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Ausbildungsförderung; Besuch eines Kollegs; Abbruch der Ausbildung; Teilnahme an Praktikum; Förderungsfähigkeit; vom Einkommen der Eltern unabhängige Förderung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 31.07.2012
Aktenzeichen OVG 6 M 132.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 166 VwGO, § 114 ZPO, § 2 Abs 4 S 1 BAföG, § 11 Abs 2 S 1 BAföG, § 11 Abs 3 S 1 Nr 1 BAföG

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 3. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Der Kläger erhielt zum Besuch eines Kollegs mit dem Ausbildungsziel der allgemeinen Hochschulreife nach erfolgreichem Abschluss des 13. Schuljahres Ausbildungsförderung, die ihm gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes - BAföG - unabhängig vom Einkommen seiner Eltern gewährt wurde. Nach dem Ende des 12. Schuljahres brach der Kläger den Besuch des Kollegs ab und absolvierte nunmehr ein Praktikum, das ihn zur Fachhochschulreife befähigen sollte. Für dieses Praktikum versagte ihm der Beklagte Ausbildungsförderung. Zwar sei das Praktikum grundsätzlich förderungsfähig, allerdings nur unter Anrechnung des Einkommens seiner Eltern, das vorliegend seinen Bedarf übersteige. Hiergegen wendet er sich mit der Klage, deren hinreichende Erfolgsaussichten das Verwaltungsgericht verneint hat.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung - ZPO - biete, ist nicht zu beanstanden.

Insbesondere ist das Verwaltungsrecht zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger keine vom Einkommen seiner Eltern unabhängige Ausbildungsförderung verlangen kann. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BAföG ist auf den Ausbildungsbedarf des Auszubildenden u.a. das Einkommen seiner Eltern anzurechnen. Einer der Ausnahmetatbestände insoweit liegt nicht vor. Insbesondere greift die Regelung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht. Nach dieser Vorschrift bleibt das Einkommen der Eltern außer Betracht, wenn der Auszubildende ein Kolleg besucht. Den Besuch des Kollegs hat der Kläger nach Abschluss der 12. Klasse beendet. Das von ihm absolvierte Praktikum ist nicht Teil der am Kolleg absolvierten Ausbildung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 4 Satz 1 BAföG.

Nach dieser Vorschrift wird Ausbildungsförderung auch für die Teilnahme an einem Praktikum geleistet, das im Zusammenhang mit dem Besuch einer der in § 2 Abs. 1 und 2 bezeichneten oder nach § 2 Abs. 3 bestimmten Ausbildungsstätten gefordert wird und dessen Inhalt in Ausbildungsbestimmungen geregelt ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht zu Recht verneint. Es fehlt an dem geforderten Zusammenhang des Praktikums, für das er Ausbildungsförderung begehrt, mit dem Besuch des Kollegs, denn für den Besuch des Kollegs wird ein Praktikum nicht „gefordert“.

Ein Zusammenhang des Praktikums mit einer förderungsfähigen Ausbildung lässt sich allenfalls insoweit annehmen, als das Praktikum nach dem Erwerb der Hochschul- oder Fachhochschulreife als Zugangsvoraussetzung zum Studium einer bestimmten Fachrichtung oder als Prüfungsvoraussetzung gefordert wird. Es steht dann allerdings im Zusammenhang mit der beabsichtigten Ausbildung an der Hochschule, nicht aber mit dem ihm vorangegangen Schulbesuch. Ausbildungsförderung für den Besuch einer Hochschule wird jedoch nur in Abhängigkeit vom Einkommen der Eltern gewährt. Das gilt dann auch für das damit im Zusammenhang stehende Praktikum.

Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung. Der Kläger meint, aus Tz. 2.4.9 der Verwaltungsvorschriften zum BAföG ergebe sich, dass bei Abschluss der 12. Klasse einer weiterführenden allgemeinbildenden Schule ein Praktikum im Zusammenhang mit der zuvor besuchten Ausbildungsstätte stehe. Tz. 2.4.9. lautet: „Ergänzt das Praktikum eine Schulausbildung, die selbst zum Besuch einer anderen Schule oder Hochschule nicht ausreicht (z.B. Abschluss der 12. Klasse einer weiterführenden allgemeinbildenden Schule oder der höheren Handelsschule für das Fachhochschulstudium), so steht das Praktikum im Zusammenhang mit dem Besuch der zuvor besuchten Ausbildungsstätte, deren Abschluss durch das Praktikum ergänzt wird.“ Dem Senat erscheint fraglich, ob das von dem Kläger absolvierte Praktikum seine am Kolleg genossene Schulausbildung in diesem Sinne „ergänzt“. Sollten die Verwaltungsvorschriften im vom Kläger vertretenen Sinne gemeint sein, fänden sie aus den dargelegten Gründen allerdings keine Stütze im Gesetz.

Soweit der Kläger geltend macht, durch die Verwaltungsvorschriften sei von der Verordnungsermächtigung in § 2 Abs. 3 BAföG Gebrauch gemacht worden, verkennt er die Rechtsnatur der Verwaltungsvorschriften, die lediglich verwaltungsinterne Bindungswirkung haben, aber darüber hinaus keine verbindlichen Vorgaben zur Auslegung oder Anwendung der Bestimmungen des BAföG enthalten. Insbesondere binden sie die Gerichte, die allein zur authentischen Interpretation einfachgesetzlicher Normen berufen sind, nicht.

Die hier vertretene Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 1 BAföG macht die Vorschrift - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht überflüssig. Zwar führt der Kläger zu Recht an, dass ein Praktikum, das unmittelbar Bestandteil einer Schulausbildung ist, ohnehin nach den allgemeinen Bestimmungen gefördert werde, ohne dass es einer Prüfung der besonderen Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Satz 1 BAföG bedürfe. Dies betrifft aber nicht Praktika, die - wie hier - außerhalb der Ausbildungsstätte absolviert werden und nicht unmittelbar Bestandteil der Schulausbildung sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).