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Nichtzulassungsbeschwerde; Divergenz; Wirtschaftlichkeitsprüfung; Verordnungsumfang; Berodual N


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 24. Senat Entscheidungsdatum 07.10.2011
Aktenzeichen L 24 KA 86/11 NZB ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 106 Abs 2 SGB 5, § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG, § 145 SGG

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 22. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt auch die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) des Beklagten ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen.

Das Rechtsmittel der Berufung, das nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) ausgeschlossen ist, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes, der sich auf 263,26 € beläuft (= erstinstanzlich geltend gemachte Arzneikostenregressforderung für die Verordnung von Berodual N in den Quartalen III und IV/2004), 750,- € nicht übersteigt, ist nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Denn die in den Nrn. 1 bis 3 dieser Vorschrift normierten Zulassungsvoraussetzungen liegen nicht vor.

Der Rechtssache kommt schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu, weil sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, nicht aufwirft. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist geklärt, ab welcher Maximaldosierung des Dosier-Aerosols Berodual N nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse grundsätzlich von einer unwirtschaftlichen Verordnungsweise auszugehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2007 - B 6 KA 44/06 R = SozR 4-2500 § 106 Nr. 17).

Eine Abweichung von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG aufgeführten Gerichte, auf der das angefochtene Urteil beruht, liegt entgegen dem Vorbringen des Beklagten ebenfalls nicht vor. Dies gilt insbesondere für die von dem Beklagten ausdrücklich gerügte Divergenz zu dem Urteil des BSG vom 27. Juni 2007 (a.a.O.) und dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz vom 5. Oktober 2006 (- L 5 KA 11/05 - juris). Der Beklagte hat keinen abstrakten Rechtssatz des BSG, des LSG Rheinland-Pfalz oder eines der anderen in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte aufgezeigt, von dem das Sozialgericht (SG) im hiesigen Verfahren durch einen zum selben Gegenstand gemachten abstrakten Rechtssatz abgewichen wäre.

Das SG hat vielmehr unter ausdrücklicher Würdigung der Dosierungsempfehlungen der Fachinformation auf den vorliegenden Einzelfall bezogen eine im Ergebnis abweichende rechtliche Beurteilung getroffen und diese mit den Besonderheiten des Einzelfalles (Hinweis auf die von den Klägern vorgetragene Noncompliance des Versicherten) begründet. Auf diese Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung bei Besonderheiten des zugrunde liegenden Behandlungsfalls hat das BSG ausdrücklich hingewiesen (vgl. a.a.O. Rn 18 des Urteilsumdrucks). Eine Abweichung i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG läge zudem auch dann nicht vor, wenn das Urteil des SG möglicherweise nicht den Kriterien entspräche, die das BSG oder ein anderes der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte aufgestellt haben, oder wenn es Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einzelfall mangels im Ergebnis unzutreffender Subsumtion nicht oder falsch übernommen hätte. Es bedarf vielmehr eines fallübergreifenden abstrakten Rechtssatzes, der mit einem abstrakten Rechtssatz eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmt und diesem somit im Grundsätzlichen widerspricht. Einen solchen Rechtssatz hat das SG nicht aufgestellt, und zwar auch nicht hinsichtlich der weiteren von dem Beklagten aufgeworfenen Fragen, welche Maßnahmen zur Steigerung der Compliance bei wirtschaftlicher Verordnungsweise möglicherweise angezeigt gewesen bzw. welche Therapiealternativen ggf. in Betracht gekommen wären. Ebenso wenig begründet eine etwaige Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall eine Divergenz i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG (vgl. zum Ganzen etwa BSG, Beschluss vom 19. November 2009 - B 13 RS 61/09 B - juris - m.w.N., BSG, Beschluss vom 16. Juli 2009 - B 4 AS 37/09 B - juris - m.w.N.).

Schließlich hat der Beklagte mit seiner NZB auch keinen Verfahrensmangel bezeichnet, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Dies gilt auch für das Vorbringen der Beigeladenen zu 2), die eine „Überraschungsentscheidung“ des SG rügt. Abgesehen davon, dass nur ein vom Beschwerdeführer, dem Beklagten, gerügter wesentlicher Verfahrensmangel zur Zulassung der Berufung führen kann, war das SG nicht verpflichtet, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte vorher den Beteiligten mitzuteilen (vgl. BSG, Beschluss vom 13. Mai 2011 - B 12 R 25/10 B - juris - m.w.N.). Die vom SG vertretene Rechtsauffassung hat dem Verfahren auch keine überraschende Wende gegeben, und zwar schon deshalb nicht, weil die hierfür tragenden Gründe des klägerischen Vorbringens schon vorher Gegenstand der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. einer entsprechenden Anwendung der §§ 154ff Verwaltungsgerichtsordnung.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG).