Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Anhörungsrüge; Kostenentscheidung nach Hauptsachenerledigung; Verletzung...

Anhörungsrüge; Kostenentscheidung nach Hauptsachenerledigung; Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör; Vermutung übergangenen Vorbringens; Darlegungsanforderungen; keine Verpflichtung des Gerichts zur ausdrücklichen Bescheidung jedes Vorbringens eines Beteiligten zumal bei unanfechtbaren Kostenentscheidungen nach Hauptsachenerledigung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat Entscheidungsdatum 06.01.2010
Aktenzeichen OVG 5 RC 3.09 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 161 Abs 2 VwGO, § 152a VwGO

Tenor

Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. November 2009 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

Über die Anhörungsrüge entscheidet die Berichterstatterin, die gemäß § 87 a Abs. 1 Nr. 3 und 5, Abs. 3 VwGO nach übereinstimmender Hauptsachenerledigung zur Entscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO berufen war und deren Beschluss mit der Rüge angegriffen wird.

Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Auf der Grundlage der Darlegungen der Antragstellerin ist nicht ersichtlich, dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden ist.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Ein Gehörsverstoß liegt aber nicht schon dann vor, wenn das Gericht das zur Kenntnis genommene und in Erwägung gezogene Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt lässt oder zu einem anderen Ergebnis gelangt, als es der Beteiligte für richtig hält. Eben das gilt, soweit die Antragstellerin ihr Vorbringen als übergangen vermutet, weil sie eine nähere Auseinandersetzung des Gerichts mit dem „grundrechtsrelevanten“ Sachvortrag in dem Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 22. Oktober 2009 vermisst. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör begründet - zumal bei unanfechtbaren Kostenentscheidungen nach übereinstimmender Hauptsachenerledigung - keine Pflicht der Gerichte, jedes Vorbringen der Verfahrensbeteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Die Berichterstatterin hat die Argumente des Verfahrensbevollmächtigten in dem fraglichen Schriftsatz zur Kenntnis genommen. Dass und aus welchen Gründen es gleichwohl der Billigkeit entspricht, die Antragstellerin mit den Verfahrenskosten zu belasten, ist in dem angegriffenen Beschluss in einer den Maßstäben des § 161 Abs. 2 VwGO entsprechenden Art und Weise begründet worden. Damit, dass die Antragstellerin in dieser Entscheidung eine „unreflektierte“ Übernahme der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sieht und sie im Ergebnis für falsch hält, ist eine entscheidungserhebliche Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht aufgezeigt.

Unabhängig davon gaben die Ausführungen des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin in dem Schriftsatz vom 22. Oktober 2009 keine Veranlassung, näher auf sie einzugehen, weil sie rechtlich wie tatsächlich in wesentlicher Beziehung unzutreffend waren; dementsprechend geht auch das Rügevorbringen, von falschen Voraussetzungen aus.

Soweit die Antragstellerin geltend macht, ihr Verfahrensbevollmächtigter habe im Schriftsatz vom 22. Oktober 2009 verdeutlicht, dass sie zum Zwecke der Aufrechterhaltung ihres Rechtsschutzinteresses zu einer Bewerbung für das Wintersemester 2008/09 verpflichtet gewesen sei und es einer Verletzung effektiven Rechtsschutzes gleichkäme, wenn ihr durch die Erfüllung dieser Obliegenheit einseitig das Prozessrisiko aufgebürdet würde, liegt dem eine unzutreffende Rechtsauffassung zugrunde. Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung seit den 70-er Jahren des vorigen Jahrhunderts, dass in Kapazitätsrechtsstreitigkeiten der Grundsatz des prozessualen Bestandsschutzes gilt. Danach ist für die gerichtliche Beurteilung des Zulassungsanspruchs aus Gründen der Chancengleichheit der Studienbewerber auf die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Bewerbungssemester abzustellen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. April 1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 258; so auch schon Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juni 1973 - BVerwG VII C 7.71 - BVerwGE 42, 296). Soweit das Hamburgische Oberverwaltungsgericht in offenbar ständiger Rechtsprechung (vgl. hierzu den Beschluss vom 23. April 2008 - 3 Nc 216/07 - juris Rn. 6 f. und Rn. 9) die Auffassung vertritt, dass das Vorliegen eines Anordnungsgrundes im Regelfall eine ordnungsgemäße Bewerbung auch in den Folgesemestern voraussetzt, betrifft dies zum einen lediglich solche Studiengänge, die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen sind und bei denen die Chance auf Zulassung wegen der Option, im ZVS-Bewerbungsverfahren bis zu sechs Studienorte anzugeben, deutlich höhere sind als wenn die Studienplatzvergabe der Hochschule selbst obliegt. Der Bachelorstudiengang Geschichte ist jedoch kein solcher, der in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen ist; außerdem ging es der Antragstellerin, wie sich namentlich aus ihrer Verfassungsbeschwerde ergibt, allein um die Durchsetzung ihrer Ortspräferenz. Zum anderen wird die Auffassung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts von keinem anderen Obergericht geteilt.

Die Antragsgegnerin hat die Zulassung der Antragstellerin zum Wintersemester 2008/09 nach Aktenlage auch nicht unter Umgehung der regulären Auswahlkriterien und damit zum Zwecke der Schadlosstellung „willkürlich“ ausgesprochen. Vielmehr hatte sich die Antragstellerin ausweislich der Studierendenakte - ungeachtet des weiterhin anhängigen Rechtsstreits um Zulassung auf einen außerkapazitären Studienplatz zum Wintersemester 2007/08 - bei der Antragsgegnerin im Auswahlverfahren der Hochschulen zum Wintersemester 2008/09 um einen Studienplatz innerhalb der festgesetzten Kapazität beworben. Auf diese Bewerbung hin hat sie einen Zulassungsbescheid für das 1. Fachsemester des Bachelorstudiengangs Geschichte (Kernfach) zum Wintersemester 2008/09 erhalten. Davon, dass sie, wie in dem Schriftsatz vom 22. Oktober 2009 vorgetragen, zum Zwecke der Schadlosstellung unter Umgehung der Auswahlkriterien rechtswidrig und gleichsam „rückwirkend“ zum Studium zugelassen worden wäre, kann folglich keine Rede sein. Ob es ihr möglicherweise nach der Zulassung zum 1. Fachsemester gelungen ist, aufgrund der im Akademischen Jahr 2007/08 und damit ohne Zulassung und ohne Immatrikulation besuchten Lehrveranstaltungen eine Höherstufung zu erreichen, entzieht sich mangels Vorlage der im Laufe des Verfahrens zwecks Überprüfung des Studierendenstatus’ der Antragstellerin mehrfach vergeblich bei ihrem Verfahrensbevollmächtigten angeforderten Immatrikulationsbescheinigungen der Kenntnis des Gerichts, wäre für die Qualifizierung der innerkapazitären Zulassung zum Wintersemester 2008/09 als eine gegenüber der verfahrensgegenständlichen außerkapazitären Zulassung als eine „anderweitige“ allerdings auch ohne Belang gewesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Wertfestsetzung bedarf es nicht, da sich die Gerichtsgebühr unmittelbar aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum GKG ergibt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 a Abs. 4 Satz 3 VwGO).