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Rechtsmittelbelehrung - zuständige Verwaltungsstelle - versäumte Widerspruchsfrist


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 11.03.2013
Aktenzeichen L 3 U 265/11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 36 SGB 10, § 66 SGG, § 84 SGG

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die beim Kläger bestehende Sehminderung Folge des Arbeitsunfalls vom 15. Juli 2008 ist, deswegen Arbeitsunfähigkeit und damit ein Anspruch auf Verletztengeld fortbesteht, insbesondere jedoch über die Zulässigkeit des Widerspruchs.

Der 1974 geborene Kläger erlitt bei seiner Tätigkeit als Kraftfahrer am 15. Juli 2008 einen Unfall, als ihm beim Öffnen der Tür des LKW der Rampenhebel auf den rechten Hinterkopf fiel (Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 30. September 2008; Bericht der Abteilung Prävention der Beklagten vom 25. Januar 2010). Der Kläger setzte nach einer initialen Benommenheit und Nasenbluten seine Tätigkeit fort. Wegen zunehmender Beschwerden (Schwindel und Übelkeit) stellte er sich dann beim Durchgangsarzt (DA) Dr. E in N vor, der eine hochparieto-occipitale Hämatomschwellung befundete und den Verdacht auf ein Schädelhirntraumas (SHT) nach Schädelkontusion äußerte; die durchgeführte Computertomographie (CT) des Schädels ergab keinen Anhalt für eine Fraktur oder intracranielle Verletzung (DA-Bericht vom 16. Juli 2008). Am 17. Juli 2008 stellte sich der Kläger wegen Sehstörungen bei dem Augenarzt Dr. K vor, der nasale Defekte des Gesichtsfeldes des linken Auges feststellte und den Kläger als LKW-Fahrer für arbeitsunfähig hielt. Die von ihm veranlasste Magnetresonanztomografie (MRT) vom 25. Juli 2008 ergab einen unauffälligen und altersentsprechenden cerebralen Organbefund. In der Folgezeit begab sich der Kläger regelmäßig zur Untersuchung zu Dr. K, der weiterhin einen halbseitigen Gesichtsfeldausfall nasal des linken Auges befundete. Am 06. März 2009 stellte sich der Kläger bei der Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie P vor, die ein SHT zweiten Grades, eine traumatische Sehminderung/Gesichts-feldeinschränkung sowie eine depressive Reaktion diagnostizierte.

Im Auftrag der Beklagten zahlte die Krankenversicherung des Klägers ab dem 27. August 2008 (Ende des Lohnfortzahlungszeitraumes) fortlaufend Verletztengeld an den Kläger.

Die Beklagte beauftragte den Augenarzt Dr. K mit der Untersuchung des Klägers zur Kontrolle des Heilverfahrens (Gutachten vom 06. April 2009) sowie zum Ursachenzusammenhang (Gutachten vom 24. August 2009). Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass eine direkte Schädigung des Sehnervens ausgeschlossen werden könne, da in diesem Falle ein anderes Schädigungsbild zutage getreten wäre und auf den Röntgenaufnahmen keinerlei direkte oder indirekte Schädigungsfolgen wie Ödeme oder Blutungen zu erkennen seien. Der Schadenszustand sei, wenn auch etwas schwer, durch einen Gefäßverschluss im Rahmen des Unfallereignisses zu erklären. Die Gesichtsfeldeinschränkungen seien daher als unfallbedingt anzusehen. Die verordnete Brille sei wegen einer unfallfremden Weit- und Stabsichtigkeit erforderlich. Beim Kläger bestehe seit dem 16. Januar 2009 Arbeitsfähigkeit als LKW-Fahrer.

Daraufhin teilte die Beklagte sowohl dem Augenarzt Dr. K als auch der Krankenkasse des Klägers mit Schreiben vom 15. September 2009 mit, dass der Kläger bereits seit 16. Januar 2009 als LKW-Fahrer arbeitsfähig sei und bat um umgehende Beendigung der Arbeitsunfähigkeit zu ihren Lasten. Mit Schreiben vom gleichen Tage lehnte sie zudem den Antrag des Klägers auf Erstattung der Kosten für eine Fernbrille i. H. v. 295,- Euro mit der Begründung ab, diese sei wegen der unfallfremden Stab- und Weitsichtigkeit erforderlich.

Auf die Einwendungen des Klägers hin erstellte Prof. Dr. D von der Augenklinik Bim Auftrag der Beklagten am 14. Dezember 2009 ein Gutachten nach Aktenlage. Er kam zu dem Ergebnis, die Verursachung der von Dr. K festgestellten rechtsseitigen Hemianopsie des linken Auges sowie der Weit- und Stabsichtigkeit durch das Unfallgeschehen sei mehr als unwahrscheinlich. Eine direkte Traumatisierung des Gesichts oder der Augenregion sei nicht erfolgt. Auch bestehe von Seiten der Augen Fahrtauglichkeit und damit Arbeitsfähigkeit. Die von der Beklagten veranlasste weitere Diagnostik in der Klinik für Neurologie im Unfallkrankenhaus B (UKB) nebst konsiliarischer Untersuchung durch Prof. Dr. D erbrachte ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine traumatische Genese der beim Kläger bestehenden Sehminderung (vgl. gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. D vom 15. Februar 2010, Entlassungsbrief Brain Check des UKB vom 15. Februar 2010)

Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2010 fest, dass die Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über den 05. August 2008 hinaus keine Folgen des Arbeitsunfalls vom 15. Juli 2008 seien und der Kläger insoweit keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung habe. Nach dem Ergebnis der diversen ärztlichen Untersuchungen sei der vom Kläger angegebene Gesichtsfeldausfall nicht zweifelsfrei festgestellt. Selbst wenn der Gesichtsfeldausfall in dieser Form existieren würde, wäre er nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit Folge des Unfallereignisses vom 15. Juli 2008, da dieses zu keinerlei Schädigungen des Gehirns, der Augen und des Sehnerven geführt habe. Abgesehen davon wäre der Kläger auch unter der Annahme eines unfallbedingten Gesichtsfeldausfalls links arbeitsfähig als LKW-Fahrer, denn es fehle nichts am Gesichtsfeld, da die ausgefallenen Bereiche des linken Auges mit dem rechten Auge gesehen werden könnten. Bei dem Unfallereignis vom 15. Juli 2008 sei es allenfalls zu einem leichten SHT gekommen, welches eine Arbeitsunfähigkeit von Tagen, maximal von einigen Wochen, verursache. Das Ansetzen einer unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit von drei Wochen, d. h. bis einschließlich 05. August 2008, sei im Falle des Klägers völlig ausreichend bemessen. Am Ende des Bescheides heißt es dann:

„Der Bescheid ergeht auf Beschluss des Rentenausschusses, der aus Vertretern, Versicherten und Arbeitgebern besteht.
Ihre Rechte:
Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben (§ 77 ff. des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –). Sie können den Widerspruch bei uns in schriftlicher Form einreichen oder mündlich zur Niederschrift vortragen……..“

Der Bescheid wurde mit Begleitschreiben vom gleichen Tage per Einschreiben an den damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers, Rechtsanwalt (RA) S, abgesandt. Mit Schreiben vom 18. Mai 2010 bat RA S um die Übersendung einer Kopie des Berichtes über die Abschlussuntersuchung im UKB. Mit Schreiben vom 08. Juli 2010, bei der Beklagten eingegangen am 09. Juli 2010, bat Rechtsanwalt S um Prüfung, ob das in Kopie beigelegte Schreiben vom 23. Februar 2010 betreffend den Widerspruch gegen den Bescheid vom 18. Februar 2010, welches mit dem Vermerk „vorab per Telefax: 259 97 -294“ versehen war, bei der Beklagten vorliege.

Mit Schreiben vom 13./20. Juli 2010 wies die Beklagte den Kläger, vertreten durch RA S, darauf hin, dass der Widerspruch verfristet sei, und bat um Mitteilung von Gründen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Schreiben vom 16. August 2010 teilte RA S mit, der Widerspruch gegen den Bescheid vom 18. Februar 2010 sei am 23. Februar 2010 gefertigt und in die Post gegeben worden. Rein vorsorglich werde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Beklagte forderte ihn daraufhin mit Schreiben vom 24. August 2010 auf, den Wiedereinsetzungsantrag näher zu begründen und durch Belege den Nachweis zu erbringen, wie der Widerspruch am 23. Februar 2010 an sie geschickt worden sei.

Mit Schreiben vom 27. September 2010 meldete sich der nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Klägers bei der Beklagten unter Vorlage einer Vollmacht. Die Beklagte veranlasste eine Recherche im Fax-Journal für die Zeit vom 18. Februar bis zum 08. März 2010, welches keine Sendung des damals bevollmächtigten RA S auswies. Sie teilte dies dem Kläger mit Schreiben vom 06. Oktober 2010 mit. Unter dem 16. Dezember 2010 meldete sich erneut RA S unter Bezugnahme auf einen – in Kopie - beigefügten Antrag vom 09. November 2010 (Antrag auf Überprüfung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch <SGB X>). Nachdem die Beklagte um Klärung der Vertretungsverhältnisse gebeten hatte, zeigte RA S mit Schreiben vom 27. Dezember 2010 an, dass er den Kläger nicht mehr anwaltlich vertrete.

Der nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte der Beklagten nach Akteneinsicht mit Schreiben vom 22. Februar 2011 mit, dass der Widerspruch nicht zurückgenommen werde, weil - „trotz des ganz offensichtlich durch RA S nicht in der Monatsfrist erhobenen Widerspruchs“ – dessen Verfristung nicht zu erkennen sei. Die von der Beklagten benutzte Rechtsbehelfsbelehrung entspreche nicht den Anforderungen des § 66 Abs. 1 SGG. So stelle die Angabe „bei uns“ keine Angabe des Sitzes der erlassenden Behörde dar, wie dies nach § 66 Abs. 1 SGG erforderlich sei.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 19. April 2011 den Widerspruch als unzulässig zurück. Der noch am gleichen Tage zur Post aufgegebene Bescheid vom 18. Februar 2010 gelte am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post gem. § 37 SGB X, § 4 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) als bekannt gegeben. Der Widerspruch vom 23. Februar 2010 sei nicht innerhalb der einmonatigen Widerspruchsfrist bei der Beklagten eingegangen. Trotz entsprechenden Hinweises seien vom Kläger Nachweise für die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs nicht erbracht worden. Besondere Umstände, die bei unverschuldet versäumter Frist nach § 67 SGG eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, lägen daher auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des jetzigen wie auch des früheren Prozessbevollmächtigten nicht vor. Auch entspreche die im Bescheid vom 18. Februar 2010 verwendete Rechtsbehelfsbelehrung den Anforderungen des § 66 Abs. 1 SGG. So sei aus dem Verwaltungsakt die erlassende Behörde bzw. der Sozialversicherungsträger mit vollständigem Namen und Adressenangabe ersichtlich. Wenn im Rahmen der Rechtsbehelfsbelehrung darauf verwiesen werde, dass der Widerspruch „bei uns“ in schriftlicher Form eingereicht oder mündlich zur Niederschrift vorgetragen werden könne, so sei die zuständige Stelle, bei der Widerspruch eingelegt werden könne, für den Beteiligten ohne Weiteres zu erkennen und die Bezeichnung nicht irreführend oder unvollständig. Da Verwechslungen nicht möglich seien, sei eine zusätzlich Angabe von Namen und Anschrift in der Rechtsbehelfsbelehrung entbehrlich (siehe Landessozialgericht <LSG> Rheinland-Pfalz, Teil-Urteil vom 30. September 2010 – L 1 AL 122/09 –, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 21. Juli 2010 – L 7 AS 625/10 B – und vom 22. Oktober 2008 – L 19 B 190/08 AS –; jeweils veröffentlicht in juris).

Mit seiner am 23. Mai 2011 beim Sozialgericht (SG) Potsdam erhobenen Klage hat der Kläger die Feststellung von Unfallfolgen sowie von unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über den 05. August 2008 hinaus und die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Entschädigungsleistungen, insbesondere von Verletztengeld über den 05. August 2008 hinaus und im Anschluss daran von Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 25 v. H. begehrt. Er hat ausgeführt, die Rechtsbehelfsbelehrung entspreche nicht den Anforderungen des § 66 Abs. 1 SGG. Anders als in den vom LSG Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fällen sei die Angabe „bei uns“ eben gerade kein eindeutiger Hinweis, da im Briefkopf des Bescheides vom 18. Februar 2010 nur eine Postfachadresse angegeben sei und eine Besucheradresse sich lediglich in der Fußzeile der Seite 1 des Bescheides finde. Auch sei der Bescheid vom 18. Februar 2010 mit „der Rentenausschuss“ und dessen Mitgliedern unterzeichnet, die ebenso mit „bei uns“ gemeint sein könnten, wobei vollkommen unklar bleibe, wo sich dieser Rentenausschuss befinde.

In der mündlichen Verhandlung des SG vom 06. Oktober 2011 hat der Vorsitzende Zweifel hinsichtlich der Zulässigkeit der Anträge geäußert, insbesondere soweit sie auf die Gewährung einer Verletztenrente gerichtet seien. Insoweit fehle es an einer Bescheidung im Verwaltungsakt vom 18. Februar 2010.

Mit Urteil vom 06. Oktober 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Diese sei unzulässig, weil es an der Durchführung eines ordnungsgemäßen Vorverfahrens fehle, da der Widerspruch des Klägers verfristet gewesen sei. Insoweit werde nach eigener Prüfung auf die Begründung des Widerspruchsbescheides nach § 136 Abs. 3 SGG verwiesen.

Gegen das ihm am 19. Oktober 2011 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 18. November 2011 eingelegten Berufung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages.

Dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers ist der Antrag zu entnehmen,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 06. Oktober 2011 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 19. April 2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07. Mai 2007 – L 7 B 58/07 AS – liege ein völlig anderer Sachverhalt zugrunde, da im dortigen Verfahren im Briefkopf des Bescheides eine andere Behörde als im Text des Bescheides genannt worden sei. Die von ihr verwandte Formulierung „bei uns“ habe sich unzweifelhaft auf die auf der ersten Seite des Bescheides vom 18. Februar 2010 genannte „BG Verkehr“ bezogen, wobei hier lediglich sowohl die Postfachanschrift als auch die postalische Hausanschrift – wie generell im behördlichen Schriftverkehr üblich - genannt worden seien.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 ist den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zur Absicht des Senats, nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zu entscheiden, gegeben worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten der Beklagten (3 Bände), die bei Entscheidungsfindung vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, denn er hält sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.

Die zulässige Berufung des Klägers, mit der dieser nur noch die gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 19. April 2011 erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) weiterverfolgt, ist unbegründet. Wie das SG Potsdam zutreffend entschieden hat, erweist sich der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 19. April 2011 als rechtmäßig. Zu Recht hat die Beklagte den bei ihr am 09. Juli 2010 eingegangenen Widerspruch des Klägers (Kopie eines Schreibens des RA S vom 23. Februar 2010) gegen den Bescheid vom 18. Februar 2010 als unzulässig zurückgewiesen und die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Widerspruchsfrist abgelehnt.

Der am 18. Februar 2010 gefertigte und noch am gleichen Tag von der Beklagten per (Übergabe-) Einschreiben zur Post gegebene Bescheid galt nach § 37 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB X i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG am dritten Tag nach Aufgabe zur Post, d. h. am 21. Februar 2010, dem Kläger als bekannt gegeben. Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid dem Kläger nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen war, ergeben sich hier nicht. Schließlich hatte RA S, der damalige Bevollmächtigte des Klägers, nach seinen Angaben bereits am 23. Februar 2010 ein Widerspruchsschreiben gegen diesen Bescheid gefertigt, was dessen Kenntnis zwingend voraussetzt. Das Widerspruchsschreiben vom 23. Februar 2010 war erst am 09. Juli 2010 und damit lange nach Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 SGG), die gemäß § 64 Abs. 1, 2 Satz 1, 3 SGG am 22. März 2010 (Montag) endete, eingegangen.

Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung scheiterte der Beginn des Laufes der Monatsfrist nicht daran, dass die Rechtsbehelfsbelehrung gemäß §§ 84 Abs. 1 und 2 Satz 3, 66 Abs. 1 SGG und § 36 SGB X unrichtig erteilt worden wäre. Die Jahresfrist (§ 66 Abs. 2 SGG) für die Einlegung des Widerspruches galt damit nicht.

Die im Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2010 enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung enthielt nicht nur den Hinweis auf den zulässigen Rechtsbehelf (= Widerspruch), die maßgebliche Frist (= ein Monat) und deren Beginn (= mit Bekanntgabe des Bescheides) sowie die Form (= in schriftlicher Form oder mündlich zur Niederschrift), sondern auch auf die zuständige Verwaltungsstelle, bei der der Widerspruch einzulegen war, nebst deren Sitz (= „bei uns“). So geht aus dem Briefkopf des Bescheides vom 18. Februar 2010 klar und deutlich die erlassende Verwaltungsstelle (= BG Verkehr, Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft, Bezirksverwaltung B) und deren Sitz (= B) hervor. Hinsichtlich des Sitzes findet sich im Briefkopf die Postfachanschrift (= BG Verkehr, Postfach , B) sowie ergänzend in der Fußzeile von Seite 1 des Bescheides, wie in Behörden- und Geschäftspost üblich, die Hausanschrift (BG Verkehr, A-Straße , 1 B) nebst Telefon- /Faxnummer, Sprechzeiten und Bankverbindung. Die von der Beklagten in der Rechtsbehelfsbelehrung verwandte Formulierung „Sie können den Widerspruch bei uns in schriftlicher Form einreichen…“ bezog sich daher auf die im Briefkopf des Bescheides unmissverständlich mit Sitzangabe bezeichnete erlassende Verwaltungsstelle und genügte damit den Anforderungen des § 66 Abs. 1 SGG bzw. § 36 SGB X (vgl. zu der Formulierung „..bei der im Briefkopf benannten Stelle..“: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. September 2011 – L 7 AS 1080/11 B –; LSG Rheinland-Pfalz, Teil-Urteil vom 30. September 2010 – L 1 AL 122/09 –; jeweils veröffentlicht in juris). Aus dem Wortlaut des Bescheides ergaben sich auch nicht mehrere Behörden oder andere Deutungsmöglichkeiten (vgl. zu zwei im Bescheid konkret bezeichneten unterschiedlichen Behörden: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07. Mai 2007 – L 7 B 58/07 AS, veröffentlicht in juris). Soweit der Kläger meint, eine andere Deutungsmöglichkeit folge aus dem der Rechtsbehelfsbelehrung vorangestellten Hinweis „Der Bescheid ergehe auf Beschluss des Rentenausschusses, der..“, vermag der Senat dies nicht nachzuvollziehen. Schließlich wird damit nur die Einhaltung des in der Satzung der Beklagten vorgesehenen Verfahrens (vgl. § 36 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch <SGB IV> i. V. m. § 20 der Satzung der Beklagten) - Entscheidung durch den Rentenausschuss der Beklagten - dargestellt, jedoch keine vom Briefkopf des Bescheides abweichende andere Behörde bzw. Verwaltungsstelle genannt. Ebenso wenig vermag der Aspekt, dass der Bescheid von Mitgliedern des Rentenausschusses unterzeichnet wurde, Zweifel dahingehend erwecken, dass mit der in der Rechtsbehelfsbelehrung verwandten Bezeichnung „bei uns“ eine andere Behörde als die den Bescheid erlassende Beklagte (= BG Verkehr) gemeint sein könnte.

Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG sind nach wie vor nicht ersichtlich. Ein entsprechender Vortrag und Glaubhaftmachung der näheren Umstände der von RA S behaupteten Aufgabe des Widerspruchsschreibens vom 23. Februar 2010 zur Post noch am gleichen Tage war auch auf Nachfrage der Beklagten nicht erfolgt. Zudem lässt auch die Tatsache, dass in der gesamten Zeit vom 18. Februar bis zum 08. März 2010 im Fax-Journal der Beklagten kein Faxeingang von Seiten des Büros von RA S zu verzeichnen war, eine irgendwie geartete Absendung des Widerspruchsschreibens vom 23. Februar 2010 vor dem 08. Juli 2010 als äußerst unwahrscheinlich erscheinen.Darauf deutet auch das Schreiben des nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 22. Februar 2011 hin, worin geltend gemacht wird, dass „trotz des ganz offensichtlich durch RA S nicht in der Monatsfrist erhobenen Widerspruchs“ eine Verfristung nicht zu erkennen sei.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revison nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.