Gericht | FG Berlin-Brandenburg 10. Senat | Entscheidungsdatum | 03.04.2014 | |
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Aktenzeichen | 10 K 10154/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Klägerin ist u.a. die Mutter der Kinder B…, geboren am … 1994, und C…, geboren am … 1999. Sie besaß nach Aktenlage im Streitzeitraum die serbisch-montenegrinische Staatsangehörigkeit. Beide Kinder wurden in Deutschland geboren.
Die Klägerin ist nach Aktenlage seit November 2005 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), ebenso beide Kinder. Weiter findet sich in der beigezogenen Beklagtenakte für die Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis gemäß „§ 25(3) AufenthG“, ausgestellt am 20. Februar 2006, gültig bis 2. November 2008. Eine Erwerbstätigkeit war der Klägerin jeweils gestattet. Im hier streitigen Zeitraum übte die Klägerin jedoch keine Erwerbstätigkeit aus.
Mit Antrag vom 5. Dezember 2005 begehrte die Klägerin die Festsetzung von Kindergeld für ihre beiden Kinder.
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2005 lehnte die Beklagte diesen Kindergeldantrag ab. Die Klägerin erfülle keine der Voraussetzungen des § 62 Einkommensteuergesetzes (EStG), unter denen ausländischen Staatsangehörigen Kindergeld gezahlt werden könne.
Am 21. Februar 2006 sprach die Klägerin bei der Beklagten vor und erkundigte sich nach der Bescheidung ihres Kindergeldantrages. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom selben Tag mit, der Antrag sei mit Bescheid vom 13. Dezember 2005 abgelehnt worden. Eine Kopie des Bescheides fügte sie dem Schreiben bei.
Gegen die Ablehnung ihres Kindergeldantrages legte die Klägerin am 24. März 2006 fristgemäß Einspruch mit dem Hinweis ein, der Bescheid vom 13. Dezember 2005 sei ihr erstmals mit Schreiben vom 21. Februar 2006 übersandt worden. Zur Begründung verwies sie auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2004 unter dem Aktenzeichen 1 BvL 4/97.
Mit Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 2007 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin sei im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Sie erfülle weder die Voraussetzungen des § 62 Abs. 3 EStG in der ab dem 1. Januar 2005 noch in der ab dem 1. Januar 2006 geltenden Fassung, unter denen ausländischen Staatsangehörigen Kindergeld gezahlt werden könne. Ausnahmetatbestände, unter denen ausländische Staatsangehörige unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen der genannten gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf Kindergeld hätten, lägen nicht vor. Insbesondere sei die Klägerin weder Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU) noch des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR). Die Klägerin erfülle auch nicht die Anforderungen des deutsch-jugoslawischen Abkommens über Soziale Sicherheit – SozSichAbk YUG –. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen. Die Einspruchsentscheidung wurde laut Absendevermerk am 4. Oktober 2007, einem Donnerstag, zur Post gegeben.
Ausweislich eines aufgedruckten Eingangsstempels ging die Einspruchsentscheidung der Klägerin am 8. Oktober 2007 zu.
Mit am 8. November 2007 beim Finanzgericht eingegangenen Schreiben vom selben Tage erhob die Klägerin Klage und begehrte, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Dezember 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 2007 zu verpflichten, das beantragte Kindergeld zu zahlen.
Die Klägerin macht geltend, § 62 Abs. 2 EStG sei verfassungswidrig. Die Argumentation des Bundesfinanzhofes – BFH – überzeuge nicht, mit der dieser § 62 Abs. 2 EStG für verfassungsgemäß halte. Es gebe immer wieder Konstellationen, in denen es für ausländische Staatsbürger von erheblicher, auch finanzieller, Bedeutung sei, ob sie Sozialhilfe oder Kindergeld bezögen.
Im Übrigen sei sie, die Klägerin, seit dem 30. Oktober 2008 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 AufenthG.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Dezember 2005 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 2007 zu verpflichten, der Klägerin das beantragte Kindergeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Regelungen in § 62 Abs. 2 EStG seien verfassungskonform. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 10. Juli 2012 (1 BvL 2/10, 1 BvL 3/10, 1 BvL 4/10, 1 BvL 3/11) zu §§ 1 Abs. 6 Nr. 3b, 1 Abs. 7 Nr. 3b Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit – Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) (in Kraft bis 31. Dezember 2008), da die Gründe, die für die Entscheidung des BVerfG zum Elterngeld bzw. Erziehungsgeld leitend gewesen seien, im Rahmen der Gewährung von steuerlichem Kindergeld nicht zum Tragen kämen.
Die Klage ist unbegründet.
Die Klägerin wird durch die Ablehnung der Kindergeldfestsetzung durch den angefochtenen Bescheid vom 13. Dezember 2005 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 2007 nicht in ihren Rechten verletzt, weil diese Ablehnung des Erlasses des begehrten Bescheides nicht rechtswidrig ist, § 101 Finanzgerichtsordnung (FGO). Zutreffend hat die Beklagte das Fehlen der Voraussetzungen für einen Kindergeldbezug der Klägerin im Streitzeitraum bejaht. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin teilt der Senat nicht.
Maßgeblicher Streitzeitraum sind die Monate November 2005 bis Oktober 2007. Dies ergibt mangels eines von der Klägerin ausdrücklich gestellten Antrages, für welchen Zeitraum Kindergeld für B… und C… angestrebt wird, die Auslegung des Klägervorbringens in Verbindung mit den für die Beklagte erkennbaren Umständen.
Grundsätzlich ist ein zeitlich nicht beschränkter Kindergeldantrag im Interesse des Kindergeldberechtigten regelmäßig dahin zu verstehen, dass die Festsetzung von Kindergeld für den längst möglichen Zeitraum und damit auch für die Zeit vor Antragstellung begehrt wird. Allerdings kann sich im Einzelfall durch Auslegung des Kindergeldantrages entsprechend §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Abweichendes ergeben. Entscheidend ist danach, wie die Beklagte als Erklärungsempfängerin den Kindergeldantrag verstehen musste. Begehrt ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer Kindergeld, spielt in diesem Zusammenhang auch eine Rolle, ab wann er die Voraussetzungen gemäß § 62 Abs. 2 EStG erfüllt (vgl. BFH, Urteil vom 20. Juni 2012 V R 56/10, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs/Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2012, 1775).
Vorliegend ist deshalb erheblich, dass die Klägerin im November 2005 in den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG gelangt ist und dies offensichtlich zum Anlass genommen hat, Anfang Dezember 2005 – nach Aktenlage erstmalig – einen Antrag auf Kindergeld zu stellen. Es ist nicht ersichtlich, dass die augenscheinlich nicht freizügigkeitsberechtigte Klägerin zuvor im Besitz eines Aufenthaltstitels war. Sollte die Klägerin bereits ab einem noch früheren Zeitpunkt Kindergeld beanspruchen, wäre die Klage insoweit bereits wegen Fehlens eines derartigen Aufenthaltstitels unbegründet.
Das Ende des Streitzeitraumes stellt der Monat Oktober 2007 dar, in dem die Einspruchsentscheidung der Klägerin bekanntgegeben wurde.
Zwar erstreckt sich bei fehlender entsprechender Regelung in einem Aufhebungs- oder Ablehnungsbescheid, wie hier, regelmäßig der Zeitraum, für den die darin verfügte Aufhebung oder Ablehnung wirkt, bis zu dem Monat, in dem dieser Bescheid bekannt gegeben wurde (vgl. BFH, Urteile vom 26. November 2009 III R 93/07, BFH/NV 2010, 856, und vom 25. Juli 2001 VI R 78/98, BStBl II 2002, 88). Wird gegen einen solchen Bescheid Einspruch eingelegt, verlängert sich der vorgenannte Zeitraum jedoch regelmäßig bis zum Monat der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung (vgl. BFH, Urteil vom 4. August 2011 III R 71/10, BFH/NV 2012, 298; Finanzgericht – FG – Düsseldorf, Urteil vom 23. Januar 2007 10 K 5107/05 Kg, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2007, 600; Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 23. Mai 2007 3 K 3143/06, EFG 2007, 1527), was hier der Monat Oktober 2007 war. Dieser Regelungszeitraum verlängert sich nicht dadurch noch weiter, dass ein Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren die Festsetzung von Kindergeld ohne zeitliche Begrenzung beantragt.
Für den so bestimmten Streitzeitraum besteht jedoch kein Anspruch der Klägerin auf Kindergeld für ihre beiden Kinder, da die Tatbestandsmerkmale des § 62 Abs. 2 EStG, aus dem sich allein ein Kindergeldanspruch ergeben könnte, nicht erfüllt werden.
Der Kindergeldanspruch nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer richtet sich unter anderem nach § 62 Abs. 2 EStG. Diese Vorschrift legt fest, wer überhaupt anspruchsberechtigt ist. Da im Übrigen aufgrund des im Kindergeldrecht geltenden Monatsprinzips, § 66 Abs. 2 EStG, Kindergeld nur für die Monate gezahlt wird, in denen mindestens an einem Tag die Voraussetzungen für einen Kindergeldanspruch erfüllt sind, ist auch im Streitfall für die entsprechenden Zeitabschnitte zu prüfen, inwieweit die Klägerin die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zahlung von Kindergeld erfüllt.
Für den Streitzeitraum bestehen aufgrund zwischenzeitlicher Gesetzesänderungen unterschiedliche Fassungen des § 62 Abs. 2 EStG. Allerdings ist im Streitfall einheitlich die ab dem 1. Januar 2006 geltende Fassung des § 62 Abs. 2 EStG anzuwenden, da § 52 Abs. 61a Satz 2 EStG bestimmt, dass § 62 Abs. 2 EStG in der Fassung des Artikels 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 in allen Fällen anzuwenden ist, in denen das Kindergeld noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. Wie aufgrund des vorliegenden Rechtsstreits ohne weiteres ersichtlich fehlt es im Streitzeitraum an einer bestandskräftigen Kindergeldfestsetzung.
§ 62 Abs. 2 EStG in der danach für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung gemäß Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 (Bundesgesetzblatt I 2006, 2915) lautet:
"(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er
1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt,
2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a) nach § 16 oder § 17 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
b) nach § 18 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes erteilt und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilt werden,
c) nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt
oder
3. eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und
a) sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und
b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt."
Die Klägerin erfüllt keinen Tatbestand, der zum Bezug von Kindergeld berechtigen würde. Gemäß § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG sind im Gegenteil Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absätze 3 bis 5 AufenthG, wie die Klägerin, ausdrücklich von der Kindergeldberechtigung ausgeschlossen. Die Klägerin erfüllt auch nicht eine der ergänzenden Voraussetzungen gemäß § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG. Weder ist erkennbar, dass sie sich vor Beginn des Streitzeitraumes, bezogen auf irgendeinen Monat innerhalb des Streitzeitraumes, seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet, im Bundesgebiet aufgehalten hat, selbst wenn der Senat berücksichtigt, dass bereits B… im August 1994 in Deutschland geboren wurde. Daraus ergibt sich jedenfalls nicht zwingend ein mindestens dreijähriger Aufenthalt in Deutschland, und schon gar nicht ein solcher mit der in § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a EStG geforderten rechtlichen Qualität. Zudem ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin erwerbstätig war, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bezog oder Elternzeit in Anspruch nahm. Im Gegenteil sprechen die vorgelegten Bescheide, soweit sie den Streitzeitraum betreffen, dafür, dass Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen wurden. Da die Tatbestandsmerkmale in § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstaben a und b EStG kumulativ vorliegen müssten, scheitert der Kindergeldanspruch jedenfalls am Fehlen eines der Tatbestandsmerkmale des § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG. Unerheblich für die Entscheidung des Rechtsstreits ist es im Übrigen, ob die Klägerin zu einem nach dem Streitzeitraum liegenden Zeitpunkt in den Besitz eines für § 62 Abs. 2 EStG genügenden Aufenthaltstitels gelangt ist, da es im Rahmen von § 62 Abs. 2 EStG allein darauf ankommt, dass die Ausländerin im Zeitraum, für den sie Kindergeld begehrt, den notwendigen Aufenthaltstitel tatsächlich in den Händen hält (vgl. BFH, Beschluss vom 9. November 2012 III B 138/11, BFH/NV 2013, 372).
Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin hält der erkennende Senat die für die Kindergeldberechtigung der Klägerin maßgeblichen Vorschriften nicht für verfassungswidrig.
Die Verfassungsgemäßheit von § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c in Verbindung mit Nr. 3 EStG wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers beurteilt.
So wird etwa die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber habe mit der zum 1. Januar 2006 vorgenommenen Änderung in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c in Verbindung mit Nr. 3 EStG die Benachteiligung von Ausländern, die legal in Deutschland leben und in den deutschen Arbeitsmarkt integriert sind, zwar abgemildert, aber nicht in vollem Umfang, wie eigentlich verfassungsrechtlich geboten, beseitigt (vgl. Treiber in Blümich, Kommentar zum EStG, 121. Auflage 2014, § 62 EStG Rz 51). Das Niedersächsische Finanzgericht hält die Regelung wegen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) für verfassungswidrig. Die vom Gesetzgeber gewählten Differenzierungskriterien in § 62 Abs. 2 EStG halten nach seiner Auffassung einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand. Stelle man die gesetzlichen Differenzierungen des § 62 Abs. 2 EStG dem Zweck des Kindergeldes, wie er sich aus § 31 EStG ergebe, nämlich steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes und Förderung der Familie, gegenüber, ergebe sich kein zulässiger Rechtfertigungsgrund für die Ungleichbehandlung im Sinne des Artikel 3 Abs. 1 GG (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht – FG –, Vorlagebeschlüsse vom 21. August 2013 7 K 9/10, 7 K 111/13, 7 K 112/13, 7 K 113/13, 7 K 114/13, 7 K 116/13, juris).
In einem Beschluss vom 10. Juli 2012 hat das Bundesverfassungsgericht die mit § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c, Nr. 3 EStG wortgleichen Regelungen in § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG und § 1 Abs. 7 Nr. 3 Buchstabe b Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für verfassungswidrig erklärt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 2012 1 BvL 2/10, 1 BvL 3/10, 1 BvL 4/10, 1 BvL 3/11, BGBl I 2012, 1898).
Demgegenüber geht der BFH in ständiger Rechtsprechung von der Verfassungsmäßigkeit des § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c, Nr. 3 EStG aus. Er begründet dies damit, dass die gegen § 1 Abs. 6 BErzGG und § 1 Abs. 7 Nr. 3 BEEG vorgebrachten Bedenken im Rahmen der Gewährung des steuerrechtlichen Kindergeldes nicht zum Tragen kämen, da das Kindergeld, anders als z.B. das Erziehungsgeld, als Einkommen auf Sozialleistungen angerechnet werde und diese Anrechnung laut der Entscheidung des BVerfG vom 11. März 2010 (1 BvR 3163/09) verfassungsgemäß sei. Nicht in den Arbeitsmarkt integrierte Ausländer, die nach § 62 Abs. 2 EStG keinen Anspruch auf Kindergeld hätten, erhielten typischerweise Sozialleistungen, deren Höhe sich unter anderem nach der Anzahl der im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder richte. Solchen Ausländern entstehe durch die Beschränkung der Kindergeldberechtigung in § 62 Abs. 2 EStG typischerweise kein finanzieller Nachteil, der zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Abs. 3 Satz 2 GG führen könne. Ausländern, die dagegen Anspruch auf Kindergeld hätten und die darüber hinaus Sozialleistungen bezögen, werde das Kindergeld entweder als Einkommen des anspruchsberechtigten Elternteils oder als Einkommen des minderjährigen Kindes auf die Sozialleistungen angerechnet oder auf Antrag nach § 74 Abs. 2 EStG in Verbindung mit § 104 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) anderen Sozialleistungsträgern erstattet oder nach § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG an diesen abgezweigt. Eine Ausweitung der Kindergeldberechtigung auf nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer, die ihren Unterhalt mit Sozialleistungen bestritten, brächte für diese somit in der Regel keine finanziellen Vorteile. Schließlich sei es von Verfassungs wegen nicht geboten, Ausländern, die den Lebensunterhalt ihrer Familien mit Hilfe von Sozialleistungen bestritten, darüber hinaus Kindergeld zu gewähren (vgl. BFH, Urteil vom 7. April 2011 III R 72/09, BFH/NV 2011, 1134; BFH, Urteil vom 27. Oktober 2011 III R 14/08, BStBl II 2012, 737; BFH, Beschluss vom 9. November 2012 III B 138/11; BFH, Urteil vom 30. Juli 2009 III R 54/07, juris; BFH, Beschluss vom 21. Mai 2013 III B 59/12, BFH/NV 2013, 1447; BFH, Beschluss vom 26. März 2013 III B 158/12, BFH/NV 2013, 968).
Der erkennende Senat hält die zitierte Rechtsprechung des BFH für überzeugend und schließt sich ihr auch im Streitfall an. Es ist allgemein anerkannt, dass es dem Gesetzgeber erlaubt ist, in erheblichem Umfang typisierende Regelungen zu treffen. Selbst wenn es also in Einzelfällen für den ausländischen Staatsangehörigen von rechtlicher oder wirtschaftlicher Bedeutung sein sollte, gerade Kindergeld und nicht Sozialleistungen beanspruchen zu können, führt dies nicht zwingend zu einer Verfassungswidrigkeit der Regelung in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c, Nr. 3 EStG.
Anderweitige Rechtsgrundlagen, insbesondere über- oder zwischenstaatlicher Natur, die den begehrten Kindergeldanspruch rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere auch für einen Kindergeldanspruch nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jugoslawien, selbst wenn der Senat zu Gunsten der Klägerin unterstellt, dass dieses zwischen der Bundesrepublik und der Republik Serbien und Montenegro fort gilt.
Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 SozSichAbk YUG hat eine Person in Deutschland nur dann einen Kindergeldanspruch nach dem SozSichAbk YUG, wenn sie hier auch beschäftigt ist. Dabei reicht nicht jedes Arbeitsverhältnis. Anspruch auf Kindergeld nach dem SozSichAbk YUG haben nur Personen, die einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen (vgl. BFH, Urteil vom 21. Februar 2008 – III R 79/03 –, BFHE 220, 439, BStBl II 2009, 916). Dies ist bei der Klägerin ersichtlich nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.
Die Revision ist im Hinblick auf die Vorlagebeschlüsse des FG Niedersachsen zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.