Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 15. Berufungskammer | Entscheidungsdatum | 17.04.2019 | |
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Aktenzeichen | 15 Sa 2026/18 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2019:1017.15SA2026.18.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 KSchG, § 17 Abs. 3 KSchG, § 134 BGB, § 613a BGB |
1. Bei der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Einheit im Sinne der Betriebsübergangsrichtlinie übergegangen ist, ist zuerst zu prüfen, ob eine bestimmte Einheit als „wirtschaftliche Einheit organisiert war“, was Sache des nationalen Gerichts ist. Erst danach schließt sich die Prüfung an, ob die Voraussetzungen für den Übergang einer solchen Einheit erfüllt sind (EuGH 10.12.1998 – verb Rs. C-173/96 u. C-247/96 – Hidalgo u.a. – Rn 28f).
2. Die wirtschaftliche Einheit muss vor dem Übergang insbesondere über eine ausreichende funktionelle Autonomie bezogen auf die Leitung der Arbeitnehmergruppe verfügen (EuGH 06.03.2014 – C-458/12 – Amatori Rn. 31f).
3. Auch wenn vorliegend mit der Stilllegung des Flugbetriebes durch die Freistellung und Kündigung von über 1.300 Pilotinnen und Piloten schon im November 2017 begonnen wurde, werden ausnahmsweise Nachteilsansprüche deswegen nicht begründet, da es zu dem „Ob“ der Betriebsstilllegung zu diesem Zeitpunkt keinerlei realistische Alternative gab.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 25.09.2018 - Az. 38 Ca 2847/18 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird für die Klägerin nur bezogen auf den abgewiesenen Antrag zu V. (Nachteilsausgleich) zugelassen. Im Übrigen wird sie nicht zugelassen.
Die Parteien streiten – wie in ca. 2.000 weiteren Verfahren allein in Berlin – im Kern über die Wirksamkeit einer Kündigung, die auf eine beabsichtigte Betriebsstilllegung gestützt wird, Auskunftsansprüche, Ansprüche auf Nachteilsausgleich, Verzugslohnansprüche und nunmehr zweitinstanzlich über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Wege des Betriebsübergangs zur Beklagten zu 2.
Der Beklagte ist durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg, der am 17.01.2018 veröffentlicht wurde, zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der A. Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG (im Folgenden: Schuldnerin) mit Sitz in Berlin bestellt worden.
Die Klägerin (künftig: die klagende Partei) war bei der Schuldnerin in der Funktion als Flugbegleiterin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis begann am 22.04.1996 mit der Rechtsvorgängerin (LTU). Das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt betrug 4.997,22 €. Die Klägerin war in München stationiert.
Bei der Schuldnerin handelte es sich im Jahre 2017 um die zweitgrößte Fluggesellschaft Deutschlands, die von ihren Drehkreuzen in Düsseldorf und Berlin-Tegel hauptsächlich Ziele überwiegend in ganz Europa anflog. Sie beschäftigte nach Angaben des Beklagten mit Stand August 2017 6.121 Beschäftigte, davon 1.318 Piloten, 3.362 Beschäftigte in der Kabine und 1.441 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Boden. Das fliegende Personal der Schuldnerin war in Deutschland an den Flughäfen Berlin-Tegel, Düsseldorf, München, Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart, Leipzig, Köln, Hamburg und Paderborn stationiert.
Die Schuldnerin nutze für den Flugbetrieb ausschließlich geleaste Flugzeuge, nach ihren Angaben insgesamt 132 zum Stichtag 12.10.2017. Sie war weiterhin alleinige Eigentümerin des österreichischen Flugbetriebs N. Luftfahrt GmbH mit Sitz in Wien, welche 21 Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge der A 320-Familie betrieb.
Seit dem Jahr 2016 unterhielt die Schuldnerin nicht mehr ausschließlich einen eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb, sondern war auch im sog. „Wet-Lease“ für die E. GmbH (im Folgenden: E.), einer 100 %-igen Tochter der Deutschen L. AG, sowie die Deutsche L. AG (im Folgenden: L.) tätig. Beim Wet-Lease, bei der Schuldnerin auch als ACMIO bezeichnet, stellt eine Fluggesellschaft einer anderen Fluggesellschaft ein Flugzeug mit Cockpit-Crew, Kabinenpersonal, Wartung und Versicherung bereit.
Um eine Flugstrecke am Markt anbieten zu können, benötigt eine Fluggesellschaft so genannte „Slots“, d.h. „Zeitnischen“ im Sinne der VO (EWG) Nr. 95/93. Hierbei handelt es sich um das Recht, an einem Flughafen, dessen Kapazitäten eine entsprechende Koordinierung erforderlich machen, an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Zeit zu starten oder zu landen. Es handelt sich dabei um öffentlich-rechtliche Nutzungsrechte.
Der gesamte Flugbetrieb wurde zentral in Berlin geplant. Dies betraf den Einsatz von Maschinen und Personal, den saisonalen und monatlichen Flugplan, aber auch Entscheidungen bei kurzfristigen Ausfällen.
Für das Kabinenpersonal wurde gemäß § 117 Absatz 2 BetrVG auf Basis des „Tarifvertrags Personalvertretung für das Kabinenpersonal der A. Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG“ (im Folgenden: TV PV) vom 07.06.2016 – abgeschlossen mit ver.di - eine Personalvertretung (im Folgenden: PV Kabine) gebildet. Für das Cockpitpersonal bestand eine gesonderte Personalvertretung (PV Cockpit) aufgrund eines Tarifvertrages, der mit der Vereinigung Cockpit (VC) abgeschlossen worden war. Für das Bodenpersonal waren drei Standortbetriebsräte nach dem BetrVG und ein Gesamtbetriebsrat gebildet worden. Der TV PV Kabine regelt unter anderem:
§ 2 Persönlicher Geltungsbereich
(1) Dieser Tarifvertrag gilt für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Kabinenpersonals der a.berlin, nachfolgend auch „Kabinenpersonal“ oder (zusammenfassend) Arbeitnehmer genannt.
…
§ 80 Betriebsänderungen
Die a.berlin hat die Personalvertretung über geplante Änderungen des Flugbetriebs, die wesentliche Nachteile für das Kabinenpersonal insgesamt oder erhebliche Teile des Kabinenpersonals zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplante Änderungen mit der Personalvertretung zu beraten. …
Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten:
1. Einschränkung und Stilllegung des ganzen Flugbetriebes oder von wesentlichen Teilen …
…
§ 83 Nachteilsausgleich
(1) Weicht die a.berlin. von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab, so können Arbeitnehmer, die infolge dieser Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, die a.berlin. zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen; § 10 des Kündigungsschutzgesetzes gilt entsprechend.
(2) Erleiden Arbeitnehmer infolge einer Abweichung nach Absatz 1 andere wirtschaftliche Nachteile, so hat die a.berlin. diese Nachteile bis zu einem Zeitraum von zwölf Monaten auszugleichen.
(3) Die Abs. 1 und 2 gelten entsprechend, wenn die a.berlin. eine geplante Betriebsänderung nach § 80 durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.
Am 08.12.2016 einigte sich die Schuldnerin mit der Gewerkschaft ver.di auf einen „TV A. Berlin: Pakt für Wachstum und Beschäftigung“ (TV Pakt). Dieser sah unter anderem folgende Regelungen vor:
§ 1 Grundlagen des Pakts für Wachstum und Beschäftigung
(1) Das Management Board der A. Berlin hat am 27.09.2016 das neue Geschäftsmodell der A. Berlin auf Grundlage eines umfassenden Transformationsprozesses vorgestellt, welches den Bestand der Gesellschaft für die nächsten Jahre nachhaltig sichern soll.
(2) Aus Anlass bevorstehender Umstrukturierungsmaßnahmen – wie zum Beispiel Wetleases, Einbringung des touristischen Geschäfts mit der N. in ein von A. Berlin unabhängiges, europäisches Airline Joint Venture und Herausbildung der New A. Berlin – vereinbaren die Parteien zusammenzuwirken, um Wachstum für die A. Berlin in ihren neuen Märkten und Beschäftigung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kabine zu sichern.
(3) Dabei ist sich A. Berlin der Verantwortung den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kabine der Air Berlin gegenüber bewusst und nimmt die Sorgen und Ängste der Mitarbeiter ernst. Daher sagt A. Berlin hiermit zu, dass
• die heutigen Arbeitsverträge der Air Berlin Beschäftigten in der Kabine bestehen bleiben,
• Perspektiven für Wachstum, Karriereentwicklung und Beschäftigungssicherung in der Kabine geboten werden,
• die Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen Gültigkeit behalten,
• die Personalvertretung der A. Berlin Kabine im Amt bleibt und
• die ver.di weiterhin Tarifpartner bleibt.
§ 2 Perspektiven für Wachstum, Karriereentwicklung und Beschäftigungssicherung in der Kabine
(1) …
(2) A. Berlin geht bei erfolgreicher Umsetzung der Transformation nicht davon aus, betriebsbedingte Kündigungen durchführen zu müssen. Sollten diese, egal aus welchen Gründen, dennoch unvermeidbar werden, ist deren Ausspruch erst nach Abschluss eines Sozialtarifvertrages mit ver.di über einen Interessenausgleich und Sozialplan zulässig, der sich auf das gesamte Kabinenpersonal auf der Grundlage der Betriebszugehörigkeit ausrichtet.
(3) Interessenausgleichs-/Sozialplanverhandlungen, deren Inhalt zur Umsetzung personeller Maßnahmen beschränkt ist auf Änderungskündigungen, sind weiterhin auf betrieblicher Ebene möglich. Sollten die Betriebsparteien nicht zu einer Einigung kommen, wird in Abweichung von § 81 TV PV nicht die Einigungsstelle angerufen, sondern ist ein Sozialtarifvertrag über einen Interessenausgleich und Sozialplan mit ver.di abzuschließen.
…
Unter dem 14.02.2017 schloss die Schuldnerin mit der PV Cockpit einen Rahmen-Interessenausgleich ab, der für das Cockpitpersonal den gleichen Gegenstand betraf.
Im Juni 2017 kaufte die Komplementärin der Schuldnerin die Luftfahrtgesellschaft W. mbH (im Folgenden: LGW) mit Sitz in Dortmund. Diese verfügte zum damaligen Zeitpunkt über 20 als Dash bezeichnete Flugzeuge. Diese Flugzeuge leaste die Schuldnerin dann von der LGW (Head-lease) und überließ sie an die LGW zurück (Sub-Lease). Die LGW erbrachte bis dahin lediglich Wet-Lease-Leistungen für die Schuldnerin. Eigene Flugstreckenrechte (Slots) hatte die LGW nicht inne.
Durch die Schuldnerin wurde am 15.08.2017 beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Das Gericht hat mit Beschluss vom gleichen Tag die Eigenverwaltung angeordnet und den Beklagten zum vorläufigen Sachwalter bestellt.
Für die eigene Leistungserbringung im „Wet-Lease“ waren zum Zeitpunkt der Anmeldung der Insolvenz 33 Flugzeuge für die E. und fünf weitere Flugzeuge für die L.-Tochter A. Airlines an den Stationen Hamburg, Düsseldorf, Köln, Stuttgart und München im Einsatz, wobei an den Stationen Köln, Hamburg und Stuttgart ausschließlich Wet-Lease-Einsätze für E. geflogen wurden.
Unmittelbar nach dem 15.08.2017 startete die Schuldnerin einen Investorenprozess mit dem Versuch, die wesentlichen Vermögenswerte der Schuldnerin auf einen oder mehrere Investoren zu übertragen. Nach Ablauf der Angebotsfrist am 15.09.2017 wurden die eingegangenen Gebote dem vorläufigen Sachwalter und dem vorläufigen Gläubigerausschuss vorgestellt. Der vorläufige Gläubigerausschuss traf am 21.09.2017 die Entscheidung, mit zwei Interessenten weitere Vertragsverhandlungen zu führen, wobei nach Auffassung des vorläufigen Gläubigerausschusses und des vorläufigen Sachwalters beide potentiellen Investoren lediglich nur für einzelne Vermögenswerte am Unternehmen Interesse bekundet hatten, nicht jedoch für das Unternehmen als Ganzes.
Den Zuschlag für weitere Verhandlungen erhielten namentlich eine Bietergruppe um die L. und ihre Konzerntöchter (im Folgenden: L. Group) sowie die Fluggesellschaft E. Jet Europe Airline GmbH (im Folgenden: E. Jet).
Am 29.09.2017 wurde zwischen der Schuldnerin und der Gewerkschaft ver.di ein „Rahmentarifsozialplan Transfer“ vereinbart, der der Errichtung von Transfergesellschaften diente. Der Geltungsbereich dieses Tarifvertrages bezieht sich gemäß § 2 nicht allein auf das Kabinenpersonal, sondern auf alle Beschäftigten. § 4 dieses Tarifvertrages hat folgenden Wortlaut:
§ 4 Interessenausgleich/Sozialplan
Unberührt von diesem Tarifvertrag bleibt die Verpflichtung der jeweiligen Betriebsparteien, über die Betriebsänderung gem. der Präambel einen Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln. …
Unter dem 02.10.2017 informierte die Schuldnerin die PV Kabine über das Ergebnis des Investorenprozesses und forderte sie zu Verhandlungen über einen Interessenausglich und Sozialplan auf. Die gleiche Aufforderung erging an ver.di am 09.10.2017. Mit zwei Schreiben vom 12.10.2017 leitete die Schuldnerin das Konsultationsverfahren nach § 17 KSchG gegenüber der PV Kabine (Anl. B 14) und der PV Cockpit ein.
Am 12.10.2017 unterzeichneten der vorläufige Sachwalter Herr Prof. Dr. F., der Generalbevollmächtigte Dr. K. sowie der Executive Director der persönlich haftenden Gesellschafterin der Schuldnerin Herr Th. W. eine gemeinsame Erklärung, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
„I. […]
1. Die im Verfahren der vorläufigen Eigenverwaltung aufgestellte Liquiditäts- und Fortführungsplanung hat vorgesehen, dass unter Berücksichtigung des durch einen mit Bundesbürgschaft abgesicherten Übergangskredit i.H.v. 150 Mio € der Flugbetrieb bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (voraussichtlich Ende Oktober 2017) aufrechterhalten werden kann.
2. Eine Fortführung des Geschäftsbetriebs im eröffneten Insolvenzverfahren ist nur möglich, sofern das Unternehmen bzw. Teile des Unternehmens im Rahmen einer übertragenden Sanierung auf einen oder mehrere Erwerber zum Stichtag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens übertragen wird. Ein entsprechendes Angebot liegt nicht vor, so dass eine übertragende Sanierung des Unternehmens bzw. von Teilen des Unternehmens nicht erfolgt. Eine kostendeckende Betriebsfortführung im eröffneten Insolvenzverfahren ist somit nicht möglich und wäre unzulässig. Dies ergibt sich aus der fortgeschriebenen Liquiditäts- und Fortführungsplanung ab dem 15. August 2017. Vor diesem Hintergrund ist die A. Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG gezwungen, zum Stilllegungszeitpunkt die für sämtliche Flugzeuge bestehenden Leasingverträge durch Kündigung bzw. Abschluss von Aufhebungsverträgen zu beenden und die Flugzeuge zurückzugeben.
3. Die Geschäfts- und Betriebsgrundlage für eine Fluggesellschaft wird damit zum Stilllegungszeitpunkt wegfallen.
II. Die Unterzeichner dieses Beschlusses stimmen daher darin überein, dass beabsichtigt ist, den Geschäftsbetrieb der A. Berlin Flüge einzustellen. Die Einstellung und Stilllegung des Geschäftsbetriebs der A. Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG soll wie folgt umgesetzt werden:
1. Beendigung der Flugzeug-Leasingverträge der A. Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG als Leasingnehmer durch Kündigung bzw. Abschluss von Aufhebungsverträgen und Rückgabe der Flugzeuge sukzessive bis zum 31.01.2018.
2. Einstellung des operativen Geschäftsbetriebs der A. Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG. Dabei wird mit Ablauf des 28. Oktober 2017 der operative Flugverkehr im Namen und auf Rechnung der A. Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG eingestellt. Flugbuchungen für Flüge nach dem 28. Oktober 2017 sind nicht mehr möglich.
3. Erbringung der Dienstleistungen gegenüber E. im Rahmen des sog. „Wet Lease“ für den Zeitraum bis maximal zum 31. Januar 2018. Dies betrifft 13 Flugzeuge.
4a. Derzeit verfügen 6.054 Arbeitnehmer/innen über ein Arbeitsverhältnis und 8 Auszubildende (nachfolgend Arbeitnehmer) über ein Ausbildungsverhältnis mit der A. Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG. Die A. Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG beabsichtigt, sämtliche Arbeitsverhältnisse unter Einhaltung der individuell maßgeblichen Kündigungsfrist, begrenzt auf die maximale Frist von drei Monaten zum Monatsende gemäß § 113 S. 1 InsO, soweit gesetzlich zulässig, nach Durchführung der Interessenausgleichs- sowie Massenentlassungsanzeigeverhandlungen (§ 17 KSchG) und nach Durchführung der Anhörungsverfahren mit den Mitbestimmungsgremien (Betriebsräte/Personalvertretungen) zu kündigen. Die A. Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG wird – soweit erforderlich – eine Zustimmung für Arbeitnehmer mit etwaigem Sonderkündigungsschutz (z.B. SGB IX, BEEG, MuSchG) beantragen und auch diese Arbeitsverhältnisse zeitnah kündigen. Es werden auch Sozialplanverhandlungen geführt werden.
[…]
5. Dauerschuldverhältnisse (Leasingverträge, Gewerbemietverträge, Versorger etc.) werden unter Berücksichtigung der Abwicklungsplanung durch Abschluss von Aufhebungsverträgen beendet bzw. unter Berücksichtigung bestehender Kündigungsfristen gekündigt, sofern die Vertragspartner nicht selbst kündigen bzw. die Verträge bereits gekündigt sind.
[…]
7. Die Gesamtabwicklung des Geschäftsbetriebs der A. Berlin PLC Co. Luftverkehrs KG soll nach derzeitiger Planung zum 31. Januar 2018 abgeschlossen sein, so dass im Anschluss daran die Stilllegung erfolgt.“
Dieses Ansinnen wurde vom vorläufigen Gläubigerausschuss am 24.10.2017 gebilligt.
Durch betriebsinterne Mitteilung vom 12.10.2017 setzte die Geschäftsführung der Schuldnerin die Belegschaft in Kenntnis, dass sie sich mit der L. Group über den Verkauf von Teilen der Schuldnerin geeinigt habe und die L. Group die Tochtergesellschaften LGW und N. sowie weitere 20 Flugzeuge übernehmen wolle. Mit der Fluggesellschaft E. Jet, welche ein Angebot zur Übernahme eines Teils der A.-Berlin-Flotte abgegeben habe, würden die Verhandlungen noch andauern.
Am 23. Oktober 2017 einigte sich die Schuldnerin mit dem Gesamtbetriebsrat Boden auf eine Betriebsvereinbarung über die Errichtung einer Transfergesellschaft. Durch den Abschluss von dreiseitigen Verträgen beendeten danach ca. 250 Mitarbeiter zum 31. Oktober 2017 ihr Arbeitsverhältnis zur Schuldnerin und begründeten ab 01. November 2017 ein Arbeitsverhältnis zur Transfergesellschaft. Am 30. Oktober 2017 schloss die Schuldnerin mit dem Gesamtbetriebsrat Boden einen Interessenausgleich. Ende November 2017 wurde gegenüber allen verbleibenden Bodenmitarbeitern ohne Sonderkündigungsschutz die Kündigung ausgesprochen.
Am 27.10.2017 wurde der letzte eigenwirtschaftlich Flug der Schuldnerin durchgeführt.
Das Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg eröffnete mit Beschluss vom 01.11.2017 auf der Grundlage des Gutachtens des vorläufigen Sachwalters, des späteren Beklagten, vom 27.10.2017 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und ordnete Eigenverwaltung an. Der Beklagte wurde zum Sachwalter bestellt. Dieser zeigte noch am gleichen Tage gegenüber dem Amtsgericht drohende Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 Satz 2 InsO an.
Am 06. November 2017 reichte die Schuldnerin beim Arbeitsgericht Berlin bezogen auf die PV Kabine einen Antrag nach § 122 Abs. 1 InsO (gerichtliche Zustimmung zur Durchführung einer Betriebsänderung) ein.
Am 17.11.2017 schloss die Schuldnerin mit der PV Cockpit einen Interessenausgleich und einen Insolvenzsozialplan. Darin wurde u.a. geregelt, dass die Arbeitnehmer des Cockpit-Personals an den Stationen Hamburg, Köln und Stuttgart zur Durchführung des Wet-Lease bis zum 31.01.2018 weiterbeschäftigt werden. Alle anderen Cockpitmitarbeiter sollten unverzüglich unwiderruflich freigestellt werden, was auch geschah. Unter dem 28.11.2017 sprach die Schuldnerin gegenüber allen Cockpit-Mitarbeitern Kündigungen zum 28.02.2018 aus, sofern kein Sonderkündigungsschutz bestand.
Am 21.11.2017 nahm die PV Kabine in einem Datenraum Einblick in die dort hinterlegten Dokumente. Sie verlangte die Einsicht in ungeschwärzte Dokumente, wozu die Schuldnerin unter Hinweis auf nicht vorliegende Zustimmungen der Erwerber nicht bereit war. Nachdem die Personalvertretung Verhandlungstermine ablehnte, erklärte die Schuldnerin am 30.11.2017 die Verhandlungen für gescheitert und betrieb das Verfahren zur Einsetzung einer Einigungsstelle. Im Anhörungstermin am 22.12.2017 einigten sich beide Seiten auf die Einrichtung einer Einigungsstelle für einen Interessenausgleich und Sozialplan.
Die E. Jet Airline Company PLC (im Folgenden: E. Jet) meldete am 07.11.2017 einen Zusammenschluss nach der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (im Folgenden: Fusionskontrollverordnung) bei der Europäischen Kommission an.
Ausweislich der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 12.12.2017 übernimmt E. Jet 25 Flugzeuge des Typs A 320, mit ausdrücklicher Zustimmung des Flughafenkoordinators Slots in erheblichem Umfang am Flughafen Tegel und anderen Zielflughäfen, Kundenbuchungen, nicht näher bestimmte Flugzeugeinrichtungen nebst Ausrüstung sowie Nachtabstellplätze für Flugzeuge in Berlin Tegel. Während E. Jet bisher ca. 5 bis 10 % sämtlicher zur Verfügung stehender Slots an den Flughäfen Tegel und Schönefeld nutzte, erhöht sich die Zahl der Berechtigungen auf 10 bis 20 %.
Zur Rekrutierung von Personal schlossen E. Jet und ver.di am 30.10.2017 einen Tarifvertrag.
Am 10.10.2017 beantragte die Deutsche L. AG bei der Europäischen Kommission eine Ausnahme von der Aussetzungspflicht gem. Art. 7 der Fusionskontrollverordnung. Die Europäische Kommission erließ eine Ausnahmeregelung, die zur Folge hatte, dass während der laufenden Fusionskontrolle 49 der 57 der im Rahmen der ursprünglichen Transaktion bestehenden Flugzeuge betrieben werden konnten (Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 21.12.2017). Am 13.12.2017 entschied die L., die Anteile am Touristikflugbetrieb N. wegen wettbewerbsrechtlicher Bedenken der europäischen Wettbewerbsbehörde nicht zu erwerben. Am 21.12.2017 erteilte die Europäische Kommission dem übrigen Zusammenschluss ihre Erlaubnis. In der Folge schrieb die LGW Stellen für Copiloten und Kapitäne auf den Flugzeugmustern der A 320-Familie an den Stationen Stuttgart und Berlin-Tegel aus. Sowohl die LGW als auch die E. GmbH und die E. Europe GmbH kündigten an, für Flugbesatzungsmitglieder der Schuldnerin ein verkürztes Auswahlverfahren durchzuführen.
Den Antrag gemäß § 122 InsO hat das Arbeitsgericht Berlin durch unanfechtbaren Beschluss vom 21. Dezember 2017 – 41 BV 13752/17 – mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, dass die Betriebsänderung bereits mit der Kündigung der Piloten begonnen habe.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurden unter der AOC der Schuldnerin keine eigenwirtschaftlichen Flüge mehr durchgeführt. Lediglich bis Januar 2018 führte die Schuldnerin im Rahmen des „Wet-Lease“ noch Flüge für die E. GmbH im eingeschränkten Umfang mit 13 Maschinen durch. Die hierfür erforderlichen Genehmigungen waren zuletzt unter dem 21.12.2017 bis zum 31.01.2018 befristet worden und sind mit Ablauf dieses Datums erloschen.
Am 11.01.2018 erklärte sich die eingesetzte Einigungsstelle durch Spruch und unter Verweis auf § 2 Abs. 2 TV Pakt für unzuständig.
Unter dem 12.01.2018 erstattete die Schuldnerin bei der Agentur für Arbeit Berlin-Nord eine Massenentlassungsanzeige (Anlage BKT 27). Die Agentur für Arbeit bestätigte der Schuldnerin am selben Tag, dass die Entlassungsanzeige vollständig eingegangen sei.
Durch Beschluss des Insolvenzgerichts, der am 17.01.2018 veröffentlicht wurde, ist die Eigenverwaltung aufgehoben und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestimmt worden.
Mit Schreiben vom 19.01.2018 erfolgte die Sammelanhörung der PV Kabine zu den beabsichtigten Kündigungen (Anl. B 17). Die PV Kabine widersprach den Kündigungen am 26.01.2017. Mit Schreiben vom 27.01.2018 kündigte der Insolvenzverwalter die jeweiligen Arbeitsverhältnisse der Kabinenmitarbeiter zum 30.04.2018, soweit diese keinen Sonderkündigungsschutz besaßen.
Am 22.02.2018 vereinbarte der Beklagte mit der PV Kabine und der Gewerkschaft ver.di einen Sozialplan für das Kabinenpersonal gemäß § 123 InsO.
Die klagende Partei hat sich im Wesentlichen darauf berufen, dass ein Betriebs- bzw. Teilbetriebsübergang stattgefunden habe. Wirtschaftliche Einheiten seien die einzelnen Flugzeuge, die Stationen und der Bereich Wet Lease. Übernehmer seien vor allem E. und E. Jet. Die Sozialauswahl sei fehlerhaft, da wegen der Betriebsteilübergänge eine solche zuvor hätte vorgenommen werden müssen. Es sei nicht erkennbar, dass vor Ausspruch der Kündigung die Personalvertretung Kabine ordnungsgemäß angehört worden wäre. Diese sei nur pauschal über eine Betriebsstilllegung informiert worden. Fehlerhaft seien auch das Konsultationsverfahren und das Verfahren zur Anzeige einer Massenentlassung gewesen. Hilfsweise bestünde ein Anspruch auf Nachteilsausgleich. Die Vergütungsansprüche für März und April 2018 seien Masseverbindlichkeiten, da nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt gekündigt worden sei.
Die Klägerin hat zuletzt nach Abschluss eines Teilvergleichs beantragt,
1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche betriebsbedingte Kündigung vom 27.01.2018, der klägerischen Partei zugegangen am 29.01.2018, zum 30.04.2018 aufgelöst wird;
2.
den Beklagten zu verurteilen, der klägerischen Partei für die Monate März und April 2018 1.956,36 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über Basiszinssatz
aus 1.037,46 Euro brutto seit 01. April 2018 nebst einer Verzugspauschale von 40,00 Euro,
aus 918,90 Euro brutto seit 01. Mai 2018 nebst einer Verzugspauschale von 40,00 Euro
zu zahlen;
3.
den Beklagten zu verurteilen, der klägerischen Partei Auskunft zu erteilen über:
- den Zeitpunkt der Übergabe des Wet-Lease-Geschäfts von der Schuldnerin auf die LGW,
- die Durchführung des Wet-Lease bei der Schuldnerin durch eine genaue Beschreibung der durchgeführten Tätigkeiten,
- die Anzahl, den Typ und die Kennung der Flugzeuge welche durch die Schuldnerin auf die LHW übertragen wurden,
- die Rechtsgeschäfte, welche der Übertragung der im Wet-Lease bei der LGW befindlichen Maschinen zugrundeliegen,
- der Slotrechte und Strecken, auf denen das Wet-Lease für die E. zuvor bei der Schuldnerin geflogen wurde und
- der Slotrechte und Strecken, auf denen das Wet-Lease für die E. bei der LGW geflogen wird;
4.
den Beklagten zu verurteilen, der klägerischen Partei Auskunft über die Angaben zur vollständigen oder teilweisen Unternehmensübernahme gemäß Artikel 8a (1) b) iii) der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 DES RATES vom 18. Januar 1993 zu erteilen, welche Inhalt des Antrags an den Flughafenkoordinator zur Übernahme der Slots von der A. Berlin PLC & Co. Lufverkehrs KG durch die e.Jet Airlin Company am Flughafen Berlin-Tegel geworden sind;
5.
für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1)
den Beklagte zu verurteilen, die klägerische Partei bis zur rechtskräftigen Beendigung des Kündigungsschutzrechtsstreits als Flugbegleiterin zu beschäftigen;
6.
den Beklagten zu verurteilen, der klägerischen Partei für die Monate Mai, Juni, Juli und August 2018 3.675,60 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über Basiszinssatz
aus 918,90 Euro brutto seit 01. Juni 2018 nebst einer Verzugspauschale von 40,00 Euro,
aus 918,90 Euro brutto seit 01. Juli 2018 nebst einer Verzugspauschale von 40,00 Euro,
aus 918,90 Euro brutto seit 01. August 2018 nebst einer Verzugspauschale von 40,00 Euro,
aus 918,90 Euro brutto seit 01. September 2018 nebst einer Verzugspauschale von 40,00 Euro
zu zahlen;
7.
hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1.)
den Beklagten zu verurteilen, an die klägerische Partei eine Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 54.969,42 Euro nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass die Kündigung wegen der beabsichtigten Betriebsstilllegung gerechtfertigt gewesen sei. Zu einem Betriebs- oder Betriebsteilübergang sei es deswegen nicht gekommen, weil alle potenziellen Investoren nur Interesse am Erwerb einzelner Vermögenswerte gezeigt hätten. Eine Veräußerung darüber hinaus habe auch nicht stattgefunden. Es habe keine abgrenzbaren Betriebsteile gegeben, was sich schon daraus ergebe, dass der gesamte Flugbetrieb zentral geplant worden sei. Zum Zeitpunkt der Kündigung hätte die beabsichtigte Stilllegung auch greifbare Formen angenommen. Hierbei müsse berücksichtigt werden, dass der eigenwirtschaftliche Flugbetrieb mit dem 27.10.2017 schon eingestellt war und der Wet Lease-Bereich nach der geänderten Vereinbarung spätestens am 31.01.2018 hätte auslaufen sollen, wozu es auch gekommen war.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage insgesamt abgewiesen. Hierbei wurde davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Kündigung wegen der beabsichtigten Betriebsstilllegung gerechtfertigt gewesen sei. Es seien keine Betriebsteile und auch nicht der Betrieb im Ganzen als wirtschaftliche Einheit identitätswahrend auf einen Erwerber übergegangen. Insofern habe es keiner Sozialauswahl bedurft. § 2 Abs. 2 TV Pakt komme wegen § 113 Satz 1 InsO nicht zur Anwendung. Das Konsultationsverfahren mit der Personalvertretung sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. In der Massenentlassungsanzeige gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit Berlin Nord seien alle notwendigen Angaben enthalten gewesen. Die Personalvertretung sei auch ordnungsgemäß zur beabsichtigten Kündigung angehört worden. Der Sonderkündigungsschutz nach § 50 MTV LTU werde durch § 113 InsO verdrängt. Die beiden Auskunftsanträge seien unbegründet, da es dafür keine Anspruchsgrundlage gebe. Der Antrag auf Vergütung für März und April 2018 sei unbegründet, da keine Neumasseverbindlichkeit vorliege. Vor dem Spruch der Einigungsstelle hätte die Schuldnerin nicht kündigen können, ohne zur Zahlung von Nachteilsausgleichsansprüchen verpflichtet zu sein. Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich bestehe nicht, da § 2 Abs. 2 TV Pakt zur Anwendung komme, der die Regelungen §§ 80ff TV PV verdränge.
Hiergegen richtet sich die Berufung der klagenden Partei, wobei die Klage auf die Beklagte zu 2) zusätzlich erstreckt wurde. In der arbeitsgerichtlichen Entscheidung seien die Voraussetzungen für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit verkannt worden. Insofern seien drei wirtschaftliche Einheiten feststellbar: der Bereich Wet Lease, die Stationen und die Einheit Flugzeug-Organisation. Es sei auch zu einem Übergang von Betriebsteilen gekommen. Den Bereich Wet Lease habe die Beklagte zu 2) übernommen. Die Station Berlin sei auf Easy Jet übergegangen. E. habe mindestens 13 Flugzeuge, Easy Jet 17 - 18 Maschinen und die Beklagte zu 2) 17 Flugzeuge mit der Lackierung für E. übernommen. Für jede Station habe es eine eigenständige Leitung durch die Area Manager gegeben. Diese hätten Personalfunktionen ausgeübt und insbesondere Personalgespräche geführt. Die Eigenständigkeit der Leitung für den Bereich Wet-Lease ergebe sich auch daraus, dass hierfür eine eigene Telefonnummer in Berlin zur Verfügung gestanden habe. Die fehlerhafte Rechtsanwendung sei auch erheblich, da bei Betriebsteilübergängen eine Sozialauswahl hätte vorgenommen werden müssen. Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Sie hätte über die Betriebsteilübergänge und den Sonderkündigungsschutz der Klägerin informiert werden müssen. Die Unwirksamkeit der Kündigung ergebe sich auch aus § 2 Abs. 2 TV Pakt. Die Massenentlassungsanzeige sei fehlerhaft, denn es hätte auf das gesamte fliegende Personal abgestellt werden müssen. Auch hätten die Kündigungen nicht vor Eingang der Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit unterzeichnet werden dürfen. Davon sei nach der Lebenserfahrung auszugehen. Im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts verdränge § 2 Abs. 2 TV Pakt nicht die Regelungen in §§ 80ff TV PV Kabine, denn es werde nur die Zuständigkeit verlagert. Bezüglich der Vergütung für März und April 2018 liege eine Neumasseverbindlichkeit vor. Interessenausgleichverhandlungen hätten nicht zur Vermeidung von Nachteilsausgleichsansprüchen geführt werden müssen, denn mit der Betriebsstilllegung sei schon mit Einstellung des Flugbetriebes, spätestens mit der Freistellung der Piloten begonnen worden. Auch das Konsultationsverfahren sei spätestens zum 05.12.2017 abgeschlossen gewesen.
Die Klägerin beantragt
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 25.09.2018, Az. 38 Ca 2847/18, teilweise abzuändern und
I. festzustellen, dass das zwischen der klägerischen Partei und dem Berufungsbeklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung vom 27.01.2018 zum 30.04.2018 aufgelöst worden ist;
II. Der Berufungsbeklagte zu 1) wird verurteilt, der klägerischen Partei Auskunft über die Angaben zur vollständigen oder teilweisen Unternehmensübernahme gemäß Artikel 8a (1) b) iii) der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 DES RATES vom 18. Januar 1993 zu erteilen, welche Inhalt des Antrags an den Flughafenkoordinator zur Übernahme der Slots von der a. Berlin PLC & Co Luftverkehrs KG durch die e.Jet Airline Company am Flughafen Berlin-tegel geworden sind.
III. Der Berufungsbeklagte zu 1) wird verurteilt, der klägerischen Partei Auskunft zu erteilen, über:
Den Zeitpunkt der Übergabe des Wet-Lease-Geschäfts von der schuldnerin auf die Berufungsbeklagte zu 2),
Die Durchführung des Wet-Lease bei der Schuldnerin durch eine genaue Beschreibung der durchgeführten Tätigkeiten,
Die Anzahl, den Typ und die Kennung der Flugzeuge, welche durch die Schuldnerin auf die Berufungsbeklagte zu 2) übertragen wurden,
Die Rechtsgeschäfte, welche der Übertragung der im Wet-Lease bei der berufungsbeklagten zu 2) befindlichen Maschinen zugrundeliegen,
Der Slotrechte und Strecken, auf denen das Wet-Lease für die E. zuvor bei der Schuldnerin geflogen wurde und
Der Slotrechte und Strecken, auf denen das Wet-Lease für die E. bei der Berufungsbeklagten zu 2) geflogen wird.
IV. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der klägerischen Partei und dem Beklagten zu 1) ab dem 11.12.2017 als Flugbegleiterin mit der Berufungsbeklagten zu 2) fortbesteht.
Für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu Ziffer I.:
V. Der Berufungsbeklagte zu 1) wird verurteilt, an die klägerische Partei eine Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 54.969,42 € nicht unterschreiten sollte, zu zahlen.
VI. Der Berufungsbeklagte wird verurteilt, der klägerischen Partei für die Monate März und April 2018 1.956,36 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 1.037,46 € brutto seit 1. April 2018 und
aus 918,90 € brutto seit 1. Mai 2018 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte zu 1) hält die angegriffene erstinstanzliche Entscheidung für rechtlich zutreffend. Betriebsteile hätten weder bei der Schuldnerin bestanden, noch seien solche bei Erwerbern fortgeführt worden. Daher sei eine Sozialauswahl nicht notwendig gewesen. Die Massenentlassungsanzeige sei wirksam erstattet worden. Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich bestehe nicht, da der TV Pakt die spätere und speziellere Regelung darstelle. § 4 Rahmentarifsozialplan Transfer habe die Kompetenzen nicht wieder auf die PV Kabine zurückverlagert.
Die Beklagte zu 2) weist darauf hin, dass die Klägerin von teilweise überlappenden Betriebsteilen ausgehe. In München hätten sich keine disziplinarischen Vorgesetzten befunden.
Hinsichtlich des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Die Berufung der klagenden Partei ist zum großen Teil zulässig, im Übrigen aber unbegründet. Daher ist sie in vollem Umfang zurückzuweisen.
A.
Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der klagenden Partei ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO überwiegend zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden. Da die Beklagte zu 2) der Klageerweiterung zugestimmt hat, ist sie auch insofern zulässig. Teilweise unzulässig ist sie aber, weil weiterhin die Auskunftsanträge zu II. und III. gestellt werden. Insofern fehlt im Rahmen der Berufungsbegründung jegliche Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil.
B.
Soweit die Berufung zulässig ist, ist sie aber nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit dem Beklagten zu 1) ist durch die ausgesprochenen Kündigungen vom 27.01.2018 zum 30.04.2018 aufgelöst worden. Ansprüche auf Nachteilsausgleich und Verzugslohnansprüche für März und April 2018 bestehen nicht. Das Arbeitsverhältnis ist auch nicht zur Beklagten zu 2) übergegangen.
I.
Die Kündigung der klagenden Partei vom 27.01.2018 ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt unwirksam. Insofern hat das Arbeitsgericht den Antrag zu 1) zu Recht abgewiesen.
1. Die Kündigung ist nicht gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG unwirksam.
1.1 Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der klagenden Partei Anwendung. Die klagende Partei war länger als 6 Monate bei der Schuldnerin beschäftigt. Bei dieser waren mehrere 1.000 Arbeitnehmer tätig. Die klagende Partei hat auch innerhalb von drei Wochen ab Kündigungszugang das Arbeitsgericht angerufen, so dass die Kündigung auf ihre rechtliche Wirksamkeit hin gerichtlich überprüft werden kann. Damit sind sämtliche Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 KSchG, § 4 Satz 1 KSchG und §§ 23 Abs. 1, 24 Abs. 2 KSchG erfüllt.
1.2 Die betriebsbedingte Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG gerechtfertigt. Dies folgt aus dem ernsthaften und endgültigen Entschluss der Schuldnerin, den gesamten vorhandenen Flugbetrieb stillzulegen, so dass die Arbeitsleistung der klagenden Partei zum Ablauf der Kündigungsfrist entbehrt werden konnte.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass eine betriebsbedingte Kündigung nicht erst nach erfolgter Betriebsstilllegung ausgesprochen werden kann, sondern auch schon wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung. In diesem Fall ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn die entsprechende unternehmerische Entscheidung zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits endgültig getroffen ist und eine vernünftige betriebswirtschaftliche Betrachtung die Prognose rechtfertigt, dass der Arbeitnehmer nach dem Ablauf der Kündigungsfrist entbehrt werden kann. Insofern reicht es nach der Rechtsprechung aus, wenn sich ein Arbeitgeber entschließt, ab sofort keine neuen Aufträge mehr anzunehmen, allen Arbeitnehmern zum nächstmöglichen Kündigungstermin zu kündigen und zur Abarbeitung der vorhandenen Aufträge eigene Arbeitnehmer nur noch während der jeweiligen Kündigungsfristen einzusetzen (KR- Rachor 12. Auflage 2019 § 1 KSchG Rn. 617 m.w.N.).
All diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die gefasste unternehmerische Entscheidung zur beabsichtigten Betriebsstilllegung wurde nach außen hinreichend kommuniziert. Dies ergibt sich aus der Erklärung vom 12.10.2017, den Zustimmungen des vorläufigen Gläubigerausschusses, den Verhandlungen mit der jeweiligen Personalvertretung und der Massenentlassungsanzeige gegenüber der Bundesagentur für Arbeit. Die getroffene Prognose war realistisch. Der letzte eigenwirtschaftliche Flug fand am 27.10.2017 statt. Der stark reduzierte Bereich des Wet Lease (mit 13 statt ursprünglich 38 Flugzeugen) sollte spätestens zum 31.01.2018 eingestellt werden. Zu diesem Datum erlosch auch die öffentlich-rechtliche Erlaubnis zur Durchführung eines Flugbetriebes. Damit gab es spätestens zum Ablauf dieses Datums keinerlei Bedarf mehr für den Einsatz von Pilot/innen oder Kabinenpersonal. Der tatsächliche Ablauf hat diese Prognose auch bestätigt, denn danach wurden keinerlei Passagierflüge mehr durchgeführt.
All dies ist zwischen den Parteien im Kern auch nicht streitig. Auch die klagende Partei deutet an keiner Stelle auch nur an, dass angesichts der Insolvenz der Schuldnerin mit Ablauf der Kündigungsfrist für die Schuldnerin selbst noch ein Bedarf an Arbeitsleistungen des fliegenden Personals bestanden hätte.
1.3 Gegen die beabsichtigte Betriebsstilllegung kann die klagende Partei auch nicht mit Erfolg einwenden, dass es zu einem Betriebs- oder Betriebsteilübergang gekommen ist. Ein solcher liegt schon deswegen nicht vor, weil die von der Klägerseite angeführten Vorgänge keine „wirtschaftliche Einheit“ im Rechtsinne betreffen.
1.3.1 Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus. Eine Stilllegung des Betriebes liegt auch dann nicht vor, wenn der gesamte Betrieb veräußert wird. Gleiches gilt, wenn organisatorisch abtrennbare Teile des Betriebes im Wege des Betriebsteilübergangs gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB veräußert werden (BAG 21.05.2015 – 8 AZR 409/13 – Rn. 33).
1.3.2 Die deutsche Begrifflichkeit wird überlagert durch das Europarecht, da die deutsche Norm der Umsetzung der europäischen Betriebsübergangsrichtlinie dient (ErfK/Preis 19. Aufl. 2019 § 613a BGB Rn. 6). Art. 1 I lit. a RL 2001/23/EG, die die frühere Richtlinie ersetzt hat, bezeichnet als Übergang den „Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit“. Insofern geht auch das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass es nicht relevant sei, ob es sich insofern um ein „Unternehmen“, einen „Betrieb“ oder einen „Unternehmens-“oder „Betriebsteil“ selbst im Sinne des jeweiligen nationalen Rechts handelt. Entscheidend sei nur, dass der Übergang eine wirtschaftliche Einheit im Sinne der Richtlinie betreffe (BAG 25.01.2018 – 8 AZR 338/16 – juris Rn. 28).
1.3.3 Bei der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Einheit im Sinne der Betriebsübergangsrichtlinie übergegangen ist, ist zuerst zu prüfen, ob eine bestimmte Einheit als „wirtschaftliche Einheit organisiert war“, was Sache des nationalen Gerichts ist. Erst danach schließt sich die Prüfung an, ob die Voraussetzungen für den Übergang einer solchen Einheit erfüllt sind, wobei insofern dann sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden müssen (EuGH 10.12.1998 – verb Rs. C-173/96 u. C-247/96 – Hidalgo u.a. – Rn 28f). Dem entspricht die deutsche Terminologie, wonach die Frage, ob ein Betriebs(teil) vorliegt, von der Frage zu trennen ist, ob ein Betriebs(-teil) übergegangen ist (ErfK/Preis 19. Aufl. 2019 § 613a Rn 8). Auch das BAG geht davon aus, dass die von einem Erwerber übernommene organisierte Gesamtheit von Personen und/oder Sachen bereits beim Veräußerer eine wirtschaftliche Einheit dargestellt und damit die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben muss, um die Voraussetzung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllen zu können (BAG 13.10. 2011 – 8 AZR 455/10 – juris Rn. 36; BAG 10.11.2011 – 8 AZR 538/10 – juris Rn. 21; BAG 7. 6. 2018 – 8 AZR 573/16 – juris Rn. 31).
1.3.4 Was unter dem Begriff der wirtschaftlichen Einheit zu verstehen ist, ist durch die Rechtsprechung des EuGH hinreichend geklärt.
Eine solche Einheit muss auf Dauer angelegt sein und darf sich nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränken. Dies ist gegeben bei jeder hinreichend strukturierten und selbstständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck. Die wirtschaftliche Einheit muss vor dem Übergang insbesondere über eine ausreichende funktionelle Autonomie verfügen, „wobei sich der Begriff der Autonomie auf die Befugnisse bezieht, die der Leitung der betreffenden Gruppe von Arbeitnehmern eingeräumt sind, um die Arbeit dieser Gruppe relativ frei und unabhängig zu organisieren und insbesondere Weisungen zu erteilen und Aufgaben auf die zu dieser Gruppe gehörenden untergeordneten Arbeitnehmer zu verteilen, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dabei dazwischengeschaltet sind.“ (EuGH 06.03.2014 – C-458/12 – Amatori Rn. 31f).
Wenn die in Rede stehende übertragene Einheit vor dem Übergang über keine ausreichende funktionelle Autonomie verfügt, dann fällt ein solcher Übergang nicht unter die Richtlinie 2001/23/EG (EuGH aaO Rn. 35).
Die Klägerseite und auch die Kammer 41 des Arbeitsgerichts Berlin sind der Auffassung, dass eine funktionelle Autonomie nur eine hinreichende, jedoch keine notwendige Voraussetzung für eine wirtschaftliche Einheit sei (ArbG Berlin 19.07.2018 – 41 Ca 15.666/17 – juris Rn. 116). Das Arbeitsgericht meint dies damit begründen zu können, dass der EuGH den Begriff der funktionellen Autonomie für den Begriff der Selbstständigkeit im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2001/23 und damit im mitbestimmungsrechtlichen Zusammenhang entwickelt habe (aaO Rn. 119). Dies kann aus der Rechtsprechung des EuGH nicht hergeleitet werden. Der EuGH hat schon im Jahre 2011 den Begriff der Autonomie auf die Befugnisse bezogen, die der Leitung der betreffenden Gruppe von Arbeitnehmern eingeräumt werden, um die Arbeit dieser Gruppe relativ frei und unabhängig organisieren und insbesondere Weisungen erteilen und Aufgaben verteilen zu können, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dazwischengeschaltet sind (EuGH 06.09.2011 – C-108/10 – Scattolon, juris Rn. 51). Schon dort geschah dies ohne jeglichen Bezug zu einem mitbestimmungsrechtlichen Kontext. Auch später wurde ein solcher Zusammenhang nur deswegen erwähnt, weil die zuvor gezogene Schlussfolgerung im Hinblick auf die Autonomie der Leitung nach Ansicht des EuGH hierdurch „bestätigt“ wurde (EuGH 06.03.2014 – C-458/12 – Amatori Rn. 33). Angesichts des klaren Wortlauts gerade in dieser Entscheidung stellt die Autonomie der Leitung sehr wohl eine notwendige Voraussetzung für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit dar. Damit verbleibt auch kein Raum für die Rechtsansicht der Klägerseite, einer eigenen Leitungsstruktur bedürfe es nicht.
In den eher seltenen Fällen, in denen das Vorhandensein einer wirtschaftlichen Einheit unterhalb der Betriebsebene streitig ist, geht auch das BAG davon aus, dass bezogen auf einzelne Geschäftsbereiche in hinreichendem Maße Führungs- und Organisationsstrukturen vorhanden sein müssen, um das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit bejahen zu können (BAG 21.05.2015 – 8 AZR 409/13 – juris Rn. 49).
1.3.5 Bei Anwendung dieser vom EuGH entwickelten Kriterien kann nicht festgestellt werden, dass die von der Klägerseite angeführten Einheiten wirtschaftliche Einheiten sind. Dies hat zur Folge, dass schon deswegen ein Betriebs-(teil)übergang ausscheidet. Für den Flugbetrieb insgesamt ist ein Betriebsübergang ebenfalls nicht ersichtlich.
1.3.5.1 Die einzelnen Flugzeuge stellen vorliegend keine wirtschaftliche Einheit dar.
Dies scheitert schon daran, dass mit dem jeweiligen Flugzeug als Betriebsmittel keine Gesamtheit von Personen auf Dauer verbunden ist. Die Besatzungen wechseln von Umlauf zu Umlauf. Auch fehlt es an der notwendigen Autonomie der Leitung, da niemand innerhalb der Flugzeugbesatzung darüber entscheidet, wer jeweils mitfliegt. Die teilweise als relevant angenommene Kommandantenstellung des jeweiligen Flugkapitäns (ArbG Berlin 19.07.2018 – 41 Ca 15.666/17 – juris Rn. 187) ist unerheblich, da ihr ebenfalls die notwendige Dauerhaftigkeit fehlt. Es kann auch keine Parallele zu der Entscheidung des BAG gezogen werden, wonach im Einzelfall ein Forschungsschiff eine übergangsfähige wirtschaftliche Einheit darstellt (BAG 02.03.2006 – 8 AZR 147/05 – juris Rn. 17), denn dort wird die Verknüpfung zwischen den Betriebsmitteln Schiff und der Besatzung über einen jeweils viel längeren Zeitraum hergestellt, so dass offen bleiben kann, ob der dogmatischen Begründung des BAG angesichts der sich erst später entwickelnden Differenzierungen durch die EuGH- Rechtsprechung so noch zu folgen ist.
Dieses Ergebnis entspricht auch der Rechtsprechung des BAG zu Speditionen. Danach stellt ein einzelner Lkw eines Transportbetriebes für sich genommen lediglich ein Betriebsmitteln und keinem Betriebsteil dar (BAG 26.08.1999 – 8 AZR 718/98 – juris Rn. 22).
1.3.5.2 Die zehn einzelnen Abflugstationen stellen ebenfalls jeweils keine wirtschaftliche Einheit dar.
Es fehlt an der erforderlichen ausreichenden funktionellen Autonomie. An keiner der Stationen ist eine Leitung mit der Befugnis ausgestattet, die Arbeit der dort stationierten Arbeitnehmer in der Weise zu strukturieren, dass sie Arbeitsaufgaben auf die einzelnen Gruppenmitglieder verteilen könnte. Die Steuerung des Einsatzes des gesamten fliegenden Personals erfolgte vielmehr zentral von Berlin aus. Dort wurde der saisonale Flugplan erstellt. Der früher in Düsseldorf bestehende Verwaltungsbereich, insbesondere die Dienstplanung, ist 2017 nach Berlin verlegt worden. Auch im Falle von Havarien und Krankmeldungen wurden die notwendigen Entscheidungen in Berlin getroffen. Über Kompetenzen zur Steuerung des Einsatzes des gesamten fliegenden Personals verfügten die Regional Manager nicht. Diese zwei Personen, die jeweils für 2 - 7 Stationen zuständig waren, wurden selbst als Flugbegleiter eingesetzt. Ihre Kompetenzen waren unterhalb der Zuweisung von Arbeitsaufgaben angesiedelt. Sie waren nach dem Organisationshandbuch für die Überwachung und Einhaltung interner Richtlinien zuständig. Bei Einstellungen hatten sie eine begleitende Funktion bei der Personalauswahl. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit war die Berichterstattung gegenüber der Leiterin „Head of Cabin Crew“ in Berlin. Sie besaßen keine Kompetenzen, das fliegende Personal vor Ort hinsichtlich der Arbeit einzuteilen. Das gleiche gilt für die Ebene darunter, die Area Manager. Diese Personen waren für Motivation und Personalentwicklung einschließlich der Auflösung von Konfliktsituationen zuständig und verfügten ebenfalls nicht über Kompetenzen zur Einteilung des Personals. Das Führen von Personalgesprächen reicht hierfür nicht.
Ob die Abflugstationen Kristallisationspunkte des Flugbetriebes sind, muss nicht entschieden werden. Dies ist kein Kriterium für die Bestimmung der hier relevanten wirtschaftlichen Einheit. Weiterhin ist es unerheblich, ob nach Normen der europäischen Fusionskontrolle in Abflugstationen abgrenzbare Einheiten gesehen werden, denn der Begriff der „wirtschaftlichen Einheit“ ist arbeitsrechtlich unter Beachtung der Rechtsprechung des EuGH zu bestimmen.
1.3.5.3 Der Bereich Wet Lease ist im Gegensatz zur Auffassung der Klägerseite ebenfalls nicht als wirtschaftliche Einheit organisiert.
Der Rahmen-Interessenausgleich vom 14.02.2017 mit der PV Cockpit sah allerdings durchaus vor, diesen Bereich in gewisser Hinsicht zu verselbstständigen. Nach § 1 Abs. 2 wurden Überlegungen mitgeteilt, im Laufe des sechsjährigen Wetleases einige Flugzeuge in einem separaten AOC zusammenzufassen. In § 6 der Anl. 1 zu diesem Interessenausgleich war demgegenüber weiterhin festgehalten, dass alle Mitarbeiter in einem einheitlichen Flugbetrieb verbleiben sollten. Es kann offen bleiben, wie eine solche Einheit dann zu beurteilen gewesen wäre. Entscheidend ist nicht eine unternehmerische Planung, sondern deren tatsächliche Umsetzung. Tatsächlich ist es zu dieser angedachten Transformation in den darauf folgenden sechs Monaten gar nicht mehr gekommen. Der Flugbetrieb und die Einteilung der Besatzungen wurde jedenfalls ab 2017 einheitlich in Berlin und unabhängig davon geplant, ob die Flüge eigenwirtschaftlich oder im Wet Lease durchgeführt wurden. Damit fehlt es auch hier an der notwendigen funktionellen Autonomie bezogen auf die Leitungsmacht für diesen Bereich. Eine gesonderte Telefonnummer zur Kontaktaufnahme in Berlin reicht auch nicht aus, um eine selbständige Leitung für diesen Bereich annehmen zu können.
Dies hier gefundene Ergebnis deckt sich auch mit der Rechtsprechung des BAG zu möglichen Betriebsteilen eines Transportbetriebes. Mehrere Lkw aus einer einheitlich organisierten Gesamtheit von Lkw eines Betriebes stellen danach keinem Betriebsteil dar. Selbst wenn Betriebsmittel und Arbeitnehmer ständig in bestimmter Weise eingesetzt werden, entstehen dadurch nicht ohne weiteres jeweils selbstständig organisierte Einheiten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Geschäftsführer alle Fahrer einheitlich angewiesen und eingeteilt hat (BAG 26.08.1999 – 8 AZR 718/98 – juris Rn. 22f).
Das Gleiche gilt für die Zeit ab November/Dezember 2017. Auch dann lag keine eigenständige wirtschaftliche Einheit vor, auch wenn der Flugbetrieb nur noch als Wet Lease (mit 13 Maschinen) durchgeführt wurde. Zu diesem Zeitpunkt befand sich dieser Bereich nur noch für den kurzen Zeitraum von zwei bis drei Monaten in Abwicklung. Damit fehlt es an einem weiteren notwendigen Element, nämlich der Dauerhaftigkeit, die nach der EuGH-Rechtsprechung (EuGH 06.03.2014 – C-458/12 – Amatori Rn. 31) schon beim Veräußerer vorhanden gewesen sein muss. Ein Vorhaben, hier die Durchführung des Abwicklungsbetriebes, reicht insofern nicht für die Herausbildung einer neuen Struktur als wirtschaftliche Einheit aus.
1.3.5.4 Somit kann auch offen bleiben, inwiefern die klagende Partei überhaupt einer dieser Einheiten angehörte, von der sie annahm, dass sie übergehen würde.
1.3.5.5 Als einzige wirtschaftliche Einheit, die im Rechtssinne übergangsfähig wäre, kommt der Flugbetrieb im Ganzen in Betracht. Insofern behauptet und rügt die Klägerseite aber zweitinstanzlich nicht, dass es zu einem Betriebsübergang gekommen wäre. Aus dem Akteninhalt ergeben sich auch nicht genügende Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher vorliegen könnte.
Mit dem LAG Düsseldorf (17.10.2018 – 1 Sa 334/18 – Rn. 127) ist davon auszugehen, dass ein Flugbetrieb als wirtschaftliche Einheit geprägt wird durch die eingesetzten Flugzeuge, die Piloten und die öffentlich-rechtlich erteilten Lizenzen und Genehmigungen einschließlich der Slots. Der EuGH (09.09.2015 – C-160/14 – Ferreira da Silva e Britto u. a., juris Rn. 29f) hat den Übergang von Material als ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung des Vorliegens eines Betriebsübergangs bei einem Flugbetriebsunternehmen erachtet. Die tatsächliche Nutzung von Flugzeugen wird als unerlässliche Voraussetzung für die Fortsetzung der zuvor ausgeübten Flugtätigkeit angesehen.
Zum Stichtag 12.10.2017, der Erklärung über die beabsichtigte Betriebsstilllegung, hat die Schuldnerin noch 132 Flugzeuge genutzt. Unterstellt man ferner, dass ein potentieller Übernehmer für jedes dieser Flugzeuge auch die notwendige Anzahl an fliegendem Personal eingestellt hat, das ursprünglich bei der Schuldnerin beschäftigt war, so wäre ein Betriebsübergang im ganzen trotzdem nicht ersichtlich. Die Klägerseite trägt keine Anhaltspunkte dafür vor, dass einer der möglichen Übernehmer (Deutsche L., E., e.Jet oder LGW) eine Mehrzahl an Flugzeugen für seinen Betrieb übernommen hätte. Da ein Flugbetrieb auch nach der Rechtsprechung des EuGH als „betriebsmittelgeprägt“ gilt, wäre dies aber eine notwendige Mindestvoraussetzung. Auch kommt es nicht darauf an, welche Flugzeuge die „L.-Gruppe“ übernommen haben soll. Ein Betriebsinhaberwechsel nach § 613a BGB setzt einen Wechsel in der juristischen Person voraus, die den Betrieb führt. Es ist nicht ersichtlich, dass sich eine Mehrzahl von Unternehmen zusammengeschlossen hätte, um einen einheitlichen gemeinsamen Flugbetrieb als Gemeinschaftsbetrieb im arbeitsrechtlichen Sinne zu unterhalten. Die Abstimmung nach Geschäftsfeldern reicht insofern nicht. Es fehlt eine einheitliche Leitung, die über den Einsatz von sächlichen Mitteln und Personal zu entscheiden hätte. Dieses Bild bestätigt sich durch den Vortrag der Klägerin. E. soll danach mindestens 13 Flugzeuge (plus 20 Dash-Maschinen über LGW) und Easy Jet 13 bzw. 17 - 18 Maschinen übernommen haben. Auch insofern ist nicht ersichtlich, dass durch einen Übernehmer nunmehr eine Mehrzahl von Flugzeugen der Schuldnerin übernommen worden wäre, selbst wenn man bei E. noch weitere 13 A 320 hinzuzählen müsste, die indirekt über LGW übernommen wurden. Die Beklagte zu 2) soll nach dem klägerischen Vortrag 17 Maschinen mit einer E.lackierung übernommen haben, was ebenfalls keine Mehrheit bezogen auf die Fluggeräte darstellt. Die 20 Dash-Maschinen standen ihr demgegenüber schon immer zur Verfügung.
Auch das LAG Düsseldorf (17.10.2018 – 1 Sa 334/18 – juris Rn. 128) sieht keinen Ansatzpunkt für eine Betriebsübernahme im Ganzen, worauf zusätzlich verwiesen wird.
1.4 Die Kündigung ist nicht deswegen unwirksam, weil die Sozialauswahl fehlerhaft vorgenommen worden wäre (§ 1 Abs. 3 KSchG).
Eine Sozialauswahl ist nach ständiger Rechtsprechung nicht erforderlich, wenn allen Arbeitnehmern gekündigt wird (BAG 21.05.2015 – 8 AZR 409/13 – Rn. 58). Entschließt sich ein Arbeitgeber jedoch zu einer Teilbetriebsstilllegung und andererseits zu einem Betriebsteilübergang, dann ist eine Sozialauswahl vorzunehmen (BAG aaO Rn 37).
Da es zu keinem Zeitpunkt zu einem Betriebs- oder Betriebsteilübergang gekommen ist und die Schuldnerin sämtlichen Kabinenbeschäftigten gekündigt hatte, war vorliegend eine Sozialauswahl nicht erforderlich.
1.5 Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert auch nicht an einer vorzunehmenden Interessenabwägung.
Nach der Rechtsprechung des BAG (22.10.2015 – 2 AZR 582/14 – juris Rn. 29) kann eine Interessenabwägung bei einer betriebsbedingten Kündigung sich allenfalls in seltenen Ausnahmefällen zu Gunsten des Arbeitnehmers auswirken. Angesichts der Insolvenz der Schuldnerin ist vorliegend ein solcher Ausnahmetatbestand nicht ersichtlich. Auch eine hohe soziale Schutzbedürftigkeit kann schon deswegen nicht zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses führen, weil ein solches wegen der Betriebsstilllegung sinnentleert wäre.
2. Die Kündigung ist nicht gemäß § 613a Abs. 4 BGB unwirksam. Dies folgt schon daraus, dass nach den obigen Ausführungen zu keinem Zeitpunkt ein Betriebs- oder Betriebsteil auf einen anderen Erwerber übergegangen ist.
3. Soweit erstinstanzlich noch gerügt worden war, dass die Personalvertretung Kabine vor Ausspruch der Kündigung nicht ordnungsgemäß nach § 17 Abs. 2 KSchG beteiligt worden war, ist die Berufung hierauf nur mit dem pauschalen Hinweis gestützt worden, dies sei schon erstinstanzlich gerügt worden. Dies übersieht, dass der Beklagte zu 1) hierzu erstinstanzlich detailliert vorgetragen hatte. Danach ist eine mangelhafte Durchführung des Konsultationsverfahrens, das die Schuldnerin mit Schreiben vom 12.10.2017 gleichzeitig mit den Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan verbunden hatte, nicht ersichtlich. Auf die zutreffenden Ausführungen auf den Seiten 33f des angegriffenen Urteils wird Bezug genommen.
4. Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert auch nicht an einer fehlerhaften Massenentlassungsanzeige (§ 17 Abs. 3 KSchG iVm § 134 BGB).
Fehler im Rahmen einer notwendigen Massenentlassungsanzeige können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen (BAG 22.09.2016 – 2 AZR 276/16 – Rn. 68).
Eine Massenentlassungsanzeige war gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 Z. 3 KSchG geboten. Sie ist auch erfolgt (Anlage BKT 27). Relevante Fehler sind insofern nicht ersichtlich. Die Schuldnerin hat insbesondere die örtlich zuständige Behörde angehört. Dies war die Agentur für Arbeit Berlin-Nord.
4.1 Es ist nicht fehlerhaft, dass die Schuldnerin nur die Arbeitsagentur Berlin Nord informiert hat, auch wenn Beschäftigte in anderen Orten stationiert waren.
4.1.1 Der Betriebsbegriff ist nach hiesigem Verständnis ebenfalls nach europarechtlichen Kriterien zu bestimmen, da die nationalen Normen der Umsetzung der Massenentlassungsrichtlinie 98/59 dienen.
4.1.2 Der EuGH hat immer wieder ausgeführt, dass nach seiner Rechtsprechung der in der Richtlinie nicht definierte Begriff des Betriebes ein unionsrechtlicher Begriff ist, so dass sein Inhalt nicht anhand der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bestimmt werden kann (EuGH, Urteil vom 13. Mai 2015 – C-182/13 Lytlle u.a.).
Als Betrieb wird insofern eine unterscheidbare Einheit von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stabilität angesehen, die zur Erledigung einer oder mehrerer bestimmter Aufgaben bestimmt ist und über eine Gesamtheit von Arbeitnehmern sowie über technische Mittel und eine organisatorische Struktur zur Erfüllung dieser Aufgaben verfügt (EuGH 15. Februar 2007 – C-270/05 Athinaïki Chartopoiïa Rn 27; EuGH, Urteil vom 13. Mai 2015 – C-182/13 Lytlle u.a. Rn 30). Der EuGH nimmt eine solche Einheit immer dann an, wenn eine organisatorische Struktur zur Leitung vorhanden ist: Filialleiter (EuGH, Urteil vom 13. Mai 2015 – C-182/13 Lytlle u.a. Rn 51); Betriebsleiter zur „Koordinierung der Aufgaben vor Ort“ (EuGH, Urteil vom 13. Mai 2015 – C-392/13 Rabal Cañas Rn 50); „Produktionsleiter, der die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeit und die Kontrolle des Gesamtbetriebs, der Einrichtungen der Einheit sowie die Lösung technischer Probleme sicherstellt“ (EuGH 15. Februar 2007 – C-270/05 Athinaïki Chartopoiïa Rn 31). Unerheblich ist demgegenüber, dass die Leitung nicht selbst eine Massenentlassung vornehmen kann.
Insofern kann nicht die Ansicht geteilt werden, dass eine Leitung vor Ort nicht erforderlich sei.
4.1.3 Bei Anwendung dieser Kriterien ist festzustellen, dass als „Betrieb“ der zentral in Berlin organisierte Flugbetrieb anzusehen ist. Für einen solchen ist in rechtlicher Hinsicht unstreitig aufgrund des Betriebssitzes die Bundesagentur für Arbeit Berlin-Nord zuständig (so auch LAG Düsseldorf 17.10.2018 – 1 Sa 334/18 – Rn. 189ff).
Die Massenentlassungsanzeige musste darüber hinaus nicht auch noch bei anderen Arbeitsagenturen eingereicht werden. Genauso wie beim behaupteten Betriebsteilübergang kann auch hier nicht festgestellt werden, dass für die einzelnen Abflugstationen eine Leitung vor Ort zur ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeit und zur Lösung technischer Probleme vorhanden gewesen wäre. Diese stellen somit keine „Betriebe“ im Rechtssinne dar.
4.1.4 Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht dann, wenn man der Rechtsprechung des BAG folgt, wonach von einem betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff auszugehen ist (BAG 14.03.2013 – 8 AZR 153/12 – juris Rn. 47). Die Interessenvertretung war zentral für alle Kabinenmitarbeiter durch Tarifvertrag in Berlin gegründet worden. Hier befand sich die Leitung, die zu Verhandlungen mit der Personalvertretung berechtigt war. Auch insofern wäre Berlin somit als Betriebssitz anzusehen.
4.2 Soweit die Klägerin erstmals 7 Tage vor dem Berufungstermin rügt, es sei nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Beklagte zu 1) die Kündigungen unterzeichnet habe, bevor die Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit eingegangen sei, was zur Unwirksamkeit der Kündigung führe, wird diese Ansicht nicht geteilt.
Die Klägerin stützt sich insofern auf ein Urteil des LAG Baden-Württemberg (21.08.2018 – 12 Sa 17/18 – juris), wonach es auf die Unterzeichnung der Kündigungserklärung ankomme. Diese Ansicht ist nicht zutreffend, denn nach ständiger Rechtsprechung kommt es auf den Zugang der Kündigung an (BAG 22.11.2012 – 2 AZR 371/11 – juris Rn 37). Darüber hinaus ist der Einwand auch im Tatsächlichen nicht nachvollziehbar. Die Massenentlassungsanzeige datiert vom 12.01.2018. Das Bestätigungsschreiben der Agentur für Arbeit stammt vom selben Tag. Die Kündigung ist unter dem 27.01.2018 ausgesprochen worden. Dazwischen liegen also 15 Tage, die nach hiesigem Verständnis sehr wohl auch nach der von der Klägerin ins Feld geführten Lebenserfahrung ausreichen, um über 3.000 Kündigungen von einer Person unterschreiben zu lassen.
4.3 Andere Unwirksamkeitsgründe hinsichtlich der Massenentlassungsanzeige wurden nicht vorgetragen und ergeben sich auch nicht aus dem Akteninhalt. Die Anzeige ist auch nicht fehlerhaft, obwohl als regelmäßig Beschäftigte des Betriebes nur die Anzahl der Kabinenmitglieder (und nicht zusätzlich die der Pilotinnen und Piloten) angegeben wurden.
Hinsichtlich der Angabe der regelmäßig Beschäftigten handelt es sich um eine „Muss-Vorschrift“ (§ 17 II Nr. 3 KschG). Die Verletzung einer Muss-Vorschrift führt jedenfalls dann nicht zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige, wenn hierdurch die Prüfungs- und Reaktionsmöglichkeiten der Arbeitsverwaltung hinsichtlich der Arbeitnehmer, deren Entlassung angezeigt worden ist, weder positiv noch negativ beeinflusst werden (BAG 28.06.2012 – 6 AZR 780/10 – juris Rn. 50).
Im vorliegenden Fall war die fehlerhafte Angabe aus mehreren Gründen für die Prüf- und Reaktionsmöglichkeit der Bundesagentur ohne Bedeutung. Ein etwaiger Fehler war vielmehr offensichtlich. Die Struktur der Beklagten war bekannt. Es gab eine breite Berichterstattung in den verschiedenen Medien, die auch die Anzahl der insgesamt bedrohten Arbeitsplätze mit einschloss. Darüber hinaus hatte die Schuldnerin schon zuvor am 24.11.2017 bei der zuständigen Agentur für Arbeit Berlin-Nord eine Massenentlassungsanzeige für das Cockpit-Personal eingereicht. Die Bundesagentur kannte also die Beschäftigtenstruktur der Schuldnerin. Ihre Prüfungs- und Reaktionsmöglichkeiten waren daher nicht eingeschränkt.
Da die Anzeige einheitlich in Berlin zu erstatten war, waren die Zahlenangaben auch nicht insofern fehlerhaft, wie die Beschäftigten der Kabine mit anderen Stationierungsorten als Berlin gemeinsam angegeben waren.
5. Die Kündigung ist auch nicht deswegen fehlerhaft, weil der Beklagte nicht vor ihrem Ausspruch gemäß § 2 Abs. 2 TV Pakt einen Sozialtarifvertrag mit ver.di abgeschlossen hat.
5.1 Dies ist schon deswegen rechtlich unerheblich, weil der Tarifvertrag vorliegend für den Fall der Stilllegung des Flugbetriebes nicht zur Anwendung kommt. Dies ergibt sich aus der Auslegung des Tarifvertrages.
Gemäß § 1 Abs. 1 des TV Pakt ist Grundlage für den Tarifvertrag das neue Geschäftsmodell, das die Unternehmensleitung am 27.09.2016 vorgestellt hatte. Basis ist insofern ein umfassender Transformationsprozess. In § 1 Abs. 2 des TV werden die bevorstehenden Umstrukturierungsmaßnahmen an drei Beispielen näher erläutert: das Touristikgeschäft soll ausgegliedert werden. Ein Bereich Wet-Lease soll neu gebildet werden, während das bisherige Eigengeschäft als „New A. Berlin“ bezeichnet wird. § 2 Abs. 2 TV Pakt geht „bei erfolgreichen Umsetzung der Transformation“ davon aus, dass betriebsbedingte Kündigungen nicht notwendig sind. Sollten diese aber, „egal aus welchen Gründen“, unvermeidbar werden, muss vor Ausspruch von Kündigungen ein Sozialtarifvertrag mit ver.di geschlossen werden.
All dies setzt denklogisch aber die Umsetzung des Transformationsprozesses voraus. Zu dessen Begleitung war der Tarifvertrag geschlossen worden. Zu der angedachten Transformation ist es jedoch gar nicht mehr gekommen. Selbst der Bereich Wet-Lease ist nicht unter einem eigenen AOC geführt worden. Das angedachte europäische Airline Joint Venture für das Touristikgeschäft war ebenfalls nicht gegründet worden. Die nun hier im Streit stehenden Kündigungen sind Folge einer Betriebsstilllegung, was das krasse Gegenteil einer Umstrukturierungsmaßnahme ist, die nach ihrer Intention auf Wachstum und Beschäftigungssicherung ausgerichtet war.
5.2 Selbst wenn man dem nicht folgen will, muss § 2 Abs. 2 TV Pakt deswegen unangewendet bleiben, weil diese Norm eine unzulässige Beschränkung des Rechts zur ordentlichen Kündigung darstellt und deswegen gegen § 113 Satz 1 InsO verstößt.
Nach § 113 Satz 1, 2 InsO kann der Insolvenzverwalter ein Dienstverhältnis ohne Rücksicht auf einen vereinbarten Ausschluss des Rechts der ordentlichen Kündigung kündigen, wobei die Kündigungsfrist maximal drei Monate zum Monatsende beträgt. Nach der Rechtsprechung werden von dieser Norm auch tarifliche Regelungen erfasst, die das Recht zur ordentlichen Kündigung beschränken (BAG 19.01.2000 – 4 AZR 70/99 – juris Rn 19).
Eine solche Beschränkung liegt hier vor, denn nach § 2 Abs. 2 TV Pakt ist eine betriebsbedingte Beendigungskündigung erst möglich, wenn zuvor ein Sozialtarifvertrag mit ver.di geschlossen wird. Damit wird in zeitlicher Hinsicht der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung bis zum Abschluss eines solchen Tarifvertrages ausgeschlossen, denn es fehlt jeglicher Konfliktmechanismus, wie im Fall der Weigerung der Gewerkschaftsseite ein solcher Tarifvertrag erreicht werden könnte.
5.3 Selbst wenn man den vorangegangenen Begründungen nicht folgen will, dann gebietet die Auslegung des Tarifvertrages, dass bei Kündigungen im Insolvenzfall § 2 Abs. 2 TV Pakt nicht zur Anwendung kommt.
Im Fall eines Tarifvertrages zur Beschäftigungssicherung, der den Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen von der vorherigen Zustimmung des Betriebsrates abhängig machte, hat das BAG in einer solchen Regelung keinen Verstoß gegen § 113 InsO gesehen, da kein zeitweiser Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung vorliege. Es handele sich nur um die verfahrensmäßige Absicherung des individuellen Kündigungsschutzes (BAG 19.01.2000 – 4 AZR 911/98 – juris Rn 33f). Ein Tarifvertrag könne seiner Zielsetzung der Beschäftigungssicherung aber nicht mehr gerecht werden, wenn der Betrieb in der Insolvenz stillgelegt und deswegen allen Arbeitnehmern gekündigt werden muss. In diesem Fall ergebe die Auslegung, dass die Zustimmung des Betriebsrates im Insolvenzfall nicht erforderlich sei. (aaO Rn 38).
Die gleiche Konstellation liegt hier vor. Der Tarifvertrag wollte schon nach seinem Titel und auch den Überschriften zu den §§ 1, 2 Wachstum und Beschäftigung sichern. Wenn man ihn überhaupt für anwendbar erklären will, dann kann er dieses Ziel jedenfalls im Falle einer Insolvenz ebenfalls nicht erreichen. Daher ist § 2 Abs. 2 TV Pakt einschränkend dahingehend auszulegen, dass er jedenfalls in der Insolvenz nicht zu Anwendung kommt, wenn allen Arbeitnehmern wegen der Betriebsstilllegung gekündigt werden muss, was hier ebenfalls der Fall ist.
6. Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert auch nicht daran, dass die Personalvertretung Kabine vor ihrem Ausspruch nicht ordnungsgemäß beteiligt worden wäre. Dies ist nicht der Fall. Auf die zutreffenden Ausführungen auf den Seiten 32f des angegriffenen Urteils wird Bezug genommen.
Die Klägerin rügt im Berufungsverfahren, dass der PV hätte mitgeteilt werden müssen, dass sie tarifrechtlich einen Sonderkündigungsschutz genieße. So hätte die PV darauf hinwirken können, zumindest sie länger zu beschäftigen.
Dieses Vorbringen ist inkonsistent, denn die Klägerin beansprucht mit dem Antrag zu VI. Verzugslohnansprüche mit dem Argument, ihr sei nicht frühzeitig genug gekündigt worden.
Unabhängig hiervon musste die PV hierauf deswegen nicht hingewiesen werden, weil der Beklagte zu 1) nicht ansatzweise zu erkennen gegeben hat, dass er nicht allen Beschäftigten zum frühestmöglichen Termin habe kündigen wollen. Wegen § 113 InsO war dies auch bei der Klägerin eine Kündigung zum 30.04.2018.
II.
Der Antrag zu IV. ist ebenfalls abzuweisen. Es ist nicht festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis ab dem 11.12.2017 auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.
Da es jedoch zu keinem Zeitpunkt zu einem Betriebs-(teil)übergang gekommen ist, war dieser Antrag nicht begründet.
III.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Antrag zu V. abgewiesen, denn ein Anspruch auf Nachteilsausgleich besteht nicht.
1. Geht man – abweichend von der hier vertretenen Auffassung - davon aus, dass auch im Falle einer Betriebsschließung gemäß § 2 Abs. 2 TV Pakt bei betriebsbedingten Kündigungen ein Sozialtarifvertrag über einen Interessenausgleich und Sozialplan mit der Gewerkschaft ver.di zu schließen ist, dann fehlt es an einer Anspruchsgrundlage für Nachteilausgleichsansprüche. Der Tarifvertrag regelt solche Ansprüche nicht. Dies ist auch konsequent, denn die Durchführung des Interessenausgleichs und der Ausgleich eventueller Nachteile sollen vor Ausspruch von Kündigungen in dem abzuschließenden Tarifvertrag geregelt werden. Insofern ist der Tarifvertrag nicht lückenhaft.
2. Doch auch wenn man mit der hier vertretenden Auffassung der Meinung ist, dass der TV Pakt nicht zur Anwendung kommt, dann ergibt sich der Anspruch nicht aus § 83 Abs. 3 TV PV Kabine.
2.1 Nach dieser Norm, die dem § 113 BetrVG nachgebildet ist, der jedoch wegen § 117 Abs. 2 BetrVG nicht zur Anwendung kommt, werden Nachteilsausgleichsansprüche dann begründet, wenn die Schuldnerin eine Betriebsänderung nach § 80 durchführt, ohne mit dem Betriebsrat (sic) einen Interessenausgleich versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden.
2.2 Die Stilllegung des Flugbetriebes stellt nach § 80 TV PV ausdrücklich eine Betriebsänderung dar. Die Schuldnerin hat auch versucht, einen Interessenausgleich mit der PV Kabine zu erzielen. Sie hat diese u.a. mit Schreiben vom 02.10.2017, 12.10.2017 und 06.11.2017 bei vollständiger Informierung über den Sachverhalt zur entsprechenden Aufnahme von Verhandlungen aufgefordert. Am 30.11.2017 hat sie diese Verhandlungen für gescheitert erklärt und das Verfahren zur Einsetzung einer Einigungsstelle betrieben. Diese hat sich dann am 11.01.2018 für unzuständig erklärt. Als Versuch für einen Interessenausgleich ist dies nach ständiger Rechtsprechung ausreichend.
2.3 Dem steht nicht entgegen, dass die Schuldnerin den eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb zum 27.10.2017 eingestellt oder schon im November 2017 gegenüber dem Cockpit- und Bodenpersonal Freistellungen erklärt und Kündigungen ausgesprochen hatte, nachdem zuvor mit den jeweiligen Interessenvertretungen Interessenausgleiche abgeschlossen worden waren.
Da die Einstellung der Produktion noch keinen Beginn der Betriebsstilllegung bedeutet (BAG 26.04.2007 – 8 AZR 695/05 – juris Rn 33), muss Gleiches für die reine Einstellung der Dienstleistung eines Flugbetriebes gelten. Mit einer Betriebsstilllegung wird allerdings begonnen, wenn der Arbeitgeber den betroffenen Arbeitnehmern Kündigungen ausspricht (BAG 16.05.2007 – 8 AZR 693/06 – juris Rn 29). Doch auch hieraus und den erfolgten Freistellungen anderer Beschäftigtengruppen, für die die PV Kabine nicht zuständig war, kann ein Nachteilsausgleichsanspruch nicht abgeleitet werden.
2.3.1 Schon nach dem Sinn und Zweck von Nachteilsansprüchen können hier Ansprüche nicht begründet werden. Bei solchen Normen handelt es sich um verschuldensunabhängige Sanktionen für betriebsverfassungswidriges Verhalten (DKKW-Däubler 16. Aufl. 2018 § 113 BetrVG Rn 10). Die Schuldnerin hat sich vorliegend nicht mitbestimmungswidrig verhalten, denn sie hat mit der PV Cockpit und dem GBR Boden jeweils einen entsprechenden Interessenausgleich abgeschlossen.
In der Rechtsprechung ist auch anerkannt, dass ein Interessenausgleich mit der zuständigen Interessenvertretung versucht werden muss. Werden mehrere Betriebe eines Unternehmens betroffen, ist zum Beispiel der Gesamtbetriebsrat zuständig (BAG 24.01.1996 – 1 AZR 542/95 – Rn 21; Richardi-Annuß 16. Aufl. 2018 § 113 BetrVG Rn 31). Vorliegend waren mehrere Betriebe betroffen. Da der Betriebsbegriff des BetrVG für im Flugbetrieb beschäftigte Arbeitnehmer nicht gilt, kann ein Betrieb im Sinne des § 4a Abs. 2 TVG nur ein Betrieb sein, der durch Tarifvertrag nach § 117 Abs. 2 BetrVG definiert wurde. Bei entsprechenden Tarifverträgen – wie hier – gelten dann das Cockpitpersonal und das Kabinenpersonal jeweils als eigener Betrieb (Richardi-Frost 16. Aufl. 2018 § 117 BetrVG Rn 24). Damit hat mitbestimmungsrechtlich die Schließung des Betriebes Cockpit keine Auswirkungen auf die Mitbestimmungsmöglichkeiten der PV Kabine. Die PV Kabine blieb ausschließlich für das Kabinenpersonal zuständig (vgl. auch § 2 TV PV Kabine). Ein übergeordnetes Gremium – analog dem Gesamtbetriebsrat – wurde von den Gewerkschaften Vereinigung Cockpit und ver.di nicht geschaffen. Deswegen kann es nur bei der jeweiligen Zuständigkeit der einzelnen Personalvertretungen verbleiben.
Auch wenn es an sich möglich gewesen wäre, im Luftfahrtbereich einen mehrgliedrigen Interessenausgleich (BAG 26.04.2007 – 8 AZR 695/05 – juris Rn 47) unter Einschluss der PV Kabine abzuschließen, bedeutet dies nicht umgekehrt, dass eine solche Pflicht zur Harmonisierung besteht. Eine solche Pflicht kann nicht hergeleitet werden, denn nach § 117 Abs. 2 BetrVG ist es ausschließlich Sache der Tarifvertragsparteien, in ihrem satzungsmäßigen Bereich entsprechende Mitbestimmungsrechte zu schaffen. Hierzu ist es aber gerade nicht gekommen. Eine Harmonisierung wäre auch für den Arbeitgeber nicht erzwingbar. Sie wäre auch nicht interessengerecht. So hatte zum Beispiel das Cockpitpersonal ein hohes Interesse daran, unwiderruflich freigestellt oder auch gekündigt zu werden, da ansonsten bei längeren Zeiten ohne Flugleistungen die Fluglizenzen erloschen wären. Diese Gefahr bestand jedenfalls für die überwiegende Anzahl der Cockpitmitarbeiter, die nicht noch im Wet-Lease eingesetzt waren.
2.3.2 Wenn man abweichend hiervon annimmt, dass ein einheitlicher Betrieb in mitbestimmungsrechtlicher Hinsicht vorliegt, dann ist auch dann ein Anspruch auf Nachteilsausgleich nicht gegeben.
Das BAG hat Nachteilsausgleichsansprüche dann angenommen, wenn im Falle der Insolvenz und im Hinblick auf eine geplante Betriebsschließung ein Arbeitgeber leitenden Angestellten kündigt. Darin liege die Auflösung einer Organisationsebene. Es werde die Betriebsorganisation aufgegeben und mit ihrer Zerstörung begonnen. Dies widerspreche dem Zweck der Pflicht zu Interessenausgleichsverhandlungen. Diese sollten nämlich ergebnisoffen sein. Der Entscheidungsspielraum der Verhandlungspartner sei erheblich eingeschränkt. Eine möglicherweise zu erzielende Betriebs- oder Teilbetriebsfortführung wäre ohne Leitungsebene nicht mehr oder nur erschwert möglich (BAG 04.06.2003 – 10 AZR 586/02 – juris Rn 38). Im Wesentlichen auf diese Gesichtspunkte stützt auch die Klägerseite ihre Ansprüche.
An anderer Stelle erkennt das BAG den Fall an, dass der Betrieb in der Insolvenz stillgelegt werden müsse (BAG 19.01.2000 – 4 AZR 911/98 – juris Rn 38). In einer anderen Entscheidung wird betont, dass wegen einer „wirtschaftlichen Zwangslage“ die Betriebsstilllegung eine „unausweichliche Folge“ und „ohne sinnvolle Alternative“ sein kann. Doch auch dann verbliebe noch Raum für Interessenausgleichsverhandlungen. Dies wird damit begründet, dass es bei diesen Verhandlungen nicht nur um die Entscheidung gehe, ob überhaupt eine Betriebsänderung erfolgen solle, sondern regelmäßig auch Gegenstand sei, wie sie durchgeführt werden soll. Der Betriebsrat soll die Möglichkeit haben, auf Modalitäten wie den Zeitpunkt von Entlassungen und Freistellungen oder die Beschäftigung von Arbeitnehmern mit Abwicklungsarbeiten Einfluss zu nehmen (BAG 22.07.2003 – 1 AZR 541/02 – juris Rn 17). In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass in ganz besonderen Ausnahmefällen ein gänzlich unterbliebener Versuch eines Interessenausgleichs auf Basis einer teleologischen Reduktion des § 113 BetrVG dann unschädlich sei, wenn weder bezüglich des Ob noch des Wie der Durchführung der Betriebsänderung irgendwelche Änderungen möglich erscheinen (Fitting 29. Aufl. 2018 § 113 BetrVG Rn 15).
Das Gebot, Interessenausgleichsverhandlungen ergebnisoffen zu führen, setzt nach hiesiger Ansicht voraus, dass verschiedene Verhandlungsergebnisse möglich sind. Es geht immer um mögliche Alternativen. Diese müssen bei einer wirtschaftlichen Zwangslage auch nach der Rechtsprechung des BAG mindestens sinnvoll sein.
Auch wenn vorliegend mit der Stilllegung des Flugbetriebes durch die Freistellung und Kündigung von über 1.300 Pilotinnen und Piloten schon im November 2017 begonnen wurde, werden ausnahmsweise Nachteilsansprüche deswegen nicht begründet, da es zu dem „Ob“ der Betriebsstilllegung zu diesem Zeitpunkt keinerlei realistische Alternative gab. Der eigenwirtschaftliche Flugbetrieb konnte nach Stellung des Insolvenzantrages im August 2017 nur aufrechterhalten werden, weil die KfW ein Darlehen in Höhe von 150 Mio. € gewährt hatte. Der Bereich Wet-Lease lief vertraglich spätestens mit dem 31.01.2018 aus. Mit diesem Datum erlosch auch die Flugbetriebserlaubnis, die im November sogar nur bis zum 3.1.2018 bestand. Auch die PV Kabine hat zu keinem Zeitpunkt nur ansatzweise angedeutet, dass ihrer Ansicht nach die Fortsetzung des eigenen Betriebes möglich wäre. Sie hat zum einen ihre Unzuständigkeit im Hinblick auf § 2 Abs. 2 TV Pakt betont, andererseits aber auch zusätzliche Informationen in Hinblick auf einen ihrer Ansicht nach möglichen Betriebsübergang abgefordert. Eine übertragende Sanierung hatte aber auch die Schuldnerin in Betracht gezogen. Schon in der Verlautbarung vom 12.10.2017 war dann herausgestellt worden, dass entsprechende Angebote in annahmefähiger Form nicht vorlagen. Dies deckt sich mit der hiesigen Beurteilung, wonach kein Betriebs(teil-) übergang vorlag. Damit war die Betriebsstilllegung alternativlos.
Auch wenn es insofern zu dem „Ob“ der Betriebsstilllegung für die PV Kabine keinen Verhandlungsspielraum gab, konnte mindestens noch sinnvoll darüber verhandelt werden, ob Kabinenbeschäftigte freigestellt oder ab wann sie gekündigt werden sollten.
IV.
Ebenfalls zu Recht hat das Arbeitsgericht den hiesigen Antrag zu VI. abgewiesen. Der Klägerseite steht kein Verzugslohn als Masseverbindlichkeit nach § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO für die Monate März und April 2018 zu.
Dies wird damit begründet, die Schuldnerin schon früher im November 2017 hätte kündigen können. Da sich die Einigungsstelle für unzuständig erklärt hatte, wären insofern Interesseausgleichsverhandlungen mit der PV Kabine nicht erforderlich gewesen.
Nach den vorangegangenen Erwägungen trifft dies nicht zu. Die PV Kabine war vielmehr für die Interessenausgleichsverhandlungen zuständig. Diese waren auch ab November 2017 nicht überflüssig, da Nachteilsausgleichsansprüche trotz der Freistellungen und Kündigungen von anderen Beschäftigtengruppen nicht entstanden waren. Auch musste noch über das „Wie“ der Betriebsstilllegung in Bezug auf das Kabinenpersonal verhandelt werden. Diese Verhandlungen waren erst im Januar 2018 abgeschlossen, nachdem die Einigungsstelle sich für unzuständig erklärt hatte. Im selben Monat wurden aber auch die Kündigungen des Kabinenpersonals ausgesprochen.
C.
Die klagende Partei hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) sind nur erfüllt, soweit der Antrag zu V. abgewiesen wurde. Insofern weicht die hiesige Entscheidung von Urteilen der Kammer 11 des hiesigen LAG vom 09.04.2018 ab, mit denen Nachteilsausgleichsansprüche zugesprochen wurden. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vor. In diesem Umfang ist gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben.