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Kein wirksamer Ausschluss der Zahlung der Besitzstandszulage nach dem ÜTV VTV durch § 22 Abs. 8 MTV BVD


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 3. Kammer Entscheidungsdatum 12.12.2014
Aktenzeichen 3 Sa 1427/14 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 3 EntgFG, § 4 EntgFG, § 12 EntgFG

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. Mai 2014 – 34 Ca 1993/14 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Die Beklagte, die Mitglied im Allgemeinen Verband der Wirtschaft für Berlin und Brandenburg e.V. (AWB) ist, ist ein Dienstleistungsunternehmen im Bereich der Bodenverkehrsdienste an den Berliner Flughäfen Sch. und T.. Sie erbringt für zahlreiche Fluggesellschaften Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Flugzeugabfertigung. Die bei der Beklagten am Flughafen T. beschäftigte Klägerin wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zum 17. Juni 1991 eingestellt. Seit etwa 1994 wird sie in der Position einer Ersten Fachkraft im Bereich Gepäckermittlung (Lost & Found) beschäftigt.

Unter dem 25. Februar 2013 schlossen der Allgemeine Verband der Wirtschaft für Berlin und Brandenburg e. V. (AWB) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di den Manteltarifvertrag für Bodenverkehrsdienstleistungen an Flughäfen in Berlin und Brandenburg (im Folgenden: MTV BVD) und den Vergütungstarifvertrag für Bodenverkehrsdienstleistungen an Flughäfen in Berlin und Brandenburg (im Folgenden: VTV BVD), welche mit Wirkung vom 1. September 2013 für allgemeinverbindlich erklärt worden sind. Das Inkrafttreten der Tarifverträge ist an die Allgemeinverbindlicherklärung gekoppelt (§ 35 MTV BVD und § 7 VTV BVD).

Der MTV BVD enthält, soweit hier von Relevanz, folgende Bestimmungen:

„§ 13
Allgemeines

Der Beschäftigte hat für die von ihm geleistete Arbeit Anspruch auf Vergütung.

(1) Die Vergütung besteht aus

(a) dem Monatsgrundentgelt gemäß § 14,
(b) etwaigen Überstundenzuschlägen gemäß § 15 Abs. 3,
(c) etwaigen Zuschlägen gemäß § 16,
(d) etwaigen weiteren in einem VTV geregelten Entgeltbestandteilen
(e) etwaigen Zulagen.

§ 14
Monatsgrundentgelt (Tabellenentgelt)

(1) Die Höhe des Monatsgrundentgelts bemisst sich nach dem jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag.

§ 16
Zuschläge für Feiertags-, Sonntags- sowie Nachtarbeit

…..

§ 17
Zahlung der Vergütung

(1) Das Monatsgrundentgelt und die Zulagen werden monatlich bargeldlos für den laufenden Monat bis zum 27. des Monats gezahlt; fällt der 27. auf einen Tag, der nicht Bankarbeitstag ist, hat er zum letzten vorherigen Bankarbeitstag zu erfolgen.

(2) Überstunden und Zuschläge werden im folgenden Monat gezahlt…

§ 22
Arbeitsunfähigkeit

(6) Wird ein Beschäftigter durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. …

(8) Soweit nicht in der Anlage für Berlin-Brandenburg etwas anderes vereinbart wird, ist als Grundvergütung während der Zeit der Entgeltfortzahlung das anteilige Monatsgrundentgelt nach § 14 zuzüglich etwaiger gemittelter zu versteuernder Zuschläge nach § 16 zu zahlen. Bemessungszeitraum für die Durchschnittsberechnung sind die jeweils letzten 3 vollen Kalendermonate vor Beginn der Krankheit.“

Die „Anlage zum MTV für Berlin-Brandenburg“ enthält folgende Sonderregelung zu § 22 Abs. 8 MTV:

„Als Vergütung während der Zeit der Entgeltfortzahlung ist das anteilige Monatsgrundentgelt nach § 14 MTV zu zahlen.“

Der VTV BVD enthält auszugsweise folgende Regelungen:

„§ 2
Monatsgrundentgelt

Die Beschäftigten haben Anspruch auf ein monatliches Grundentgelt (Monatsgrundentgelt). Das Monatsgrundentgelt eines Vollzeitbeschäftigten ergibt sich aus seiner Tätigkeit, den Tätigkeitsmerkmalen in Anlage 1 und den Vergütungstabellen in den Anlagen 3a und b. Soweit mit einem Beschäftigten im Arbeitsvertrag eine andere wöchentliche Arbeitszeit vereinbart wird, verändert sich das Monatsgrundentgelt entsprechend.“

Ebenfalls unter dem 25. Februar 2013 schloss die Beklagte mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di einen Überleitungstarifvertrag zum Vergütungstarifvertrag, in dem es auszugsweise heißt:

Präambel

Am 25. Februar 2013 haben ver.di und der Arbeitgeberverband AWB den Vergütungstarifvertrag für Bodenverkehrsdienstleistungen an Flughäfen in Berlin und Brandenburg (nachfolgend: „VTV BDV“) abgeschlossen, der den momentan geltenden Vergütungstarifvertrag Nr. 10 vom 27. Januar 2004 zwischen der G. Berlin GmbH (heute G. Berlin GmbH & Co. KG) und ver.di („VTV GGB“) nebst aller seiner Ergänzungen sowie aller etwaig in der Nachwirkung befindlicher Vergütungsregelungen sowie den Anerkenntnistarifvertrag vom 10. Mai 2012 zwischen der A. P. Service Berlin GmbH & Co. KG und ver.di ablöst. Im Hinblick darauf schließen die Parteien den folgenden Überleitungstarifvertrag, der den Mitarbeitern bestimmte Besitzstände sichern soll.

A. Aufhebung des bisherigen Verfügungsvertrages Nr. 10 und des Anerkenntnistarifvertrages …

B. Besitzstandsregelungen

Ungeachtet der Regelung in Punkt A vereinbaren die Parteien für Beschäftigte, die am 31. Dezember 2012 in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis mit der A. P. Service Berlin GmbH & Co. KG stehen (nachfolgend Beschäftigte), nachfolgende Besitzstandsregelungen.

Teil 1: Sicherung der 36-Stunden-Woche …

Teil 2: Vorschriften zur Entgeltsicherung

I.

(1) Beschäftigte erhalten eine Besitzstandszulage, wenn das Monatsgrundentgelt unmittelbar vor Inkrafttreten des VTV BVD höher ist als das Monatsgrundentgelt der jeweils gültigen Anlage 3 zum VTV BVD zzgl. der regelmäßigen Zulagen nach § 5 Abs. 2-4 VTV BVD zum Zeitpunkt des Inkrafttretens und zwar in Höhe der Differenz.

II.

Abweichend von § 15 Abs. 3 MTV BVD sowie § 16 Abs. 2 MTV BVD wird für die Zuschlagsberechnung neben dem anteiligen Monatsgrundentgelt die anteilige Besitzstandszulage zugrunde gelegt.

V.

Tariflich vereinbarte und individuelle Erhöhungen des Monatsgrundentgelts (Anlage 3a/3b des VTV BVD) sowie der regelmäßigen Zulagen nach § 5 Abs. 2 – 4 VTV BVD gelten auch für Beschäftigte mit Besitzstandszulage, wobei von dieser Erhöhung 35% auf die Besitzstandszulage angerechnet werden.“

Auf den Inhalt des MTV BVD, des VTV BVD nebst der Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen für Bodenverkehrsdienstleistungen an Flughäfen vom 25. Juni 2013 und auf den Inhalt des Überleitungstarifvertrages zum Vergütungstarifvertrag wird im Übrigen Bezug genommen (Anlagen B1 bis B4, Bl. 139 bis 179 der Akte).

Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme findet der Überleitungstarifvertrag zum Vergütungstarifvertrag vom 25. Februar 2013 (im Folgenden ÜTV VTV) auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

Die Beklagte zahlt an etwa 318 Mitarbeiter eine Besitzstandszulage nach dem ÜTV VTV. Bei der Mehrzahl der Mitarbeiter, nämlich etwa 191 Mitarbeitern, beläuft sich die Besitzstandszulage auf Beträge zwischen 400,00 Euro bis 1.000,00 Euro monatlich, bei etwa 113 Mitarbeitern auf einen darunter liegenden Betrag und etwa 14 Mitarbeiter erhalten eine Besitzstandszulage zwischen 1.000,00 Euro und 1.200,00 Euro.

Die Klägerin erhält eine Besitzstandszulage in Höhe von 628,90 Euro brutto monatlich. Die Beklagte weist in den der Klägerin erteilten Entgeltabrechnungen ua. das Tabellenentgelt und die Besitzstandszulage getrennt aus. Das Tabellenentgelt der Klägerin betrug im Dezember 2013 2.114,10 Euro brutto. – Auf die Abrechnung für Dezember 2013 wird verwiesen, Bl. 39 bis 40 der Akte.

Im November 2013 war die Klägerin an fünf Arbeitstagen und im Dezember 2013 an drei Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte, die für die Monate November 2013 und Dezember 2013 zunächst die volle Besitzstandszulage in Höhe von 628,90 Euro brutto gezahlt hatte, nahm mit der Abrechnung für Dezember 2013 eine Rückrechnung für November 2013 vor, wobei sie einen Abzug im Dezember 2013 in Höhe von 104,80 Euro brutto (dies entspricht 5/30 der Besitzstandszulage) vornahm, und sie nahm mit der Abrechnung für Januar 2014 eine Rückrechnung für Dezember 2013 vor, wobei sie einen Abzug im Januar 2014 in Höhe von 60,87 Euro brutto (dies entspricht 3/31 der Besitzstandszulage) vornahm. – Auf die Entgeltabrechnungen für Dezember 2013 und Januar 2014 und auf die Rückrechnungen für November 2013 und Dezember 2013 wird Bezug genommen, Bl. 38 bis 43 der Akte. – Im Februar 2014 war die Klägerin an einem Arbeitstag arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte, die die Besitzstandszulage für Februar 2014 zunächst vollständig ausgezahlt hatte, nahm mit der Abrechnung für März 2014 eine Rückrechnung für Februar 2014 vor, wobei sie im März 2014 einen Abzug in Höhe von 21,26 Euro brutto vornahm. – Auf die Rückrechnung für Februar 2014 wird verwiesen, Bl. 188 der Akte. -

Mit ihrer am 11. Februar 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 24. Februar 2014 zugestellten Klage hat die Klägerin die Zahlung von 165,67 Euro brutto geltend gemacht und die Feststellung begehrt, dass bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall die Besitzstandszulage einzubeziehen sei. Mit ihrer am 7. Mai 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung hat die Klägerin die Zahlung von 21,26 Euro begehrt.

Die Klägerin hat im Wesentlichen vorgetragen: Die von der Beklagten vorgenommenen Abzüge seien ungerechtfertigt. Die Beklagte sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt berechtigt, die Besitzstandszulage bei der Entgeltfortzahlung außer Acht zu lassen. Als Monatsgrundentgelt iSd. §§ 14, 22 Abs. 8 MTV BVD sei das Tabellenentgelt gemäß VTV BVD einschließlich der Besitzstandszulage gemäß ÜTV VTV zu verstehen. Die Vorschriften des Manteltarifvertrages könnten nicht dazu führen, dass die Beklagte die Besitzstandszulage für Zeiten der Krankheit nicht gewähren müsse, da dies eine vom Entgeltfortzahlungsgesetz nicht zugelassene Abweichung vom Grundsatz der vollen Lohnfortzahlung darstellen würde. Wenn nach den tariflichen Vorschriften nur das Monatsgrundentgelt ohne die Besitzstandszulage bei der Entgeltfortzahlung zu berücksichtigen sei, wären die Tarifvorschriften rechtswidrig, da auch die Tarifvertragsparteien an den Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gebunden seien. Die Besitzstandszulage mache knapp 23% ihres Gehaltes aus.

Die Klägerin hat beantragt,

1.die Beklagte zu verurteilen, an sie 186,93 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 104,80 Euro brutto seit dem 28. Dezember 2013, auf 60,87 Euro brutto seit dem 28. Januar 2014 und auf 21,26 Euro brutto seit dem 28. März 2014 zu zahlen;
2.festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, in die Berechnung Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auch die Besitzstandszulage gemäß Überleitungstarifvertrag BVD für die APSB einzubeziehen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, alle tariflichen Regelungen zur Entgeltfortzahlung stellten ausschließlich auf das Monatsgrund-/Tabellenentgelt ab. Die nach dem ÜTV VTV gewährte Besitzstandszulage werde an keiner Stelle erwähnt. Der Wortlaut der §§ 22 Abs. 8, 14 Abs. 1 MTV BVD und der Wortlaut der hierzu von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Anlage zum MTV sei eindeutig, danach sei bei der Entgeltfortzahlung nur das Monatsgrundentgelt nach § 14 MTV zu berücksichtigen. Während der Tarifverhandlungen sei zwischen den Tarifpartnern klar gewesen, dass die Besitzstandszulage nicht Teil der Entgeltfortzahlung sein solle, dies zeige ein Schreiben eines an den Tarifverhandlungen beteiligten Vertreters des AWB vom 29. Januar 2014 (Bl. 180 bis 181 der Akte) und ein Schreiben eines Vertreters der Gewerkschaft ver.di vom 28. April 2013 (Bl. 205 bis 208 der Akte). Die tariflichen Regelungen stünden auch im Einklang mit dem Gesetzesrecht, da nach § 4 Abs. 4 EFZG eine durch Tarifvertrag festgelegte abweichende Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts zulässig sei. Der Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung werde nicht verletzt, da das Monatsgrundentgelt/Tabellenentgelt weiterhin in vollem Umfang bei der Entgeltfortzahlung berücksichtigt werde. Die Besitzstandszulage sei nicht Teil des monatlichen Grundentgelts.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 27. Mai 2014 der Klage stattgegeben und zur Begründung zusammengefasst ausgeführt: § 22 Abs. 8 MTV BVD sei dahin auszulegen, dass auch die Besitzstandszulage als Teil der Regelvergütung im Krankheitsfall fortzuzahlen sei. Die wörtliche Auslegung der relevanten Tarifvertragsregelungen spreche nur scheinbar für die Position der Beklagten. Die teleologische Auslegung des Tarifwerkes spreche aber so überzeugend für die Auffassung der Klägerin, dass ihr die Kammer folge. Sinn und Zweck der Regelung des § 22 Abs. 8 MTV BVD sei es festzuschreiben, dass dem Arbeitnehmer im Krankheitsfall das reguläre Monatsgrundentgelt sowie ein ermittelter Durchschnittswert in Bezug auf die Zuschläge zu zahlen sei. Damit folgten die Tarifvertragsparteien grundsätzlich der Vorgabe des § 4 EFZG. Die Regelung der Entgeltfortzahlung im MTV sei so zu lesen, dass die Besitzstandszulage Teil der regulären monatlichen Vergütung sei. – Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. –

Gegen das der Beklagten am 20. Juni 2014 zugestellte Urteil hat diese mit einem beim Landesarbeitsgericht am Montag, dem 21. Juli 2014 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 19. August 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung im Wesentlichen vor: Das Arbeitsgericht verkenne den eindeutigen Wortlaut der relevanten Regelungen. Der im Hinblick auf die Entgeltfortzahlung allein ausschlaggebende Begriff des „Monatsgrundentgelts“ sei in § 14 MTV BVD klar und eindeutig definiert. Dort werde auf den jeweiligen Vergütungstarifvertrag verwiesen. § 2 VTV BVD nenne weder die Besitzstandszulage im Besonderen noch sonstige Zulagen im Allgemeinen. Somit sei eindeutig und unmissverständlich festgelegt, dass die Besitzstandszulage nicht Teil des Monatsgrundentgeltes sei. Angesichts des eindeutigen Wortlauts der einschlägigen Bestimmungen habe es bereits keiner Auslegung der tariflichen Normen bedurft. Ferner habe das Arbeitsgericht die Systematik der anzuwendenden Tarifverträge verkannt. Aus dem parallel verhandelten und am selben Tag unterzeichneten Überleitungstarifvertrag werde deutlich, dass den Tarifvertragsparteien bewusst gewesen sei, eine gesonderte Regelung in diesem Tarifvertrag treffen zu müssen, wenn die Besitzstandszulage bei der Berechnung einzelner Leistungen zusätzlich zum Monatsgrundentgelt berücksichtigt werden solle. Es sei in den Überleitungstarifverträgen auch ausdrücklich geregelt worden, wenn hinsichtlich einzelner Regelungen doch Abweichungen oder Ergänzungen gegenüber dem MTV/VTV BVD getroffen worden seien. Dies zeige die Regelung unter B. Teil 2 II. ÜTV BVD. Es sei auch der Wille der Tarifvertragsparteien in den Tarifverhandlungen zum Manteltarifvertrag gewesen, die Besitzstandszulage bei der Entgeltfortzahlung außer Betracht zu lassen. Bei den Verhandlungen zum Überleitungstarifvertrag sei auf eine entsprechende Regelung zur Entgeltfortzahlung bewusst verzichtet worden. Auch die Entstehungsgeschichte der Tarifverträge lasse allein den Schluss zu, dass die Tarifvertragsparteien sich darüber einig gewesen seien, die Besitzstandszulage im Rahmen der Entgeltfortzahlung nicht zu berücksichtigen. – Wegen der weiteren Ausführungen der Beklagten hierzu wird auf den Schriftsatz vom 19. August 2014, Seiten 7 bis 9 (Bl. 259 bis 261 der Akte), Bezug genommen. - Der Wille der Tarifvertragsparteien habe in dem Wortlaut der Tarifverträge auch seinen Niederschlag gefunden, weil bewusst der spezielle Begriff des „Monatsgrundentgelts“ verwendet worden sei. Die getroffene Regelung verstoße nicht gegen die Vorgaben des Entgeltfortzahlungsgesetzes, sondern nutze den Gestaltungsspielraum, den der Gesetzgeber den Tarifvertragsparteien zugestanden habe. Die Besitzstandszulage sei eine Zulage iSv. § 4 Abs. 4 EFZG und könne daher aufgrund eines Tarifvertrages von der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ausgenommen werde. Sie stelle keine Vergütung für geleistete Arbeit dar, sondern habe allein den Zweck, unbillige Härten bei der Umstellung des Tarifsystems zu vermeiden. Dies zeige sich bereits an dem Vergleich der Entlohnung von Alt- und Neubeschäftigten. Nach dem neuen Vergütungssystem stelle allein das Tabellenentgelt die im Synallagma stehende Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung dar. Mit den allgemeinverbindlichen Tarifverträgen sei ein für beide Seiten praktikables Ergebnis gefunden worden, dass die Beschäftigungssituation an den Berliner Flughäfen insgesamt deutlich verbessert habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. Mai 2014, Az. 34 Ca 1993/14, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie vertritt weiter die Ansicht, die Tarifvertragsparteien des ÜTV BVD hätten den Begriff des Monatsgrundentgeltes iSd. § 14 MTV BVD und damit auch den in § 22 Abs. 8 MTV BVD verwendeten Begriff des Monatsgrundentgelts modifiziert. Die Besitzstandszulage stelle auch eine Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung dar. Im Rahmen der Tarifvertragsverhandlungen sei von einer Kürzung der monatlichen Vergütung im Falle von Krankheit nicht die Rede gewesen. Im Übrigen würde ein anderes Verständnis der Tarifvorschriften zwingend zur Annahme der Unwirksamkeit der Vorschrift des § 22 Abs. 8 MTV BVD führen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthaft und gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, 519 Abs. 1 und Abs. 2, 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

B. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin restliche Arbeitsvergütung für die Monate Dezember 2013, Januar 2014 und März 2014 zu zahlen. Sie ist ebenfalls verpflichtet, in die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall die Besitzstandszulage gemäß dem ÜTV VTV einzubeziehen.

I. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von restlicher Vergütung für Dezember 2013 in Höhe von 104,80 Euro brutto, für Januar 2014 in Höhe von 60,87 Euro brutto und für März 2014 in Höhe von 21,26 Euro brutto nebst der geltend gemachten Zinsen.

1. Die Beklagte ist gemäß § 611 BGB iVm. § 2 Abs. 1 VTV BVD, § 14 MTV BVD und Abschnitt B Teil 2 I. ÜTV VTV verpflichtet, der Klägerin das für Dezember 2013, Januar 2014 und März 2014 abgerechnete Arbeitsentgelt vollständig auszuzahlen. Die Vergütungsansprüche der Klägerin für Dezember 2013 sind nicht in Höhe von 104,80 Euro brutto durch Aufrechnung und Verrechnung mit überzahlter Entgeltfortzahlung für November 2013 erloschen. Ebenfalls sind die Vergütungsansprüche für Januar 2014 nicht in Höhe von 60,87 Euro brutto durch Aufrechnung und Verrechnung mit überzahlter Entgeltfortzahlung für Dezember 2013 erloschen und die Vergütungsansprüche für März 2014 sind nicht in Höhe von 21,26 Euro brutto durch Aufrechnung und Verrechnung mit überzahlter Entgeltfortzahlung für Februar 2014 erloschen.

a) Der Arbeitgeber ist zwar bei einer Überzahlung von Arbeitsentgelt berechtigt, unter Beachtung der Pfändungsfreigrenzen mit seinem Rückforderungsanspruch in Höhe des überzahlten Nettobetrages die Aufrechnung bezogen auf die Nettovergütung für den folgenden Monat gemäß § 388 BGB zu erklären. Er kann ferner die aufgrund einer Überzahlung im Vormonat abgeführten Steuern mit den für den laufenden Monat abzuführenden Steuern verrechnen und auch im Vormonat zu Unrecht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge ggf. im Erstattungsverfahren geltend machen (vgl. hierzu insgesamt BAG 19. Januar 2010 – 9 AZR 51/09 – Rn. 14ff., ZTR 2010, 370).

b) Der Beklagten stehen aber keine Rückforderungsansprüche gegen die Klägerin in Höhe von 104,80 Euro brutto, 60,87 Euro brutto und 21,26 Euro brutto zu. Der Klägerin wurde für die Monate November 2013, Dezember 2013 und Februar 2014 von der Beklagten nicht eine zu hohe Entgeltfortzahlung geleistet. Die Beklagte ist vielmehr jedenfalls gemäß §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 4 Abs. 1 EFZG verpflichtet, der Klägerin im Krankheitsfall eine Entgeltfortzahlung zu zahlen, die auch die Besitzstandszulage nach dem ÜTV VTV umfasst.

aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG hat ein Arbeitnehmer, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert wird, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Gemäß § 4 Abs. 1 EFZG ist für den in § 3 Abs. 1 EFZG bezeichneten Zeitraum dem Arbeitnehmer das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Nach dem im § 4 Abs. 1 EFZG verankerten Entgeltausfallprinzip erhält der Arbeitnehmer grundsätzlich die volle Vergütung für die ausgefallene regelmäßige Arbeitszeit (vgl. BAG 1. September 2010 – 5 AZR 557/09 – Rn. 11, NZA 2010, 1360).

bb) Da die Klägerin unstreitig im November 2013 an fünf Tagen, im Dezember 2013 an drei Tagen und im Februar 2014 an einem Tag arbeitsunfähig erkrankt war, muss die Beklagte gemäß §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 4 Abs. 1 EFZG der Klägerin das Arbeitsentgelt für diese Tage zahlen, das ihr für die regelmäßige Arbeitszeit an diesen Tagen zusteht. Hierzu gehört auch die Besitzstandszulage nach Abschnitt B Teil 2 I. ÜTV VTV. Wie sich bereits aus der Überschrift des Teils 2 zum ÜTV VTV ergibt, werden dort Vorschriften zur Entgeltsicherung geregelt. Mit der Zahlung der Besitzstandszulage wird sichergestellt, dass die Arbeitnehmer, die nach dem Vergütungstarifvertrag Nr. 10 und dem Anerkennungstarifvertrag vom 10. Mai 2012 und sonstigen Vergütungstarifverträgen, die allesamt mit Inkrafttreten des MTV BVD und des VTV BVD aufgehoben wurden, ein höheres Monatsgrundentgelt beanspruchen konnten als das Monatsgrundentgelt der Anlage 3 zum VTV BVD zuzüglich der regelmäßigen Zulagen nach § 5 Abs. 2 bis 4 VTV BVD jedenfalls weiter ein Arbeitsentgelt in Höhe ihres bisherigen Monatsgrundentgelts beanspruchen können. Bei der unter Teil 2 aufgeführten Besitzstandszulage handelt es sich demnach um Arbeitsentgelt.

cc) Mit den Bestimmungen in § 22 Abs. 8 MTV BVD iVm. der Sonderregelung zu § 22 Abs. 8 MTV in der Anlage zum MTV für Berlin-Brandenburg ist nicht wirksam eine von den Bestimmungen der §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 4 Abs. 1 EFZG abweichende Regelung zur Höhe der Entgeltfortzahlung getroffen worden, wonach die Besitzstandszulage nach Abschnitt B Teil 2 I. ÜTV VTV nicht bei der Entgeltfortzahlung zu berücksichtigen ist.

(1) Durch Tarifvertrag kann nach § 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG eine von den Absätzen 1, 1a und 3 des § 4 EFZG abweichende Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts festgelegt werden. „Bemessungsgrundlage“ im Sinne dieser Vorschrift ist die Grundlage für die Bestimmung der Höhe der Entgeltfortzahlung. Hierzu gehören sowohl die Berechnungsmethode (Ausfall- oder Referenzprinzip) als auch die Berechnungsgrundlage. Die Berechnungsgrundlage setzt sich aus Geld- und Zeitfaktor zusammen. Sie betrifft Umfang und Bestandteile des der Entgeltfortzahlung zugrunde zu legenden Arbeitsentgelts sowie die Arbeitszeit des Arbeitnehmers (BAG 16. Juli 2014 – 10 AZR 242/13 – Rn. 17, ZTR 2014, 609; 18. November 2009 - 5 AZR 975/08 - Rn. 16; 24. März 2004 - 5 AZR 346/03 - zu II 3 der Gründe mwN, BAGE 110, 90; vgl. auch BT-Drs. 12/5798 S. 26).

(2) Nach § 22 Abs. 8 MTV BVD iVm. der Sonderreglung in der Anlage zum MTV für Berlin-Brandenburg, die aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden sind, ist als Vergütung während der Zeit der Entgeltfortzahlung das anteilige Monatsgrundentgelt nach § 14 MTV zu zahlen. Das Monatsgrundentgelt bestimmt sich nach § 14 MTV nach dem jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag. Der VTV BVD enthält keine Regelungen zur Zahlung der Besitzstandszulage. Damit wird weder durch den MTV BVD noch durch den VTV BVD festgelegt, dass dem Arbeitnehmer im Krankheitsfall als Entgeltfortzahlung auch die Besitzstandszulage weiterzuzahlen ist. Allerdings wird in diesen beiden Tarifverträgen auch nicht ausdrücklich ausgeführt, dass die Besitzstandszulage nicht als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten ist. Demnach schließt der Wortlaut der tariflichen Bestimmungen im MTV BVD und VTV BVD nicht zwingend aus, dass als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auch die Besitzstandszulage nach dem ÜTV VTV zu zahlen ist. Zu beachten ist ferner, dass Grundlage für den Anspruch auf Zahlung der Besitzstandszulage der ÜTV VTV und nicht der MTV VTV ist. Im ÜTV VTV wird im Abschnitt B Teil 2 I. normiert, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer eine Besitzstandszulage erhält. Diese knüpft gerade an das Monatsgrundentgelt an. Der Arbeitnehmer soll danach die Zulage erhalten, wenn sein Monatsgrundentgelt nach den neu in Kraft getretenen tariflichen Bestimmungen niedriger als sein bisheriges Monatsgrundentgelt gewesen ist. Demnach kann bereits die Regelung in Abschnitt B Teil 2. I. ÜTV VTV dafür sprechen, dass immer dann, wenn ein Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung des Monatsgrundentgelts (gegebenenfalls anteilig im Monat) hat, ihm nach dem ÜTV VTV auch die Besitzstandszulage (gegebenenfalls anteilig im Monat) zu zahlen ist. Einer solchen Auslegung steht Abschnitt B Teil 2. II. ÜTV VTV nicht entgegen, da diese Bestimmung keine Aussagen darüber enthält, ob und in welchen Fällen die Besitzstandszulage neben dem Monatsgrundentgelt an den Arbeitnehmer zu zahlen ist, sondern nur regelt, in welchen Fällen sich die Zahlung der Besitzstandszulage auf im MTV geregelte Zuschläge auswirkt.

(3) Es kann letztlich aber dahingestellt bleiben, ob § 22 Abs. 8 MTV BVD in der Fassung der Anlage zum MTV für Berlin-Brandenburg iVm. Abschnitt B Teil 2 I. ÜTV VTV – gesetzeskonform - dahin auszulegen ist, dass als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auch die Besitzstandszulage zu leisten ist. Denn durch die tariflichen Regelungen kann nicht in Abweichung zu §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EFZG wirksam bestimmt werden, dass die Arbeitnehmer ausschließlich als Entgeltfortzahlung das Monatsgrundentgelt nach dem jeweils gültigen VTV BVD erhalten, ihnen aber die Besitzstandszulage, die sie im Falle der Erbringung der Arbeitsleistung hätten beanspruchen können, im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht zu zahlen ist.

(a) Im Rahmen des § 4 Abs. 4 EFZG sind zwar auch Abweichungen zulasten des Arbeitnehmers zulässig. Bei der Gestaltung der Bemessungsgrundlage müssen die Tarifvertragsparteien aber darauf achten, dass sie weder unmittelbar noch mittelbar gegen die anderen, nach § 12 EFZG zwingenden und nicht tarifdispositiven Bestimmungen des EFZG verstoßen. Die Gestaltungsmacht der Tarifvertragsparteien findet dort ihre Grenze, wo der Anspruch auf Entgeltfortzahlung in seiner Substanz angetastet wird (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 346/03 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 110, 90). Insbesondere sind die Tarifvertragsparteien an den Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung (100 %) im Krankheitsfall gebunden (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 346/03 – aaO; so insgesamt zB BAG 20. August 2014 – 10 AZR 583/13 – Rn. 23, NZA 2015, 58; 16. Juli 2014 – 10 AZR 242/13 – Rn. 18, ZTR 2014, 609). Es entspricht dem Wortlaut des Gesetzes und auch dem erklärten Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 12/5798 S.- 26), dass durch die Tarifvertragsparteien die der Berechnung zugrunde zu legende Zusammensetzung des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts abweichend von § 4 Abs. 1 EFZG festgelegt werden kann (zB hinsichtlich Überstunden- und Nachtarbeitsvergütung). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es weitgehend der Beurteilung der Tarifvertragsparteien obliegt, ob, aus welchem Anlass und in welchem Umfang Zuschläge in Tarifverträgen geregelt werden. Danach können die Tarifvertragsparteien zwar einzelne Entgeltbestandteile ausklammern, die Grundvergütung ist aber in vollem Umfang in die Entgeltfortzahlung einzubeziehen (vgl. hierzu BAG 13. März 2002 – 5 AZR 648/00 – zu III 2 c und d der Gründe, NZA 2002, 1373).

(b) Durch eine Nichtberücksichtigung der Besitzstandszulage bei der Entgeltfortzahlung wird der Anspruch auf Entgeltfortzahlung in seiner Substanz angetastet und der Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung ist nicht mehr gewahrt. Bei der in Abschnitt B Teil 2 I. ÜTV VTV geregelten Besitzstandszulage handelt es sich nicht etwa um eine Zulage für besondere Belastungen oder Erschwernisse, sondern um einen im Synallagma stehenden Bestandteil der Vergütung. Die Besitzstandszulage ist Teil der Grundvergütung des Arbeitnehmers, weil durch deren Zahlung in Verbindung mit dem zu zahlenden Monatsgrundentgelt nach § 14 MTV gerade die Gegenleistung für die geschuldete Arbeitstätigkeit erbracht wird. Die Arbeitnehmer, die die Besitzstandszulage erhalten, hatten vor Inkrafttreten des MTV BVD und des VTV BVD einen Anspruch auf Zahlung eines höheren Monatsgrundentgeltes als ihnen nach den neuen tariflichen Regelungen im VTV BVD zusteht. Wie sich bereits aus der Bezeichnung „Besitzstandszulage“ ergibt, soll durch die Zahlung dieser Zulage gerade sichergestellt werden, dass der Besitzstand bezogen auf das damalige Monatsgrundentgelt gewahrt wird. Die Arbeitnehmer erhalten damit für die zu erbringende Arbeitsleistung trotz des neuen Vergütungssystems weiter ein Arbeitsentgelt in der bisherigen Höhe. Damit wird aber durch die Zahlung der Besitzstandszulage iVm. mit dem Monatsgrundentgelt nach § 14 MTV BVD auch weiter der Wert der Arbeitsleistung bestimmt.

(c) Dass zB nach dem 31.Dezember 2012 neu eingestellte Arbeitnehmer nach dem Inkrafttreten der allgemeinverbindlichen Tarifverträge für ihre Arbeitsleistung lediglich ein Monatsgrundentgelt nach § 14 MTV beanspruchen können, steht der Annahme, dass die Besitzstandszulage eine Leistung ist, die im Synallagma zur Arbeitsleistung steht, nicht entgegen. Denn der Wert der Arbeitsleistung kann sowohl von den Tarifvertrags- als auch von den Arbeitsvertragsparteien unterschiedlich bestimmt werden. Durch die Besitzstandszulage soll sichergestellt werden, dass der bereits einmal erreichte „Wert der Arbeitsleistung“ erhalten bleibt. Aufgrund der unterschiedlichen Ausgangssituationen kann auch unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei der vergütungsmäßigen Bewertung der Arbeitsleistung durch einen Tarifvertrag differenziert werden.

(d) Unerheblich ist, dass die Besitzstandszulagen in unterschiedlicher Höhe an Arbeitnehmer zu leisten sind, und damit auch einen unterschiedlichen prozentualen Anteil der gesamten Grundvergütung für die geschuldete Arbeitsleistung ausmachen. Denn solange die Besitzstandszulage nach dem ÜTV BVD von einem Arbeitnehmer beansprucht werden kann, soll durch die Zahlung dieser Zulage sichergestellt werden, dass der Wert der Arbeitsleistung sich nicht verschlechtert und der Arbeitnehmer damit im Umfang seines erworbenen Besitzstandes auch die Arbeitsvergütung beanspruchen kann. Tatsächlich kann im Übrigen die Besitzstandszulage auch einen ganz erheblichen Bestandteil der monatlich zu zahlenden Vergütung ausmachen, da sie – jedenfalls - zum Teil in einer Größenordnung zwischen 400,00 und 1.000,00 Euro zu zahlen ist. Auch bei der Klägerin macht die Besitzstandszulage über 20% ihrer feststehenden monatlichen Vergütung aus.

(e) Da in dem ÜTV BVD die Leistung einer Besitzstandszulage festgelegt wurde und es sich hierbei um einen Vergütungsbestandteil handelt, der im Synallagma mit der Arbeitsleistung steht und deren Wert bestimmt, ist es für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ohne Bedeutung, ob die Tarifvertragsparteien die Zahlung einer Besitzstandszulage hätten vereinbaren müssen. Denn nach § 3 Abs. 1 EFZG soll sichergestellt werden, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hat. Da die Substanz der Entgeltfortzahlung nicht durch tarifliche Vorschriften angetastet werden darf, dürfen die Tarifvertragsparteien keine Regelungen treffen, wonach im Krankheitsfall solche – tariflichen - Vergütungsbestandteile nicht mehr gezahlt werden, die die Substanz der Entgeltfortzahlung ausmachen.

dd) Da die Besitzstandszulage nicht von der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ausgenommen ist, ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin auch für die Tage, an denen sie aufgrund von Krankheit an der Arbeitsleistung in den Monaten November 2013, Dezember 2013 und Februar 2014 verhindert war, anteilig die Besitzstandszulage zu zahlen.

2. Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus Verzug (§§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm. § 17 MTV BVD). Nach § 17 Abs. 1 MTV BVD ist das Monatsgrundentgelt und die Zulagen bis zum 27. des Monats zu zahlen.

II. Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.

1. Die Feststellungsklage wird den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO gerecht.

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger/die Klägerin ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Die Feststellungsklage kann sich als sog. Elementenfeststellungsklage auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. für die st. Rspr. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 745/10 - Rn. 11; 24. Mai 2012 - 6 AZR 703/10 - Rn. 22; 17. Januar 2012 – 3 AZR 135/10 – Rn. 19).

b) Das erforderliche Feststellungsinteresse besteht, da die Beklagte der Ansicht ist, bei der Entgeltfortzahlung sei die Besitzstandszulage nicht mit einzubeziehen. Die Feststellungsklage ist im Übrigen auch nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.

2. Der Feststellungsantrag ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auch die Besitzstandszulage gemäß ÜTV VTV einzubeziehen. Dies ergibt sich aus §§ 3 Abs.1 Satz 1, 4 Abs. 1, 12 EFZG. Es wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 97 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

D. Die Zulassung der Revision kam gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht in Betracht. Es handelt sich um eine am Einzelfall orientierte Entscheidung ohne grundsätzliche rechtliche Bedeutung. Eine Divergenz zu anderen obergerichtlichen Entscheidungen ist nicht erkennbar.