Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 27.01.2011 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | L 3 R 985/07 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 45 SGB 1, § 44 SGB 10, EWGV 1408/71, EWGV 574/72 |
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte erstattet der Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten einen früheren Beginn ihrer Altersrente.
Die Klägerin wurde 1934 geboren und ist griechische Staatsangehörige. Sie lebte ab 1950 in der DDR. Ausweislich ihres Sozialversicherungsausweises legte die Klägerin die Versicherungszeit vom 05. Dezember 1950 bis zum 30. September 1977 zunächst als Feinmechanikerlehrling, dann als Studierende und schließlich als Ingenieurin der Fachrichtung Fernmeldegerätebau zurück. Danach verzog sie zurück nach Griechenland. Die Klägerin legte dort vom 01. Oktober 1977 bis zum 28. Februar 1995 197 Monate Pflichtbeitragszeiten zurück. Beim dortigen Versicherungsträger beantragte sie am 03. März 1995 unter Angabe ihrer in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten eine Altersrente, welche ihr mit Bescheid vom 13. Juli 1995 unter Berücksichtigung ihrer griechischen Beitragszeiten und von in der Zeit vom 05. Dezember 1950 bis zum 30. September 1977 in der DDR zurückgelegten 8.020 Arbeitstagen gewährt wurde.
Die Klägerin stellte am 13. April 2004 bei der Beklagten einen Rentenantrag. Die Beklagte gewährte ihr mit Bescheid vom 21. Dezember 2004 unter Zugrundelegung der Beitragszeiten vom 05. Dezember 1950 bis zum 30. September 1977 ab 01. April 2004 Regelaltersrente in Höhe von 759,79 € monatlich. Mit am 15. Februar 2005 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben der Klägerin vom 11. Februar 2005 bat diese um Überprüfung des Bescheids vom 21. Dezember 2004. Sie führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die Rentenleistung gemäß den Verordnungen (VO) (EWG) Nr. 1408/71 und 574/72 mit dem Datum des Rentenantrags beginnen müsse, welchen die Klägerin in Griechenland gestellt habe. Nachdem die Beklagte sich zunächst mit Schreiben vom 23. Februar 2005 geweigert hatte, die Klägerin demgegenüber auf ihrem Begehren unter Vorlage weiterer Unterlagen des griechischen Rentenversicherungsträgers bestanden hatte, erließ die Beklagte unter dem 25. Mai 2005 einen Rentenbescheid, in welchem es wörtlich heißt:
„auf Ihren Antrag vom 03.03.1995 erhalten Sie von uns...
Regelaltersrente.
Die Rente beginnt am 01.01.2000.“
Die Rentenhöhe wurde ab 01. Juni 2005 auf 596,80 € und die Nachzahlung für die Zeit vom 01. Januar 2000 bis zum 31. Mai 2005 auf 27.414,35 € bestimmt. Die Beklagte führte unter Hinweis auf § 44 Abs. 4 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) zur Begründung aus, dass die höhere Leistung längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme des Bescheids erbracht werde. Die Klägerin erhob am 22. Juni 2005 unter anderem auch bezüglich der neu festgesetzten Rentenhöhe Widerspruch. Die Beklagte wies den Widerspruch, „soweit ihm nicht durch Bescheid vom 25.05.2005 abgeholfen worden ist“, mit Widerspruchsbescheid vom 08. August 2005 zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass sie das Begehren der Klägerin dahin verstehe, dass sie einen früheren Rentenbeginn für die Regelaltersrente in Deutschland entsprechend dem griechischen Leistungsantrag vom 03. März 1995 bewirken wolle. Der griechische Leistungsantrag wirke gemäß Art. 36 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 574/72 auch für die deutsche gesetzliche Rentenversicherung. Dass die griechische Seite damals das zwischenstaatliche Verfahren nicht eingeleitet habe, nehme dem Antrag nicht diese Wirkung. Allerdings sei das Verfahren nicht mehr als offen anzusehen; Rechte könnten aus dem Antrag vom 03. März 1995 nicht mehr hergeleitet werden. Denn bei gemeinschaftsrechtskonformer Einleitung des zwischenstaatlichen Verfahrens hätte der auf eine deutsche Rentenleistung gerichtete Antrag vom 03. März 1995 wegen des zwischenstaatlichen Abkommens zwischen der DDR und Griechenland vom 06. Juli 1984 negativ beschieden werden müssen.
Die Klägerin hat ihr Begehren, für den Rentenbeginn auf den Antrag vom 03. März 1995 abzustellen, mit der am 13. September 2005 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Sie hat an ihrem vorprozessualen Vorbringen festgehalten und überdies ausgeführt, dass der Antrag vom 03. März 1995 noch nicht verbraucht sei, weil das zwischenstaatliche Verfahren gemäß Art. 36 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 574/72 nicht eingeleitet worden sei. Dem stünden das zwischenstaatliche Abkommen vom 06. Juli 1984 und das Protokoll der von der Bundesregierung durchgeführten Konsultationen vom 07. Oktober 1991 nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. September 1999 – B 5 RJ 36/99 R – nicht entgegen. Vielmehr sei das zwischenstaatliche Abkommen mit dem Untergang der DDR erloschen. Dies könne sicherlich einen doppelten Rentenbezug zur Folge haben, welcher jedoch jederzeit durch die Änderung des nationalen Rechts vermieden werden könne. Die Beklagte ist der Klage mit dem Vorbringen entgegen getreten, dass sich aus der Klagebegründung keine andere Beurteilung des Sachverhalts ergebe. Es sei bei Durchsicht der Verwaltungsakten lediglich festgestellt worden, dass im Rentenbescheid vom 25. Mai 2005 ein unzutreffendes Antragsdatum angegeben worden sei. Nach wie vor sei zutreffend davon auszugehen, dass der Rentenantrag vom 03. März 1995 verbraucht sei. Der griechische Rentenversicherungsträger sei nach damaliger Rechtslage nicht verpflichtet gewesen, das zwischenstaatliche Verfahren nach den VOen (EWG) Nr. 1408/71 und 574/72 einzuleiten, weil die in der DDR zurückgelegten Zeiten in die griechische Versicherungslast gefallen seien. Soweit das BSG zur Auffassung gelangt sei, dass die Vereinbarung vom 06. Juli 1984 und das Protokoll der von der Bundesregierung durchgeführten Konsultationen vom 07. Oktober 1991 bei Rentenansprüchen zumindest vor dem 01. Januar 1996 der Berücksichtigung von Beitragszeiten nach § 248 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) nicht entgegenstünden, hätten sich die deutschen Rentenversicherungsträger zwar dieser Auffassung angeschlossen, was aber nicht dazu führe, dass frühere Anträge nach Art. 36 VO (EWG) Nr. 574/72 wieder auflebten. Aus der Sicht im Jahr 1995, als die Zeiten der Tätigkeit in der DDR von den Rentenversicherungsträgern als unter griechische Versicherungslast fallend betrachtet worden seien, hätten die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorgelegen, weil sie für die deutsche Anspruchsprüfung nicht existent gewesen seien. Vielmehr hätte die Klägerin einen Überprüfungsantrag stellen müssen, was sie erst am 13. April 2004 getan habe, so dass die Leistungen gemäß § 44 Abs. 4 SGB X längstens für vier Jahre rückwirkend zu erbringen gewesen seien. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Altersrente für Frauen gemäß § 39 SGB VI a.F. hätten indes im März 1995 vorgelegen.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 24. Mai 2007 unter Abänderung des Bescheids vom 21. Dezember 2004 in der Fassung des Bescheids vom 25. Mai 2005 und des Widerspruchsbescheids vom 08. August 2005 verurteilt, der Klägerin auf den Antrag vom 03. März 1995 ab dem 01. März 1995 Altersrente für Frauen zu gewähren. Der Anspruch folge aus § 39 SGB VI a.F. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien im März 1995 erfüllt gewesen, nachdem die Klägerin am 17. Januar 1934 <gemeint 1994> das 60. Lebensjahr vollendet, nach Vollendung des 40. Lebensjahrs mehr als zehn Jahre Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt und die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt gehabt habe. Die in Griechenland zurückgelegten Zeiten seien gemäß Art. 45 VO (EWG) Nr. 1408/71 als Pflichtbeitragszeiten anzuerkennen. Die in der DDR zurückgelegten 234 Monate, in welchen die Klägerin in der DDR beschäftigt gewesen sei und Beiträge zur Staatlichen Versicherung der DDR gezahlt habe, seien gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten im Sinne von § 248 SGB VI. Dem stünden das zwischenstaatliche Abkommen vom 06. Juli 1984 und das Protokoll der von der Bundesregierung durchgeführten Konsultationen vom 07. Oktober 1991 nach dem oben genannten Urteil des BSG nicht entgegen. Die Rente sei gemäß § 99 SGB VI ab dem 01. März 1995, mithin ab dem Kalendermonat der Rentenantragstellung zu gewähren. Nach Art. 39 <gemeint 36> Abs. 4 VO (EWG) Nr. 574/72 habe ein beim Rentenversicherungsträger eines Mitgliedstaates gestellter Leistungsantrag zur Folge, dass die Leistungen gleichzeitig nach den Rechtsvorschriften aller beteiligten Mitgliedstaaten, deren Voraussetzungen der Antragsteller erfülle, festzustellen seien. Unerheblich sei, ob der griechische Rentenversicherungsträger das zwischenstaatliche Verfahren eingeleitet habe. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der Antrag auch nicht verbraucht. Zwar sei nach der damaligen rechtlichen Bewertung im Jahre 1995 der griechische Rentenversicherungsträger Träger der Versicherungslast gewesen. Das BSG habe jedoch in der vorzitierten Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass diese rechtliche Bewertung nicht richtig gewesen sei, sondern es sich auch um Pflichtbeitragszeiten gleichgestellte Zeiten nach dem SGB VI handele, so dass das Verfahren hätte eingeleitet werden müssen. Wenn hiernach der Antrag noch offen sei, könne der neue Antrag aus dem Jahre 2004 nicht als Überprüfungsantrag angesehen werden, denn es habe keine Entscheidung existiert, die hätte zurückgenommen werden können. Der erneuten Antragstellung bei der Beklagten komme nur die Rechtsqualität einer Erinnerung bezogen auf den ursprünglichen Antrag zu. Hiernach sei die Beklagte nicht in analoger Anwendung des § 44 Abs. 4 SGB X berechtigt, ausgehend vom bei ihr gestellten Antrag die Rente lediglich rückwirkend für vier Jahre zu gewähren. Der Anspruch der Klägerin sei auch nicht nach § 45 Abs. 1 SGB X in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung verjährt, weil die Verjährung durch den schriftlichen Antrag vom 03. März 1995 gemäß § 45 Abs. 3 S. 1 SGB X unterbrochen worden sei.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 20. Juni 2007 zugestellte Urteil am 12. Juli 2007 Berufung eingelegt. Sie hat ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin stellt keinen Antrag.
Sie äußert sich zur Berufung der Beklagten nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat den von ihr geltend gemachten Rentenanspruch bereits ab 01. März 1995. Hierzu wird zunächst gemäß § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen, weil die Berufung aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückzuweisen ist. Ergänzend hervorzuheben ist, dass sich der Senat wie das SG in der angefochtenen Entscheidung der Rechtsprechung des BSG anschließt, aus welcher folgt, dass die in der DDR erworbenen Pflichtbeitragszeiten für den deutschen Rentenanspruch zu berücksichtigen sind (I.), der Antrag vom 03. März 1995 in der Tat noch nicht verbraucht (II.) und der Anspruch auf einen früheren Rentenbeginn auch nicht verjährt ist (III.).
I.
Der Berücksichtigung der in der DDR erworbenen Pflichtbeitragszeiten steht das zwischenstaatliche Abkommen zwischen der DDR und Griechenland vom 06. Juli 1984 nicht entgegen (BSG, a.a.O., Rn. 13 ff.), welches unter anderem folgenden Wortlaut hat:
„Artikel 1 Die in dieser Vereinbarung verwendeten Begriffe haben folgende Bedeutung: a) Rückkehrer Personen griechischer Abstammung, die vom 1. Januar 1947 an und danach ihren Wohnsitz in der Deutschen Demokratischen Republik genommen haben, sowie auch deren Familienangehörige, und aus der Deutschen Demokratischen Republik unmittelbar nach Griechenland mit dem Ziel des ständigen Aufenthalts zurückgekehrt sind oder noch zurückkehren werden, b) in der Deutschen Demokratischen Republik geleistete Arbeitsjahre Zeiten, in denen Rückkehrer in der Deutschen Demokratischen Republik eine versicherungspflichtige Tätigkeit entsprechend den Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik ausgeübt haben, c) Rente eine Versorgung durch den zuständigen Träger der Sozialversicherung entsprechend den für ihn geltenden Bestimmungen des Rentenrechts.
Artikel 2 (1) Diese Vereinbarung regelt die Rentenfragen der Rückkehrer. (2) Die Deutsche Demokratische Republik gewährt der Griechischen Republik eine einmalige Abfindung für die in der Deutschen Demokratischen Republik geleisteten Arbeitsjahre der Rückkehrer als Grundlage für die Gewährung von Renten durch die griechische Seite. (3) Die griechische Seite gewährt Rückkehrern Renten entsprechend den griechischen Rechtsvorschriften für die Sozialversicherung und berücksichtigt dabei die in der Deutschen Demokratischen Republik geleisteten Arbeitsjahre wie in Griechenland erworbene Versicherungszeiten.“
Die Bundesrepublik ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, welcher sich der Senat anschließt, nicht Rechtsnachfolgerin der mit dem Wirksamwerden der Beitrittserklärung gemäß Art. 23 des Grundgesetzes (GG) a.F. als Staats- und Völkerrechtssubjekt vollständig und ersatzlos untergegangenen DDR geworden. Mit dem Untergang der DDR mit Ablauf des 02. Oktober 1990 sind die von ihr geschlossenen völkerrechtlichen Verträge grundsätzlich und so auch das Abkommen vom 06. Juli 1984 erloschen (etwa BSG, a.a.O., Rn. 22 ff.). Insbesondere gilt die Vereinbarung vom 06. Juli 1984 nicht unter dem Gesichtspunkt einer Zuordnung zur Kategorie der beiderseitig erfüllten Austauschverträge im Sinne von völkerrechtlichen Verträgen fort, bei denen Leistung und Gegenleistung bereits erbracht sind, die also einen in der Vergangenheit bereits abgeschlossenen Sachverhalt betreffen, oder im Sinne von Verträgen, bei denen der untergegangene Staat seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt hat und der Anspruch auf die Gegenleistung mit dessen Staatsvermögen auf den Nachfolgestaat übergegangen ist (BSG, a.a.O., Rn. 24).
Der Einigungsvertrag (EV) ändert an diesem völkerrechtlichen Befund nichts. Art. 12 EV, der sich mit den völkerrechtlichen Verträgen der DDR befasst, sieht vor, dass diese im Zuge der Herstellung der Einheit Deutschlands unter den Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes, der Interessenlage der beteiligten Staaten und der vertraglichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland sowie nach den Prinzipien einer freiheitlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung unter Beachtung der Zuständigkeiten der Europäischen Gemeinschaften mit den Vertragspartnern der Deutschen Demokratischen Republik zu erörtern sind, um ihre Fortgeltung, Anpassung oder ihr Erlöschen zu regeln beziehungsweise festzustellen (Absatz 1), und dass das vereinte Deutschland seine Haltung zum Übergang völkerrechtlicher Verträge der DDR nach Konsultationen mit den jeweiligen Vertragspartnern und mit den Europäischen Gemeinschaften, soweit deren Zuständigkeiten berührt sind, festlegt (Absatz 2). Daraus, dass Art. 12 EV das völkerrechtliche Schicksal der von der DDR abgeschlossenen Verträge und Vereinbarungen bis zum Abschluss der Konsultationen und einer Klärung der Haltung der Bundesrepublik Deutschland quasi in der Schwebe ließ, resultiert nicht deren weitere vorübergehende Anwendung (ständige Rechtsprechung des BSG, etwa a.a.O., Rn. 29 m.w.N.).
Das Ergebnis der von der Bundesregierung nach Art. 12 EV hinsichtlich der Vereinbarung vom 06. Juli 1984 durchgeführten Konsultationen ist zum einen der Bekanntmachung über das Erlöschen völkerrechtlicher Übereinkünfte der DDR mit Griechenland vom 04. Juni 1992 (BGBl. II 435) zu entnehmen. Die Vereinbarung vom 06. Juli 1984 ist dort unter Punkt 9 als eine Übereinkunft aufgeführt, für welche die Bundesregierung „aufgrund der in Art. 12 des Einigungsvertrags ... vorgesehenen Konsultationen festgestellt“ hat, dass sie „mit der Herstellung der deutschen Einheit am 03. Oktober 1990 erloschen“ ist. Zum anderen ist das Konsultationsergebnis in dem Protokoll vom 07. Oktober 1991 niedergelegt, dessen Inhalt sich aus einem an den Verband Deutscher Rentenversicherungsträger gerichteten Schreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 19. November 1991 (VIIa2-65100) ergibt (BSG, a.a.O., Rn. 31). Die getroffenen Vereinbarungen sind darin wie folgt enthalten:
„... Die Vereinbarung, die zwischen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der Regierung der Griechischen Republik über die Regelung von Rentenfragen am 6. Juli 1984 geschlossen wurde, war am 4. und 7. Oktober 1991 Gegenstand von Besprechungen zwischen Vertretern der Regierung der Republik Griechenland und Deutschlands. Die Besprechungen fanden auf Wunsch der griechischen Regierung und Empfehlung der Verwaltungskommission für soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer sowie in Übereinstimmung mit Art 12 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands statt. Die Delegationen vereinbarten dabei folgendes:
1. Die Vereinbarung vom 6. Juli 1984 gilt für alle Personen, die bis zum 2. Oktober 1990 unmittelbar aus der Deutschen Demokratischen Republik in die Republik Griechenland zurückgekehrt sind. Die in der Deutschen Demokratischen Republik zurückgelegten Versicherungszeiten dieser zurückgekehrten Personen gelten als mit der Rückkehr nach Griechenland in die Versicherungslast der griechischen Sozialversicherung übergegangen. ...
4. Beide Delegationen vereinbaren, die in diesem Protokoll vom 7. Oktober 1991 getroffenen Vereinbarungen in den Anhang III der Verordnung (EWG) 408/71 zu übernehmen.“
Wesentlicher Inhalt des Protokolls vom 07. Oktober 1991 ist eine Versicherungslastregelung für diejenigen Personen, die bis zum 02. Oktober 1990 aus der DDR nach Griechenland zurückgekehrt sind, mit der Folge, dass Ansprüche und Anwartschaften aufgrund der davon betroffenen Zeiten nur noch gegenüber demjenigen Versicherungsträger bestehen, auf den die Versicherungslast übergeht. Zwar fiele die Klägerin unter den so eingegrenzten Personenkreis. Gleichwohl steht dies dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegen, weil es für den Vorrang des Protokolls vom 07. Oktober 1991 als Regel des zwischenstaatlichen Rechts im Sinne von § 30 Abs. 2 SGB I an dem für einen völkerrechtlichen Vertrag erforderlichen innerstaatlichen Anwendungsbefehl mangelt (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 39 ff.). Soweit die innerstaatliche Wirkung von Völkerrecht nicht schon unmittelbar durch das Grundgesetz festgelegt ist (Art. 25 Satz 1 GG) oder es sich um Normen überstaatlicher Institutionen handelt, denen die Bundesrepublik Hoheitsrechte übertragen hat (Art. 23 Abs. 1 S. 2, Art. 24 Abs. 1 GG), bedarf es bei völkerrechtlichen Verträgen, die sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen und unmittelbar Rechte und Pflichten für die Bürger begründen, im Einzelfall der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in Form eines Bundesgesetzes (Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG). Das Protokoll vom 07. Oktober 1991 enthält mit der Vereinbarung eines Übergangs der Versicherungslast für in der Sozialversicherung der DDR zurückgelegte Beitragszeiten Abweichungen gegenüber dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung und betrifft damit einen Gegenstand der Bundesgesetzgebung gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Zum Protokoll vom 07. Oktober 1991 wurde kein bundesdeutsches Zustimmungsgesetz erlassen. Ebenso wenig ist Recht der DDR feststellbar, durch das die Vereinbarung vom 06. Juli 1984 umgesetzt wurde und das aufgrund eines bundesdeutschen Anwendungsbefehls weitergälte (BSG, a.a.O., Rn. 40 ff.).
Dies zugrunde gelegt überzeugt insbesondere das Vorbringen der Beklagten nicht, wonach im Jahre 1995 die Beklagte zwingend den Antrag aus Griechenland hätte negativ bescheiden müssen, weil kein Anspruch auf eine deutsche Rente bestanden habe. Vielmehr hätte die Beklagte bereits damals der Klägerin unter Zugrundelegung der in der DDR zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten die Rente gewähren müssen, wie das BSG in der vorzitierten Entscheidung unmissverständlich ausführt.
II.
Der Antrag vom 03. März 1995 war nicht verbraucht. Der klägerische Anspruch ist mithin nicht an den aus § 44 SGB X folgenden Maßstäben zu messen; insbesondere besteht der Anspruch nicht gemäß § 44 Abs. 4 SGB X nur rückwirkend für vier Jahre.
Zum Einen legte die Beklagte selbst nach dem Wortlaut des Verfügungssatzes des Bescheids vom 25. Mai 2005 den Antrag vom 03. März 1995 – erstmals - ihrer Altersrentengewährung zugrunde. Diesem Bescheidbestandteil kommt unter Zugrundelegung eines verobjektivierten Empfängerhorizonts in der Person der Klägerin der nach § 31 S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) erforderliche Regelungscharakter zu; denn gerade die Aufnahme des Antragsdatums in den Verfügungssatz vermittelt einen entsprechenden erforderlichen rechtlichen Bindungswillen. Da die Klägerin eben diesen Bescheidbestandteil nicht angefochten hat, erwuchs er in Bestandskraft.
Dass der Antrag vom 03. März 1995 noch offen ist, folgt im Übrigen auch aus Art. 44 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1408/71, wonach, wenn die betreffende Person die Feststellung der Leistungen beantragt, das Feststellungsverfahren hinsichtlich aller Rechtsvorschriften eingeleitet wird, die für den Arbeitnehmer oder Selbständigen galten. Art. 36 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 574/72 führt hierzu aus, dass ein beim Träger eines Mitgliedstaates gestellter Antrag zur Folge hat, dass die Leistungen gleichzeitig nach den Rechtsvorschriften aller beteiligten Mitgliedstaaten, deren Voraussetzungen der Antragsteller erfüllt, festgestellt werden. Hieraus folgt wiederum, dass die Leistungen gleichzeitig festgestellt werden, sobald ein Antrag an den Träger eines Mitgliedstaates gerichtet wird, wobei der Tag des Eingangs dieses Antrags für alle betroffenen Träger den Bezugszeitpunkt für die Einleitung des Verfahrens der Feststellung der Leistungen darstellt (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften <EuGH>, Urteil vom 24. Oktober 1996, Rechtssache Picard – C-335/95 -, zitiert nach juris Abs. 20). Hieran gemessen lag mit dem Antrag vom 03. März 1995 nach wie vor ein bescheidungsfähiger Antrag vor. Die Beklagte selbst stellt die vorstehende Rechtsprechung des EuGH nicht in Frage, indem sie die verfahrensrechtliche Bedeutung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften betont. Gerade hieraus folgt allerdings auch, dass die – rein verfahrensrechtlich zu beantwortende – Frage, ob der frühere Antrag noch bescheidungsfähig ist, sich erst recht nicht unter Hinweis darauf abtun lässt, dass im Zeitpunkt der Rentenantragstellung am 03. März 1995 nur Zeiten in der ehemaligen DDR vorgelegen hätten, welche in die Versicherungslast Griechenlands gefallen seien.
III.
Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Es fehlt schon an einer ausdrücklichen Einrede der Beklagten, auf welche hin die Verjährung erst beachtlich ist (etwa Klose, in: Jahn, Sozialgesetzbuch für die Praxis, 213. Ergänzungslieferung Stand 2010, SGB I § 45 Rn. 8). Davon abgesehen läge in der Tat, wie bereits das SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, gemäß § 45 Abs. 3 SGB I eine Verjährungsunterbrechung vor. Insbesondere kommt nach den obigen Ausführungen zu II auch dem beim Versicherungsträger eines anderen Mitgliedstaates gestellten Rentenantrag aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen die unterbrechende Wirkung zu.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision ist mangels Revisionszulassungsgrunds im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zuzulassen.