Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 23.04.2015 | |
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Aktenzeichen | L 2 U 55/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 130 Abs 2 S 1 SGB 7, § 150 Abs 2 S 2 SGB 7, § 13d HGB, § 13e HGB, § 13f HGB, § 13g HGB, Art 49 AEUV, Art 54 AEUV |
Der "Sitz" eines Unternehmens im Sinne des § 130 Abs. 2 SGB VII bestimmt sich in erster Linie nach Maßgabe der für das Unternehmen gewählten rechtlichen Konstanten und allenfalls hilfsweise nach dem organisatorischen Mittelpunkt des Unternehmens, von dem aus der Betrieb kaufmännisch und technisch geleitet wird und wo sich die Betriebsanlagen befinden. Allein die Existenz einer Zweigniederlassung kann nicht zu einem Sitz des Unternehmens im Inland führen.
§§ 13d - 13g HGB stellen als Ausfluss der gemeinschaftsrechtlich verbürgten Niederlassungsfreiheit bei Unternehmen mit Sitz im Ausland darauf ab, dass im Geltungsbereich des HGB lediglich eine Niederlassung eingetragen wird, ohne dass hierdurch eine Änderung des Unternehmenssitzes eintritt bzw. ein Sitz im Inland begründet würde.
Nur diese Rechtsfolge entspricht auch der durch den EuGH entwickelten Gründungstheorie, wonach - wenn ein EU-Staatsangehöriger in einem EU-Mitgliedstaat rechtmäßig eine Kapitalgesellschaft gründet, die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft dann aber ausschließlich in einem anderen Mitgliedstaat entfaltet wird - dies nichts daran ändert, dass auf die Gesellschaft nach wie vor das Recht des Gründungsstaates Anwendung findet, sie also ihrer Rechtsnatur nach auch im Inland eine ausländische bleibt.
Werden somit Gestaltungsmöglichkeiten genutzt, um mit einer nach ausländischem Recht errichteten Gesellschaft geschäftliche Tätigkeiten in Deutschland zu entfalten, so ist diese nach ausländischem Recht errichtete Gesellschaft auch gegenüber dem Unfallversicherungsträger als ausländisches Unternehmen anzusehen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 4. März 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 8.639,41 Euro festgesetzt.
Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob der Geschäftsführer einer insolventen deutschen Zweigniederlassung einer Limited (Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem und walisischem Recht) für Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung haftet.
Die Firma B & F L Limited ist im Handelsregister für England und Wales (Companies House, C) mit dem Sitz im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland (postalische Anschrift, G Street, B, als Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem und walisischem Recht eingetragen. Gegenstand des Unternehmens sind Maurer-, Putz- und Betonarbeiten, Trockenbau, Abriss und Entkernung, Einbau von genormten Baufertigteilen, Erdarbeiten, Garten- und Zaunbau, Waldbau, Durchforstung, Aufforstung, Wildzaunbau, Holzeinschlag, Fällung von Gefahrbäumen sowie Lieferung von Kamin- und Brennholz. Der Gesellschaftsvertrag wurde am 24. November 2005 abgeschlossen. Von 100 Gesellschaftsanteilen wurden 34 Anteile durch den Kläger gehalten, je 33 weitere von H L sowie von H H. Das Haftungskapital der Gesellschaft betrug 100 britische Pfund, unterteilt in 100 Anteile zu je 1 Pfund. Unter dem 9. Januar 2006 überschrieb H L 16 seiner Gesellschaftsanteile an den Kläger, 17 weitere an H H. Unter Ziffer 31. (A) der Bestimmungen zur Gesellschaftsgründung heißt es, alle Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern sowie der Gesellschafter mit der Gesellschaft oder ihren Organen werden den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland zugewiesen, sofern die Gesellschaft ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in der Bundesrepublik Deutschland unterhält.
Am 29. Dezember 2005 wurde bei der Gemeinde R eine Zweigstelle dieses Unternehmens unter der Anschrift S Straße, R, Ortsteil G als Gewerbe angemeldet. Als Ort der Hauptniederlassung wird in der Gewerbeanmeldung die Anschrift G Street in B benannt. Die Zweigstelle in R beschäftigte bis zu 14 Arbeitnehmer. Die Geschäftstätigkeit wurde zum 1. Januar 2006 aufgenommen. Die Anmeldung über die Errichtung einer Zweigniederlassung im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) erfolgte am 26. Januar 2006. Gemäß dieser Anmeldung ist der Unternehmensgegenstand der Zweigstelle identisch mit demjenigen der Hauptniederlassung. Der Kläger war alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer. Weitere Geschäftsführer waren H L sowie H H.
In einer am 22. Februar 2006 bei der Beklagten eingegangenen Mitteilung über die Gewerbeanmeldung bezeichnete sich der Kläger als der Bevollmächtigte der B & F L Limited in Deutschland. Durch Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. April 2007 wurde über das Vermögen der B & F L Limited, Sitz der Zweigniederlassung in R, das Insolvenzverfahren eröffnet. In dem Beschluss heißt es unter anderem, die Firma habe im Bezirk des Insolvenzgerichts den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen gehabt. Bereits zum 28. Februar 2007 war der Geschäftsbetrieb beendet worden.
Mit Schreiben vom 16. April 2010 hörte die Beklagte den Kläger dazu an, dass sie beabsichtige, ihn als Bevollmächtigten der B & F L Limited für die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis 2. April 2007 in Haftung zu nehmen. Der Kläger verwies die Beklagte mit Schreiben vom 4. Mai 2010 an die Insolvenzverwalterin.
Nachdem die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 7. Mai 2010 erneut zu der aus ihrer Sicht gegebenen Haftung als Bevollmächtigter angehört hatte, erließ sie unter dem 7. Juni 2010 einen an ihn persönlich gerichteten Beitragsbescheid über 8.639,41 Euro gemäß § 168 Siebtes Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII). Diesem Bescheid beigefügt war ein Begleitschreiben gleichen Datums, in dem es hieß, ein Unternehmen, das keinen Sitz im Bundesgebiet habe, habe einen Bevollmächtigten zu bestellen. Dieser Bevollmächtigte habe nach § 130 Abs. 2 Satz 2 die Pflichten des Unternehmers und hafte entsprechend § 150 Abs. 2 Satz 2 SGB VII neben den Unternehmern als Gesamtschuldner. Als Bevollmächtigter der B & F L Limited werde der Kläger für die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung in Haftung genommen.
Gegen den Bescheid vom 7. Juni 2010 legte der Kläger über seinen Verfahrensbevollmächtigten mit am 23. Juni 2010 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben Widerspruch ein. Das Unternehmen habe einen angemeldeten Betriebssitz im Inland, so dass die Haftungsvorschrift des § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht eingreife. Er sei zudem nicht als Bevollmächtigter im Sinne dieser Vorschrift anzusehen.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2010, dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 15. Dezember 2010 zurück. Nach der sogenannten Gründungstheorie, die nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auf Kapitalgesellschaften - so auch die Limited - anzuwenden sei, habe eine Kapitalgesellschaft in dem Staat ihren Sitz, in dem sie gegründet und in das entsprechende Register eingetragen worden sei. Die B & F L Limited sei im Handelsregister für England und Wales mit Sitz in B/Großbritannien eingetragen, so dass dort auch deren Sitz liege. Auch wenn die Betriebsstätte R bei dieser Gemeinde als Gewerbe angemeldet und in das Handelsregister bei dem Amtsgericht Frankfurt (Oder) eingetragen worden sei, bewirke dies keine Verlegung des satzungsmäßigen und rechtlichen Sitzes von Großbritannien nach Deutschland. Diese Gewerbeanmeldung und dieser Registereintrag seien ausdrücklich nur für die Zweigstelle erfolgt. Damit habe die Gesellschaft zum Ausdruck gebracht, dass sich ihr satzungsmäßiger Sitz eben nicht in R, sondern weiterhin in B befinde.
Die Regelungen zur Eintragung von Niederlassungen ausländischer Firmen in den §§ 13 d - 13 g Handelsgesetzbuch (HGB) stellten bei Unternehmen mit Sitz im Ausland als Ausfluss des Art. 48 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) darauf ab, dass im Geltungsbereich des HGB lediglich eine Niederlassung eingetragen werde, ohne dass sich der Sitz des Unternehmens hierdurch ändere bzw. ohne dass hierdurch ein Sitz im Inland begründet werde.
Gemäß § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sei die B & F L Limited verpflichtet gewesen, einen inländischen Bevollmächtigten zu bestellen. Als dieser sei der Kläger bestellt worden, mit der Folge, dass er nach § 150 Abs. 2 Satz 2 SGB VII mit den Unternehmern als Gesamtschuldner für die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung hafte.
Am 12. Januar 2011 erhob der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder). § 130 Absatz 2 SGB VII komme vorliegend nicht zur Anwendung, da das Unternehmen B & F L Limited über einen Sitz in R und damit im Inland verfügt habe.
Mit Urteil vom 4. März 2013 hob das Sozialgericht Frankfurt (Oder) den Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2010 auf und belastete die Beklagte mit den Kosten des Verfahrens. § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sei dahingehend auszulegen, dass nur Unternehmen aus dem Ausland erfasst seien, die im Inland überhaupt keinen Sitz haben, aber hier Tätigkeiten verrichteten, die der Unfallversicherung nach dem SGB VII unterlägen. Ein Inlandssitz sei immer dann vorhanden, wenn sich hier eine Betriebsstätte unter verantwortlicher Leitung des Unternehmens selbst oder eines Repräsentanten befinde. Diese Auslegung werde durch den Wortlaut der Norm sowie Sinn und Zweck der Vorschrift gestützt, wonach eine inländisch zuständige Person geschaffen werden solle. Sobald eine Zweigniederlassung oder eine Betriebsstätte im Inland vorhanden sei, sei für den Unfallversicherungsträger eine Person greifbar und daneben der Zugriff auf einen Bevollmächtigten nicht notwendig. Soweit die Beklagte mit der in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vertretenen Gründungstheorie argumentiere, sei diese Argumentation im Hinblick auf die Auslegung des § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht zielführend. Bei der Gründungstheorie gehe es um die gegenseitige Anerkennung von Gesellschaften bei einer Sitzverlegung ins europäische Ausland vor dem Hintergrund der europäischen Niederlassungsfreiheit.
Unter Anwendung des aufgezeigten Auslegungsergebnisses auf den vorliegenden Fall lägen die Voraussetzungen nach § 150 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht vor. Die B & F L Limited habe eine Zweigniederlassung in R gehabt und damit einen Sitz im Inland im Sinne von § 130 Abs. 2 SGB VII. Hier habe auch der Mittelpunkt der Tätigkeit des Unternehmens gelegen. Daher komme ein Rückgriff auf den Kläger für die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung nicht in Betracht. Allein die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens könne nicht dazu führen, dass der Bevollmächtigte als Gesamtschuldner neben dem Unternehmer hafte.
Gegen das der Beklagten am 14. März 2013 zugestellte Urteil legte sie am 12. April 2013 Berufung ein. Das erstinstanzliche Urteil gehe in seiner Auslegung des § 130 Abs. 2 SGB VII fehl. § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB VII bestimme, dass der Unternehmer eines Unternehmens, das über keinen Sitz im Inland verfüge, einen Bevollmächtigten zu bestellen habe. Diese generelle Regelung vorausschickend, treffe der Gesetzgeber erst im Anschluss eine ausdrückliche Regelung zur Bestimmung der örtlichen berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeit für die im Ausland ansässigen Unternehmen, indem in § 130 Abs. 2 Satz 3 SGB VII die inländische Betriebsstätte als Ort des Sitzes des (ausländischen) Unternehmens fingiert werde. Wenn der erstinstanzlichen Auffassung gefolgt würde, dass das Vorhandensein einer inländischen Betriebsstätte automatisch bereits nach § 130 Abs. 1 SGB VII einen inländischen Sitz des ausländischen Unternehmens begründete, bedürfte es dieser ausdrücklichen Fiktion des § 130 Abs. 2 Satz 3 SGB VII nicht.
Nach Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) werde der Sitz der juristischen Person durch deren Satzung bestimmt. Die §§ 13d-13g HGB träfen die besonderen Regelungen zur Eintragung von Niederlassungen ausländischer Firmen. Nach diesen Vorschriften werde bei Unternehmen mit Sitz im Ausland im Geltungsbereich des HGB lediglich eine Niederlassung eingetragen, ohne dass sich der Sitz des Unternehmens hierdurch ändere oder ein Sitz im Inland begründet werde. Von dem Recht gemäß Art. 54 AEUV, ihren Sitz nach Deutschland zu verlegen, habe die Limited keinen Gebrauch gemacht. Der Bundesgerichtshof - BGH - habe sich in seinem Urteil vom 12. Juli 2011, Aktenzeichen II ZR 28/10, der Gründungstheorie - in Abgrenzung zu der u.a. im Schrifttum vertretenen Sitztheorie - angeschlossen.
Zur weiteren Begründung ihrer Berufung übersandte die Beklagte einen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 18. Dezember 2013, Aktenzeichen S U 1/10, ein Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. März 2014, Aktenzeichen S 25 U 18/11, sowie ein Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 4. Dezember 2014, Aktenzeichen L 6 U 99/12.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 4. März 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, denjenigen der beigezogenen Gerichtsakte des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes (Az. S 18 U 5/11 ER, Sozialgericht Frankfurt (Oder)) sowie denjenigen der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Die Akten lagen in der mündlichen Verhandlung und bei der Entscheidung vor.
Die Berufung ist zulässig und auch begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 4. März 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Beklagte in ihren Rechten. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Kläger haftet gemäß § 150 Abs. 2 Satz 2 SGB VII in Verbindung mit § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB VII neben der B & F L Limited als Gesamtschuldner für die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung.
Gemäß § 150 Abs. 2 Satz 2 SGB VII haften neben den Unternehmern als Gesamtschuldner die in § 130 Abs. 2 Satz 1 genannten Bevollmächtigten. Nach § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB VII hat der Unternehmer einen Bevollmächtigten mit Sitz im Inland zu bestellen, wenn das Unternehmen keinen Sitz im Inland hat.
Von der genannten Vorschrift betroffen sind ausländische Unternehmen die keinen Sitz in der Bundesrepublik haben, aber Tätigkeiten nachgehen, die der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem SGB VII unterliegen und damit hier nach § 3 SGB IV versicherte Personen beschäftigen Mit dem Bevollmächtigten soll eine gegenüber dem Unfallversicherungsträger inländisch verantwortliche Person geschaffen werden. Ausgesprochen werden kann die Vollmacht grundsätzlich nach § 169 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegenüber den Bevollmächtigten selbst oder gegenüber dem Unfallversicherungsträger. Der Bevollmächtigte hat gegenüber dem Unfallversicherungsträger alle Unternehmerpflichten und haftet insbesondere gemäß § 150 Abs. 2 Satz 2 SGB VII gesamtschuldnerisch für Beiträge (Ricke, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: Dezember 2014, § 130 SGB VII Rdnr. 4 f., m. w. N.).
Der Kläger war laut Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer und als solcher unzweifelhaft Bevollmächtigter im Sinne der Vorschrift. Im Übrigen hatte sich der Kläger in seiner am 22. Februar 2006 bei der Beklagten eingegangenen Mitteilung über die Gewerbeanmeldung selbst als den Bevollmächtigten der B & F L Limited in Deutschland bezeichnet.
Weiterhin hatte das Unternehmen B & F L Limited nach Auffassung des Senats auch keinen Sitz im Inland.
Der Begriff „Sitz“ ist weder im SGB VII noch im SGB I (zu den dortigen Begriffsbestimmungen „Wohnsitz“ und „gewöhnlicher Aufenthalt“ vgl. § 30 Abs. 1 SGB I) definiert. Daher wird es in Rechtsprechung und Schrifttum für naheliegend erachtet, zuvörderst auf den durch Rechtsnorm, Satzung (vgl. z. B. § 5 Aktiengesetz), Gesellschaftsvertrag (§ 4a GmbHG), Eintragung in das Handelsregister (§ 29 Handelsgesetzbuch - HGB -) oder durch sonstige rechtliche Regelung ersatzweise (§§ 24 und 83 BGB bei Vereinen und Stiftungen) bestimmten Sitz abzustellen (so Schmitt, SGB VII Kommentar, 4. Aufl. 2009, § 130 Rdnr. 5 m. w. N., LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 4. Dezember 2014, L 6 U 99/12, m. w. N., zitiert nach Juris).
Nach den für die Firma B & F L Limited getroffenen rechtlichen Regelungen stellt sich die Bestimmung ihres Sitzes wie folgt dar: Die Firma ist im Handelsregister für England und Wales (Companies House, C) mit dem Sitz im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland (postalische Anschrift, G B, ) als Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem und walisischem Recht eingetragen. Der Gesellschaftsvertrag wurde am 24. November 2005 abgeschlossen.
Auch in der am 29. Dezember 2005 bei der Gemeinde R erfolgten Gewerbeanmeldung wird als Ort der Hauptniederlassung die Anschrift G Street in B benannt. Das unter der Wohnanschrift des Klägers angemeldete Gewerbe in R wird lediglich als Betriebsstätte bezeichnet.
Im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt (Oder)ist eine unselbständige Zweigniederlassung der B & F L Limited mit einer Betriebsstätte im Sinne von § 130 Abs. 2 Satz 3 SGB VII eingetragen. Indem die B & F L Limited in R nur mit einer Zweigniederlassung in das Handelsregister eingetragen worden ist, hat die Gesellschaft zum Ausdruck gebracht, dass sich der satzungsmäßige Sitz der Gesellschaft weiterhin am Ort ihrer Errichtung, also in B, befinden soll und die Gesellschaft damit in Großbritannien ansässig bleibt. Die Eintragung der Niederlassung in R verändert nicht das Rechtsstatut der B & F L Limited und begründet weder einen eigenständigen noch einen ausschließlichen Sitz in Deutschland. Rechtliche Anknüpfungspunkte sprechen somit dafür, von einem Sitz des Unternehmens in Großbritannien auszugehen.
Für die Bestimmung des Sitzes eines Unternehmens nach zuvörderst rechtlichen Anknüpfungspunkten spricht auch die durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Niederlassungsfreiheit für Gesellschaften gemäß Artikel 43, 48 EG-Vertrag - seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon zum 1. Dezember 2009: Artikel 49, 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) - entwickelte Gründungstheorie. Als Ansatz des internationalen Gesellschaftsrechts befasst diese sich - ebenso wie ihr Gegenspieler, die Sitztheorie - mit der Frage, welches Recht zur Anwendung kommen soll, wenn ein gesellschaftsrechtlicher Sachverhalt verschiedene nationale Rechtsordnungen betrifft. Praktisch von Belang ist dies vor allem bei Sitzverlegungen (tatsächlicher Sitz bzw. Satzungssitz), bei Satzungsänderungen im Ausland und bei grenzüberschreitenden Anteilsübertragungen.
Nach der Sitztheorie beurteilt sich die Frage der Anerkennung der Gesellschaft als Rechtssubjekt nach dem Recht des Staates, in dem die Gesellschaft ihren tatsächlichen Sitz hat, wo sich insbesondere die Hauptverwaltung der Gesellschaft befindet. Das gilt auch dann, wenn eine Gesellschaft in einem anderen Staat wirksam gegründet worden war und anschließend ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegt. Folge einer Verlegung des Verwaltungssitzes nach Deutschland ist nach der Sitztheorie, dass eine nach dem Recht des anderen Staates wirksam gegründete Gesellschaft ihre vertraglichen Rechte vor deutschen Gerichten nicht durchsetzen kann, solange sie nicht nach den Regeln des deutschen Gesellschaftsrechts neu gegründet worden ist.
Die Gründungstheorie hingegen geht davon aus, dass für die Anerkennung der Gesellschaft selbst diejenige Rechtsordnung des nationalen Staates maßgeblich ist und auch bleibt, wo diese gegründet wurde. Sie ermöglicht damit eine weitergehende Rechtswahlfreiheit als die Sitztheorie.
Nach der Rechtsprechung desEuGH (Urteil vom 9. März 1999, C-212/97, Rechtssache Centros; Urteil vom 5. November 2002, C-280/00, Rechtssache Überseering; Urteil vom 30. September 2003, C-167/01 Rechtssache Inspire Art Ltd.; alle veröffentlicht in Juris)ist die Sitztheorie mit der aufgezeigten Folge nicht mit der in Art. 43 und 48 EG-Vertrag (jetzt: Art. 49 und 54 AEUV) garantierten Niederlassungsfreiheit vereinbar.
Zwar geht es in den vorgenannten Entscheidungen des EuGH um die ausgesprochene Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Rechts- und Parteifähigkeit, die eine Gesellschaft nach dem Recht ihres Gründungsstaats hat, auch dann zu achten, wenn der Verwaltungssitz in einen anderen EU-Mitgliedstaat verlegt wird. Grundgedanke ist jedoch, dass - wenn ein EU- Staatsangehöriger in einem EU-Mitgliedstaat rechtmäßig eine Kapitalgesellschaft gründet, die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft dann aber ausschließlich in einem anderen Mitgliedstaat entfaltet wird - dies nichts daran ändert, dass auf die Gesellschaft nach wie vor das Recht des Gründungsstaates Anwendung findet, sie also ihrer Rechtsnatur nach auch im Inland eine ausländische bleibt.
Werden Gestaltungsmöglichkeiten genutzt, um mit einer nach ausländischem Recht errichteten Gesellschaft geschäftliche Tätigkeiten in Deutschland zu entfalten, so muss nach Auffassung des Senats diese nach ausländischem Recht errichtete Gesellschaft auch gegenüber dem Unfallversicherungsträger als ausländisches Unternehmen angesehen werden. Der Kläger kann sich nicht das eine Mal auf eine von ihm im Rahmen seiner rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten konstruierte fiktive Rechtslage, das andere Mal aber auf eine tatsächliche Rechtslage berufen und die von ihm geschaffene rechtliche Grundierung im Sinne eines „Herauspickens von Rosinen“ ausblenden. Entschließt er sich, mit einer ausländischen Gesellschaft in Deutschland tätig zu werden, so bleibt diese Entscheidung auch für seine Pflichten gegenüber dem für sein Unternehmen zuständigen Unfallversicherungsträger nicht ohne Konsequenzen. Auch ihm gegenüber ist das Unternehmen dann als ausländisches anzusehen.
Dem steht nach Auffassung des Senats nicht entgegen, dass - wofür hier einiges spricht - die Gesellschaft nur deshalb in einem anderen Mitgliedsstaat errichtet wurde, um sich später in einem zweiten Mitgliedstaat niederzulassen und damit die Einzahlung von Mindestgesellschaftskapital zu umgehen. Vorliegend belief sich das Haftungskapital der Firma B & F L Limitedausweislich ihrer Gründungsbestimmungen (Memorandum of Association) auf lediglich 100 britische Pfund. Bei der nach deutschem Recht errichteten GmbH, die ihrer Ausgestaltung nach der britischen Limited vergleichbar ist, ist das Stammkapital im Gesellschaftsvertrag geregelt (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG) und in Stammeinlagen zerlegt (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG), mit denen sich jeder einzelne Gesellschafter an der GmbH beteiligt. Die Mindesthöhe des Stammkapitals muss nach § 5 Abs. 1 GmbHG mindestens 25.000 Euro betragen. Dieses Mindestkapital sorgt dafür, dass den Gläubigern ein Ausgleich dafür geschaffen wird, dass sie ihre Forderungen nur aus dem Gesellschaftsvermögen zurückgezahlt bekommen (§ 13 Abs. 2 GmbHG).
Ist das beitragspflichtige Unternehmen aufgrund seiner Gründung im EU-Ausland nach den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen dieses Staates mangels einer dem deutschen Recht vergleichbaren Mindestkapitalisierung weniger solvent, besteht ein umso stärkeres Bedürfnis, es bei einer im Inland entfalteten Geschäftstätigkeit als ausländisches zu behandeln, mit der Folge, dass gemäß § 130 Absatz 2 Satz 1 SGB VII ein Bevollmächtigter zu bestellen ist, der dann gemäß § 150 Absatz 2 Satz 2 SGB VII gesamtschuldnerisch haftet.
Durch eine Inanspruchnahme des Klägers als Bevollmächtigtem wird auch nicht gegen die in Art. 49, 54 AEUV verankerte Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften verstoßen. Der gemeinschaftsrechtlich durch die Gründungstheorie abgesicherte Fortbestand der Rechts- und Parteifähigkeit der britischen Limited bei Entfaltung von Geschäftstätigkeiten in Deutschland wird nicht tangiert; vielmehr ist die - im Übrigen auch nicht an eine Organstellung im Unternehmen anknüpfende - Haftung des Klägers für Beitragsverbindlichkeiten wie oben dargelegt gerade eine Folge der Gründungstheorie. Sie ist - auch gemeinschaftsrechtlich - dadurch gerechtfertigt, dass die Beklagte ihren gesetzlichen Aufgaben als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung nur dann nachkommen kann, wenn sie - wozu sie gemäß § 76 Abs. 1 Viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV) verpflichtet ist - Einnahmen rechtzeitig und vollständig erhebt. Dies schließt die Verpflichtung ein, neben den beitragspflichtigen Unternehmern auch die durch den Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen, wenn und soweit der Unternehmer seinen Zahlungspflichten nicht nachkommt. Sofern durch die vorliegende Beitragserhebung eine Beschränkung der gemeinschaftsrechtlich abgesicherten Grundfreiheiten tatbestandlich in Betracht kommen sollte, wäre diese jedenfalls aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls - im Sinne einer Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit - gerechtfertigt (vgl. hierzu vor dem Hintergrund der Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne der Artikel 49, 50 EGV bzw. Artikel 56, 57 AEUV durch eine Pflichtmitgliedschaft bei einer Berufsgenossenschaft: EuGH, Urteil vom 5. März 2009, C-350/07, Rechtssache K Stahlbau GmbH, veröffentlicht in Juris, m. w. N.).
Vor diesem Hintergrund vertritt der Senat die Auffassung, dass sich der „Sitz“ im Sinne des § 130 Abs. 2 SGB VII in erster Linie nach Maßgabe der für das Unternehmen gewählten rechtlichen Konstanten bestimmt. Jedenfalls solange, wie eine eindeutige rechtliche Anknüpfung möglich ist, richtet sich der „Sitz“ nicht nach dem organisatorischen Mittelpunkt des Unternehmens, von dem aus der Betrieb kaufmännisch und technisch geleitet wird und wo sich die Betriebsanlagen befinden (so aber: Diel, in Hauck, Gesetzliche Unfallversicherung, Loseblatt Kommentar, Lfg. 1/15, § 130 Rdnr. 10; Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, Loseblatt Kommentar, 13. Aufl./19. Lieferung 2015, § 130 Rdnr. 6, Köhler, in Becker, Franke, Molkentin, Gesetzliche Unfallversicherung, Lehr- und Praxiskommentar, 4. Aufl. 2014, § 130 Rdnr. 2, jeweils m. w. N., LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3. Juli 2013, L 17 U 235/08, zitiert nach Juris).
Gemäß der vorgenannten - nach Auffassung des Senats nicht maßgeblichen -Sichtweise des organisatorischen Schwerpunktes spricht hier zwar einiges dafür, den Mittelpunkt der Tätigkeit des Unternehmens in R anzunehmen. Nach dem Insolvenzbeschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. April 2007 lag der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Firma im Bezirk des Insolvenzgerichts. Auch Ziffer 31 (A) der Bestimmungen zur Gesellschaftsgründung - unter der es heißt, alle Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern sowie der Gesellschafter mit der Gesellschaft oder ihren Organen werden den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland zugewiesen, sofern die Gesellschaft ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in der Bundesrepublik Deutschland unterhält - spricht für einen faktischen Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit in Deutschland und legt es nahe, dass die Firma im Geschäftsverkehr, bei Vertragsabschlüssen, bei der Anmeldung von Arbeitnehmern und bei Fragen der Besteuerung unter der Anschrift ihrer Zweigniederlassung in R aufgetreten ist. Entsprechende Umstände hat auch der Kläger selbst vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung hierzu weiter ausgeführt, dass keiner der Beteiligten an der B & F L Limited sich im Rahmen ihrer Gründung in England oder Wales aufgehalten hat, sondern dass die Gründungsformalitäten vielmehr sämtlich von Deutschland aus über das Internet abgewickelt worden seien.
Auf den organisatorischen Mittelpunkt kann jedoch nach Auffassung des Senats hilfsweise nur dann abgestellt werden, wenn - was hier nicht der Fall ist - keine rechtlichen Anknüpfungspunkte wie etwa eine Eintragung im jeweiligen Register bzw. Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag vorhanden sind.
Der Vorrang rechtlicher Anknüpfungspunkte ist nicht nur im Sinne eines objektiven, größere Rechtssicherheit gewährenden Kriteriums vorzugswürdig, sondern ergibt sich schließlich auch aus § 130 Abs. 2 Satz 3 SGB VII. Zwecks Anknüpfung der (örtlichen) berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeit wird durch diese Vorschrift für Unternehmen im Sinne von § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB VII der Ort ihrer Betriebsstätte als Sitz im Inland fingiert. Diese Vorschrift ist nach ihrem Sinngehalt wie folgt auszulegen: Hat ein Unternehmen keinen Sitz im Inland, gilt als Sitz des Unternehmens der Ort der Betriebsstätte im Inland, in Ermangelung eines solchen der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Bevollmächtigten. Indem sich der Gesetzgeber einer derartigen Fiktion bedient, geht er davon aus, dass durch eine inländische Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens noch kein Unternehmenssitz im Inland begründet wird. Der Zusatz „gilt“ wäre entbehrlich, wenn bereits das Vorhandensein irgendeiner inländischen Betriebsstätte einen Unternehmenssitz im Inland begründen würde. Weil Unternehmen mit Sitz im Inland keinen Bevollmächtigten bestellen müssen,§ 130 Abs. 2 Satz 3 SGB VII das Gegenteil aber auch beim Vorhandensein einer inländischen Betriebsstätte eines Unternehmens ohne Sitz im Inland verlangt, kann bei klarem Gesetzeswortlaut und fehlenden anderslautenden gesetzgeberischen Hinweisen (siehe BT-Drucks. 13/2204, S. 107) allein die Existenz einer Zweigniederlassung nicht ohne Weiteres zu einem Sitz des Unternehmens im Inland führen (Anschluss an LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 4. Dezember 2014, L 6 U 99/12, zitiert nach Juris).
Ebenso wie § 130 Abs. 2 SGB VII gehen auch die Vorschriften der §§ 13d ff. HGB davon aus, dass ein Unternehmen sowohl eine Hauptniederlassung im Ausland als auch eine Zweigniederlassung im Inland unterhalten kann. In den §§ 13d - 13g HGB finden sich besondere Regelungen zur Eintragung von Niederlassungen ausländischer Firmen. Diese Vorschriften stellen bei Unternehmen mit Sitz im Ausland als Ausfluss der Art. 43, 48 EG-Vertrag bzw. Art. 49, 54 AEUV darauf ab, dass im Geltungsbereich des HGB lediglich eine Niederlassung eingetragen wird, ohne dass hierdurch eine Änderung des Unternehmenssitzes eintritt bzw. ein Sitz im Inland begründet würde. Dies widerlegt die klägerische Rechtsauffassung, die B & F L Limitedsei mit der Eröffnung der Betriebsstätte in R ein deutsches Unternehmen geworden. Folgte man den Ausführungen des Klägers, müsste bereits bei Anmeldung eines ausländischen Unternehmens im Inland zur Bestimmung eines möglichen Bevollmächtigten seitens des Unfallversicherungsträgers immer von vornherein feststehen, ob das Unternehmen tatsächlich im Ausland tätig wird oder dort nur zum Schein gegründet wurde. Eine Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse im Ausland ist dem Unfallversicherungsträger jedoch nicht möglich und wird auch durch den Gesetzgeber nicht verlangt. Gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII liegt die entsprechende Mitteilungspflicht bei den Unternehmern.
Nach alledem blieb die B & F L Limited auch nach Errichtung der Betriebsstätte in R weiterhin ein Unternehmen ohne Sitz im Inland, so dass sich die Haftung des Klägers als Bevollmächtigter nach § 130 Abs. 2 Satz 2 SGB VII ergibt. Der Bevollmächtigte hat nach § 130 Abs. 2 Satz 2 SGB VII die Pflichten des Unternehmens und haftet deshalb gemäß § 150 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 SGB VII als Gesamtschuldner für die im Bescheid vom 7. Juni 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2010 festgesetzten Beitragsverbindlichkeiten der insolventen B & F L Limited in - unbestrittener - Höhe von 8.639,41 Euro-.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Haftung nach§ 150 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB VIIgrundsätzlich klärungsbedürftig erscheinen.
Die Entscheidung zur Höhe des Gegenstandswert ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG in Verbindung mit den§§ 1Abs. 2 Nr. 3, 40 und 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz und entspricht der Höhe der streitigen Forderung der Beklagten.
Gegen die Festsetzung des Streitwertes ist die Beschwerde an das Bundessozialgericht nicht zulässig (68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).