Gericht | VG Potsdam 2. Kammer | Entscheidungsdatum | 20.06.2012 | |
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Aktenzeichen | 2 K 398/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 45 BeamtStG, § 45 LBG, "Rechtsschutz fürBundesbedienstete" des BMI vom 2. Dezember 2005 Rundschreiben |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Prozesskosten. Er war am 13. Februar 2001 für die Dauer von 8 Jahren zum Beamten auf Zeit als Amtsdirektor des Amtes ... -Land ernannt worden. Die Prozesskosten sind ihm in einem gegen ihn vor dem Landgericht Potsdam zum Geschäftszeichen - 6 O 476/05 - geführten Rechtsstreit entstanden, in dem er von der Gemeinde ..., zu der nunmehr die ehemals amtsangehörige Gemeinde ... nach der Auflösung des Amts ... -Land gehört, wegen seiner Tätigkeit als Amtsdirektor im Zusammenhang mit dem Vorhaben „Radweganbindung ... Weg an den ... Radfernwanderweg 1. und 2. Bauabschnitt“ auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden war. Gegen das erstinstanzliche klageabweisende Urteil des Landgerichts Potsdam hatte die Gemeinde ... vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht Berufung eingelegt. In dem zum Geschäftszeichen - 5 U 176/06 - geführten Berufungsverfahren erstritt die Gemeinde ... die Feststellung, dass der hiesige Kläger verpflichtet ist, ihr sämtliche Schäden zu ersetzen, die darauf beruhen, dass er in seiner damaligen Eigenschaft als Amtsdirektor des Amtes ... -Land für die damalige Gemeinde ... die Anbindung des ... Weges an den Radfernwanderweg in einer Weise bauen ließ, die den Vorgaben in dem für das Bauvorhaben erlassenen Förderbescheid des Landkreises Havelland vom 29. April 2002 nicht entsprach und das Vorhaben nicht mit den Organen der damaligen Gemeinde ... abstimmte. Die gegen die Nichtzulassung der Revision vor dem Bundesgerichtshof eingelegte, zum Geschäftszeichen - III ZR 200/08 - geführte Beschwerde blieb erfolglos.
Für die drei Verfahren entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von 20.765,88 Euro. Seine Vermögensschadensversicherung lehnte die Übernahme der Kosten mit der Begründung ab, dass sein ehemaliger Dienstherr zur Übernahme der Prozesskosten verpflichtet sei. Er wandte sich nach der Auflösung des Amtes ... -Land an dessen Rechtsnachfolgerin, die Beklagte, welche jedoch die Übernahme der Kosten mit Schreiben vom 27. Oktober 2009 ablehnte. Sein Antrag vom 18. November 2009 auf Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheides blieb unbeantwortet.
In einem weiteren, vor dem Verwaltungsgericht Potsdam zum Geschäftszeichen - 3 K 1765/04 - geführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in dem die Gemeinde ... sich gegen die Rückforderung von Fördermitteln für die genannte Radweganbindung wehrte, wurde mit Urteil vom 13. Oktober 2009 der Widerrufs- und Rückforderungsbescheid des Landrats des Landkreises Havelland vom 17. Juli 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. April 2004 aufgehoben, soweit Widerruf und Erstattung einen Betrag von 80.785,88 Euro übersteigen. In dem vor der Kammer zum Geschäftszeichen - VG 2 K 1037/10 - geführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren wird der hiesige Kläger von der Gemeinde ... auf Ersatz des Schadens von 80.785,88 Euro in Anspruch genommen.
Der Kläger verfolgt sein Begehren mit der am 12. März 2010 erhobenen Klage weiter. Er macht geltend, die Beklagte sei aus Gründen der Fürsorge zur Übernahme der Prozesskosten verpflichtet. Die Urteile des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 13. Oktober 2009 - 3 K 1765/04 - und das Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 31. Juli 2008 - 5 U 176/06 - wiesen Divergenzen auf.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihm die in dem vor dem Landgericht Potsdam zum Geschäftszeichen - 6 O 476/05 -, vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zum Geschäftszeichen - 5 U 176/06 - und dem Bundesgerichtshof zum Geschäftszeichen - III ZR 200/08 -geführten Verfahren entstandenen Prozesskosten zu ersetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Klage für unzulässig, weil der Kläger kein Vorverfahren durchgeführt habe. Darüber hinaus sei die Klage unbegründet, weil unter Gesichtspunkten der Fürsorgepflicht insbesondere dann kein Anspruch auf Unterstützung bei einem Rechtsstreit bestehe, wenn - wie vorliegend - gegen den Beamten wegen eines amtlichen Fehlverhaltens zu Recht ein Verfahren eingeleitet worden sei. Es wäre mit Sinn und Zweck der rechtskräftigen Feststellung der Schadensersatzpflicht des Klägers unvereinbar, wenn diesem nun nachträglich ein Anspruch auf Erstattung vergeblich aufgewendeter Rechtsschutzkosten zustünde. Ein in Doppelfunktion tätiger Beamter könne nicht von einem Dienstherrn die Übernahme der finanziellen Belastung verlangen, die er aufgrund seiner Schadensersatzpflicht gegenüber dem anderen Dienstherrn habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Gerichtsakten (VG Potsdam - 3 K 1765/04 - und LG Potsdam - 6 O 476/05 - ) verwiesen.
Die Klage ist als Untätigkeitsklage gemäß § 75 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Auf den förmlichen Antrag des Klägers vom 18. November 2009 auf Erstattung von Prozess- und Anwaltskosten hat die Beklagte nicht reagiert. Zuvor hatte sie dem Kläger lediglich formlos mit Schreiben vom 27. Oktober 2009 mitgeteilt, dass „aus den der Stadt ... vorliegenden Unterlagen … eine Zahlungsverpflichtung für die Stadt ... nicht erkennbar“ sei.
Die Klage ist aber nicht begründet.
Als Rechtsgrundlage für die begehrte Übernahme von Prozesskosten kommt, da keine einschlägige Sonderregelung besteht, allein die nunmehr (vgl. zuvor § 45 Landesbeamtengesetz a. F.) in § 45 des Beamtenstatusgesetzes normierte beamtenrechtliche Fürsorgepflicht als Ausfluss des Dienst- und Treueverhältnisses in Betracht. Für eine Übernahme von Prozesskosten, welche dem Beamten gerade dafür entstanden sind, dass er wegen einer Verletzung seiner beamtenrechtlichen Pflichten gegenüber dem Dienstherrn auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, besteht danach jedoch von vornherein kein Raum. Dies folgt ohne Weiteres aus dem Wechsel- bzw. Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der Fürsorgepflicht einerseits und der Dienst- und Treuepflicht des Beamten andererseits. Danach muss ein Dienstherr, dem von einem Beamten durch Pflichtenverstöße ein Schaden zugefügt wird, diesem Beamten nicht die für seine (erfolglose) Rechtsverteidigung gegen die Inanspruchnahme auf Ersatz des Schadens anfallenden Prozesskosten ersetzen. Entsprechendes gilt für den hier vorliegenden Fall eines Amtsdirektors, welcher einer amtsangehörigen Gemeinde durch Pflichtenverstöße einen Schaden zufügt. Tritt der Beamte seiner Inanspruchnahme in solchen Fällen entgegen, so geht er vielmehr allein in seinem eigenen Interesse ein Kostenrisiko ein, das der Dienstherr, demgegenüber der Beamte Pflichtenverstöße begangen hat, nicht übernehmen muss. Dem entspricht im Übrigen auch die - für den Kläger als früheren Kommunalbeamten freilich nicht unmittelbar einschlägige (vgl. dazu auch das in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer angesprochene Rundschreiben des Ministeriums des Innern vom 18. Januar 2011 - III/5.1-741-01 -) - Festlegung in dem „Rundschreiben über die Gewährung von Rechtsschutz für Bundesbedienstete“ vom 2. Dezember 2005, wonach vorausgesetzt wird, dass der Behörde die Gewährung des Rechtsschutzes „zugemutet werden kann“, insbesondere dass „der Dienstherr nicht selbst das Verfahren in Gang gesetzt hat“ (dort unter I b). Die vorliegend gegebenen Pflichtenverstöße des Klägers, welche aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 10. Juli 2008 (5 U 176/06) feststehen, schließen den geltend gemachten Anspruch auf Übernahme von Prozesskosten daher aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten auf § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11 und 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Gründe, gemäß §§ 124 Abs. 2, 124a Abs. 1 VwGO die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 20.756,88 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG).