Gericht | VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 10.12.2020 | |
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Aktenzeichen | VG 5 K 1582/17 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2020:1210.VG5K1582.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Bescheid vom 29. Oktober 2015 (Bescheid – Nummer 9... ) in der Fassung des Teilabhilfe-/Teilwiderspruchsbescheides vom 21. März 2017 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem Abwasserbeitrag durch die Beklagte.
Er ist Eigentümer eines Grundstücks in E... mit der Anschrift B... das aus mehreren Flurstücken gebildet wird. Es umfasst die im Grundbuch von E... auf Blatt 5... („Gebäude- und Freifläche“) eingetragenen Flurstücke 2... und 1... der Flur 1... sowie ein weiteres zum Grundstück gehörendes Flurstück der Flur 1... mit der Bezeichnung „Gebäude- und Freifläche“, das auf Bl. 5... des Grundbuchs von E... als Flurstück 7... eingetragen ist. Das Flurstück 7... war vormals zusammen mit dem benachbarten Flurstück 7... bis zum Jahr 1996 als Flurstück 6... eingetragen gewesen. Das an die Flurstücke 7... und 7... unmittelbar angrenzende und dem Straßenverlauf der B... folgende Flurstück 6... verzeichnet im Grundbuch von E... auf B..., ist dort unter der lfd. Nr. 4... als „Verkehrsfläche, Straße“ verzeichnet.
Nach Angaben des Klägers befanden sich auf dem Grundstück die Betriebseinrichtungen des ehemalige Sägewerks „... das vor der Enteignung den Rechtsvorgängern des Klägers gehört habe. Das Grundstück mit dem Sägewerk soll bereits zu DDR-Zeiten und vor seiner Stilllegung im Jahre 1993 an die öffentliche Kanalisation über den vorderen Teil der B... (Flurstück 7... ) angeschlossen worden sein. Dort stand dem Kläger zufolge eine im Jahr 1995 abgebrannte Verwaltungsbaracke. Weitere Baulichkeiten auf dem Grundstück waren bzw. sind die ebenfalls im Jahr 1995 abgebrannte Gatterhalle, eine in den 80er Jahren erbaute und z. Zt. ungenutzte Bahnrampe, die ehemalige Profilzerspanerhalle (vermietet) und ein Werkstatt- und Garagenkomplex (vemietet; s.a. Bl. 81, 83 GA).
Die Eigentumsumschreibungen im Grundbuch zu Gunsten des Klägers erfolgten sukzessive zu unterschiedlichen Zeitpunkten wie folgt:
Flurstück | Größe (m²) | Grundbucheintragung am |
7... | 11.418 | 09.05.1996 |
7... | 2.796 | 01.02.1995 |
1... | 1.867 | 03.08.2001 |
2... | 433 | 03.08.2001 |
5... | 212 | 09.05.1996 |
7... | 1.058 | 27.07.2001 |
Das Grundbuch wies für diese Grundstücke bis zu den erfolgten Eigentumsumschreibungen zunächst die Eintragung „Eigentum des Volkes“ aus; zu späteren Zeitpunkten wurde für einige Flurstücke aufgrund entsprechender Ersuchen der damaligen Präsidentin der Oberfinanzdirektion C... Zuordnungsstelle F... noch in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Stadtgemeinde E... als Eigentümerin eingetragen. Im Rahmen vermögensrechtlicher Verwaltungsverfahren wurden dem Kläger die Teilflächen 6... (Flurstücke 7... und 7... ) sowie das Flurstück 5... restituiert und der Eigentumswechsel wie oben angegeben im Grundbuch eingetragen.
Der Zweckverband „T... “ (T... “) gilt nach dem Feststellungsbescheid des Landrates des Landkreises O... vom 15. November 2000 als entstanden. Entstehungszeitpunkt ist der 27. August 1993.
Der von der Beklagten vertretene T... betreibt in seinem Entsorgungsgebiet auf der Grundlage seiner Entwässerungssatzung die Beseitigung des anfallenden Schmutzwassers mittels einer zentralen öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage.
Der Zweckverband erließ erstmals im Jahre 1993 die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserableitung und -behandlung des T... vom 3. September 1993 - Beitrags- und Gebührensatzung - (BS 1993; öffentlich bekannt gemacht in der „... vom 28. Dezember 1994 – Lokalausgabe E... ). Diese Satzung mit formellem Geltungsanspruch trat am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft (§ 20 BS 1993). § 5 Abs. 1 BS 1993 lautet:
„Die Beitragspflicht entsteht mit der betriebsfertigen Herstellung der zentralen Abwasseranlage vor dem Grundstück einschließlich der Fertigstellung des Grundstücksanschlusses“.
Ferner sollten der Beitragspflicht die tatsächlich an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossenen Grundstücke unterliegen (§ 3 Abs. 2 BS 1993), wobei die Beitragspflicht frühestens mit dessen Genehmigung (des Anschlusses) entstehen sollte, § 5 Abs. 2 BS 1993.
Erste rechtswirksame Beitragssatzung des T... ist die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserableitung und –behandlung des T... – Beitragssatzung (BS 2011) vom 16. November 2011 gewesen, die gemäß § 14 BS 2011 am Tage nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung, mithin am 24. Februar 2012, in Kraft getreten ist (öffentliche Bekanntmachung im „... Nr. 2 vom 23. Februar 2012, S. 9-14).
In ihrer Sitzung am 04. November 2013 beschloss die Verbandsversammlung die z. Zt. Gültigkeit beanspruchende „Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserableitung und –behandlung des T... - Beitragssatzung (BS 2013) vom 04. November 2013, die zufolge § 14 BS 2013 rückwirkend zum 24. Februar 2012 in Kraft getreten ist.
Die Beklagte zog den Kläger mit Bescheid vom 29. Oktober 2015 für das o.g. Grundstück zu einem Abwasserbeitrag i. H. von insgesamt 16.603,66 € heran. Zugrunde gelegt wurde eine Gesamtgrundstücksfläche von 16.726 m² und eine ansatzfähige Fläche von 12.997 m² bei einem Vollgeschossfaktor von 0,25 (ein Vollgeschoss). Der Kläger begründete seinen hiergegen erhobenen Widerspruch vom 17. November 2015 im Wesentlichen damit, dass in Bezug auf die Beitragserhebung Festsetzungsverjährung eingetreten sei und die Beitragserhebung den Grundsätzen von Treu und Glauben sowie dem Grundsatz des Rückwirkungsverbotes von Gesetzen widerspreche. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Entstehen der Beitragspflicht sei der Tag des beabsichtigten Inkrafttretens der ersten Beitragssatzung mit Geltungsanspruch, so dass es nur auf den formalen Akt des Satzungserlasses ankomme.
Unter dem 04. Dezember 2015 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Verböserung des Beitragsbescheides an. So sei das auf einem gesonderten Grundbuchblatt erfasste Flurstück 7... der Flur 1... der Gemarkung E... mit einer Fläche von 1.058 m², das ebenfalls dem Beitragsgegenstand zuzuordnen sei, versehentlich außer Betracht gelassen worden. Die Gesamtgrundstücksfläche betrage hier insgesamt 17.784 Quadratmeter und sei somit auch zu veranlagen.
Am 18. Dezember 2015 nahm der Kläger seinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. Oktober 2015 zurück und widerrief diese Erklärung am selben Tag. Am 21. Januar 2016 teilte die Beklagte dem Kläger fernmündlich mit, dass das Widerspruchsverfahren fortgeführt werde.
Mit Teilabhilfe–/Teilwiderspruchsbescheid vom 21. März 2017 änderte die Beklagte den Beitragsbescheid vom 29. Oktober 2015 und fasste ihn insoweit neu, als der Abwasserbeitrag nunmehr für das Grundstück der Gemarkung E... Flur 1..., Flurstücke 5... und 1... festgesetzt wurde (Tenorpunkt I 1.). Die Beklagte setzte den Abwasserbeitrag für das Grundstück B... 1 in 1... auf 12.985,53 € fest (Tenorpunkt I 2.) und wies den Widerspruch im Übrigen zurück (Tenorpunkt II).
Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass dem Widerspruch nur im tenorierten Umfang abzuhelfen gewesen sei. In Bezug auf eine Teilfläche des Grundstücks, nämlich das Flurstück 7... verstoße die Beitragsfestsetzung gegen ein Erhebungsverbot und verletze insofern Rechte des Klägers. Das Buchgrundstück, das vorliegend aus den Flurstücken 5... und 1... bestehe, bilde zusammen mit dem auf einem gesonderten Grundbuchblatt erfassten Flurstück 7... eine wirtschaftliche Einheit. Das Flurstück 7... sei dagegen bei der Festsetzung und Erhebung des Beitrages herauszunehmen, da es an die B... angrenze, in der eine betriebsbereite Abwasserleitung bereits beim 1. Satzungsversuch des Verbandes vorhanden gewesen sei. Für die übrigen Flurstücke verstoße die Beitragserhebung nicht gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot. Denn diese Flurstücke hätten ihre rechtlich und technisch dauerhaft gesicherte Anschlussmöglichkeit erst mit der Vereinigung und Eintragung auf dem Grundbuchblatt 5... als laufende Nr. 7... am 3. August 2001, mithin zeitlich nach dem 31. Dezember 1999, erhalten. Weiterhin liege eine zulässige Geschosszahl von 2 Vollgeschossen vor. Zwar weise die tatsächliche Bebauung nur ein Vollgeschoss auf und bleibe damit hinter der zulässigen Geschosszahl zurück. Maßgebend für die Heranziehung der Zahl der Vollgeschosse sei indes allein die größtmögliche zulässige Bebauung, nicht die tatsächlich vorhandene Bebauung. Die im Beitragsbescheid vom 29. Oktober 2015 angewandte Vollgeschosszahl von einem Vollgeschoss und einer Vollgeschossverrechnungszahl von 0,25 sei hier unrichtig angewandt worden.
Zudem verfüge der Trinkwasser - und Abwasserzweckverband O... erstmals mit der Beitragssatzung vom 16. November 2011 über wirksames Satzungsrecht im Sinne des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg. Die sachliche Beitragspflicht sei mit dieser Beitragssatzung erstmals entstanden. Sämtliche zeitlich vorgehenden Beitragssatzungen seien im Hinblick auf die in der Satzung enthaltene Regelung des Beitragssatzes fehlerhaft und unwirksam gewesen.
Der Kläger hat am 21. April 2017 Anfechtungsklage erhoben und zur Begründung sich im Wesentlichen auf die eingetretene Festsetzungsverjährung hinsichtlich der streitgegenständlichen Beitragsforderung berufen. Entgegen der dahingehenden Rechtsansicht der Beklagten hätten die bereits zu DDR-Zeiten an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossenen, streitgegenständlichen Flurstücke nicht erst mit ihrer „Vereinigung“ im Grundbuch eine wirtschaftliche Einheit gebildet. Vielmehr würden die streitgegenständlichen Flurstücke spätestens seit 1997 durch den Kläger als wirtschaftliche Einheit genutzt. Insoweit würden die klägerischen Grundstücke auch nach Argumentation der Beklagten im Teilabhilfe –/Teilwiderspruchsbescheid vom 21. März 2017 unter das Erhebungsverbot fallen. Unabhängig von der Beitragsbemessung der Flurstücke als wirtschaftliche Einheit sei es der Beklagten lange davor möglich gewesen, die rechtliche Anschlussmöglichkeit durch eine Satzung herzustellen.
Es handle sich nach alldem um Altanschließer – Grundstücke, für die eine Beitragserhebung nunmehr ausgeschlossen sei. Der Kläger verweist auf die seiner Ansicht nach einschlägige Kammerrechtsprechung. Gemessen daran seien die Beitragsforderungen der Beklagten (hypothetisch) festsetzungsverjährt, da die sachliche Beitragspflicht spätestens mit der Beitragssatzung vom 3. September 1993 in der Fassung der Änderungssatzung vom 11. Dezember 1995 entstanden und demzufolge mit Ablauf des 31. Dezember 1999 verjährt gewesen sei. Denn es komme allein auf die erste veröffentlichte Beitragssatzung mit formellem Geltungsanspruch an.
Der Kläger verweist weiter auf die vorliegende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. November 2015), die für das klägerische Grundstück ohne weiteres einschlägig sei.
Der Kläger beantragt,
1. Ihm einen Schriftsatznachlass von zwei Wochen ab Schluss der mündlichen Verhandlung einzuräumen,
2. den Bescheid vom 29. Oktober 2015 (Bescheid – Nummer 9... ) in der Fassung des Teilabhilfe–/Teilwiderspruchsbescheides vom 21. März 2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die Klage für insgesamt unbegründet und trägt zusammengefasst vor, der angegriffene Beitragsbescheid in der Fassung des Teilabhilfe–/Teilwiderspruchsbescheides sei formell und materiell rechtmäßig ergangen. Entgegen der Annahme des Klägers hätten die einzelnen Flurstücke vor dem 31. Dezember 1999 keine wirtschaftliche Einheit gebildet. Weder hätten sich zu diesem Zeitpunkt sämtliche Flurstücke in seinem Eigentum befunden, noch sei mit Blick auf die Örtlichkeit vor dem relevanten Stichtag eine solche, schon äußerlich nachvollziehbare und sichtbare Nutzung anzunehmen. Zudem grenze das Flurstück 7... nicht unmittelbar und direkt an das Straßengrundstück der B... . Denn zwischen dem Flurstück 7... und dem Flurstück 3... (Straßengrundstück) verlaufe das Flurstück 6..., weswegen es sich (auch) beim Flurstück 7... seinerseits um ein gefangenes (Hinterlieger-) Grundstück handeln würde. Bis heute sei der Beitragsgegenstand nicht an die öffentliche zentrale Anlage des T... angeschlossen, unbeschadet dessen, dass die historischen Gebäude des Sägewerks einmal einen Abwasseranschluss gehabt hätten. Unabhängig vom (fehlenden) Grundstücksanschluss habe das Grundstück auch kein eigenes Anschlussrecht innegehabt. Im Übrigen lägen wegen des bis zum Stichtag 31. Dezember 1999 ursprünglich eingetragenen Volkseigentums Hemmungstatbestände hinsichtlich des Flurstücks 2... vor. Im Ergebnis stelle es sich vielmehr so dar, dass mit Blick auf das Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit - nach dem o.g. Stichtag - der gesamte klägerische Grundbesitz zum Anschlussbeitrag hätte herangezogen werden müssen.
Der Hinweis des Klägers auf eine eingetretene (hypothetische) Festsetzungsverjährung gehe fehl. Denn sämtliche vor dem Jahr 2011 erlassenen Beitragssatzungen des T... seien rechtsunwirksam gewesen, da so genannte altangeschlossene Grundstücke in der Ermittlung des Beitragssatzes nicht berücksichtigt worden seien. Der Zweckverband habe erstmals im Jahre 2012 über eine wirksame Satzung verfügt, die sich keine Rückwirkung auf die Zeit vor dem 1. Februar 2004 beigemessen habe. Ein Erhebungsverbot im Sinne der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg (Urteil vom 8. Juni 2000) in der weiteren Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht in seinem Kammerbeschluss vom 12. November 2015 bestehe nicht.
Die Stadt E... hat auf gerichtliche Verfügung vom 29. Juni 2020 am 05. August 2020 mitgeteilt, dass sich die klägerischen Flurstücke sämtlich im Innenbereich befinden würden. Die Flurstücke 5... und 1... der Flur 1... befänden sich im unbeplanten Innenbereich und seien höchstzulässig eingeschossig bebaubar. Das Flurstück 7... werde im nördlichen Teil vom Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans erfasst, der indes keine Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung enthalte. Der straßenbegleitende Teil des Flurstücks 7... sei in einer Bebauungstiefe von 20 m höchstzulässig dreigeschossig im Übrigen höchstzulässig eingeschossig bebaubar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, den Verwaltungsvorgang der Beklagten und die vom Gericht beigezogenen Grundbuchblätter (BA II-IV) sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die zulässige Klage hat Erfolg. Der angefochtene Abwasserbeitragsbescheid vom 29. Oktober 2015 in der Fassung des Teilabhilfe-/Teilwiderspruchsbescheides vom 21. März 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO.
I.
Der angefochtene Beitragsbescheid findet die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) erforderliche satzungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage nicht in der allein in Betracht kommenden „Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserableitung und –behandlung des T... - Beitragssatzung (BS 2013) vom 04. November 2013, die zufolge § 14 BS 2013 rückwirkend zum 24. Februar 2012 in Kraft getreten und im „... Amtsblatt für den Landkreis ... Nr. 12 vom 22. November 2013 auf den Seiten 7-12 öffentlich bekannt gemacht worden ist. Diese Satzung ist zwar formell und materiell rechtmäßig und leidet nicht an Fehlern, die zu ihrer Unwirksamkeit führen würden. Sie enthält auch die nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG notwendigen Bestandteile, nämlich Bestimmungen über den Kreis der Abgabenschuldner in § 6 BS 2013, den die Abgabe begründenden Tatbestand (§§ 1 Nr. 2, 2 Nr. 1 BS 2013), den Maßstab und den Satz der Abgabe in § 4 BS 2013 sowie den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, § 8 Nr. 2 BS 2013).
II.
Vorliegend erhielt das klägerische Grundstück die Möglichkeit der Inanspruchnahme (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KAG) nach den schlüssigen Angaben des Klägers und nach Darstellung der Beklagten im Teilabhilfe-/Teilwiderspruchsbescheides vom 21. März 2017 über das Flurstück 7... Die Beklagte führt darin aus:
„Das Flurstück 7... grenzt an die B..., in der eine betriebsbereite Abwasserleitung bereits beim ersten Satzungsversuch des Verbandes vorhanden war. Daher ist die Grundstücksfläche des Flurstückes 7... bei der Festsetzung und Erhebung des Beitrages herauszunehmen.“
Der Kläger hat insoweit vorgetragen, dass die auf diesem Flurstück befindliche sog. „Verwaltungsbaracke“ auch tatsächlich und zwar bereits zu DDR-Zeiten oder früher über den vorderen Teil der B... an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossen gewesen sei.
Hat aber das Grundstück auch nach Ansicht der Beklagten seine Anschlussmöglichkeit zu DDR-Zeiten oder früher erhalten, bestimmt § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG in der seit dem 01. Februar 2004 geltenden Fassung des „Zweiten Gesetzes zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben“, dass die Beitragspflicht nicht schon mit der Anschlussmöglichkeit des betroffenen Grundstücks entsteht, sondern frühestens mit dem Inkrafttreten der (ersten) rechtswirksamen Satzung. Die erste rechtswirksame Beitragssatzung beeinflusst den nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (n.F.) gesetzlich bestimmten Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht und legt diesen fest. Das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht richtet sich dann nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (n.F.), wenn die erste wirksame Satzung nach dem 01. Februar 2004 in Kraft trat (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Dezember 2007, - 9 B 45.06 -, juris). So liegt der Fall hier:
III.
Denn vorliegend ist die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserableitung und –behandlung des T... – Beitragssatzung – vom 16. November 2011 (BS 2011), die gemäß § 14 BS 2011 am Tage nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung, mithin am 24. Februar 2012, in Kraft getreten ist (öffentliche Bekanntmachung im „Amtsblatt für den ... Landkreis O... Nr. 2 vom 23. Februar 2012, S. 9-14), als - jedenfalls hinsichtlich der Beitragserhebung - erste rechtswirksame Beitragssatzung zu behandeln (vgl. Beschluss der Kammer vom 16. Oktober 2013 – VG 5 L 277/13; Urteil der Kammer vom 17. Juni 2015 – VG 5 K 1314/13, S. 4f.).
Der von der Beklagten vertretene Zweckverband hat in vorherigen Rechtsstreitigkeiten vor allem geltend gemacht, dass der T... es versäumt habe, im Rahmen der Kalkulation des Beitragssatzes auch die sog. altangeschlossenen Grundstücke heranzuziehen (vgl. Urteil der Kammer vom 17. Juni 2015 – VG 5 K 1314/13, a.a.O.). Dass es sich hier anders verhalten könnte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
IV.
Der Kläger konnte indes nicht nur in Bezug auf das hier nicht gegenständliche Flurstück 7..., sondern kann auch hinsichtlich der Flurstücke 7... und 5... nicht mehr zu einem Kanalanschlussbeitrag herangezogen werden, da der o.g. § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (n.F.) keine Anwendung findet und es bei der Regelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) verbleibt. Danach entstand die Beitragspflicht, „sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung; die Satzung kann einen späteren Zeitpunkt bestimmen“.
Hinsichtlich der verbleibenden Flurstücke 1... und 7..., die nach dem 31. Dezember 1999 Eigentum des Klägers wurden, fehlt es dagegen am erforderlichen beitragsrechtlichen Vorteil (dazu V.)
1. § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (n.F.) entfaltet bei Anwendung in Fällen, in denen Beiträge nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) nicht mehr erhoben werden könnten, echte Rückwirkung, verstößt also gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot (BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14 -, - 1 BvR 3051/14 -, juris Rn. 39, 51). Zwar ist die Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG nicht formell rückwirkend, sondern am 01. Februar 2004 in Kraft getreten. Gleichwohl hat das BVerfG den materiell rückwirkenden Charakter der Gesetzesänderung festgestellt und hierzu ausgeführt:
„Nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG Bbg a.F. in seiner Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht war für den Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht der Zeitpunkt der ersten Beitragssatzung mit formellem Geltungsanspruch maßgeblich (OVG Brandenburg, Urteil vom 8. Juni 2000 - 2 D 29/98.NE -, juris, Rn. 43 ff.; Urteil vom 5. Dezember 2001 - 2 A 611/00 -, MittStGB Bbg. 2002, S. 126 <131> - Urteil vom 27. März 2002 - 2 A 480/00 - S. 15 f.; Urteil vom 3. Dezember 2003 - 2 A 733/03 -, LKV 2004, S. 555 <556>). Für die Frage, zu welchem Zeitpunkt die sachliche Beitragspflicht entsteht, war danach unerheblich, ob die erste Satzung wirksam war. Die sachliche Beitragspflicht für die betroffenen Grundstücke konnte, wenn die erste Beitragssatzung unwirksam war, nur noch durch eine nachfolgende wirksame Beitragssatzung begründet werden, die rückwirkend auf das Datum des formalen Inkrafttretens der ersten, unwirksamen Beitragssatzung (oder den darin geregelten späteren Zeitpunkt für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht) in Kraft gesetzt wurde. War zum Zeitpunkt des Erlasses der wirksamen Satzung - wie in den Fällen der Beitragsschuldnerinnen - die Festsetzungsfrist von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die unwirksame Satzung in Kraft treten sollte, bereits abgelaufen, konnte die Beitragspflicht nur für eine "juristische Sekunde" entstehen, war dann aber gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG Bbg in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1 AO sofort verjährt und damit erloschen (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b KAG Bbg in Verbindung mit § 47 AO).“
(BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14 –, Rn. 45, juris)
§ 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (n.F.) ist dabei nicht als „Klarstellung“, sondern als konstitutive Änderung der alten Rechtslage zu behandeln (BVerfG a.a.O. Rn. 47). Denn für den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht und damit auch für den Zeitpunkt des Verjährungsbeginns kam es lediglich auf das formelle Inkrafttreten der ersten unwirksamen Beitragssatzung, nicht aber auf das Inkrafttreten einer wirksamen Satzung an (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14 –, Rn. 50, juris).
2. Soweit hier die sachliche Beitragspflicht mangels einer vor der Neuregelung (BS 2011) erlassenen wirksamen Satzung noch nicht entstanden und damit auch nicht wegen Festsetzungsverjährung erloschen war (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 47 Abgabenordnung - AO), liegt gleichwohl ein nachträglicher Eingriff in einen abgeschlossenen Sachverhalt vor, weil jedenfalls eine Veranlagung der Flurstücke 5... und 7... des Klägers zu einem Herstellungsbeitrag rechtlich nicht mehr möglich gewesen wäre, wenn es bei der seinerzeitigen Gesetzeslage geblieben wäre. Die sachliche Beitragspflicht konnte für diese Flurstücke nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) nicht mehr wirksam entstehen, dies im Hinblick darauf, dass sie Teile eines einheitlichen wirtschaftlichen Grundstücks, bestehend aus den Flurstücken 7..., 5... und 7... schon vor dem 31. Dezember 1999 gewesen sind bzw. immer noch sind. Wäre eine auf den 29. Dezember 1994 - den Tag des beabsichtigten Inkrafttretens der ersten (unwirksamen) Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für Abwasser vom 03. September 1993 - rückwirkende wirksame Beitragssatzung beschlossen worden, wäre die vierjährige Festsetzungsfrist gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1 AO in Lauf gesetzt worden und Festsetzungsverjährung mit Ablauf des 31. Dezember 1998 eingetreten. Die Forderungen wären dann in der "juristischen Sekunde" ihres Entstehens erloschen (s. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14 –, Rn. 52, juris).
3. Dies hat im Ergebnis zur Folge, dass es in den Fällen der sog. "altangeschlossenen“ (bis zum 31. Dezember 1999) Grundstücke bei der Regelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) verbleibt (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – OVG 9 B 1.16 -, juris Rn. 30). Denn § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) in der bereits vom Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg vorgenommenen Auslegung ist nach wie vor auf diejenigen Fälle anwendbar, in denen der Anschlussbeitrag zum Zeitpunkt der KAG - Gesetzesänderung (1. Februar 2004) bereits festsetzungsverjährt gewesen wäre, wenn der Satzungsgeber eine wirksame Beitragssatzung erlassen hätte, die auf den nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) maßgeblichen Zeitpunkt zurückgewirkt hätte (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – OVG 9 B 1.16 –, Rn. 30, juris). Genauso verhält es sich hier.
4. Denn vorliegend bedeutet die Anwendung der Vorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (n.F.) auch im Falle des Klägers eine echte Rückwirkung i. S. d. Rechtsprechung des BVerfG und zwar in Ansehung der o.g. Flurstücke 5... und 7...
Auszugehen ist davon, dass § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (n.F.) in Fällen, in denen Beiträge nach der alten Rechtslage nicht mehr erhoben werden konnten, erneut die Möglichkeit eröffnet, die Beitragsschuldner zu Anschlussbeiträgen heranzuziehen (BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 –, Rn. 52, juris). Zwar war hier - unstreitig - die sachliche Beitragspflicht mangels einer vor der Neuregelung (durch die BS 2011) erlassenen wirksamen Satzung noch nicht entstanden und damit auch nicht wegen Festsetzungsverjährung erloschen (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 47 AO). Ein nachträglicher Eingriff in einen abgeschlossenen Sachverhalt liegt aber dennoch vor, weil eine Veranlagung der genannten Flurstücke des Klägers zu einem Herstellungsbeitrag rechtlich nicht mehr möglich gewesen wäre, wenn es bei der seinerzeitigen Gesetzeslage geblieben wäre. Die sachliche Beitragspflicht konnte für diese Flurstücke nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) nicht mehr wirksam entstehen, da in Anwendung dieser Vorschrift mit dem Entstehen der Beitragspflicht (eine entsprechend weit zurückwirkende und zugleich wirksame Satzung unterstellt) sogleich die Festsetzungsverjährung einträte. Wie oben dargelegt entstand gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) die sachliche Anschlussbeitragspflicht eines Grundstücks nach § 8 Abs. 4 KAG, sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung, wobei die Satzung einen späteren Zeitpunkt bestimmen kann. Die Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg (Urteil vom 8. Juni 2000 - 2 D 29/98.NE -, juris, Rn. 43 ff.) und der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (u.a. Urteil vom 12. Dezember 2007 - OVG 9 B 45.06 -, Juris Rn. 54, 58 m.w.N.) dahin zu verstehen, dass eine formell oder materiell rechtswidrige und damit nichtige Beitragssatzung wegen ihrer Nichtigkeit zwar nicht ausreicht, um die sachliche Beitragspflicht entstehen zu lassen, ihr Erlass aber gleichwohl für den Zeitpunkt bedeutsam ist, zu dem die sachliche Beitragspflicht überhaupt noch durch eine nachfolgende wirksame Satzung zur Entstehung gebracht werden kann.
a) Zum einen ist das in der ersten Beitragssatzung mit formalem Geltungsanspruch geregelte Inkrafttretensdatum (oder das in ihr nach § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbsatz 2 KAG (a.F.) geregelte spätere Datum) unbeschadet der fehlenden Wirksamkeit der Satzung der Zeitpunkt, zu dem nach dem Willen des Gesetzgebers die sachliche Beitragspflicht für alle bis dahin schon anschließbaren Grundstücke zur Entstehung gebracht werden muss.
b) Zum anderen reicht das Vorhandensein einer solchen Satzung aus, um in Bezug auf alle erst später anschließbaren Grundstücke das Datum der Schaffung der Anschlussmöglichkeit zu dem für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht maßgeblichen Zeitpunkt zu machen. Eine nachfolgende wirksame Satzung kann die sachliche Beitragspflicht für die genannten Grundstücke nur begründen, soweit sie mit Rückwirkung auf diese Zeitpunkte erlassen wird. Durch diese Auslegung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) wird sichergestellt, dass der Beginn der gesetzlichen Festsetzungsfrist (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO) nicht vom Erlass der ersten rechtswirksamen Satzung abhängt und sich damit unter Umständen um viele Jahre nach hinten verschieben kann, soweit Satzungen immer wieder wegen Rechtsfehlern unwirksam sind (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: OVG Berlin-Brandenburg - OVG 8 B 1.16 -, juris, Rn. 29).
5. Wäre demgemäß eine auf den 29. Dezember 1994 – den nach Aktenlage ersichtlichen Zeitpunkt, an dem die erste unwirksame Satzung des T... mit formellem Geltungsanspruch in Kraft gesetzt werden sollte - rückwirkende wirksame Beitragssatzung beschlossen worden, wäre in Bezug auf die Flurstücke 5... und 7... des damaligen (Gewerbe-)Grundstücks die vierjährige Festsetzungsfrist gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1 AO in Lauf gesetzt worden und Festsetzungsverjährung mit Ablauf des 31. Dezember 1998 eingetreten. Die Beitragsforderungen wären dann in der "juristischen Sekunde" ihres Entstehens erloschen.
6. Das Gericht geht mit den Beteiligten davon aus, dass das Grundstück des Klägers zu DDR-Zeiten (oder früher) an die (bestehende) öffentliche Schmutzwasserkanalisation angeschlossen worden war. Bis zum Jahre 1995 dürfte die auf dem Flurstück 7... ehemals befindliche „Verwaltungsbaracke“ in das öffentliche Kanalnetz entwässert haben. Jedenfalls ist der T... rechtlich bedenkenfrei davon ausgegangen, dass bereits im Zeitpunkt des ersten (unwirksamen) Satzungsversuchs eine Anschlussmöglichkeit an die in der B... entlang den Flurstücken 7... und 7... verlaufende Abwasserleitung bestand. Diese schon zu DDR-Zeiten vorhandene technische Einrichtung gehörte rechtlich zum Anfangsbestand der zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage des T... Soweit die Beklagte nunmehr ausführen lässt, das Flurstück 7... grenze nicht unmittelbar und direkt an das Straßengrundstück der B..., da zwischen dem Flurstück 7... und dem Flurstück 3... (Straßengrundstück) das Flurstück 6... verlaufe, weswegen es sich (auch) beim Flurstück 7... seinerseits um ein gefangenes (Hinterlieger-) Grundstück handeln würde, welches (doch) der Beitragspflicht unterliege, folgt dem das Gericht nicht. Zum einen geht die Beklagte selbst von einer Anschlussmöglichkeit des Flurstücks 7... im Zeitpunkt des beabsichtigten Inkrafttretens der ersten (unwirksamen) Beitragssatzung aus. Zum anderen ist das Flurstück 6... im Grundbuch auf Bl. 3... unter lfd. Nr. 4... als „Verkehrsfläche, Straße“ verzeichnet, so dass das Flurstück 7... unmittelbar an das Straßengrundstück angrenzt. Mithin verfügte das damalige (Gewerbe-)grundstück im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts über eine rechtlich gesicherte tatsächliche Inanspruchnahmemöglichkeit (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – OVG 9 B 1.16 –, juris, Rn. 34).
7. Insbesondere auch für solche Grundstücke musste die Anschlussbeitragspflicht nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) bereits zu dem Zeitpunkt zur Entstehung gebracht werden, zu dem die schon im Jahr 1993 erlassene erste Beitragssatzung des T... mit formalem Geltungsanspruch das - wenn auch unwirksam - vorgesehen hat, mit der Folge, dass die hypothetische Festsetzungsverjährung - wie oben dargelegt - schon in den 90er Jahren eingetreten wäre. Einen rechtzeitigen Beitragsbescheid betreffend die streitgegenständlichen Flurstücke 5... und 7..., der einem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers hätte entgegenwirken können, hat die Beklagte nicht erlassen; der Beitragsbescheid vom 29. Oktober 2015 in der Fassung des Teilabhilfe–/Teilwiderspruchsbescheides vom 21. März 2017 ist insoweit zu spät gekommen. Gilt für den Fall des Klägers - wie dargestellt - noch § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.), so reicht die erst am 24. Februar 2012 in Kraft getretene erste rechtswirksame Beitragssatzung des T... schon von ihrem zeitlichen Anwendungsbereich her nicht aus, um die sachliche Beitragspflicht für die Flurstücke 5... und 7... des Klägers zur Entstehung zu bringen; diese Satzung und die nachfolgende (aktuelle) Beitragssatzung vom 04. November 2013 gehen für das fragliche Grundeigentum des Klägers ins Leere (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – OVG 9 B 1.16 –, Rn. 34f., juris).
V.
Die Beklagte meint allerdings, die sachliche Beitragspflicht für das mit einer Anschlussmöglichkeit (über das Flurstück 7... ) vor dem 31. Dezember 1999 versehene, aus mehreren Flurstücken bestehende und zum Zeitpunkt der angefochtenen Bescheidungen vollständig im Eigentum des Klägers stehende Gewerbegrundstück sei erst im Jahre 2001 entstanden, weil das jetzige Gewerbegrundstück des Klägers als wirtschaftliche Einheit erst nach dem Erwerb von Teilflächen des ursprünglichen Betriebsgrundstücks des ehemaligen Sägewerks (nach dem 31. Dezember 1999) entstanden sei. Indes verfängt dieses Vorbringen nach Auffassung des Gerichts im Ergebnis nicht.
Im Ansatz zutreffend ist zwar festzustellen, dass die für die Beitragserhebung interessierenden Flächen zu wirtschaftlichen Grundstücken zusammengefasst werden müssen. Entscheidend ist dabei grundsätzlich die Situation zum Ende des Jahres 1999 (zum maßgeblichen Zeitpunkt vgl. bereits zusammenfassend OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – 9 B 1.16 – und Beschluss vom 20. Dezember 2016 – 9 S 27.16; vgl. auch VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 04. Juni 2020 – 5 K 1597/17 –, Rn. 33, juris). Zum maßgeblichen Zeitpunkt wäre aber nach Auffassung des Gerichts bereits mit Blick auf die vorhandene Bebauung und Nutzung mindestens aus den Flurstücken 7... und 5... (Grundbucheintragung des Klägers jeweils vor dem 31. Dezember 1999) ein einheitliches wirtschaftliches Grundstück zu bilden gewesen. Die Flurstücke 7... und 5... grenzen unmittelbar an das angeschlossene Flurstück 7... und stellen ihrerseits für sich selbst keine wirtschaftlichen Einheiten dar.
1. Es trifft auch zu, dass die bereits vor dem 31. Dezember 1999 im Eigentum des Klägers stehenden Flurstücke 7... und 5... mit den übrigen bei der vorliegenden Beitragsfestsetzung berücksichtigten Flurstücken 1... und 2... nach dem beigezogenen Grundbuchauszug erstmals am 03. August 2001 auf dem Grundbuchblatt 5... des Grundbuchs von E... im Bestandsverzeichnis unter Nr. 7... vereinigt wurden und nunmehr ein einheitliches Buchgrundstück bilden. Soweit ausweislich des Grundbuchblatts 5... das Flurstück 7... auf einem anderen Grundbuchblatt eingetragen ist als die Flurstücke 7... und 2..., dürften Gründe für eine Verklammerung des am 27. Juli 2001 als Eigentum des Klägers eingetragenen Flurstücks 7... mit dem Buchgrundstück auf Bl. 5... zu einem Grundstück im beitragsrechtlichen Sinne vorliegen. Insoweit genügt zwar nicht eine einheitliche Nutzung, sondern es bedarf einer rechtlichen Verklammerung (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 1. Juli 2019 - OVG 9 N 77.18 -, juris, Rn. 25, unter Hinweis auf Urteil vom 14. November 2013 - OVG 9 B 35.15 -, juris, Rn. 56 ff.; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. März 2020 – OVG 9 N 191.17 –, Rn. 17, juris). Indes ist das Grundstück 7... zur gewerblichen und/oder baulichen Nutzung des Gesamtgrundstücks notwendig, zumal die ehemalige und jetzt vermietete „Profilzerspanerhalle“ (Bl. 8..., 8... GA) flurstücksübergreifend auf den Flurstücken 7... und 7... errichtet wurde.
Gemessen an dem zuvor Gesagten war jedenfalls nicht nur für das Flurstück 7... (Eintragung des Klägers im Grundbuch am 09. Mai 1996), sondern auch für die an das Flurstück 7... unmittelbar angrenzenden Flurstücke 7... (Eintragung des Klägers im Grundbuch am 01. Februar 1995) und 5 (Eintragung des Klägers im Grundbuch am 9. Mai 1996) zum maßgeblichen Stichtag 31. Dezember 1999 die sachliche Beitragspflicht erloschen.
2. Soweit die übrigen Flurstücke erst nach diesem Zeitpunkt (Flurstücke 1... und 2... am 03. August 2001, Flurstück 7... am 27. Juli 2001) im Grundbuch als Eigentum des Klägers eingetragen wurden, kommt ihnen, da jedes Flurstück für sich betrachtet kein Grundstück im wirtschaftlichen Sinne darstellt, kein selbständiger beitragsrechtlich relevanter Vorteil zu. Der im Kommunalabgabenrecht des Landes Brandenburg schon kraft Gesetzes (§ 8 Abs. 2 KAG) geltende wirtschaftliche Grundstücksbegriff (vgl. Urteile des 9. Senats des OVG Berlin-Brandenburg vom 26. Januar 2011 - OVG 9 B 15.09 -, S. 17 EA und vom 12. November 2008 - OVG 9 A 3.08 -, Juris Rn. 30 jeweils m.w.N.) richtet schon die Bestimmung des anschluss- oder ausbaubeitragspflichtigen Grundstücks am Vorteilsgedanken aus (vgl. Becker u.a., KAG Bbg, Rn. 120 zu § 8 KAG) und definiert als Grundstück im beitragsrechtlichen Sinne - unabhängig von der grundbuchmäßigen Abgrenzung - diejenige Grundfläche, die einem Eigentümer gehört und in Bezug auf die der Eigentümer den Vorteil zu entgelten hat, der ihm durch die Anschlussmöglichkeit oder die Ausbaumaßnahme vermittelt wird (vgl. grundlegend: OVG Brandenburg, Urteil vom 26. September 2002 - 2 D 9/02.NE - juris, Rn. 46). Wirtschaftliches Grundstück im Sinne des § 8 KAG ist die durch die beitragsfähige Maßnahme selbständig bevorteilte, demselben Eigentümer gehörende Flächeneinheit (vgl. Urteile des [9.] Senats [des OVG Berlin-Brandenburg] vom 12. November 2008 - OVG 9 A 3.08 -, juris, Rdnr. 30 und vom 26. Januar 2011 - OVG 9 B 15.09 -, S. 17 EA). Bei baulich oder gewerblich nutzbaren Grundstücken ist das diejenige Fläche, die selbständig baulich oder gewerblich genutzt werden kann (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2013 – OVG 9 B 35.12 –, Rn. 56, juris). Gemessen daran vermittelt die dem Kläger nach dem Stichtag 31. Dezember 1999 als grundbuchliches Eigentum zugeschriebene „Restfläche“ - bestehend aus den Flurstücken 7... und 2... - keinen solchen beitragsrechtlichen Vorteil, weil die wirtschaftliche Einheit nur insgesamt aus den auf dem Grundbuchblatt 5... und dem Grundbuchblatt 5... verzeichneten Grundstücken gebildet werden kann.
3. Unbeschadet dessen dürfte der Ansatz eines Vollgeschossfaktors von 0,40 für zwei zulässige Vollgeschosse gemäß dem Teilabhilfe–/Teilwiderspruchsbescheid vom 21. März 2017 sachlich zu beanstanden sein. Gemäß § 4 Abs. 3 BS 2013 wird die nach Abs. 2 ermittelte Grundstücksfläche mit dem Vollgeschossfaktor vervielfacht. Dieser beträgt bei einer Bebaubarkeit mit einem Vollgeschoss 0,25 und für jedes weitere Vollgeschoss weitere 0,15. Soweit kein Bebauungsplan, VEP oder vBP besteht oder im Bebauungsplan, VEP oder vBP weder die Zahl der Vollgeschosse noch die Baumassenzahl bestimmt ist, gilt als Zahl der Vollgeschosse gemäß § 4 Abs. 4 lit b) aa) BS 2013 bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse. Für den Fall, dass die tatsächliche Geschosszahl hinter der zulässigen Geschosszahl zurückbleibt, ist die zulässige Geschosszahl zugrunde zu legen. Gemessen daran hätte die Beklagte wohl nur den einfachen Vollgeschossfaktor zugrunde legen dürfen. Denn die Stadt E..., hat am 05. August 2020 mitgeteilt, dass die angefragten Grundstücke 5... und 1... der Flur 1... sich alle im ungeplanten Innenbereich befinden und alle höchstzulässig eingeschossig bebaubar sind. Das gegenteilige Vorbringen des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung ist insoweit ohne Substanz geblieben.
VI.
Der in Parallelverfahren bemühte Vortrag der Beklagten, die vor dem Jahr 2000 erlassenen (unwirksamen) Beitragssatzungen seien allesamt nicht von der Absicht getragen gewesen, eine Beitragserhebung in Bezug auf das Gebiet zu ermöglichen, in dem das Beitragsgrundstück liegt, führt zu keinem anderen rechtlichen Ergebnis. Die Beklagte macht insoweit näher geltend, eine zentrale Entsorgung des Verbandsgebietes sei in den bei Satzungserlass (und in den 1990er Jahren) jeweils vorhandenen Abwasserbeseitigungskonzepten nicht vorgesehen gewesen, und weder die Kosten für die Herstellung der Entwässerungsanlagen in dem Gebiet noch die Grundstücksflächen des „altangeschlossenen“ Gebiets seien in die Beitragskalkulationen eingegangen. Dem Beklagtenvorbringen ist entgegenzuhalten, dass der (formelle) Regelungsanspruch einer Beitragssatzung sich nicht nur auf die Grundstücke erstreckt, deren (jedenfalls spätere) zentrale Entsorgung bereits bei Satzungserlass geplant gewesen ist und die erschließungskosten- und flächenmäßig in der Beitragskalkulation berücksichtigt worden sind. Vielmehr erstreckt sich der Regelungsanspruch einer Beitragssatzung darauf, sachliche Beitragspflichten in Bezug auf alle Grundstücke zur Entstehung zu bringen, die den satzungsmäßigen Beitragstatbestand erfüllen. Das bei Satzungsinkrafttreten vorhandene Abwasserbeseitigungskonzept und die Beitragskalkulation haben hinsichtlich des satzungsmäßigen Beitragstatbestandes daher keine Aussagekraft (vgl. näher Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08. Oktober 2018 – OVG 9 N 89.17 –, Rn. 9, juris).
VII.
Der T... in dessen Gemarkung das veranlagte Grundstück liegt, war auch bereits seit den 90er Jahren (aufgrund des Gesetzes zur rechtlichen Stabilisierung der Zweckverbände für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung vom 6. Juli 1998 - ZwVerbStabG, GVBl.I/98, [Nr. 12], S.162) rechtlich existent gewesen. Mängel bei der Zweckverbandsgründung stehen dem nicht entgegen, weil insoweit die rückwirkenden Fiktionen des Zweckverbandsstabilisierungsgesetzes greifen (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. September 2018 – OVG 9 S 10.18 –, Rn. 13, juris). Mit dem Zweckverbandsstabilisierungsgesetz unterstellt der Landesgesetzgeber, dass die fehlerhaft gebildeten Wasser- und Abwasserzweckverbände rückwirkend an einem aus der Verbandshistorie abgeleiteten Gründungsdatum entstanden sind (vgl. dazu § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZwVerbStabG) und seit diesem Zeitpunkt rechtswirksam handeln konnten. Diese Fiktion führt vorliegend nach dem verbindlichen Feststellungsbescheid vom 15. November 2000 (dieser öffentlich bekannt gemacht im „Amtsblatt für den Landkreis ... vom 29. Januar 2001 Nr. 70 S. 5 -14) dazu, dass der Zweckverband als am 27. August 1993 gegründet gilt und ihm die tatsächlichen Maßnahmen als eigene zuzurechnen sind, die er vor seiner „Stabilisierung“ hinsichtlich Herstellung, Betrieb, Nutzungszugang und Abgabenerhebung in Bezug auf seine zentrale Trinkwasserversorgungsanlage ergriffen hat (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Mai 2018 – OVG 9 N 142.16 –, Rn. 11, juris). Da der Landesgesetzgeber die fehlerhaften Zweckverbandsgründungen schon vor 2004 durch das Zweckverbandsstabilisierungsgesetz rückwirkend überwunden hat, konnte im Zeitpunkt der Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG kein Zweifel daran bestehen, dass der Eintritt einer „hypothetischen Festsetzungsverjährung“ auch unter diesem Blickwinkel nicht verneint werden konnte. Insbesondere hat der Landesgesetzgeber die Zweckverbandsstabilisierung nicht mit verjährungshemmenden Regelungen flankiert (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Mai 2018 – OVG 9 N 142.16 –, Rn. 20, juris).
1. Dass die Anlagen zur Abwasserbeseitigung des T... erst zu einem Zeitpunkt in den 2000er Jahren existent gewesen sein könnten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Beitragssatzung vom 03. September 1993 setzt im Übrigen die Existenz einer solchen Anlage bereits voraus. Auch dürfte schon im Jahre 1993 die Aufgabe der Schmutzwasserentsorgung im örtlichen Bereich von E... faktisch wahrgenommen worden sein.
2. Die jetzige Anlage und die zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung - des Erlasses des Teilabhilfe-/Teilwiderspruchsbescheides vom 21. März 2017 - sind auch mit der damaligen Anlage identisch, so dass die in den 1990er Jahren erstmals gegebene Vorteilslage später nicht noch einmal neu entstanden ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die Einrichtung infolge von Gemeindebeitritten nach Verbandsgründung in den 1990er Jahren, aber auch in den Jahren nach 2000 Erweiterungen erfahren hat. Denn die angegriffene Beitragserhebung bezieht sich auf die leitungsgebundene Anlage, mit deren Herstellung der Zweckverband bereits in der ersten Hälfte der 1990er Jahre begonnen hat. Tatsächliche Veränderungen führen beitragsrechtlich nur dann zur Entstehung einer neuen Anlage, soweit das Beitragsrecht ihnen diesbezügliche Bedeutung beimisst. Ist einmal mit der Herstellung der Anlage begonnen worden, gehört begrifflich alles zur Herstellung, was als Teil ihrer Herstellung geplant ist. Auch eine der Herstellung nachfolgende Erweiterung, Erneuerung oder Verbesserung berührt rechtlich nicht die Anlagenidentität, sondern führt nur dazu, dass in Bezug auf die als solche fortbestehende Anlage (auch) ein Erweiterungs-, Erneuerungs- oder Verbesserungsbeitrag erhoben werden kann (§ 8 Abs. 2 Satz 1 KAG). Der Gesetzgeber geht insoweit selbst davon aus, dass die Anlage als solche nicht als etwas Statisches, sondern als etwas Veränderliches zu verstehen ist. Nur Maßnahmen, die nicht als Teil der einmal begonnenen Herstellung der Anlage und auch nicht als deren Erweiterung, Erneuerung oder Verbesserung einzuordnen sind, führen zur Herstellung einer beitragsrechtlich neuen Anlage und können damit aus Sicht einzelner Grundstücke eine sozusagen „zweite“ Herstellungsbeitragspflicht auslösen (s. zu alledem bereits OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2017 - OVG 9 S 14.16 -, juris, Rn. 18). Namentlich die räumliche Erweiterung einer bestehenden Anlage führt nicht zwangsläufig zur Herstellung einer rechtlich neuen Anlage, und zwar ungeachtet der Frage, ob sie von Anfang an oder erst später geplant worden ist (siehe näher Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. April 2018 – OVG 9 N 7.17 –, Rn. 20, juris).
3. Gemessen hieran bezieht sich die angegriffene Beitragserhebung (Abwasserbeitragsbescheid vom 29. Oktober 2015 in der Gestalt des Teilabhilfe-/Teilwiderspruchsbescheides vom 21. März 2017) auf eine Anlage, die zwar gegenüber der bei Verbandsgründung vorhandenen Anlage Veränderungen erfahren hat, aber als solche beitragsrechtlich mit der verbandlichen Anlage identisch ist, hinsichtlich derer schon im Jahr 1994 bzw. 1999 eine Anschlussmöglichkeit für das Beitragsgrundstück bestanden hat.
a) Auch ist aufgrund des nach dem 31. Dezember 1999 erfolgten Beitritts der Gemeinde G... zum T... beitragsrechtlich keine neue Vorteilslage mit Blick auf eine durch den Beitritt erstmals begründete „neue“ Anlage zur Schmutzwasserentsorgung i. S. des „Gesamtanlagenprinzips“ entstanden. Ein rechtfertigender Grund dafür, den streitgegenständlichen Fall anders zu behandeln als die Fälle, in denen es nicht zu räumlichen Veränderungen des Verbandsgebietes gekommen ist, liegt hier nicht vor. Dazu müssten so gewichtige Umstände für die Schaffung einer gänzlich neuen Anlage sprechen, dass sich ein verständiger Grundstückseigentümer billigerweise nicht der Erkenntnis verschließen kann, dass „seine“ bisherige Anlage nicht nur erweitert worden, sondern in einer rechtlich neuen Anlage aufgegangen ist (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. März 2020 – OVG 9 N 191.17 –, Rn. 12, juris). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Denn aus Sicht aller Grundstückseigentümer ist rechtlich keine neue Anlage geschaffen worden. Die betroffene leitungsgebundene Anlage ist rechtlich bestehen geblieben und lediglich um den technischen (Leitungs-) Bestand der anderen Anlage erweitert worden, was zur Folge gehabt hat, dass nur für die Grundstückseigentümer im „Erweiterungsgebiet“ eine rechtlich neue Anschlussmöglichkeit geschaffen worden ist. (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. März 2020 – OVG 9 N 191.17 –, Rn. 12, juris; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. April 2018 – OVG 9 N 7.17 –, juris; VG Potsdam, Urteil vom 22. Juni 2016 – 8 K 2979/14 –, Rn. 50, juris).
b) Schließlich hat die Abspaltung der Industrieabwasseranlage im Verbandsgebiet vorliegend nicht zur Entstehung zweier rechtlich neuer Entwässerungsanlagen geführt (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. März 2020 – OVG 9 N 191.17 –, Rn. 20, juris). Zwischen der leitungsgebundenen Entwässerungsanlage des Verbandes, die bis zur Anlagenteilung bestanden hat, und der „zentralen öffentlichen Abwasseranlage mit Ausnahme des Industriegebietes am O... Kanal“ (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a Entwässerungssatzung 2007 und Entwässerungssatzung 2012) besteht eine rechtliche Identität. Diese Anlage ist bei wertender Betrachtung mit der Schaffung einer gesonderten Anlage für das Industriegebiet nicht rechtlich untergegangen, sondern nur verkleinert worden. Das gilt ungeachtet des Umfangs der für sie verloren gegangenen großen Schmutzwasser- und Schmutzfrachtmengen (vgl. näher OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Mai 2020 – OVG 9 N 192.17 (n.v.), S. 6 f. des amtlichen Umdrucks).
VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. mit § 709 der Zivilprozessordnung. Gründe, die Berufung zuzulassen (§§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO) sind nicht ersichtlich.