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Entscheidung 11 U 183/24


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 11. Zivilsenat Entscheidungsdatum 24.06.2025
Aktenzeichen 11 U 183/24 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2025:0624.11U183.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. September 2024 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 131.933 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt Zahlungen zum Ersatz eines Leitungswasserschadens aus einer von ihm für sein Wohnhaus in … (Ort01), … (Straße01), bei der Beklagten gehaltenen kombinierten Wohngebäude- und Hausratversicherung (Vers.-Nr. …). Zum Versicherungsschein und zu den Bedingungen wird auf die Anlagen K 1 bis K 3 und B 2 verwiesen.

Der Kläger hatte Versicherungsleistungen zum Ersatz eines am 5. August 2018 eingetretenen Leitungswasserschadens verlangt. Im Zuge der Überprüfung ihrer Leistungspflicht erklärte die Beklagte mit einem Schreiben vom 5. Februar 2019 die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung, weil sie Angaben des Klägers über die Wohnfläche für falsch hielt. Sie lehnte eine Leistungsverpflichtung ab. Auf die Anlage K 9 wird verwiesen.

Der Kläger erhob Klage, und das Landgericht Frankfurt (Oder) verurteilte die Beklagte mit dem Urteil vom 19. August 2020 - 14 O 155/19 - zur Zahlung einer Versicherungsleistung, und es stellte fest, der Versicherungsvertrag sei nicht durch die Anfechtung nichtig (Anlage K 6). Berufung legte die Beklagte nicht ein. Das Urteil ist rechtskräftig.

Mit einem Schreiben vom 19. November 2020 zeigte der Kläger der Beklagten einen weiteren Leitungswasserschaden an, der im August 2019 in dem versicherten Haus geschehen sei, weil bei der Reparatur des im August 2018 eingetretenen Schadens ein Abwasseranschluss unsachgemäß installiert worden sei. Eine von der Beklagten beauftragte Gutachterin führte auf Grund einer Besichtigung und nach Vorlage der Unterlagen aus einem Schadensersatzverfahren gegen den Installateur aus, der zweite könne nicht vom ersten Schaden abgegrenzt werden. Die Beklagte lehnte eine Leistung ab.

Der Kläger hat behauptet, der erste Schaden sei vollständig repariert worden. Der zweite Schaden sei deshalb vom ersten sicher abgrenzbar. Für die vollständige Reparatur im Sommer 2022 seien 127.250,27 Euro aufzuwenden gewesen, von denen er mit der Klage nur den Nettobetrag in Höhe von 106.933 Euro verlangt hat.

Der Kläger hat gemeint, Obliegenheiten habe er nicht verletzt. Wegen der erklärten Anfechtung habe er den Schaden zunächst sorgfältig dokumentiert. Angezeigt habe er den Schaden der Beklagten nicht, weil er vermutet habe, die Beklagte werde sich mit dem weiteren Versicherungsfall nicht befassen wollen, weil sie sich auf vorangegangene, ihr angezeigte Versicherungsfälle auf die erklärte Anfechtung berufen und Leistungen abgelehnt habe. Er habe aber den damals laufenden Prozess um den zuvor gemeldeten Versicherungsfall und um die Wirkung der Anfechtungserklärung nicht „gefährden“ oder „belasten“ wollen, indem er einen weiteren Versicherungsfall melde und dadurch „möglicherweise ... die Entscheidung über eine etwaige Berufung der Beklagten“ gegen ein ihr ungünstiges Urteil beeinflusse (Schrs. v. 11. Sept. 2023, S. 3 ff. = Bl. 54 ff. LG).

Die Beklagte hat eingewandt, es sei nicht festzustellen, welche der behaupteten Schäden durch welches Ereignis eingetreten seien. Eine Prüfung sei nicht möglich, weil der Kläger den zweiten behaupteten Schaden erst eineinhalb Jahre nach dem vermeintlichen Schadenereignis angezeigt habe.

Die Beklagte hat gemeint, sie müsse nicht leisten, weil der Beklagte den Schaden nicht unverzüglich angezeigt habe. Auch gegen das Veränderungsverbot habe der Beklagte verstoßen, und er habe erforderliche Belege nicht vorgelegt.

Die auf die Zahlung des Nettobetrages und auf die Feststellung weiterer Leistungsverpflichtung gerichtete Klage hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Es hat gemeint, die Beklagte habe sich auf die Obliegenheitsverletzungen berufen und die Leistung vollständig verweigern dürfen. Der Kläger habe arglistig gehandelt, indem er den zweiten Versicherungsfall nicht unverzüglich angezeigt habe, um so seine Prozessaussichten in dem laufenden Prozess um die Anfechtung des Versicherungsvertrages nicht zu gefährden.

Mit seiner Berufung wendet der Kläger ein, die Beklagte habe sich vor Beginn des Prozesses nicht auf die verspätete Anzeige des Versicherungsfalles und nicht auf ein damit verbundenes arglistiges Verhalten berufen. Das Landgericht habe nicht beachtet, dass zur Zeit des Eintritts des zweiten Versicherungsfalles die Obliegenheiten nicht vereinbart gewesen seien, weil die Beklagte den Vertrag zuvor angefochten habe. Da die Beklagte sich auf diese Anfechtung berufen habe, habe er annehmen dürfen, die Beklagte wolle sich mit dem zweiten Versicherungsfall nicht beschäftigen. Der Kläger meint, gegen die ihm angelastete Arglist spreche, dass er den zweiten Versicherungsfall sorgfältig dokumentiert habe, um der Beklagten spätere Feststellungen zu ermöglichen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (O.) zum Aktenzeichen 15 O 50/23

  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 106.933,00 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 4 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.04. 2021 zu zahlen;

  2. feststellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, Versicherungsleistungen aus der in Z. 2 genannten Versicherungsscheinnummer zu Schadennummer: … anlässlich des Leitungswasserschadens vom 02.09.2019 zu erbringen;

  3. die Beklagte zu verurteilen, ihn von der Verpflichtung zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i. H. v. 3.313,55 € gegenüber den Rechtsanwälten … (Name01) aus … (Ort02) zur Rechnungsnummer 2300247 freizustellen;

hilfsweise

das Urteil des Landgerichts Frankfurt (O.) zum Aktenzeichen 15 O 50/23 aufzuheben und an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit Verweisen auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Dazu verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 2. April 2025 (Bl. 52 ff.). Die Entgegnung des Klägers (Schrs. v. 27. Mai 2025, Bl. 60 ff.) führt nicht zu einer ihm günstigeren Beurteilung. Der Kläger wiederholt seine bereits zuvor gründlich ausgeführten Auffassungen, so dass auch der Senat nur auf das bereits Dargelegte verweisen kann, das er erneut überprüft hat. Weder die schließlich als unberechtigt erkannte Anfechtungserklärung der Beklagten noch die von ihm angeführte wirtschaftliche Zwangslage, in die er durch die Übernahme der Reparaturkosten geraten sei, entlasten den Kläger von dem Vorwurf, den zweiten Versicherungsfall bewusst nicht angezeigt zu haben, um seine Prozessaussichten in dem gegen die Anfechtung geführten Rechtsstreit zu verbessern. Er hat der Beklagten die Möglichkeit genommen, in eigener Verantwortung zu erwägen, ob sie sich auf die Anfechtung berufen wolle oder ob sie für den Fall des Unterliegens im Prozess eine Überprüfung ihrer Leistungspflicht in zeitlicher Nähe zum weiteren Versicherungsfall beginnen wolle.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO, die Wertfestsetzung auf den §§ 63 II, 47 I 1 GKG.