Gericht | SG Potsdam 10. Kammer | Entscheidungsdatum | 05.11.2015 | |
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Aktenzeichen | S 10 R 112/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 6 KfzHV |
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 04.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.02.2013 verurteilt, der Klägerin einen weiteren Zuschuss in Höhe von 2.165,00 Euro als Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges zu gewähren.
2. Die Beklagte erstattet der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe eines Zuschusses der Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges streitig.
Die am ……1962 geborene Klägerin lebte im März 2011 mit ihrem am ……1995 geborenen Sohn, der nach ihren Angaben kein Nettoeinkommen hatte, und ihrem Ehemann gemeinsam in einem Haushalt. Die Klägerin beantragte am 28.03.2011 bei der Beklagten finanzielle Hilfe zu den Anschaffungskosten eines Kraftfahrzeuges und die Übernahme der Kosten von behinderungsbedingten Zusatzausstattungen als Kraftfahrzeughilfe.
Mit Bescheid vom 04.04.2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin einen Zuschuss in Höhe von 5.770,00 € zum Erwerb eines Kraftfahrzeuges als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie Leistungen für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung. Bei der Berechnung fand eine Absetzung von dem Einkommen der Klägerin, das die Beklagte zugrunde legte, für einen von ihr unterhaltenen Familienangehörigen nicht statt. Die Beklagte errechnete für den Zuschuss zum Kraftfahrzeug einen persönlichen Bemessungsbetrag i.H.v. 9.015,65 €, dessen Höhe zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Nach ihren Berechnungen ergab hiervon 64 %, aufgerundet auf volle 5-Euro-Beträge, einen Kfz-Zuschuss i.H.v. 5.770,00 €. Art und Höhe der Leistungen für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Zur Begründung ihres am 16.04.2012 erhobenen Widerspruches gegen den Bescheid vom 04.04.2012 führte die Klägerin unter anderem aus, es sei ein weiterer Zuschuss i.H.v. 2.170,00 Euro zu bewilligen. Der Berechnung sei nur das Einkommen des behinderten Menschen zu Grunde zu legen. Gemäß § 6 Abs. 2 Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) sei von ihrem Einkommen für den Sohn als von ihr unterhaltenem Familienangehörigen ein Betrag i.H.v. 12 v.H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV abzusetzen. Diese betrage im Jahr 2011 310 €. Unter Berücksichtigung von Rundungsvorschriften ergäbe sich insgesamt ein Zuschuss i.H.v. 7.940,00 €, somit sei ein weiterer Zuschuss i.H.v. weiteren 2.170,00 € für den Kauf des Kfz zu bewilligen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, die monatlichen Familieneinkünfte betrügen 4.673,65 €. Davon sei der Unterhaltsbedarf für ein im Haushalt lebendes Kind abzusetzen. Der Unterhaltsbedarf eines jeden Familienangehörigen werde nach den Gesamteinkünften der Familie nach einer von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes bestätigten Berechnungsformel bemessen. Im vorliegenden Fall werde der Unterhalt des 15-jährigen Kindes mit monatlich 1.078,83 € berücksichtigt. Die Prüfung, ob der behinderte Mensch Familienangehöriger aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Verpflichtung unterhalte, sei daran auszurichten, dass ein Unterhaltsbedarf des Familienangehörigen, gemessen an den finanziellen Lebensverhältnissen der Familie, tatsächlich bestehe, und der Antragsteller Unterhaltsbeträge von wirtschaftlicher Bedeutung an den unterhaltspflichtigen Familienangehörigen leisten könne. Die Unterhaltsverpflichtung des behinderten Menschen sei nicht nach den Grundsätzen der sogenannten "Düsseldorfer Tabelle" zu bemessen. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 2 KfzHV und der Verordnungsbegründung sei eine Prüfung der Unterhaltsverpflichtung unter Beachtung rentenversicherungsrechtlich relevanter Vorschriften zu bevorzugen. Eine Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtung allein aus den Einkünften der Antragstellerin entbehre einer gesetzlichen Grundlage. Bei einer häuslichen Gemeinschaft seien sämtliche Einkünfte der Haushaltsangehörigen zu berücksichtigen, unabhängig von verwandtschaftlichen Bindungen.
Mit ihrer am 05.03.2013 beim Sozialgericht Potsdam erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie vertieft und ergänzt ihr Vorbringen und führt unter anderem aus, in der Gesetzesbegründung zu § 6 KfzHV sei ausgeführt, dass sich nach Abs. 1 des § 6 KfzHV "die Art und Höhe der Leistung allein nach dem Einkommen des Behinderten" richtet". Hierzu zitiert sie: "Bei dem Einkommen nach § 1 und 2 handelt es sich, wie Abs. 3 festlegt, um das monatliche Nettoeinkommen des Behinderten aus unselbstständiger… Erwerbstätigkeit. Außer Betracht bleiben dagegen alle sonstigen Einkünfte des Behinderten… und Einkünfte von Angehörigen"; Bundesrat-Drucksache 266/87 vom 19.06.1987. Bei dem im Haushalt der Klägerin wohnenden Sohn handele es sich um das Kind der Klägerin aus erster Ehe. Der jetzige Ehemann der Klägerin habe diesem gegenüber keinerlei Unterhaltsverpflichtung. Die Klägerin sei für ihren Sohn voll unterhaltspflichtig. Gemäß § 6 Abs. 2 KfzHV sei somit von dem Einkommen der Klägerin für deren Sohn als von ihr unterhaltenem Familienangehörigen ein Betrag von 12 v.H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV abzusetzen. In der mündlichen Verhandlung am 28.05.2015 hat die Klägerin auf einen Hinweis des Gerichts den mit der Klage begehrten Betrag von 2.170,00 € auf 2.165,00 € korrigiert.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 04.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.02.2013 zu verurteilen, der Klägerin weitere 2.165,00 € als Zuschuss zum Erwerb eines Kraftfahrzeuges als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertieft und ergänzt ihr Vorbringen. Hierzu führt sie insbesondere aus, der Unterhaltsbedarf des einzelnen Familienangehörigen sei nach den Gesamteinkünften der Familie zu bemessen. Dabei müsse sich jeder Familienangehörige seine eigenen Einkünfte zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs zurechnen lassen. Sie verweist auf einen Berechnungsbogen zur Ermittlung des maßgeblichen Bedarfes und führt aus, hier werde deutlich, dass das Einkommen des Ehemannes lediglich zur Ermittlung der Unterhaltsbeträge unter Berücksichtigung des Familieneinkommens in Ansatz gebracht worden sei. Dies entspreche der gesetzlichen Regelung. Die Familie lebe in einem Haushalt und sei als solche zu betrachten. Warum der jetzige Ehemann der Klägerin, der mit der Klägerin und deren Kind als Familie in einem Haushalt lebe, keinen Betrag zum Unterhalt des im Haushalt lebenden Kindes leisten sollte, gehe aus dem klägerischen Vortrag nicht hervor.
Auf Aufforderung des Gerichtes, vollständige Unterlagen, die ihrer Berechnung zu Grunde liegen mit Quellenangabe, zu übermitteln, des Weiteren Unterlagen zum Hintergrund dieser Regelung, hat die Beklagte Unterlagen übersandt. Einem Vordruck zu der von der Beklagten vorgenommenen "Unterhaltsberechnung nach § 6 Abs. 2 KfzHV" einschließlich der Erläuterungen ist zu entnehmen, dass ein Gesamt-Nettoeinkommen der von der Beklagten definierten Familienangehörigen (vorliegend für die Klägerin 1.353,33 Euro, für den Ehegatten 3.320,32 Euro und für den Sohn der Klägerin 0 Euro, gesamt 4.673,65 Euro) in einem Verhältnis 6 Punkte bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres und 10 Punkte ab Vollendung des 16. Lebensjahres, vorliegend 26 Punkte, verteilt wird, um einen individuellen Unterhaltsbedarf des einzelnen Familienangehörigen zu ermitteln. Vorliegend ergibt sich nach dieser Berechnung ein Überschuss, ein Betrag, der nach Abzug des so ermittelten Unterhaltsbedarfs vom Nettoeinkommen für die Befriedigung der Unterhaltsbedarfslücken der zu unterhaltenen Familienangehörigen verbleibt, allein beim Ehegatten der Klägerin. Zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, die nach den Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 04.02.2013 ihre Berechnungsformel bestätige, hat die Beklagte das Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.05.1982, 5b/5 RJ 30/80, übersandt.
Das Sozialgericht Potsdam hat am 28.05.2015 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht ein weiterer Zuschuss in Höhe von 2.165,00 Euro als Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges auf ihren Antrag vom 28.03.2011 zu. Soweit dieser Betrag mit Bescheid vom 04.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.02.2013 nicht gewährt wird, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Insoweit war der Bescheid abzuändern.
Die Beklagte hat der Klägerin Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges gemäß § 4 KfzHV bewilligt. Danach steht fest, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist, dass der Klägerin Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges dem Grunde nach zusteht.
Art und Höhe des Zuschusses ergeben sich grundsätzlich aus § 6 KfzHV, wonach die Hilfe in der Regel als Zuschuss geleistet wird, der sich nach dem Einkommen des behinderten Menschen nach Maßgabe der in § 6 Abs. 1 Satz 2 KfzHV aufgeführten Tabelle richtet. Nach Maßgabe dieser Tabelle richtet sich der Zuschuss nach einem Vomhundertsatz des Bemessungsbetrages nach § 5 KfzHV. Gemäß § 6 Abs. 2 KfzHV ist vom Einkommen des behinderten Menschen für jeden von ihm unterhaltenden Familienangehörigen ein Betrag i.H.v. 12 v. H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV abzusetzen.
Hinsichtlich des Einkommens, das der Berechnung zugrunde liegt, wird in § 6 Abs. 2 KfzHV allein auf Einkommen des behinderten Menschen abgestellt. Nach der Begründung zur Verordnung über Kraftfahrzeughilfe der beruflichen Rehabilitation (Kraftfahrzeughilfe-Verordnung – KfzHV), Bundesrat Drucksache 266/87 vom 19.06.1987, zu § 6 KfzHV handelt es sich bei dem Einkommen nach Abs. 1 und 2, wie Abs. 3 festlegt, um das monatliche Nettoeinkommen des Behinderten aus unselbstständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit sowie aus Sozialleistungen, die derartiges Einkommen ersetzen. Außer Betracht bleiben dagegen alle sonstigen Einkünfte des Behinderten, zum Beispiel aus Kapitalvermögen oder aus Grundbesitz, und Einkünfte von Angehörigen.
Zur Überzeugung der Kammer handelt es sich vorliegend bei dem Sohn der Klägerin um einen von ihr unterhaltenen Familienangehörigen im Sinne von § 6 Abs. 2 KfzHV.
Aus der Begründung zur KfzHV geht hervor, dass es sich hierbei um einen aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Verpflichtung unterhaltenen Familienangehörigen handelt (Begründung zur KfzHV, Bundesrat Drucksache 266/87 vom 19.06.1987, S. 23). Dies ist vorliegend der Fall.
Wenn § 6 Abs. 2 KfzHV für die Höhe der vom Einkommen abzusetzenden Beträge auf die Zahl der vom behinderten Menschen unterhaltenen Familienangehörigen abstellt, also darauf, an wie viele Familienangehörige er Unterhalt leistet, so handelt es sich beim Begriff "Unterhalt" im Sinne dieser Vorschrift um einen bestimmten oder jedenfalls bestimmbaren Gesetzesbegriff, der einer Konkretisierung durch die Leistungsverwaltung im Rahmen eines Beurteilungsspielraumes oder gar im Wege der Ermessensausübung entzogen ist. Von Unterhalt, auch im Sinne des § 6 Abs. 2 KfzHV, wird jedenfalls dann zu sprechen sein, wenn die Zuwendungen des behinderten Menschen wirtschaftlich ins Gewicht fallen, wenn sie mehr als nur einen geringfügigen Teil des Unterhalts des Familienangehörigen ausmachen und wenn sie dessen Lebensführung merklich verbessern. Diese Kriterien erfüllt nach der Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 12.05.1982, 5b/5 RJ 30/80, grundsätzlich bereits eine Unterhaltsleistung i.H.v. mindestens 25 v.H. des Regelsatzes der Sozialhilfe ohne Kosten der Unterkunft. Diese Rechtsprechung ist speziell zum Unterhaltsbegriff i.S.v. § 1265 RVO (vgl. jetzt § 243 SGB VI) ergangen und im Rahmen dieser Vorschrift besonders bei der Unterhaltsersatzfunktion der Geschiedenenwitwenrente zu berücksichtigten (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.01.2007, L 1 R 1717/05; vgl. auch Kador in: Nomos-Kommentar, Sozialgesetzbuch III, Arbeitsförderung, nach § 117 – 129, Rdn. 27, 5. Auflage 2013; Majerski-Pahlen in: Norman/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, § 6 KfzHV, Rdn. 12, 12. Auflage 2010; Karmanski in: Brand, Sozialgesetzbuch, Arbeitsförderung, SGB III, § 127 ANH, Rdn. 21, 6. Auflage 2012; Kater in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 6 KfzHV, Rdn. 21, 85. Ergänzungslieferung 2014). Die Kammer schließt sich der Auffassung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 26.01.2007, L 1 R 1717/05, dahin gehend an, dass dieser Rechtsprechung über das Geschiedenenwitwenrentenrecht hinaus Bedeutung zukommt. Es fehlt an jedem Anhalt für die Annahme, eine Unterhaltsleistung im Sinne von § 6 KfzHV läge selbst dann noch nicht vor, wenn die genannten Kriterien erfüllt sind (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.01.2007, L 1 R 1717/05).
Die Beklagte führt als Erläuterung in dem von ihr übersandten Schema zur Unterhaltsberechnung aus, es würden Familienangehörige unterhalten, wenn die Unterhaltsleistung wirtschaftlich ins Gewicht fällt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfüllten nur solche Aufwendungen des Antragstellers den Unterhaltstatbestand, die mindestens 25 v.H. des festgestellten Unterhaltsbedarfs erreichten. Im Widerspruchsbescheid vom 04.02.2013 ist ausgeführt, der Unterhaltsbedarf eines jeden Familienangehörigen werde nach den Gesamteinkünften der Familie nach einer von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes bestätigten Berechnungsformel bemessen. Hierzu wurde von der Beklagten das Urteil des BSG vom 12.05.1982, 5b/5 RJ 30/80 übersandt.
Diese Ausführungen sind für die Kammer nicht nachvollziehbar. Es ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich, aufgrund derer die Beklagte ermächtigt wäre, der vorliegenden Berechnung einen konkreten individuellen Unterhaltsbedarf unter Berücksichtigung von Einkommen von Angehörigen nach der von ihr gebildeten Formel zu Grunde zu legen. Ein Ausdruck einer gesetzgeberischen Grundentscheidung wie beispielsweise § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende, wonach die Hilfebedürftigkeit einer Person nicht von der persönlichen, sondern vielmehr von der Hilfebedürftigkeit ihrer Bedarfsgemeinschaft abhängt (vgl. Mecke in: Eicher, SGB II, § 9, Rdn. 11, 3. Aufl. 2013), ist vorliegend nicht ersichtlich. Die Beklagte konstruiert jedoch auf der Grundlage der von ihr entwickelten Formel einen, ggf. monatlich schwankenden, am jeweiligen Einkommen der von ihr in den Kreis der Familienangehörigen einbezogenen Personen orientierten individuellen Unterhaltsbedarf, auf dessen Grundlage die Klägerin, die in Teilzeit arbeitet und ein geringeres Einkommen hat als ihr Ehemann weder ihren eigenen Unterhaltsbedarf deckt noch ihren Sohn unterhält, was zur Folge hat, dass eine Absetzung vom ihrem Einkommen für einen von ihr unterhaltenen Familienangehörigen gemäß § 6 Abs. 2 KfzHV nicht erfolgt.
Auch in dem von der Beklagten übersandten Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.05.1982, 5b/5 RJ 30/80, ist ein konkret individueller Unterhaltsbedarf nicht dargelegt. Vielmehr ist in dem Urteil ausgeführt, es müsse für die Feststellung des Mindestbedarfs, der bei Anwendung des § 1265 RVO noch als Unterhalt i.S. dieser Vorschrift anzusehen sei, ein objektiver Maßstab gelten. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 31.08.2000, B 4 RA 44/99, ausgeführt, der 5. Senat habe festgehalten, dass im Interesse der Rechtssicherheit und Gleichbehandlung ein Unterhaltsbetrag "stets wenigstens" in Höhe von 25 v.H. des zeitlich und örtlich geltenden Regelsatzes der Sozialhilfe erbracht worden sein müsse; bei einer auch nur geringfügigen Unterschreitung des Prozentsatzes sei die Verpflichtung und Leistung des Versicherten nicht als "Unterhalt" anzusehen. Dieser Entscheidung hätten sich die übrigen mit dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung befassten Senate des BSG angeschlossen. Damit liege nach der Rechtsprechung des BSG die Grenze fest, ab der von einem ins Gewicht fallenden Unterhalt auszugehen sei. Sei dieser Betrag erreicht, so liege - unabhängig davon, ob und ggf. in welcher Höhe die geschiedene Ehefrau einen Anspruch auf Unterhalt gegen den Versicherten gehabt hätte - ein sozialrechtlich relevanter Unterhaltsbeitrag vor. Dieser als "Unterhalt" geleistete Betrag bemesse sich somit nicht nach dem konkreten individuellen Bedarf der geschiedenen Ehefrau oder etwa nach ihrem oder des Versicherten Lebensstandard. Er orientiere sich vielmehr an einem objektiven Maßstab unter Zugrundelegung der jeweiligen zeitlichen und örtlichen Gegebenheiten. Damit sollten Zufälligkeiten, wie sie sich bei einer individuellen Betrachtung ergeben könnten, ausgeschlossen und eine einheitliche Handhabung gewährleistet werden (BSG, 31.08.2000, B 4 RA 44/99 R).
Die Auffassung der Beklagten, erst ein Betrag von mindestens 25 v.H. des errechneten Unterhaltsbedarfs erfülle die Voraussetzungen eines Unterhaltsbetrages von wirtschaftlicher Bedeutung, steht im Widerspruch zur BSG-Rechtsprechung zur Frage, wann eine Unterhaltsleistung wirtschaftlich ins Gewicht fällt und ihr unterhaltswerte Bedeutung zukommt (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.01.2007, L 1 R 1717/05).
Etwas anderes folgt auch nicht aus den von der Beklagten zum Hintergrund ihrer Regelung übersandten Unterlagen wie Auszüge aus ihrem internen Rechtshandbuch.
Nach Nr. 6.4.2. des internen Rechtshandbuchs wird unter anderem ausgeführt, die Unterhaltsverpflichtung des behinderten Menschen sei nicht nach den Grundsätzen der sogenannten "Düsseldorfer Tabelle" zu bemessen. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 2 KfzHV und der VO-Begründung sei eine Prüfung der Unterhaltsverpflichtung unter Beachtung rentenversicherungsrechtlich relevanter Vorschriften zu bevorzugen.
Der Begründung der Verordnung zu § 6 KfzHV ist jedoch lediglich zu entnehmen, dass zur Verwaltungserleichterung jeder Träger das Einkommen nach § 6 Abs. 1 und Abs. 2 KfzHV nach den für ihn maßgeblichen Regelungen ermitteln soll (Bundesrat Drucksache 266/87 vom 19.06.1987, S. 23). Vorliegend ist jedoch der Begriff des "unterhaltenen Familienangehörigen", streitig, nicht jedoch der des "Einkommens".
Vielmehr bestimmt § 1 der KfzHV, dass die Kraftfahrzeughilfe zur Eingliederung Behinderter in das Arbeitsleben sich bei den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung, der Kriegsopferfürsorge und der Bundesanstalt für Arbeit sowie den Trägern der begleitenden Hilfen im Arbeits- und Berufsleben nach dieser Verordnung richtet. In der Begründung ist ausgeführt, § 1 KfzHV drücke den Grundsatz aus, dass für die zur beruflichen Eingliederung notwendigen Kraftfahrzeughilfen dieser Träger allein die Regelungen der Verordnung maßgeblich sind (Begründung zur KfzHV, Bundesrat Drucksache 266/87 vom 19.06.1987, S. 14.). Eine der Berechnung der Beklagten entsprechende Regelung ist jedoch nicht ersichtlich. Vielmehr wird bei dem Einkommen bei dem für die vorliegende Fragestellung anwendbaren § 6 Abs. 2 KfzHV, das der Berechnung zugrunde liegt, allein auf das monatliche Nettoeinkommen des behinderten Menschen aus unselbständiger oder selbständiger Erwerbstätigkeit sowie auf Sozialleistungen, die derartiges Einkommen ersetzen, abgestellt. Außer Betracht bleiben dagegen alle sonstigen Einkünfte des Behinderten, zum Beispiel aus Kapitalvermögen oder aus Grundbesitz, und Einkünfte von Angehörigen. Dass der Verordnungsgeber, anders als beim Einkommen, beim Begriff des "unterhaltenen Familienangehörigen" im Sinne von § 6 Abs. 2 KfzHV nicht nur auf das Einkommen des behinderten Menschen abstellen wollte, ist nicht ersichtlich.
Auch die Zielsetzung der KfzHV wird durch die von der Beklagten gebildeten Formel vorliegend nicht erreicht. Die Zielsetzung der KfzHV war die Harmonisierung der Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation. Erfasst sind die von dem Rehabilitations-Angleichungsgesetz erfassten Träger der beruflichen Rehabilitation (gesetzliche Unfallversicherung, gesetzliche Rentenversicherung, Bundesanstalt für Arbeit, Kriegsopferfürsorge) sowie die Träger der begleitenden Hilfen im Arbeits- und Berufsleben nach dem Schwerbehindertengesetz (Bundesrat Drucksache 266/87 vom 19.06.1987, S. 1). Die Bundesanstalt für Arbeit unterstellte ohne nähere Prüfung, dass ein Unterhaltsbedarf des Familienangehörigen besteht, wenn dessen Einkünfte die Regelsätze für Alleinstehende nach den §§ 22 bis 24 BSHG, ggf. zzgl. anteiliger Mietkosten, nicht übersteigen (Götz, Die Kraftfahrzeughilfe in der Praxis der Rentenversicherungsträger in: Mitteilungen der Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken Nr. 1/1989, 1, 9). Sie geht weiterhin von einem Unterhaltsbedarf des Angehörigen ohne nähere Prüfung aus, wenn die Einkünfte des Familienangehörigen die Regelsätze für Alleinstehende nach dem SGB XII, ggf. zzgl. anteiliger Mietkosten, nicht überschreiten (vgl. Kador in: Nomos Kommentar, Sozialgesetzbuch III, Arbeitsförderung, nach §§ 117 - 129, Rdn. 27, 5. Aufl. 2013).
Zur Verdeutlichung, dass es vorliegend an jedem Anhalt für die Annahme fehlt, eine Unterhaltsleistung durch die Klägerin läge nicht vor, wird auf das Einkommen der Klägerin und die Düsseldorfer Tabelle für das Jahr 2011 als Richtlinie Bezug genommen. Das Nettoeinkommen der Klägerin betrug im Februar 2011, auf den hier abzustellen war (vgl. Verhörst in: GK - SGB VI, Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung, § 16 Anhang I, Rdn. 98, April 2012), 1.361,44 €. Wie aus der Düsseldorfer Tabelle für das Jahr 2011 hervorgeht, war der Selbstbehalt gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern und gegenüber volljährigen unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinbildenden Schulbildung befinden, beim nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 770,00 € und beim erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 950,00 €. Hierin sind bis 360,00 € für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. Der angemessene Eigenbedarf insbesondere gegenüber anderen volljährigen Kindern beträgt in der Regel mindestens monatlich 1.150,00 €. Darin ist eine Warmmiete bis zu 450,00 € enthalten. Gemessen an den zuvor genannten Grundsätzen verdeutlicht dies, dass, addiert man die Beträge, die in oben dargestelltem Zusammenhang als angemessener Eigenbedarf bzw. Selbstbehalt, angesehen werden, mit 25 v.H. des Regelsatzes der Sozialhilfe ohne Kosten der Unterkunft im Jahre 2011, 91,00 €, die Klägerin ihren Sohn von ihrem Einkommen unterhält.
Nach allem ergibt sich für die Errechnung des Zuschusses folgende Berechnung: Das Nettoeinkommen der Klägerin im Februar 2011 in Höhe von 1.361,44 Euro war gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 KfzHV, wie auch anhand der Begründung zu § 6 Abs. 1 der KfzHV nachvollziehbar ist, vgl. Bundesrat-Drucksache 276/87 vom 19.06.198, Bl. 22, auf 1.365,00 Euro aufzurunden. Abzüglich des Betrages in Höhe von 12 v.H. der monatlichen Bezugsgröße gemäß § 18 Abs. 1 SGB IV für das Jahr 2011, 306,60 Euro bzw. aufgerundet 310,00 Euro (so: Verhörst in: GK-SGB VI, Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch-Gesetzliche Rentenversicherung, § 16 Anhang I, Rdn. 109, April 2012), errechnet sich der Zuschuss nach Maßgabe der Tabelle in § 6 Abs. 1 KfzHV in Höhe von 88 v.H. des Bemessungsbetrages nach § 5 KfzHV. Hinsichtlich der Berechnung des persönlichen Bemessungsbetrages in Höhe von 9.015,65 Euro, der zwischen den Beteiligten unstreitig ist, bestehen von Seiten des Gerichts keine Bedenken. Es ergibt sich somit ein Betrag in Höhe von 7.933,77 Euro, der gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 KfzHV auf volle 5 Euro aufzurunden war, wie auch anhand der Begründung zu § 6 Abs. 1 der KfzHV nachvollziehbar ist, vgl. Bundesrat-Drucksache 276/87 vom 19.06.198, Bl. 22, somit ein Zuschuss in Höhe von 7.935,00 Euro. Abzüglich des mit den angefochtenen Bescheid gewährten Betrages in Höhe von 5.770,00 Euro ergibt sich ein weiterer Zuschuss in Höhe von 2.165,00 Euro.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.