Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 25. Kammer | Entscheidungsdatum | 23.09.2010 | |
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Aktenzeichen | 25 TaBV 2776/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 Abs 1 S 1 BetrVG, § 4 Abs 1 BetrVG, § 4 Abs 2 BetrVG |
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1.) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Potsdam vom 06. Oktober 2009 – 7 BV 55/09 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
A.
Die Beteiligten streiten zuletzt noch um die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung einer Betriebsstätte, nämlich des Regionalbüros Nordrhein-Westfalen in Gummersbach.
Die im Beschwerdeverfahren als Arbeitgeberin Beteiligte zu 2.) ist eine Stiftung privaten Rechts mit Sitz in Potsdam-Babelsberg. Sie betätigt sich im Bereich der politischen Bildung und unterhält bundesweit mehrere Standorte, u. a. einen Betrieb in Potsdam mit 95 Arbeitnehmern und eine Tagungsstätte, die T..-H.-Akademie, in Gummersbach mit 57 Arbeitnehmern. Daneben bestehen noch Regionalbüros in Hannover mit 4 Arbeitnehmern, in Halle, Lübeck, Stuttgart, Wiesbaden und in Gummersbach mit je 3 Arbeitnehmern und in Potsdam und München sowie Büros in Hamburg mit 2 Arbeitnehmern und in Weimar mit 1 Arbeitnehmer.
Die Regionalbüros haben die Aufgabe, Veranstaltungen zur politischen Bildung zu organisieren und durchzuführen. In diesen Regionalbüros ist jeweils als Leiter des Regionalbüros eine Person mit Leitungsaufgaben betraut, die auch Weisungsrechte gegenüber den jeweiligen Mitarbeitern ausübt. Dem Leiter kommt Personalverantwortung in fachlicher als auch disziplinarischer Hinsicht gegenüber den Mitarbeitern zu, insbesondere hinsichtlich Urlaubsplanung, Anweisung von Überstunden, Führung von Disziplinar- und Führungsgesprächen, Zielvereinbarungsgesprächen und Leistungsfeststellung. Die Regionalbüros werden seit dem 01. Februar 2009 von Potsdam aus koordiniert und durch den dort ansässigen Bereichsleiter Dr. S. geleitet. Auch die Personalleitung ist in Potsdam angesiedelt. Die Entscheidungen über Einstellungen, Beförderungen, Abmahnungen und Entlassungen werden – abgestimmt zwischen dem Bereichsleiter und dem Personalleiter - in Potsdam getroffen.
Das Regionalbüro Nordrhein-Westfalen ist auf dem Gelände der F.-N.-Stiftung untergebracht. Dort befindet sich u. a. auch ein weiterer Betrieb der Arbeitgeberin. Dieser Betrieb besteht aus drei Abteilungen (Internationale Akademie für Führungskräfte, Archiv und T.-H.-Akademie) und ist in einem mehrstöckigen Gebäude mit Gästezimmern, einem Empfangsbereich, Tagungs- und Aufenthaltsräumen, Büroräumen, sanitären Einrichtungen und einer Kantine untergebracht. Davor stehen einige Bungalows. In einem dieser Bungalows befindet sich das Regionalbüro Nordrhein-Westfalen. Die Mitarbeiter des Regionalbüros nutzen die Kantine der Akademie. Daneben benutzen sie die dortige zentrale Zeiterfassung, sind an die zentrale Telefonanlage angeschlossen und nutzen auch die zentrale Poststelle in der Akademie. Auch Dienstwagen werden gemeinsam genutzt.
Der Leiter der T.-H.-Akademie hat keinerlei Weisungsrechte gegenüber den Mitarbeitern des Regionalbüros Nordrhein-Westfalen. Der Leiter des Regionalbüros Nordrhein-Westfallen ist gegenüber den Mitarbeitern der T.-H.-Akademie ebenfalls nicht weisungsbefugt.
Verhandlungen mit den Betriebsräten werden von Potsdam aus geführt. Betriebs- und Gesamtbetriebsvereinbarungen werden von dem in Potsdam ansässigen geschäftsführenden Vorstand der Arbeitgeberin geschlossen und unterzeichnet.
Der Beschwerdeführer ist der für den Betrieb der Arbeitgeberin in Gummersbach gewählte Betriebsrat. Der im Beschwerdeverfahren Beteiligte zu 3.) ist der für den Betrieb der Arbeitgeberin in Potsdam-Babelsberg gewählte Betriebsrat.
Die Arbeitgeberin hat mit einem am 28. Mai 2009 beim Arbeitsgericht Potsdam eingegangenen Schriftsatz die Feststellung begehrt, dass die Regionalbüros in Halle, Hannover, Lübeck, Stuttgart und Wiesbaden sowie die Büros Weimar und Hamburg dem Hauptbetrieb in Potsdam zugeordnet sind und diesen Antrag mit dem am 02. Oktober 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz um die Feststellung der Zuordnung zum Betrieb in Potsdam für die Regionalbüros Nordrhein-Westfalen in Gummersbach, Berlin-Brandenburg in Potsdam und München erweitert.
Der Arbeitgeber hat vor dem Arbeitsgericht vorgetragen, die Regionalbüros und Büros seien allesamt nicht betriebsratsfähig und dem Betrieb in Potsdam als Hauptbetrieb zuzuordnen, da dort die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in Angelegenheiten der betrieblichen Mitbestimmung wahrgenommen würden.
Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, die Regionalbüros der F.-N.-Stiftung für die Freiheit in Nordrhein-Westfalen, Berlin-Brandenburg, München, Halle, Hannover, Lübeck, Stuttgart und Wiesbaden sowie die Büros Weimar und Hamburg sind betriebsverfassungsrechtlich dem Hauptbetrieb in Potsdam-Babelsberg - und somit dem dortigen örtlichen Betriebsrat -zugeordnet.
Der Betriebsrat des Betriebes in Gummersbach hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat vorgetragen, der Sitz der Arbeitgeberin sei für die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung unerheblich. Die Regionalbüros seien wegen der Verselbständigung, die sich in der Leitungsmacht der Leiter der jeweiligen Regionalbüros ausdrücke als Betrieb im Sinne des § 4 Abs. 2 BetrVG anzusehen. Bisher sei eine Zuordnung nach geographischen Gesichtspunkten erfolgt. Als Hautbetrieb sei der jeweils nächste Betrieb zum Kleinbetrieb anzusehen. Dies sei auch sinnvoll, weil sich in Potsdam lediglich die Verwaltung befinde, die keinerlei Berührungspunkte mit der tatsächlichen Durchführung von Veranstaltungen habe.
Das Arbeitsgericht hat neben den Betriebsräten der Betriebe Gummersbach und Potsdam-Babelsberg auch den bei der Arbeitgeberin gebildeten Gesamtbetriebsrat beteiligt. Die Übrigen vom Arbeitsgericht Beteiligten, die erstinstanzlich Beteiligten zu 2. ) und 4.) haben keine Anträge gestellt.
Mit Beschluss vom 06. Oktober 2009 hat das Arbeitsgericht Potsdam dem arbeitgeberseitig gestellten Antrag vollinhaltlich entsprochen und festgestellt, dass sämtliche im Antrag benannten Regionalbüros und Büros dem Betrieb in Potsdam als Hauptbetrieb zuzuordnen sind. Die Regionalbüros und Büros seien selbständige Betriebe und nicht bloße Betriebsteile, die wegen ihrer Mitarbeiterzahl nicht betriebsratsfähig seien. Hauptbetrieb für diese Kleinbetriebe sei der Betrieb in Potsdam, weil dort – wenn auch nur beratend - die Arbeitgeberfunktionen in mitbestimmungsrelevanten Angelegenheiten ausgeübt würden. Auf die weiteren angestellten rechtlichen Erwägungen wird verwiesen.
Gegen den ihm am 19. November 2009 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat des Betriebes Gummersbach mit einem am Montag, den 21. Dezember 2009 am Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und sie, nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 19. Februar 2010, mit einem beim Landesarbeitsgericht am 13. Februar 2010 eingegangenen Schriftsatz begründet. Mit Schriftsatz vom 03. März 2010 hat der Beschwerdeführer seine Beschwerde auf die Zuordnung des Regionalbüros Nordrhein-Westfalen beschränkt und die darüber hinausgehende Beschwerde zurückgenommen.
Er meint, das Regionalbüro Nordrhein-Westfalen weise im Gegensatz zu den übrigen Regionalbüros einige Besonderheiten auf, die eine vom Beschluss des Arbeitsgerichts abweichende Zuordnung rechtfertige. Die dortigen Mitarbeiter benutzten die Kantine der T.-H.-Akademie und deren sonstigen betrieblichen Einrichtungen, das dortige Zeiterfassungssystem, die Telefonzentrale und die dort eingerichtete zentrale Poststelle. Es würden teilweise von den Mitarbeitern am Empfang der T.-H.-Akademie logistische Arbeiten (Drucken und Versenden von Einladungen) für das dortige Regionalbüro übernommen und auch Dienstwagen der Akademie gemeinsam genutzt. Diese sowohl räumliche, organisatorische und soziale Vernetzung rechtfertige eine Zuordnung zum Betrieb Gummersbach. Die dortigen Mitarbeiter nähmen am Betriebsleben des Betriebes in Gummersbach teil. Deswegen sei es wenig sinnvoll, diese Mitarbeiter den in Potsdam geltenden Betriebsvereinbarungen zu unterwerfen. Eine Zuordnung zum Betrieb Gummersbach sei sachgerecht.
Der Betriebsrat des Betriebes Gummersbach (Beschwerdeführer) beantragt zuletzt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Potsdam vom 06. Oktober 2009 – 7 BV 55/09 – teilweise abzuändern und den Antrag der Arbeitgeberin hinsichtlich des Regionalbüros Nordrhein-Westfalen zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält eine Zuordnung zum Betrieb in Gummersbach für vertretbar, möchte durch eine rechtskräftige Entscheidung jedoch für zukünftige Betriebsratswahlen Rechtssicherheit.
Der Betriebsrat des Betriebes Potsdam-Babelsberg schließt sich dem Antrag des Beschwerdeführers an. Er hält eine Zuordnung des Regionalbüros Nordrhein-Westfalen für betriebstechnisch sinnvoll, da die dortigen Mitarbeiter am Betriebsleben des Betriebes Gummersbach teilnähmen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
B.
Die Beschwerde ist statthaft, denn sie richtet sich gegen einen das Verfahren beendenden arbeitsgerichtlichen Beschluss (§ 87 Abs. 1 ArbGG). Die Beschwerde des Betriebsrats ist auch zulässig. Sie ist form- und fristgerecht im Sinne von §§ 66 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 5, 87 Abs. 2, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Denn sie ist unbegründet; das Arbeitsgericht hat richtig entschieden.
I.
Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig.
1.
Zutreffend hat die Arbeitgeberin ihr Begehren im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 ArbGG verfolgt. Es handelt sich um eine zwischen den Beteiligten streitige Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz. Die Beteiligten streiten nämlich um die Zuordnung von Kleinbetrieben nach § 4 Abs. 2 ArbGG.
2.
Die Antragsbefugnis der Arbeitgeberin folgt aus § 18 Abs. 2 BetrVG.
Der Arbeitgeber ist gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG antragsberechtigt. Das Feststellungsinteresse ist gegeben, weil zwischen den Beteiligten umstritten ist, ob das Regionalbüro Nordrhein-Westfalen der Hauptverwaltung der Arbeitgeberin in Potsdam-Babelsberg als Hauptbetrieb gemäß § 4 BetrVG zuzurechnen ist und ob sich das Mandat des dort gebildeten Betriebsrats auch auf die Mitarbeiter des Regionalbüros Nordrhein-Westfalen bezieht. Durch dieses Verfahren können sowohl Streitigkeiten über die Zuständigkeit des Betriebsrates vermieden als auch die Voraussetzungen für künftige ordnungsgemäße Betriebsratswahlen geschaffen werden. Denn durch das Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG wird verbindlich festgelegt, welche Organisationseinheit als Betrieb anzusehen ist. Hieran besteht auch seitens der Arbeitgeberin ein berechtigtes Interesse. Denn die Zuordnung des Regionalbüros Nordrhein-Westfalen und damit die Frage, ob die dortige Belegschaft künftig an den Betriebsratswahlen in Potsdam-Babelsberg teilnehmen kann oder muss und ob sie betriebsverfassungsrechtlich vom Betriebsrat in Potsdam-Babelsberg repräsentiert wird, kann so abschließend geklärt werden.
3.
Die Beteiligung der Arbeitgeberin und der Betriebsräte der Betriebe in Gummersbach und Potsdam-Babelsberg am vorliegenden Verfahren ergibt sich aus den § 10, 83 Abs. 3 ArbGG. Beteiligte des vorliegenden Verfahrens sind die Arbeitgeberin als Antragsteller und die Betriebsräte. Der Gesamtbetriebsrat ist hingegen am vorliegenden Verfahren nicht zu beteiligen, da er keine betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition innehat, die durch die zu erwartende Entscheidung betroffen sein könnte. Beteiligter in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist (BAG, Beschluss vom 10. Februar 2009 – 1 ABR 94/07 – AP Nr. 21 zu § 87 BetrVG 2001 Sozialeinrichtung = NZA 2009, 562; BAG, Beschluss vom 16. März 2005 – 7 ABR 40/04 – BAGE 114, 119 = AP Nr. 3 zu § 50 BetrVG 1972 = NZA 2005, 1252; BAG, Beschluss vom 11. November 1998 – 4 ABR 40/97 – BAGE 90, 135 = AP Nr. 18 zu § 50 BetrVG 1972 = NZA 1999, 1056). Betroffen ist ein Betriebsverfassungsorgan, wenn es als Inhaber eines streitigen Rechts ernsthaft in Betracht kommt. Der Ausgang des vorliegenden Beschlussverfahrens wirkt sich weder auf die Existenz, noch auf die Größe und Zusammensetzung des Gesamtbetriebsrats aus, weil es nicht um die Anzahl der betriebsratsfähigen Betriebe, sondern um die Zuordnung nicht betriebsratsfähiger Kleinbetriebe geht.
II.
Der Antrag der Arbeitgeberin ist auch begründet, wie das Arbeitsgericht zu Recht entschieden hat. Die dagegen erhobene Beschwerde ist deshalb unbegründet und war zurückzuweisen.
1.
Das Regionalbüro Nordrhein-Westfalen ist ein sogenannter Kleinstbetrieb, weil er die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht erfüllt. Die Beschwerdekammer geht in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon aus, dass im Übrigen die Voraussetzungen für einen selbständigen Betriebsteil auch hinsichtlich dieser Einrichtung des beteiligten Arbeitgebers vorliegen. Die Leiter der Regionalbüros und damit auch der Leiter des Regionalbüros Nordrhein-Westfalen in Gummersbach verfügen über Befugnisse in personellen und sozialen Angelegenheiten, so dass die Einrichtungen als selbständige Betriebe im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes zu werten sind.
a) Ein Betrieb ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer der Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. So ist regelmäßig vom Vorliegen eines Betriebs im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für den oder die verfolgten arbeitstechnischen Zwecke zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird (BAG, Beschluss vom 09. Dezember 2009 – 7 ABR 38/08 – EzA Nr. zu § 1 BetrVG 2001 = NZA 2010, 906). Ob Hauptverwaltung und einzelne Betriebsstätten eines Unternehmens einen einheitlichen Betrieb oder zwei selbständige Betriebe bilden, hängt von der Leitungsstruktur des Unternehmens ab.
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geht bei der Ermittlung, ob einer abgrenzbaren betrieblichen Einheit Betriebsratsfähigkeit zukommt, so vor, dass es zunächst prüft, ob die betriebliche Einheit sich von einer nach den §§ 1 und 4 BetrVG nicht für die Bildung eines Betriebsrats geeigneten Betriebsstätte abgrenzen lässt. Nicht jede räumlich oder organisatorisch abgrenzbare Betriebsstätte ist ein Betriebsteil im Sinne von § 4 Abs. 1 BetrVG. Erforderlich ist zumindest das Bestehen einer eigenen Leitung, die Weisungsrechte ausübt (BAG, Beschluss vom 28. Juni 1995 – 7 ABR 59/94 – AP Nr. 8 zu § 4 BetrVG 1972 = NZA 1996, 276). Fehlt es an einer selbständigen Leitungsstruktur, liegen die Merkmale des Betriebsbegriffs im Sinne von § 1 BetrVG und die des Begriffs des Betriebsteils im Sinne des § 4 BetrVG nicht vor. Für das Vorliegen eines selbstständigen Betriebsteils i. S. d. § 4 Abs. 1 BetrVG ist ein Mindestmaß an organisatorischer Selbstständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb erforderlich. Diese liegt nur dann vor, wenn in der Einheit wenigstens eine Person mit Leitungsmacht vorhanden sei, die überhaupt Weisungsrechte des Arbeitgebers ausübt (BAG, Beschluss vom 17.Januar 2007 – 7 ABR 63/05 – BAGE 121, 7 = AP Nr. 18 zu § 4 BetrVG 1972 = NZA 2007, 703; BAG, Beschluss vom 21. Juli 2004 – 7 ABR 38/03 – AP Nr. 8 zu § 9 BetrVG 1972). Voraussetzung für die Qualifikation eines solchen ist, dass er auf den Zweck des Hauptbetriebs ausgerichtet und in dessen Organisation eingegliedert, ihm gegenüber aber organisatorisch abgrenzbar und relativ verselbstständigt ist (BAG, Beschluss vom 07. Mai 2008 – 7 ABR 15/07 – NZA 2009, 328; BAG, Beschluss vom 21. Juli 2004 – 7 ABR 57/03 – AP Nr. 15 zu § 4 BetrVG 1972). Fehlt es an diesem Mindestmaß organisatorischer Selbstständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb, so liegt bereits kein Betriebsteil vor, bei dem die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 BetrVG zu prüfen wären. Er gehört dann betriebsverfassungsrechtlich zum Hauptbetrieb, auch wenn er weit entfernt liegt.
In seinem Beschluss vom 17. Januar 2007 (a. a. O.) hat das Bundesarbeitsgericht seine ständige Rechtsprechung erneut betont, wonach ein Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes eine organisatorische Einheit ist, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, wobei die in der Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und die menschliche Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden. Danach ist ein Betriebsteil auf den Hauptbetrieb ausgerichtet und in dessen Organisation eingegliedert, gegenüber diesem allerdings organisatorisch abgrenzbar und relativ verselbstständig, wobei für die Abgrenzung von Betrieb und Betriebsteil der Grad der Verselbstständigung entscheidend ist, der im Umfang der Leitungsmacht zum Ausdruck kommt. Ein eigenständiger Betrieb gemäß § 1 BetrVG liegt dann vor, wenn sich die in der organisatorischen Einheit ausgeübte Leitungsmacht auf alle wesentliche Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten erstreckt. Für das Vorliegen eines Betriebsteils genügt ein Mindestmaß an organisatorischer Selbstständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb, wozu es ausreicht, dass in der organisatorischen Einheit überhaupt eine den Einsatz der Arbeitnehmer bestimmende Leitung institutionalisiert ist, die Weisungsrechte des Arbeitgebers ausübt. Dann gilt unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ein Betriebsteil als eigenständiger Betrieb.
b) Das Regionalbüro in Gummersbach hat einen Leiter. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten hat dieser Leiter auch Weisungsrechte gegenüber den jeweiligen Mitarbeitern. Dem Leiter kommt Personalverantwortung in fachlicher als auch disziplinarischer Hinsicht gegenüber den Mitarbeitern zu, insbesondere hinsichtlich Urlaubsplanung, Anweisung von Überstunden, Führung von Disziplinar- und Führungsgesprächen, Zielvereinbarungsgesprächen und Leistungsfeststellung. Damit werden Arbeitgeberfunktionen in sozialen und personellen Angelegenheiten vom Leiter des Regionalbüros Nordrhein-Westfalen ausgeübt.
2.
Nach § 4 Abs. 2 BetrVG werden so genannte Kleinstbetriebe, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrVG nicht erfüllen, dem Hauptbetrieb zugerechnet. Die Zuordnung zum „Hauptbetrieb“ erfolgt kraft Gesetztes und sorgt dafür, dass die Belegschaft des Kleinstbetriebes nicht vertretungslos ist. Um einen solchen Betrieb handelt es sich bei dem Regionalbüro Nordrhein-Westfalen, weil dort lediglich 3 Arbeitnehmer beschäftigt sind und schon deshalb ein Betriebsrat dort nicht gewählt werden kann. Betriebsräte werden in Betrieben mit mindestens 5 ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen 3 wählbar sein müssen, gewählt, § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
3.
Hauptbetrieb für das Regionalbüro Nordrhein-Westfalen in Gummersbach ist nicht der weitere Betrieb der Arbeitgeberin in Gummersbach, sondern der Betrieb in Potsdam-Babelsberg.
Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss vom 17. Januar 2007 (- 7 ABR 63/05 – BAGE 121, 7 = AP Nr. 18 zu § 4 BetrVG 1972 = NZA 2007, 703.) den im Gesetz nicht definierten Begriff des Hauptbetriebes unter Heranziehung des Wortlautes, des Gesamtzusammenhangs der gesetzlichen Regelung, der Gesetzesgeschichte und dem Normzweck herausgearbeitet. Für den Begriff des Hauptbetriebes ist seine gegenüber diesem und ggf. den anderen Betrieben des Arbeitgebers bestehende herausgehobene Bedeutung entscheidend, die sich aus einer besonderen Funktion des Hauptbetriebes für das Unternehmen des Arbeitgebers oder für den zugeordneten Betrieb ergibt. Maßgeblich dafür ist der im Betriebsverfassungsrecht geltende Grundsatz, dass betriebliche Mitbestimmung möglichst dort ausgeübt werden soll, wo die Entscheidungen des Arbeitgebers in mitbestimmungsrelevanten Angelegenheiten getroffen werden. In den nicht betriebsratsfähigen Betrieben würden diese zwar nicht in einem Hauptbetrieb, sondern von seiner eigenen Leitung entschieden. Da dort jedoch kein eigener Betriebsrat gewählt werden könne, sei es geboten, die diesen Betrieb betreffenden Mitbestimmungsrechte von dem Betriebsrat des Betriebs wahrnehmen zu lassen, in dem die mitbestimmungsrelevanten Entscheidungen über personelle und soziale Angelegenheiten des nicht betriebsratsfähigen Betriebs zumindest durch die gelegentliche Beratung der Leitung dieses Betriebs beeinflusst werden. Auf die räumliche Entfernung von dem nicht betriebsratsfähigen Betrieb komme es dabei grundsätzlich nicht an, und zwar auch dann nicht, wenn der Arbeitgeber noch andere, räumlich näher zu dem nicht betriebsratsfähigen Betrieb gelegene Betriebe unterhalte. Die räumliche Entfernung zwischen dem nicht betriebsratsfähigen Betrieb und dem Betrieb, in dem in beratender Form Arbeitgeberfunktionen in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten auch für den anderen Betrieb wahrgenommen werden, könne ausnahmsweise nur dann von Bedeutung sein, wenn sie so erheblich sei, dass von dessen Betriebsrat die Mitbestimmungsrechte für den nicht betriebsratsfähigen Betrieb nicht mehr sinnvoll ausgeübt werden könnten.
Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist hier als Hauptbetrieb der Betrieb am Sitz der Arbeitgeberin in Potsdam-Babelsberg anzusehen. Nach dem unstreitigen Vorbringen der Beteiligten erfüllt der Betrieb der Arbeitgeberin in Potsdam-Babelsberg diese Voraussetzungen, denn dieser ist die zentrale Verwaltung des Unternehmens mit seinen etwa 185 Mitarbeitern. Dort befindet sich der geschäftsführende Vorstand, der Bereichsleiter und der Personalleiter usw. Von dort werden alle Regionalbüros und Büros der Arbeitgeberin bundesweit koordiniert und Verhandlungen mit den Betriebsräten geführt sowie die Gesamtbetriebsvereinbarungen und Betriebsvereinbarungen geschlossen. Auch das Letztentscheidungsrecht in sozialen und personellen Angelegenheiten steht dem Personalleiter in Potsdam-Babelsberg zu. Hierzu hat die Arbeitgeberin mit ihrem Schriftsatz vom 03. Mai 2010 nebst Anlagen (Bl. 219 – 229 d. A.) unbestritten die Befugnisse der Leiter der Regionalbüros, des Bereichsleiters und des Personalleiters dargestellt. Nach der dortigen Anlage MK 1 (Bl. 223 – 226 d. A.) ergibt sich, dass auch in den Angelegenheiten, die den jeweiligen Regionalleitern überlassen sind, bei Streitigkeiten der Personalleiter entscheidet bzw. Entscheidungen nach Rücksprache bzw. in Absprache mit dem Personalleiter erfolgen. Für Versetzungen liegt die Alleinentscheidung beim Personalleiter; die Leiter der Regionalbüros haben diesbezüglich keine Befugnisse. Der Personalleiter wird in personellen Angelegenheiten mindestens beratend hinzugezogen bzw. es sind Absprachen mit ihm erforderlich. Für bestimmte Angelegenheiten, für die die Leiter der Regionalbüros keine Befugnisse haben, trifft der Personalleiter die Entscheidungen. Die maßgeblichen Arbeitgeberfunktionen erfolgen von Potsdam-Babelsberg aus. Demgegenüber bestehen zwischen der in Gummersbach betriebenen T.-H.-Akademie und dem Regionalbüro Nordrhein-Westfalen hinsichtlich der Wahrnehmung der Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten keine Verbindungen. Der Leiter der Akademie ist gegenüber den Mitarbeitern im Regionalbüro nicht weisungsbefugt und der Leiter des Regionalbüros hat gegenüber den Arbeitnehmern der T.-H.-Akademie einschließlich der weiteren Abteilungen (Internationale Akademie für Führungskräfte, Archiv) keinerlei Weisungsrechte. Die Leitung beider Einrichtungen erfolgt unabhängig und voneinander getrennt.
Demgegenüber können die räumliche Entfernung und reine Zweckmäßigkeitserwägungen keine andere Zuordnung rechtfertigen. Das Gesetz führt diese Gesichtspunkte für eine Zuordnung nicht an und hat diesbezüglich im § 4 Abs. 2 BetrVG auch keine Regelung getroffen. Demnach ist die räumliche Entfernung für die vorzunehmende Zuordnung nicht von Belang. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber andere, nähere zum nicht betriebsratsfähigen Betrieb gelegene Betriebe unterhält (BAG, Beschluss vom 17. Januar 2007 – 7 ABR 63/05 – a. a. O.). Der vorliegend gegebenen, großen räumlichen Entfernung zwischen dem Regionalbüro in Gummersbach und dem Hauptbetrieb in Potsdam-Babelsberg kommt deshalb keine entscheidende Bedeutung zu. Es ist nicht ersichtlich, noch von den Beteiligten geltend gemacht, dass aufgrund dieser räumlichen Entfernung die Mitbestimmungsrechte für das Regionalbüro Nordrhein-Westfalen durch den im Hauptbetrieb ansässigen Betriebsrat nicht sinnvoll wahrgenommen werden können. Angesichts der modernen Kommunikationsmittel kann hierauf nicht allein durch die Entfernung geschlossen werden. Schließlich erwähnt § 4 Abs. 2 BetrVG, anders als beispielsweise § 4 Abs. 1 BetrVG, räumliche Gesichtspunkte nicht. Im Übrigen würde dies wohl alle anderen Regionalbüros und Büros in gleicher Weise betreffen.
Ebenso wenig ist eine andere Bewertung deshalb geboten, weil die Mitarbeiter des Regionalbüros die Kantine der T.-H.-Akademie, deren sonstigen betrieblichen Einrichtungen, das dortige Zeiterfassungssystem, die Telefonzentrale sowie die dort eingerichtete zentrale Poststelle benutzen und insgesamt am betrieblichen Leben der T.-H.-Akademie teilnehmen. Diese - vom Betriebsrat so bezeichnete - räumliche, organisatorische und soziale Vernetzung ist für die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung nach § 4 Abs. 2 BetrVG vollkommen unerheblich; es geht um die betriebliche Mitbestimmung, die möglichst dort ausgeübt werden soll, wo die Entscheidungen des Arbeitgebers in mitbestimmungsrelevanten Angelegenheiten getroffen werden. Das ist aber gerade bzgl. der T.-H.-Stiftung nicht der Fall. Dort werden gerade keine mitbestimmungsrelevanten Entscheidungen für die Arbeitnehmer des Regionalbüros getroffen. Eine Zuordnung zu diesem Betrieb ist daher auch unter Berücksichtigung geographischer Gesichtspunkte nicht sinnvoll.
III.
Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da in Beschlussverfahren nach § 2 a Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 2 Abs. 2 GKG Kosten nicht erhoben werden.
IV.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand keine Veranlassung, §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG. Die Entscheidung beruht auf den Umständen des Einzelfalls und wirft keine höchstrichterlich ungeklärten Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf. Die sich stellenden Rechtsfragen sind, soweit entscheidungserheblich, höchstrichterlich bereits beantwortet.