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Polizei Brandenburg, Beförderung, Konkurrentenstreit, dienstliche Beurteilung, Übergangsregelung, Verwaltungsvorschrift, Relevanz von Statusamt und Dienstposten, fiktive Fortschreibung einer dienstlichen Beurteilung, Grenzen der fiktiven Fortschreibung, Beförderung während Freistellung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg Der 4. Senat Entscheidungsdatum 23.06.2025
Aktenzeichen 4 S 9/25 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2025:0623.4S9.25.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen 19 Abs. 5; 136 LBG, 8 LPersVG

Leitsatz

Zur fiktiven Fortschreibung der dienstlichen Beurteilung eines seit fast 10 Jahren freigestellten und zwischenzeitlich zweimal beförderten Personalratsmitglieds

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 31. Januar 2025 wird teilweise geändert. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Beigeladene zu 4. P_____ in das Amt der Besoldungsgruppe A 12 zu befördern.

Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen der Antragsteller zu 9/10 und der Antragsgegner zu 1/10, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 31. Januar 2025 für beide Instanzen auf über 13.000 bis 16.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg. Die von dem Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auch in einem Konkurrentenstreit beschränkt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Juli 2018 – 2 BvR 1207/18 – juris Rn. 18; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Juni 2017 – OVG 4 S 17.17 – juris Rn. 2 f.; VGH Kassel, Beschluss vom 25. Februar 2021 – 1 B 376/20 – juris Rn. 17), rechtfertigen die teilweise Änderung des angefochtenen Beschlusses. Nach Ablauf der Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO können zwar fristgerecht geltend gemachte Gründe vertieft und erläutert, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Oktober 2023 – OVG 4 S 21/22 – juris Rn. 9 m.w.N.). Gemessen an dem durch das Beschwerdevorbringen begrenzten Prüfungsstoff hat das Verwaltungsgericht das Begehren des Antragstellers, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung ohne mündliche Verhandlung vorläufig zu untersagen, die zur Beförderung nach A 12 vorgesehenen Bewerber vor Ablauf von zwei Wochen nach Bekanntgabe einer erneuten Entscheidung über die Auswahl zu befördern und ihnen die dazugehörigen Dienstposten zu übertragen, zu Unrecht hinsichtlich der Beigeladenen zu 4. (hierzu unter 5.) und im Übrigen in Bezug auf die anderen Beigeladenen zu Recht (hierzu unter 1. bis 4.) abgelehnt.

1. Soweit der Antragsteller einwendet, alle im Auswahlverfahren zugrunde gelegten Beurteilungen seien rechtswidrig, weil sie einer rechtlichen Grundlage entbehren würden, greift dies nicht durch.

a) Er ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine rechtliche Grundlage für seine dienstliche Beurteilung und die des Beigeladenen angenommen. Nach dem Inkrafttreten der Neufassung von § 19 LBG am 10. April 2024 hätte es nach dessen Absatz 5 einer Verordnung bedurft, die jedoch bei Durchführung des Auswahlverfahrens noch gefehlt habe. Die Beurteilungsverordnung vom 6. Dezember 2024 sei überwiegend erst am 1. Februar 2025 in Kraft getreten. Die Vorgaben für die Erstellung von Beurteilungen könnten nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht allein Verwaltungsvorschriften überlassen bleiben. Mit dem Tätigwerden des Landesgesetzgebers seien die Voraussetzungen für die vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich zugelassene Anwendung der Beurteilungsverwaltungsvorschrift nicht mehr gegeben gewesen. Denn der verfassungswidrige Zustand, der übergangsweise hinzunehmen gewesen sei, habe zum 10. April 2024 geendet. Allein der Umstand, dass die Landesregierung nicht in der Lage gewesen sei, rechtzeitig zum Inkrafttreten des § 19 Abs. 5 LBG n.F. die zugehörige Rechtsverordnung zu erlassen, gebiete nicht die fortgesetzte Anwendung einer Rechtslage, die ausdrücklich durch den Gesetzgeber außer Kraft gesetzt worden sei und nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprochen habe. Auch sei die weitere Anwendung der verfassungswidrigen und nunmehr außer Kraft gesetzten vormaligen Rechtslage nicht mehr notwendig, um einen noch verfassungswidrigeren Zustand zu vermeiden.

Der Antragsteller hält dem Einwand des Antragsgegners, es gelte die Übergangsregelung des § 136 LBG, entgegen, diese Vorschrift stelle eine nicht mehr hinnehmbare gesetzgeberische Untätigkeit dar. Mit Inkrafttreten der Neufassung von § 19 LBG am 10. April 2024 hätte auch die Rechtsverordnung in Kraft treten können. Weshalb mit der Schaffung der Rechtsverordnung noch fast ein Jahr zugewartet worden sei, sei nicht ansatzweise nachvollziehbar, zumal da seit dem 7. Juli 2021 bekannt sei, inwieweit die bisherige Regelung unzureichend gewesen sei.

b) Diese Darlegungen greifen nicht durch. Der Landesgesetzgeber hat in § 136 LBG, der durch Art. 1 Nr. 19 des Gesetzes zur Änderung des Landesbeamtengesetzes und für ein Gesetz zur Verleihung der Dienstherrnfähigkeit an die Unfallkasse Brandenburg vom 9. April 2024 (GVBl. I Nr. 13) in das Landesbeamtengesetz eingefügt wurde, ausdrücklich angeordnet, dass bis zum Inkrafttreten der Rechtsverordnungen nach Art. 19 Abs. 5 oder 6 LBG n.F. die dienstlichen Beurteilungen jeweils nach den bis zum Ablauf des 9. April 2024 geltenden Rechtsvorschriften erstellt werden. Diese vom Landesgesetzgeber sogenannte „Übergangsregelung zur dienstlichen Beurteilung“ ist nach ihrem Inhalt eindeutig und wird mit den Argumenten des Antragstellers verfassungsrechtlich nicht in Zweifel gezogen. Bestehen verfassungsrechtlichen Zweifel nicht, ist diese Gesetzesnorm anzuwenden und steht neben § 19 Abs. 5 und 6 LBG. Der Landesgesetzgeber knüpft an die von dem Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung aufgezeigte und nicht kritisierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg an, wonach die in Bezug auf dienstliche Beurteilungen ergangenen Verwaltungsvorschriften übergangsweise fortgälten. Die Geltungsdauer der parlamentsgesetzlichen Übergangsregelung bis zum Inkrafttreten der Rechtsverordnungen ist nicht ohne weiteres „unannehmbar“. Der Antragsteller zeigt keine verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte auf, aus denen auf eine verfassungswidrig überdehnte Länge des Übergangszeitraums geschlossen werden könnte. Ob der Verordnungsgeber bereits mit Geltung vom 10. April 2024 die Verordnung hätte erlassen „können“, worauf der Antragsteller abstellt, sagt nichts darüber aus, ob er das hätte machen müssen. Muss der Verordnungsgeber die Verordnung nicht zum Inkrafttreten des Parlamentsgesetzes erlassen, ist es unerheblich, ob die verstrichene Zeit von weniger als einem Jahr von dem Antragsteller als „nicht ansatzweise nachvollziehbar“ angesehen wird.

Die dem Verordnungsgeber vom Antragsteller zugedachte Kompetenz verkennt zudem die Aufgabenverteilung zwischen dem parlamentarischen Gesetzgeber und der Regierung als Verordnungsgeber, wie sie im Grundgesetz und der Verfassung des Landes Brandenburg angelegt und deren jeweiligem Art. 80 zugrunde gelegt ist. Besteht eine wirksame gesetzliche Ermächtigung, liegt es im Grundsatz in der Entscheidungskompetenz des Verordnungsgebers, ob und wie er – im Rahmen der erteilten Ermächtigung und sonstiger rechtlicher Vorgaben – die ihm zugewachsene Regelungskompetenz nutzt. Denkbar ist, dass eine gesetzliche Regelung ohne eine entsprechende Rechtsverordnung nicht durchführbar ist. Dann ist dem Gesetz – das ist jeweils eine Frage der Interpretation im Einzelfall – stillschweigend eine Pflicht zum Verordnungserlass zu entnehmen. Regelungspflichten können sich auch aus grundrechtlichen Schutzpflichten ergeben. Soweit innerhalb des so abgesteckten Bereichs Entscheidungsspielräume über das Ob und Wie der Rechtsetzung verbleiben, hat der Verordnungsgeber die Kompetenz, sie zu nutzen (Remmert, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand Oktober 2024, Art. 80 Rn. 119; entsprechend Kment, in: Jarass/Pieroth, GG, 18. Aufl. 2024, Art. 80 Rn. 32). Diese Entscheidungsfreiheit ist eine Ausprägung des auch mit Rechtsetzungsakten der Exekutive typischerweise verbundenen normativen Ermessens (BVerwG, Urteil vom 3. November 1988 – 7 C 115.86 – juris Rn. 35).

Da das Gesetz Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen muss (Art. 80 Satz 2 LV) und der in das Parlament eingebrachte Gesetzentwurf im Gesetzgebungsverfahren auch insoweit erhebliche Änderungen erfahren kann, darf der Verordnungsgeber grundsätzlich abwarten, welche Vorgaben von ihm im Fall der Verordnungsgebung einzuhalten sind. Die Entwicklung mehrerer Verordnungsentwürfe auf Vorrat wäre möglich, ist aber verfassungsrechtlich nach dem Vorstehenden nicht geboten. Strebt der Gesetzgeber einen Wirkungsgleichklang von Gesetz und Rechtsverordnung an, kann er das Gesetz erst geraume Zeit nach dessen Verkündung in Geltung setzen und so dem Verordnungsgeber die notwendige Zeit zur Normgebung einräumen. Die Möglichkeit, Einzelheiten nicht im Parlamentsgesetz, sondern erst in der Rechtsverordnung zu regeln, trägt auch und nicht zuletzt dem Bedürfnis Rechnung, den ministeriellen und behördlichen Erfahrungs- und Sachverstand einzubinden. Das wiederum legitimiert den Verordnungsgeber, die nachgeordneten Behörden zu einer beabsichtigten Verordnungsgebung zu befragen. Ein solches Vorgehen benötigt Zeit und wäre, falls Inhalt, Zweck und Ausmaß noch gar nicht feststünden, ineffizient, weil auch die konsultierten Stellen sich dann mit einer Bandbreite denkbarer Verordnungen befassen müssten und womöglich nicht auf das letztlich Entscheidende konzentrieren würden.

Diese Erwägungen bestätigen sich im Hinblick auf die konkreten Bestimmungen. Die Formulierung, wonach die Landesregierung die nähere Ausgestaltung des Beurteilungswesens durch Rechtsverordnung regelt (§ 19 Abs. 5 Satz 1 LBG n.F.), unterstreicht das normative Ermessen der Exekutive. Sowohl die Neufassung von § 19 als auch § 136 LBG sind gemäß Art. 4 des Gesetzes vom 9. April 2024 am Tag nach dessen Verkündung in Kraft getreten und nicht etwa erst mehrere Monate später. Der Landesgesetzgeber erweckte so erst gar nicht den Anschein, dass er das gleichzeitige Inkrafttreten der Verordnung erwarte. Es kommt hinzu, dass die Landesregierung nach § 19 Abs. 5 Satz 3 LBG n.F. die besonderen Belange der Gemeinden und Gemeindeverbände zu berücksichtigen hat, was zumindest deren Einbeziehung in die Verordnungsgebung nahelegt.

2. Auch soweit sich der Antragsteller unter Bezugnahme auf § 15 Abs. 3 Satz 3 BbgPolHG gegen die vorrangige Auswahl der Beigeladenen G_____, O_____ und X_____ wendet, zeigt er keine Fehler der erstinstanzlichen Entscheidung auf, die deren Abänderung rechtfertigen würden.

§ 15 BbgPolHG stellt Anforderungen für die Bestellung von hauptamtlichen Lehrkräften bei der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg auf. Absatz 3 Satz 1 dieser Norm sieht vor, dass eine solche Bestellung in der Regel für fünf Jahre erfolgt. Der seitens des Antragstellers bemühte Absatz 3 Satz 3 besagt, dass jeder Wiederbestellung eine Tätigkeit von mindestens sechs Monaten außerhalb der Hochschule der Polizei vorausgehen soll. Vor diesem Hintergrund meint der Antragsteller, dass, wer diese Voraussetzung nicht erfülle, auch die konkret in Frage stehenden „Dienstposten, hier der der Besoldungsgruppe A12/A 13,“ nicht wahrnehmen könne, so dass denknotwendig eine Beförderung ausscheide.

Dieser Einwand geht fehl. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zwar offengelassen, ob die Beigeladenen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Satz 3 BbgPolHG erfüllen würden. Es hat aber zutreffend zugrunde gelegt, dass diese Norm lediglich Anforderungen für die Wahrnehmung der Aufgaben bestimmter Dienstposten (vgl. § 15 Abs. 4 BbgPolHG) aufstellt und sich nicht auf das im Rahmen der Auswahlentscheidung maßgebliche Statusamt bezieht (EA S. 5). Die Wahrnehmbarkeit des Amtes im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) spielt insoweit aber grundsätzlich keine Rolle. Der Dienstrechtssenat des Bundesverwaltungsgerichts hat beginnend mit seiner Entscheidung vom 20. Juni 2013 ausgeführt, dass eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung auf das Amt im statusrechtlichen Sinne bezogen sei und daher grundsätzlich nicht anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens erfolgen dürfe. Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG sei nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt. Die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung dürfe daher grundsätzlich nicht anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens erfolgen (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 – juris Ls. 1, Rn. 28 und Rn. 30; Beschluss vom 23. Januar 2020 – 2 VR 2.19 – juris Rn. 28; Beschluss vom 22. Juni 2023 – 2 VR 1.23 – juris Rn. 18) Daher ist – entgegen der Ansicht des Antragstellers – ein Bewerber nicht deswegen vom Auswahlverfahren auszuschließen, weil er den Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens nicht entspricht (vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 28). Mit dem schon vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss aufgezeigten Statusamtsbezug der Beförderung setzt sich der Antragsteller nicht hinreichend auseinander, wenn er sich auf die Behauptung beschränkt, wer die Anforderung des Dienstpostens nicht erfülle, könne „denknotwendig“ nicht befördert werden.

3. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand des Antragstellers, die Beurteilungen der Beigeladenen S_____, F_____ und T_____ seien rechtswidrig, weil diese besser beurteilt worden seien, obwohl er – der Antragsteller – anders als die Beigeladenen im Zuge des „Rahmenkonzepts Einsatztraining“ das erforderliche halbjährige Praktikum absolviere. Die Rüge des Antragstellers, diese Beigeladenen hätten nicht wie ein Einsatztrainer beurteilt werden dürfen und es verstoße deswegen gegen die Gebote der Chancen- und der Maßstabsgleichheit, dass sie besser als der Antragsteller beurteilt worden seien, verkennt, dass der Maßstab für die Beurteilung von Beamten nur das Statusamt sein kann und darf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 2025 – 2 VR 4.24 – juris Rn. 34). Auf diesen Bezugspunkt der dienstlichen Beurteilung weist auch das Verwaltungsgericht hin. Damit setzt sich der Antragsteller nicht auseinander. „Einsatztrainer“ ist kein Statusamt.

Was die von der Antragsteller sogenannte Ergänzung, Polizeibeamte in Brandenburg, die im gehobenen Dienst tätig seien, könnten ohne entsprechende Dienstposten maximal bis zur Besoldungsgruppe A 11 befördert werden, für den vorliegenden Fall bedeutet, wird von ihm nicht dargelegt.

4. Soweit der Antragsteller in seiner ergänzenden Begründung vom 11. Juni 2025 die angewandten Beurteilungsmaßstäbe unter verschiedenen Blickwinkeln in Zweifel zieht, handelt es sich um neuen, erst nach Ablauf der Begründungsfrist bei Gericht eingegangenen Vortrag, der nach dem eingangs dargelegten Maßstab unberücksichtigt zu bleiben hat.

5. Die Einwände des Antragstellers gegen die Rechtmäßigkeit der dienstlichen Anlassbeurteilung der Beigeladenen zu 4. P_____ sowie insbesondere den Besetzungsbericht vom 16. August 2024 erweisen sich als berechtigt und schlagen auf das Ergebnis durch, da sich die angefochtene Entscheidung insoweit nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Der Antragsteller macht insoweit geltend, der Besetzungsbericht genüge nicht den Anforderungen an eine fiktive Nachzeichnung. Er verweist im Wesentlichen darauf, dass innerhalb der zugrunde gelegten Vergleichsgruppe 23,5% auf eine Teilnahme an der Beförderungsrunde verzichtet hätten, 29,4% mit 8 Punkten und die restlichen 47,1% mit 6 bzw. 7 Punkten bewertet worden seien. Daher sei es mangels einer plausiblen Begründung nicht nachvollziehbar, dass die Beigeladenen zu 4. im Wege fiktiver Nachzeichnung auch mit 8 Punkten bewertet worden sei. Dieser Einwand zieht die gegenteilige Einschätzung des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Zweifel und rechtfertigt eine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses. Das Verwaltungsgericht hat sich damit begnügt, festzustellen, weder sei dargetan noch ersichtlich, dass die fiktive Nachzeichnung der Laufbahn und die Bildung der Vergleichsgruppe die rechtlichen Anforderungen missachte.

a) Das Rechtsinstitut der fiktiven Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen beruht unter anderem auf dem in § 8 LPersVG verankerten Benachteiligungsverbot im Fall einer Freistellung von der dienstlichen Tätigkeit wegen einer Mitgliedschaft in einer Personalvertretung. Nach der neuesten Rechtsprechung des für das Beamtenrecht zuständigen Senats des Bundesverwaltungsgerichts bedarf es im Hinblick auf die Berücksichtigung dieser Fortschreibung im Rahmen einer an Art. 33 Abs. 2 GG zu messenden Auswahlentscheidung einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 2025 – 2 VR 4.24 – juris Ls. und Rn 22 ff. insb. Rn. 43 ff.; zuvor bereits BVerwG, Beschluss vom 23. November 2022 – 1 WB 21.21 – juris Ls. 2 und 3 sowie Rn. 23 ff.). Eine derartige gesetzliche Regelung, die etwa eine Entscheidung für ein bestimmtes Fördermodell enthält oder dessen maßgebliche Bestimmungsfaktoren (etwa die Vorgaben für die Bildung der entsprechenden Referenzgruppen) prägt, fehlt in Brandenburg. Weder dem Landesbeamtengesetz (insb. § 19 LBG) noch dem Landespersonalvertretungsgesetz oder der neu erlassenen Beurteilungsverordnung lassen sich entsprechende Vorgaben entnehmen.

Soweit das Bundesverwaltungsgericht für einen Übergangszeitraum eine weitere Anwendung der vorhandenen Rechtsnormen und die auf sie gestützten Verwaltungsvorschriften anerkennt, um einen der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferneren Zustand zu vermeiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 2025 – 2 VR 4.24 – juris Rn. 49 ff.), ist festzustellen, dass die Beurteilungsrichtlinie, die Brandenburgische Polizeilaufbahnverordnung (BbgPLV) und die Laufbahnverordnung (LVO) keine diesbezüglichen Vorgaben enthalten. Rekurriert man dementsprechend auf die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, ergibt sich Folgendes: Das Rechtsinstitut der fiktiven Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen fingiert eine tatsächlich im Beurteilungszeitraum nicht erbrachte Dienstleistung und unterstellt eine Fortentwicklung der Leistungen des freigestellten Beamten entsprechend dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Beamter; einer zu erwartenden Leistungssteigerung ist angemessen Rechnung zu tragen. Damit wird prognostiziert, wie der Beamte voraussichtlich zu beurteilen wäre, wäre er im Beurteilungszeitraum nicht freigestellt und hätte er seine Leistungen wie vergleichbare Kollegen fortentwickelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010 – 2 C 11.09 – juris Rn. 9; Beschluss vom 3. März 2025 – 2 VR 4.24 – juris Rn. 46, jeweils m.w.N.). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der fiktiven Fortschreibung eine belastbare Tatsachengrundlage zugrunde liegt. Aus diesem Erfordernis ergeben sich die Grenzen der Nachzeichnungsmöglichkeit: Lässt sich eine belastbare Prognose nicht treffen, so kann von einer Beurteilung tatsächlicher Leistungen als Grundlage einer dem Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werdenden Auswahlentscheidung nicht abgesehen werden (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010 – 2 C 11.09 – juris Rn. 10).

b) Diesen Anforderungen genügt die Fortschreibung der dienstlichen Anlassbeurteilung der Beigeladenen zu 4. entsprechend dem Besetzungsbericht vom 16. August 2024 nicht. Es fehlt bereits an einer hinreichend belastbaren Tatsachengrundlage, auf der die verfahrensgegenständliche fiktive Fortschreibung beruht.

Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Verlässlichkeit einer Prognose über die voraussichtliche Leistungsentwicklung eines freigestellten Beamten umso höher ist, je länger und je qualifizierter dieser vor der Freistellung dienstliche Aufgaben erledigt hat, je kürzer dies zurückliegt und je eher diese Anforderungen mit denjenigen des angestrebten Beförderungsamtes vergleichbar sind. Hiernach ist die tatsächliche Möglichkeit einer belastbaren Prognose auch von der Dauer des Zeitraumes abhängig, der zwischen der letzten beurteilten Dienstleistung und dem Beurteilungszeitraum liegt, für den die fiktive Fortschreibung erfolgen soll. Ab welcher Zeitspanne zwischen der letzten beurteilten Dienstleistung und dem Stichtag die tatsächlichen Erkenntnisse eine Prognose über die Leistungsentwicklung nicht mehr tragen können, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010 – 2 C 11.09 – juris Rn. 11, das einen Zeitraum von fast 16 Jahren als nicht mehr hinreichend angesehen hat).

Zum anderen ist jedoch ebenfalls zu berücksichtigen, ob und wie oft im Rahmen einer Freistellung eine Beförderung erfolgt ist. Denn grundsätzlich ist der Anknüpfungspunkt für den vorzunehmenden Leistungsvergleich das von den Bewerbern aktuell wahrgenommene Statusamt. Leistungen in einem früheren, geringerwertigen Statusamt sind – nach allgemeinen Grundsätzen – allenfalls als Hilfskriterium der Auswahlentscheidung heranzuziehen. Sie sind im Übrigen durch die zwischenzeitliche Beförderung bereits honoriert und „überholt“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 2025 – 2 VR 4.24 – juris Rn 39). Dabei können sich die Statusämter innerhalb einer Laufbahn, obwohl sie aufeinander aufbauen und durchlaufen werden müssen (Laufbahnprinzip), in den Anforderungen so sehr voneinander unterscheiden, dass eine günstige Beurteilung im jeweiligen Statusamt regelmäßig nur noch große Bedeutung für das nächsthöhere Statusamt hat (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Januar 2018 – OVG 4 S 40.17 – juris Rn. 8). Die Aussagekraft vorangegangener dienstlicher Beurteilungen lässt vor diesem Hintergrund nach einer erfolgten Beförderung und mehr noch nach weiteren Beförderungen nach. Dies ist, da § 8 LPersVG nicht nur ein Benachteiligungs-, sondern auch ein Bevorzugungsverbot enthält, auch im Rahmen der fiktiven Fortschreibung zu berücksichtigen.

Dies zugrunde gelegt ist festzustellen, dass jedenfalls im vorliegenden Fall der fiktiven Fortschreibung keine hinreichende Tatsachengrundlage mehr ersichtlich ist. Die Beigeladene zu 4. ist seit dem 1. Oktober 2014 freigestelltes Personalratsmitglied. Dem Besetzungsbericht ist zu entnehmen, dass die letzte tatsächlich beurteilte Dienstleistung der Beigeladenen zu 4. im Sinne der dargestellten Maßstäbe nahezu 10 Jahre vor Abfassung des Berichts zurückliegt. Aus dem Bericht ist ferner ersichtlich, dass die Beigeladene zu 4. in der Zeit ihrer Freistellung zweimal (zum 6. Dezember 2016 und zum 15. Juli 2021) befördert worden ist. Vor dem Hintergrund der erheblichen Zeitspanne, der bereits zweimaligen Änderung des Statusamts und der damit verbundenen Änderungen der in einer Beurteilung zugrunde zu legenden Anforderungen ist die Aussagekraft der seitens des Antragsgegners (wohl) zugrunde gelegten aber nicht näher erläuterten beurteilten dienstlichen Leistungen der Beigeladenen zu 4. derart eingeschränkt, dass diese nicht mehr ohne Weiteres als hinreichende Tatsachengrundlage für die vorzunehmende Prognoseentscheidung taugen. Ob und inwieweit der Antragsgegner die erfolgte fiktive Fortschreibung auf andere Erkenntnisse gestützt hat, ist dem Besetzungsbericht nicht zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich.

c) Darüber hinaus genügt der Besetzungsbericht auch ansonsten nicht den dargestellten Anforderungen, worauf der Antragsteller zu Recht hingewiesen hat.

Grundsätzlich ist zwar im Rahmen einer fiktiven Fortschreibung einer zu erwartenden Leistungssteigerung angemessen Rechnung zu tragen. Zugrunde zu legen ist aber der durchschnittliche berufliche Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Beamter (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010 – 2 C 11.09 – juris Rn. 9; Beschluss vom 3. März 2025 – 2 VR 4.24 – juris Rn. 46, jeweils m.w.N.). § 8 LPersVG verbietet insoweit sowohl eine Benachteiligung als auch eine Bevorzugung. Dementsprechend ist es nicht angebracht, von einer besonderen Leistungssteigerung in dem nächsthöheren Statusamt auszugehen. Vielmehr kann lediglich eine Fortentwicklung der Leistungen entsprechend dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Beamter unterstellt werden. Der freigestellte Bewerber kann nicht ohne Weiteres verlangen, im Wege der fiktiven Laufbahnnachzeichnung von den herausragenden Leistungen einzelner Beamter zu profitieren; vielmehr kann zu seinen Gunsten lediglich unterstellt werden, dass er während der Freistellung die gleichen Leistungen erbracht hätte, wie er sie vor der Freistellung erbracht hat (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 14. Dezember 2007 – 6 B 1155/07 – juris Rn. 11; Hebeler, in: Lorenzen/Gerhold/Schlatmann u.a., BPersVG, Stand: März 2023, § 10 Rn. 48 f.). Entscheidend ist die Entwicklung der überwiegenden Mehrheit der vergleichbaren Fälle.

Dies zugrunde gelegt ist nach dem Besetzungsbericht vom 16. August 2024 und der hierauf beruhenden Anlassbeurteilung (Bl. 57 des Verwaltungsvorgangs) die Beurteilung der Beigeladenen mit 8 Punkten nicht plausibel nachzuvollziehen. Ausweislich des Besetzungsberichts befinden sich außer der Beigeladenen zu 4. 17 Beamte in der Vergleichsgruppe, von denen 13 an der Beförderungsrunde teilgenommen haben und beurteilt worden sind. Fünf erzielten eine Beurteilung mit 8 Punkten, Acht wurden mit 6 bzw. 7 Punkten beurteilt. Legt man insoweit den Durschnitt der Beurteilungsnoten zugrunde, ergibt sich allenfalls eine Beurteilung mit 7 Punkten. Näheres ist dem Bericht nicht zu entnehmen. Die Anlassbeurteilung selbst enthält ebenfalls keine weitergehenden Ausführungen. Die Einordnung der Beigeladenen zu 4. im Rahmen der fiktiven Fortschreibung ist somit nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Ob der Antragsgegner aus der von ihm gebildeten Vergleichsgruppe die Beigeladene zu 4. als mit den mit 8 Punkten bewerteten Mitbewerbern aus anderen Gründen vergleichbar angesehen hat, ist dem insoweit nicht aussagekräftigen Besetzungsbericht nicht zu entnehmen (zu dessen Maßgeblichkeit vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 20. August 2012 – 2 B 10673/12 – juris Rn. 28) und drängt sich auch nicht auf.

d) Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist auch in Bezug auf die Beigeladene zu 4. nicht im Ergebnis zutreffend. Der Fehler des Antragsgegners ist im Hinblick auf den Antragsteller nicht folgenlos, weil für den Senat keine Umstände ersichtlich sind, die dessen Auswahl aus Rechtsgründen ausschlössen. Vielmehr erscheint bei einer erneuten Entscheidung des Antragsgegners die Auswahl des Antragstellers möglich zu sein.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da sie keinen Antrag gestellt haben und damit kein Kostenrisiko eingegangen sind. Sie haben sich im Beschwerdeverfahren auch sonst nicht geäußert. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG in Orientierung an § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG, wenn eine Beförderung ansteht. Da vorliegend ein einheitliches Auswahlverfahren betroffen ist und der Antragsteller mit dem streitgegenständlichen Eilverfahren eine vorläufige Freihaltung der Stellen erreichen kann und nicht eine Vergabe an sich selbst, ist eine weitere Halbierung des Betrags geboten, sodass der Wert auf ein Viertel des sich aus § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG berechneten Betrags festzusetzen ist (BVerwG, Beschluss vom 25. September 2024 – 2 VR 1.24 – juris Rn. 40 m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Februar 2025 – OVG 4 S 32/24 – juris Rn. 11). Der noch an der früheren Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg ausgerichtete Streitwertbeschluss des Verwaltungsgerichts für die erste Instanz wird gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG geändert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).