| Gericht | LG Neuruppin 2. Strafkammer | Entscheidungsdatum | 02.08.2024 | |
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| Aktenzeichen | 12 KLs 3/24 jug. | ECLI | ECLI:DE:LGNEURU:2024:0802.12KLS3.24JUG.00 | |
| Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
| Normen | §§ 211 Abs. 1 und Abs. 2 Gr. 1 Alt. 4 und Gr. 2 Alt. 1 und Alt. 3, 30 Abs. 2 Alt. 3, 53 StGB, §§ 14 Abs. 3, 15 Abs. 1, 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG, §§ 1, 3 JGG. | |||
I.
Feststellungen zur Person
Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung … (Alter 1) Jahre alte, ledige und kinderlose Angeklagte wurde als viertes Kind seiner Eltern in einer siebenköpfigen Geschwisterreihe geboren. Da der Vater des Angeklagten in … (Land 1) gegen das dortige Regime kämpfte und deshalb kriegsbedingte Verfolgung befürchtete, floh die Familie aus ihrem Heimatland und gelangte im Jahr 2015 nach … (Land 2), wo sie zunächst behördlicherseits in einer Gemeinschaftsunterkunft in … (Ort 1) untergebracht wurde. Dort besuchte der Angeklagte die Grundschule, wechselte jedoch aufgrund bereits in der ersten Klasse auftretender Lernprobleme zeitnah an die … (Schule 1) in … (Ort 2). Seit dem Umzug der Familie im Jahr 2017 nach … (Ort 3) war der Angeklagte an die dortige … (Schule 2) angebunden. Aufgrund zunehmender verhaltensbedingter Probleme im schulischen Bereich wurde der Angeklagte spätestens ab dem Jahr 2023 als nicht beschulbar eingeschätzt und es wurde im September 2023 ein individueller Plan für ihn entwickelt, welcher vorsah, dass er an drei Tagen in der Woche ein Praktikum bei der … (Firma 1) in … (Ort 4) absolviert und an zwei Tagen in der Woche – einmal im Wege des Distanzunterrichtes von zuhause und einmal im Rahmen einer dreistündigen Eins-zu-Eins-Betreuung – beschult wird. Der Beschulung im Rahmen der Eins-zu-Eins-Betreuung blieb der Angeklagte bereits nach zwei bis drei Wochen gänzlich fern.
In … (Ort 3) lebte der Angeklagte sozial isoliert und hatte weder Freizeitanbindung noch Freunde, auch weil seine Eltern soziale Kontakte außerhalb der Familie nicht duldeten und darüber hinaus bereits sein Familienname aufgrund der kriminellen Vergangenheit der älteren Brüder auf Ablehnung stieß. Seine Freizeit verbrachte der Angeklagte daher überwiegend mit seinen Geschwistern und im Internet. Bereits im Mai 2022 wandte sich das Landeskriminalamt wegen möglicher Kindeswohlgefährdung sowie Radikalisierungstendenzen des Angeklagten aufgrund der Verbreitung von Propagandamitteln verschiedener terroristischer Organisationen über soziale Medien erstmals an das örtliche Jugendamt in … (Ort 3). Eine islamistische Radikalisierung ließ sich jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht eindeutig bestätigen. In der Folge wurde der Familie im August 2022 ein Einzelfallhelfer zur Seite gestellt, welcher den Angeklagten bei der Freizeitanbindung unterstützen sollte, damit er Kontakte knüpfen und Freunde finden konnte. Eine erfolgreiche Integration erfolgte aufgrund fehlender Mitarbeit durch den Angeklagten, der den Kontakt zu dem Einzelfallhelfer im April 2023 schließlich gänzlich abbrach jedoch nicht, sodass die Einzelfallhilfe im Mai 2023 wieder eingestellt wurde.
Der Angeklagte ist bislang strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten.
Der Angeklagte ist in vorliegender Sache am 28.11.2023 vorläufig festgenommen worden und befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Neuruppin vom 29.11.2023 seither in der Justizvollzugsanstalt … (Ort 9). In der Zeit der Untersuchungshaft verhielt sich der Angeklagte zunächst zurückhaltend und angepasst, mit voranschreitender Haftzeit hingegen vorlaut und fordernd. Er fiel durch einige relevante Vorkommnisse auf, wie dem Entzünden von Anstaltseigentum sowie der Verunreinigung des Außengeländes. Auch wurde im Mai 2024 ein drei Liter fassendes Gefäß bei ihm sichergestellt, welches er, mit Früchten, Brot und Wasser gefüllt, zum Ansetzen von Alkohol nutzte. Des Weiteren kam es zu zwei körperlichen Auseinandersetzungen mit anderen Inhaftierten. Auch versuchte der Angeklagte andere Inhaftierte zu instrumentalisieren und zu Gewalttaten zum Nachteil Dritter zu animieren. Seit Anfang Februar 2024 besucht der Angeklagte die 10. Klasse, wobei seitens der Justizvollzugsanstalt die Erlangung eines Schulabschlusses als unwahrscheinlich eingeschätzt wird. So kommt es im Unterricht vermehrt zu Störungen und Verweigerungshaltungen seitens des Angeklagten und er erschien allein aus Unlust zeitweise nicht zum Unterricht. Mittlerweile erklärt sich der Angeklagte dazu bereit, an einer Deradikalisierungsmaßnahme teilzunehmen, welche jedoch bislang nicht begann.
II.
Feststellungen zur Sache
1. Radikalisierung
Im Laufe des Jahres 2022 begann der Angeklagte ein Interesse für verschiedene extremistische Gruppierungen zu entwickeln. So informierte er sich im Internet über Themen wie Attentate, Serienmörder, Linksextremismus, das Kaukasische Emirat und den Islamischen Staat (IS). Aufgefallen ist der Angeklagte in diesem Zusammenhang erstmals im Rahmen von Ermittlungen durch das Bundeskriminalamt. Diesem war bekannt geworden, dass sich eine Jugendgruppe, darunter der Angeklagte, in einem Chat zusammenfand, in dem alle Ausreiseabsichten in Kriegs- oder Krisengebiete äußerten. Auch verbreitete der Angeklagte über Plattformen wie Instagram und TikTok IS-nahe Propaganda.
Im Mai 2022 wandte sich deshalb das Landeskriminalamt wegen des Verdachts der Kindeswohlgefährdung sowie möglicher Radikalisierungstendenzen erstmals an das örtliche Jugendamt in … (Ort 3).
Im Laufe der Zeit kanalisierte sich das Interesse des Angeklagten zunehmend auf die Tätigkeiten des Islamischen Staates. Er begann unterschiedliches IS-Propagandamaterial, zumeist Nasheeds (Lobgesänge) und Videos, die teilweise extrem grausame Gewalttaten (Hinrichtungen, Attentate, Enthauptungen) des IS verherrlichten, zu verbreiten und zu konsumieren. Auch beschäftigte er sich mit dem Bau von Sprengsätzen und Bomben. Außerdem unterhielt er in Chatgruppen Kontakte zu weiteren islamistischen Personen.
Im Juli 2023 war die Radikalisierung des Angeklagten bereits so weit fortgeschritten, dass er sich mit den Zielen des IS identifizierte und tödliche Terroranschläge gegen sogenannte „Ungläubige“ befürwortete. So äußerte er auf der Plattform TikTok gegenüber einem unbekannten Chatpartner mit dem Namen „…“ (Benutzername 1), der ihm vorschlug einen Anschlag in Deutschland zu verüben, indem er eine Geisel mit einem Messer schlachte, dass er sich dem IS, sollte dieser in … (Land 2) einen Anschlag planen, anschließen wolle.
2. Tat zu Ziffer 1 der Anklageschrift
Am 10.01.2023 veröffentlichte der Angeklagte auf dem von ihm unter dem Namen „…“ (Benutzername 2) betriebenen TikTok-Account im öffentlich einsehbaren Bereich den Ausschnitt eines Videos mit der Aufschrift „…“ (Titel 1), in welchem mehrere schwarze IS-Flaggen mit dem weißen sogenannten „Prophetensiegel“ gezeigt wurden. Dort steht auf schwarzem Grund in weißer arabischer Schrift der Satz „La ilaha illa Allah“ geschrieben, darunter finden sich in einem weißen Kreis die Worte „Allah, … (Name 1), … (Name 2)“. Dieses Siegel wird als Kennzeichen vom sogenannten „Islamischen Staat“ verwandt. Die Vereinigung „Islamischer Staat“ ist durch Verfügung des Bundesministeriums des Innern der Bundesrepublik Deutschland vom 12.09.2014 mit einem Betätigungsverbot belegt. Ausweislich dieser Verfügung ist es ausdrücklich verboten, das sogenannte Prophetensiegel auf diese Weise zu verwenden.
Der Angeklagte wusste, dass die IS-Flaggen in dem Video eingeblendet waren und diese Flagge vom „Islamischen Staat“ als Erkennungsmerkmal genutzt wird. Da er sich ausführlich über islamische und islamistische Themen informierte und darüber hinaus selbst über eine Vielzahl von elektronischen Medieninhalten mit islamistischen Bezügen verfügte, war ihm auch bewusst, dass das öffentliche Zeigen und Verbreiten von der in dem Video zu sehenden Flagge vom Betätigungsverbot umfasst ist und sein Handeln daher mit Strafe bedroht war.
3. Tat zu Ziffer 2 der Anklageschrift
Am 04.04.2023 veröffentlichte der Angeklagte auf dem von ihm unter dem Namen „…“ (Benutzername 3) betriebenen Instagram-Account im öffentlich einsehbaren Bereich einen Zusammenschnitt mehrerer Videos des Islamischen Staates mit den Logos der IS-Medienunternehmen … (Unternehmen 1) und … (Unternehmen 2). Das Video ist mit den Worten „Dawlatul islam Bagiyah“, also „Der islamische Staat wird bestehen bleiben“ überschrieben. In dem Video sind mehrere schwarze IS-Flaggen mit dem weißen sogenannten „Prophetensiegel“ zu sehen. Dort steht jeweils auf schwarzem Grund in weißer arabischer Schrift der Satz „La ilaha illa Allah“ geschrieben, darunter finden sich in einem weißen Kreis die Worte „Allah, … (Name 1), … (Name 2)“.
Der Angeklagte wusste, dass das Prophetensiegel in dem Video eingeblendet war und dieses vom „Islamischen Staat“ als Erkennungsmerkmal genutzt wird. Ihm war auch bewusst, dass das öffentliche Zeigen und Verbreiten von der in dem Video zu sehenden Flagge eine Straftat darstellt.
4. Tat zu Ziffer 3 der Anklageschrift
An einem nicht mehr näher feststellbaren Tag im Oktober 2023 lernten sich der Angeklagte und der Verurteilte … (Name 3) in einer etwa 110 Teilnehmer starken Chatgruppe mutmaßlicher IS-Unterstützer mit dem Namen „…“ (Gruppenname 1) bei Telegram kennen. Nachdem der Verurteilte … (Name 3) in dieser Gruppe offen mitgeteilt hatte, dass er einen Anschlag plane, nahm der Angeklagte zu diesem über einen privaten Chat Kontakt auf und schrieb ihm, dass er bei dem Anschlag mitmachen wolle.
In der Folge entwickelte sich zwischen dem Angeklagten und dem Verurteilten … (Name 3) ein reger Chat-, aber auch Telefonverkehr, in welchem sie zunächst persönliche Informationen austauschten und später jeweils ihre Sympathie zum Islamischen Staat bekräftigten.
Am 17.11.2023 oder in den Tagen danach kamen der Angeklagte und der Verurteilte … (Name 3) sodann überein, zur Unterstützung des Islamischen Staates und dessen Zielen am 01.12.2023 einen Anschlag begehen zu wollen und waren dazu fest entschlossen. Sie wollten eine möglichst große Anzahl von Menschen – aus ihrer Sicht „Ungläubige“ – töten, indem sie mit einem Kleintransporter Besucher des Weihnachtsmarktes in … (Ort 4) überfahren und anschließend überlebende Personen umbringen.
In diesem Zusammenhang veröffentlichte der Verurteilte … (Name 3) am 17.11.2023 in der Telegramgruppe „…“ (Gruppenname 1) ein Video mit dem Titel „…“ (Titel 2), in welchem er zum gewaltsamen Dschihad aufrief, also dazu „Ungläubige“ zu töten.
Zur Umsetzung des gemeinsamen Plans vereinbarten der Angeklagte und der Verurteilte … (Name 3), dass der Angeklagte am 30.11.2023 von … (Ort 3) mit dem Zug nach … (Ort 5) oder … (Ort 6) reisen sollte, wo der Verurteilten … (Name 3) ihn vom Bahnhof abholen wollte. Die Nacht sollte der Angeklagte entweder bei einem Bekannten des Verurteilten … (Name 3) – ebenfalls IS-Sympathisant – oder im Keller der elterlichen Wohnung des Verurteilten … (Name 3) verbringen.
Um sich auf das gemeinsame Vorhaben einzuschwören, intensivierten der Angeklagte und der Verurteilte … (Name 3) ihren Kontakt in den Tagen vor der geplanten Tat nochmals und versicherten sich gegenseitig wiederholt ihrer bedingungslosen Bereitschaft zur Tatbegehung. In dem Bestreben, sich im Vorfeld Geld für den Kauf von weiteren Waffen zu beschaffen, kamen der Verurteilte … (Name 3) und der Angeklagte bereits am 20.11.2023 überein, über die Verkaufsplattformen Ebay und Vinted Warenverkäufe zu initiieren, bei denen die Käufer Vorauszahlungen vornehmen, danach aber die versprochene Ware nicht erhalten sollten. Hierzu eröffnete der Angeklagte ein PayPal-Konto unter dem Namen „…“ (Name 4), auf welches auch bereits mindestens ein vermeintlicher Käufer 30,00 € überwiesen hatte.
Um sodann am 01.12.2023 in den Besitz eines benötigten Kleintransporters zu gelangen, wollten sich der Angeklagte und der Verurteilte … (Name 3) zunächst mit dem Vermieter eines solchen, mit welchem der Verurteilte … (Name 3) auch bereits telefonisch Kontakt aufgenommen hatte, auf einem Parkplatz in unmittelbarer Nähe des Weihnachtsmarktes in … (Ort 4) unter dem Vorwand treffen, dass dort die Übergabe des Fahrzeugs im Rahmen der Mietvereinbarung stattfinden soll. Sodann war von beiden beabsichtigt, den Vermieter gemeinsam zu überwältigen und zu töten.
Vereinbart war weiterhin, dass der Verurteilte … (Name 3) den Kleintransporter anschließend von dem Parkplatz zum Weihnachtsmarkt fährt. Der Angeklagte sollte die Tat, entweder aus dem LKW heraus oder vom Vorplatz einer am Eingang zum Weihnachtsmarkt gelegenen Kirche aus, mit seinem Handy filmen. Diesen Film wollten sie im Anschluss im Internet veröffentlichen. Diejenigen Weihnachtsmarktbesucher, die durch das Überfahren nicht sofort getötet worden wären, wollten sie sodann ihrem gemeinsamen Tatplan entsprechend entweder mit Benzin überschütten und anzünden oder aber mit einem Messer erstechen. Dafür wollte der Angeklagte sein bereits Ende Oktober 2023 im Internet erworbenes Combat-Messer mit einer Klingenlänge von circa 11 cm und beidseitig geschliffener Klinge verwenden. In Vorbereitung auf genau dieses Vorhaben schaute sich der Angeklagte, letztmalig am 24.11.2023, ein Video an, in welchem der Zuschauer zunächst verbal angeleitet wurde, wie man einem Menschen mit einem Messer schnell und effektiv tödliche Verletzungen zufügt, was sodann im Anschluss an einem lebenden, gefesselten und geknebelten Gefangenen ausgeführt wurde, sodass dieser verstarb.
Zu dem gemeinsam geplanten Anschlag kam es nicht, weil der Angeklagte und der Verurteilte … (Name 3) am 28.11.2023 festgenommen wurden.
III.
Beweiswürdigung
1. Zu den Feststellungen zur Person
Die getroffenen Feststellungen zum Lebenslauf des Angeklagten beruhen auf den ausführlichen Ausführungen der Jugendgerichtshilfe, welche der Angeklagte als richtig wiedergegeben bestätigt hat.
Die Feststellungen zum eintragsfreien Vorstrafenregister beruhen auf der Verlesung des Bundeszentralregisterauszuges vom 07.05.2024.
2. Zu den Feststellungen zur Sache
a) Einlassung des Angeklagten
Zu den Vorwürfen hat sich der Angeklagte zu Beginn der Hauptverhandlung über eine von seinem Verteidiger verlesene Erklärung eingelassen, welche sich der Angeklagte zu Eigen gemacht hat. Nachfragen durch die Verfahrensbeteiligten wurden jedoch nicht zugelassen.
Betreffend die Tatvorwürfe zu Ziffer 1 und Ziffer 2 der Anklageschrift hat sich der Angeklagte dahin eingelassen, dass diese zutreffen.
Der Vorwurf zu Ziffer 3 der Anklageschrift treffe hingegen nur insoweit zu, als er zum Schein mit dem Verurteilten … (Name 3) übereingekommen sei, am 01.12.2023 einen Anschlag begehen zu wollen. Tatsächlich habe er nie vorgehabt, einen Anschlag zu begehen oder sich an einem solchen auch nur zu beteiligen. Auch habe er nie nach … (Ort 7), … (Ort 5) oder … (Ort 6) zu dem Verurteilten … (Name 3) reisen wollen. Zudem stehe das von ihm erworbene Combat-Messer in keinem Zusammenhang mit einem vermeintlich geplanten Anschlag.
Hintergrund seines Verhaltens sei gewesen, dass er isoliert und ohne nennenswerte Sozialkontakte aufgewachsen sei, weswegen er solche in den Sozialen Medien gesucht und auch gefunden habe. Er habe gemerkt, dass er dort Respekt und Anerkennung erfahren habe, wenn er sich als Sympathisant des Islamischen Staates ausgegeben habe. Dies habe ihm Selbstvertrauen verliehen und das Gefühl vermittelt, ein anerkanntes Mitglied einer Gemeinschaft zu sein. Das sei der Grund gewesen, warum er vorgespielt habe, eine islamistische Überzeugung innezuhaben und zur Durchsetzung des Islams um jeden Preis bereit zu sein.
In Wahrheit akzeptiere er vielmehr andere Religionen. So habe seine Familie sogar einen Weihnachtsbaum aufgestellt.
Auch sei er aufgrund fehlender finanzieller Mittel und auch sonst nicht in der Lage gewesen, nach … (Bundesland 1) zu reisen. Es habe zu keinem Zeitpunkt Reisevorbereitungen gegeben. Insbesondere habe er nicht am 27.11.2023 oder 28.11.2023 mit dem Zug von … (Ort 3) nach … (Ort 7), … (Ort 6) oder … (Ort 5) reisen wollen, sondern allenfalls zu seiner Ausbildungsstätte oder nach … (Ort 8).
b) Zu den Feststellungen zur Entwicklung/Radikalisierung des Angeklagten
Die getroffenen Feststellungen zur Radikalisierung des Angeklagten beruhen auf den Angaben der Zeugen … (Name 5) und … (Name 6) sowie dem Chatverkehr zwischen dem Angeklagten und seinem Chatpartner „…“ (Benutzername 1).
Die Entwicklung des Angeklagten, insbesondere seine Radikalisierung, hat die Zeugin … (Name 5) geschildert. Diese hat ausgesagt, dass der Angeklagte erstmals im ersten Quartal des Jahres 2022 auffällig geworden sei. In … (Bundesland 2) habe es ein Verfahren gegeben, in welchem aufgrund eines Monitorings durch das Bundeskriminalamt bekannt geworden sei, dass sich eine Jugendgruppe, darunter der Angeklagte, in Chats zusammengefunden habe. Die Teilnehmer dieser Chats hätten alle Ausreiseabsichten in Kriegs- und Krisengebiete gehabt. Anhand der Nummer, welche von diesem in den Chats verwendet worden sei, habe man die Klarpersonalie des Angeklagten herausfinden können. Bei diesem Monitoring sei aufgefallen, dass der Angeklagte über die Plattformen Instagram und TikTok IS-nahe Propaganda gepostet habe, aber zu jenem Zeitpunkt im Internet auch alles aufgesucht habe, was irgendwie extremistisch sei, wie z.B. Anschläge, Serienmörder und auch Linksextreme. Der Angeklagte habe auch öffentlich die kaukasische Flagge in sozialen Medien gepostet, obwohl das Kaukasische Emirat vom Bundesministerium der Justiz als ausländische terroristische Vereinigung eingestuft worden sei. In Zusammenhang mit dem Verfahren in … (Bundesland 2) habe es dann auch eine Durchsuchung bei dem Angeklagten gegeben. Bei dieser sei sie selbst nicht zugegen gewesen. Jedoch hätten ihre Kollegen den Angeklagten als zuerst sehr aufgebracht und aggressiv, dann aber – sowohl gegenüber den Einsatzkräften als auch seiner Familie – eher weinerlich und devot beschrieben. Zudem soll er beklagt haben, dass er isoliert sei. Da alles daraufhin gedeutet habe, dass sich der Angeklagte in eine extremistische Richtung entwickle, sei man daraufhin in Kontakt mit der Schule, dem Jugendamt, der Fachstelle Islam und den Eltern des Angeklagten getreten. Man habe versucht, den Angeklagten, der weder über Freunde noch Hobbies verfügt habe, aus seiner Isolation herauszuholen und ihn für andere Dinge zu öffnen, was jedoch aufgrund fehlender Mitwirkung des Angeklagten und dessen Familie nicht gelungen sei.
Im Laufe der Zeit habe sich das Interesse des Angeklagten dann eindeutig zum IS entwickelt, was sich am Konsum und dem Hochladen von diverser IS-Propaganda gezeigt habe. Der Angeklagte habe auch nicht mehr einfach über WhatsApp gechattet, sondern sei in Gruppen gewechselt, die die Polizei nicht habe nachvollziehen können. Er habe mehrere Handys und Telefonnummern sowie Prepaid-Karten genutzt, hinter welchen keine realen Personen gestanden hätten und habe regelmäßig seine Chatnamen gewechselt. Im Rahmen einer weiteren Durchsuchung im August 2023, bei welcher sie selbst wiederum nicht anwesend gewesen sei, hätten die Kollegen den Angeklagten, im Gegensatz zur ersten Durchsuchung, als beleidigend, herablassend und aggressiv beschrieben. Von dem verängstigten Jungen aus dem Jahr 2022 sei nichts mehr zu sehen gewesen. Vielmehr habe er sich vor den Einsatzkräften profilieren wollen und sei auch nicht mehr so hörig gegenüber seinen Eltern aufgetreten. Auf dem bei dieser Durchsuchung sichergestellten Handy der Marke „BlackView“ des Angeklagten seien vielfältige islamistische Inhalte festgestellt worden.
Am 24.11.2023 sei dann über einen Nachrichtendienst die Information gekommen, dass eine Person aus … (Bundesland 1) ein Video mit Anschlagstendenzen gepostet habe. In diesem Zusammenhang sei dann der Name des Angeklagten aufgetaucht, worauf er am 28.11.2023 habe observiert und für eine erkennungsdienstliche Behandlung festgesetzt werden sollen, was auch geschehen sei. In der Polizeiwache sei der Angeklagte dann an sie, die Zeugin … (Name 5), und ihre Kollegen übergeben worden. Hier habe sich der Angeklagte auch entsprechend der Beschreibung der Kollegen im Rahmen der letzten Durchsuchung präsentiert. Bei Übergabe des Angeklagten in der Wache habe dieser zwar zunächst geweint. Jedoch habe sich sein Verhalten schlagartig geändert und er habe sich extrem provozierend und respektlos verhalten. Er habe versucht, verbal die Oberhand zu behalten und immer das letzte Wort zu haben. Er habe die Situation belächelt und völlig selbstsicher gesagt, man müsse ihm das erstmal beweisen. Auch habe ihm sein Anwalt gesagt, dass er nichts sagen solle. Im Rahmen seiner Durchsuchung, in deren Zuge sein Handy der Marke Huawei sowie ein „Kampfmesser“ sichergestellt worden seien, habe er den durchsuchenden Beamten gefragt, ob man nicht auch seinen Schwanz anfassen wolle. Auch habe er geäußert, dass sie dafür seinen Schwanz lutschen würden. Als die Mutter des Angeklagten auf der Wache erschienen sei, sei die Lage nach wie vor sehr aufgeheizt gewesen. Gemeinsam mit dem Angeklagten und der Mutter sei ein Gespräch nicht möglich gewesen, sodass der Angeklagte, um die Situation zu beruhigen, zunächst auf den Flur verbracht wurde. Sie, die Zeugin … (Name 5), habe versucht, allein mit der Mutter zu sprechen. Sie habe versucht ihr klarzumachen, dass es sich vorliegend um einen schwerwiegenden Vorwurf handele, worauf sie sich etwas beruhigt habe und ein Gespräch möglich gewesen sei. Die Mutter habe sodann auch versucht, auf den Angeklagten einzuwirken, damit dieser den PIN für sein Handy herausgebe. Der Angeklagte habe sich jedoch nicht mehr von dieser beeinflussen lassen und habe lediglich PINs angegeben, welche nicht gestimmt hätten.
Ergänzend hat der Zeuge … (Name 6) berichtet, dass er beim Landeskriminalamt als Islamwissenschaftler die Aufgabe gehabt habe, die auf dem sichergestellten Handy des Angeklagten befindlichen islamistischen Inhalte auszuwerten. Auffällig, so der Zeuge, sei der Angeklagte bereits im April 2022 geworden, da er bereits im März 2022 Videos zum Kaukasischen Emirat hochgeladen habe, in welchen es um Kämpfe gegen Ungläubige, sogenannte „Kuffar“, gegangen sei. Da habe aus seiner Sicht auch die Radikalisierung des Angeklagten begonnen. Alle Filme, die er auf dem Instagram-Profil des Angeklagten gesehen habe, standen in Zusammenhang mit dem Islamischen Staat und dem Kampf gegen „Ungläubige“. Inhaltlich sei es immer um Hass, Hinrichtungen und darum gegangen, dass die Mudschahidin, also diejenigen, die im Namen des IS kämpfen, siegen. Hingegen habe er keine Filme von Rechtsradikalen oder anderen Extremisten gesehen. Auch habe er selten erlebt, dass jemand so viele extreme Inhalte konsumiere und veröffentliche, wobei er nicht wisse, wie der Angeklagte in Besitz der Inhalte gelangt sei, also ob er diese selbst aus dem Internet heruntergeladen oder von Dritten geschickt bekommen habe.
Anhaltspunkte, an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen zu zweifeln, haben sich für die Kammer nicht ergeben. Insbesondere die Zeugin … (Name 5), welche den Angeklagten bereits seit Anfang 2022 kennt und begleitet, hat die Entwicklung des Angeklagten ohne Belastungseifer wiedergegeben, soweit sie insbesondere auch die Bemühungen von Polizei, Jugendamt und Schule betonte, den Angeklagten bei der Integration zu unterstützen. Bestätigung finden die Angaben der Zeugen auch in dem auszugsweise verlesenen „Auswertebericht 02 zum Datenträger: HUAWEI P30 lite“ vom 15.01.2024. Danach sind auf dem Handy des Angeklagten mehrere hundert Bilder mit Bezug zum Islamischen Staat und Kaukasischen Emirat festgestellt worden. Der Angeklagte hat sich auch in verschiedenen Situationen fotografiert, in welchen er den sogenannten Tauhid-Finger zeigte – eine Geste der Muslime, um ihre religiöse Einstellung zu unterstreichen – und sich mit Symbolen des Islamischen Staates und des kaukasischen Emirates abgebildet.
Indizielle Bestätigung finden die Angaben der Zeugen zudem in den im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführten Chatnachrichten vom 28.07.2023 zwischen dem Angeklagten (unter dem Namen „…“ (Benutzername 4) und seinem unbekannten Chatpartner „…“ (Benutzername 1). Aus diesen ergibt sich bei lebensnaher Betrachtung, dass der Angeklagte spätestens zu diesem Zeitpunkt bedingungsloser IS-Sympathisant war. So drückt er in seinen Nachrichten offen Bewunderung für diejenigen Muslime aus, die kämpfen und nicht zuhause bleiben. Als „…“ (Benutzername 1) den Angeklagten darauf aufforderte, hier – gemeint ist sehr wahrscheinlich in … (Land 2) – einen Anschlag in der Form „eine geisel ein messer“ zu begehen, antwortete der Angeklagte, dass er sich ihnen – gemeint ist der Islamische Staat – anschließen werde, wenn sie das vorhätten. Im weiteren Verlauf des Gesprächs erklärte der Angeklagte, dass dies die Pflicht eines jeden Muslims sei. Später forderte der Angeklagte „…“ (Benutzername 1) auf, Nachrichten zu löschen, da „dies TikTok sei“. Hintergrund dieser Aufforderung war, dass der Angeklagte aufgrund seiner Vorerfahrungen mit der Arbeitsweise der Polizei wusste, dass das Internet kein durchgängig geschützter Raum ist.
Dass es sich bei dem Chatpartner mit dem Namen „…“ (Benutzername 4) um den Angeklagten handelte, ergibt sich wiederum aus dem „Auswertebericht zum externen Datenträger, Cloud, Huawei P30 lite“ vom 11.01.2024. Danach konnten in der Cloud des bei dem Angeklagten am 28.11.2023 sichergestellten Handys Huawei P30 lite insgesamt fünf Benutzerkonten festgestellt werden. Unter anderem war für die Anwendung TikTok der Username „…“ (Benutzername 5) und der Accountname „…“ (Benutzername 4) hinterlegt.
c) Zu den Feststellungen zum Tatgeschehen vom 10.01.2023 und 04.04.2023
(Taten zu Ziffer 1 und 2 der Anklageschrift)
Die Feststellungen betreffend die Taten zu Ziffer 1 und 2 beruhen neben der vorbehaltlos geständigen Einlassung des Angeklagten auf den in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Videos sowie den ergänzenden Angaben des Zeugen … (Name 6).
aa) Tat zu Ziffer 1 der Anklageschrift
Das von dem Angeklagten am 10.01.2023 auf TikTok veröffentlichte Video, welches auf dem sichergestellten Handy der Marke “Blackview“ des Angeklagten aufgefunden und im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommen worden ist, zeigt einen vielbefahrenen und begangenen Verkehrsbereich. Im Vordergrund steht ein Mann, welcher sich mit seinen Armen gestikulierend mutmaßlich auf Arabisch an seine Zuhörer wendet.
Im Hintergrund sieht man mehrere schwarze Flaggen mit weißen arabischen Schriftzügen und darunter ein kreisrundes, weißes Emblem mit schwarzen arabischen Schriftzügen.
Hierzu hat der Zeuge … (Name 6) ergänzend erläutert, dass es sich bei den im Video gezeigten Flaggen um die des IS handele. So sei auf der schwarzen Flagge das islamische Glaubensbekenntnis, die sogenannte Schahada, aufgebracht. Im ersten Teil stehe der arabische Text „La ilaha illa Allah“ geschrieben, was so viel bedeute wie „Es gibt keinen Gott außer Gott“. Darunter finden sich in einem weißen Kreis, welcher als sogenanntes Prophetensiegel bezeichnet werde, die Worte „Allah, … (Name 1), … (Name 2)“, also „... (Name 2) ist der Prophet Gottes“, was in dieser Form nur von dem IS genutzt werde.
Da sich der Angeklagte bereits spätestens seit dem ersten Quartal des Jahres 2022 – neben anderen extremistischen Gruppen – intensiv mit dem IS beschäftigte und weiteres Propagandamaterial besaß und konsumierte, war er sich der Bedeutung des Videos sowie des Verbotes des öffentlichen Verwendens der Flagge des IS auch bewusst.
bb) Tat zu Ziffer 2 der Anklageschrift
In dem auf dem öffentlich einsehbaren Instagram-Account „…“ (Benutzername 3) des Angeklagten veröffentlichten Video ist zu sehen, wie vermummte Männer Fäuste und Waffen in die Luft recken. Zudem werden verschiedene Kampfszenen gezeigt. Dabei halten und schwenken die Männer mehrere schwarze Flaggen, welche im oberen Bereich einen weißen arabischen Schriftzug und darunter ein kreisrundes, weißes Emblem mit schwarzem arabischen Schriftzug aufweisen. Hinterlegt ist das Video mit einem arabischen Sprechgesang.
Diesbezüglich erklärte der Zeuge …. (Name 6), dass dieses Video mit dem Titel „…“ (Titel 3) aus Sequenzen mehrerer Videos zusammengeschnitten worden sei, welche sämtlich einen hohen Bekanntheitsgrad in der Szene aufweisen würden. Das habe für die Nutzer den Vorteil, dass öffentlich lediglich „unschädliche“ Szenen verwendet werden können, aber alle in der Szene genau wissen, was im weiteren Verlauf des jeweiligen Videos passiere. So stamme beispielsweise die erste Sequenz aus einem evidenten IS-Film, in welchem ein Mann, der den IS bekämpfe, geköpft werde. Die zweite Sequenz stamme aus einem Video, welches dazu auffordere, Attentate in Ländern zu begehen, welche eine Migration zum IS verbieten. Nicht zu übersehen sei auch in dem Video die vom IS genutzte schwarze Flagge mit dem Glaubensbekenntnis „Es gibt keinen Gott außer Gott“ sowie dem Prophetensiegel „… (Name 2) ist der Prophet Gottes“.
Der Angeklagte war sich der Bedeutung des Videos sowie des Verbotes des öffentlichen Verwendens der Flagge des IS auch bewusst.
d) Zu den Feststellungen zum Tatgeschehen nach dem 17.11.2023
(Tat zu Ziffer 3 der Anklageschrift)
Mit Blick auf die von der Kammer getroffenen Feststellungen ist zu konstatieren, dass sie in Teilen der Einlassung des Angeklagten gefolgt ist. Soweit der Angeklagte sich dahin eingelassen hat, dass er mit dem Verurteilten … (Name 3) den in der Anklage vorgeworfenen Anschlag besprochen habe, hat die Kammer diesen Teil der Einlassung geglaubt. Die Kammer hat dem Angeklagten hingegen nicht geglaubt, dass er mit dem Verurteilten … (Name 3) nur zum Schein übereingekommen sei, einen Anschlag zu begehen, jedoch nie vorgehabt habe, sich auch nur an einem solchen zu beteiligen.
aa) Angaben des Zeugen … (Name 3)
Der Zeuge … (Name 3) hat zunächst bekundet, dass es eigentlich sein ursprünglicher Plan gewesen sei, aus … (Land 2) auszureisen, um sich dem IS anzuschließen und für ihn zu kämpfen. Dazu sei er über Telegram auch mit jemandem namens „…“ (Name 7) in Kontakt gewesen, von dem er glaube, dass er beim IS gewesen sei und zu dieser Zeit in … (Region 1) gelebt habe. Da eine Ausreise schwierig gewesen sei, habe ihm dieser „…“ (Name 7) gesagt, er könne dem IS auch helfen, indem er einen Anschlag in … (Land 2) mache. In diesem Zusammenhang habe der „…“ (Name 7) ihm ein Video auf Deutsch geschickt, mit einer Anleitung, wie man Polizisten töte und deren Waffe an sich nehme. Auch habe der „…“ (Name 7) verlangt – da er ihm sonst nicht geglaubt habe, dass er den IS unterstützen wolle – dass er ein Schwurvideo drehen solle, indem er dem Kalifen seine Treue schwöre, was er auch getan habe. Im Anschluss an die Operation gegen die Bevölkerung … (Land 3) nach dem 07.10.2023 habe er sich dann endgültig dazu entschieden, einen Anschlag in … (Land 2) durchführen zu wollen. Es habe ihn innerlich zerfressen, weil dort zu viele Zivilisten gestorben seien. Für den Anschlag habe der „…“ (Name 7) ihm dann 380 Dollar per PayPal überwiesen, wovon er versucht habe sich im Darknet Waffen und Falschgeld zu kaufen. Das habe aber nicht funktioniert, da er betrogen worden sei.
Noch im Oktober 2023 habe er dann den Angeklagten in einer ungefähr 110 Teilnehmer starken Chatgruppe von IS-Sympathisanten mit dem Namen „…“ (Gruppenname 1) bei Telegram kennengelernt. Dort habe der Angeklagte unter dem Namen „…“ (Benutzername 6) geschrieben. In der Telegramgruppe habe er, der Zeuge … (Name 3), geschrieben, dass er einen Anschlag plane und bald nicht mehr da sein werde, woraufhin ihn der Angeklagte erstmals privat angeschrieben habe. Der Angeklagte habe ihm geschrieben, dass er bei dem Anschlag mitmachen wolle. Sie hätten sich dann zunächst vorgestellt und sich gesagt, warum sie an den IS glauben. Gesehen hätten sie sich seinerzeit nie, heute zum ersten Mal. Sie hätten zunächst nur miteinander geschrieben, dann Sprachnachrichten ausgetauscht und später auch miteinander telefoniert. Der Angeklagte sei dann aus der Telegram-Gruppe ausgetreten. Danach habe er, der Zeuge … (Name 3), in die Gruppe noch ein Video gepostet, in welchem er zum „Dschihad“ aufgerufen habe. Als der Angeklagte von diesem Video erfahren habe, habe dieser ihm gesagt, dass es zu gefährlich sei, ein solches Video zu posten, weil die Polizei das finden könne, worauf er das Video wieder gelöscht habe. In diesem Zusammenhang habe der Angeklagte ihm auch erzählt, dass er wisse, wie es sei, eine Razzia zu haben. Der Angeklagte habe auch etwas von Überwachung gesagt, wobei er nicht genau wisse, was dieser damit gemeint habe.
In der Folge habe er, so der Zeuge weiter, dann einen Anschlag geplant. Der Angeklagte habe auch eigene Vorschläge gemacht. Zunächst hätten sie überlegt, mit einem PKW oder LKW in die wartenden Menschen vor einer Disco zu fahren und so möglichst viele Wartende zu töten. Er, der Zeuge … (Name 3), habe dann aber vorgeschlagen, lieber einen Weihnachtsmarkt anzugreifen. Der Angeklagte habe lieber Juden töten und Synagogen angreifen wollen. Er habe ihm das aber ausgeredet, da Synagogen zu stark gesichert seien und so hätten sie sich für einen Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt entschieden. Auf den Weihnachtsmarkt in … (Ort 4) sei er als Ziel des Anschlags gekommen, weil er dort oft unterwegs sei und der Markt mitten in der Stadt in der Fußgängerzone liege, wo viele Geschäfte seien. Außerdem gebe es in der Nähe nur eine kleine Polizeistation. Der Angeklagte habe den Vorschlag gemacht, dass sie ein gebrauchtes Auto für 400,00 € kaufen könnten. Er selbst habe im Internet auf der Plattform Ebay jemanden gefunden, der Kleinlaster vermietet habe. Von der Anzeige habe er dem Angeklagten ein Foto geschickt und habe sodann auch bereits telefonisch Kontakt zu dem Vermieter aufgenommen, welcher zu ihm gesagt habe, dass er ihn einfach anrufen solle, wenn er den Laster brauche. Wie alt er sei, habe er dem Vermieter nicht gesagt. Er habe den Vermieter mit dem Laster dann am 01.12.2023 auf einen Parkplatz in der Nähe des Weihnachtsmarktes in … (Ort 4) bestellen wollen, damit sie nicht mehr so weit bis zum Weihnachtsmarkt hätten fahren müssen. Den Vermieter des LKW hätten sie – der Zeuge und der Angeklagte – auf dem Parkplatz überwältigen, umbringen und sich dann den Laster nehmen wollen. Wie genau die Tötung des Vermieters hätte erfolgen sollen, hätten er und der Angeklagte noch nicht konkret besprochen. Mit dem LKW hätten sie danach auf den Weihnachtsmarkt fahren und so viele Besucher wie möglich töten wollen. Dabei habe er den Transporter fahren wollen und der Angeklagte habe alles mit seinem Handy filmen sollen. Zwar sei er bisher kein Auto gefahren, kenne jedoch den Unterschied zwischen Automatik und Gangschaltung und wisse, dass man Gänge einlegen und Gas geben müsse. Es sei geplant gewesen, dass der Angeklagte filmend mit im LKW sitze oder an einer am Weihnachtsmarkt gelegenen Kirche stehe und von dort alles aufnehme, genau hätten sie das noch nicht besprochen gehabt. Das Video hätten sie dann auf jeden Fall ins Internet stellen wollen, um die Tat publik zu machen.
Diejenigen Weihnachtsmarktbesucher, die überlebt hätten, hätten sie sodann entweder mit Benzin übergießen und anzünden oder mit dem Messer oder einer Armbrust umbringen wollen. Der Angeklagte habe bereits ein Messer besessen und ihm auch irgendwann ein Foto davon gezeigt. Damit hätten sie die Verletzten töten wollen. Er selbst habe noch kein Messer gehabt, weshalb der Angeklagte ihn aufgefordert habe, sich auch eines zu besorgen. Um an Geld für Waffen zu kommen hätten sie versucht, über die Verkaufsplattformen Vinted und Ebay Leute zu betrügen.
Ferner hat der Zeuge … (Name 3) bekundet, dass er den Anschlag am 01.12.2023 habe durchführen wollen, da der Weihnachtsmarkt an diesem Tag begonnen habe und dann viele Besucher dort gewesen wären. Damit keine Kinder mehr anwesend gewesen wären, habe er den Anschlag für 14 Uhr geplant, weil dann die Pause der nahegelegenen Schule vorbei gewesen wäre. Der Angeklagte habe noch zu ihm gesagt, dass sie den Anschlag nicht unbedingt am 01.12.2023 durchführen müssten und dass er geduldig sein soll und man weitere Vorbereitungen treffen müsse. Er, der Zeuge … (Name 3), habe aber das Gefühl gehabt, dass die Polizei ihn sonst vorher schnappe und habe das schnell machen wollen. Hintergrund sei, dass er einmal in einem Chat offen seine eigene Handynummer benutzt habe. In der Woche vor der Festnahme hätte er mit dem Angeklagten sehr intensiven Kontakt gehabt und in den Tagen vor der Festnahme auch öfter mit ihm telefoniert. Sie hätten nach Möglichkeiten gesucht, an weitere Waffen zu kommen und darüber geredet, wie der Angeklagte nach … (Ort 7) komme. Der Angeklagte habe am 30.11.2023 zu ihm kommen sollen und habe ihm gesagt, dass er ein Deutschlandticket habe und er, der Zeuge … (Name 3), habe bereits geschaut, wie lange eine Fahrt mit der Bahn von … (Ort 8) nach … (Ort 5) dauere und sein Ergebnis dem Angeklagten auch mitgeteilt. Bei ihm angekommen hätte der Angeklagte die Nacht entweder bei einem Bekannten in … (Ort 6) oder bei ihm im Keller verbringen sollen. Dem Bekannten aus … (Ort 6) – ein Marokkaner und ebenfalls IS-Sympathisant – habe er auch gesagt, dass sie einen Anschlag planen würden. Einzelheiten habe dieser jedoch nicht gekannt.
Schließlich hat der Zeuge … (Name 3) bekundet, dass er zwischendurch auch mal leise Zweifel gehabt habe, den Plan auszuführen, insbesondere weil er Angst gehabt habe, seine Eltern nie wieder zu sehen. Dem Angeklagten habe er davon nichts erzählt, aus Angst, dieser würde sich von ihm abwenden. Vielmehr hätten sie sich – gerade in der Woche bevor sie festgenommen worden seien – gegenseitig immer wieder am Telefon gesagt, dass sie das mit Gottes Willen schaffen. Auch habe er den Eindruck gehabt, sich auf den Angeklagten verlassen zu können. Da der Angeklagte öfter geschworen habe, dass er mitmache, sei er sich auch sicher gewesen, dass dieser am 30.11.2023 zu ihm komme.
Nach dem Anschlag habe er nach … (Region 1) reisen wollen. Hierfür habe er bereits einen Kontakt aus dem Darknet gehabt, der in … (Ort 8) ein Auto organisiert hätte und dann hätten sie über … (Land 4), … (Land 1) und … (Land 5) bis nach … (Region 1) fahren wollen. Ob der Angeklagte sich auch dieser Flucht angeschlossen hätte, könne er nicht sagen.
bb) Überzeugungsbildung der Kammer
Die Kammer hat die Angaben des Zeugen überprüft und als glaubhaft erachtet. Anhaltspunkte dafür, an der Glaubhaftigkeit der Angaben zu zweifeln haben sich nicht ergeben. So hat der Zeuge insbesondere schonungslos eingeräumt, ernsthaft Vorbereitungen für die Tat getroffen zu haben und zudem zur Tatbegehung fest entschlossen gewesen zu sein. Anhaltspunkte dafür, dass er den Angeklagten zu Unrecht belastet, haben sich nicht ergeben. Eine Belastungstendenz war den Angaben des Zeugen … (Name 3) nicht zu entnehmen.
(1) Bestätigung der Angaben des Zeugen … (Name 3) durch weitere Beweiserhebungen
(a) Planung des Anschlags
Bestätigung finden sowohl die pauschale Einlassung des Angeklagten als auch die umfassenden Angaben des Zeugen … (Name 3) zu Planung und Art des Anschlags sowie betreffend den ernsthaften Willen zur Umsetzung zunächst in dem in Augenschein genommenen Video des Zeugen … (Name 3) vom 17.11.2023, in dem im Selbstleseverfahren eingeführten Chatverkehr zwischen dem Zeugen … (Name 3) und einem unbekannten Chatpartner vom 26.11.2023 sowie in den Angaben des Zeugen … (Name 8).
Auf dem in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Video, welches der Verurteilte … (Name 3) am 17.11.2023 in der Telegram-Gruppe „…“ (Gruppenname 1) teilte, ist erkennbar, wie der … (Name 3) vor einem Hochbett sitzt, an dem eine schwarze Flagge mit weißen arabischen Schriftzügen und darunter ein kreisrundes, weißes Emblem mit schwarzen arabischen Schriftzügen, die Flagge des IS, angebracht ist. Der Verurteilte … (Name 3) richtet sich in diesem Video an seine „Brüder und Schwestern in europäischen Ländern“ und ruft diese zum gewaltsamen Dschihad auf. Es sei die Zeit gekommen, die „Kuffar“ mit Pistolen, Messern oder auch Feuer zu töten, um eines Tages in Europa die Scharia des Islams einzuführen.
Wie sich sodann aus den im Selbstleseverfahren eingeführten Chatnachrichten des Zeugen … (Name 3) an einen unbekannten Chatpartner vom 26.11.2023 ergibt, hat der Zeuge … (Name 3) diesem mitgeteilt, dass er am 01. Dezember wie Anis Amri auf einem Weihnachtsmarkt in … (Ort 6) „was machen“ und danach mit „…“ (Name 1) nach … (Region 1) ausreisen wolle, da er nicht mehrere Jahre ins Gefängnis wolle. Auf die Aussage des Chatpartners, dass … (Name 1) die Gruppe – gemeint ist wohl die oben bereits erwähnte Telegramgruppe „…“ (Gruppenname 1) – doch verlassen habe, antwortete der Zeuge, dass er glaube, dass er das nur aus Sicherheitsgründen getan habe. Sodann schickte der Zeuge … (Name 3) seinem Chatpartner mit den Worten „diesen LKW benutze ich zum töten und zur herstellung von bomben“ zunächst ein - in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenes - Foto eines Ebay-Vermietungsinserates der Firma „…“ (Firma 2), auf welchem ein weißer Kleintransporter mit Ladefläche abgebildet ist. Dann versandte er zudem noch einen, ebenfalls in Augenschein genommenen Kartenauszug aus GoogleMaps, in welchen der Zeuge bereits den geplanten Fahrweg von einem in der Nähe des Weihnachtsmarktes gelegenen Parkplatz am … (Platz 1) über den … (Platz 2), … (Straße 1) bis zum Eingang zum … (Weihnachtsmarkt 1) eingezeichnet hatte. Sowohl den Parkplatz als auch den Eingang zum … (Weihnachtsmarkt 1) hat er mit einem Kreuz versehen.
Darüber hinaus finden die Angaben des Zeugen … (Name 3) zum geplanten Zeitpunkt des Anschlags ihre Bestätigung auch in den im Selbstleseverfahren eingeführten (verschriftlichten) Sprachnachrichten zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen … (Name 3), welche durch Beamte des Landeskriminalamtes Brandenburg aus gelöschten Chats wiederhergestellt werden konnten. So teilte der Verurteilte … (Name 3) dem Angeklagten am 23.11.2023 mit, dass sie das alles am 01.12.2023 machen müssten, worauf der Angeklagte ihn zwar danach fragte, wieso er es so eilig habe und man Geduld haben und noch Geld einsammeln solle, für Sachen die sie brauchen, wie zum Beispiel Waffen. Er erklärt jedoch zugleich auch, dass er kommen könne. Dafür müsse er nur wissen, wie die Stadt heiße, in die er kommen soll.
Korrespondierend hierzu hat auch der Zeuge … (Name 8) berichtet, dass der Angeklagte, den er Anfang April 2023 über eine WhatsApp-Gruppe kennengelernt und mit dem er sich auch über islamistische Themen wie z.B. den Dschihad, was so viel heiße wie „Krieg von Gott“ unterhalten habe, ihm irgendwann davon erzählt habe, dass er mit einem Afghanen, den er von Telegram kenne, einen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in … (Ort 6) verüben wolle. Sie hätten mit einem LKW über den Weihnachtsmarkt fahren und Ungläubige töten wollen. Danach habe er nach … (Land 6) oder … (Land 7) gehen wollen. Nachdem der Angeklagte ihm von diesen Plänen erzählt habe, habe er den Kontakt zu diesem abgebrochen und ihm gesagt, dass er damit nichts zu tun haben wolle.
Danach haben sowohl der Angeklagte als auch der Verurteilte … (Name 3) gegenüber Dritten nicht nur pauschal angekündigt einen Anschlag begehen zu wollen, sondern haben jedenfalls mindestens zwei Personen gegenüber Details zum jeweiligen Mittäter, Tatzeitpunkt, Tatmittel, Tatort, Tatopfer und Tatmotiv beschrieben.
Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte diese Äußerungen nicht ernst gemeint hat, lassen sich weder aus deren Inhalt noch aus den Begleitumständen entnehmen.
(b) Vorbereitungshandlungen
Aus den Sprachnachrichten zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen … (Name 3), ergibt sich – neben der Anschlagsplanung selbst – auch, dass sie verschiedene Möglichkeiten zur Umsetzung ihres Vorhabens diskutierten.
Danach hat der Angeklagte dem Zeugen … (Name 3) in Folge gemeinsamer Überlegungen, wie man an Geld zur Beschaffung von Waffen, wie z.B. einer Armbrust komme, in einer Sprachnachricht vom 20.11.2023 vorgeschlagen, „Kuffar“ (Ungläubige) zu betrügen, indem sie Dinge bei Ebay oder in eine Gruppe bei Telegram einstellen und vorgeben würden, diese verkaufen zu wollen, „die“ hingegen am Ende zu „verarschen“. Das Geld solle man auf ein PayPal-Konto überweisen lassen. Allerdings dürfe man nicht seinen richtigen Namen und Nachnamen dort eingeben. Dass es nicht ausschließlich bei Überlegungen hinsichtlich der Geldbeschaffung geblieben ist, sondern insbesondere der Angeklagte diese Absicht bereits in die Tat umgesetzt hat, ergibt sich aus einer ebenfalls im Selbstleseverfahren eingeführten Nachricht des Zeugen … (Name 3) an den Angeklagten vom 27.11.2023, in welcher er den Angeklagten fragt, ob die Frau ihm die 30,00 € auch über „Freunde und Familie“ gesendet habe, da der Staat ihm andernfalls das ganze Geld wegnehme. In diesem Zusammenhang hat darüber hinaus die Zeugin … (Name 5) bekundet, dass der Angeklagte einen PayPal-Account auf den Namen … (Name 4) angelegt und über Ebay Videospiele verkauft, jedoch nicht verschickt habe. So habe er nach ihrem Wissen mindestens einmal 30,00 € eingenommen. Jedoch erstattete die Geschädigte keine Anzeige, da sie gedacht habe, das bringe sowieso nichts. Auch gegenüber dem Zeugen … (Name 3) hat der Angeklagte den Namen „…“ (Name 4) in einer Nachricht vom 23.11.2023 erwähnt und ihm mitgeteilt, dass das sein Name sei und er auf diesen wegen … (Name 9) – einem deutschen Islamisten – gekommen sei, ohne jedoch näher darauf einzugehen, wo genau er diesen Namen verwendet.
Zumindest teilweise übereinstimmend zu den Angaben des Zeugen … (Name 3) in der Hauptverhandlung ergibt sich ebenfalls aus den Sprachnachrichten, dass er und der Angeklagte bereits die Übernachtungsmöglichkeiten in der Nacht vom 30.11.2023 auf den 01.12.2023 besprochen hatten. So schrieb der Zeuge … (Name 3) dem Angeklagten am 27.11.2023, dass entweder „ein Bruder“ aus … (Land 6) ihm ein Hotel reservieren werde, er in einer Moschee oder aber in seinem Keller übernachten könne, worauf sich der Angeklagte danach erkundigte, ob der Keller des Zeugen … (Name 3) sauber sei. Der Zeuge … (Name 3) antwortete dem Angeklagten darauf, dass er im Keller auf einem Stuhl schlafen müsse, sie jedoch dann am Freitag in eine Moschee gehen würden, wo er sich noch zwei bis drei Stunden ausruhen könne, bevor es beginne.
Für die Richtigkeit der Bekundung des Zeugen … (Name 3) in der Hauptverhandlung, bereits Kontakt zu einem Vermieter von Kleintransportern aufgenommen zu haben, spricht auch dessen Sprachnachricht an den Angeklagten vom 23.11.2023, in welcher er dem Angeklagten mitgeteilt hat, dass er ihnen in jedem Fall ein Auto besorgen könne, jedoch die Unterstützung des Angeklagten benötige, um einen Mann zu überwältigen und dann dessen Auto zu nehmen.
Danach steht fest, dass der Angeklagte und der Zeuge … (Name 3) nicht nur die konkrete Tat geplant haben, sondern auch eine genaue Planung betreffend die Finanzierung weiterer Waffen, die Übernachtung des Angeklagten in der Nacht vor der Tat sowie die Inbesitznahme eines Autos – wenn auch hinsichtlich der Überwältigung des Mannes offen blieb, wie die genaue Ausführung erfolgen sollte – vorgenommen hatten, wobei der Angeklagte betreffend die Geldbeschaffung auch bereits tätig geworden war.
(c) Combat-Messer
Die Angabe des Zeugen … (Name 3), dass der Angeklagte bereits ein Messer besessen habe, deckt sich mit dem im Selbstleseverfahren eingeführten Durchsuchungs- und Sicherungsprotokoll vom 28.11.2023, wonach im Rucksack des Angeklagten ein Messer mit beidseitig geschliffener Klinge aufgefunden und sichergestellt wurde. Dieses sichergestellte Messer erwarb der Angeklagte ausweislich der in der Hauptverhandlung verlesenen und in Augenschein genommenen Bestellbestätigung der Verkaufsplattform Amazon im Oktober 2023. Die Lieferung des Messers „KS-11 Krav Maga Combat – Defense Forces Nahkampf Stiefelmesser 23 cm – Gürtelmesser – Sondereinheiten Einsatzmesser – Kampfdolch – Bootdagger – Stiefeldolch – kleines Messer mit Scheide schwarz“ an den Angeklagten sollte ausweislich dieser am 26.10. oder 27.10. erfolgen. Dass es sich hierbei um das am 28.11.2023 sichergestellte Messer handelt, ergibt sich aus der Inaugenscheinnahme der gefertigten Fotos des Messers, die nach der Sicherstellung gefertigt worden sind. Insoweit hat der Zeuge … (Name 10) ergänzend bekundet, dass das Messer am 28.11.2023 nach der Festsetzung des Angeklagten und Verbringung in die Wache im Hauptfach seines mitgeführten Rucksacks festgestellt worden sei. Nach Öffnen des Faches sei ein sofortiger Zugriff auf dieses möglich gewesen. Auf Nachfrage beim Angeklagten habe dieser angegeben, dass er das Messer für seine Ausbildung brauche und damit etwas schneiden wolle.
Diese Behauptung des Angeklagten gegenüber dem Zeugen … (Name 10), welche er im Übrigen im Rahmen der Hauptverhandlung nicht wiederholt hat, hat die Kammer nicht geglaubt. So ist es bereits als lebensfremd zu bezeichnen, dass von einem Praktikanten verlangt wird, sich selbständig und auf eigene Kosten um die Beschaffung von Arbeitsmaterial zu kümmern. Zudem ist darüber hinaus nicht ersichtlich, dass es sich bei einem Combat-Messer, also einem Kampfmesser, um ein für eine Autolackiererei geeignetes Werkzeug handeln könnte.
(2) Ernsthaftigkeit des Vorhabens
Die Kammer ist im Ergebnis der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass sowohl der Angeklagte als auch der Zeuge … (Name 3) zur Tatbegehung jeweils fest entschlossen waren. Anhaltspunkte für den von dem Angeklagten behaupteten geheimen Vorbehalt, sich gar nicht an diesem Anschlag beteiligen zu wollen, lassen sich weder aus den Angaben des Zeugen … (Name 3), noch aus den weiteren – oben bereits erörterten bzw. nachfolgend noch zu erörternden – Beweismitteln entnehmen.
Der Zeuge … (Name 3) hat bekundet, der Angeklagte habe ihm privat geschrieben und mitgeteilt, dass er mitmachen wolle. Zweifel am Willen des Angeklagten habe er nicht gehegt. Vielmehr hätten sie in den letzten Tagen vor der Festnahme einen noch intensiveren Kontakt gepflegt und sich zudem in Telefonaten gegenseitig in ihrem Vorhaben bestärkt, sodass er sich sicher gewesen sei, dass der Angeklagte am 30.11.2023 zu ihm gereist wäre. Übereinstimmend mit dem Eindruck des Zeugen … (Name 3), der sich sicher war, dass der Angeklagte den Anschlag gemeinsam mit ihm durchführen werde, hat auch der Zeuge … (Name 8) bekundet, dass er den Angeklagten für extremistisch halte und ihn, die Anschlagspläne betreffend, auch ernst genommen habe, obwohl er natürlich nicht gewusst habe, ob dieser das wirklich durchziehen wolle.
Bereits der Umstand, dass der Angeklagte den Verurteilten … (Name 3) privat angeschrieben und seine Unterstützung angeboten hatte, spricht gegen die Einlassung des Angeklagten, aufgrund seiner Isolation im Alltag ausschließlich auf Anerkennung und soziale Kontakte aus gewesen zu sein. In diesem Fall hätte es vielmehr nahe gelegen, seinen Anschlusswillen, ebenso wie der … (Name 3) zuvor auch, öffentlich in der Telegram-Gruppe kundzutun.
Neben dem Eindruck der Zeugen … (Name 3) und … (Name 8) spricht auch sämtliches übriges Verhalten des Angeklagten für seine Entschlossenheit und wäre, würde seine Einlassung, sich nur zum Schein mit dem Verurteilten … (Name 3) verabredet zu haben, um Teil einer sozialen Gruppe zu sein und Anerkennung in den sozialen Medien zu erfahren, stimmen, völlig überflüssig und hätte seinem Ansinnen teilweise sogar eher entgegengewirkt.
Soweit die Verteidigung in den Raum gestellt hat, die fehlende Ernstlichkeit ergebe sich daraus, dass der Angeklagte einen späteren Termin als den 01.12.2023 zur Durchführung des Anschlags gewollt hat, kann dies nicht überzeugen. Aus den Sprachnachrichten des Angeklagten an den Zeugen … (Name 3) vom 23.11.2023 ergibt sich zwar, dass er diesen danach fragt, warum er es denn so eilig habe und das direkt am 01.12.2023 machen wolle. Jedoch erklärt er sich sodann ohne weiteren Widerspruch zugleich bereit, zu dem Verurteilten … (Name 3) zu reisen. Würde die Einlassung des Angeklagten zutreffen, lediglich auf Anerkennung aus gewesen zu sein, wäre eher das genaue Gegenteil, also die Bestärkung des Verurteilten … (Name 3) zu einer möglichst frühzeitigen Umsetzung des Plans zu erwarten gewesen.
Auch hat der Angeklagte – nachdem er von dem Video erfahren hatte, welches der Verurteilte … (Name 3) am 17.11.2023 bei Telegram veröffentlicht und darin zum gewaltsamen Dschihad aufgerufen hatte, diesen in einer Sprachnachricht vom 19.11.2023 aufgefordert, jenes Video zu löschen. Zur Begründung führte er aus, dass er bereits zweimal was mit Razzien zu tun gehabt habe und er bei der Polizei auch bereits als Gefährder eingestuft sei. Deshalb wisse er, dass die – gemeint ist die Polizei – jederzeit sein Handy und Laptop „hacken“ können. Das Video solle er löschen, sonst sei er „früher im Arsch als gedacht“ und dann könnten sie den Plan nicht vollziehen. Als Alternative schlug der Angeklagte sodann vor, gemeinsam ein Video zu drehen, wenn sie „es vollziehen“. Hierauf antwortete der Zeuge … (Name 3), dass er das Video gelöscht habe und sie es gemeinsam machen werden.
Diese Nachrichten des Angeklagten an den Zeugen … (Name 3) sprechen dafür, dass auch er ernsthaft gewillt war, den geplanten Anschlag zu verüben. Mit diesem Hinweis wollte er nämlich gerade verhindern, dass die Umsetzung ihres Vorhabens durch ein solch unbedachtes Vorgehen des Zeugen … (Name 3) gefährdet wird. Andernfalls hätte es keinen Sinn gemacht, den Zeugen … (Name 3) aufzufordern das Video zu löschen, da es zum einen keinen Hinweis auf den Angeklagten enthielt und es ihm zum anderen hätte gleichgültig sein können, wenn die Polizei aufgrund dieses Videos auf den Zeugen … (Name 3) aufmerksam werden würde. Stattdessen war es vorliegend sogar der Angeklagte, der dem Zeugen … (Name 3) vorschlug, ein Video vom Anschlag zu drehen, was der Zeuge … (Name 3) sodann nur noch bestätigte.
Darüber hinaus hätte für den Angeklagten, der bei seinen Eltern lebt und von diesen versorgt wird, auch nicht die Notwendigkeit bestanden, in möglichst kurzer Zeit Geld zu beschaffen, wenn er sich tatsächlich nur zum Schein mit dem … (Name 3) verabredet hätte. Dies ergibt wiederum nur Sinn, wenn er Geld zum Beispiel zum Kauf weiterer Waffen oder zur Finanzierung einer anschließenden Ausreise benötigte. Dass sich der Angeklagte genau das, nämlich weitere Waffen zu besorgen, vorgenommen hatte, zeigt sich auch in dem Chatverkehr des Angeklagten mit einem unbekannten Chatpartner vom 10.11.2023. Ausweislich des im Rahmen der Hauptverhandlung auszugsweise verlesenen Auswerteberichts 02 zum Datenträger „HUAWEI P30 lite“ vom 15.01.2024 fragte der Angeklagte in einem 109 Teilnehmer starken Telegramchat, ob jemand eine Gaspistole habe. Auf seine Anfrage wurde er von einem unbekannten Chatpartner aufgefordert, sich etwas auszusuchen und diesem sodann privat zu schreiben, worauf der Angeklagte nur wenige Minuten später antwortete, dass er dies getan habe. Nicht festgestellt werden konnte, ob der Angeklagte eine Gaspistole auch tatsächlich erwarb. Jedoch zeigen bereits diese Nachrichten, dass es dem Angeklagten nicht ausschließlich um Anerkennung in der Gruppe gegangen sein kann, da auch insoweit nicht erforderlich gewesen wäre, sich aktiv um den Erwerb weiterer Waffen neben dem bereits vorhandenen Combat-Messer zu bemühen.
Ein weiteres Indiz dafür, dass der Angeklagte fest entschlossen war, den Anschlag gemeinsam mit dem Zeugen … (Name 3) auszuführen und auch das von ihm bereits erworbene Combat-Messer in diesem Rahmen einzusetzen, ergibt sich daraus, dass er ausweislich des im Rahmen der Hauptverhandlung verlesenen Aktenvermerks „Teilauswertung Mobiltelefon … (Name 11)“ vom 19.12.2023 auf seinem Handy ein 02:20 Minuten langes Video abgespeichert hatte, in welchem ein mutmaßlicher IS-Kämpfer eine andere Person zunächst verbal anleitet, wie man mit einem Menschen mit einem Kampfmesser tödliche Stich- bzw. Schnittverletzungen zufügt und im Anschluss dazu übergeht, dies an einem lebenden, gefesselten und geknebelten Gefangenen auszuführen, sodass dieser verstirbt. Dieses Video wurde ausweislich des Aktenvermerks letztmalig am 24.11.2023 um 20:28:32 Uhr durch Zugriff des Angeklagten modifiziert. Daneben befanden sich ausweislich des ebenfalls verlesenen Auswerteberichts 02 zum Datenträger „HUAWEI P30 lite“ vom 15.01.2024 weit über einhundert Bilddateien auf dem Handy des Angeklagten, welche neben verschiedensten Waffen auch Anleitungen zur Herstellung von Sprengvorrichtungen und Rohrbomben zum Gegenstand hatten.
Ferner spricht für die Ernsthaftigkeit der Absicht des Angeklagten, dass er sich im Rahmen der Chatnachrichten vom 27.11.2023 betreffend die Übernachtungsmöglichkeit in der Nacht vom 30.11.2023 auf den 01.12.2023 explizit nach der Beschaffenheit und Sauberkeit des Kellers des … (Name 3) erkundigte und ihm vorschlug, zusammen dort zu schlafen. Hätte er zu keinem Zeitpunkt vorgehabt, zu dem Verurteilten … (Name 3) zu reisen, wäre eine solche Unterhaltung und gerade die konkrete Frage nach der Sauberkeit des Kellers unnötig und nicht zu erwarten gewesen.
Nicht zuletzt lässt sich auch dem Verhalten des Angeklagten innerhalb der sozialen Medien ableiten, dass es dem Angeklagten mit dem Anschlag ernst war. Sofern er nach seiner Einlassung einzig darauf aus gewesen sei, in den sozialen Medien soziale Kontakte zu finden und Anerkennung zu erfahren, ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb er, nachdem er dem Verurteilten … (Name 3) mitgeteilt hatte, dass er sich an dem Anschlag beteiligen wolle, aus dem Telegram-Chat „…“ (Gruppenname 1) ausgetreten ist, obwohl er doch gerade in diesem Umfeld hätte auf Anerkennung hoffen müssen und können. Einzige sinnvolle Erklärung für den Austritt aus der Gruppe ist demnach, dass der Angeklagte gerade bestrebt war, nicht irgendwie aufzufallen, um das Vorhaben nicht zu gefährden. Auch der Umstand, dass der Angeklagte verschiedene Handys, Handynummern und Chatnamen nutzte, spricht eher dafür, dass er versuchte, seine Identität zu verschleiern, um von den Sicherheitsbehörden unentdeckt zu bleiben.
cc) Gesamtschau
Es steht danach im Ergebnis der erhobenen Beweise und ihrer Würdigung im Wege einer Gesamtschau nach der sicheren Überzeugung der Kammer fest, dass der Angeklagte und der Verurteilte … (Name 3) jeweils fest entschlossen waren, in gemeinschaftlichem Zusammenwirken die Tötung einer unbestimmten Anzahl von Menschen auf dem Weihnachtsmarkt in … (Ort 4) herbeizuführen. Insbesondere steht fest, dass es dem Angeklagten nicht allein um den Erhalt von Anerkennung und Respekt innerhalb sozialer Medien ging. In diesem Fall hätte es ausgereicht, wenn der Angeklagte den Plan des Verurteilten … (Name 3) lediglich befürwortet und gegebenenfalls zum Schein etwaige Vorschläge eingebracht hätte. Hingegen beteiligte sich der Angeklagte aktiv an Vorbereitungshandlungen. Er begann selbständig damit, Geld zu beschaffen, indem er sich ein Fakeprofil bei Ebay anlegte und darüber Dritte betrog. Zudem versuchte er aktiv über die Plattform Telegram eine Gaspistole zu kaufen und konsumierte zudem Videos, in welchen die Tötung eines Menschen mit einem Kampfmesser – was der Angeklagte bereits besaß – gelehrt wurde.
Für den ernstlichen Willen des Angeklagten spricht darüber hinaus die Vorsicht des Angeklagten, mit welcher er sich fortan im Internet bewegte (Gruppenaustritt, Wechsel Chatnamen, Verwenden verschiedener Telefonnummern), dass er den Verurteilten … (Name 3) vor den Möglichkeiten der Polizei hinsichtlich des von diesem veröffentlichten Videos warnte und auch sein Vorschlag, sich etwas mehr Zeit für den Anschlag zu lassen. All dies wäre, hätte der Angeklagte sich nur zum Schein mit dem Verurteilten … (Name 3) verabredet, nicht zu erwarten gewesen. Der Vorschlag, den Anschlag in die Zukunft zu verschieben, wäre sogar eher kontraproduktiv für das angebliche reine Streben des Angeklagten nach sozialer Anerkennung gewesen.
Die feste Entschlossenheit des Angeklagten zum geplanten Anschlag ist auch durch den Umstand belegt, dass er sich mit dem Zeugen … (Name 3) in mehreren Telefonaten in den Tagen vor der Festnahme auf die Tat eingeschworen hat. Bei lebensnaher Betrachtung ist es sehr unwahrscheinlich, dass der Angeklagte sich bis wenige Tage vor dem Anschlagsdatum intensiv allein mit seinem Mittäter über die Tat austauscht, wenn er diese hätte gar nicht begehen und sich nur hätte profilieren wollen, was für diesen Fall ja zeitnah klar geworden wäre.
Tatsächlich ist durch die gegenseitige Vergewisserung in diesen Telefonaten, den Anschlag mit Gottes Hilfe begehen zu wollen, endgültig die Verbindlichkeit bezüglich der gemeinsamen Tatplanung entstanden, von der es kein Zurück mehr gab. Weder für den Angeklagten noch für den Zeugen … (Name 3) war es ohne weiteres möglich, sich dem gemeinsamen Vorhaben zu entziehen, dessen Verwirklichung vom jeweils anderen Mittäter eingefordert worden ist.
Soweit die Verteidigung in den Raum gestellt hat, der Anschlag sei von vornherein nicht umsetzbar gewesen, da keiner der beiden Beteiligten gewusst habe, wie man überhaupt ein Auto, geschweige denn einen LKW fahre, hat die Kammer dies nicht für plausibel erachtet. Auf Nachfrage, ob der Zeuge … (Name 3) wisse, wie man ein Auto bzw. einen LKW fahre, hat dieser erklärt, dass er jedenfalls wisse, dass man Gänge einschalte und dann Gas geben müsse. Auch kenne er den Unterschied zwischen einer Automatik- und einer Gangschaltung. Bereits aufgrund dieser theoretischen Kenntnisse war es aus Sicht der Kammer bereits keineswegs unmöglich, den Plan auch in die Tat umzusetzen, da das Starten und Fahren eines Kleintransporters ohne praktische Vorkenntnisse die Umsetzung allenfalls erschwert, hingegen nicht gänzlich unmöglich macht. Es handelt sich hier jedenfalls nicht um eine völlig unrealistische oder gar utopische Anschlagsplanung.Diese Planung war äußerst konkret und sachbezogen, die Absprachen zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen … (Name 3) hatten keinesfalls den Charakter von eskalierenden Fantasien im Rahmen von Chatgesprächen in der anonymen Welt des Internets.
IV.
Rechtliche Würdigung
1. In rechtlicher Hinsicht folgt aus den getroffenen Feststellungen, dass sich der Angeklagte betreffend die Tat unter II. 4. (Ziffer 3 der Anklageschrift) der Verabredung zum Mord gem. §§ 211 Abs. 2, 30 Abs. 2, Var. 3 StGB schuldig gemacht hat.
Die Verbrechensverabredung besteht in einer – auch konkludenten – vom ernstlichen Willen getragene Einigung von mindestens zwei Personen über die gemeinsame mittäterschaftliche Verwirklichung eines Verbrechens oder die gemeinsame Anstiftung hierzu (vgl. Schönke/Schröder/Heine/Weißer, 30. Aufl. 2019, StGB § 30 Rn. 24 m.w.N.). Die in Aussicht genommene Tat muss zumindest in ihren wesentlichen Grundzügen, nicht aber bereits in allen Einzelheiten festgelegt sein (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2023 – 6 StR 179/23 –, juris). Die Verabredung setzt jedoch nicht voraus, dass die in Aussicht genommene Tat durchführbar ist. Entscheidend ist allein, dass der Plan in der Vorstellung der Komplottanten hinreichend konkret ist und ihnen als realisierbar erscheint (vgl. Schönke/Schröder/Heine/Weißer StGB § 30 Rn. 7 f.). Das ist vorliegend der Fall. Insbesondere ist das Vorhaben hinreichend konkretisiert und es handelt sich nicht um eine abergläubische Verabredung, die straflos wäre. Das Fahren eines Kleintransporters ist für Jugendliche allenfalls schwierig und wäre möglicherweise nicht gelungen, stellt jedoch keine abergläubische Tat dar.
Dass der Angeklagte möglicherweise nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügte, um mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach … (Ort 5) oder … (Ort 6) zu reisen, ändert nichts an der Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens, soweit man auch durchaus ohne Fahrkarte die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, alternativ sich auch per Anhalter durch das Land bewegen kann.
Bei der Verabredung handelt es sich um eine solche zum heimtückischen Mord nach § 211 Abs. 2 StGB aus niedrigen Beweggründen und mit gemeingefährlichen Mitteln. Entscheidend für die rechtliche Beurteilung ist die Vorstellung des Angeklagten von den Tatumständen der gemeinsam geplanten Tat (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 1981 - 1 StR 733/81 -, NJW 1982, 2738).
Heimtückisch tötet, wer die zum Zeitpunkt des Angriffs bestehende Arglosigkeit und die infolge der Arglosigkeit bestehende Wehrlosigkeit des Angegriffenen bewusst zur Begehung der Tat ausnutzt (BeckOK StGB/Eschelbach, 59. Ed. 1.11.2023, StGB § 211 Rn. 37, m.w.N.). Nach diesen Kriterien liegen bei dem geplanten Überfahren einer unbekannten Vielzahl von Menschen auf dem Weihnachtsmarkt heimtückische Tötungen vor. Auf einem Weihnachtsmarkt fühlt sich ein Besucher nicht ernsthaft einem Anschlag auf sein Leben ausgesetzt. Daher wären die Opfer in der Vorstellung des Angeklagten und des Verurteilten … (Name 3) arglos und darüber hinaus deshalb wehrlos gewesen.
Der Angeklagte und der gesondert Verurteilte … (Name 3) hätten in ihrer Vorstellung die Tat auch aus niedrigen Beweggründen begangen. Beweggründe sind niedrig im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind. Die Beurteilung der Frage, ob Beweggründe zur Tat „niedrig“ sind und – in deutlich weiter reichendem Maße als bei einem Totschlag – als verachtenswert erscheinen, bedarf einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren. Gefühlsregungen wie Eifersucht, Wut, Ärger, Hass und Rache kommen in der Regel nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie ihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen. Beim Vorliegen eines Motivbündels beruht die vorsätzliche Tötung auf niedrigen Beweggründen, wenn das Hauptmotiv, welches der Tat ihr Gepräge gibt, nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe steht und deshalb verwerflich ist (BGH Urt. v. 25.1.2023 – 1 StR 284/22, BeckRS 2023, 3118 Rn. 11, beck-online). In subjektiver Hinsicht muss hinzukommen, dass der Täter die Umstände, die die Niedrigkeit seiner Beweggründe ausmachen, in ihrer Bedeutung für die Tatausführung ins Bewusstsein aufgenommen hat und, soweit gefühlsmäßige oder triebhafte Regungen in Betracht kommen, diese gedanklich beherrschen und willensmäßig steuern kann. Dies ist nicht der Fall, wenn der Täter außer Stande ist, sich von seinen gefühlsmäßigen und triebhaften Regungen freizumachen (BGH Urt. v. 22.3.2017 – 2 StR 656/13, BeckRS 2017, 109042 Rn. 2, beck-online).
Das Motiv des Angeklagten einen solchen Anschlag zu initiieren, beruht darauf, dass er Menschen, welche nicht einzig den Islam als wahren Glauben verstehen, als religiöse und politische Feinde ansieht, die dem Ziel einer islamischen Vormachtstellung in der Welt im Wege stehen und die es deshalb zu vernichten gilt. Der Angeklagte plante den religiös motivierten Anschlag mithin aus Motiven, die nach allgemeiner sittlicher Anschauung verachtenswert sind und auf tiefster Stufe stehen (vgl. MüKoStGB/Schneider, 4. Aufl. 2021, StGB § 211 Rn. 91, beck-online). Die diese Bewertung begründenden Umstände waren dem Angeklagten auch bewusst und er war, da er sich seit dem Jahr 2015 in … (Land 2) aufhält und somit die Bedingungen des Zusammenlebens in der hiesigen Gesellschaft kannte, in der Lage, diese Bewertung nachzuvollziehen.
Der Angeklagte und der Verurteilte … (Name 3) hätten nach ihrer Vorstellung die Menschen auch mit einem gemeingefährlichen Mittel getötet. Das Mordmerkmal der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln ist erfüllt, wenn der Täter ein Mittel zur Tötung einsetzt, das in der konkreten Tatsituation eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil er die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat (BGH Urt. v. 18.6.2020 – 4 StR 482/19, BeckRS 2020, 15647 Rn. 49 m.w.N.). Die Qualifikation hat ihren Grund in der besonderen Rücksichtslosigkeit des Täters, der sein Ziel durch die Schaffung unberechenbarer Gefahren für andere durchzusetzen sucht. Dabei ist nicht allein auf die abstrakte Gefährlichkeit eines Mittels abzustellen, sondern auf seine Eignung und Wirkung in der konkreten Situation unter Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Absichten des Täters. Die Mordqualifikation kann deshalb auch dann erfüllt sein, wenn ein Tötungsmittel eingesetzt wird, das seiner Natur nach, wie hier, nicht gemeingefährlich ist. Maßgeblich ist dann jedoch die Eignung des Mittels zur Gefährdung Dritter in der konkreten Situation (BGH Urt. v. 16.8.2005 – 4 StR 168/05, BeckRS 2005, 10589 Rn. 8).
Vorliegend wäre für den Angeklagten und den Verurteilten … (Name 3) nicht berechenbar gewesen, welche und wie viele Personen bei der Fahrt über den Weihnachtsmarkt getötet worden wären. Da der Verurteilte … (Name 3) weder einen Führerschein hatte noch zuvor je mit einem Kleintransporter gefahren ist, hätte er es nicht in der Hand gehabt, wer und wie viele Menschen in den von ihm geschaffenen Gefahrenbereich geraten. Durch diese unkontrollierte und deshalb unberechenbare Fahrt hätten sie damit eine Gefahr für eine unbestimmte Vielzahl von Personen geschaffen.
Der Vorsatz des Angeklagten richtete sich zudem auf eine hinreichend konkretisierte Tat. Hierfür brauchte die Art der Ausführung noch nicht in allen Einzelheiten festzustehen. Die in Aussicht genommene Tat musste vielmehr nur in ihren wesentlichen Grundzügen konkretisiert sein, wobei Zeit, Ort und Modalitäten der geplanten Ausführung im Einzelnen noch offen bleiben können (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2023 – 6 StR 179/23 –, a.a.O.; BGH Urt. v. 28.6.2007 – 3 StR 140/07, BeckRS 2007, 12355). Danach kommt es entscheidend darauf an, dass das Ob der Tötung bereits feststand und nur noch das Wie der konkreten Tatausführung offen war (BGH Urt. v. 28.6.2007 – 3 StR 140/07, a.a.O.). Vorliegend stand nicht nur das Ob des Anschlags auf eine unbestimmte Anzahl von Menschen fest, sondern zudem der Tatort, die Tatzeit sowie die Beteiligung des Angeklagten und des Verurteilten … (Name 3) an der Tatausführung. Lediglich die konkrete Art und Weise der Tötung des Vermieters des Kleintransporters sowie die Auswahl zwischen zwei möglichen Tatmitteln im Anschluss an die Amokfahrt (Anzünden mithilfe von Benzin oder das Erstechen mit Messern) blieb noch offen.
Der Angeklagte und der Verurteilte … (Name 3) planten auch, den Anschlag als Mittäter zu begehen. Ob ein Tatbeteiligter als Mittäter eine Tat begeht, ist nach den gesamten Umständen, die von der Verurteilung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für die Beurteilung können gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder wenigstens im Willen zur Tatherrschaft, sodass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 14). Gemessen hieran wäre das Verhalten des Angeklagten als mittäterschaftliches Handeln einzustufen. Der Tat hätte eine gemeinsame Tatabrede zugrunde gelegen, eine unbestimmte Anzahl von Menschen, aus ihrer Sicht Ungläubige zu töten, um im Namen des IS in der westlichen Welt religiöse und politische Feinde zu vernichten. Die Einstellung des Angeklagten zur Stellung des Islam in der Welt, die Aufforderung an … (Name 3), sich ebenfalls ein Messer zu besorgen, sowie die Geldbeschaffung für den Kauf von Waffen stehen für sein eigenes Interesse am erfolgreichen Tatverlauf. Während der Tatausführung hätten sie auch arbeitsteilig vorgehen wollen, soweit beide gemeinsam gleich zu Beginn des Tatgeschehens den Vermieter des Kleintransporters hätten überwältigen wollen, der Verurteilte … (Name 3) derjenige gewesen wäre, der den Transporter hätte fahren wollen und der Angeklagte derjenige, der die Fahrt hätte filmen sollen. Im Anschluss hätten sich beide an der Tötung der Überlebenden beteiligen wollen. Insoweit hätten sich der Angeklagte und der Verurteilte … (Name 3) die jeweiligen Tatbeiträge des anderen auch zurechnen lassen müssen.
2. Darüber hinaus hat sich der Angeklagte tatmehrheitlich gemäß § 53 StGB wegen öffentlichen Verwendens von Kennzeichen eines von einem Betätigungsverbot betroffenen Vereins gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG in zwei Fällen strafbar gemacht.
Sowohl aufgrund der umfassend geständigen Einlassung des Angeklagten als auch wegen seiner intensiven Beschäftigung mit dem relevanten Themenbereich ist die Kammer davon überzeugt, dass der Angeklagte im Hinblick auf die Strafbarkeit hinreichend sensibilisiert war und bewusst sowie in Kenntnis des Verbotes jeweils das von ihm erkannte Kennzeichen des Islamischen Staates verwendete.
V.
Sanktionsentscheidung
Der Angeklagte war bei Begehung der Taten … (Alter 2) Jahre (Taten zu Ziffer 1 und 2 der Anklageschrift) bzw. … (Alter 3) Jahre (Tat zu Ziffer 3 der Anklageschrift) alt und damit Jugendlicher gemäß § 1 Abs. 2 JGG. An seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 JGG hat die Kammer in Übereinstimmung mit dem Votum der Jugendgerichtshilfe keinerlei Zweifel. Bei dem Angeklagten sind keine maßgeblichen Reifedefizite festzustellen, die darauf hindeuten würden, dass er etwa nicht in der Lage gewesen wäre, das Unrecht seines Handelns zu erkennen.
Als einzige verhältnismäßige Sanktion auf die Tat des Angeklagten kam hier entsprechend dem abgestuften Sanktionssystem des § 5 Abs. 1 und 2 JGG die Verhängung von Jugendstrafe in Betracht. Die Kammer ist zu der Einschätzung gelangt, dass bei dem Angeklagten zum Zeitpunkt der Taten und auch noch gegenwärtig schädliche Neigungen im Sinne erheblicher Anlage- und Erziehungsmängel vorliegen, welche die Gefahr begründen, dass er ohne längere Gesamterziehung durch weitere Straftaten die Gemeinschaftsordnung stören wird. Die zur Tatzeit und bis heute noch vorhandene gefestigte islamistische Gesinnung und seine massive Gewaltbereitschaft lassen sowohl auf schädliche Neigungen als auch auf die Schwere der Schuld schließen (BGH Beschl. v. 5.4.2023 – AK 11/23, BeckRS 2023, 8172 Rn. 34). Es ist allein dem Einschreiten der Ermittlungsbehörden zu verdanken, dass der Angeklagte und der Verurteilte … (Name 3) ihren fest ins Auge gefassten Plan nicht in die Tat umsetzten. Nicht verkannt hat die Kammer, dass der Angeklagte bislang nicht vorbestraft ist. Hingegen hat die Beweisaufnahme erbracht, dass bei dem Angeklagten Persönlichkeitsmängel bereits vor der Tat vorgelegen haben und Folge einer längeren negativen Entwicklung sind. So begann der – im Jahr 2015 nach … (Land 2) gelangte – Angeklagte bereits früh die Bedingungen des Zusammenlebens in der hiesigen Gesellschaft zu ignorieren und lebte – auch aufgrund der ablehnenden Haltung seiner Eltern gegenüber sozialen Kontakten außerhalb des familiären Bereichs – sozial isoliert, was dazu führte, dass eine Integration in die Gesellschaft nicht stattfand. Die anschließende Suche nach Akzeptanz und Anerkennung in den sozialen Medien führte dazu, dass der Angeklagte begann, sich über verschiedene extremistische Ideologien zu informieren und im Ergebnis in der des Islamischen Staates eine fand, welche ihn als Teil einer Gruppe mit einem gemeinsamen Ziel fühlen ließ. In der Folge teilte der Angeklagte spätestens ab dem Jahr 2023 das extremistische Gedankengut des IS, entwickelte Hass auf „Andersgläubige“, befürwortete die Anwendung von Gewalt und entwickelte zudem spätestens im Juli 2023 die Bereitschaft, an der Durchsetzung ihrer Ziele mit illegitimen Mitteln mitzuwirken.
Die Persönlichkeitsmängel liegen auch im Zeitpunkt der Entscheidung noch vor. Insofern hat sich der Angeklagte zwar bereit erklärt, an einer Deradikalisierungsmaßnahme teilnehmen zu wollen, was sich jedoch als langwieriger Prozess darstellt, mit dem bislang nicht begonnen wurde. Auch sein Verhalten während der Untersuchungshaft zeigt, dass der Angeklagte noch einen weiten Weg vor sich hat, sofern es bislang zu zwei körperlichen Auseinandersetzungen kam und er überdies versuchte, andere Inhaftierte zu instrumentalisieren und zu Gewalttaten zum Nachteil Dritter zu animieren. Nicht zuletzt ist der Angeklagte, was die Kammer aus seinem Verhalten im Rahmen der Beschulung schließt, auch bislang scheinbar nicht bereit, ernsthaft an sich und seiner Zukunft zu arbeiten.
Die Verhängung der Jugendstrafe war gegen den Angeklagten auch gemäß § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG wegen der Schwere der Schuld zu verhängen. Für die Beurteilung der Schwere der Schuld kam dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat jedoch nur insoweit Bedeutung zu, als hieraus auf die innere Verfasstheit und Einstellung des Angeklagten zur Tat zu schließen war. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt hingegen war die innere Tatseite, wie sie in der charakterlichen Haltung, der Persönlichkeit und der Tatmotivation des Angeklagten ihren Ausdruck gefunden hat (vgl. BGH in NStZ-RR 2016, 325 m.w.N.).
Ausschlaggebend für die Annahme der Schwere der Schuld war vorliegend, dass sich der verabredete Mord gegen eine unbestimmte Anzahl von Zufallsopfern richten sollte. Hierbei hat die Kammer auch das Motiv des Angeklagten in den Blick genommen, das darin bestand, Menschen, die einer anderen oder auch keiner Glaubensrichtung angehören und aus seiner Sicht damit der Errichtung eines sogenannten „Gottesstaates“ im Weg stehen, zu töten. Der Plan, einer Vielzahl anderer Menschen das Leben zu nehmen, um politische und religiöse Ziele durchzusetzen, kann nur als Ausdruck einer erheblichen charakterlichen Fehlbildung angesehen werden.
Gemäß § 18 Abs. 1 JGG stand der Kammer beim Angeklagten ein Strafrahmen zur Verfügung, der von sechs Monaten bis zu zehn Jahren reicht. Nach § 18 Abs. 2 JGG ist die Jugendstrafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist. Unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Vorgabe, dass der das Strafmaß mitbestimmende Erziehungsgedanke als beherrschender Zweck des Jugendstrafrechts auch dann Vorrang hat, wenn die Jugendstrafe (auch) wegen der Schwere der Schuld verhängt wird (BGH in StV 1993, 532), hat sich die Kammer bei der Bemessung der Höhe von nachfolgenden Gesichtspunkten leiten lassen:
Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer berücksichtigt, dass sich der Angeklagte zu Beginn der Hauptverhandlung teilweise geständig eingelassen hat. Zudem ist ihm zu Gute gehalten worden, dass wegen der polizeilichen Überwachungsmaßnahmen des Angeklagten keine tatsächliche Gefahr dafür bestand, dass der Angeklagte tatsächlich zu dem Verurteilten … (Name 3) reisen würde. Die Kammer hat auch nicht übersehen, dass die ursprüngliche Idee für das Anschlagsvorhaben nicht von dem Angeklagten, sondern von dem Verurteilten … (Name 3) stammte. Außerdem ist der Angeklagte bisher nicht vorbestraft.
Zulasten des Angeklagten war indes zu berücksichtigen, dass sich die Verabredung auf die Tötung einer Vielzahl von Menschen bezog, wobei der Angeklagte sogar drei Mordmerkmale – niedrige Beweggründe, Heimtücke, gemeingefährliche Mittel – verwirklicht hätte. Gegen den Angeklagten sprach überdies die zutage getretene kriminelle Energie in der Weise, dass auch durch den Kleintransporter verletzte und damit hilfsbedürftige Personen mit seinem Messer von ihm und dem Zeugen … (Name 3) getötet werden sollten.
Im Wesentlichen hat die Kammer bei der Bemessung der Jugendstrafe allerdings die vorliegenden Entwicklungsdefizite des Angeklagten im Auge gehabt. Bei ihm traten schon im frühen Jugendalter deutliche Erziehungsdefizite zu Tage. In der Schule bestanden anhaltende Disziplinschwierigkeiten und enorme Integrationsprobleme, deren Ausfluss letztlich die stattgefundene Radikalisierung sowie die hier abgeurteilten Taten darstellen. Diesen vorhandenen Mängeln in der Charakterbildung kann nur durch eine konsequente pädagogische Führung und Leitung entgegengewirkt werden, die dem Angeklagten unter Berücksichtigung seines persönlichen und familiären Hintergrundes bislang nicht in dem erforderlichen Maß zuteil wurde. Um einen erzieherischen Erfolg sicherzustellen, kommt hier nur die Verhängung einer länger andauernden Jugendstrafe in Betracht.
Unter Berücksichtigung der dargestellten für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hält die Kammer eine
Einheitsjugendstrafe von vier Jahren
für angemessen aber auch erforderlich, um dem ersichtlich längerfristigen Erziehungsbedarf gerecht zu werden. Nur durch eine Strafe dieser Dauer kann dem Angeklagten erzieherisch wirksam die Schwere seines Unrechts und seiner Schuld vor Augen geführt und die gebotene erzieherische Einflussnahme gewährleistet werden.
VI.
Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 JGG.