Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 26.06.2014 | |
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Aktenzeichen | L 3 U 128/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1150 Abs 2 S 2 Nr 1 RVO, §§ 539ff RVO, § 215 Abs 1 S 2 SGB 7 |
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 20. Juni 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Der Kläger begehrt gegenüber der Beklagten die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Der 1960 geborene Kläger leistete vom 02. November 1979 bis zum 30. April 1981 Grundwehrdienst und vom 04. August 1987 bis zum 30. Oktober 1987 Reservistendienst in der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR. Er war während seines Reservistendiensts kaserniert. Am 03. September 1987 erhielt er eine Ausgangsgenehmigung, sein Abendessen in einer Gaststätte außerhalb der Kaserne einzunehmen. Auf dem zu Fuß zurückgelegten Weg zurück in die Kaserne erlitt er gegen 20.00 Uhr einen Unfall, indem er mit dem linken Fuß umknickte. Hierbei zog er sich eine Weber-B-Fraktur zu, vgl. ärztliches Gutachten der NVA vom 10. September 1987. Der Unfall wurde unter dem 09. September 1987 in die Dienstbeschädigungsliste aufgenommen und mit Entscheidung des Kommandeurs der NVA vom 10. September 1987 als Dienstunfall anerkannt.
Die Wehrbereichsverwaltung Ost leitete den Antrag des Klägers auf Anerkennung seines Unfalls als Arbeitsunfall vom 04. Juni 2008 mit Schreiben vom 01. Juli 2008 an die Beklagte weiter. Diese ließ sich den Unfallhergang vom Kläger unter dem 22. August 2008 schriftlich schildern und lehnte mit Bescheid vom 21. November 2008 die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Sie führte zur Begründung aus, dass der Unfall, weil er ihr als Unfallversicherungsträgerin erst nach dem 31. Dezember 1993 bekannt geworden sei, nach der hier geltenden Übergangsregelung in § 1150 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) nur dann als Arbeitsunfall anerkannt werden könne, wenn er in den alten Bundesländern nach der RVO zu entschädigen gewesen wäre. Dies sei nicht der Fall, weil es sich bei dem genehmigten Ausgang, bei welchem sich der Unfall ereignet habe, um Freizeit handele, welche nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterfalle.
Der Kläger erhob am 05. Dezember 2008 Widerspruch. Er führte zur Begründung aus, dass die Ausnahmevorschrift des § 1150 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 RVO hier nicht anwendbar sei. Dies ergebe sich aus § 215 Abs. 1 S. 2 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII). Davon abgesehen habe beim Unfall auch keine Freizeitgestaltung vorgelegen. Er habe einen Ausgangsbefehl erhalten, nachdem er von einer Divisionsübung zurückgekehrt sei. In diesem Ausgangsbefehl sei unter Androhung einer Geldstrafe angeordnet worden, dass der Waldweg zu benutzen sei, weil eine Benutzung einer stark befahrenen Straße ein erheblich höheres Unfallrisiko dargestellt habe. Er selbst habe keinen Ausgang beantragt gehabt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2008 mit im Wesentlichen gleich bleibender Begründung zurück.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 14. Juli 2009 zum Sozialgericht Neuruppin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt und an seinem bisherigen Vorbringen festgehalten.
Das SG hat der Klage – mit Einverständnis der Beteiligten im Wege schriftlicher Entscheidung - mit Urteil vom 20. Juni 2012 stattgegeben und unter Aufhebung des Bescheids vom 21. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2009 festgestellt, dass der Unfall des Klägers vom 03. September 1987 ein Arbeitsunfall ist. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die in § 1150 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 RVO enthaltene Regelung gemäß § 215 Abs. 1 S. 2 SGB VII nicht anwendbar sei. Hiernach komme es nur darauf an, dass die Voraussetzungen des Versicherungsfalls nur nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht erfüllt sein müssten. Dies sei allein schon im Hinblick auf die bindende Entscheidung des Kommandeurs der NVA vom 10. September 1987, mit welcher der Unfall als Dienstunfall anerkannt worden sei, der Fall.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 28. Juni 2012 zugestellte Urteil am 06. Juli 2012 Berufung eingelegt. Der Gesetzgeber habe durch die Einführung des § 215 Abs. 1 S. 2 SGB VII eine Lücke schließen wollen, die dadurch entstanden sei, dass der Personenkreis der NVA-Wehrpflichtigen weder Ansprüche nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) noch nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) habe. Die NVA-Wehrpflichtigen hätten durch diese Regelung zwar grundsätzlich in den Kreis der in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen einbezogen werden sollen. Eine Ausweitung des Versicherungsschutzes auf sonst nach Bundesrecht nicht versicherte Tätigkeiten wie Freizeitaktivitäten und damit eine Besserstellung gegenüber den anderen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen sei vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen. Es habe lediglich sichergestellt werden sollen, dass Ansprüche Wehrpflichtiger der NVA nicht an der Ausschlussfrist nach § 1150 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 RVO scheiterten, weil Soldaten nach Bundesrecht in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherungsfrei seien und danach Unfälle nicht zu entschädigen gewesen wären. Sie verweist zur Untermauerung ihres Vorbringens auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. Februar 2009 – B 2 U 35/07 R –, in welchem es um die Anerkennung einer zu DDR-Zeiten im konkreten Fall nicht anerkannten Berufskrankheit ging, und auf das Urteil des hier erkennenden Senats vom 04. Juni 2010 – L 3 U 269/09 –, welches – wie hier - die Anerkennung eines zu DDR-Zeiten als Dienstbeschädigung anerkannten Unfalls als Arbeitsunfall zum Gegenstand hatte.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 20. Juni 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er schildert das Geschehen am Unfalltag zuletzt dahingehend, dass er mit seinen Kameraden am 03. September 1987 von einer Divisionsübung zurück ins Regiment gekommen sei. Er habe den Kompaniechef gefragt, ob er Ausgang nehmen könne, um außerhäusig zu Abend zu essen, weil das Essen bei den Divisionsübungen immer schlecht gewesen sei (Essen in Dosen). Dieser Ausgang sei ihm genehmigt worden. Er habe sich fertig gemacht und geduscht. Es sei nach dem Dienst gewesen, d.h. der Ausgang sei immer nach dem Dienst gewesen. Wenn irgendetwas gewesen wäre, hätte man ihn zurückrufen können. Man sei ja sozusagen immer in Bereitschaft gewesen. Ansonsten habe aber an dem Abend dienstlich nichts vorgelegen. Er sei auf dem Ausgang ganz alleine gewesen. Er sei auch nicht verabredet gewesen, denn er habe dort ja keinen gekannt. Es habe keinen Ausgangsbefehl gegeben, sondern er habe eine Ausgangsbelehrung erhalten. Diese Belehrung sei immer üblich bei Ausgängen gewesen, und es sei dann um das äußere Erscheinungsbild (Uniform etc.) und den Weg, den man habe nehmen sollen, gegangen. An der früheren Behauptung eines Ausgangsbefehls werde nicht mehr festgehalten. Dienstende sei so gegen 17.00 Uhr gewesen. Er sei dann irgendwann danach so gegen 17.30 oder 18.00 zum Essen losgegangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid vom 21. November 2008 ist in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2009 gefunden hat, rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht. Die Beklagte hat die Anerkennung des Unfalls vom 03. September 1987 als Arbeitsunfall zu Recht abgelehnt.
Rechtsgrundlage sind die Vorschriften der RVO. Dies ergibt sich aus § 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO in seiner bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung (a.F.). Diese Vorschrift ist gemäß §§ 215 Abs. 1 SGB VII für die Übernahme solcher (Arbeits-) Unfälle weiter anzuwenden, die vor dem 01. Januar 1992 im Beitrittsgebiet eingetreten sind. Nach § 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO gelten Unfälle und Krankheiten, die vor dem 01. Januar 1992 eingetreten sind und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren, als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten im Sinne des Dritten Buches der RVO. Gemäß § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RVO gilt dies jedoch nicht für Unfälle, die einem ab 01. Januar 1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31. Dezember 1993 bekannt geworden sind und die nach dem Dritten Buch der RVO nicht zu entschädigen wären.
Eben so liegt es hier. Vorliegend wurde der Unfall erst durch die von der Wehrbereichsverwaltung Ost am 04. Juli 2008 bewirkte Weiterleitung an die Beklagte dem zuständigen Unfallversicherungsträger bekannt. Das durch Entscheidung des Kommandeurs der NVA vom 10. September 1987 als Dienstbeschädigung i.S.d. Vorschriften der DDR anerkannte Ereignis wäre – wie noch zu zeigen sein wird - auch nicht als Arbeitsunfall nach dem Dritten Buch der RVO zu entschädigen.
Der Anwendung von § 1150 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 RVO steht entgegen der Ansicht des Klägers bzw. des SG auch nicht der mit Rückwirkung zum 01. Januar 1994 in Kraft gesetzte § 215 Abs. 1 S. 2 SGB VII (vgl. Art. 1 Nr. 33 lit. a; Art. 13 Abs. 2 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung - Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz <UVMG> vom 30. Oktober 2008, BGBl I S. 2130) entgegen. Nach dieser Vorschrift gilt § 1150 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 RVO nicht für Versicherungsfälle aus dem Wehrdienst ehemaliger Wehrdienstpflichtiger der NVA der DDR. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung die Versorgungslücke schließen wollen, die dadurch entstanden ist, dass der Personenkreis der NVA-Wehrpflichtigen weder Ansprüche nach dem SVG noch nach dem BVG hat. Wehrdienstleistende sind nach dem Recht des Dritten Buches der RVO nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, weil ihnen bei einer Wehrdienstbeschädigung nach Maßgabe der §§ 80 ff. SVG Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG zu gewähren ist und für sie daher nach § 541 Abs. 1 Nr. 2 RVO Versicherungsfreiheit besteht. Leistungen nach dem SVG i.V.m. dem BVG können ehemalige Wehrdienstleistende der NVA jedoch auch nicht beanspruchen. Diese NVA-Wehrpflichtigen sollen nun grundsätzlich bei Folgen von Wehrdienstunfällen oder von wehrdienstbedingten Berufskrankheiten Ansprüche in der gesetzlichen Unfallversicherung geltend machen können, denen nach dem bis zum Inkrafttreten des UVMG geltenden Recht § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RVO entgegenstand (vgl. BT-Drucks 16/9154 S. 37 und Bundesratsdrucksache 113/08 S. 95). Dadurch ist für frühere wehrpflichtige Soldaten der NVA klargestellt worden, dass sie auch nach dem Bundesrecht des Dritten Buches der RVO, die bis Ende 1996 galt, grundsätzlich unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen, wenn sie infolge des Dienstes Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten erlitten haben, die vor dem 01. Januar 1992 eingetreten sind und nach dem im Beitrittsgebiet (bis dahin weiter) geltenden Recht Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren (BSG, Urteil vom 17. Februar 2009 – B 2 U 35/07 R -, zitiert nach juris Rn. 12).
Anhand der Gesetzesbegründung ist § 215 Abs. 1 Satz 2 SGB VII mithin dahingehend auszulegen, dass ausschließlich der Personenkreis erweitert werden soll, der grundsätzlich, d.h. abgesehen vom fehlenden Versichertenstatus, Ansprüche aus der RVO geltend machen kann. § 215 Abs. 1 S. 2 SGB VII erweitert nur den Kreis der versicherten Personen, nicht jedoch den der versicherten Tätigkeit, worauf die Beklagte zutreffend hinweist. Nach wie vor ist daher eine Prüfung erforderlich, ob ein Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung vorliegt und es gerade infolge des hier als versicherter Tätigkeit in Betracht zu ziehenden Wehrdiensts zu einem Arbeitsunfall oder einer Erkrankung gekommen ist. Anderenfalls stünden ehemalige Wehrdienstleistende nunmehr deutlich besser als andere versicherte Personen, die vor dem 01. Januar 1992 im Beitrittsgebiet einen Unfall, der einem zuständigen Unfallversicherungsträger erst nach dem 31. Dezember 1993 bekannt geworden ist, erlitten haben. Während bei diesen Personen auch bei Vorliegen positiver Verwaltungsentscheidungen seitens der DDR-Behörden nach § 1150 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 RVO i.V.m. § 215 Abs. 1 S. 1 SGB VII zu prüfen ist, ob es sich um einen Versicherungsfall i.S.d. RVO – hier einen Arbeitsunfall – handelt, entfiele dies – folgte man der Auslegung des SG – bei ehemaligen Wehrdienstpflichtigen. Dies wäre systemfremd und würde zu nicht erklärbaren Wertungswidersprüchen führen (so die Rechtsprechung des erkennenden Senats, LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04. Juni 2010 – L 3 U 269/09 -, zitiert nach juris 26).
Diese Auslegung lässt sich insbesondere auch mit dem Wortlaut von § 215 Abs. 1 S. 2 SGB VII vereinbaren. Bei der Auslegung der Norm bildet der aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, dem besonderen Sprachgebrauch des Gesetzes und dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch zu entnehmende Wortsinn den Ausgangspunkt und bestimmt zugleich die Grenze der Auslegung (Larenz/ Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage 2007, S. 163 ff.). Dabei gehen dem allgemeinen Sprachgebrauch der besondere Sprachgebrauch des Gesetzes und der allgemeine juristische Sprachgebrauch vor (Larenz/ Canaris, a.a.O., S. 145, 164). Bereits die historische Auslegung unter Berücksichtigung der Regelungsabsicht des Gesetzgebers (Larenz/ Canaris, a.a.O., S. 149) spricht – wie gesagt – für die vom Senat bisher vertretene Ansicht. Die hierauf anhebende teleologische, d.h. nach Sinn und Zweck vorzunehmende Auslegung erlaubt indes zwar in der Tat nur eine Auslegung von Rechtssätzen im Rahmen ihres möglichen Wortlautes (vgl. Larenz/ Canaris, a.a.O., S. 155). Eben so liegt es jedoch gerade auch hier. Die Voraussetzungen von § 215 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind ihrem Wortlaut eben so eindeutig wie die Rechtsfolge gefasst: Für Versicherungsfälle aus dem Wehrdienst ehemaliger Wehrdienstpflichtiger der NVA gilt § 1150 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 RVO nicht. Versicherungsfall i.S.d. Vorschrift ist – schon aus zwingenden systematischen Gründen – aufgrund der wiederholten Bezugnahme von § 215 Abs. 1 SGB VII auf § 1150 Abs. 2 RVO als Oberbegriff von Unfällen und Krankheiten zu verstehen. Das Merkmal „aus dem Wehrdienst“ bietet indes den rechtlichen Anknüpfungspunkt für einen nach den Maßstäben der gesetzlichen Unfallversicherung zu fordernden Unfall, welcher u.a. durch einen inneren und sachlichen Zusammenhang mit einer dienstlichen Verrichtung gekennzeichnet ist.
Ein Arbeitsunfall i.S.d. Vorschriften der RVO liegt hier indes mangels inneren und sachlichen Zusammenhangs mit dem Wehrdienst nicht vor. Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich kein Versicherungsfall „aus dem Wehrdienst“.
Arbeitsunfall im Sinne des § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten und danach versicherten Tätigkeiten erleidet. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (st. Rspr. zu §§ 548, 550 RVO, vgl. BSG, Urteil vom 24. Juni 1981 – 2 RU 61/79 -, zitiert nach juris Rn. 18). Für einen Arbeitsunfall ist in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Alle rechtserheblichen Tatsachen müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, mit Ausnahme derjenigen, die einen Ursachenzusammenhang (Unfallkausalität, haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität) ergeben. Der ursächliche Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht ist dagegen nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen, so dass hierfür grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können. Innerhalb dieser Wertung stehen Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (etwa BSG, Urteil vom 07. September 2004 – B 2 U 35/03 R –, zitiert nach juris Rn. 14).
Zwar mag ein Unfall im vorstehenden Sinne vorgelegen haben, indem der Kläger mit dem Fuß umknickte und ihn sich brach. Es lässt sich jedoch nach o.g. Maßstäben kein Arbeitsunfall annehmen, weil es am notwendigen inneren und sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit fehlt.
Als versicherte Tätigkeit kommt hier grundsätzlich zunächst nur die Ausübung des Wehrdienstes als solchen in Betracht, vgl. § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO. Der Schutz des Friedens sowie des sozialistischen Vaterlandes und seiner Errungenschaft war verfassungsgemäßes Recht und Ehrenpflicht der Bürger der DDR (vgl. die Präambel zum Wehrdienstgesetz der DDR vom 25. März 1982, GBl. I Nr. 12 S. 221 ff.). Durch den Wehrdienst sicherte die DDR ihren Bürgern die Wahrnehmung ihres Rechtes und die Erfüllung ihrer Ehrenpflicht, den Frieden und das sozialistische Vaterland und seine Errungenschaften zu schützen (§ 1 Abs. 1 des Wehrdienstgesetzes). Der Wehrdienst war so zu gestalten, dass die Landesverteidigung jederzeit gewährleistet war (§ 1 Abs. 4 des Wehrdienstgesetzes). Die Angehörigen der NVA hatten im Rahmen des aktiven Wehrdienstes, der den Grundwehrdienst als auch den Reservistendienst umfasste (§§ 2 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 2, 18 Abs. 1 lit. a des Wehrdienstgesetzes), die sozialistische Gesellschaftsordnung und das friedliche Leben der Bürger zu schützen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 des Wehrdienstgesetzes).
Hieran gemessen erlitt der Kläger keinen versicherten Arbeitsunfall im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit der Ausübung seines Wehrdienstes, denn die Rückkehr von einem – wenn auch – genehmigten Ausgang steht in keinem inneren Zusammenhang mit der Landesverteidigung bzw. dem Schutz der Bürger. Da der Unfall sich nach den schlüssigen Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2014 erst nach Dienstschluss ereignet hatte, war er auch nicht etwa in Gestalt eines Betriebswegs vom Beschäftigungstatbestand erfasst, vgl. § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO.
Der Umstand, dass der Kläger die Kaserne zwecks Einnahme des Abendessens verlassen hatte und hiernach zur Kaserne zurückkehrte, als sich der Unfall ereignete, vermittelt dem Unfall ebenfalls keinen Versicherungsschutz. Die Nahrungsaufnahme selbst ist im Allgemeinen dem unversicherten persönlichen Lebensbereich des Versicherten zuzurechnen. Steht die Einnahme des Essens nicht in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO), gehören auch das Zurücklegen des Weges zum Essen an einem außerhalb der Betriebsstätte gelegenen Ort sowie der Aufenthalt in den zur Einnahme der Mahlzeit aufgesuchten Räumen nicht zur versicherten Tätigkeit auf Grund des § 548 RVO (st. Rspr. des BSG sowohl zur RVO als auch zum SGB VII, vgl. etwa Urteil vom 26. April 1973 – 2 RU 213/71 -, zitiert nach juris Rn. 19). Allerdings kann, obwohl die Einnahme des Mittagessens – wie hier das Abendessen – dem unversicherten privaten Bereich zuzurechnen ist, nach § 550 Satz 1 RVO Unfallversicherungsschutz auf den Hin- und Rückwegen bestehen, die während der Arbeitszeit zwischen dem Ort der Tätigkeit und der Stelle zurückgelegt werden müssen, an der das Essen eingenommen wird (BSG, a.a.O., Rn. 20). Wege zur Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit stehen unter Versicherungsschutz, weil sie dadurch gekennzeichnet sind, dass sie regelmäßig unaufschiebbare, notwendige Handlungen sind, um die Arbeitskraft des Versicherten zu erhalten und es ihm zu ermöglichen, die jeweilige betriebliche Tätigkeit fortzusetzen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 24. Juni 2003 – B 2 U 24/02 R -, zitiert nach juris Rn. 14).
Hieran gemessen kommt hier schon deshalb kein im Hinblick auf den Rückweg von der Nahrungsaufnahme versicherter Weg in Betracht, weil der Kläger bereits Dienstschluss hatte, sich der Unfall mithin nicht auf einem während der Arbeitszeit zurückgelegten Weg ereignete und so von vornherein nicht vom Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst ist.
Im Übrigen ist auch keiner der eng begrenzten Ausnahmefälle erkennbar, in denen betriebliche Interessen bzw. Umstände die Essenseinnahme wesentlich beeinflussten. Die höchstrichterliche Rechtsprechung lässt den sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Nahrungsaufnahme als solchen etwa auch dann zu, wenn die versicherte Tätigkeit ein besonderes Hunger- oder Durstgefühl verursacht hat, der Versicherte sich bei der Mahlzeit infolge betrieblicher Zwänge besonders beeilen musste, er veranlasst war, seine Mahlzeit an einem bestimmten Ort oder in besonderer Form einzunehmen, die Essenseinnahme im Rahmen einer Kur angeordnet war oder dem Kurerfolg dienlich sein sollte oder ganz allgemein, wenn bestimmte betriebliche Umstände den Versicherten zwar nicht zwangen, aber wenigstens veranlassten, seine Mahlzeit an einem bestimmten Ort einzunehmen, betriebliche Umstände die Einnahme des Essens also wesentlich mitbestimmten (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 – B 2 U 7/12 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 48 unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 24. Februar 2000 - B 2 U 20/99 R -, SozR 3-2700 § 8 Nr. 2).
Solche betrieblichen Umstände sind hier nicht ersichtlich. Der nach Angaben des Klägers nach Dienstschluss zurückgelegte Weg war mithin bereits von vornherein nicht durch besondere betriebliche Umstände veranlasst. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger das Abendessen ausgerechnet an demjenigen Ort einnehmen musste, von welchem er zurückkehrte, als sich der Unfall ereignete. Ferner gibt auch der vom Kläger vorgetragene Umstand, dass das Essen bei den Divisionsübungen immer schlecht gewesen sei (Dosenessen), dem von ihm zurückgelegten Weg kein betriebliches Gepräge. Selbst wenn der Kläger auf dem Weg vom in der Kaserne eingenommenen Abendessen – etwa auf dem Weg zur Stube - verunfallt wäre, wäre es keine versicherte Verrichtung gewesen, weil sie nach Dienstschluss stattgefunden hätte. Der Uniformzwang als solcher vermittelt dem Weg ebenfalls keinen Versicherungsschutz, weil damit von vornherein keine Steigerung eines (betrieblichen) Risikos verbunden war.
Der Weg, auf welchem sich der Unfall ereignete, stand auch nicht nach § 550 Abs. 1 RVO als Wegeunfall unter Versicherungsschutz. Die in § 550 Abs. 1 RVO gebrauchte Formulierung „auf einem mit einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg“ kennzeichnet den sachlichen Zusammenhang des unfallbringenden Weges mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit. Dieser besteht, wenn der Weg wesentlich zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit oder nach deren Beendigung im typischen Fall die eigene Wohnung zu erreichen. Die darauf gerichtete Handlungstendenz muss durch die objektiven Umstände bestätigt werden. Dieser Schutz setzt voraus, dass der Weg mit der versicherten Haupttätigkeit nach §§ 539, 540 oder 543 bis 545 RVO zusammenhängt, weil er nur dann nach § 550 Abs. 1 RVO versichert ist, solange und soweit er eng mit der Aufnahme oder der Beendigung der Haupttätigkeit verbunden ist. Fehlt es an diesem Zusammenhang, ist das Zurücklegen des Weges auch dann keine versicherte Tätigkeit, wenn der Versicherte dieselbe Strecke zurücklegt, die er als Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt (vgl. BSG, Urteil vom 27. Oktober 2009 – B 2 U 23/08 R -, zitiert nach juris Rn. 16).
Hieran gemessen ergibt sich ebenfalls kein Versicherungsschutz. In tatsächlicher Hinsicht bezieht sich der Senat auf die letzten Angaben des Klägers zum Unfallhergang im Berufungsverfahren, wonach er mit seinem Kameraden am 03. September 1987 von einer Divisionsübung zurück ins Regiment kam und hiernach vom Kompaniechef nach Dienstschluss einen genehmigten Ausgang zum Abendessen erhielt. Vom Vorgesetzten bekam er lediglich eine mit einer Strafandrohung verbundene Ausgangsbelehrung, nur durch den Wald (Plattenweg) zu gehen und nicht die Landstraße zu benutzen. Soweit der Kläger hierbei die Strafandrohung betont, führt dies noch nicht zum Versicherungsschutz. Die Belehrung bezog sich lediglich auf eine Modalität der Rückkehr in die Kaserne und nimmt ihr nicht das Gepräge einer in der objektiven Handlungstendenz eigenwirtschaftlichen Verrichtung. Dies wird bereits daran deutlich, dass der Kläger das Kasernengelände am Unfalltag ja nicht nach Dienstschluss verlassen musste, sondern innerhalb der Kaserne hätte essen können. Die Benutzung eines bestimmten Weges war bei alldem – unstreitig - zum Eigenschutz angeordnet worden, nämlich um zu verhindern, dass die gefährlichere unbeleuchtete Landstraße benutzt würde. Dabei erscheint die Benutzung ausgerechnet eines Plattenwegs auch von vornherein nicht als Steigerung eines ggf. betrieblich angelegten Risikos. Vielmehr ist in Ermangelung in eine andere Richtung weisender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass es sich um einen in der DDR typischen Plattenweg mit unebenem Boden im Sinne eines Feld- und Waldwegs handelte. Bei alldem fand der Weg nicht zum Zwecke der Aufnahme oder Fortsetzung des Dienstes statt, sondern nach dem Dienst. Die Nahrungsaufnahme diente mithin nicht dem Zweck, eine hierfür unterbrochene dienstliche Tätigkeit (z.B. Wachdienst) unmittelbar danach wieder fortzusetzen oder aufzunehmen. Vielmehr kehrte der Kläger zur Fortsetzung der Freizeit bzw. zur Vorbereitung der – ebenfalls eigenwirtschaftlichen - Nachtruhe in die Kaserne zurück.
Gleichsam stellt sich der vorliegende Fall auch nicht unter dem Gesichtspunkt des so genannten dritten Ortes als versichert dar. Wenn nicht der häusliche Bereich, sondern ein „dritter” Ort der Ausgangspunkt bzw. der Endpunkt des nach oder von dem Ort der Tätigkeit angetretenen Wegs ist, ist für den inneren Zusammenhang entscheidend, ob dieser Weg noch von dem Vorhaben des Versicherten rechtlich wesentlich geprägt ist, sich zur Arbeit zu begeben oder von dieser zurückzukehren. Abgesehen von der Voraussetzung, dass der Weg vom oder zum dritten Ort in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblicherweise zur oder von der Arbeitsstätte zurückgelegten Weg stehen muss, kann Unfallversicherungsschutz auf dem Weg von oder zu einem dritten Ort nur bestehen, wenn der Aufenthalt an dem dritten Ort selbst mindestens zwei Stunden dauerte bzw. dauern sollte (BSG, Urteil vom 3. 12. 2002 - B 2 U 19/02 R -, NJW 2003, 2044).
Dies zugrunde gelegt war der Rückweg vom Abendessen – und zwar unabhängig von der Frage, ob die Gaststätte, in welcher der Kläger das Abendessen eingenommen hatte, überhaupt u.a. aufgrund einer gewissen Verweildauer als dritter Ort in Betracht kommt – schon nicht mehr von der Handlungstendenz geprägt, sich zur Arbeit zurück zu begeben. Die Arbeit war am Unfalltag bereits erledigt; es war Dienstschluss. Anderenfalls wäre dem Kläger – hierauf hat er in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2014 selbst hingewiesen – der Ausgang ja nicht genehmigt worden.
Schließlich führt auch der Umstand, dass sich der Kläger möglicherweise rufbereit halten musste bzw. sich im Zustand der Rufbereitschaft befand, als sich der Unfall ereignete, zu keinem Versicherungsschutz. Nach den von der Rechtsprechung zur Frage des Unfallversicherungsschutzes auf Dienstreisen entwickelten Grundsätzen, soweit sie sich überhaupt auf den vorliegenden Fall übertragen lassen, besteht dieser Unfallversicherungsschutz nicht schon deshalb, weil sich der Versicherte im dienstlichen oder betrieblichen Interesse außerhalb seines Beschäftigungs- oder Wohnorts aufhält und – ggf. im Rahmen einer Rufbereitschaft - bewegen muss, vielmehr kommt es auch hierbei darauf an, ob die Betätigung, bei der der Unfall eintritt, mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängt. An einem auswärtigen Beschäftigungs- bzw. Aufenthaltsort wird ein solcher Zusammenhang allerdings in der Regel eher anzunehmen sein als am Wohn- oder Betriebsort. Er entfällt jedoch, wenn und soweit sich der Versicherte unterwegs rein persönlich von seinen betrieblichen Aufgaben nicht mehr beeinflussten Belangen widmet. Nach diesen Grundsätzen ist der Versicherungsschutz auch dann bejaht worden, wenn sich der Unfall bei einer dem persönlichen Lebensbereich zugehörenden Tätigkeit ereignete, jedoch einer besonderen, dem Aufenthaltsort eigentümlichen Gefahrenquelle entsprang, so etwa beim Benutzen eines Hotelfahrstuhls oder Begehen einer Hoteltreppe auf dem Weg zum Abendessen (vgl. BSG, Urteil vom 13. Februar 1975 – 8 RU 86/74 -, zitiert nach juris Rn. 15 f.). Da es auch in diesem Rahmen auf einen inneren und sachlichen Zusammenhang mit der Beschäftigung ankommt und es – wie bereits zuvor ausgeführt - eben daran fehlt, kommt auch unter dem vorliegenden Gesichtspunkt kein Versicherungsschutz in Betracht. Insbesondere war es nicht dienstlich veranlasst, dass der Kläger außerhalb der Kaserne sein Abendessen einnahm.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, ob § 215 Abs. 1 S. 2 SGB VII der Anwendung von § 1150 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 RVO entgegensteht, zuzulassen.