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Eigenheimzulage ab 2009


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 29.06.2017
Aktenzeichen 9 K 9157/14 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 6. Juni 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2014 verpflichtet, den Klägern Eigenheimzulage in Höhe von 2 556,00 EUR pro Jahr für die Jahre 2009 bis 2015 zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern zu 1/8 und dem Beklagten zu 7/8 auferlegt.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern die Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leisten.


Beschluss:

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Eigenheimzulage für die Jahre ab 2009 im Hinblick auf die Herstellung eines anschließend selbstbewohnten Hauses in C…, (Republik Polen) haben.

Der 1963 geborene Kläger ist von Beruf Beamter (Polizeioberkommissar) im Bundesdienst. Er ist seit dem 30. April 1991 mit der 1962 geborenen Klägerin verheiratet. Ab dem Jahr 1996 wohnten die Kläger in einer 117,50 qm großen Mietwohnung in D…, E…-straße. Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger, die Klägerin ist polnische Staatsangehörige.

Das Grundstück in C… ging durch Schenkung seitens der Mutter der Klägerin am 9. März 1999 in das alleinige Eigentum der Klägerin über. Der Kläger wurde zum 20. August 2004 als Miteigentümer in das Grundbuch eingetragen.

Bezüglich des o. g. Grundstücks wurde am 4. April 2001 ein Bauantrag bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde gestellt. Die Baugenehmigung wurde am 6. Juni 2001 erteilt. Am 20. Mai 2003 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 zeigten die Kläger der Bauaufsichtsbehörde die Fertigstellung des Hauses an. Die Bauaufsichtsbehörde teilte unter dem Datum „20. Januar 2009“ mit, sie erhebe hiergegen keine Einwendungen. Die Herstellungskosten des Hauses mit einer Nutzfläche von mehr als 300 qm (sechs Zimmer zuzüglich Küche und Bäder) betrugen rund 156 000,00 EUR. Die Kläger erbrachten viele Eigenleistungen.

Mit Wirkung ab 1. November 2009 wurde der Kläger vom Bundespolizeipräsidium vom bisherigen Dienstort F… zum neuen Dienstort G… versetzt.

Am 30. Oktober 2009 schloss der Kläger als alleiniger Vertragspartner einen Mietvertrag für die Zeit ab 15. Dezember 2009 bezüglich der Anmietung einer Zwei-Zimmer-Wohnung mit Küche, Flur, Bad und Balkon in H…, I…-straße (Größe: 64,95 qm; Warmmiete: 506,62 EUR) ab.

Der Kläger war bis 20. Oktober 2010 und die Klägerin bis 19. Oktober 2010 mit Wohnsitz in Deutschland gemeldet, und zwar bis zum 7. Januar 2010 unter ihrer Wohnanschrift in D… und ab 8. Januar 2010 unter der Adresse in H… . Danach erfolgte eine Abmeldung wegen Wegzugs ins Ausland (C…).

Seit dem 20. Oktober 2010 werden die Kläger auf deren Antrag hin vom Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In der Zeit davor wurden sie vom Finanzamt J… zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Ausweislich der Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2015 erzielte die Klägerin in den Streitjahren keinerlei steuerpflichtige Einkünfte, insbesondere keine Einkünfte aus einer Berufstätigkeit in Deutschland.

Die Kläger stellten am 12. Dezember 2012 gemeinsam beim Beklagten einen Antrag auf Festsetzung von Eigenheimzulage für die Jahre ab 2009 im Hinblick auf die Herstellung des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Hauses in C… .

Mit Bescheid vom 6. Juni 2013 lehnte der Beklagte die Festsetzung einer Eigenheimzulage ab. Zur Begründung führte er aus, dass die entsprechenden Voraussetzungen nicht vorlägen. Die Kläger seien insbesondere keine Grenzpendler, weil sie in Deutschland auf Antrag zusammen zur Einkommensteuer veranlagt würden.

Gegen den ablehnenden Bescheid legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein. Sie vertraten die Auffassung, dass in ihrem Fall die Voraussetzungen für die Festsetzung von Eigenheimzulage für die Jahre ab 2009 unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils vom 17. Januar 2008 C-152/05, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2008, 326, sowie des BFH-Urteils vom 20. Oktober 2010 IX R 20/09, BStBl II 2011, 342, erfüllt seien. Ebenso seien die Fördervoraussetzungen gemäß Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 13. März 2008, BStBl I 2008, 539, erfüllt, da er, der Kläger, aufgrund seines Zweitwohnsitzes in H… gemäß § 1 Abs. 2 EStG in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2014 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Bei dem streitgegenständlichen Immobilienobjekt in C… handele es sich um ein sog. Zweitobjekt im Ausland im Sinne der hierzu ergangenen BFH-Rechtsprechung, für das keine Eigenheimzulage zu gewähren sei, weil beide Kläger im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig seien (Hinweis auf BFH-Urteile vom 20. Oktober 2010 IX R 20/09, BStBl II 2011,342, und IX R 55/09, BFH/NV 2011, 767). Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht des Klägers im Inland sei zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig. Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht der Klägerin ergebe sich für die Zeit bis zum 19. Oktober 2010 aufgrund ihres Mitwohnens in der (gemieteten) 2-Zimmer-Wohnung in H… (Hinweis auf Meldung beim dortigen Einwohnermeldeamt) sowie für die Folgejahre aus der Bestimmung des § 1 a Abs. 1 Nr. 2 EStG.

Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend, dass sie am 15. Dezember 2009 von D… nach C… umgezogen seien und seither – zusammen mit der Mutter der Klägerin – in dem von ihnen neu errichteten Haus in C… wohnten würden. Die Klägerin sei auf diesem Grundstück, auf dem vorher ein altes Wohnhaus gestanden habe, aufgewachsen und in C… zur Schule sowie anschließend zur Hochschule gegangen.

Die nur sehr einfach ausgestattete Mietwohnung in H… werde ausschließlich vom Kläger selbst im Rahmen einer vom Beklagten anerkannten doppelten Haushaltsführung aus beruflichen Gründen genutzt. Dies könne anhand des geringen Wasser- und Stromverbrauchs nachgewiesen werden (Hinweis auf Verbrauchstabelle für die Jahre 2010 – 2013). Sie, die Klägerin, habe sich nur besuchshalber für ein oder zwei Tage pro Monat in dieser Wohnung aufgehalten, um z. B. Arzttermine in Deutschland wahrzunehmen oder Besorgungen zu machen. Sie habe sich nur deshalb in H… melderechtlich registrieren lassen, weil sie anfangs der Meinung gewesen sei, dies sei bei der Abwicklung medizinischer Behandlungen und anderer bürokratischer Vorgänge nützlich. Als sie erfahren habe, dass dem nicht so sei, habe sie sich in H… wieder abgemeldet.

Sie, die Klägerin, sei u. a. aus gesundheitlichen Gründen (Taubheit auf einem Ohr) in den Jahren ab 2004 weder in Deutschland noch in Polen berufstätig gewesen. Sie habe sich vielmehr um ihre pflegebedürftige Mutter gekümmert. Sobald man eine befriedigende Lösung für die Pflegesituation gefunden habe, sei eine Berufstätigkeit als Erzieherin geplant.

Die Grundsätze des EuGH-Urteils in der Rechtssache C-152/05 seien im vorliegenden Fall anwendbar. Im Gegensatz zu den beiden Fällen, über die der BFH entschieden habe, stelle das Haus der Kläger in C… kein sog. Zweitobjekt dar, weil sie nur über ein einziges, in ihrem Eigentum stehendes Immobilienobjekt verfügen würden.

Das Haus in C… sei von ihnen erst im Lauf des Jahres 2009 fertiggestellt worden. Zum Beginn des Jahres 2009 hätten im Hinblick auf eine Bewohnbarkeit z. B. noch die Toilettenschüsseln gefehlt. Nur im Keller des Hauses sei eine provisorische Toilette für die Handwerker vorhanden gewesen. Die Anzeige der Fertigstellung des Hauses gegenüber der Bauaufsichtsbehörde hätten sie nur deshalb bereits im Dezember 2008 abgegeben, weil ab 2009 verschärfte Vorschriften für einen Energieausweis anwendbar geworden wären.

Die Kläger beantragen,

1.den Beklagten unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 6. Juni 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2014 zu verpflichten, Eigenheimzulage in Höhe von 2 556,00 EUR pro Jahr für die Jahre 2009 bis 2016 festzusetzen;
2.die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass das von den Klägern benannte EuGH-Urteil im vorliegenden Fall nicht einschlägig sei. Das Urteil betreffe nur Steuerpflichtige im Sinne von § 1 Abs. 2 oder 3 EStG, nicht aber Steuerpflichtige i. S. von § 1 Abs. 1 EStG – wie vorliegend den Kläger.

Ergänzend verweist der Beklagte auf seine Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung.

Dem erkennenden Senat haben bei seiner Entscheidung von Beklagtenseite ein Band Eigenheimzulagenakte, ein Band Einkommensteuerakten sowie ein Aktenordner betr. Einkommensteuer und ein von den Klägern im Verwaltungsverfahren betr. Eigenheimzulage eingereichter Aktenordner mit Belegen zu den Herstellungskosten des Hauses in C… vorgelegen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Beteiligtenvorbringens Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist ganz überwiegend begründet.

1. Die Kläger haben unter Berücksichtigung des o. g. EuGH-Urteils in der Rechtssache C-152/05 einen gesetzlichen Anspruch auf Gewährung von Eigenheimzulage in Höhe von 2 556,00 EUR pro Jahr.

Nach § 1 EigZulG haben unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne des EStG Anspruch auf Eigenheimzulage.

Der Kläger war in den Streitjahren 2009 bis 2015 nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig. Dies ergibt sich u.a. daraus, dass er unstreitig im Zeitraum 15. Dezember 2009 bis 31. Dezember 2015 einen gemieteten (Zweit-)Wohnsitz im Gebäude H…, I…-straße innehatte. Das Innehaben eines Zweitwohnsitzes in Deutschland führt ebenso wie ein Erstwohnsitz dazu, dass der Wohnungsinhaber der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht in Deutschland unterliegt (vgl. § 8 Abgabenordnung – AO -, der nicht zwischen Haupt- und Nebenwohnsitz differenziert, sowie Musil, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 8 AO Rz. 13 m. w. N.).

Die Klägerin war im Streitjahr 2009 bis zum 15. Dezember aufgrund ihres gemieteten Erstwohnsitzes in D…, E…-straße unstreitig ebenfalls nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig. In der Zeit vom 16. Dezember 2009 bis zum 31. Dezember 2015 war sie unstreitig gemäß § 1 a Abs. 1 Nr. 2 EStG auf entsprechenden Antrag, der von den Klägern gestellt worden ist, „für die Anwendung des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG“ fiktiv als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln. Dementsprechend wurden die Kläger für die Jahre 2009 bis 2015 vom Beklagten zu Recht zur Einkommensteuer zusammenveranlagt.

Nach der – nicht zuletzt aufgrund der Vernehmung der Klägerin als Partei in der mündlichen Verhandlung - gewonnenen Überzeugung des erkennenden Senats hatte die Klägerin im Zeitraum 15. Dezember 2009 bis 31. Dezember 2015 keinen eigenen (Zweit-)-Wohnsitz in der vom Kläger allein als Mieter aus beruflichen Gründen angemieteten 2- Zimmer-Wohnung in H… inne (was zu einer unbeschränkten Einkommensteuerpflicht i. S. von § 1 Abs. 1 EStG geführt hätte), da sich ihre dortigen Aufenthalte auf gelegentliche Besuche des Klägers sowie die Wahrnehmung von einzelnen Arztterminen in Deutschland etc. beschränkt haben. Die melderechtliche An- und Abmeldung bei den Ordnungsbehörden hat nach ständiger BFH-Rechtsprechung hinsichtlich der Frage, an welchem Ort ein Wohnsitz i. S. von § 8 AO besteht, keine konstitutive Wirkung, sondern stellt nur ein Indiz für eine Wohnsitzbegründung oder -aufgabe im Rahmen der notwendigen richterlichen Würdigung des Gesamtsachverhaltes dar (BFH-Urteil vom 22. August 2007 III R 89/06, Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2008, 351 m.w.N.).

Zwar fällt die Klägerin nicht unter die Personengruppe, die nach Auffassung des BFH und der Finanzverwaltung aufgrund des o. g. EuGH-Urteils über den Wortlaut des § 2 Satz 1 EigZulG hinaus eigenheimzulagenberechtigt ist (z. B. nur auf Antrag hin unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Grenzpendler im Sinne von § 1 Abs. 3 EStG, deren Einkünfte zu mindestens 90 v. H. der deutschen Einkommensteuer unterliegen, vgl. dazu BFH-Urteil vom 20. Oktober 2010 IX R 20/09, BStBl II 2011, 342, Rz. 13 sowie BMF-Schreiben vom 13. März 2008, BStBl II 2008, 539). Eine Beschränkung der Anwendbarkeit der Rechtsgrundsätze des EuGH-Urteils auf die Fallgruppen, die in dem o. g. BMF-Schreiben aufgezählt sind, lässt sich dem EuGH-Urteil selbst jedoch nicht entnehmen (a. A. Niedersächs. FG, Beschluss vom 3. Juni 2009 9 V 80/09, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2009, 1729).

Der EuGH ist in seinem Urteil vom 17. Januar 2008 C-152/05, BStBl II 2008, 326 zu dem Ergebnis gelangt, dass § 2 Satz 1 EigZulG mit Art. 18 EGV (Freizügigkeit) in der Form seiner speziellen Ausprägungen in Art. 39 EGV (Arbeitnehmerfreizügigkeit) und Art. 43 EGV (Niederlassungsfreiheit) unvereinbar ist.

In dem vom EuGH zu beurteilenden Sachverhalt benachteiligte § 2 Satz 1 EigZulG die in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen, die eine Wohnung in einem anderen Mitgliedsstaat zu eigenen Wohnzwecken herstellen oder anschaffen. Denn nach dieser Vorschrift kommen diese Personen nicht in den Genuss der Eigenheimzulage. Dagegen haben diejenigen Anspruch auf die Zulage, die sich in der gleichen Lage befinden und sich im Zuge der Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung dafür entscheiden, ihren Wohnsitz in Deutschland beizubehalten oder zu begründen. Indem § 2 Satz 1 EigZulG die Gewährung der Eigenheimzulage an die Voraussetzung knüpft, dass die zu eigenen Wohnzwecken hergestellte oder angeschaffte Wohnung im Inland belegen ist, beschränkt die Vorschrift nach Auffassung des EuGH die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit, wie sie in den Artt. 39 und 43 EGV verbürgt sind (vgl. dazu Niedersächs. FG, a.a.O.).

Nach der Überzeugung des erkennenden Senats ist es unter Beachtung der vorgenannten Rechtsgrundsätze des EuGH gemeinschaftsrechtlich geboten, die Klägerin im vorliegenden Fall mit einer Steuerpflichtigen gleichzustellen, die gemäß § 1 Abs. 3 EStG auf Antrag in Deutschland als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. Denn beide Kläger haben - ebenso wie im unmittelbaren Anwendungsfall des § 1 Abs. 3 EStG - mindestens 90 v. H. ihrer Einkünfte in Deutschland erzielt, da die Klägerin selbst in den Jahren 2009 bis 2015 unstreitig weder in Deutschland noch in Polen berufstätig gewesen ist. Die Klägerin ist damit die Ehefrau eines „Grenzpendlers“ i. S. des o. g. EuGH-Urteils.

Begünstigt im Sinne des EigZulG ist nach § 2 Satz 1 EigZulG die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus oder einer im Inland belegenen Eigentumswohnung. Das Haus der Kläger in C… erfüllt diese Voraussetzungen wortlautgemäß nicht, da es nicht im Inland belegen ist. Es ist jedoch aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen nach dem o. g. EuGH-Urteil geboten, das Tatbestandsmerkmal der Belegenheit des Förderobjekts im Inland unangewendet zu lassen.

Dem steht die Rechtsprechung des BFH sowie mehrerer Finanzgerichte zum Ausschluss der Förderung von sog. Zweitobjekten nicht entgegen (BFH-Urteile vom 20. Oktober 2010, aaO; Niedersächs. FG, aaO; FG Köln, Urteil vom 21. März 2011 7 K 2175/08, EFG 2011, 1762; FG Düsseldorf, Urteil vom 21. Juni 2012 12 K 2372/11 EZ, juris). Denn bei dem Haus der Kläger in C… handelt es sich um ein sog. Erstobjekt: Es ist die einzige Wohneinheit, die von beiden Klägern als Ehepaar zusammen bewohnt wird und in ihrem gemeinsamen Eigentum steht (Mieter und Wohnungsinhaber der aus beruflichen Gründen zusätzlich unterhaltenen Wohnung in H… ist ausschließlich der Kläger). Mit der endgültigen Aufgabe ihres Erstwohnsitzes in D… und dem Bezug ihres Haus in C… zum 15. Dezember 2009 haben die Kläger überdies eine Mietwohnung in Deutschland für die Anmietung durch andere Personen „freigemacht“ und dadurch den deutschen Wohnungsmarkt entlastet.

2. Der Höhe nach besteht der Zulagenanspruch allerdings nur bis einschließlich 2015. Soweit die Kläger die Zulage auch für 2016 begehren, ist ihre Klage unbegründet.

Der Förderzeitraum beträgt maximal acht Jahre und beginnt im Jahr der Fertigstellung des Wohngebäudes (§ 3 EigZulG). Ein Gebäude ist nach der BFH-Rechtsprechung fertiggestellt, sobald es bezugsfertig und damit bewohnbar ist. Die Bezugsfertigkeit eines Gebäudes ist gegeben, wenn die wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sind und der Bau so weit gefördert ist, dass der Bezug der Wohnung zumutbar ist. Unerheblich ist, ob noch geringfügige Restarbeiten ausstehen. Auf die Abnahme durch die Baubehörde kommt es nicht an (BFH-Urteile vom 26. Juni 1970 III R 56/69, BStBl II 1979, 769 und vom 25. April 2013 II R 44/11, BFH/NV 2013, 1544, jeweils m. w. N.). Im vorliegenden Fall haben die Kläger die Fertigstellung ihres Hauses der Bauaufsichtsbehörde mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 angezeigt. Mit den Bauarbeiten wurde unstreitig bereits im Jahr 2003 begonnen. Der erkennende Senat ist davon überzeugt, dass das Haus bereits im Dezember 2008 bewohnbar war, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Kläger in ihrem Schreiben an die Bauaufsichtsbehörde vom 15. Dezember 2008 etwas Unzutreffendes erklärt haben, und da sich in dem von ihnen beim Beklagten eingereichten Aktenordner mit den Rechnungen über die Herstellungskosten keine Rechnungen über Material oder Lohnkosten für Bauleistungen im Jahr 2009 befinden. Toilettenschüsseln können von Handwerkern innerhalb kurzer Zeit montiert werden; ihre Anbringung stellt daher keine „wesentliche Restarbeit“ im Sinne der o. g. BFH-Rechtsprechung dar, die der Bejahung einer Fertigstellung des Hauses bereits im Jahr 2008 entgegenstünde. Nach dem Klägervortrag verfügte das Haus Ende 2008 jedenfalls über eine – wenn auch behelfsmäßige – Toilette im Keller. Dies erachtet der Senat als für die Bewohnbarkeit ausreichend.

Somit begann der Förderzeitraum bereits im Jahr 2008 und endete mit dem Jahr 2015. Da die Kläger unstreitig erst im Dezember 2009 ihre bisherige Wohnung in D… verlassen haben und nach C… umgezogen sind, haben sie keinen Anspruch auf Gewährung von Eigenheimzulage für das Jahr 2008 (vgl. § 10 EigZulG: der Anspruch entsteht mit Beginn der Nutzung des Hauses für eigene Wohnzwecke).

Die Höhe des sog. Fördergrundbetrags beträgt für Wohnobjekte, bezüglich derer – wie vorliegend - der Bauantrag bis zum 31. Dezember 2003 gestellt worden ist (vgl. § 19 Abs. 5 EigZulG sowie BFH-Beschluss vom 18. Oktober 2001 IX B 97/01, BFH/NV 2002, 163), 5 vom Hundert der Bemessungsgrundlage, höchstens 2 556 EUR (§ 9 Abs. 2 EigZulG).

Bemessungsgrundlage sind die Herstellungskosten in Höhe von rund 156 000 EUR.

Somit haben die Kläger einen Anspruch auf Festsetzung einer Eigenheimzulage für die Jahre 2009 bis 2015 in Höhe von 7 x 2556 EUR = 17 892,00 EUR.

I. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis auf §§ 151 Abs. 3 und 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.

Der Beschluss über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Die Revision gegen dieses Urteil wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.