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Entscheidung 5 O 273/12


Metadaten

Gericht LG Neuruppin 5. Zivilkammer Entscheidungsdatum 20.02.2014
Aktenzeichen 5 O 273/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 35.638,70 € zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.1.2013 Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditanteile an dem ... Fonds Nr. ... Objekte Leipzig – Hamburg ... KG zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 1.376,83 € zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Kommanditanteile an dem ...Fonds Nr. ... Objekte Leipzig Hamburg ... KG in Annahmeverzug befindet.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 30% und die Beklagte zu 70% zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung von 120% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Schadenersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung geltend und verlangt in diesem Zusammenhang Zug um Zug gegen Rückübertragung seiner Fondsbeteiligung die Rückzahlung seiner Einlage abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen sowie entgangenen Gewinn.

Der Kläger, der bereits am 15.8.1994 einen Zeichnungsschein für den ... Fond Nr. ... unterschrieben hatte, beteiligte sich nach einem oder mehreren Gesprächen mit dem Zeugen R..., einem Mitarbeiter der Beklagten, mit der Zeichnung des Anteilsscheins am 30.11.1994 als Kommanditist an der ... Fonds Nr. ... Objekte Leipzig – Hamburg ... KG mit einer Bareinlage von 25.564,59 € nebst Agio von 1.278,23 €. Gesellschaftszweck war die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses in Leipzig und eines Geschäftshauses in Hamburg. Die Bareinlage wurde in Höhe eines Betrages von 21.569,47 € durch Aufnahme eines Darlehens finanziert. Der Kredit wurde am 22.10.1998 bis zum 30.11.2002 verlängert. Eine Anschlussfinanzierung erfolge bis zum 30.3.2007. In dem Prospekt für den Immobilienfond heißt es auf Seite 32:

„Die Haftung des Kommanditisten ist auf seine Einlage beschränkt, eine Nachschusspflicht besteht nicht. Unbeschadet hiervon gilt die Vorschrift des § 172 Abs. 4 HGB.“

Dem Kläger wurden durch den Fond jährliche Rechenschaftsberichte übersandt, die ihm jeweils im Folgejahr zugingen. In dem Rechenschaftsbericht für die Jahre 2002 du 2003 heißt es unter anderem:

„Aufgrund des erwirtschafteten Jahresergebnisses kann auch für das Geschäftsjahr 2002 keine Barausschüttung vorgenommen werden, um die liquiden Rücklagen nicht weiter zu mindern. Wie im Vorjahr beschlossen, ist im September 2004 – nach Auslauf der Zinsfestschreibungsfrist – eine Sondertilgung auf das Fremddarlehen in Höhe von rd. € 1.800.000 geplant. Dieser Betrag soll den Rücklagen entnommen werden.“

In dem Rechenschaftsbericht 2005 heißt es unter anderem:

„In Abstimmung mit dem Beirat schlägt die Geschäftsführung vor, für das Geschäftsjahr 2005 keine Ausschüttungen vorzunehmen.

Im Geschäftsjahr 2005 musste aus handelsrechtlichen Gründen eine weitere Anpassung des Bilanzausweises der Immobilien auf TEURO 5.250 (Leipzig) bzw. TEURO 4.530 (Hamburg) vorgenommen werden.“

Der Rechenschaftsbericht 2006 lautet auszugsweise:

„Die Anleger haben grundsätzlich das Risiko, im Insolvenzfall die bisher erhaltenen Ausschüttungen zurückzahlen zu müssen.“

Mit dem Schreiben vom 28.12.2011 beantragte der Kläger bei der C... GmbH ein außergerichtliches Güteverfahren. Die C...GmbH bescheinigte am 3.9.2012 die Erfolglosigkeit des Güteverfahrens.

Der Kläger behauptet, dass der Zeuge R... ihn und seine Ehefrau mehrmals angerufen habe, um sie zu einem Beratungsgespräch über Kapitalanlagen zu bewegen. Er sei unerfahren gewesen, habe nur Interesse an einer sicheren Kapitalanlage für die Altersvorsorge gehabt und dies auch gegenüber dem Zeugen R... geäußert. Der Zeuge R... habe den ... Nr. ... undifferenziert als sehr sicher dargestellt, die angeblichen Steuervorteile angepriesen und auf die Gewinnerzielung hingewiesen. Das Konzept und der Prospekt des Fonds seien lücken- und fehlerhaft. Er sei über das mit einer solchen Anlage verbundene Risiko nicht aufgeklärt worden. Über das Risiko steuerlicher Nachzahlungen, eine Nachschusspflicht, die Möglichkeit des Totalverlustes und die schlechte Veräußerbarkeit sei nicht gesprochen worden. Er habe andere als handschriftliche Unterlagen des Zeugen und die Bewertung des Fonds nicht erhalten. Wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre, hätte er die Beteiligung nicht gezeichnet. Die Provision der Beklagten habe, da es üblich sei, bei der Beteiligung an einem Fond auch eine Bestandsprovision zu zahlen, mehr als 15 % betragen. Aus dem streitgegenständlichen Fond habe er Ausschüttungen von insgesamt 3.382,19 € erhalten. Auf den Kredit habe er vom 1.12.1998 bis zum 30.03.2007 Zinsen von 11.825,03 € und Gebühren von 353,04 € gezahlt.

Der Kläger ist der Auffassung, dass mit der Beklagten ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen sei. Die Beklagte hätte über die Höhe der Provisionen und die Rückvergütung aufklären müssen. Bei einer Plausibiltätsprüfung hätte auffallen müssen, dass in dem Objekt in den neuen Bundesländern die Erträge nicht erzielbar gewesen wären. Zudem hätten die weichen Kosten von mehr als 30 Prozent die Rentabilität des Anlagekonzeptes gefährdet.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn, 35.638,70 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditanteile an dem ... Fonds Nr. ... Objekte Leipzig – Hamburg ... KG zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Zinsen von 4% aus 14.060,53 € für die Zeit vom 28.12.1994 bis Rechtshängigkeit, aus 21.578,17 € für die Zeit vom 1.4.2007 bis Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.376,83 € zu zahlen,

4. festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Kommanditanteile an dem ... Fonds Nr. ... Objekte Leipzig Hamburg ... KG in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass der Zeuge R... in einem Gespräch mindestens 2 Wochen vor der Zeichnung dem Kläger den Prospekt übergeben habe. Der Kläger sei durch den Zeugen anhand des Prospektes über alle Risiken und auch die schlechte Veräußerbarkeit aufgeklärt worden. Auch sei der Kläger nicht unerfahren gewesen. Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung habe es nicht gegeben.

Der Kläger habe kein Interesse an einer Altersvorsorge gehabt. Er habe sich für eine Beteiligung, die Chancen auf eine Rendite und Verlustzuweisungen bot, interessiert. Der Kläger hätte die Beteiligung auch gezeichnet, wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Prospekt plausibel sei. Der Vortrag des Klägers zur Schadenshöhe sei dagegen unschlüssig, weil die Steuervorteile, die der Kläger erhalten habe, unberücksichtigt geblieben seien. Die Schadensersatzleistung für die Beteiligung an einem Immobilienfond unterliege nicht der Besteuerung.

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Sie meint, dass der Kläger spätestens seit dem Jahr 2007 durch die jährlichen Rechenschaftsberichte Kenntnis von den Risiken und Pflichtverletzungen gehabt habe. Aus dem Rückgang der Ausschüttungen ergäben sich zudem die eingeschränkte Veräußerbarkeit der Beteiligung und die Verpflichtung, den Prospekt erneut sorgfältig durchzulesen. Werde dies unterlassen, begründe dies eine grob fahrlässige Unkenntnis der im Prospekt dargestellten Risiken. Außerdem habe der Antrag auf Durchführung eines Schiedsverfahrens die Verjährung nicht gehemmt, weil der Antrag nicht beziffert worden sei. Auch sei der mit der Klage geltend gemachte tatsächliche Sachverhalt mit dem des Güteantrages identisch.

Das Gericht hat durch Vernehmung der Zeugen K... R... und Angela G... sowie durch Vernehmung des Klägers als Partei Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 19.11.2013 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Dem Kläger stehen gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB wegen einer fehlerhaften Beratung im Zusammenhang mit der Zeichnung der Beteiligung an dem streitgegenständlichen Fond in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu.

Es kann dahinstehen, ob zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag oder ein Auskunftsvertrag zur Vermittlung einer Anlage zustande gekommen ist. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausginge, dass mit der Beklagten kein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen ist, stünden dem Kläger Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte aus § 280 Abs. 1 BGB zu, weil die Beklagte bzw. der Zeuge R... den Kläger zumindest über die Nachschusspflicht des Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB nicht aufgeklärt hat und die Ansprüche des Klägers nicht verjährt sind.

Aus einem Anlageberatungsvertrag ist der Berater zur vollständigen und richtigen Anlageberatung verpflichtet. Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Beratung muss anleger- und objektgerecht sein. Maßgeblich für die Beratung ist einerseits der Wissenstand des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjektes ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben könnten. Während die Aufklärung über diese Umstände richtig und vollständig zu erfolgen hat, muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjektes unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein (vgl. BGH NJW 2012, 380; NJW, 2006, 2041). Die Stellung eines Anlagevermittlers im Rahmen eines Auskunftvertrages unterscheidet sich hingegen von der Stellung des Anlageberaters. Ihre Pflichtenkreise decken sich nicht; Überschneidungen sind aber möglich. Der Anleger tritt dem Anlagevermittler, der für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse des Anlegers und mit Rücksicht auf seine Provision den Vertrieb übernommen hat, selbständiger gegenüber.

Der auf die Auskunft abzielende Vertrag verpflichtet den Vermittler nur zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen Umstände, die für den Anlageentschluss von Bedeutung sind (vgl. BGH NJW-RR 1993, 1114).

Sowohl für den Anlagevermittler als auch den Anlageberater kann die rechtzeitige Aushändigung eines Prospektes als Mittel der Aufklärung des Anlageinteressenten genügen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln (BGH, WM 2005, 833 ff.). Eine feste Frist für die Rechtzeitigkeit der Prospektübergabe gibt es dabei nicht. In der Rechtsprechung wird aber eine Frist von zwei Wochen regelmäßig als ausreichend angesehen (vgl. BGH, WM 2007, 1608 f.). Von dem Anleger muss erwartet werden, dass er den ihm übergebenen Prospekt durchliest und sich mit seinem Inhalt vertraut macht (BGH, NJW-RR 2007,1041 ff.).

Nach den allgemeinen Regeln über die Beweislastverteilung trifft denjenigen, der einen Anspruch geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen. Macht der Anleger gegen den Berater Schadensersatz mit der Behauptung geltend, die von diesem erteilten Informationen seien unrichtig oder unvollständig gewesen, trägt der Anleger für die von ihm behauptete Pflichtverletzung grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, NJW-RR 2006, 1345).

Nach den dargelegten Grundsätzen ist für einen Teil der von dem Kläger gerügten Verletzungen der Beratungs-Informationspflichten aus einem Auskunftsvertrag bzw. aus einem Beratungsvertrag eine Pflichtverletzung zu verneinen.

Dies betrifft zunächst die gerügte und angeblich unterlassene Aufklärung durch den Zeugen R... über eine an die Beklagte gezahlte Rückvergütung. Die Beklagte ist im Gegensatz zu einer Bank als freie Anlageberaterin nicht verpflichtet, über eine verdeckte Rückvergütung aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen – z. B. Verwaltungsvergütungen oder Ausgabeaufschläge – gezahlt werden, so dass beim Anleger keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann.

Jedoch kann der Anleger das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung dieser Anlage nicht erkennen, weil die Rückvergütung an die Bank nicht offenbart wird. Diese Aufklärungspflicht gilt nicht für den nicht bankmäßig gebundenen freien Anlageberater, wenn der Kunde selbst keine Provision zahlt und im Prospekt – wie im Streitfall - offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen sind (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2010 – III ZR 196/09, BGHZ 185, 185-192). Wenn ein Anleger sich durch einen freien Anlageberater über eine Kapitalanlage, insbesondere Fonds beraten lässt, und selbst keine Provision für die Anlageberatung zahlt, so liegt es für den Kunden auf der Hand, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Kunden an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2010 – III ZR 196/09 , BGHZ 185, 185-192).

Eine Pflichtverletzung der Beklagten, weil sie über die Höhe der Provision nicht aufgeklärt haben soll, liegt ebenfalls nicht vor. Zwar ist eine Pflichtverletzung des Anlageberaters und des Anlagevermittlers anzunehmen, wenn er bzw. der Vertriebsprospekt nicht über eine Provision aufklären, die einen Schwellenwert von 15 % des von dem Anleger einzubringenden Kapitals überschreitet. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass Vertriebsprovisionen in einem solchen Umfang Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit und Rentabilität der Kapitalanlage eröffnen und dies wiederum für die Anlageentscheidung so bedeutsam ist, dass der Anleger hierüber informiert werden muss. Dazu trägt der Kläger vor, dass die Provision der Beklagten nur 8,6 % betragen und damit zwar das Agio aber nicht den maßgeblichen Schwellenwert von 15 % überschritten habe. Soweit er weiter behauptet, dass es üblich sei, bei Fondbeteiligungen eine Bestandsprovision zu zahlen, und dass deshalb die Provision 15 % überschreite, ist dies ins Blaue hinein vorgetragen und unsubstantiiert, so dass diesem Vortrag nicht weiter nachzugehen ist.

Mit der Rüge, dass die Beklagte bzw. der Zeuge R... die Plausibilität des Anlagekonzepts nicht geprüft habe, hat der Kläger ebenfalls keinen Erfolg. Zum einen behauptet die Beklagte, dass eine Plausibilitätsprüfung stattgefunden habe, was durch den Kläger zunächst nur dann widerlegt werden könnte, wenn Prospektfehler vorliegen würden, die bei einer Plausibilitätsprüfung hätten auffallen müssen. Solche Prospektfehler hat der Kläger jedoch nicht ausreichend vorgetragen. Warum die nach dem Prospekt prognostizierten Mieteinnahmen nicht zu erzielen gewesen wären, legt der Kläger nicht näher dar. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass für das Objekt in Leipzig die Mieteinnahmen durch den Objektverkäufer garantiert wurden. Auch nach dem weitergehenden Vortrag des Klägers ist nicht ersichtlich, warum die weichen Kosten von 30 % die Rentabiliät des Immobilienfonds hätten gefährden können. Weiche Kosten sind für das vorliegende Anlagekonzept geradezu typisch, um Anlaufverluste zu genieren, die zur Reduzierung des zu versteuernden Einkommens des Anlegers führen. Insoweit mag sich zwar die Frage stellen, ob die Anlage generell zur Altersvorsorge geeignet ist, weil es sich fast immer um eine unternehmerische Beteiligung mit Risiken handeln muss, um die erforderlichen Verluste zu generieren. Davon zu unterscheiden ist aber die Frage, ob der Anlageberater aufgrund von weichen Kosten, die für ein solches Konzept erforderlich sind, die Plausibilität des Anlagekonzeptes hätte verneinen müssen, was im Streitfall mangels eines konkreten Vortrages des Klägers zu verneinen war.

Eine Pflichtverletzung, weil der Zeuge R... den Kläger über die Möglichkeit eines Totalverlustes hätte aufklären müssen, hat der hierfür darlegungs- und beweispflichtige Kläger desgleichen nicht nachgewiesen.

Eine Aufklärung über die Möglichkeit eines Totalverlustes ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. Urteil vom 27.10.2009 - XI ZR 337/08, juris) bei einem Immobilienfond in der Regel nicht erforderlich. Dass aus einer teilweisen Fremdfinanzierung resultierende Risiko, dass die Verbindlichkeiten der Fondgesellschaft den Wert der Immobilie übersteigen, weswegen im Falle einer Versteigerung keine Rückzahlung an die Anleger erfolgen kann, ist allgemeiner Natur, deshalb bekannt und nicht aufklärungsbedürftig. Etwas anderes muss nur gelten, wenn der Anleger keine Kenntnis davon erhalten hat, dass das Anlageobjekt zumindest teilweise fremdfinanziert wird. Insoweit ist nämlich davon auszugehen, dass allein die Darstellung der Fremdfinanzierung in dem Anlageprospekt ausreichend zur Aufklärung des Anlegers ist, wenn der Anleger aus dem Prospekt die Höhe der Fremdfinanzierung entnehmen konnte (vgl. BGH, aaO).

Dass im Streitfall die zumindest erforderliche Aufklärung über eine Fremdfinanzierung und die Höhe der Fremdfinanzierung nicht erfolgt ist, hat der Kläger nicht bewiesen. Nach § 286 ZPO ist für den Nachweis zwar eine absolute Gewissheit des Gerichts nicht erforderlich, da dies die Grenzen der menschlichen Erkenntnisfähigkeit ignorieren würde. Ausreichend ist eine subjektive Gewissheit des Gerichts, die Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Auf der Grundlage dieses Maßstabes ist die Aussage der Zeugin G... aber nicht ergiebig. Die Zeugin konnte nur angeben, dass nach ihrer Erinnerung über die Veräußerungsmöglichkeit der Fondbeteiligung nicht gesprochen wurde. Hinreichende Anhaltspunkte, dass der Zeuge R... entgegen dem Vortrag der Beklagten nicht über die teilweise Fremdfinanzierung des Fonds anhand des Prospektes aufgeklärt hat, finden sich in der Aussage der Zeugin nicht. Die Aussage stützt im Gegenteil eher den Vortrag der Beklagten, dass der Zeuge R... in einem Beratungsgespräch mit dem Kläger den Prospekt durchgegangen ist. Zwar gibt die Zeugin insoweit an, dass nur wenig Zeit zur Verfügung stand und, da der Aspekt der Sicherheit im Vordergrund stand, der Zeuge R... nicht jede Seite des Fondprospektes durchgesprochen hat. Danach verbleiben jedoch Zweifel, ob der Zeuge R... nicht doch die Kostenstruktur und damit auch die teilweise Fremdfinanzierung des Fonds mit dem Kläger besprochen hat, zumal es sich gerade dabei auch um einen Aspekt handelt, der für die Frage der Sicherheit der Anlage von maßgeblicher Bedeutung ist. Schlussendlich lassen sich auch der Aussage des Zeugen R... keine Anhaltspunkte entnehmen, dass er über die Fremdfinanzierug nicht aufgeklärt hat. Der Zeuge geht davon aus, dass er den Prospekt mit dem Kläger durchgegangen ist und diesen auch über die Finanzierung aufgeklärt hat.

Eine Pflicht der Beklagten bzw. des Zeugen R..., den Kläger über das Risiko einer steuerlichen Nachzahlung aufzuklären bestand nicht. Nach der Aussage des Zeugen R... ist über Abschreibungen gesprochen worden. Das gesamte Fondkonzept diente im Wesentlichen der Steuerersparnis. Dem widerspricht auch die Aussage der Zeugin G... nicht. Sie wusste nicht mehr, ob über Steuerfragen gesprochen wurde. Sie meinte zwar, dass die nicht der Fall gewesen sei. Dagegen spricht jedoch die von dem Kläger in den Prozess eingeführte Berechnung der Steuerersparnis für verschiedene Anlagebeträge (Anlage K8).

Wenn mit dem Kläger über die Steuerersparnis durch die Abschreibungen gesprochen wurde, liegt es aber auf der Hand und ist es auch Allgemeingut, dass das Finanzamt diese nicht zwingend anerkennen muss, so dass die Beklagte nicht gehalten war, gesondert über das Risiko einer steuerlichen Nachzahlungspflicht zu belehren. Außerdem geht der Zeuge R... davon aus, den Prospekt, aus dem sich auf Seite 7 ergibt, dass die Angaben zu den Werbungskosten unter dem Vorbehalt der Anerkennung durch das Finanzamt stehen, genutzt zu haben. Da andererseits die Zeugin G... angibt, dass sie nicht mehr weiß, ob über Steuerfragen gesprochen wurde und sich aus der Anlage K8 ergibt, dass über die Steuerersparnis gesprochen wurde, hat der Kläger nicht den Beweis geführt, dass er nicht über die Möglichkeit eine steuerlichen Nachzahlung aufgeklärt wurde.

Auch dass die Beklagte den Kläger über die schlechte Veräußerungsmöglichkeit nicht aufgeklärt hat, hat er nicht nachgewiesen. Die Beklagte behauptet, dass der Zeuge R... den Kläger anhand der Angaben im Prospekt auf die fehlende Fungibilität der Anlage hingewiesen hat. Diese Angaben im Prospekt waren ausreichend (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7.11.2011 - Az: 14 U 70/11, zu einem ...-Fond Nr. ...). Zwar hat die Zeugin G... angegeben, dass über die Veräußerungsmöglichkeit nicht gesprochen worden sei, weil der Zeuge R... das Produkt als risikofrei dargestellt habe. Es habe deshalb keine Veranlassung bestanden, über die Veräußerungsmöglichkeit zu sprechen. Diese Aussage der Zeugin überzeugt jedoch nicht. Es handelte sich erkennbar nicht um eine eigene Erinnerung der Zeugin, sondern um einen Rückschluss aufgrund der von ihr behaupteten Darstellung einer risikofreien Anlage. Gegen diesen Rückschluss der Zeugin spricht indes bereits, dass die Fungibilität einer Anlage nicht zwingend mit der Frage des Risikos der Anlage verknüpft ist. Es kann auch aus anderen Gründen unerwartet ein erheblicher Finanzbedarf entstehen, der dann nur durch die Veräußerung der gesamten Anlage befriedigt werden kann, auch wenn es sich zu diesem Zeitpunkt um eine profitable Anlage handelt, die jährliche Ausschüttungen erzielt. Hinzu kommt, dass der Zeuge R... aufgrund seiner ausführlich und überzeugend geschilderten Arbeitsweise in der Vergangenheit – auch wenn er keine konkrete Erinnerung mehr hat – davon ausgeht, diesen Punkt mit dem Kläger besprochen zu haben. Letztendlich verbleiben damit erhebliche Zweifel im Sinne des § 286 ZPO, die zu Lasten des darlegungs- und beweispflichtigen Klägers gehen.

Dem Kläger ist jedoch der Nachweis gelungen, dass die Beklagte bzw. der Zeuge R... ihn nicht über die Möglichkeit einer Nachschusspflicht belehrt hat. Im Ausgangspunkt zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass die Möglichkeit des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung für den Fall der Rückzahlung einer Einlage nach § 172 Abs. 4 HGB für den Anleger von wesentlicher Bedeutung ist. Hinsichtlich der jährlichen Ausschüttungen war der Kläger deshalb darüber aufzuklären, dass diese nach den Gesellschaftsvertrag gewinnunabhängig erfolgen können und ihn einer entsprechenden Haftung im Sinne des § 172 Abs. 4 HGBaussetzen würden (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08, juris Rn. 35; OLG Hamm, Urteil vom 27. Dezember 2012 - 34 U 84/12, juris Rn. 31; OLG Brandenburg, Urteil vom 4. April 2012 - 5 U 52/11, juris Rn. 38).

Die Beklagte hat hierzu behauptet, dass der Zeuge R... den Kläger anhand des auf Seite 32 des Prospektes enthaltenen Hinweises über die Haftung eines Kommanditisten aufgeklärt hat. Eine solche Aufklärung anhand der Angaben im Prospekt wäre grundsätzlich ausreichend gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 9.11.2009, Az.: II ZR 16/09, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7.11.2011, Az: 14 U 70/11 zu einem ...-Fond Nr. ...). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat eine solche Aufklärung jedoch nicht stattgefunden. Die Zeugin G... konnte zur der Frage der Nachschusspflicht keine Angaben machen. Auch dem Zeugen R... war eine Beratung hierüber nicht gegenwärtig. Er hat sie aber sinngemäß sogar ausgeschlossen, weil aus seiner Sicht eine Aufklärung über Nachschusspflichten - gleich welcher Art – überhaupt nicht erforderlich war. Daraus ist aus Sicht des Gerichts mit hinreichender Sicherheit zu schließen, dass eine Aufklärung des Klägers über Nachschusspflichten im Sinne des § 172 Abs. 4 HGB jedenfalls nicht erfolgt ist.

Der Kläger ist auch nicht durch eine rechtzeitige Übergabe des Prospektes aufgeklärt worden. Dem Kläger ist auf der Grundlage der Aussagen der beiden Zeugen vielmehr der Nachweis gelungen, dass ihm der Prospekt nicht rechtzeitig übergeben wurde. Bereits nach der Aussage des Zeugen R... bestanden Zweifel, ob dem Kläger der Prospekt rechtzeitig vor der Zeichnung übergeben wurde. Zwar hat der Zeuge hieran keine Erinnerung mehr, jedoch war er auch der Auffassung, dass es grundsätzlich keinen Sinn macht, dem Kunden vorher den Prospekt zu übersenden.

Auch die weiteren Ausführungen des Zeugen stützen die Behauptung der Beklagten, dass der Prospekt dem Kläger rechtzeitig vor der Zeichnung vorlag, nicht. Auch wenn der Zeuge R... bei einem ersten Termin den Prospekt mit dem Kläger teilweise durchgesprochen hätte, kann der Aussage des Zeugen nicht entnommen werden, dass der Prospekt dem Kläger auch überlassen wurde, so dass dieser unter Umständen verpflichtet gewesen wäre, sich den Prospekt durchzulesen, und so ausreichend über die Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB aufgeklärt worden wäre. Die Zeugin G... hat dagegen nachvollziehbar und überzeugend angegeben, dass der Prospekt erst in dem Termin vorgestellt wurde, in dem die Zeichnung der Anlage erfolgte. Daraus folgt zugleich, dass der Prospekt nicht so rechtzeitig vor der Zeichnung übergeben worden sein kann, dass er als Mittel der Aufklärung des Anlegers in Betracht kam. Unabhängig davon gilt der Vorrang des gesprochenen Wortes und eine mündliche Aufklärung hat nach dem Beweisergebnis nicht stattgefunden.

Die Beklagte kann sich nicht erfolgreich mit der Behauptung verteidigen, dass der Kläger auch dann die Beteiligung an einem Immobilienfond gezeichnet hätte, wenn er durch die Beklagte ordnungsgemäß über eine etwaig bestehende Nachschusspflicht nach § 172 Abs. 4 HGB aufgeklärt worden wäre.

Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die zu einer Beweislastumkehr führt. Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte, weil er den richtigen Rat oder Hinweis nicht befolgt hätte. Die Vermutung greift auch dann ein, wenn sich der Anleger bei gehöriger Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, wenn es also nicht nur eine bestimmte Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 33 ff.).

Die Parteivernehmung des Klägers hat nicht ergeben, dass der Kläger die Anlage auch gezeichnet hätte, wenn er Kenntnis von einer möglichen Haftung nach § 172 Abs. 2 HGB gehabt hätte. Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 2009 - III ZR 89/08, juris Rn. 8).

Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Risiken zu erzielen, kann das den Schluss darauf zulassen, dass eine unterlassene oder fehlerhafte Aufklärung für die Anlageentscheidung unmaßgeblich war. Der Kläger hat jedoch nachvollziehbar angegeben, dass er die Anlage nie gezeichnet hätte, wenn er von den damit verbundenen Risiken gewusst hätte. Der Kläger lebte 1994 mit seiner Frau und den beiden Kindern in einer 67 qm2 Wohnung und es sollte das Ersparte angelegt werden. Vor dem Hintergrund der Höhe des Ersparten und auch der Lebensumstände des Klägers ist es naheliegend, dass es dem Kläger nicht nur auf eine Optimierung seiner Lohnsteuer, sondern vor allem darauf ankam, eine sichere Geldanlage zu finden, mit der er keinen weiteren Haftungsrisiken ausgesetzt ist.

Der hieraus folgende Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht kenntnisabhängig verjährt. Die Verjährung beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat. Auf die Verjährung sind im Streitfall die Vorschriften des BGB in der seit dem 1.1.2002 geltendem Fassung anzuwenden, Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB. Geht es um den Vorwurf verschiedener Aufklärungspflichtverletzungen, sind die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen. Wird ein Schadensersatzanspruch auf mehrere Fehler gestützt, beginnt die Verjährung daher nicht notwendig einheitlich (BGH, Urteil vom 24. März 2011 - III ZR 81/10, WM 2011, 874). Ein Schadensersatzanspruch ist objektiv mit dem Abschluss des für ihn wirtschaftlich nachteiligen Vertrages entstanden (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 – IV ZR 164/11, BGHZ 194, 39 Rn. 70, vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623 Rn. 10, vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 24 und vom 10. November 2009 - XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 46), hier also 1994. Es kann jedoch nicht angenommen werden, dass der Kläger zu einem Zeitpunkt Kenntnis von einer Haftung nach § 172 Abs. 4 HBG erhalten hat, der zu einer Verjährung des Schadensersatzanspruches führen würde. Über das Wiederaufleben einer persönlichen Haftung im Falle der (teilweisen) Rückgewähr der Kommanditeinlage gemäß § 172 Abs. 4 HGB klären die Geschäftsberichte - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht auf.

In dem maßgeblichen Geschäftsbericht ist nur dargestellt, dass der Kläger im Fall der Insolvenz die erhaltenen Ausschüttungen zurückzahlen muss. Hieraus kann der Kläger aber nicht schließen, dass er unabhängig von einer Insolvenz zu einem Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung kommen kann.

Es kann dem Kläger auch keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, weil er infolge der Rechenschaftsberichte nicht den Fondsprospekt auf die dort enthaltenen Risikohinweise durchgelesen hat. Es bestand nach der Zeichnung der Anlage weder eine Verpflichtung des Klägers die Rechenschaftsberichte oder den Prospekt, sofern dieser ihm überhaupt übergeben wurde, zu lesen. Eine solche Verpflichtung würde die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof, dass der Anleger den nicht rechtzeitig übergebenen Prospekt nach den Zeichnung nicht mehr durchlesen muss (vgl. BGH, Urteil vom 08. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159-183), nicht beachten und auch leerlaufen lassen, wenn über eine Verpflichtung zum Lesen von negativen Rechenschaftsberichten sinngemäß eine Verpflichtung zum Lesen des nicht rechtzeitig übergebenen Fondprospektes eingeführt werden könnte.

Eine kenntnisunabhängige Verjährung liegt ebenfalls nicht vor. Nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB verjähren sonstige Schadensersatzansprüche ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an. Da der Kläger die Kapitalanlage im Jahr 1994 zeichnete, begann im Streitfall die absolute Verjährung nach Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB mit dem 1.1.2002 und endete grundsätzlich am 31.12.2011 vor der Erhebung der Klage am 21.1.2013. Jedoch hat der Antrag des Klägers auf Durchführung des Schiedsverfahrens rechtzeitig die Verjährung gehemmt. Das von dem Kläger am 28.12.2011 eingeleitete Schiedsverfahren hemmte nach § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB grundsätzlich mit seinem Beginn die Verjährung. Die Hemmung endete nach § 204 Abs. 2 BGB 6 Monate nach der Beendigung des Schiedsverfahrens am 3.9.2012, so dass die im Januar 2013 erhobene Klage vor Ablauf der Verjährungsfrist der Beklagten zugestellt wurde und damit erneut den Eintritt der Verjährung gehemmt hat.

Der Antrag auf Durchführung des Schiedsverfahrens war zur Hemmung der Verjährung ausreichend. Der Einwand der Beklagten, dass der Anspruch im Antrag auf Durchführung des Schiedsverfahrens nicht beziffert worden sei, ist unbeachtlich. Es ist – wie bei einer Feststellungsklage - ausreichend, dass die Parteien und der Streitgegenstand bestimmbar sind. Nach dem von der Klägerseite vorgelegten Antrag vom 28.12.2011 (Anlage K10) ist dies in Bezug auf die zu bejahende Pflichtverletzung der Fall. Es kann dahinstehen, ob alle von dem Kläger in dem gerichtlichen Verfahren vorgetragenen Pflichtverletzungen bereits mit dem Antrag auf Durchführung des Schiedsverfahrens gerügt wurden. Jedenfalls wird in dem Antrag auf die Verletzung der Aufklärungspflicht über Verlustmöglichkeiten hingewiesen.

Der Höhe nach steht dem Kläger nur ein Schadensersatzanspruch von 35.638,70 € zu. Dieser Betrag setzt sich aus der Einlage von 25.000 €, dem Agio von 1.278,23 € und der Darlehenskosten von 12.178,07 € zusammen (Zinsen und Gebühren). Hiervon waren die Ausschüttungen von 3.382,10 € abzuziehen. Soweit die Beklagte die Schadensberechnung des Klägers insgesamt bestreitet und sich zu den Ausschüttungen mit Nichtwissen erklärt, ist ihr Vortrag unsubstantiiert. Der Kläger hat unter Vorlage der jeweiligen Unterlagen der Bank zu den Darlehenszinsen und Gebühren vorgetragen, so dass die Beklagte hier hätte konkret bestreiten können. Soweit sie sich mit Nichtwissen zu den Ausschüttungen erklärt, wird aus dem Vortrag nicht ausreichend deutlich, ob der Kläger nun höhere oder geringere Ausschüttungen haben soll.

Weiterhin sind dem Kläger keine Steuervorteile anzurechnen.

Ob eine spätere Minderung oder Beseitigung des eingetretenen Vermögensschadens den Schadensersatzanspruch beeinflusst, ist nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung zu beurteilen. Danach sind Wegfall oder Minderung des Schadens nur insoweit zu berücksichtigen, als sie in einem adäquat-ursächlichen Zusammenhang zu dem schädigenden Ereignis stehen. Außerdem muss die Anrechnung dem Zweck des Schadensersatzes entsprechen und darf weder den Geschädigten unzumutbar belasten noch den Schädiger unbillig entlasten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1989 - III ZR 118/88, BGHZ 109, 380, 392). Zu solchen auf den Schadensersatzanspruch eines Geschädigten anzurechnenden Vorteilen gehören grundsätzlich auch Steuern, die der Geschädigte infolge der Schädigung erspart hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - III ZR 350/04, NJW 2006, 499 Rn. 7).

Bei der Betrachtung möglicher Steuervorteile muss allerdings auch berücksichtigt werden, ob dem Geschädigten aus der Zuerkennung des Schadensersatzanspruchs und dessen Gestaltung steuerliche Nachteile erwachsen, sei es durch eine Nachforderung des Finanzamts, sei es durch eine Besteuerung der Schadensersatzleistung oder der Zug um Zug gegen die Schadensersatzleistung vorgesehenen Übertragung der Kapitalanlage (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1989 - II ZR 235/88, VersR 1990, 95, 96). So hat der Bundesgerichtshof mehrfach zum Kommanditisten, der steuerrechtlich Mitunternehmer des Betriebs der KG ist, entschieden, für ihn seien alle Zahlungen, die er im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der KG erhalte, Betriebseinnahmen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Stehe auch die Schadensersatzleistung in einem solchen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung, müsse sie dem gewerblichen Bereich zugeordnet und als Betriebseinnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG versteuert werden (vgl. BGH, Urteile vom 14. Januar 2002 - II ZR 40/00, NJW 2002, 1711, 1712 und vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, WM 2008, 391, 394 Rn. 27). Diese Rechtsprechung ist im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 287 ZPO zum Teil durch den Gedanken ergänzt worden, eine exakte Errechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit einer hypothetischen Vermögenslage würde angesichts der vielfältigen Besonderheiten und Möglichkeiten der konkreten Besteuerung und ihrer unterschiedlichen Entwicklung in verschiedenen Besteuerungszeiträumen häufig unverhältnismäßigen Aufwand erfordern. Daher sei eine nähere Berechnung nur dann erforderlich, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Geschädigte außergewöhnliche Steuervorteile erzielt habe. Sind außergewöhnliche Steuervorteile in Fällen, in denen der Geschädigte im Ausgangspunkt dieselben Beträge zu versteuern hat, auf deren Grundlage er Steuervorteile erlangt hat, zu verneinen, ist eine nähere Prüfung und Berechnung unter diesem Gesichtspunkt nur dann veranlasst, wenn der Geschädigte Verlustzuweisungen erhalten hat, die über seine Einlageleistungen hinausgehen (BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rn. 55 und vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 9).

Ob der Kläger den Schadensersatzbetrag tatsächlich versteuert, ist bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise ebenso wenig entscheidend wie die Frage, ob die Höhe der geschuldeten Steuer den Steuervorteilen entspricht.

Lediglich bei ganz außergewöhnlichen Steuervorteilen wäre eine andere Betrachtungsweise angezeigt. Dafür trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, Urteile vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, WM 2010, 1310 Rn. 25 f.; vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36 ff., 45; vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 8 ff.; vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1342 Rn. 43 und vom 18. Dezember 2012 - II ZR 259/11, WM 2013, 211 Rn. 22). Sind daher Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Geschädigte außergewöhnlich hohe Vorteile erlangt hat, ist eine konkrete Berechnung vorzunehmen, die Sache des Schädigers ist; den Geschädigten trifft jedoch eine sekundäre Darlegungslast, weil nur er über die erforderlichen Kenntnisse verfügt. Er ist daher gehalten, die für die Berechnung erforderlichen Daten mitzuteilen (BGH, Urteile vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, WM 2010, 1310 Rn. 26 und vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 45). Kommt er seiner sekundären Darlegungslast nicht nach, gilt die Behauptung der primär beweisbelasteten Partei als zugestanden (BGH, Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, WM 2010, 1310 Rn. 26).

Nach diesen Grundsätzen kommt eine schadensmindernde Anrechnung von Steuervorteilen hier nicht in Betracht. Nach dem Vortrag der Beklagten hat der Kläger in den Jahren 1994 und 1995 Verlustzuweisungen erhalten, die sich auf 60 % der Einlagesumme belaufen und damit nicht über seine Einlageleistung hinausgehen.

Als Schaden sind dem Kläger auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 1.376,83 € zuzusprechen, da diese unmittelbar eine Folge der fehlerhaften Aufklärung sind. Diese Kosten hat der Kläger auf der Grundlage einer Geschäftsgebühr von 25.564,00 € mit einer 1,5fachen Gebühr zuzüglich der Pauschale für Post- und Telekommunikation und der Umsatzsteuer zutreffend berechnet. Es bestehen keine Bedenken, der Berechnung eine 1,5fache Geschäftsgebühr zugrunde zu legen, da im Streitfall zur Bearbeitung Spezialwissen im Bank- und Kapitalmarktrecht erforderlich ist und die Angelegenheit einen überdurchschnittlichen Umfang aufweist.

Eine Zug um Zug Verurteilung ist - wie vom Kläger beantragt - in Fällen der vorliegenden Art zulässig und geboten. Besteht die Kapitalanlage wie hier in der Rechtsposition als (Treuhand-)Kommanditist, genügt es, wenn der Geschädigte im Rahmen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs die Übertragung sämtlicher Rechte aus der Beteiligung als Zug um Zug zu gewährende Leistung anbietet (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, WM 2010, 262, Rn. 29 und Beschluss vom 20. Dezember 2011- XI ZR 295/11, juris Rn. 10 f.). Dies gilt auch dann, wenn die Übertragung der Fondsanteile wie in diesen Fällen üblich noch von der Zustimmung Dritter abhängig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 2007 - III ZR 214/06).

Das Angebot der Abtretung der Rechte aus der Beteiligung oder einem Treuhandvertrag genügt auch für die Feststellung des Annahmeverzugs (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - XI ZR 295/11).

Der von dem Kläger geltend gemachte entgangene Gewinn in Form der Anlagezinsen kann dagegen nicht zugesprochen werden. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung des Geschädigten und deren Umfang kann nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte. Die Benennung einer konkreten Alternativanlage mit Zinssatz, § 252 Satz 1 BGB, durch den Kläger ist indes nicht ersichtlich. Ein Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge gemäß § 252 Satz 2 Fall 1 BGB ist ebenfalls nicht dargetan. Ein solcher entspricht nicht dem gesetzlichen Zinssatz von 4 % gemäß § 246 BGB. Es entspricht schon nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, dass eine Kapitalanlage überhaupt Gewinn abwirft; erst recht keine 4 % (vgl. dazu BGH, Urteil vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, ZIP 2012, 1230).

Die dem Kläger zugesprochenen Verzugszinsen ergeben sich aus den §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 BGB. Die Beklagte befand sich seit der Zustellung der Klage in Verzug.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Soweit die Klage wegen entgangenen Gewinns abgewiesen wurde, waren die Kosten unter Berücksichtigung dieser Forderung nach einem fiktiven Streitwert zu verteilen. Zwar handelt es sich bei dem entgangenen Gewinn um eine den Streitwert nicht erhöhende Nebenforderung, jedoch unterliegt der Kläger teilweise, weil dieser Forderung aufgrund des langen Zeitraums auch im Verhältnis zu der Hauptforderung ein erhebliches Gewicht zukommt (vgl.OLG Koblenz, Urteil vom 13. Juli 2006 – 7 U 1801/05 –, juris).

Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 709 ZPO.