I.
Die gem. §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe b, Abs. 6; 66 Abs. 1 S. 1 und S. 5 ArbGG; §§ 519; 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO zulässige Berufung ist auch formgerecht und fristgemäß eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt/Oder war abzuändern und die Klage abzuweisen, da das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 21. Januar 2009 zum 22. Januar 2009 aufgelöst worden ist. Die außerordentliche Kündigung vom 21. Januar 2009 ist gem. § 626 Abs. 1 BGB wegen des Diebstahlverdachts bezüglich der 4 Messinghalbschalen im Schrottwert von 409,20 € gerechtfertigt und gem. § 626 Abs. 2 BGB innerhalb der 2-Wochen-Frist nach der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung ausgesprochen worden. Es kommt damit auf den weiteren Vorwurf des begangenen Diebstahls der Messinghalbschalen und einer Rohrzange im Wert von 80,65 € nicht an.
1.
a) Wie das Arbeitsgericht insofern zutreffend ausgeführt hat, kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht nur eine erhebliche Vertragsverletzung wie zum Beispiel ein Diebstahl, sondern auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB darstellen. Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines (nicht erwiesenen) strafbaren Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Eine Verdachtskündigung ist nur dann zulässig, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, dass für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Dabei ist die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers Wirksamkeitsvoraussetzung der Verdachtskündigung. Die Kündigung verstieße anderenfalls gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie wäre nicht ultima ratio (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. nur BAG 23.06.2009 - 2 AZR 474/07 - EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung, zu Rz 51 m. w. N. aus der Rechtsprechung).
b) Diese Voraussetzungen der Verdachtskündigung sind vorliegend erfüllt.
aa) Die Beklagte hat vorliegend die Kündigung vom 21. Januar 2009 ausweislich des Kündigungsschreibens auch wegen des Diebstahlverdachts ausgesprochen (vgl. dazu das Kündigungsschreiben in Kopie Bl. 7 - 8 d. A.).
bb) Es liegen starke Verdachtsmomente für einen Diebstahl vor, die sich auf objektive Tatsachen gründen:
(1) Am Freitag, dem 09. Januar 2009, gegen Mittag waren die Messinghalbschalen noch an ihrem Lagerplatz in der Halle Mechanische Werkstatt Sinteranlage im Betrieb der Beklagten. Der Kläger hat diese mehrfach aufgestellte Behauptung der Beklagten unter Zeugenbeweisantritt weder in der ersten noch in der zweiten Instanz bestritten. Sie gilt gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.
(2) Am 09. Januar 2009 fuhr der Kläger um 20.37 Uhr durch das Tor Sinteranlage, welches sich nur 300 Meter von der Halle mit den Messinghalbschalen entfernt befindet, auf das Werksgelände und verließ um 20.49 Uhr das Werksgelände wieder mit seinem Ausweis.
(3) Am Montag, dem 12. Januar 2009 bemerkte die Beklagte den Verlust der Halbschalen und erstattete Anzeige.
(4) Im Rahmen der polizeilichen Ermittlung wurde aus den Unterlagen des Schrotthändlers S. bekannt, dass der Kläger am 12. Januar 2009 die Messinghalbschalen an den Schrotthändler verkauft hat. Eine Besichtigung des Materials ergab, dass es sich um die entwendeten Messinghalbschalen handelte.
cc) Sämtliche Einwendungen, die der Kläger zu seiner Entlastung in der Anhörung und im vorliegenden Prozess vorgebracht hat, sind entweder unglaubhaft, widerlegt worden oder lebensfremd.
(1) Die Behauptung, dass der Kläger am 09. Januar 2009 um 20.37 Uhr eine Rohrzange zurückgebracht habe, die er sich im November 2008 gegen die Vorschriften der Betriebsordnung unbefugt „entliehen“ habe, glaubt die Kammer dem Kläger nach dem gesamten Akteninhalt und der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2009 gem. § 286 Abs. 1 ZPO nicht. Die Zange, die die Mitarbeiter in dem vom Kläger bezeichneten Schrank des Gebäudes fanden, aus dem die Messinghalbschalen entwendet wurden, war mit Blick auf den erheblichen Verstaubungsgrad lange Zeit nicht benutzt bzw. berührt worden. Der Kläger hat diese Behauptung der Beklagten im Schriftsatz vom 08. April 2009, S. 4 (Bl. 48 d. A.) nicht bestritten, sie gilt als zugestanden gem. § 138 Abs. 3 ZPO. Dass der Kläger trotzt des Verbots in Ziff. 7.4 der Arbeitsordnung - Aufenthalt im Werk (zum Wortlaut der Ziff. 7.4 vergl. den Schriftsatz vom 25.01.2010, S. 7, Bl. 126 d. A.) -, auf welche er noch im Herbst 2008 im Rahmen einer Belehrung hingewiesen wurde (vgl. den Nachweis der Unterrichtung Bl. 64 d. A., Anl. 9 zum Schriftsatz der Beklagten vom 08.04.2009), außerhalb seiner Arbeitszeit am Freitagabend ins Werk gefahren sein will, um eine Zange zurückzubringen, ist ebenfalls unglaubhaft. Es wäre viel unproblematischer gewesen, die Zange zum Schichtbeginn mitzubringen und dann wieder in den Schrank zu packen.
(2) Die Behauptung, dass er an einem Bandscheibenproblem leidende Kläger die je ca. 80 Kilogramm wiegenden Metallteile nicht habe allein in 12 Minuten in sein Auto habe laden können, glaubt ihm das Gericht. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Kläger sie nicht gestohlen hat. Denn auch nach der Behauptung des Klägers hat er zusammen mit seinem Bekannten die Metallteile vom Zaun des E.-Werks zu seinem Auto getragen. Wenn der Kläger dazu in der Lage war, dann war er auch in der Lage, die Metallteile zusammen mit seinem Bekannten auf dem Werksgelände einzuladen. Dass der Kläger nur alleine auf dem Werksgelände war, wird durch die Torkontrolle nicht bestätigt, die lediglich die Zugangskarte des Klägers elektronisch prüft (s. Anl. 6 zum Schriftsatz vom 08.04.2009, Bl. 61 d. A.).
(3) Die Einlassung des Klägers, wie er an die Messinghalbschalen gelangt sei, ist ebenfalls unglaubhaft und teilweise unwahr. Allein die Schilderung des Geschehens in der Erklärung des später mitverurteilten Herrn K. trägt märchenhafte Züge. Sie belegt aber, dass diese Erklärung vom Kläger dem mitverurteilten Herrn K. vorgelegt wurde und von diesem unterschrieben wurde. Denn es ist anzunehmen, dass Herr K. weiß, wie sein Nachname geschrieben wird, während der Kläger dies offensichtlich nicht wusste, da der Nachname auf der Erklärung vom 02. Februar 2009 durchgestrichen ist und dann auch noch falsch korrigiert wurden, nämlich in „Kr.“, während Herr K. mit „K.“ unterschrieben hat.
(4) Die Messingteile können auch nicht unter dem Schnee gelegen haben. Wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, hat es in der Zeit vom 07. Januar 2009, 0.00 Uhr, bis 12. Januar 2009, 24.00 Uhr, in E. keinen Niederschlag gegeben, demzufolge auch nicht geschneit (vgl. dazu den nicht bestrittenen Beweisantritt über die Wetteraufzeichnungen der Firma F. im Schriftsatz vom 25.01.2010, S. 11, Bl. 130 d. A.).
(5) Dass der Kläger die Messingteile nicht der Beklagten zuordnen konnte, nimmt das Gericht dem Kläger ebenfalls nicht ab. Zum einen hat auch insofern wieder unwidersprochen und damit gem. § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden die Beklagte unter Beweisantritt vorgetragen, dass der Kläger oft Umgang mit den Lagerschalen hatte (Schriftsatz vom 25.01.2010, S. 11, Bl. 130 d. A.). Zum anderen ist es absolut lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger als Betriebsschlosser des E.-Stahlwerks am Zaun des Betriebsgeländes 4 Messingschalen findet und nicht auf die Idee kommt, dass diese zum Eigentum der Beklagten gehören könnten, dem einzigen Arbeitgeber in der näheren Umgebung, der diese Metalle in seinen Produktionsprozessen einsetzt (vgl. auch hier wiederum den unwidersprochenen Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 08.04.2009, S. 4, Bl. 48 d. A.).
(6) Endlich ist die Erklärung des Klägers vom 02. Februar 2009, die er nach Meinung des Gerichts aufsetzte und von seinem Bekannten, Herrn K. unterschrieben ließ, kriminalpsychologisch interessant und bestätigt den Gesamteindruck, den die Kammer vom Geschehen gewonnen hat. Der Kläger lässt seinen Bekannten erklären, dass sich die beiden Täter entschlossen hätten, die Messinghalbschalen in die „Garage zu bringen und Montag beim Schrotthandel abzugeben“. Der Kläger verdrängt damit ersichtlich seine Erkenntnis, dass er die Schalen, die ihm nicht gehörten, verkauft und damit jedenfalls unterschlagen hat. In seinem Vortrag erster Instanz nimmt der Kläger genau diese Version des „Abgebens“ wieder auf (s. Schriftsatz vom 18.05.2009, S. 3, Bl. 68 d. A.).
dd) Der Kläger ist zu all diesen Verdachtsmomenten im Gespräch vom 16. Januar 2009 angehört worden. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Kläger von sich aus zu diesem Gespräch auf die Beklagte zugegangen ist oder die Beklagte den Kläger zu einem Gespräch geladen hat. Sinn der Anhörung vor einer Verdachtskündigung ist es gerade dann, wenn der Arbeitnehmer wie hier aufgrund der kriminalpolizeilichen Ermittlungen weiß, was ihm vorgeworfen wird, dem Arbeitnehmer Gelegenheit zum Vorbringen der entlastenden Tatsachen und Gesichtspunkte zu geben (vgl. BAG 28.11.2007 - 5 AZR 952/06 - EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4). Dazu hatte der Kläger am 16. Januar 2009 ausreichend Gelegenheit, die Beklagte hat die vom Kläger vorgebrachten Entlastungsbehauptungen geprüft und für nicht glaubhaft gehalten bzw. sogar als Eingeständnis eines weiteren Diebstahls der Rohrzange (vgl. dazu das dem Betriebsrat als vorgesehene Kündigung verfasste Schreiben vom 20.01.2009, S. 1 Bl. 84 d. A., überreichte Anl. zum Anhörungsschreiben vom selben Tag).
c) Eine Abmahnung anstelle der Kündigung wegen des Verdachts eines Diebstahls von Messinghalbschalen aus dem Werk der Beklagten mit einem Schrottverkaufswert von über 400,00 € bedurfte es nicht. Der Arbeitnehmer muss in einem solchen Fall, der vorliegend zu einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Unterschlagen führte, von vornherein wissen, dass der Arbeitgeber ein derartiges Fehlverhalten nicht duldet und missbilligt.
d) Endlich sind auch bei einer abschließenden Interessenabwägung keine Gründe ersichtlich, die gegen die Wirksamkeit der Kündigung sprechen. Zwar ist der Kläger seit dem 01. Januar 1995 im Betrieb der Beklagten tätig. Er ist 2 Kindern im Alter von 14 und 9 Jahren zum Unterhalt verpflichtet. Allerdings wiegt der Verdacht des Diebstahls und die dabei gezeigte kriminelle Energie des Klägers, die angesichts des Gewichts der Metallhalbschalen auch erhebliche körperliche Anstrengungen erforderte, diese Umstände mehr als auf. Der Kläger hat im Übrigen einen anderen Arbeitsplatz gefunden, auf dem er zumindest seit dem 15. Oktober 2009 arbeitet (vgl. die Schreiben des Klägervertreters vom 15.10.2009, Bl. 80 d. A. sowie vom 04.03.2010, Bl. 154 d. A.).
2. Die Beklagte hat die 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten, da sie erst am 12. Januar 2009 den Diebstahl bemerkte, am 13. Januar 2009 vom Verkauf der Messinghalbschalen an den Schrotthändler erfuhr, am 16. Januar 2009 bereits den Kläger anhörte und am 22. Januar 2009 die Kündigung dem Kläger zuging.
3. Die Beklagte hat den bei bestehenden Betriebsrat vor der beabsichtigten Verdachtskündigung ordnungsgemäß gem. § 102 Abs. 1 BetrVG angehört.
a) Nach § 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen, das heißt der Arbeitgeber muss schriftlich oder mündlich den Betriebsrat neben näheren Informationen über die Person des betroffenen Arbeitnehmers die Art und den Zeitpunkt der Kündigung und die seiner Ansicht nach maßgeblichen Kündigungsgründe mitteilen. Der für den Arbeitgeber maßgebende Sachverhalt ist unter Angabe der Tatsachen, aus denen der Kündigungsentschluss hergeleitet wird, näher so zu beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in die Lage versetzt wird, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über eine Stellungnahme schlüssig zu werden. Kommt der Arbeitgeber diesen Anforderungen an seine Mitteilungspflicht nicht oder nicht richtig nach und unterlaufen ihm insoweit bei der Durchführung der Anhörung Fehler, ist die Kündigung unwirksam. Allerdings ist die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers subjektiv determiniert. An sie sind nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess. Es müssen dem Betriebsrat also nicht alle objektiv kündigungsrechtlich erheblichen Tatsachen, sondern nur die vom Arbeitgeber für die Kündigung als ausschlaggebend angesehenen Umstände mitgeteilt werden (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. nur BAG 23.06.2009, a. a. O., Rz 34 m. w. N. aus der Rechtsprechung).
b) Diesen Maßstäben genügt bereits die schriftliche Anhörung des Betriebsrats, wie sie dem Gericht als Anl. 4 zum Schriftsatz vom 08. April 2009 eingereicht worden ist. Diese Anhörung verweist auf das vorbereitete Kündigungsschreiben vom 20. Januar 2009, welches ebenfalls dem Betriebsrat überreicht wurde (vgl. dazu das Kündigungsschreiben vom 20.01.2009, Bl. 84 f. d. A.). Der Betriebsrat hat mit Schreiben vom 21. Januar 2009 der Kündigung ausdrücklich nicht widersprochen, so dass die Beklagte danach die Kündigung aussprechen konnte. Nach dem Inhalt des Anhörungsschreibens und der vorbereiteten Kündigung vom 20. Januar 2009 wird der Diebstahlsverdacht hinsichtlich der 4 Messinghalbschalen mit seinen objektiven Tatsachen, den Entlastungsbehauptungen des Klägers und der Wertung der Beklagten dem Betriebsrat ausführlich mitgeteilt. Dies reicht aus.
4.) Da das Arbeitsverhältnis zum 22. Januar 2009 durch die außerordentliche Kündigung aufgelöst worden ist, bestand nach den Grundsätzen, die der Große Senat des Bundesarbeitgerichts im Beschluss vom 27. Februar 1985 aufgestellt hat (vgl. BAG - GS 1/84 - BAGE 48,122) kein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers.
III.
Der Kläger trägt daher die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 Abs. 1 ZPO.
IV.
Für eine Zulassung der Revision bestand kein Anlass.