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Entscheidung 13 WF 41/25


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 02.05.2025
Aktenzeichen 13 WF 41/25 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2025:0502.13WF41.25.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

  1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 10.04.2025 - 29 F 258/24 - wird zurückgewiesen.

  2. Die Antragstellerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs in einem Kindschaftsverfahren betreffend den Umgang des Antragsgegners mit seiner im Haushalt der Antragstellerin lebenden Tochter ... (Name 01).

Mit Schriftsatz vom 26.03.2025, beim Amtsgericht eingegangen am 03.04.2025, hat die Antragstellerin den zuständigen Richter am Amtsgericht ... (Name 02) unter Hinweis auf sein Verhalten während des Anhörungstermins am 13.03.2025 und den Inhalt der einstweiligen Anordnung vom 13.03.2025, ergänzt durch Beschluss vom 02.04.2025, abgelehnt.

Der Richter hat sich unter dem 04.04.2025 dienstlich geäußert.

Durch die angefochtene Entscheidung vom 10.04.2025 hat das Amtsgericht durch die Vertreterin des abgelehnten Richters das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt. Es hat der dagegen gerichteten Beschwerde der Antragstellerin, die am 25.04.2025 beim Amtsgericht eingegangen ist, durch Beschluss vom 28.04.2025 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die nach §§ 6 Abs. 2 FamFG, 567 ff ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde der Antragstellerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Nach §§ 6 Abs. 1 Satz 1 FamFG, 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.

Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der böse Schein, das heißt der Eindruck mangelnder Objektivität (BVerfG, NJW 2012, 3228; OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, BeckRS 2024, 25032). Entscheidend ist, ob ein/e Verfahrensbeteiligte/r bei vernünftiger Würdigung aller Umstände objektiv Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit einer/s Richterin/s zu zweifeln. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn ein/e Beteiligte/r bei verständiger Würdigung des Sachverhalts berechtigten Grund zu der Annahme hat, dass die/der abgelehnte Richter/in eine Haltung einnimmt, die ihre/seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (BGH NJW-RR 2022, 209). Dazu zählen Verstöße gegen das verfahrensrechtliche Gleichbehandlungsgebot, eine negative Einstellung gegenüber einer/m Beteiligten unter Bevorzugung einer/s anderen Beteiligten, unsachliche Äußerungen oder die willkürliche Benachteiligung oder Behinderung einer/s Beteiligten in der Ausübung ihrer/seiner Rechte (Brandenburgisches OLG NJW-Spezial 2021, 8). Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die aus der Sicht einer/s verständigen Beteiligten berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit der/des abgelehnten Richterin/s aufkommen lassen (st. Rspr. d. BGH, z.B. BGH NJW-RR 2023, 431 m.w.N.), während rein subjektive Vorstellungen oder Gedankengänge der oder des Ablehnenden als Ablehnungsgründe ausscheiden (BGH NJW 2021, 385).

Keine tauglichen Ablehnungsgründe sind vorläufige Meinungsäußerungen und Einschätzungen des Richters im Rahmen der materiellen Verfahrensleitung, bloße Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen, soweit die Grenze zur Willkür nicht überschritten ist (OLG Brandenburg, 1. Zivilsenat, NJW-RR 2024, 741). Die Befangenheitsablehnung stellt insbesondere kein Instrument zur Fehler- und Verfahrenskontrolle dar. Denn im Ablehnungsverfahren geht es allein um die Parteilichkeit der Richterin/des Richters und nicht um die Richtigkeit ihrer/seiner Handlungen und Entscheidungen, deren Überprüfung allein dem Rechtsmittelgericht vorbehalten ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann geboten, wenn die Gestaltung des Verfahrens oder die Entscheidungen der Richterin/des Richters sich so weit von den anerkannten rechtlichen – insbesondere verfassungsrechtlichen – Grundsätzen entfernen, dass sie aus der Sicht der/des Beteiligten nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen und dadurch den Eindruck einer willkürlichen oder doch jedenfalls sachfremden Einstellung der Richterin/des Richters erwecken (OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, BeckRS 2024, 25032).

Hieran gemessen rechtfertigt weder die von der Antragstellerin beanstandete Gestaltung der persönlichen Anhörung des Kindes ... (Name 01) am 13.03.2025, noch die im Wege der einstweiligen Anordnung vom 13.03.2024, ergänzt durch Beschluss vom 02.04.2025, erfolgte Einrichtung einer Umgangspflegschaft die Besorgnis einseitiger Benachteiligung der Antragstellerin durch den abgelehnten Richter. In Ansehung der beanstandeten Herbeiführung eines Aufeinandertreffens zwischen ... (Name 01) und dem Antragsgegner im Rahmen der Kindesanhörung ist schon nicht naheliegend oder von der Antragstellerin nachvollziehbar dargelegt, inwieweit sich darin die Besorgnis einer Parteinahme des Richters zulasten der Antragstellerin manifestieren könnte.

Gleiches gilt auch für die beanstandete Anordnung der Umgangspflegschaft. Die Bedenken gegen die Vollständigkeit und Rechtmäßigkeit dieser Anordnung, auf die der Senat im Rahmen des Beschwerdeverfahrens zum Aktenzeichen 13 UF 36/25 hingewiesen hat, bieten keinen Anlass für die Annahme eines sachfremden, willkürlichen Handelns des abgelehnten Richters.

Für eine einseitige Benachteiligungsabsicht des abgelehnten Richters gegenüber der Antragstellerin trägt diese nichts Tragfähiges vor, und dafür ist auch im Übrigen nichts ersichtlich. Das Argument der Antragstellerin, die mit der Umgangspflegschaft verbundenen Kosten werde angesichts der dem Antragsgegner bewilligten Verfahrenskostenhilfe allein sie zur Hälfte zu tragen haben, vermag eine Benachteiligungsabsicht nicht erkennen lassen. Anhaltspunkte dafür, dass der abgelehnte Richter die Umgangspflegschaft angeordnet hat, um einseitig die Antragstellerin mit Kosten zu belasten, trägt die Antragstellerin nicht vor, und dafür ist schon angesichts der von ihr zugrunde gelegten hälftigen Kostenteilung auch im Übrigen nichts ersichtlich. Auch ist nicht ersichtlich oder von der Antragstellerin dargelegt, inwieweit die durch den Ergänzungsbeschluss vom 02.04.2025 erfolgte Konkretisierung der Umgangspflegschaft dahingehend, dass diese die angefochtene Umgangsregelung sichern soll, zu der von der Antragstellerin beanstandeten Benachteiligung durch den abgelehnten Richter führen könnte.

Die Bemerkung des abgelehnten Richters gegenüber der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin im Rahmen der Anhörung der erwachsenen Beteiligten am 13.03.2025, sie habe offensichtlich den falschen Beruf ausgewählt, sowie die von der Antragstellerin beanstandete Lautstärke der an ihre Verfahrensbevollmächtigte gerichteten Äußerungen des Richters begründen ebenfalls nicht den Anschein der Voreingenommenheit.

Bloße Unmutsäußerungen einer Richterin/eines Richters bzw. Unmutsaufwallungen (vgl. BGH NJW 2018, 2578) oder sonstige gegen eine/n Beteiligte/n oder deren/dessen Verfahrensbevollmächtigten gerichtete Äußerungen / Handlungen führen nicht ohne Weiteres die Besorgnis der Befangenheit herbei. Dies gilt auch und vor allem in den vielfach (hoch) emotional geführten familienrechtlichen Streitigkeiten angesichts derer persönlichen Dynamik (OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, BeckRS 2024, 25032). In freier Rede und Gegenrede während der mündlichen Verhandlung, insbesondere im Rahmen einer - wie vorliegend unstreitig - aufgeheizten Atmosphäre kann nicht jede umgangssprachliche, bildliche Wendung oder jede deutliche Unmutsäußerung die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen (vgl. MüKoZPO/Stackmann, 7. Aufl. 2025, § 42 ZPO Rn. 35). Hieran gemessen sind die in Rede stehenden Unmutsäußerungen und deren Lautstärke gegenüber der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin kein objektivierbarer Grund der Besorgnis einer Befangenheit, zumal der abgelehnte Richter, wie er in seiner dienstlichen Stellungnahme mitgeteilt hat, den Hinweis auf die Berufswahl der Verfahrensbevollmächtigten ausdrücklich in den Zusammenhang der - nach § 176 GVG zutreffenderweise allein ihm obliegenden - Verhandlungsführung gestellt hat. Im Lichte der unstreitig hitzigen Auseinandersetzung des abgelehnten Richters und der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin über den Umfang der angemessenen Worterteilung und des Rederechts im Laufe des Anhörungstermins vom 13.03.2025 bietet auch die von der Antragstellerin beanstandete Ankündigung des abgelehnten Richters, die Verfahrensbevollmächtigte werde schon sehen, was sie davon habe, keinen objektivierbaren Anlass zur Annahme einseitiger Voreingenommenheit. Da insoweit schon nicht erkennbar ist oder von der Antragstellerin dargelegt wird, worauf sich diese Ankündigung beziehen sollte, ist ihr ein objektivierbarer Erklärungsinhalt, der die Annahme der Voreingenommenheit des abgelehnten Richters zulassen könnte, nicht zu entnehmen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.