Ermessensebene sei ein Absehen von der Stilllegung nicht geboten, da es sich nicht um einen atypischen Fall handele. Der Betrieb der Biogasanlage sei nicht offensichtlich materiell genehmigungsfähig, insbesondere könne der Betrieb nicht auf § 35 Abs. 2 BauGB gestützt werden. Einen Vertrauenstatbestand habe der Beklagte nicht geschaffen. Zudem erweise sich die der Widerherstellung des rechtskonformen Zustands nach § 35 BauGB dienende Stilllegungsverfügung als verhältnismäßig. Die Zwangsgeldandrohung beruhe auf den §§ 27, 28 Abs. 2 und 30 Abs. 2 VwVGBbg und sei notwendig, um der Beachtung der angeordneten Verfügungen Nachdruck zu verleihen. Die Gebühr sei unter Berücksichtigung des angefallenen Verwaltungsaufwands und der Bedeutung der Sache für die Klägerin auf Grundlage der §§ 1, 3 und 12 GebGBbg i.V.m. den Tarifstellen 2.1.9 und 2.1.11 GebOMUGV erhoben worden.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 11. Dezember 2020 Widerspruch ein und führte in ihrer Widerspruchsbegründung vom 21. Dezember 2020 ausführlich aus, warum das Vorhaben mangels Beeinträchtigung von Belangen i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB in jedem Falle nach § 35 Abs. 2 BauGB zulässig sei. Eine Gefährdung öffentlicher Interessen i.S.d. § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG sei nicht erkennbar. Inwieweit schädliche Umwelteinwirkungen zu befürchten seien, erschließe sich nicht. Die dem Widerruf zugrundeliegende Abwägung sei fehlerhaft, denn der mit dem Widerruf verfolgte Zweck orientierte sich nicht an demjenigen der Rechtsgrundlage des § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG, sodass bereits ein Ermessensausfall im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO vorliege. Schließlich sei das Eigentumsrecht der Klägerin nicht hinreichend beachten worden.

Da die Klägerin den Verpflichtungen zur Einstellung der Substratzufuhr und Einstellung sämtlicher Lieferungen von Inputmaterial nicht nachkam, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 9. Februar 2021 jeweils ein Zwangsgeld i.H.v. 3.000 € und damit insgesamt von 6.000 € fest, drohte für jeden weiteren Fall einer Zuwiderhandlung ein erhöhtes Zwangsgeld i.H.v. 5.000 € an und erhob hierfür eine Gebühr i.H.v. 40,00 €.

Der Beklagte wies den Widerspruch vom 11. Dezember 2020 mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2021 zurück. Dabei verwies er auf seine Ausführungen in dem Ausgangsbescheid und vertiefte diese. Er führte unter Bezugnahme auf Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck und Gesetzesbegründung zu § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB als auch dazu ergangene erstinstanzliche und obergerichtliche Rechtsprechung eingehend aus, warum für die Annahme der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB dem landwirtschaftlichen Basisbetrieb ein maßgeblicher oder bestimmender Einfluss auf den Betrieb der Biogasanlage zustehen müsse, und bekräftige, dass diese Anforderungen im Hinblick auf die mit Schriftsatz vom 25. November 2020 vorgelegten Verträge zwischen der Klägerin, der S.er M. GmbH und der S.er Agrar GmbH ausweislich der Ausführungen in der Stellungnahme der Bauaufsichtsbehörde von 7. Dezember 2020 nicht erfüllt seien. Des Weiteren führte er detailliert aus, warum das Vorhaben auch nicht nach § 35 Abs. 2 BauGB genehmigungsfähig sei. Die Gefährdung des öffentlichen Interesses liege darin, dass der Außenbereich grundsätzlich von nicht privilegierte Vorhaben freizuhalten sei, die Biogasanlage in ihrer gegenwärtigen Betriebsstruktur kein privilegiertes Vorhaben mehr darstelle und die damit zusätzlich notwendig werdenden Biomassetransporte zu einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange führen würden. Der Widerruf erweise sich auch als verhältnismäßig. Eine nachträgliche Anordnung oder Auflage würden ausscheiden, da es sich bei der genehmigungshindernden Tatsache um eine bauplanungsrechtliche Voraussetzung handele. Unabhängig davon stehe einer nachträglichen Anordnung § 17 Abs. 2 Satz 1 BImSchG entgegen. Auch die Stilllegung sei rechtmäßig. Ein atypischer Fall liege nicht vor. Die Anlage sei weder nach § 35 Abs. 1 noch Abs. 2 BauGB offensichtlich materiell genehmigungsfähig.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 27. April 2021 wies der Beklagte den gegen den Zwangsgeldfestsetzungsbescheid vom 9. Februar 2021 am 2. März 2021 erhobenen Widerspruch zurück.

Am 27. April 2021 hat die Klägerin gegen den Widerrufs- und Stilllegungsbescheid vom 10. Dezember 2020 und den Widerspruchsbescheid vom 12. April 2021 Klage erhoben und das Gericht zugleich um einstweiligen Rechtsschutz ersucht. Sie vertritt die Ansicht, dass die Voraussetzungen für den Widerruf der Genehmigung nicht vorgelegen hätten, womit es auch an einer Grundlage für die verfügte Stilllegung gefehlt habe. Die Biogasanlage sei zum Zeitpunkt der Widerrufs- und Stilllegungsverfügung aufgrund der Ende 2020 zwischen der Klägerin, der S.er M. GmbH und der S.er Agrar GmbH getroffenen Vereinbarungen gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB privilegiert gewesen. Es sei nicht erforderlich, dass die Eigentümer des Basisbetriebs und der Biogasanlage identisch seien oder eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung bestehe. Das Merkmal „im Rahmen eines Betriebs“ ziele nach Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck und Gesetzesbegründung auf das Gebot eines räumlich-funktionalen Bezugs ab und verlange lediglich, dass die Biogasanlage im Anschluss an eine bereits privilegierte Anlage im Außenbereich errichtet und betrieben werden soll. Eine dienende Funktion im Verhältnis zu dem Basisbetrieb oder ein bestimmender Einfluss auf den Betrieb der Biomasseanlage seien indessen nicht erforderlich. Es könne auch auf andere Weise nachgewiesen werden, dass das Vorhaben dem Basisbetrieb zugeordnet ist. Für die Annahme einer Zuordnung seien Verträge über Substratlieferung, Gärresteabnahme und Wärmenutzung ausreichend. Die Ende 2020 zwischen der Klägerin, der S.er M. GmbH und der S.er Agrar GmbH getroffenen Vereinbarungen würden diesen Anforderungen genügen, denn mit ihnen werde gewährleistet, dass die Klägerin an die S.er M. GmbH als Basisbetrieb örtlich angebunden, diese einen maßgeblichen Anteil der Inputstoffe an die Klägerin liefert und in diesem Umfang die Gärreste zurücknimmt sowie durch die Klägerin mit Wärme versorgt wird. Jedenfalls fehle es an einer Gefährdung öffentlicher Interessen als weiterer Voraussetzung des Widerrufs nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG. Inwieweit schädliche Umwelteinwirkungen vorliegen sollen, erschließe sich nicht. Diese Aspekte seien umfassend im Genehmigungsverfahren geprüft und unabhängig von der planungsrechtlichen Einordnung verneint worden. Unabhängig davon sei der Widerruf nach § 21 Abs. 2 BImSchG unzulässig, da dem Beklagten bereits seit zehn Jahren bekannt sei, dass eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Basisbetriebs an der Klägerin, die der Beklagte augenscheinlich für erforderlich erachte, nie bestanden habe, und die Anlage in den vergangenen Jahren wiederholt unter Zugrundelegung einer Zulieferung von Substraten durch den Basisbetrieb von weniger als 50 % zugelassen worden sei. In jedem Falle sei die dem Widerruf zugrundeliegende Abwägung fehlerhaft, denn der mit dem Widerruf verfolgte Zweck orientierte sich nicht an demjenigen der Rechtsgrundlage des § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG, sodass bereits ein Ermessensausfall im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO vorliege. Zudem sei das Eigentumsrecht der Klägerin nicht hinreichend beachten worden. Es gehe nicht um einen Neubau, sondern die Weiternutzung einer bereits vorhandenen, dem Stand der Technik entsprechenden Anlage. Eine andere Nutzung der zu der Biogasanlage gehörenden Gebäude sei schwer vorstellbar. Auch widerspreche der Widerruf dem Energiekonzept der Bundesregierung, die Energiegewinnung aus Biomasse voranzutreiben.

Die Klägerin hat ursprünglich schriftsätzlich beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 10. Dezember 2020 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 12. April 2021 aufzuheben.

Am 14. Oktober 2021 teilte die S.er M. GmbH dem Beklagten mit, dass sie auf Grundlage eines am 5. August 2021 notariell beurkundeten Kaufvertrages mit der Klägerin die streitgegenständliche Anlage erworben habe. Der vertraglich vereinbarte Betreiberwechsel sei der 12. Oktober 2021.

Mit Bescheid vom 1. April 2022 wiederrief der Beklagte gegenüber der S.er M. GmbH den Bescheid vom 10. Dezember 2020 hinsichtlich der Ziffern 1 bis 4.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

festzustellen, dass die Verfügungen unter den Nummern 1, 2 und 4 des Bescheides des Beklagten vom 10. Dezember 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2021 rechtswidrig waren,

und

die unter Nummer 5 des Bescheides des Beklagten vom 10. Dezember 2020 ergangene Entscheidung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2021 aufzuheben.

Sie vertritt die Auffassung, dass sie ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vor dem Hintergrund habe, dass die angefochtene Verfügung Grundlage eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen die Geschäftsführer der Klägerin sei. Bei § 327 Abs. 2 StGB greife die verwaltungsrechtliche Akzessorietät des Strafrechts. Daher sei ein Interesse, von Sanktionen verschont zu bleiben, hier im Sinne eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses anzuerkennen. Jedenfalls weise sie ein Präjudizinteresse auf. Denn im Erfolgsfall wirke die Feststellung, dass Stilllegungs- und Widerrufsverfügung als auch Zwangsgeldandrohung rechtswidrig gewesen sind, rückwirkend auf den Zeitpunkt der Festsetzung des in dem Parallelverfahren VG 16 K 1288/21 angefochtenen und am 7. Mai 2021 durch die Klägerin beglichenen Zwangsgeldes zurück, entziehe diesem damit die Grundlage und sei damit vorgreiflich für dieses, mittlerweile aufgrund Berufungszulassungsantrags gegen das klageabweisende Urteil des Berichterstatters vom 1. August 2023 beim OVG Berlin-Brandenburg anhängige Verfahren.

Für den Fall, dass das Gericht nicht von einer vollständigen Erledigung des ursprünglich mit der Anfechtungsklage angegriffenen Bescheides vom 10. Dezember 2020 durch die Widerrufsverfügung vom 1. April 2022 ausgehen sollte, beantragt die Klägerin hilfsweise,

die Verfügungen in den Nr. 1, 2 und 4 des Bescheides des Beklagten vom 10. Dezember 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 12. April 2021 für den Zeitraum vom 10. Dezember 2020 bis zum 1. April 2022 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt die angefochtenen Bescheide und verweist zur Begründung auf die darin erfolgten Ausführungen, die er vertieft. Ergänzend führt er Folgendes aus: Die Klägerin weise nicht das notwendige Fortsetzungsfeststellungsinteresse auf. Ein Rehabilitationsinteresse habe sie bereits nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren habe sich nicht gegen die Klägerin selbst gerichtet. Unabhängig davon greife die klägerseits vorgebrachte verwaltungsrechtliche Akzessorietät des § 327 Abs. 2 StGB nicht, denn insoweit komme es nur darauf an, dass - was vorliegend der Fall gewesen sei - zum Tatzeitpunkt ein wirksamer und sofort vollziehbarer Verwaltungsakt bestanden habe. Eine etwaige spätere Aufhebung im Verwaltungsrechtszug sei unerheblich. Unabhängig davon sei das Ermittlungsverfahren jedenfalls nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft vom 11. Juli 2023 eingestellt worden. Auch das festgesetzte Zwangsgeld begründe kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Denn der Klägerin stehe insoweit effektiver Rechtsschutz im Rahmen des Verfahrens 16 K 1288/21 zur Verfügung, im Rahmen dessen die Zwangsgeldfestsetzung überprüft werde. Jedenfalls erweise sich die Klage in der Sache als unbegründet. Der Widerruf sei innerhalb der Jahresfrist des § 21 Abs. 2 BImSchG erfolgt. Insoweit gelte der von dem Bundesverwaltungsgericht zu dem inhaltsgleichen § 48 Abs. 4 VwVfG entwickelte Maßstab. Es handele sich nicht um eine Bearbeitungs-, sondern um eine Entscheidungsfrist. Die Genehmigungsbehörde müsse ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage sein, unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens die Genehmigung zu widerrufen. Wenn die Behörde beim Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts den vollständig bekannten Sachverhalt unzureichend berücksichtigt oder unrichtig gewürdigt und deswegen rechtswidrig entschieden habe, beginne die Frist erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs sei ihm erst mit Posteingang der Anzeigeunterlagen am 16. Dezember 2019 bekannt geworden, dass die Privilegierungsvoraussetzungen durch die ab 1. Januar 2020 geänderte Gülleherkunft entfallen würden. Mit der angezeigten Einstellung bzw. dem gänzlichen Auslaufen der vertraglichen Beziehungen mit der benachbarten S.er M. GmbH und dem damit einhergehenden Bezug von Schweinegülle von der SK Schweinehaltung K. GmbH seien erstmalig seit Inbetriebnahme der Biogasanlage sämtliche Vertragsbeziehungen zum Basisbetrieb abgebrochen, also auch keinerlei Inputstoffe mehr durch die S.er M. GmbH geliefert worden. Der Widerruf sei gerade nicht mit dem Betreiberwechsel von der G. GmbH auf die Klägerin begründet worden. Insoweit habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 30. November 2009 dargestellt, dass die Klägerin eine Gemeinschaftsgesellschaft der D. GmbH und der S.er E. GmbH sei, wobei bei letzterer Gesellschafteridentität mit dem Basisbetrieb, der G. GmbH, bestehe. Zudem sei Herr V. 12. August 2009 neben Herrn K. Geschäftsführer der Klägerin gewesen. Herr V. sei zwar zum 26. Januar 2012 als Geschäftsführer der Klägerin abberufen worden. Während eines Gesprächstermins am 20. Februar 2012 hätten jedoch Herr K. und Herr G. von der D. GmbH dargestellt, dass die S.er E. GmbH mit Herrn V. als Geschäftsführer mehr als 25 % an der Klägerin halte. Zudem habe auch nach Abberufung von Herrn V. als Geschäftsführer weiterhin ein Substratliefervertrag zwischen der Klägerin und der S.er M. GmbH bestanden, welcher zugleich die Abnahme des Gärreststoffes und die Nutzung der zur Schweinehaltung gehörenden Gülle-/alternativ Gärrestelagerbehälter zum Inhalt gehabt habe. Außerdem habe ein Wärmebezugsvertrag über die Lieferung von Abwärme aus dem Betrieb des Blockheizkraftwerks der Biogasanlage an die Schweinemastanlage der S.er M. GmbH existiert. Auch die Nutzung der Lagerbehälter der S.er M. GmbH durch die Klägerin sei bis Ende 2019 nie in Frage gestellt worden und hätte eine umgehende Inputreduzierung für den Betrieb der Biogasanlage mangels ausreichender Lagerkapazität erforderlich gemacht. Alle Verträge seien auch nach dem Ausscheiden des Herrn V. als Geschäftsführer bis zum Auslaufen der Verträge zum Ende des Jahres 2019 aktiv gelebt worden, wenn auch in verschiedenen hohem Umfang hinsichtlich der gelieferten Güllemengen und abgenommenen Gärreststoffmengen. Es sei in dem Zeitraum 2013 bis 2019 Gülle in Mengen von 3.647,2 m³ (2014) bis zu 5.196 m³ (2017) geliefert worden. Sowohl die Bauaufsicht als Fachbehörde als auch die hiesigen Verfahrensbeteiligten seien daher von der Genehmigungserteilung im Jahre 2006 bis zum Auslaufen der Vertragsbeziehungen Ende 2019 von der bauplanungsrechtlichen Privilegierung der Biogasanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB ausgegangen. Im Rahmen der im Zuge des Widerrufsverfahrens vorgelegten und im Oktober 2020 geschlossenen Verträge seien indessen nur Güllelieferungen von mindestens 1.500 m³/a und maximal 5.500 m³/a vereinbart worden. Die Menge von 1.500 m³/a habe ihm und der Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Teltow-Fläming nach dem Wegfall sämtlicher Vertragsbeziehungen nicht als Nachweis für einen maßgeblichen Einfluss der S.er M. GmbH derart ausgereicht, dass von einer erneuten bauplanungsrechtlichen Privilegierung auszugehen wäre. Diese neue Vertragssituation sei nicht mit der alten Vertragssituation vergleichbar gewesen. Unabhängig davon sei hinsichtlich der am 25. November 2020 vorgelegten Verträge nie ein entsprechendes Anzeigeverfahren eingeleitet worden.

Mit Beschluss vom 9. Juni 2022 lehnte die vormals zuständige 14. Kammer den Eilantrag der Klägerin ab.

Die klägerseits gegen den Bescheid vom 9. Februar 2021 und den Widerspruchsbescheid vom 27. April 2021 erhobene Klage wies das Gericht mit Urteil vom 1. August 2023 hinsichtlich des darin unter Ziffer 1 festgesetzten Zwangsgeldes und der unter Ziffer 3 erhobenen Gebühr ab und stellte das Verfahren im Übrigen ein, nachdem der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass die Zwangsvollstreckung aus dem zu Ziffer 2 des Bescheides vom 9. Februar 2021 angedrohten Zwangsgeld in Höhe von 5.000 € eingestellt wird, und die Beteiligten daraufhin das Verfahren insoweit übereinstimmen für erledigt erklärt haben. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, über den das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bisher noch nicht entschieden hat (OVG 11 N 74/23).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter anstelle der Kammer (vgl. § 87a Abs. 2 und 3 VwGO) und ohne (weitere) mündliche Verhandlung (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO).

Die Veräußerung der streitgegenständlichen Biogasanlage auf Grundlage des am 5. August 2021 zwischen der Klägerin und der S.er M. GmbH geschlossenen Kaufvertrages hat auf den Prozess keinen Einfluss (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 265 Abs. 1 und 2 Satz 1 ZPO).

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Sie ist, soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag die Feststellung begehrt, dass die Verfügungen unter den Ziffern 1, 2 und 4 des Bescheides des Beklagten vom 10. Dezember 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2021 rechtswidrig waren, bereits unzulässig.

a) Soweit die Klägerin diese Feststellung für den Zeitraum ab dem Widerruf der vorbezeichneten Verfügungen mit Bescheid vom 1. April 2022 begehrt, ist ihr Hauptantrag zwar gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsantrag statthaft. Hiernach spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn sich dieser vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

Das ursprüngliche, auf Aufhebung der vorbezeichneten Verfügungen für den Zeitraum ab dem 1. April 2022 gerichtete Klagebegehren hat sich nach Klageerhebung erledigt. Gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG bleib ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Davon ist insoweit auszugehen, da der Beklagte mit Bescheid vom 1. April 2022 die vorbezeichneten Verfügungen durch Widerruf für die Zukunft aufgehoben hat. Dem hat die Klägerin dadurch Rechnung getragen, dass sie den Klageantrag auf eine Fortsetzungsfeststellung umgestellt hat. Da Rechtsschutzziel und Prozessstoff unverändert geblieben sind, war die Umstellung des Antrags nicht als eine Klageänderung im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO anzusehen, sondern gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO unabhängig von einer Zustimmung des Beklagten zulässig.

Die Klägerin verfügt indessen nicht über das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Verwaltungsakte.

Das berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein. Es ist typischerweise in den anerkannten Fallgruppen der Wiederholungsgefahr, des Rehabilitationsinteresses sowie der Absicht zum Führen eines Schadensersatzprozesses gegeben. Daneben kann das Fortsetzungsfeststellungsinteresse in bestimmten Fällen sich kurzfristig erledigender Maßnahme vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. April 2024 - 6 C 2/22 - juris Rn. 16 m.w.N.).

Nach diesen Maßgaben hat die Klägerin kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Widerrufsverfügung (Nummer 1), der Stilllegungsverfügung (Nummer 2) und der Zwangsgeldandrohung (Nummer 4) für den Zeitraum ab dem 1. April 2022.

aa) Ein berechtigtes Feststellungsinteresse lässt sich zunächst nicht mit einer Wiederholungsgefahr begründen. Für deren Annahme ist nicht nur die konkrete Gefahr erforderlich, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird. Darüber hinaus müssen die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. April 2024 - 6 C 2/22 - juris Rn. 17). Daran fehlt es hier. Eine Wiederholungsgefahrmacht macht die Klägerin bereits nicht geltend. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin eine Biogasanlage unter mit der streitgegenständlichen Anlage vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Umständen betreibt oder betreiben will und damit konkret Gefahr läuft, dass ihr gegenüber beklagtenseits Maßnahmen erlassen werden, die mit den Verfügungen zu 1, 2 und 4 vergleichbar sind.

bb) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist auch nicht wegen eines Rehabilitierungsinteresses der Klägerin zu bejahen.

Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Dezember 2018 - 6 B 56/18 - juris Rn. 12; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14/12 - juris Rn. 25).

An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.

Die Klägerin hat bereits nicht hinreichend vorgetragen, wie sich aus den angegriffenen Maßnahmen eine Außenwirkung aufweisende und noch andauernde Stigmatisierung der Klägerin ergeben soll, die geeignet ist, ihr Ansehen in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Soweit der Beklagte in den streitgegenständlichen Bescheiden festgestellt hat, dass der Weiterbetrieb der Anlage gegen geltendes Recht verstoßen würde, folgt daraus noch keine Stigmatisierung. Vielmehr erschöpft sich die Feststellung allenfalls in der Aussage, dass das unerlaubte Betreiben genehmigungsbedürftiger Anlagen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes den objektiven Tatbestand des § 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB erfüllt und deshalb ein ordnungsbehördliches Einschreiten rechtfertigt. Damit enthält die Feststellung kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14/12 - juris Rn. 25). Einen solchen Vorwurf hat der Beklagte indessen hier nicht erhoben. Die Einschätzung, die untersagte Tätigkeit sei objektiv strafbar, hat überdies keine Außenwirkung erlangt. Die Bescheide sind nur an die Klägerin gerichtet. Eine Weitergabe an Dritte ist weder substantiiert vorgetragen worden noch aus den Akten zu ersehen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14/12 - juris Rn. 26). Zwar kommt einer vorübergehenden ordnungsbehördlichen oder polizeilichen Schließung einer Anlage Außenwirkung zu, sie hat jedoch nicht zwingend diskriminierenden Charakter. Aus dem Vollzug einer Verwaltungsmaßnahme lässt sich nur ableiten, dass dem Betroffenen ein Verstoß gegen verwaltungsrechtliche Vorschriften und Anordnungen vorgeworfen wird. Ein solcher Vorwurf bewirkt jedoch im Gegensatz zum Vorwurf schuldhafter Verletzung von Strafgesetzen keine Stigmatisierung (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14/12 - juris Rn. 27). Dass die Art und Weise der Schließung des Betriebs vorliegend diskriminierenden Charakter hatte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ein Rehabilitationsinteresse besteht auch nicht aufgrund des seitens der Staatsanwaltschaft Potsdam eingeleiteten strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die Herrn K. und Herrn B., denn dieses zum Az: 4124 Js 8455/21 geführte Verfahren wurde zwischenzeitlich eingestellt, womit die Berufung auf die verwaltungsrechtliche Akzessorietät des § 327 Abs. 2 StGB in jedem Fall ins Leere geht.

cc) Ein berechtigtes Feststellungsinteresse lässt sich auch nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG oder das Eigentumsrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG begründen. In den übrigen Fällen, in denen sich das Anliegen in der bloßen Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts erschöpft, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Art. 19 Abs. 4 GG zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Davon ist nur bei Maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14/12 - juris, Rn. 32). Bei den angegriffenen Verfügungen in Form des Widerrufs, der Stilllegung und der Zwangsgeldandrohung handelt es sich weder der Art nach um Verwaltungsakte, die sich in diesem Sinne typischerweise kurzfristig erledigen, noch haben sie sich vorliegend kurzfristig erledigt.

dd) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für einen etwaigen Staatshaftungsprozess (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14/12 - juris Rn. 44). Dass die Klägerin beabsichtigt, einen auf die Rechtswidrigkeit der Verfügungen für den Zeitraum ab dem 1. April 2022 gestützten Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozess oder sonstigen Staatshaftungsprozess zu führen, hat sie weder vorgetragen noch ist dies erkennbar.

b) Die Klage ist, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die vorbezeichneten Verfügungen ab dem Zeitpunkt ihres Erlasses am 10. Dezember 2020 bis zu dem Zeitpunkt ihres Widerrufs mit Bescheid vom 1. April 2022 rechtswidrig waren, nicht statthaft. Denn es mangelt insoweit an dem Eintritt von Erledigung i.S.d. § 43 Abs. 2 VwVfG. Der Beklagte hat die Verfügungen nach § 49 Abs. 1 VwVfG nur für die Zukunft widerrufen. Diese nur auf die Zukunft bezogene Wirkung kommt zwar im Bescheidtenor nicht explizit zum Ausdruck. Aus der Bescheidbegründung wird jedoch deutlich, dass der Beklagte für die Vergangenheit an den Verfügungen zu den Ziffern 1, 2 und 4 festhalten wollte und daher auch betont hat, dass er an der Gebührenerhebung unter Ziffer 5 festhält. Er erachtet die Verfügungen aufgrund des Betreiberwechsels lediglich für die Zukunft als gegenstandslos. Zudem ist der Bescheid explizit nur an die Rechtsnachfolgerin der Klägerin, die S.er M. GmbH, nicht jedoch an die Klägerin selbst adressiert. Unabhängig davon kann es auch nicht dem Interesse des Beklagten entsprechen, den Widerruf, die Stilllegung und die Zwangsgeldandrohung für die Vergangenheit aufzuheben, da er damit die Grundlage für die in dem Parallelverfahren VG 16 K 1288/21 angefochtene Zwangsgeldfestsetzung rückwirkend beseitigen würde. Gegen die Annahme von Erledigung sprich auch, dass im Falle des Erfolgs der Klägerin im vorliegenden Verfahren durch die verwaltungsgerichtliche Aufhebung gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsvollstreckung rückwirkend ihre Rechtsgrundlage entzogen würde, womit die Verfügungen zu den Ziffern 1, 2 und 4 nach wie vor eine rechtliche Wirkung entfalten (vgl. dazu etwa Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Januar 2012 - 4 B 1425/11 - juris Nr. 16; NVwZ 1993, 1, beck-online)

2. Da sich die vorbezeichneten Verfügungen zu 1, 2 und 4 ab dem Zeitpunkt ihres Erlasses am 10. Dezember 2020 bis zu dem Zeitpunkt ihres Widerrufs mit Bescheid vom 1. April 2022 nicht erledigt haben, ist die innerprozessuale Bedingung für den Hilfsantrag eingetreten.

a) Der Hilfsantrag, im Falle der Nichterledigung von der Fortsetzungsfeststellungsklage zu der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage zurückzukehren, ist zulässig. Der Aufhebungsantrag der Anfechtungsklage und der Fortsetzungsfeststellungsantrag können beliebig (jeweils hilfsweise) kombiniert werden; so kann sowohl die Anfechtungsklage als auch die Fortsetzungsfeststellungsklage hilfsweise gestellt werden, jeweils für den Fall, dass die andere Klage unzulässig sein sollte. Der Übergang vom Feststellungsantrag zurück auf den Anfechtungsantrag ist jederzeit möglich (vgl. NK-VwGO/Heinrich Amadeus Wolff, 5. Aufl. 2018, VwGO § 113 Rn. 295, beck-online m.w.N.).

b) Der Hilfsantrag ist in der Sache jedoch unbegründet. Die für den vorgenannten Zeitraum erlassenen Verfügungen unter den Ziffern 1, 2 und 4 des Bescheids des Beklagten vom 10. Dezember 2020 sind in der Gestalt, die sie durch den Widerspruchsbescheid vom 12. April 2021 gefunden haben, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

aa) Rechtsgrundlage für den Widerruf der Genehmigung vom 2. Juni 2006 in der Fassung der Fristverlängerung vom 12. August 2010 und der Genehmigung zur wesentlichen Änderung vom 15. September 2015 ist § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG.

Hiernach darf eine nach diesem Gesetz erteilte rechtmäßige Genehmigung, auch nachdem sie unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden, wenn die Genehmigungsbehörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, die Genehmigung nicht zu erteilen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

(1) Die Genehmigung vom 2. Juni 2006 in der Fassung der Fristverlängerung vom 12. August 2010 und die Genehmigung zur wesentlichen Änderung vom 15. September 2015 wurden rechtmäßig erteilt. Zum Zeitpunkt der Genehmigung vom 2. Juni 2006 und der Fristverlängerung vom 12. August 2010 lagen die Privilegierungsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB unstreitig vor. Zwar wurde Herr V. zum 26. Januar 2012 als Geschäftsführer der Klägerin abberufen und hatte ab dem 15. Februar 2012 keinerlei gesellschaftsrechtliche Anteile an der Klägerin mehr, sodass zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung zur wesentlichen Änderung im Jahre 2015 die Privilegierungsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB nicht mehr vorlagen (vgl. dazu im Einzelnen die folgenden Entscheidungsgründe). Voraussetzung einer Änderungsgenehmigung gemäß § 16 Abs. 1 BImSchG ist indessen nur das Vorliegen einer - am 15. September 2015 unstrittig vorliegenden - wirksamen (Vor-)Genehmigung (vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 14. Mai 2024 - 2 B 75/24 - juris Rn. 50; Landmann/Rohmer UmweltR/Reidt/Schiller, 105. EL September 2024, BImSchG § 16 Rn. 33, beck-online).

(2) Zudem war der Beklagte als Genehmigungsbehörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt, die Genehmigung nicht zu erteilen.

Gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn

  1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
  2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

Vorliegend sind nachträglich Umstände eingetreten, die dazu geführt haben, dass die streitgegenständliche Biogasanlage nicht mehr nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB als öffentlich-rechtlicher Vorschrift i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG genehmigungsfähig ist.

Nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:

  1. das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
  2. die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
  3. es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
  4. die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt.

Vorliegend wurde die energetische Biomassenutzung jedenfalls ab der Übernahme der Klägerin durch die D. GmbH zum 15. Februar 2012 nicht mehr „im Rahmen“ eines landwirtschaftlichen Betriebes i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB betrieben.

Bei der Formulierung „im Rahmen eines Betriebes“ handelt es sich um eine gesonderte Genehmigungsvoraussetzung. Zwar wird, anders als vor Einführung der Regelung, nicht mehr gefordert, dass die Anlage dienende Funktion für den Betrieb hat oder eine mitgezogene Nutzung desselben ist. Verhindert werden sollen damit jedoch solitär stehende Vorhaben im Außenbereich. Die Biogasanlage muss deshalb „im Anschluss“ an eine bereits bestehende privilegierte Anlage im Außenbereich errichtet und betrieben werden. Ein solcher den Rahmen bildender Anschluss ist nur dann gegeben, wenn der Inhaber des Basisbetriebes maßgeblichen Einfluss auf den Betrieb der Anlage hat. Dies folgt - ohne dass darin eine Überschreitung der Wortlautgrenze der auslegungsbedürftigen Formulierung „im Rahmen des Betriebes“ liegen würde - aus der gesetzgeberischen Intention, mit der Privilegierung eine den Bedürfnissen der Praxis Rechnung tragenden Regelung zu schaffen, die einerseits den Strukturwandel in der Landwirtschaft erleichtert und andererseits dem Gebot des Außenbereichsschutzes weitestmöglich Rechnung trägt. Der gebotene Ausgleich zwischen ihnen liegt darin, dass dem Strukturwandel dann der Vorrang gebührt, wenn die wesentlichen Entscheidungen über die Biogasanlage vom Inhaber des privilegierten Basisbetriebes (bzw. bei einer Kooperation mehrerer privilegierter Betriebe von der Gesamtheit ihrer Inhaber) getroffen wird. Liegt dieser Einfluss dagegen in den Händen eines landwirtschaftsfremden Dritten ohne privilegierte Stellung im Außenbereich, fehlt ein Grund dafür, den Schutz des Außenbereiches zurückzustellen. Dass einem Landwirt auch ohne Einfluss auf den Anlagebetrieb mittelbare Vorteile aus einer Biogasanlage erwachsen können, weil diese ihm Absatz-, Gewinnerzielungs- sowie Bezugsmöglichkeiten für Energie, Wärme und Düngemittel eröffnet, hat der Gesetzgeber für eine Privilegierung nicht ausreichen lassen. Denn eine vom Bundesrat im Jahr 2011 erstrebte Streichung der Voraussetzung „im Rahmen eines Betriebes“ - die Betreiberwechsel erleichtern sollte und ausdrücklich mit dem bisher erforderlichen Einfluss des Betriebsinhabers begründet wurde - ist nicht Gesetz geworden, nachdem die Bundesregierung keinen Änderungsbedarf sah (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Februar 2018 - OVG 11 S 97.17 - nicht veröffentlicht, Seite 7-8 des Beschlussabdrucks m.w.N.).

Nach diesen Maßgaben war ein maßgeblicher Einfluss eines privilegierten Landwirtschaftsbetriebes auf die Biogasanlage spätestens seit der kompletten Übernahme der Klägerin durch die D. GmbH zum 15. Februar 2012 nicht mehr gegeben. Denn die Klägerin, welche als ehemalige Betreiberin der Biogasanlage gestaltenden Einfluss hatte, betrieb keine Landwirtschaft und die S.er M. GmbH und die G. GmbH sind zwar privilegierte Landwirtschaftsbetriebe, vermochten jedoch seit dem 15. Februar 2012 keinen gestaltenden Einfluss auf den Anlagebetrieb mehr zu nehmen. Zwar war Herr V. vor seiner Abberufung als Geschäftsführer der Klägerin Geschäftsführer der Basisbetriebe, der S.er M. GmbH und der G. GmbH, als auch Geschäftsführer der Klägerin, und konnte somit als Geschäftsführer der Basisbetriebe bestimmenden Einfluss auf die Biogasanlage nehmen. Mit seiner Abberufung als Geschäftsführer der Klägerin mit Wirkung zum 26. Januar 2012 bestand jedoch keine Identität, jedenfalls keine Teilidentität mehr zwischen der Geschäftsführung von den Basisbetrieben und der Biogasanlage. Zwar war Gesellschafterin der Klägerin in der Zeit bis zum 14. Februar 2012 neben der D. GmbH (74,9 %) die S.er E. GmbH zu 24,1 %, die wiederum zu 95 % Gesellschafterin der Basisbetrieb ist, und deren Anteilseigner i.H.v. 5 % und Geschäftsführer Herr V. ist. Nach § 311 Abs. 1 Satz 2 HGB wird ein maßgeblicher Einfluss vermutet, wenn ein Unternehmen bei einem anderen Unternehmen mindestens den fünften Teil der Stimmrechte der Gesellschafter innehat, also mindestens 20 %, sodass nach diesem handelsrechtlichen Maßstab bis zum 14. Februar 2012 noch von einem maßgeblichen Einfluss von Basisbetrieben auf Biogasanlage ausgegangen werden konnte. Mit Übernahme sämtlicher Gesellschaftsanteile durch die D. GmbH ab dem 15. Februar 2012 konnten die wesentlichen Entscheidungen über die Biogasanlage indessen nicht mehr vom Inhaber der privilegierten Basisbetriebe, Herrn V., getroffen werden. Ab diesem Zeitpunkt lag der Einfluss vielmehr in den Händen eines landwirtschaftsfremden Dritten ohne privilegierte Stellung im Außenbereich, nämlich dem rein gewerblich agierenden Potsdamer Contracting-Unternehmen D. GmbH. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass Herr V. mindestens 20 % Anteile an der D. GmbH hatte. Ganz im Gegenteil: Die D. GmbH gehört seit 2006 mehrheitlich und seit 2018 vollständig der enercity Aktiengesellschaft, die mit einem Umsatz von über fünf Milliarden Euro zu den größten deutschen kommunalen Unternehmen der Energiebranche gehört (vgl. https://www.enercity.de/presse/pressemitteilungen/2018/D.100; https://helpcenter.enercity.de/hc/de/articles/115004184585-Wer-ist-enercity). Seit dieser Komplettübernahme bestanden bis zum Zeitpunkt des Widerrufs keinerlei wechselseitigen Gesellschaftsanteile oder Vertragsbeziehungen zwischen den Basisbetrieben und der Klägerin, die eine maßgebliche Einflussnahme erlaubt hätten. Es ist weder klägerseits substantiell vorgetragen noch sonst ersichtlich, welche konkrete gesellschaftsrechtliche oder vertragliche Regelung ab dem 15. Februar 2012 mit dauerhafter verbindlicher Wirkung geregelt haben soll, dass der Betriebsinhaber der Basisbetriebe, Herr V., einen maßgeblichen bzw. gestaltenden Einfluss auf den Anlagebetrieb der Biogasanlage nehmen kann. Die am 30. Juli 2009 zwischen der Klägerin und der G. GmbH und der S.er M. GmbH geschlossenen Verträgen und der am 4. Januar 2010 für die Dauer von zehn Jahren zwischen der Klägerin und der S.er M. GmbH geschlossene Vertrag sahen eine solche Regelung ersichtlich nicht vor. Ein solche Gestaltungsmöglichkeit folgte - im Gegensatz zu der Annahme der Klägerin und des Beklagten - auch nicht daraus, dass die Betriebe in Form der vorbezeichneten Verträge eine Zusammenarbeit im Interesse beider Parteien vereinbart hatten. Nicht von der Hand zu weisen ist zwar, dass die Basisbetriebe und die Klägerin über viele Jahre in Form von Substratlieferung, Gärreststoffabnahme, Nutzung der zur Schweinehaltung gehörenden Gülle-/alternativ Gärrestelagerbehälter und Wärmebezug eng miteinander zusammengearbeitet haben. Dass den Basisbetrieben auch ohne Einfluss auf den Anlagebetrieb mittelbare Vorteile aus einer Biogasanlage erwuchsen, weil diese ihm Absatz-, Gewinnerzielungs- sowie Bezugsmöglichkeiten für E., Wärme und Düngemittel eröffnete, hat der Gesetzgeber für eine Privilegierung jedoch gerade nicht ausreichen lassen. Mit Einstellung der Güllelieferung durch die S.er M. GmbH zum 31. Dezember 2019 und Bezug von Schweinegülle von der S.K. Schweinehaltung K. GmbH mit Sitz in K. bestand bereits keinerlei vertragliche Beziehung mehr zu den Basisbetrieben. Schließlich war eine entsprechende vertragliche Regelung auch nicht in dem zwischen der Klägerin und der S.er M. GmbH am 30. Oktober 2020 und dem zwischen der Klägerin und der S.er Agrar GmbH am 11. November 2020 geschlossenen Vertrag verankert.

Die Biogasanlage war auch nicht als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zulässig. Hiernach können sonstige Vorhaben im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Diese Voraussetzungen lagen nicht vor. Das Gericht folgt insoweit vollumfänglich der Begründung des Beklagten auf den Seiten 20 bis 29 des Widerspruchsbescheids vom 12. April 2021, der die anwaltlich vertretene Klägerin überhaupt nicht entgegengetreten ist, und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).

(3) Weiterhin würde ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet.

Hierbei muss es sich um ein Interesse handeln, das über das allgemeine Interesse an der Übereinstimmung des Anlagenbetriebs mit dem materiellen Recht hinausgeht. Allerdings muss das öffentliche Interesse im Rahmen dieser Vorschrift weit ausgelegt werden. Seine Gefährdung kann nicht erst dann angenommen werden, wenn schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu befürchten sind; bei dieser Auslegung fehlte es an einer Abgrenzung zu dem Widerrufsgrund des § 21 Abs. 1 Nr. 5 BImSchG. Eine Gefährdung des öffentlichen Interesses ist daher nicht nur bei einer nachhaltigen Beeinträchtigung besonders wichtiger Rechtsgüter gegeben. Es genügen auch weniger gravierende nachteilige Wirkungen, die von der Anlage ausgehen können (vgl. Landmann/Rohmer UmweltR/Hans-mann/Röckinghausen, 105. EL September 2024, BImSchG § 21 Rn. 35 m.w.N., beck-online).

Diese Anforderungen waren vorliegend erfüllt. Der Beklagte hat das öffentliche Interesse zu Recht darin gesehen, dass der Außenbereich grundsätzlich von nicht privilegierten Vorhaben freizuhalten ist und dass die Anlage aufgrund der von ihr ausgehenden Lärm-, Ammoniak- und Geruchsemissionen sowie der zusätzlich durch die notwendigen Biomassetransporte hervorgerufenen Immissionen öffentliche Belange i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB und Schutzgüter i.S.d. § 1 Abs. 1 BImSchG beeinträchtigt (vgl. so auch in einem vergleichbaren Fall: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Februar 2018 - OVG 11 S 97.17 - nicht veröffentlicht, Seite 11 des Beschlussabdrucks m.w.N.).

(4) Auch die Jahresfrist des § 21 Abs. 2 BImSchG ist eingehalten. Danach ist der Widerruf einer Genehmigung nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig, zu dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche den Widerruf einer Genehmigung rechtfertigen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat im Hinblick auf den mit § 21 Abs. 2 BImSchG inhaltsgleichen § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG, der nach § 49 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 VwVfG auch im Falle des Widerrufs nach § 49 Abs. 2 und 3 VwVfG entsprechend gilt, in seinem Urteil vom 23. Januar 2019 (10 C 5/17) mit Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung folgenden Maßstab angelegt: Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Diese Bestimmung findet Anwendung, wenn die Behörde die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts nachträglich erkennt. Unerheblich ist insoweit, ob die Fehlerhaftigkeit ihre Ursache in einer unzutreffenden Sachverhaltsermittlung oder -bewertung oder in einer rechtlichen Fehleinschätzung hat. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Maßgeblich ist die Kenntnis des zuständigen Amtswalters; dass die erheblichen Tatsachen aktenkundig sind, genügt nicht. Entsprechendes gilt gemäß § 49 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 VwVfG für den Widerruf eines Verwaltungsakts; hier kommt es auf die vollständige Kenntnis der Behörde vom Widerrufsgrund und ebenso von den für die Widerrufsentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen an. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn die Behörde vollständige Kenntnis von dem für die Rücknahme oder den Widerruf des Verwaltungsakts erheblichen Sachverhalt erlangt hat. Das ist der Fall, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage ist, unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme oder den Widerruf zu entscheiden. Die Jahresfrist ist dementsprechend keine Bearbeitungsfrist, sondern eine Entscheidungsfrist. Ist die Sache allerdings bei Anlegung eines objektiven Maßstabes zur Entscheidung reif, so beginnt die Jahresfrist auch dann zu laufen, wenn die Behörde weitere Schritte zur Sachaufklärung unternimmt, die objektiv nicht mehr erforderlich sind. So liegt es insbesondere, wenn das Ermessen der Behörde auf Null reduziert oder doch im Sinne eines "intendierten" Ermessens regelhaft gebunden ist. Die vollständige Kenntnis auch von den für die Ausübung des Rücknahme- oder Widerrufsermessens maßgeblichen Umständen erlangt die Behörde regelmäßig nur infolge einer - mit einer angemessenen Frist zur Stellungnahme verbundenen - Anhörung des Betroffenen. Unterlässt die Behörde die Anhörung, so läuft die Frist nicht; verzögert sie sie, so läuft die Frist gleichwohl nicht früher; allerdings greifen dann gegebenenfalls die Grundsätze der Verwirkung ein. Die Anhörung selbst setzt die Frist noch nicht in Lauf; erst mit der Stellungnahme des Betroffenen erhält die Behörde Kenntnis von den Umständen, die gegebenenfalls bei ihrer Ermessensausübung zu berücksichtigen sind, jedenfalls aber die Gewissheit, dass ihre bisherige Kenntnis vollständig ist; dann läuft die Frist. Entsprechendes gilt, wenn der Betroffene die gesetzte Frist verstreichen lässt, ohne Stellung zu nehmen. Veranlasst die Stellungnahme des Betroffenen die Behörde zu weiterer Sachaufklärung, so läuft die Frist erst mit deren Abschluss und gegebenenfalls einer erneuten Anhörung; zweckmäßigerweise weist die Behörde den Betroffenen hierauf hin (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2019 - 10 C 5/17 - juris Rn. 30-32).

In seinem Urteil vom 28. Juni 2012 (2 C 13/11) hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass die Frist erst bei vollständiger behördlicher Kenntnis der für die Rücknahme maßgebenden Sach- und Rechtslage zu laufen beginnt. Erst wenn die Behörde auf der Grundlage aller entscheidungserheblichen Tatsachen den zutreffenden rechtlichen Schluss gezogen hat, dass ihr die Rücknahmebefugnis zusteht, muss sie innerhalb eines Jahres entscheiden, ob sie davon Gebrauch macht. Daher setzt der Fristbeginn zum einen voraus, dass sich die zuständige Behörde über die Rechtswidrigkeit des begünstigenden Verwaltungsakts im Klaren ist. Sie muss zu der Erkenntnis gelangt sein, dass sie den Verwaltungsakt bislang zu Unrecht für rechtmäßig gehalten hat. Es ist unerheblich, ob sie sich zuvor in einem Irrtum über den entscheidungserheblichen Sachverhalt (Tatsachenirrtum) oder über dessen rechtliche Beurteilung (Rechtsirrtum) befunden hat. Auch wenn der Erlass des begünstigenden Verwaltungsakts darauf beruht, dass die Behörde den ihr vollständig bekannten Sachverhalt rechtsfehlerhaft gewürdigt oder das anzuwendende Recht verkannt hat, beginnt die Jahresfrist erst mit der Kenntnis des Rechtsfehlers zu laufen. Zum anderen setzt der Fristbeginn voraus, dass sich die zuständige Behörde darüber im Klaren ist, dass sich aus der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts die Befugnis zu dessen Rücknahme ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2012 - 2 C 13/11 - juris 27-29 m.w.N.).

Gemessen an diesem auf § 21 Abs. 2 BImSchG übertragbaren Maßstab begann die in dieser Norm vorgesehene Frist erst mit Eingang der Stellungnahme der Bauaufsichtsbehörde vom 7. Dezember 2020 zu laufen.

Seinen Widerruf der zu Gunsten der Klägerin erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen stützt der Beklagte darauf, dass es seit Auslaufen der vertraglichen Verbindung mit der benachbarten Schweineanlage der S.er M. GmbH über die Lieferung von Schweinegülle und Abnahme von Gärreststoff zum Ende des Jahre 2019 und des damit einhergehenden Bezugs der gesamten eingesetzten Inputstoffe ab dem 1. Januar 2020 von überregionalen Anbietern an den Privilegierungsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB fehle, und auch die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegten und in dem Zeitraum Oktober-November 2020 zwischen der S.er Agrar und der S.er M. GmbH als Basisbetriebe und der Klägerin als Biogasanlagenbetreiberin geschlossenen Verträge über die Lieferung von Grassilage, Ganzpflanzensilage, Futterroggen, Schweinegülle und Wärme sich nicht dafür eignen würden, um eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB anzunehmen. Der Beklagte verweist dabei in dem Ausgangsbescheid auf die Stellungnahme der Bauaufsichtsbehörde vom 7. Dezember 2020 und gibt in dem Widerspruchsbescheid vom 12. April 2021 die Ausführungen der Bauaufsichtsbehörde aus dieser Stellungnahme nahezu wortgleich wieder.

Soweit die Klägerin einwendet, dass dem Beklagten zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits seit zehn Jahren bekannt gewesen sei, dass eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Basisbetriebs an der Klägerin, die der Beklagte augenscheinlich für erforderlich erachte, nie bestanden habe, und die Anlage in den vergangenen Jahren wiederholt unter Zugrundelegung einer Zulieferung von Substraten durch den Basisbetrieb von weniger als 50 % zugelassen worden sei, kann sie damit nicht durchdringen.

Zu Gunsten der Klägerin ist zwar zur konstatieren, dass nicht ersichtlich ist, inwiefern die vertragliche Situation zwischen Basisbetrieben und der Klägerin im Oktober/November 2020 anders zu bewerten sein sollte, als die davor geltende vertragliche Situation. Denn nicht erst durch die Verträge vom 30. Oktober 2020 (Mindestmenge: 1.500 m³/a Schweinegülle) und 11. November 2020 (2.000 t/a Grassilage, 500 t/a Roggen GPS und 500 t/a Futterroggen), sondern bereits durch Änderungsanzeige vom 1. Oktober 2012 (Mindestmenge: 4.500 m³/a Schweinegülle) war eine unterhalb von 50 % der zulässigen 14.209 t/a liegende, gesicherte Substratgesamtmenge der Basisbetriebe vorgesehen. Darüber hinaus wurde dem Beklagten bereits mit Schreiben der Klägerin vom 9. Februar 2012 mitgeteilt, dass Herr V. als Geschäftsführer der Klägerin mit Wirkung zum 26. Januar 2012 abberufen wurde, sodass er bereits damals wusste, dass keine Identität, jedenfalls keine Teilidentität zwischen der Geschäftsführung von Basisbetrieben und Biogasanlage mehr besteht. Zwar fand nach unbestrittenem Vortrag des Beklagten am 20. Februar 2012 ein Gesprächstermin bei dem Beklagten statt, bei dem Herr K. und Herr G. (D. GmbH) mitgeteilt hatten, dass die S.er E. GmbH mit Herrn V. als Geschäftsführer mehr als 25 % an der Klägerin halte, was nach den vorstehenden Ausführungen für die Annahme eines maßgeblichen Einflusses jedenfalls nach handelsrechtlichen Maßstäben reichen würde. Die Verwaltungsvorgänge lassen jedoch darauf schließen, dass dem Beklagten in der Folgezeit bekannt wurde, jedenfalls bekannt sein musste, dass die Klägerin im Jahre 2012 vollständig von der D. GmbH übernommen wurde und damit keinerlei gesellschaftsrechtliche Beteiligung der Basisbetriebe an der Klägerin mehr besteht.

Der Beklagte ging jedoch rechtsirrtümlich davon aus, dass allein aufgrund der zwischen der S.er M. GmbH, der G. GmbH und der Klägerin in dem Zeitraum 2009-2010 geschlossenen Verträge über die Lieferung von Schweinegülle und Mais- und Grassilage an die Klägerin und die Lieferung von Wärme an die S.er M. GmbH die von der Klägerin in dem damaligen Zeitraum betriebene Biogasanlage i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs der S.er M. GmbH und der G. GmbH dient. Er verkannte das anzuwendende Recht dahingehend, dass der Umstand, dass einem Landwirt aus einer Biogasanlage mittelbare Vorteile erwachsen, weil diese ihm Absatz-, Gewinnerzielungs- sowie Bezugsmöglichkeiten für E., Wärme und Düngemittel eröffnet, für eine Privilegierung nicht ausreicht. Rechtsfehlerhaft übersah er, dass spätestens mit der kompletten Übernahme der Klägerin durch die D. GmbH jedenfalls auf vertraglicher Ebene hätte sichergestellt werden müssen, dass die wesentlichen Entscheidungen über die Biogasanlage der Klägerin vom Inhaber der privilegierten Basisbetriebe, also der S.er M. GmbH und/oder der G. GmbH getroffen werden müssen. Erst im Zuge des Schreibens der Klägerin vom 16. Dezember 2019, im Rahmen dessen die Klägerin anzeigte, dass ab Januar 2020 bei gleichbleibender Inputmenge der Bezug von bis zu 7.000 Kubikmetern Schweinegülle von der S.K. Schweinehaltung K. GmbH mit Sitz in K. geplant sei, und des Umstands, dass damit die Güllelieferung durch die S.er M. GmbH zum 31. Dezember 2019 eingestellt wurde, kam es zu einer eingehenden Prüfung der bauplanungsrechtlichen Privilegierung, in deren Zuge am 5. März 2020 beim Beklagten ein Gespräch des Beklagten mit der Klägerin, ihrem Prozessbevollmächtigten als auch Vertretern des Landwirtschaftsamtes und der unter unteren Wasserbehörde des Landkreises Teltow-Fläming stattfand und in dessen Rahmen die Klägerin darüber informiert wurde, dass die Frage des Fortbestehens der Privilegierung des Betriebes der Biogasanlage im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 BauGB aufgrund geänderter Gülleherkunft und Gärreststoffabgabe erneut aufgeworfen und zu prüfen sei. Erst diese Anzeige der kompletten Aufgabe der Vertragsbeziehungen zu den Basisbetrieben zog eine eingehende Klärung der Rechtslage durch den Beklagten nach sich. Sie führte dazu, dass die Klägerin nach Stellungnahme der Bauaufsicht vom 3. August 2020 am 9. November 2020 von dem Beklagten zum Erlass der Ordnungsverfügung vom 10. Dezember 2020 angehört wurde und am 25. November 2020 drei neue Verträge übermittelte, die den Beklagten zu einer erneuten Beteiligung der Bauaufsichtsbehörde veranlassten. Erst mit der Stellungnahme der Bauaufsicht vom 7. Dezember 2022 sah der Beklagte die Überprüfung als abgeschlossen an, sah sich objektiv in der Lage, unter sachgerechter Ausübung seines Ermessens über den Widerruf zu entscheiden und erließ umgehend am 10. Dezember 2020 die streitgegenständliche Ordnungsverfügung.

(5) Schließlich erweist sich der Widerruf auch auf Rechtsfolgenebene als ermessensfehlerfrei.

Weder überschreitet der Widerruf die Ermessensgrenzen aus § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG noch hat der Beklagte in einer Weise von der Vorschrift Gebrauch gemacht hat, die nicht dem Zweck der Ermächtigung entspricht, § 114 Satz 1 VwGO. Insbesondere wahrt die Maßnahme den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Nicht von der Hand zu weisen ist zwar, dass der Widerruf der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung einen weitrechenden Eingriff in die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Klägerin und ihr nach Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Eigentumsrecht darstellt. Bei der Anforderung des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB, dass es sich um ein Vorhaben handeln muss, welches der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dient, handelt es sich indessen um eine grundlegende Privilegierungsvoraussetzung für eine Biogasanlage. Das öffentliche Interesse an der Einhaltung dieser zentralen bauplanungsrechtlichen Voraussetzung überwiegt die grundrechtlich geschützten Interessen der Klägerin. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass weder eine nachträgliche Anordnung, die Durchsetzung einer Auflage noch eine Untersagungsverfügung als milderes Mittel in Betracht gekommen sind, da die genehmigungshindernde Tatsache eine bauplanungsrechtliche ist und es allein der Klägerin oblag, mit den Basisbetrieben vertragliche oder gesellschaftsrechtliche Regelungen zu schaffen, die sicherstellen, dass die wesentlichen Entscheidungen über die Biogasanlage vom Inhaber der privilegierten Basisbetriebe getroffen werden. Ein atypischer Fall, welcher ausnahmsweise ein Absehen von einem Widerruf gebieten würde, wurde klägerseits bereits nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht erkennbar.

bb) Rechtsgrundlage der Stilllegungsverfügung ist § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG. Hiernach soll die zuständige Behörde anordnen, dass eine Anlage, die ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird, stillzulegen oder zu beseitigen ist. Die Bestimmung knüpft an die formelle Illegalität genehmigungsbedürftiger Anlagen an (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1992 - 7 C 22/91 - juris Rn. 14) und setzt deshalb voraus, dass eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige, aber nicht genehmigte Anlage errichtet und betrieben wird.

Dies war vorliegend der Fall. Denn die Genehmigung vom 2. Juni 2006 in der Fassung der Fristverlängerung vom 12. August 2010 und die Genehmigung zur wesentlichen Änderung vom 15. September 2015 wurden zeitgleich mit der Stilllegungsverfügung nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG widerrufen, sodass sich der Betrieb der Biogasanlage ab diesem Zeitpunkt als formell illegal erwies.

Der Beklagte hat auch von dem nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht.

Wegen des hohen Rangs, den das Bundesimmissionsschutzgesetz der Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen bei Errichtung und Betrieb von Anlagen einräumt, und wegen der Bedeutung, die das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren bei bestimmten Anlagen für die Gewährleistung dieses Ziels spielt, ermächtigt § 20 Abs. 2 BImSchG die Behörde zwar dazu, im Regelfall die Stilllegung einer ungenehmigt betriebenen Anlage anzuordnen („soll“). Darin liegt jedoch zugleich die aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgende Beschränkung, dass in atypischen Fällen zu prüfen und darüber zu entscheiden ist, ob ein milderes Mittel ausreicht, die Einhaltung der Pflichten des Betreibers, wie § 5 BImSchG es fordert, zu gewährleisten (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1989 - 7 C 35/87 - juris, Rn. 29). Ein atypischer Fall in diesem Sinne wurde klägerseits bereits nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht erkennbar. Auch fällt das öffentliche Interesse an der Verhinderung eines ungenehmigten Betriebes im Hinblick auf die Ermessenseinschränkung in § 20 Abs. 2 BImSchG und die Strafvorschrift des § 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB besonders ins Gewicht. Die Stilllegung soll zudem der Klägerin den ungerechtfertigten Vorteil nehmen, den sie gegenüber gesetzestreuen Betreibern mit einem ungenehmigten Betrieb der Biogasanlage erzielen würde, um so der gesetzlichen Ordnung Geltung zu verschaffen. Überdies haben die wirtschaftlichen Folgen der Stilllegung ihre Ursache in der fehlenden Privilegierung der Anlage. Des Weiteren lag zum Zeitpunkt der Stilllegung auch kein hinreichend konkreter Genehmigungsantrag vor, aus dem sich ergab, dass der Privilegierungstatbestand offensichtlich erfüllt ist. Schließlich hat der Beklagte auch keinen Vertrauenstatbestand dahingehend gesetzt, dass er von einer Stilllegung der Anlage Abstand nehmen werde. Vielmehr hat er in der Folgezeit der Anzeige des Auslaufens der Vertragsbeziehungen mit der benachbarten Schweineanlage der S.er M. GmbH beginnend mit dem am 5. März 2025 stattgefundenen Termin gegenüber der Klägerin deutlich kommuniziert, dass das Fortbestehen der Privilegierung des Betriebs der Biogasanlage fraglich sei, und zu keinem Zeitpunkt, geschweige denn über einen längeren Zeitraum die Klägerin darauf vertrauen lassen, dass mit Blick auf die zunächst beendeten und anschließend wiederaufgenommenen Vertragsbeziehungen zu den Basisbetrieben von einer Stilllegung abgesehen werde.

cc) Auch die auf Grundlage der §§ 3, 27 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 und 28 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg (VwVGBbg) vom 16. Mai 2013 (GVBl.I/13, [Nr. 18]) zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 15. Oktober 2018 (GVBl.I/18, [Nr. 22], S.29), erlassene Zwangsgeldandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit wird auf die Begründung des Ausgangs- und Widerspruchsbescheids verwiesen, der die anwaltlich vertretene Klägerin überhaupt nicht im Einzelnen entgegengetreten ist (§ 117 Abs. 5 VwGO).

3. Soweit die Klage auf Aufhebung der Gebührenforderung unter Nummer 5 des Bescheides des Beklagten vom 10. Dezember 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2021 gerichtet ist, ist sie zulässig, jedoch unbegründet. Die Erhebung einer Gebühr i.H.v 2.500 € begegnet keinen rechtlichen Bedenken und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Gebühr sind die §§ 1 Abs. 1, 2, 10 Abs. 1, 11, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 15 Abs. 1 Satz 1 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg (GebGBbg) vom 7. Juli 2009 (GVBl.I/09, [Nr. 11], S. 246), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 10. Juli 2014 (GVBl.I/14, [Nr. 32]) i.V.m. den Tarifstellen 2.1.9 und 2.1.11 der Gebührenordnung des Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (GebOMUGV) vom 22. November 2011 (GVBl.II/11, [Nr. 77]) zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 8. Oktober 2020 (GVBl.II/20, [Nr. 96], S.2).

Die auf dieser Grundlage erfolgte Festsetzung einer Verwaltungsgebühr i.H.v. 2.500 € erweist sich als rechtmäßig.

Nach Tarifstelle 2.1.9 GebOMUGV ist für die immissionsschutzrechtliche Anordnung der Stilllegung nach § 20 Abs. 2 BImSchG ein Gebührenrahmen von 700,00 bis 12.000,00 Euro vorgegeben. Für den Widerruf einer Genehmigung gemäß § 21 BImSchG bestimmt Nr. 2.1.11 GebOMUGV eine Rahmengebühr i.H.v. 300 bis 3000 €. Die Bemessung der Rahmengebühr bestimmt sich nach § 14 Abs. 1 GebGBbg. Danach sind bei der Festsetzung der Gebühr im Einzelfall zu berücksichtigen der mit der öffentlichen Leistung verbundene Verwaltungsaufwand (Nr. 1) und die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen der öffentlichen Leistung für den Schuldner sowie auf Antrag dessen wirtschaftliche Verhältnisse (Nr. 2). Der Beklagte hat für die Stilllegung eine Gebühr in Höhe von 1.500 € und für den Widerruf in Höhe von 1.000,00 € festgesetzt und sich damit in den vorgegebenen Rahmen gehalten. Den mit der Stilllegung und dem Widerruf einhergehenden Verwaltungsaufwand hat er nachvollziehbar als mittel bewertet. Die Einstufung der Bedeutung der Sache als auch der Bedeutung für die öffentliche Leistung als hoch und der wirtschaftlichen Bedeutung der Verfügung als nicht völlig unbeachtlich, ist nachvollziehbar. Soweit er mit Blick darauf hinsichtlich der Stilllegung die Gebühr mit einem Achtel und hinsichtlich des Widerrufs mit einem Drittel der maximal zu erhebenden Gebühr bemessen hat, ist dies einleuchtend. Einwände gegen diese Gebührenbemessung hat die Klägerin nicht vorgebracht. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich.

Soweit die Klägerin gegen die für die Stilllegungs- und Widerrufsverfügung erhobene Gebühr allein geltend macht, dass die rechtsstaatliche Voraussetzung jeder Gebührenerhebung in Form der Rechtmäßigkeit der zu Grunde liegenden Amtshandlungen nicht vorliege, kann sie damit nicht durchdringen. Den sowohl der Widerruf als auch die Stilllegung erweisen sich aus den vorstehenden Gründen, auf die insoweit zur Begründung verwiesen wird, als rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Potsdam, Friedrich-Ebert-Straße 32, 14469 Potsdam, zu stellen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen.

Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch nach § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zugelassene Bevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung.

B e s c h l u s s:

Der Streitwert wird auf 12.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 und 3 Satz 1 GKG. Nach § 52 Abs. 2 GKG ist ein Streitwert von 5.000,00 € anzunehmen, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet. Da ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Bemessung der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache für die Klägerin fehlen - etwa zum entgangenen Gewinn oder den Investitionskosten der Klägerin - legt das Gericht für die Wertermittlung den Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 € zugrunde, der jeweils gesondert für die Widerrufs- und die Stilllegungsverfügung anfällt. Zu addieren war die ebenfalls angegriffene Gebührenfestsetzung i.H.v. 2.500,00 € (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, wonach für den Fall, dass der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt betrifft, deren Höhe maßgebend ist). Die Zwangsgeldandrohung bleibt in Anlehnung an Ziffer 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (online abrufbar unter: https://www.bverwg.de/recht sprechung/streitwertkatalog) bei der Streitwertfestsetzung vorliegend außer Betracht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen wird.

Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Potsdam, Friedrich-Ebert-Straße 32, 14469 Potsdam, innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen.