Gericht | OLG Brandenburg 3. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 15.07.2025 | |
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Aktenzeichen | 3 W 38/25 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2025:0715.3W38.25.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Mit ihren zulässigen Rechtsmitteln wenden sich die Beschwerdeführer unter Vorlage von Ausschlagungserklärungen gegen die Erteilung des beantragten, sie als gesetzliche Miterben zu je 1/7 des Nachlasses des Erblassers ausweisenden Erbscheines. Lediglich die Beschwerde der Beteiligten zu 7 hat allerdings auch in der Sache Erfolg.
Die Beteiligten zu 3 und zu 7 haben zwar die sechswöchige Ausschlagungsfrist des § 1944 Abs.1 BGB, beginnend mit der Kenntniserlangung von dem Anfall der Erbschaft und dem Grunde seiner Berufung, jeweils nicht eingehalten.
Die Beteiligten haben mit gerichtlicher Verfügung vom 23.07.2024 im genannten Sinne Kenntnis erhalten, indem ihnen unter Übersendung des Erbscheinantrages mitgeteilt worden ist, dass sie als gesetzliche Miterben zu je 1/7 des Nachlasses in Betracht kommen.
Die Beteiligte zu 3 hat daraufhin mit Schreiben vom 03.08.2024 lediglich mitgeteilt, dass sie die Erbschaft form- und fristgerecht ausschlagen werde und ihr die insofern bestehenden Form- und Fristvorschriften bekannt seien. Eine formgerechte Ausschlagungserklärung hat sie indes erst am 20.02.2025 erstellen lassen (Bl. 71 ff GA); diese ist bei Gericht schließlich auch erst am 05.03.2025 bei dem Amtsgericht Schwedt/Oder eingegangen (Bl. 70 GA).
Die Beteiligte zu 7 hat zwar bereits mit privatschriftlicher Erklärung vom 01.08.2024, eingegangen am 05.08.2024 (Bl. 25 GA) die Erbschaft ausgeschlagen, damit aber die Form des § 1945 Abs. 1 BGB nicht eingehalten, worauf sie mit gerichtlicher Verfügung vom 06.08.2024 (Bl. 27 GA) hingewiesen worden ist. Ihre formgerechte Erklärung vom 20.08.2024 (Bl. 39 ff GA) ist sodann erst am 26.08.2024 eingegangen (Bl. 38 GA), obwohl sie vom Tod des Erblassers eigenen Angaben zufolge am 24.06.2024 Kenntnis erlangt hatte. Seit demselben Datum hatte sie auch Kenntnis von dem Berufungsgrund im Sinne von § 1944 Abs. 1 BGB, denn bei (wie hier) gesetzlicher Erbschaft ist Kenntnis des Berufungsgrundes anzunehmen, wenn dem gesetzlichen Erben die seine Erbberechtigung begründenden Familienverhältnisse bekannt sind und er nach den Gesamtumständen keine begründete Vermutung haben kann oder hat, dass eine ihn ausschließende letztwillige Verfügung vorhanden ist (KG, Beschl v 10.10.2023 - 6 W 31/23 -, ZEV 2024, 600).
Die Beteiligte zu 3 hat zudem die Versäumung der Ausschlagungsfrist nicht im Sinne von § 1956 BGB zu gerichtlichem Protokoll vom 20.02.2025 oder in anderer Weise formgerecht angefochten (vgl. §§ 1955, 1945 BGB).
Die Beteiligte zu 7 hat diese ebenfalls sechswöchige Frist (§ 1954 Abs. 1, 2 2. Halbsatz BGB) mit ihrer Anfechtungserklärung vom 20.08.2024 dagegen eingehalten, wobei angesichts ihres Sachvorbringens angenommen werden kann, dass sie von den Fristvorgaben jedenfalls vor Erhalt der gerichtlichen Verfügung vom 23.07.2024 keine Kenntnis gehabt hat. Ihre gemäß § 121 BGB unverzügliche und damit rechtzeitige Irrtumsanfechtung im Sinne von § 119 Abs. 1 BGB wegen Versäumung der Ausschlagungsfrist erweist sich auch als in der Sache wirksam. Eine Irrtumsanfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB kommt nach allgemeiner Auffassung u.a. dann in Betracht, wenn der Anfechtende - wie hier mit der Erklärung vom 05.08.2024 - irrtümlich glaubte, bereits wirksam ausgeschlagen zu haben (vgl. OLG Köln, Beschl v 20.01.2014 - 15 W 1/14 - BeckRS 2010, 17496; Senat, Beschl v 19.10.2021 - 3 W 45/21 -, Rpfleger 2022, 517).
Der Irrtum der Beteiligten zu 7 war für die Fristversäumung auch im Sinne von § 119 Abs. 1 BGB kausal. Es kann angenommen werden, dass die Beteiligte zu 7 in Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles die Ausschlagung der Erbschaft fristgerecht erklärt hätte, was durch ihre innerhalb der gesetzlichen Frist abgegebene formwidrige Ausschlagungserklärung hinreichend dokumentiert worden ist (vgl. RGZ 143, 419 ff, 424; OLG Zweibrücken Beschl v 23.2.2006 - 3 W 6/06, NJW-RR 2006, 1594 ff, 1596; OLG Jena, Beschl v 09.05.2011 - 6 W 51/11 -, MDR 2011, 791; Grüneberg/Weidlich, BGB, 84. Aufl. § 1956 Rn. 3).
Angesichts dessen ist die Beteiligte zu 7 nicht Erbin des Erblassers geworden, so dass der sie als Miterbin zu 1/7 ausweisende beantragte Erbschein die tatsächliche Rechtslage nicht zutreffend auswiese. Der entsprechende Erbscheinantrag war danach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG, denn ohne entsprechende - fehlerhafte - Anregung wäre der Erbscheinantrag nicht mit dem vorliegenden Inhalt materiellrechtlich unzutreffend beantragt worden und wäre mithin auch das Beschwerdeverfahren der Beteiligten zu 7 nicht erforderlich geworden.