Gericht | OLG Brandenburg 4. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 14.05.2025 | |
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Aktenzeichen | 4 U 76/24 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2025:0514.4U76.24.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I.
Der Kläger ist mit einem Anteil von 3,466 % Gesellschafter der Beklagten, die einen Landwirtschaftsbetrieb unterhält; Mitgesellschafter mit einem Geschäftsanteil von je 15,466 % sind („Name 01“), („Name 02“) und („Name 03“), ferner („Name 04“) und die Agrargenossenschaft („Firma 01“) mit einem Geschäftsanteil von je 3,466 %, die übrigen Geschäftsanteile von 43,194 % hält die Beklagte selbst.
Die Hauptgesellschafter („Name 01“), („Name 02“) und („Name 03“) beabsichtigten, ihre Geschäftsanteile zu veräußern bzw. einen Generationenwechsel herbeizuführen und trafen mit dem durch („Name 05“) beratenen Kläger und seiner Ehefrau für die von ihnen als Vorstand vertretene Agrargenossenschaft („Firma 02“) am 15.05.2020 eine "Absichtserklärung", die im Zusammenhang mit dem Verkauf der Geschäftsanteile an die Genossenschaft u.a. einen Verkauf von je 30 ha Grünland und Acker an die drei Gesellschafter, einen Pachtvertrag über diese Grundstücke und ein Rückkaufrecht der Beklagten bei Weiterverkauf vorsah. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die "Absichtserklärung" (Anlage K 4, Bl. 39ff d.A.) Bezug genommen. Nachdem der Kläger den Geschäftsanteil von 3,466 % an der Beklagten erworben hatte und zum Geschäftsführer bestellt worden war, nahmen die drei Hauptgesellschafter von diesem Vorhaben Abstand. In der Gesellschafterversammlung vom 11.05.2021 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen. Ferner wurde - gegen die Stimmen des Klägers - der Verkauf von je 20 ha Grünland und Ackerland, im Verhältnis 1:2 an die Gesellschafter („Name 01“), („Name 02“) und („Name 03“) "zum aktuellen Bodenrichtwert" sowie beschlossen, dass der Inhalt der abzuschließenden Kaufverträge ebenfalls der Zustimmung der Gesellschafterversammlung unterliege. In der Gesellschaftsversammlung vom 27.08.2021 wurde - wiederum gegen die Stimmen des Klägers - beschlossen, die vorbereiteten Landkaufverträge abzuschließen:
TOP 4: Beschluss über die Zustimmung der Gesellschafter, einen notariellen Kaufvertrag über den Verkauf von 12,9093 ha Ackerland und 7,1334 ha Grünland zu einem Kaufpreis in Höhe von insgesamt 159.255,60 € und einem entsprechenden Pachtvertrag über 12 Jahre mit einer Pacht in Höhe von 150,00 €/ha mit Herrn („Name 01“) abzuschließen.
TOP 5: Beschluss über die Zustimmung der Gesellschafter, einen notariellen Kaufvertrag über den Verkauf von 13,4880 ha Ackerland und 6,3130 ha Grünland zu einem Kaufpreis in Höhe von insgesamt 159.097,60 € und einem entsprechenden Pachtvertrag über 12 Jahre mit einer Pacht in Höhe von 150,00 €/ha mit Frau („Name 03“) abzuschließen.
TOP 6: Beschluss über die Zustimmung der Gesellschafter, einen notariellen Kaufvertrag über den Verkauf von 13,0134 ha Ackerland und 7,0559 ha Grünland zu einem Kaufpreis in Höhe von insgesamt 159.675,68 € und einem entsprechenden Pachtvertrag über 12 Jahre mit einer Pacht in Höhe von 150,00 €/ha mit Frau („Name 02“) abzuschließen.
Gegen diese am 27.08.2021 gefassten Beschlüsse wendet sich der Kläger mit seiner am 22.09.2021 eingegangenen und am 01.10.2021 zugestellten Klage.
Der Kläger hat geltend gemacht, die in der Gesellschafterversammlung vom 27.08.2021 gefassten Beschlüsse zum Abschluss der Grundstückskaufverträge einschließlich der als Anlage 1 vorgesehenen pachtvertraglichen Regelungen litten unter formellen und inhaltlichen Mängeln, die zur Nichtigkeit, jedenfalls Anfechtbarkeit führten. Die Gesellschafterversammlung sei nicht ordnungsgemäß einberufen worden, denn entgegen § 7 Abs. 2 der Satzung sei die Ladung nicht durch eingeschriebenen Brief erfolgt, („Name 02“) sei überhaupt nicht und er selbst nicht unter seiner Privatanschrift, sondern unter der Adresse der Agrargenossenschaft („Firma 02“) geladen worden. Die Ladung genüge nicht den Anforderungen des § 51 Abs. 2 GmbHG, da darin die zu veräußernden Grundstücke, die vorgesehenen Kaufpreise, Pachtlaufzeit und Pachthöhe nicht benannt wurden. Zudem seien in der Gesellschafterversammlung wesentliche Informationen vorenthalten worden.
Mit den Beschlüssen würden den Hauptgesellschaftern unzulässige Sondervorteile i.S.d. § 243 Abs. 2 AktG gewährt, weil die zu vereinbarenden Kaufpreise noch unterhalb des auf den 31.12.2020 veröffentlichten Bodenrichtwerts lägen, der Verkehrswert der Grundstücke indes aufgrund der steigenden Kaufpreisentwicklung, der großen Verkaufslose und deren Arrondierung mindestens 20 % über dem Bodenrichtwert liege. Die vorgesehenen Pachten von 150 €/qm seien zu hoch, für Neuverpachtungen betrage die jährliche Pacht 120 €/qm für Ackerland und 80 €/qm für Grünland. Die Gesellschafter hätten das Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung auch gekannt; der Kläger habe auf die Problematik hingewiesen. Der Veräußerung hätte auch deshalb nicht zugestimmt werden dürfen, weil der Gesellschaft damit mittel- und langfristig die Produktionsgrundlage entzogen werde, und dies wiederum zu einem Wertverlust der Geschäftsanteile führe.
Die Beklagte hat gegen ihre Inanspruchnahme im Wesentlichen eingewandt, etwaige Form- oder Fristfehler seien geheilt. Die Kaufpreise seien angemessen, sie lägen noch über denjenigen, zu denen die Gesellschaft selbst Flächen erworben habe; ohnehin sei das Vorkaufsrecht der Beklagten sowie die grundpfandrechtliche Absicherung der Pachtverträge verkehrswertmindernd zu berücksichtigen. Die Anfechtungsklage sei rechtsmissbräuchlich, denn der Kläger habe erklärt, die Anfechtungsklage zurücknehmen zu wollen, wenn er wieder zum Geschäftsführer bestellt und ebenfalls an Landkäufen beteiligt werde.
Das Landgericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und mit Urteil vom 24.05.2024, auf dessen tatsächliche Feststellungen hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, die Nichtigkeit der am 27.08.2021 gefassten Beschlüsse festgestellt. Zur Begründung hat es ausgeführt, etwaige Einberufungsmängel führten nicht zur Nichtigkeit der in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse, denn sämtliche Gesellschafter seien anwesend gewesen und hätten der Abhaltung der Gesellschafterversammlung auch nicht widersprochen. Auch der Vorwurf, die Versammlung sei wegen unzureichender Unterrichtung über die Laufzeit der Pachtverträge nicht beschlussfähig gewesen, bleibe mangels in der Gesellschafterversammlung erhobenen Widerspruchs folgenlos.
Die angegriffenen Beschlüsse seien nichtig, weil sie den begünstigten Gesellschaftern Sondervorteile gewährten. Gemäß § 241 Nr. 3 AktG analog seien Beschlüsse einer GmbH nichtig, wenn sie mit dem Wesen der GmbH nicht zu vereinbaren seien oder durch ihren Inhalt Vorschriften verletzt würden, die ausschließlich den Schutz der Gesellschaft oder der Gläubiger dienten; nach § 241 Nr. 4 AktG seien Beschlüsse nichtig, die ihrem Inhalt nach gegen die guten Sitten verstießen. Ein Beschluss, der einem Gesellschafter oder Dritten einen sittenwidrigen Sondervorteil gewähre, sei nichtig, wobei entscheidend sei, ob der angestrebte Vorteil eine rechtliche Missbilligung verdiene. Ein Sondervorteil sei indiziert, wenn der Vorteil nicht zu marktüblichen Konditionen gewährt werde. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Verkauf der Grundstücke nicht zu marktüblichen Konditionen erfolgen sollen, denn der mit 0,88 €/qm vereinbarte Kaufpreis für Ackerland liege 0,13 €/qm unterhalb des vom Sachverständigen mit 1,01 €/qm ermittelten Verkehrswertes. Auch der Verkehrswert für Grünland von 0,70 €/qm werde unterschritten. Der Sachverständige habe von insgesamt 21 Verkaufsfällen 2 als ungeeignet (Komplettierung zur Eigenjagd, Bauerwartungsland) aussortiert und aus den restlichen 19 Verkaufsfällen den durchschnittlichen Kaufpreis ermittelt. In 11 Verkaufsfällen sei ein qm-Preis von über 0,99 € vereinbart worden, lediglich bei 7 Verkaufsfällen sei der vereinbarte Preis von 0,88 €/qm unterschritten worden. Die in den Kaufverträgen vereinbarten Belastungen wie etwa das Vorkaufsrecht wirkten nur zwischen den Kaufvertragsparteien und seien bei der Bemessung des Verkehrswertes nicht zu berücksichtigen. Unberücksichtigt bleibe auch die Motivation der Beklagten, sich durch den Verkauf liquide Mittel zu beschaffen, denn dieses Modell komme dem nicht begünstigten Gesellschafter nicht zugute, wenn über Gesellschaftsvermögen unter Wert veräußert werde.
Einer Erörterung hinsichtlich des Verkehrswertes des Grünlandes und der Pacht bedürfe es nicht (mehr). Die klägerseits erklärte Bereitschaft, die Nichtigkeitsklage unter bestimmten Voraussetzungen zurückzunehmen, stelle kein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar.
Gegen dieses, ihr am 01.07.2024 zugestellte Urteil richtet sich die am 30.07.2024 eingelegte und nach Verlängerung der Frist bis zum 02.10.2024 am 01.10.2024 begründete Berufung.
Die Beklagte rügt, dass das Landgericht nicht berücksichtigt habe, dass die Kaufpreise, die Gewährung eines Vorkaufsrechts und einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit, die den Bestand des Pachtvertrages sichere, eine Einheit bildeten und als solche zu beurteilen seien. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die vereinbarten Preise innerhalb der Bandbreite der vom Gutachter ermittelten Kaufpreise von 0,61 €/qm bis 1,60 €/qm bzw. 0,41 €/qm bis 1,00 €/qm lägen. Auch die vom Landgericht selbst angenommene Bagatellgrenze von 20 % sei nicht überschritten.
Ausführungen zur Sittenwidrigkeit, insbesondere dem subjektiven Moment, fehlten gänzlich. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Höhe der Kaufpreise den von („Name 05“) vorgeschlagenen entsprächen, kein anderer Gesellschafter ein Kaufinteresse geltend gemacht und die Beklagte sich bei ihrer Hausbank und der Kaufpreissammelstelle über Kaufpreise erkundigt habe. Ihr hätten nur die zum 31.12.2020 geltenden Werte zur Verfügung gestanden, nicht aber die vom Sachverständigen zugrunde gelegten Kaufpreise aus dem Zeitraum von Januar bis 27.08.2021.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 28.06.2024 (Az.: 51 O 123/21) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält daran fest, dass die Beschlussfassung entgegen der Auffassung des Landgerichts bereits wegen der Einberufungsmängel und des Informationsmangels nichtig seien, und verteidigt im Übrigen die angefochtene Entscheidung. Das Landgericht habe sich an § 243 Abs. 2 AktG orientiert und daher das bloße Vorliegen eines Sondervorteils ausreichen lassen. Es fehle auch nicht am Vorsatz der Beklagten; dieser sei deshalb zu bejahen, weil die Beklagte regelmäßig Grundstücke als landwirtschaftliche Nutzfläche erwerbe und von der Kaufpreissteigerung gewusst habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat die Berufung im Ergebnis keinen Erfolg.
Die Beschlussmängelklage ist zwar nicht als Nichtigkeitsklage, aber als Anfechtungsklage (zum Streitgegenstand von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage siehe nur BGH, Urteil vom 01.03.1999 – II ZR 305/97 – Rn. 6, juris) begründet.
1.
Die Klage ist nicht als Nichtigkeitsklage begründet, weil es an einem Nichtigkeitsgrund entsprechend § 241 AktG fehlt.
a) Zu Recht und aus zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht einen formalen Mangel verneint.
aa) Die vom Kläger gerügten Einberufungsmängel sind teilweise schon keine oder nicht wesentliche Einberufungsmängel, die eine Nichtigkeit analog §§ 241 Nr. 1, § 121 Abs. 3 Satz 1 AktG i.V.m. § 51 GmbHG der in der Gesellschafterversammlung getroffenen Beschlüsse zur Folge haben, jedenfalls scheitert ihre Anfechtbarkeit daran, dass etwaige Ladungsmängel geheilt sind (§ 51 Abs. 3 GmbHG, § 7 Abs. 4 der Satzung).
(1) Die Verletzung der wesentlichen Regeln über die Einberufung der Gesellschafterversammlung einer GmbH führt in analoger Anwendung des § 241 Nr. 1 AktG zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung auch des Bundesgerichtshofs (siehe nur BGH Urteile vom 16.12.1953 - II ZR 167/52; vom 07.02.1983 - II ZR 14/82 -; vom 13.02.2006 - II ZR 200/04 - Rdnr. 9 und Beschluss vom 24.03.2016 - IX ZB 32/15 - Rdnr. 20ff).
Ein zur Nichtigkeit der Gesellschafterbeschlüsse entsprechend § 241 Nr. 1 AktG führender gravierender Einberufungsmangel liegt danach vor, wenn die Versammlung von einer nicht dazu befugten Person einberufen worden ist, wenn nicht alle Gesellschafter eingeladen worden sind, wenn die Einladung nicht schriftlich oder ohne Unterschrift erfolgt ist oder nicht Ort und Zeit der Versammlung angibt ferner dann, wenn der Einberufungsmangel einer Nichtladung gleichkommt (vgl. § 121 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 AktG; BGH Beschluss vom 24.03.2016 - IX ZB 32/15 - Rdnr. 21; Urteile vom 17.10.1988 - II ZR 18/88 - und vom 13.02.2006 - II ZR 200/04 - Rdnr. 9).
(2) Ein Einberufungsmangel nicht deshalb vor, weil in der Ladung selbst die zu veräußernden Grundstücke, der vorgesehene Kaufpreis, Pachtdauer und Pachtzins nicht mitgeteilt, sondern auf die ausgelegten Vertragsentwürfe verwiesen wurde.
Gemäß § 51 Abs. 2, Abs. 4 GmbHG ist der Zweck der Gesellschafterversammlung bei ihrer Einberufung, spätestens drei Tage vor der Gesellschafterversammlung anzukündigen. Die Ankündigung der Tagesordnung gehört zu den bedeutsamsten Schutzeinrichtungen der Gesellschafter und dient einem effektiven Minderheitenschutz. Die anzukündigenden Tagesordnungspunkte müssen den Gesellschaftern eine genaue Kenntnis von den zu behandelnden Themen vermitteln, damit es ihnen möglich ist, sich sachgerecht auf die in der Gesellschafterversammlung zu treffenden Beschlüsse vorzubereiten. Die Ankündigung muss daher so deutlich sein, dass sich die Gesellschafter auf die Erörterung und Beschlussfassung vorbereiten können und sie vor einer „Überrumpelung“ geschützt werden, ein bestimmter Beschlussentwurf muss aber nicht enthalten sein (anders als für die AG, § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG).
Nach dieser Maßgabe ist es nicht zu beanstanden, dass der wesentliche Inhalt der zu beschließenden Kauf- und Pachtverträge in der Ladung nicht mitgeteilt, sondern auf die in den Räumen der Gesellschaft ausliegenden Kauf- und Pachtverträge verwiesen wurde.
(3) Soweit der Kläger rügt, dass die Ladung entgegen § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nicht mit eingeschriebenem Brief erfolgt ist, handelt es sich schon nicht um einen wesentlichen Einberufungsmangel, der deshalb nicht zur Nichtigkeit, sondern allenfalls zur Anfechtbarkeit führen könnte.
Dieser und die des Weiteren vom Kläger gerügte fehlerhafte Adressierung der Ladung an die („Firma 02“) in („Ort 01“), anstelle an seine (Privat)Anschrift in 49219 („Ort 02“), sind jedenfalls gemäß § 51 Abs. 3 GmbHG, § 7 Abs. 4 der Satzung dadurch geheilt worden, dass sämtliche Gesellschafter der Beklagten an der Gesellschafterversammlung teilgenommen und mindestens konkludent der Abhaltung der Gesellschafterversammlung zum Zwecke der Beschlussfassung zugestimmt haben.
Zwar bedeutet die Tatsache allein, dass ein Gesellschafter bei einer Vollversammlung anwesend ist und sich an der Abstimmung beteiligt, nicht zwingend, dass von einer die Einladungsmängel heilenden Vollversammlung auszugehen ist (siehe nur BGH, Beschluss vom 19.01.2009 - II ZR 98/08 -) für die Feststellung, ob ein Gesellschafter durch seine Anwesenheit und Mitwirkung an der Gesellschafterversammlung deren Abhaltung einschließlich der Beschlussfassung konkludent zugestimmt hat, ist vielmehr von entscheidender Bedeutung, wie er sich nach Bekanntgabe der Tagesordnungspunkte, während des Verlaufs der Versammlung und bei den Abstimmungen verhalten hat (BGH, Beschluss vom 19.01.2009 - II ZR 98/08 - Rn 6).
Ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung (Anlage K 12, Bl. 91ff d.A.) hat der Kläger der Durchführung der Gesellschafterversammlung oder der Beschlussfassung weder ausdrücklich noch konkludent widersprochen; seine in dem Versammlungsprotokoll unter Ziffer 3. aufgenommenen Einwände betreffen nicht die Beschlussfassungen als solche, sondern deren Inhalt. Einen Beweis für seine gegenteilige Behauptung hat der Kläger nicht angeboten.
(4) Die – unstreitig – nicht erfolgte Ladung der Gesellschafter-Geschäftsführerin („Name 02“) an sich selbst begründet keinen Einberufungs- oder Einladungsmangel, denn insoweit ist von einem Verzicht ihrerseits auf eine schriftliche Einladung auszugehen. Überdies ist es dem Gesellschafter, der selbst von dem vermeintlichen Formverstoß nicht betroffen ist, verwehrt, die Anfechtungsklage auf die Verletzung fremder Partizipationsinteressen zu stützen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 27.06.2018 - 14 U 33/17 - Rn 119; Seibt in: Scholz, GmbHG, 13. Aufl. 2022/2024/2025, § 51 GmbHG Rn 27).
bb) Auch mit seinen Rügen von Informationsdefiziten kann der Kläger nicht durchdringen.
(1) Dass die Kaufverträge in der Gesellschafterversammlung vom 17.08.2021 selbst weder vorgelegen haben noch verlesen worden seien, stellt weder einen Nichtigkeitsgrund dar, noch lässt sich die Anfechtungsklage hierauf stützen.
Zwar liegt, wenn einem Gesellschafter Auskünfte vorenthalten werden, die aus der Sicht eines objektiv urteilenden Gesellschafters in der Fragesituation zur sachgerechten Beurteilung des Beschlussgegenstandes "erforderlich" sind, darin zugleich ein "relevanter" Verstoß gegen das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht des betreffenden Gesellschafters (so für den Aktionär BGH, Urteil vom 18.10.2004 - II ZR 250/02 -), der die Anfechtbarkeit des Beschlusses rechtfertigt. Indes lässt der klägerische Vortrag schon nicht erkennen, dass dem Kläger Informationen vorenthalten wurden. Denn nach seinem eigenen Sachvortrag wurden die Kaufvertrags- und Pachtvertragsentwürfe tatsächlich, wie in der Ladung zur Gesellschafterversammlung mitgeteilt, ausgelegt - er selbst will sich durch seine Ehefrau eine Kopie gezogen haben.
(2) Es lässt sich auch nicht feststellen, dass ihm weitere Informationen dadurch vorenthalten wurden, dass die ausgelegten Pachtverträge „Blankettentwürfe“ waren und die konkreten Pachtzinsen nicht auswiesen. Dass er diesbezüglich um weitere Information nachgesucht oder in der Gesellschafterversammlung die unzureichende Vorbereitung wegen fehlender Informationen über die zu vereinbarenden Pachtzinsen gerügt hat, ist nicht feststellbar.
b) Zu Unrecht hat das Landgericht indes einen Nichtigkeitsgrund nach § 241 Nr. 3, Nr. 4 AktG analog bejaht. Wie vom Senat im Verhandlungstermin vom 16.04.2025 ausgeführt, tragen die hierzu vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht die Annahme, dass den Hauptgesellschaftern („Name 01“), („Name 02“) und („Name 03“) mit den in der Gesellschafterversammlung vom 27.08.2021 getroffenen Beschlüssen ein sittenwidriger Sondervorteil gewährt worden ist.
aa) Ein Fall des Verstoßes gegen § 241 Nr. 3 AktG analog liegt nicht vor. Dass die am 27.08.2021 gefassten Beschlüsse nicht mit dem Wesen der GmbH zu vereinbaren sind, ist ebensowenig ersichtlich, wie ein Verstoß gegen gläubigerschützende oder sonst im öffentlichen Interesse liegende Vorschriften.
bb) Aber auch eine Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen § 241 Nr. 4 AktG analog scheidet aus.
Danach ist ein Gesellschafterbeschluss nichtig, wenn der Beschlussinhalt gegen die guten Sitten verstößt, wobei der Begriff des Sittenverstoßes ebenso zu bestimmen ist wie in § 138 BGB. Ein Beschluss verstößt gegen die guten Sitten, wenn er außergesetzliche Normen außer Acht lässt, auf deren Einhaltung nach dem Anstandsgefühl der billig und gerecht Denkenden nicht verzichtet werden kann. Das Unwerturteil über den Inhalt des Beschlusses muss mithin so schwer wiegen, dass die Anfechtbarkeit als Sanktion des Beschlussmangels nicht ausreicht. Der Verstoß gegen die guten Sitten muss sich auf den Inhalt des Beschlusses beziehen; bezieht er sich auf die Art und Weise, wie der Beschluss zustande gekommen ist, oder auf verwerfliche Motive der Gesellschaftermehrheit, so kommt lediglich die Anfechtbarkeit des Beschlusses in Betracht (BGH, Urteil vom 06.12.2022 – II ZR 187/21 – Rn 29; Urteil vom 08.12.1954 – II ZR 291/53 – Rn14; Urteil vom 01.06.1987 - II ZR 128/86 – Rn 5; Schwab in: K. Schmidt/Lutter AktG Kommentar, 5. Aufl. 2024, § 241 AktG Rn 32).
Danach sind die in er Gesellschafterversammlung vom 27.08.2021 gefassten Beschlüsse nicht gemäß § 241 Nr. 4 AktG analog nichtig. Der Kläger behauptet schon nicht, dass die zu vereinbarenden Kaufpreise sittenwidrig unterhalb des jeweiligen Verkehrswerts der zu veräußernden Acker- und Grünlandflächen liegen; er behauptet in seiner Klage lediglich, dass der mit („Name 02“) zu vereinbarende Kaufpreis mindestens 40.590,09 €, der mit („Name 03“) zu vereinbarende Kaufpreis mindestens 37.531,84 € und der mit („Name 01“) zu vereinbarende Kaufpreis mindestens 40.865,87 € unterhalb des Verkehrswertes liegen soll. Ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das eine tatsächliche Vermutung für ein Handeln aus verwerflicher Gesinnung begründet und in der Regel eine weitere Prüfung der subjektiven Voraussetzungen entbehrlich macht, liegt vor, wenn der Wert der Leistung rund doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung. Bei Grundstücksgeschäften ist diese Voraussetzung zwar bereits bei einer Verkehrswertüber- und -unterschreitung von 90 % erfüllt (BGH, Urteil vom 24.01.2014 - V ZR 249/12 - Rn 8); dies bedeutete aber im vorliegenden Fall, dass der Verkehrswert tatsächlich 303.383,79 € ((„Name 02“)), 302.285,44 € ((„Name 03“)) bzw. 302.585,64 € ((„Name 01“)) hätte betragen müssen.
2.
Die Klage hat aber als Anfechtungsklage Erfolg.
a) Der Kläger hat fristgerecht Anfechtungsklage erhoben.
Nach § 8 Ziffer 3 der Satzung der Beklagten können Gesellschafterbeschlüsse nur "durch Klageerhebung innerhalb eines Monats seit Beschlussfassung" angefochten werden. Diese Frist hält die am 22.09.2021 eingegangene Anfechtungsklage ein, obgleich sie erst am 01.10.2021 zugestellt worden ist.
Zwar bedeutet die in § 8 Ziffer 3 des Gesellschaftsvertrages wortgleich mit der in § 246 AktG getroffene Regelung, dass grundsätzlich die Erhebung der Klage innerhalb der Monatsfrist erforderlich ist; wie bei der Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage bei der Aktiengesellschaft genügt entsprechend § 167 ZPO zur Fristwahrung die Einreichung der Klageschrift, wenn die Zustellung demnächst erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2016 - II ZR 230/15 - Rn 16; Urteil vom 10.12.2024 - II ZR 37/23 - Rn 67ff zur Personengesellschaft; Urteil vom 16.02.2009 - II ZR 185/07 - Rn 51 zur AG).
Die Zustellung am 01.10.2021 ist als noch "demnächst" i.S. von § 167 ZPO und damit als fristwahrend anzusehen, weil der im vorliegenden Fall auf vermeidbare Verzögerungen im gerichtlichen Geschäftsablauf zurückzuführende Zeitraum dem Kläger nicht angelastet werden kann. Der Kläger hat den am 27.09.2021 (Bl. 100 d.A) angeforderten Kostenvorschuss ausweislich des Schriftsatzes vom selben Tag per Verrechnungsscheck eingezahlt und noch vor Gutschrift am 05.10.2021 (Bl. II d.A.) ist die Zustellung erfolgt.
b) Die Anfechtung kann allerdings nicht auf § 243 Abs. 1 AktG analog gestützt werden.
aa) Ein Verstoß gegen § 138 BGB durch die gefassten Beschlüsse lässt sich nicht erkennen. Insbesondere behauptet der Kläger, wie ausgeführt, nicht, dass die Landverkäufe zu sittenwidrig niedrigen Kaufpreisen erfolgt seien.
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich die Anfechtungsklage auch nicht mit der Erwägung, der Beklagten werde mit den beschlossenen Landverkäufen von insgesamt 59 ha der Beklagten auf mittel- und langfristiger Sicht die Produktionsgrundlage entzogen, auf eine Treupflichtverletzung stützen.
Ein Gesellschafter ist in der Ausübung seines Stimmrechts frei, soweit sie ihm nicht schon nach § 47 Abs. 4 GmbHG untersagt ist und er die durch die Treuepflicht gezogenen Grenzen einhält (BGH, Urteil vom 12.04.2016 - II ZR 275/14 - Rn 14). Aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht kann sich allerdings die Pflicht zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten ergeben, denn bei der GmbH erschöpft sich die Treuepflicht nicht in einer Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme, sondern kann auch dazu verpflichten, das Interesse der Gesellschaft positiv zu fördern und damit in einem bestimmen Sinn abzustimmen.
Diese Grenze ist aber nicht schon dann erreicht, wenn eine bestimmte Stimmabgabe sinnvoll erscheint. Das Gericht darf einen Beschluss nicht deshalb beanstanden, weil er unzweckmäßig oder nicht im Interesse der Gesellschaft zu sein scheint. Denn ein Gesellschafter ist in der Ausübung seines Stimmrechts grundsätzlich frei, es besteht keine Rechtspflicht zur Zustimmung zu Maßnahmen der Geschäftsführung oder zu Maßnahmen, die die Mitgesellschafter für sinnvoll erachten. Die Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer Maßnahme ist Aufgabe der Gesellschafter. Sie müssen es grundsätzlich hinnehmen, dass eine Maßnahme beschlossen wird, auch wenn einer von ihnen nach eigener Beurteilung der Dinge nicht zuzustimmen zu können glaubt, oder auch wenn ihnen die zur Beschlussfassung abgegebene Begründung falsch erscheint (OLG Brandenburg, Urteil vom 05.01.2017 - 6 U 21/14 - Rn 82).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss wegen der Treuepflicht nur dann in einem bestimmten Sinn abgestimmt werden, wenn die zu beschließende Maßnahme zur Erhaltung wesentlicher Werte, die die Gesellschafter geschaffen haben, oder zur Vermeidung erheblicher Verluste, die die Gesellschaft bzw. die Gesellschafter erleiden könnten, objektiv unabweisbar erforderlich und den Gesellschaftern unter Berücksichtigung ihrer eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar ist, also wenn der Gesellschaftszweck und das Interesse der Gesellschaft gerade diese Maßnahme zwingend gebieten und der Gesellschafter seine Zustimmung ohne vertretbaren Grund verweigert (BGH, Urteil vom 12.04.2016 - II ZR 275/14 - Rn 13). Eine Pflicht zur Abstimmung in einem bestimmten Sinn besteht mithin nur, wenn zur Verfolgung der Interessen der Gesellschaft keine andere Stimmabgabe denkbar ist, andernfalls sichere schwere Nachteile entstehen, und die eigenen Interessen des Gesellschafters dahinter zurückstehen müssen (OLG Brandenburg, Urteil vom 05.01.2017 - 6 U 21/14 - Rn 83).
Dass eine Ablehnung des Verkaufs der Acker- und Grünlandflächen an die drei Hauptgesellschafter zu unter dem Verkehrswert liegenden Verkaufspreisen mit gleichzeitiger Verpachtung an die beklagte Gesellschaft mit langfristigen Pachtverträgen und Einräumung eines Vorkaufsrechts zum Zwecke der Erhaltung wesentlicher Werte, die die Gesellschafter geschaffen hatten oder zur Vermeidung erheblicher Verluste, die die Gesellschaft bzw. die Gesellschafter erleiden könnten, objektiv unabweisbar erforderlich war, hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht dargetan. Ohnehin war der Beschluss, die Grundstücke zu verkaufen, bereits in der Gesellschafterversammlung vom 11.05.2021 gefasst worden.
c) Die Anfechtung kann aber auf § 243 Abs. 2 Satz 1 AktG analog gestützt werden.
Nach dieser Vorschrift kann ein Gesellschafterbeschluss angefochten werden, wenn ein Gesellschafter mit der Ausübung des Stimmrechts für sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der anderen Gesellschafter zu erlangen suchte und der Beschluss geeignet ist, diesem Zweck zu dienen.
aa) Den drei Hauptgesellschaftern ist mit den beschlossenen Landverkäufen zu unterhalb des Verkehrswertes liegenden Kaufpreisen ein Sondervorteil gewährt worden.
Sondervorteil i.S.d. § 243 Abs. 2 AktG ist ohne Rücksicht auf die Art seiner Erlangung jeder Vorteil, sofern es bei einer Gesamtwürdigung der Fallumstände als sachwidrige, mit den Interessen der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre unvereinbare Bevorzugung erscheint, dem Aktionär oder einem Dritten den Vorteilserwerb zu gestatten oder den bereits vollzogenen Erwerb hinzunehmen (allg. Meinung, siehe nur MüKo AktG/Schäfer, 5. Aufl. 2021, § 243 Rn 75). Mit den Interessen der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre unvereinbar ist der Beschluss, wenn er geeignet ist, ihnen Nachteile zuzufügen. Ob der Beschluss ihnen tatsächlich zum Nachteil gereicht, ist eine Frage des Tatbestandsmerkmals „zum Schaden“ der Gesellschaft oder anderer Gesellschafter. Für das Vorliegen eines Sondervorteils ist entscheidend, ob der Vorteil, den der Gesellschafter für sich oder den Dritten anstrebt, rechtliche Missbilligung verdient. Um dies zu ermitteln, wird (hypothetisch) die Position des Geschäftsführers eingenommen und gefragt, ob er seine Pflicht zur Wahrung der Vermögensinteressen der Gesellschaft verletzen würde, wenn er dem Gesellschafter oder dem Dritten die angestrebten Vorteile aus eigener Kompetenz gewährte. Die rechtliche Wertung mündet damit in die Frage, ob es ökonomisch gerechtfertigt ist, dem Gesellschafter jene Vorteile zuzuwenden. Ein Sondervorteil ist indiziert, wenn der Vorteil zu nicht marktüblichen Konditionen (sog. Vergleichsmarktkonzept) gewährt wird (Schwab in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl. § 243 Rn 25).
Gemessen an diesem Maßstab ist ein (objektiver) Sondervorteil hier zu bejahen.
(1) Nach den auf Grundlage des Sachverständigengutachtens getroffenen, gemäß § 529 Abs. 1 ZPO bindenden Feststellungen des Landgerichts lag im Zeitraum von Januar bis Ende August 2021 der mittlere Kaufpreis für Ackerland bei 1,01 €/qm und für Grünland bei 0,70 €/qm.
Die gegen die gutachterlichen Feststellungen von beiden Parteien erhobenen Einwände greifen nicht durch.
Die vom Sachverständigen gewählte Vergleichswertmethode ist weder als solche zu beanstanden noch sind konkrete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Gutachtens im Hinblick auf die vom Sachverständigen für eine brauchbare Vergleichsgrundlage herangezogenen Verkaufsfälle angebracht.
Soweit die Beklagte rügt, die Erwerbskosten der Verkaufsfälle Anlage B 7 und B 8 seien nicht berücksichtigt worden, kann sie damit die Bindung gemäß § 529 ZPO an den vom Sachverständigen ermittelten Durchschnittspreis nicht entfallen lassen. Der als Anlage B 8 (Bl. 201ff d.A.) eingereichte notarielle Kaufvertrag datiert auf den 11.12.2018, wurde mithin mehr als zweieinhalb Jahre vor dem Stichtag am 27.08.2021 geschlossen. Auch der notarielle Kaufvertrag Anlage B 7 (Bl. 191ff d.A.) ist für die Ermittlung des Verkehrswertes nicht maßgeblich, weil er vier Monate nach dem Stichtag geschlossen wurde und sich überdies dem Vertragsinhalt nicht entnehmen lässt, in welchem Umfang Acker- und Grünland veräußert worden sind.
Eine "Bagatellgrenze" von 20 % hat das Landgericht nicht zugrunde gelegt; es hat schlicht den Sachvortrag des Klägers als Grundlage für die Beweisfrage genommen.
Soweit der Kläger unter Berufung auf und den vom Obersten Gutachterausschuss in seinem Grundstücksmarktbericht erwähnten "Trend" (Anlage K 17, Bl. 333 d.A.) meint, bei größeren verkauften Losen seien höhere Preise zu erzielen gewesen, hat sich der Sachverständige bei seiner Anhörung mit dem Einwand auseinandergesetzt und ausgeführt, er halte diesen Trend für nicht belastbar und habe deshalb einen Zuschlag auf den Verkehrswert nicht erhoben. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an diesen Feststellungen bringt die Berufung nicht vor, zumal im vorliegenden Fall für den Verkehrswert ohnehin nicht sämtliche Verkaufsfälle des Jahres 2021 herangezogen werden können, die in den Grundstücksmarktbericht 2021 eingeflossen sind.
Dass die bloße Chance auf Nutzung der Flächen als Windenergieanlagenstandort bei der Kaufpreisbildung berücksichtigt wird, hat der Sachverständige bei seiner Anhörung vor dem Landgericht am 24.05.2024 gestützt auf seine gutachterlichen Erkenntnisse überzeugend verneint. Dagegen bringt der Kläger nichts Konkretes vor. Ein sachlicher Grund, weshalb die bloß theoretische Möglichkeit einer Nutzung der zu veräußernden Flächen als Standort für Windenergieanlagen den Verkehrswert erhöhen sollte, ist nicht zu erkennen.
(2) Die beschlossenen Kaufpreise von 0,88 €/qm (Ackerland) bzw. 0,64 €/qm (Grünland) unterschritten den Verkehrswert mithin auch dann, wenn als Verkehrswert die Werte innerhalb einer Bandbreite von +/- 5 % des vom Sachverständigen ermittelten Durchschnittspreises (Ackerland: 0,96 €/qm bis 1,06 €/qm, Grünland: 0,67 €/qm bis 0,74 €/qm) angesetzt werden (§ 287 ZPO). Selbst wenn eine Bandbreite von +/- 10 % als marktüblich angesehen würde, liegt der zu vereinbarende Preis für das Ackerland noch unterhalb des Verkehrswertes (von 0,91 €/qm bis 1,11 €/qm).
Darin liegt eine sachwidrige Bevorzugung. Denn die drei Hauptgesellschafter erwerben von der Gesellschaft einen Vorteil, den sie als pflichtbewusste, selbständig handelnde und fremden Vermögensinteressen verpflichtete Leiter des konkreten Gesellschaftsunternehmens einem gesellschaftsfremden Dritten nicht gewährt hätten; bei einem Verkauf an einen gesellschaftsfremden Dritten wäre das Ansinnen sämtlicher Gesellschafter darauf gerichtet gewesen, einen möglichst hohen Kaufpreis innerhalb der Verkehrswertspanne zu erzielen, sie hätten sich mit einem auch nur leicht unterhalb des Verkehrswertes oder im unteren Bereich der Verkehrswertspanne liegenden Kaufpreis nicht einverstanden erklärt.
Eine sachwidrige Bevorzugung ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die erwerbenden Hauptgesellschafter zur Finanzierung der Kaufpreise Darlehen aufnehmen mussten. Die Art und Weise der Finanzierung eines Grundstückserwerbs ist kein den Verkehrswert des Grundstücks beeinflussender Umstand.
Die Beklagte vermag auch mit ihrer im Verhandlungstermin aufgestellten Behauptung, wegen der langfristigen Verpachtung des Grundstücks und des ihr eingeräumten Vorkaufsrechts finde sich kein allgemeiner Markt, nicht durchzudringen. Der Sachverständige hat diesen Umständen bei der Verkehrswertermittlung zu Recht keinerlei Bedeutung beigemessen und bei seiner Anhörung durch das Landgericht ausdrücklich einen wertmindernden Einfluss durch das Vorhandensein eines Pachtvertrages verneint dagegen hat die Berufung nichts Konkretes vorgebracht.
bb) Mit dem Sondervorteil korrespondiert ein Schaden auf Seiten der Gesellschaft, die eine zu geringe Gegenleistung für die zu veräußernden Grundstücke erhält. Der Beschluss ist auch objektiv geeignet, der Erlangung von Sondervorteilen zu dienen.
cc) Subjektiv setzt der Tatbestand des § 243 Abs. 2 AktG Vorsatz in Bezug auf das Verschaffen eines Sondervorteils voraus (BGH, Urteil vom 16.11.1981 – II ZR 150/80 – Rn 14 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung; Noack in Noack/Servatius/Haas GmbHG, 23. Aufl. 2022, Anh § 47 Rn 88; Schwab, in: K. Schmitt/Lutter AktG, 5. Aufl. 2024, § 243 AktG Rn 28). Der Gesellschafter muss den Sondervorteil wissentlich und willentlich für sich oder einen anderen anstreben.
Diese Voraussetzung liegt hier vor. Jedenfalls die Gesellschafter-Geschäftsführerin („Name 02“) hatte das Bewusstsein, dass der Beschluss die Grundlage für die Erlangung eines besonderen Vorteils durch sie und die weiteren Hauptgesellschafter der Beklagten ist, und sie hatte den Willen, diesen Vorteil selbst zu erlangen und ihn den beiden weiteren Hauptgesellschaftern zufließen zu lassen (vgl. MüKo AktG/Schäfer 5. Aufl. 2021, § 243 Rn 85).
Wie im Senatstermin erörtert, wusste die Gesellschafter-Geschäftsführerin („Name 02“), dass die zu vereinbarenden Kaufpreise noch unterhalb der ab 31.12.2020 geltenden Bodenrichtwerte lagen. Die Beklagte macht im Berufungsverfahren (Berufungsbegründung S. 4, Bl. 12 eIA) selbst geltend, ihr hätten (zwar) nicht die Werte für Grundstücksverkäufe für das erste Halbjahr 2021 zur Verfügung gestanden, "die zum 31.12.2020 schon"; dieser Vortrag ist dahin zu verstehen, dass der Geschäftsführerin der Beklagten („Name 02“) die - ausweislich des Sachverständigengutachtens vom 25.07.2023 bereits im Mai 2021 veröffentlichten Bodenrichtwerte – bekannt waren. Die Bodenrichtwerte für Ackerland und Grünland waren seit Ende 2019 – von 0,88 €/qm bzw. 0,64 €/qm, die den Landverkäufen in der Absichtserklärung vom 15.05.2020 zugrunde gelegt worden waren - weiter angestiegen auf nunmehr 0,89 €/qm für Ackerland und 0,72 €/qm für Grünland, und als im Agrarbereich geschäftlich erfahrene Geschäftsführerin wusste die Gesellschafter-Geschäftsführerin der Beklagten („Name 02“) auch, dass der Verkehrswert für landwirtschaftliche Flächen bis Ende August 2021 nicht (wieder) gesunken waren.
Auch das voluntative Vorsatzelement ist hier festzustellen.
Der Senat verkennt insoweit nicht, dass die Gesellschafter-Geschäftsführerin („Name 02“) - wie auch der anderen beiden Hauptgesellschafter („Name 01“) und („Name 03“) - mit den Landverkäufen mit langfristigen Pachtverträgen zugunsten der Beklagten die Zuführung von liquiden Mitteln für die beklagte Gesellschaft einerseits und - anders als bei der nach der Absichtserklärung vom 15.05.2020 vorgesehenen Verbindung mit einem Verkauf ihrer Geschäftsanteile - andererseits bezweckten, weiterhin die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Dies hindert indes nicht, die Erlangung von Sondervorteilen als gewollt anzusehen, denn der erstrebte Sondervorteil muss nicht der einzige oder überwiegende Zweck des Handelns gewesen sein. Die Gesellschafter-Geschäftsführerin („Name 02“) wusste, dass der allen drei Hauptgesellschaftern gewährte Sondervorteil notwendige und nicht nur mögliche oder gar lästige Folge der am 27.08.2021 beschlossenen Landverkäufe war. Dieser Sondervorteil war erwünscht, offenbar gerade im Hinblick darauf, dass die erwerbenden Gesellschafter zur Finanzierung der Landkäufe Darlehen würden aufnehmen müssen. Die Gesellschafter-Geschäftsführerin hat in der Gesellschafterversammlung vom 27.08.2021 nicht einmal zur Sprache gebracht, dass die zu vereinbarenden Kaufpreise noch unterhalb der seinerzeit geltenden Bodenrichtwerte liegen.
dd) Die Ausführungen im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 24.04.2025 rechtfertigen keine Wiedereröffnung der ohne Verfahrensfehler geschlossenen mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.191,54 € festgesetzt, § 247 Abs. 1 AktG analog. Es entspricht billigem Ermessen, den Streitwert an dem vom Kläger erwarteten Vermögensverlust zu orientieren; ausgehend von laut Klageschrift zu gering bemessenen Grundstückskaufpreisen i.H.v. insgesamt 118.987,79 € und einer um 31.258,58 € zu hohen Pacht sowie gemessen an der Gewinn/Verlustbeteiligung des Klägers von 2600/45.200 beläuft sich dieser auf 9.191,54 €.
Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht.
-
zugleich für die R'in LG S
die nach abschließender Beratung
aus dem Senat ausgeschieden ist