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Entscheidung 12 U 130/24


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 12. Zivilsenat Entscheidungsdatum 16.06.2025
Aktenzeichen 12 U 130/24 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2025:0616.12U130.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24.10.2024 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Aktenzeichen 11 O 61/23, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

1.1. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 91.973,82 € festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin macht im Wege der Teilklage Vergütungsansprüche aus einem mit den Beklagten geschlossenen und durch Erklärung des Widerrufs seitens der Beklagten vorzeitig beendeten Bauvertrag über die Errichtung von zwei Doppelhaushälften auf dem Grundstück der Beklagten ... (Straße 01) 31 in ... (Ort 01) geltend. Die Beklagten begehren widerklagend die Rückzahlung geleisteter Abschlagszahlungen. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gemäß § 522 Abs. 2 S. 4 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils sowie die Sachverhaltsdarstellung im Hinweisbeschluss des Senats vom 15.04.2025 - auch hinsichtlich der im Berufungsverfahren angekündigten Anträge - Bezug genommen.

I.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gem. §§ 517ff. ZPO eingelegte Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach weiterhin einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Zur Begründung wird zunächst auf den vorausgegangenen Hinweisbeschluss des Senats vom 15.04.2025 Bezug genommen. Die Ausführungen in der fristgerecht eingegangenen Stellungnahme der Klägerin vom 28.05.2025 geben nach nochmaliger Prüfung und Beratung keinen Anlass zu einer abweichenden Entscheidung.

Die Klage ist unbegründet und die Widerklage in dem ausgeurteilten Umfang begründet.

Der Senat hält daran fest, dass der zwischen den Parteien gemäß § 650i BGB geschlossene Verbraucherbauvertrag durch die Beklagten fristgerecht und damit wirksam widerrufen worden ist, so dass die empfangenen Leistungen gemäß § 355 Abs. 3 S. 1 BGB zurückzugewähren sind. Auf die entsprechenden Ausführungen im Hinweisbeschluss des Senats, denen von der Klägerin in ihrer Stellungnahme letztlich nicht mehr erheblich entgegengetreten wird, wird verwiesen. Soweit die Klägerin weiterhin der Auffassung ist, sie habe eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung verwendet, geht sie auf die Argumentation in dem Hinweisbeschluss und der dort zitierten Rechtsprechung nicht weiter ein. Sie wendet sich auch nicht dagegen, dass ein Verzicht oder eine Verwirkung des Widerrufsrechts nicht vorliegen. Der Senat sieht daher keine Veranlassung, seine in dem Hinweisbeschluss zum Ausdruck gekommene Auffassung nochmals zu überdenken.

Der Klägerin steht kein weitergehender Anspruch auf Wertersatz gem. § 357d S. 1 BGB a.F. zu. Bei den von der Klägerin gezahlten Provisionen handelt es sich nicht um Leistungen, die die Klägerin aufgrund des mit den Beklagten geschlossenen Vertrages diesen gegenüber geschuldet hätte und die aus diesem Grunde von den Beklagten zu ersetzen wären. Eine Rechtsgrundlage dafür ist weiterhin nicht ersichtlich. Den Beklagten ist insoweit auch kein Wertzuwachs zugeflossen. Es handelt sich um Leistungen, die die Klägerin allein aufgrund der mit den Vermittlern abgeschlossenen Verträge erbracht hat. Von wem der Widerruf veranlasst worden ist, ist in diesem Zusammenhang letztlich irrelevant. Soweit der Senat darauf verwiesen hat, dass nicht näher dargelegt sei, warum im konkreten Fall drei Vermittler tätig geworden sind, handelt es sich um einen Nebenaspekt, der für die Entscheidung nicht tragend ist, so dass es auf die Ausführungen der Klägerin hierzu nicht entscheidend ankommt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin gehört es zur Schlüssigkeit des Klagevorbringens, den geltend gemachten Anspruch auch der Höhe nach substantiiert und nachvollziehbar darzustellen. Dies ist hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für den Einsatz eines Bauleiters weiterhin nicht geschehen, da die Kalkulation nicht nachvollziehbar erläutert worden ist. Darauf, ob die Beklagten die Kalkulation angegriffen haben, kommt es nicht an. Unabhängig davon hält der Senat aus den im Hinweisbeschluss genannten Gründen an seiner Ansicht fest, dass ein Anspruch auch dem Grunde nach nicht besteht, weil es sich nicht um Leistungen handelt, die sich bereits im Bauwerk verkörpert haben.

Das gleiche gilt für den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz für verwendete Planungsunterlagen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Planungsunterlagen der Klägerin in erheblichem Umfang verwendet worden sind. Die Beweisaufnahme war insoweit unergiebig, was zulasten der beweispflichtigen Klägerin geht. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der tatsächlichen Feststellungen begründen könnten und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, trägt die Klägerin nicht vor. Die Stellungnahme wiederholt lediglich das Vorbringen aus der Berufungsbegründung, das derartige Anhaltspunkte gerade nicht enthält.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Wertersatz aus § 242 BGB zu. Der Senat bleibt bei seiner Ansicht, dass die von der Klägerin angeführte Entscheidung des OLG Köln vom 13.04.2022 (11 U 7/21) hier nicht einschlägig ist, weil zum einen - wie die Klägerin selbst ausführt - der Entscheidung ein Fall vor Inkrafttreten der Baurechtsreform zum 01.01.2018 zugrunde lag und zum anderen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, auf die das OLG Köln sich bezieht, einen Fall des § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B betreffend auf die Baustelle gelieferte und noch nicht eingebaute Bauteile (Fenster) betraf, also keine Planungsunterlagen.

II.

Auch die weiteren Voraussetzungen der Zurückweisung der Berufung im Beschlusswege gemäß § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor. Der Senat sieht daher keine Veranlassung, von der Vorgehensweise nach § 522 Abs. 2 ZPO abzusehen und statt dessen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen.

Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist auch aus sonstigen Gründen nicht geboten.

Die von der Klägerin als klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage, ob der Unternehmer im Falle eines widerrufenen Verbraucherbauvertrages für von ihm zu diesem Zeitpunkt im Zuge dieses Vertrages erbrachte Planungsleistungen Wertersatz auch insoweit verlangen kann als die Planungsleistungen nicht für die Errichtung des Bauwerkes verwendet worden sind, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn das Auftreten einer Rechtsfrage in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 35. Aufl. § 543 Rn. 11 m.w.N.). Wie die Klägerin jedoch selbst vorträgt, gibt es zu der von ihr als klärungsbedürftig angesehenen Frage keine Rechtsprechung oder Literatur und damit auch keine unterschiedlichen Auffassungen, die der Klärung bedürften. Dies dürfte seinen Grund darin haben, dass die von der Klägerin vertretene Auffassung schlicht nicht anderweitig geteilt wird und damit eine Einzelmeinung darstellt. Aus diesem Grunde gibt es auch keine einheitliche Rechtsprechung, zu deren Sicherung eine Entscheidung durch Urteil erforderlich wäre, noch ist eine solche Entscheidung zur Fortbildung des Rechts geboten.

Hinsichtlich der weiteren von der Klägerin als klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfrage, ob der Unternehmer im Falle des Widerrufs eines Verbraucherbauvertrages für die von ihm gezahlten Provisionen Wertersatz verlangen kann, ist bereits nicht ersichtlich, dass es sich dabei um eine Rechtsfrage handelt, die sich in einer Vielzahl ähnlicher Fälle stellen kann. Die Klägerin trägt dazu auch nichts weiter vor. Im Übrigen gilt auch hier, dass - wie die Klägerin selbst einräumt - zu dieser Frage weder unter- noch obergerichtliche Rechtsprechung und damit auch keine unterschiedlichen Auffassungen existieren, so dass die Rechtsfrage ebenfalls nicht klärungsbedüftig ist.

Gleiches gilt für die von der Klägerin als klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage, ob der Unternehmer im Falle eines widerrufenen Verbraucherbauvertrages für die Tätigkeit eines von ihm beauftragten Bauleiters Wertersatz auch dann verlangen kann, wenn das Bauwerk noch nicht errichtet worden ist. Auch insoweit führt die Klägerin an, dass hierzu weder ober- noch untergerichtliche Rechtsprechung existiert. Im Übrigen entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass im Falle einer vorzeitigen Kündigung nach § 648 BGB Vergütung für erbrachte Leistungen nur verlangt werden kann, wenn die Leistungen im Zeitpunkt der Kündigung sich im Bauwerk verkörpern bzw. sie schon in das Werk eingeflossen sind (vgl. BGH, Urt. v. 09.03.1995 – VII ZR 23/93, juris; OLG Köln, Urteil v. 17.03.2021 – 11 U 281/19, juris Rn. 60; OLG Köln, Urteil vom 13.04.2022 a.a.O.; OLG Düsseldorf, Urteil v. 13.03.2020 – 22 U 222/19, juris Rn. 127; OLG Stuttgart, NZBau 2021, 323, 327). Für Vorarbeiten und Planungen, die keine eigenständige Leistung darstellen und deren Vergütung - wie im Streitfall - in die Baupreise eingerechnet ist, kann der Unternehmer keine Vergütung verlangen, wenn die Bauleistung selbst nicht ausgeführt worden ist (OLG Köln, Urt. v. 17.03.2021 a.a.O.). Für einen Wertersatzanspruch für erbrachte Leistungen nach erfolgtem Widerruf des Vertrages kann nichts anderes gelten. Letztlich kommt es wegen der fehlenden schlüssigen Darlegung zur Höhe eines solchen Anspruchs auch nicht entscheidungserheblich auf diese Frage an, so dass auch aus diesem Grunde keine grundsätzliche Bedeutung besteht.

Eine mündliche Verhandlung ist auch nicht aus sonstigen Gründen geboten. Der Rechtsstreit ist bereits ausführlich in den Schriftsätzen erörtert worden, sämtliche Argumente sind ausgetauscht worden. Diese sind auch in den Verhandlungen vor dem Landgericht mündlich erörtert worden. Welchen zusätzlichen Erkenntnisgewinn eine mündliche Verhandlung vor dem Senat, in der die Anträge gestellt werden und die gegenseitigen Rechtsauffassungen nochmals ausgetauscht werden, ergeben soll, vermag der Senat nicht zu erkennen. Auch die Klägerin legt einen solchen zusätzlichen Erkenntnisgewinn nicht dar. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens kommt aus materiell-rechtlichen Gründen nicht in Betracht, so dass auch kein Sachverständiger zur Erläuterung eines solchen Gutachtens zu laden wäre.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10 S. 2, 711, 709 S. 2 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO i.V.m. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1 S. 1 GKG. Der Wert für Klage und Widerklage sind zusammenzurechnen. Ein Fall des § 45 Abs. 1 S. 3 GKG liegt nicht vor. Eine wirtschaftliche Identität von Klage und Widerklage ist nicht gegeben. Diese Identität ist dann gegeben, wenn die Ansprüche aus Klage und Widerklage nicht in der Weise nebeneinander stehen können, dass beiden stattgegeben werden kann, sondern die Verurteilung nach dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen Antrags nach sich zieht. Dieser Identitätsgrundsatz greift jedoch dann nicht ein, wenn mit Klage und Widerklage lediglich Teilansprüche aus demselben Rechtsverhältnis hergeleitet werden, die sich rechtlich zwar wechselseitig ausschließen, wirtschaftlich aber nicht überschneiden, sondern unterschiedliche Vermögenspositionen betreffen. Dementsprechend wird vom Erfordernis einer Werteaddition nach Maßgabe von § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG in Fällen ausgegangen, in denen der Kläger aus einem streitigen Rechtsverhältnis einen über geleistete Zahlungen hinausgehenden Rest- oder Mehrbetrag beansprucht, während der Beklagte widerklagend die geleisteten Zahlungen als nicht geschuldet zurückverlangt, da hierbei wirtschaftlich die aus dem Rechtsverhältnis geschuldete Gesamtvergütung den Gegenstand des Streits der Parteien bildet (vgl. BGH, Beschluss vom 11. März 2014 – VIII ZR 261/12, juris Rn. 5). Dies ist auch vorliegend der Fall.