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(Kein Betriebsübergang bei Umwandlung in einen Integrationsbetrieb)


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 26. Kammer Entscheidungsdatum 04.03.2010
Aktenzeichen 26 Sa 2407/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 613a Abs 1 S 1 BGB, § 134 BGB, § 132 SGB 9

Leitsatz

1. Einem Betriebsübergang iSd. § 613a BGB steht eine grundlegende Änderung des Funktions- und Zweckzusammenhangs entgegen. Eine solche Änderung liegt vor, wenn ein Gastronomie- und Hotelbetrieb in einen Integrationsbetrieb iSd. § 132 SGB IX umgewandelt wird und angesichts konzeptioneller Änderungen nicht mehr die Gewinnerzielung unter Beschäftigung auch behinderter Menschen, sondern vielmehr die Förderung und Ausbildung - überwiegend schwer - behinderter Menschen mit dem Ziel ihrer Integration Betriebszweck ist.

2. Eine Vereinbarung zwischen einem Arbeitnehmer und einem Betriebserwerber stellt eine zur Unwirksamkeit nach § 134 BGB führende Umgehung des § 613a Abs. 1 BGB dar, wenn es Grund und Ziel der Vereinbarung ist zu verhindern, dass der Betriebserwerber in sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eintritt, insbesondere wenn der Arbeitsvertrag den Ausschluss von bei dem Veräußerer erworbenen Besitzständen beinhaltet (vgl. BAG 19. März 2009 - 8 AZR 722/07 - AP Nr. 369 zu § 613a BGB = NZA 2009, 1091 = EzA § 613a BGB 2002 Nr. 108, zu B II 2 d cc der Gründe).

3. Der neue Betriebsinhaber kann sich in so einem Fall nicht auf die Wirksamkeit der Kündigung des Veräußerers berufen, wenn die an sich wirksame Kündigung durch die Erfüllung eines Fortsetzungsanspruchs hätte korrigiert werden müssen (vgl. BAG 21. August 2008 - 8 AZR 201/07 - AP Nr. 353 zu § 613a BGB = NZA 2009, 29 = EzA § 613a BGB 2002 Nr. 95, zu B II 2 b cc der Gründe).

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 09.09.2009 – 56 Ca 8726/09 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung.

Der 1952 geborene Kläger war ab 1986 im Forsthaus P. (Hotel, Restaurant und Café) am G. beschäftigt, zuletzt als Bankett- und Veranstaltungsleiter sowie als Oberkellner.

Am 30. August 2008 erhielt er von dem damaligen Inhaber, der das Forsthaus von dem Land Berlin gepachtet hatte, eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung zum 6. Januar 2009. Hintergrund war das Auslaufen des Pachtvertrages zum 31. Dezember 2008. Der Kläger griff die Kündigung nicht an, auch nicht die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist. Ihm wurde eine Beschäftigung bei der neuen Pächterin in Aussicht gestellt. Am 17. Dezember 2008 bot ihm die Beklagte, die neue Pächterin werden sollte, an, ihn ab März 2009 als Mitglied der Restaurantleitung einzustellen. Die Übernahme bestätigte sie ihm, mit Schreiben vom selben Tag.

Die Beklagte betrieb und betreibt ein Integrationsunternehmen iSd. § 132 Abs. 1 SGB IX. Der Gesellschaftszweck der Beklagten ist in dem Gesellschaftsvertrag ua. wie folgt formuliert:

„… Eingliederung und Rehabilitation Behinderter und Schwerbehinderter in das Arbeitsleben durch den Aufbau und Betrieb von Einrichtungen zur Beschäftigung Behinderter, insbesondere … „

Er besteht in der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke. Am 8. Januar 2009 bewilligte das Landesamt für Gesundheit und Soziales des Landes Berlin der Beklagten aus Mitteln der Ausgleichsabgabe nach § 134 SGB IX zur Erweiterung ihres Integrationsunternehmens einen zweckgebundenen Zuschuss für den Aus- und Umbau sowie die Ausstattung des Forsthauses P. zur Einrichtung von insgesamt 15 neuen Arbeits- und Ausbildungsplätzen für schwerbehinderte Menschen. Nach dem Bescheid sollte die Einstellung der schwerbehinderten Mitarbeiter sukzessive nach Abschluss der Aus- und Umbauarbeiten nach der Neueröffnung erfolgen. Es folgten Umbau- und Modernisierungsarbeiten. Im Hotel wurde ein Großteil des Mobiliars ausgewechselt, auch die Küche wurde grundlegend erneuert. Das Mobiliar im Restaurant blieb erhalten.

Am 11. März 2009 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag für die Zeit ab dem 27. März 2009 mit einer sechsmonatigen Probezeit. Dieser sah eine Tätigkeit des Klägers als „Chef vom Dienst/Sommelier“ vor. Von der früheren Belegschaft übernahm die Beklagte außerdem zwei Köche. Sie beschäftigt zur Betreuung und Unterstützung der Belegschaft ua. pädagogisch und psychologisch geschultes Personal. Anfang April 2009 eröffnete sie den Betrieb wieder. Als Pädagogin war eine Frau B. zuständig, ab dem 1. Juni 2009 speziell für die Einrichtung „Forsthaus P.“ auch eine Motopädin. Zunächst gehörten der Belegschaft drei behinderte Menschen an; in den Folgemonaten kamen kontinuierlich weitere hinzu. Im Herbst 2009 waren es bereits neun, zum Zeitpunkt der Berufungserwiderung 21, von denen zwei auch im nahe gelegenen Imbisscafé des Jagdschlosses G. eingesetzt worden sind bzw. werden. ZT. wurden tageweise nach Bedarf auch Leiharbeitnehmer beschäftigt. Der GdB der behinderten Mitarbeiter liegt bei mindestens 50, oft deutlich darüber.

Schon bald nach der Arbeitsaufnahme durch den Kläger kam es zu Unstimmigkeiten, die die Parteien unterschiedlich erklären. Die Beklagte kündigte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 16. April 2009 zum 30. April 2009. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit der am 6. Mai 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, es habe ein Betriebsübergang vorgelegen. Die Beklagte habe am 10. Januar den Betrieb identitätswahrend einschließlich sämtlicher materieller Betriebsmittel übernommen. Es habe die Möglichkeit bestanden, die arbeitstechnischen Zwecke wie zuvor weiterzuverfolgen. Dies sei auch geschehen. Restaurant und Hotel seien weiterbetrieben worden, lediglich mit zT. anderen Mitarbeitern. Auf den Integrationszweck dürfe nicht abgestellt werden. Durch seine Beschäftigung und die der beiden Köche sowie die Weiterverwendung des Mobiliars im Restaurant habe die Beklagte einen Wiedererkennungswert herbeiführen wollen. Sie habe damit den wesentlichen Teil der Belegschaft übernommen. Entsprechend habe er auch weisungsgemäß eine Weinkarte erstellt, die sich an die bisherige eng angelehnt habe. Die Lieferanten hätten sich nicht geändert. Im Jahr 2008 seien acht Mitarbeiter beschäftigt worden, darunter Saisonkräfte und fünf Aushilfen. Da die behinderten Menschen bei der Beklagten durch Fachkräfte angeleitet würden, bestehe auch weiterhin ein Bedarf für seine Arbeitskraft. Es sei nicht maßgeblich, wie ein Erwerber seinen Betrieb finanziere. In einer Besprechung Anfang Dezember 2008 sei ihm die Restaurantleitung, verbunden mit einer Oberkellnerstellung in Aussicht gestellt worden. Ihm habe evtl. eine weitere Person zur Seite gestellt werden sollen.

Der Kläger hat – soweit für die Berufungsinstanz noch von Bedeutung - beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 16. April 2009 nicht beendet wird.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, sie habe den Betrieb angesichts des mit ihm verfolgten Integrationszwecks und der fehlenden Gewerbsmäßigkeit nicht identitätswahrend übernommen. Der Vorpächter habe seinen Betrieb stillgelegt und alle 17 Arbeitnehmer entlassen. Die Ähnlichkeit des Betriebs sei nur scheinbar. Gebrauchsgegenstände seien neu angeschafft worden. Es würden auch Weine anderer Lieferanten als bisher angeboten. Von den heutigen Gästen seien nach ihrer Einschätzung allenfalls 50 vH. bereits ein- oder mehrmals Gäste des Vorpächters gewesen. Hintergrund für die Kündigung sei der nicht angemessene Umgang mit den behinderten Menschen. Es habe sich herausgestellt, dass der Kläger nicht über die persönliche und fachliche Eignung für den Umgang mit dem anzuleitenden Personenkreis verfüge.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und das im Wesentlichen damit begründet, es fehle angesichts des anderen Betriebszwecks an einem identitätswahrenden Übergang des Betriebes. Der Gastronomiebetrieb sei vom Zweck zum Mittel der Beschäftigung behinderter Menschen geworden. Könige seien nicht mehr die Kunden, sondern die Beschäftigten. Die Annahme eines Betriebsübergangs führte in solchen Fällen auch zu dem Ergebnis, dass bei einem Übergang der Belegschaft keine Beschäftigung der behinderten Menschen möglich sei. Der Betriebszweck würde vereitelt.

Der Kläger hat gegen das ihm am 5. Oktober 2009 zugestellte Urteil am 30. Oktober 2009 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 5. Januar 2010 – mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 4. Januar 2010 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er im Wesentlichen die erstinstanzlich vertretenen Rechtsansichten. Maßgeblich sei, dass die Beklagte sich die vorhandene Arbeitsorganisation zu Nutze gemacht habe. Es habe auch gar keine Änderung von einem Hotel- und Gaststättenbetrieb in einen Berufsausbildungs- oder Integrationsbetrieb stattgefunden. Vielmehr sei der Betrieb im Wesentlichen mit denselben materiellen Mitteln und den wichtigsten Belegschaftsmitgliedern fortgeführt worden. Die beabsichtigte Beschäftigung möglichst vieler behinderter Menschen stelle ein unbeachtliches Erwerbsmotiv dar. Die Kündigung vom 20. August 2009 sei nach § 613a BGB unwirksam gewesen. Deshalb könne er sich auch noch auf den Fortbestand seines Beschäftigungsverhältnisses berufen. Angesichts einer Beschäftigungszeit seit 1986 lägen die Voraussetzungen für eine Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes vor. Außerdem fehle wegen seiner Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung allerdings noch nicht beschieden war, die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung.

Der Kläger beantragt in der Berufungsinstanz noch,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 9. September 2009 – 56 Ca 8726/09 – teilweise abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 16. April 2009 nicht beendet wurde.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Auch sie wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Das bereits am 6. Januar 2009 beendete Arbeitsverhältnis habe nicht mehr übergehen können. Im Übrigen fehle es auch an einem Betriebsübergang, da sie nicht eine Gastronomie oder ein Hotel, sondern die Eingliederung und Rehabilitation Behinderter und Schwerbehinderter in das Arbeitsleben sowie die Bildung und Ausbildung benachteiligter und behinderter Jugendlicher betreibe. Das eingesetzte Leitungspersonal verfüge über Erfahrungen in vergleichbaren Einrichtungen bzw. aus dem persönlichen Umfeld.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien vom 4. Januar und vom 4. Februar 2010 sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2010.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II. Die Berufung ist jedoch unbegründet, da die Klage unbegründet ist. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis hat auf Grund der ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 16. April 2009 mit Wirkung zum 30. April 2009 sein Ende gefunden. Die Kündigung ist wirksam. Sie war nicht auf ihre soziale Rechtfertigung nach § 1 Abs. 1 KSchG hin zu überprüfen, da das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung findet. Die Kündigung ist auch nicht wegen fehlender Zustimmung des Integrationsamtes nach § 85 SGB IX unwirksam. Die Voraussetzungen des § 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX waren noch nicht erfüllt. Sonstige Gründe für die Unwirksamkeit der Kündigung sind nicht ersichtlich und werden von dem Kläger auch nicht geltend gemacht.

1) Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam. Auf das im März 2009 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung.

a) Nach § 1 Abs. 1 KSchG verlangt das Kündigungsschutzgesetz für den Eintritt des allgemeinen Kündigungsschutzes ein Bestehen des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen von länger als sechs Monaten. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hatte zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch keine sechs Monate bestanden.

aa) Insoweit konnte es die Kammer – wie bereits das Arbeitsgericht – im Ergebnis offenlassen, ob es dem Kläger verwehrt ist, sich auf die Beschäftigungszeiten in dem zum 6. Januar 2009 gekündigten Arbeitsverhältnis zu berufen, nachdem er die Kündigung durch seinen früheren Arbeitgeber nicht angegriffen hat. Grundsätzlich steht allerdings auch eine wirksame vorangegangene Kündigung einem Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Folge der Berücksichtigung der vorangegangenen Beschäftigungszeiten im Falle einer späteren identitätswahrenden Fortführung des Betriebs nicht entgegen. Es ist zwar an sich nicht ausgeschlossen, über den Bestand und auch den Besitzstand des Arbeitsverhältnisses zu verfügen, wofür zB. die Vereinbarung einer Abfindung im Rahmen eines Aufhebungsvertrages sprechen kann (vgl. BAG 22. Oktober 2009 - 8 AZR 889/08 zu B II 2 d der Gründe). Solche Möglichkeiten sind im zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsübergang eingeschränkt. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB stellt zwingendes Recht dar. Eine Vereinbarung, die dagegen verstößt, ist nach § 134 BGB unwirksam. So stellt eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem in Aussicht genommenen Betriebserwerber eine zur Unwirksamkeit nach § 134 BGB führende Umgehung des § 613a Abs. 1 BGB dar, wenn es Grund und Ziel der Vereinbarung ist zu verhindern, dass der Betriebserwerber in sämtliche bestehende Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eintritt (vgl. BAG 19. März 2009 - 8 AZR 722/07 - AP Nr. 369 zu § 613a BGB = NZA 2009, 1091 = EzA § 613a BGB 2002 Nr. 108, zu B II 2 d cc der Gründe). Dementsprechend kann ein mit einem Betriebserwerber geschlossener Arbeitsvertrag unwirksam sein, soweit er einen Erlass hinsichtlich des bei dem Veräußerer erworbenen Besitzstandes beinhaltet bzw. der sich aus § 613a BGB ergebenden Rechtsfolge entgegensteht. Das gilt insbesondere dann, wenn dem Arbeitnehmer ein Fortsetzungsanspruch zustand. Dieser Fortsetzungsanspruch ist als Anspruch auf Wiedereinstellung nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB durch den neuen Betriebsinhaber zu erfüllen. Weder der frühere noch der neue Betriebsinhaber können sich in so einem Fall auf die Wirksamkeit der Kündigung berufen, wenn die an sich wirksame Kündigung noch während des Laufes der Kündigungsfrist durch einen Fortsetzungsanspruch hätte korrigiert werden müssen, weil mittlerweile Tatsachen entstanden sind, die die Prognose bei Kündigungsausspruch nachträglich als unzutreffend erscheinen lassen (vgl. BAG 21. August 2008 - 8 AZR 201/07 - AP Nr. 353 zu § 613a BGB = NZA 2009, 29 = EzA § 613a BGB 2002 Nr. 95, zu B II 2 b cc der Gründe). Im Übrigen sind Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses – im Falle eines Betriebsübergangs auch bei einer Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber - auf die Wartezeit dann anzurechnen, wenn das neue Arbeitsverhältnis in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem früheren Arbeitsverhältnis steht. Ob ein enger sachlicher Zusammenhang gegeben ist, lässt sich dabei nicht anhand starrer zeitlicher Grenzen festlegen. Maßgeblich ist vielmehr neben der Dauer und dem Anlass der Unterbrechung die Art der Weiterbeschäftigung (vgl. BAG 27. Juni 2002 - 2 AZR 270/01 - AP Nr. 15 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit = NZA 2003, 145 = EzA § 1 KSchG Nr. 55, zu B I der Gründe). Für einen engen sachlichen Zusammenhang spricht es, wenn einem Arbeitnehmer noch vor einem Betriebsübergang eine ähnliche Beschäftigung bei einem Betriebserwerber angeboten wird und nur eine saison- und umbaubedingte zeitliche Unterbrechung vorliegt.

bb) Hier fehlt es jedenfalls an einem Betriebsübergang iSd. § 613a BGB. § 613a Abs. 1 BGB setzt den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber voraus. Erforderlich ist die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit. Der Betrieb „Forsthaus P.“ ist nicht identitätswahrend auf die Beklagte übergegangen.

(1) Ein Betriebsübergang nach § 613a Abs. 1 BGB setzt die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus. Eine solche besteht aus einer organisatorischen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel, wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu. In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch die Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt für diese Tätigkeit eingesetzt hatte (vgl. BAG 25. Juni 2009 - 8 AZR 258/08 - NZA 2009, 1412, zu B I 2 der Gründe). In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen, wenn der Betriebsübernehmer Betriebsmittel des Vorgängers übernimmt. Sächliche Betriebsmittel sind im Rahmen einer Auftragsneuvergabe wesentlich, wenn bei wertender Betrachtungsweise ihr Einsatz den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhanges ausmacht und wenn sie somit unverzichtbar zur auftragsgemäßen Verrichtung der Tätigkeiten sind (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - AP Nr. 370 zu § 613a BGB = NZA 2009, 1267 = EzA § 17 KSchG Nr. 20, zu B I 2 c der Gründe). Zu betriebsmittelgeprägten Betrieben zählt zB. ein Hotelkomplex. Prägend sind insoweit Betriebsmittel, wie Gebäude und Einrichtungsgegenstände, nicht so sehr die Belegschaft. Für die Wahrung der Identität des Betriebes kommt es daher grundsätzlich besonders darauf an, ob derartige materielle Betriebsmittel übergehen. Die in nicht betriebsmittelgeprägten Betrieben für die Annahme eines Betriebsüberganges bedeutsame Übernahme von Personal spielt nur eine untergeordnete Rolle. Allerdings kann die Übernahme von Arbeitnehmern im Einzelfalle auch hier für einen Betriebsübergang sprechen, wenn deren Fachkenntnisse für die Fortführung des alten Betriebes durch den Erwerber von Bedeutung sind (vgl. BAG 21.08.2008 - 8 AZR 201/07 - AP Nr. 353 zu § 613a BGB = NZA 2009, 29 = EzA § 613a BGB 2002 Nr. 95, zu B II 1 b der Gründe).

Wesentlich ist allerdings immer die Beibehaltung des Funktions- und Zweckzusammenhangs zwischen den verschiedenen übertragenen Faktoren, die es dem Erwerber erlaubt, diese Faktoren zur Verfolgung einer bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeit zu nutzen, und damit der Zusammenhang der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzung, der die Produktionsfaktoren verknüpft und dazu führt, dass sie bei der Ausübung einer bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeit ineinandergreifen (vgl. EuGH 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Rn. 47 f., NZA 2009, 251, unter Verweis auf die Schlussanträge des Generalanwalts vom 6. November 2008, Rn. 42 bis 44) .

Nicht erforderlich ist nach dem Zweck des § 613a BGB, dass ein Rechtsgeschäft unmittelbar zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber zustande kommt. Ein rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang kann daher auch dann angenommen werden, wenn er durch eine Reihe von verschiedenen Rechtsgeschäften veranlasst wird. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein mit Bezug auf den Betrieb oder Betriebsteil abgeschlossener Pachtvertrag endet und ein neuer Pächter die wirtschaftliche Einheit übernimmt (vgl. BAG 21. August 2008 - 8 AZR 201/07 – aaO., zu B II 1 a der Gründe). Gegen einen identitätswahrenden Übergang spricht es, wenn Änderungen des Betriebszwecks Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Belegschaft und geänderte Anforderungen mit sich bringen (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 331/05 - AP Nr. 313 zu § 613a BGB = NZA 2006, 1357 = EzA-SD 2006, 14, zu II 2 der Gründe). Gleiches gilt bei konzeptionellen Änderungen mit aufgrund der Verzahnung bedingten personellen Auswirkungen, auch wenn sie äußerlich nicht unmittelbar erkennbar sind (vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - AP Nr. 304 zu § 613a BGB = NZA 2006, 1096 = EzA § 613a BGB 2002 Nr. 51, zu II 3 b bb der Gründe, mit weiteren Beispielen zu Änderungen des Betriebszwecks).

(2) Von diesen Grundsätzen ausgehend, hat das Arbeitsgericht zu Recht einen Betriebsübergang auf die Beklagte iSd. § 613a BGB abgelehnt. Auch wenn der Restaurant- und Hotelbetrieb äußerlich fortgeführt worden ist - folgt man den Ausführungen der Beklagten, sogar mit vergleichbarer Beschäftigtenzahl - so haben sich Funktions- und Zweckzusammenhang doch grundlegend geändert. Betriebszweck ist nicht mehr die Gewinnerzielung unter Beschäftigung auch behinderter Menschen, sondern vielmehr die Förderung und Betreuung - überwiegend schwer - behinderter Menschen mit dem Ziel ihrer Integration. Hierzu beschäftigt die Beklagte nicht nur die für den unmittelbaren Betrieb notwendigen Belegschaftsmitglieder, sondern darüber hinaus eine Pädagogin und speziell für den Gaststätten- und Hotelkomplex der neu hinzugewonnenen Einrichtung - eine Motopädin, um dem neuen Betriebszweck gerecht zu werden. Gegen eine identitätswahrende Fortführung spricht der Umstand, dass der geänderte Betriebszweck zwangsläufig die Betriebsabläufe verändert. Das spiegelt sich nicht nur in den behindertengerechten Einrichtungen wider, sondern gerade auch in besonderen Anforderungen an die Rücksichtnahme auf die jeweiligen Behinderungen und ihre Ausprägungsgrade im Rahmen der Betriebsabläufe. Ganz wesentlich ist im Übrigen die Auswirkung des geänderten Betriebszwecks auf die Zusammensetzung der Belegschaft. Sie besteht nun nach dem Konzept der Beklagten in erheblichem Umfang aus den zu fördernden behinderten Menschen. Ohne sie ist die Umsetzung des neuen Konzepts nicht denkbar. Der Umstand, dass auch nach dem geänderten Betriebszweck anleitendes und ausbildendes Personal erforderlich ist, ändert an diesem Ergebnis nichts. Es hat keine Auswirkungen auf die Identitätsänderung hinsichtlich des gesamten Betriebs, zumal an das (an)leitende Personal nun auch andere Anforderungen zu stellen sind. Angesichts dieser Änderungen ist die Übernahme der Betriebsmittel von untergeordneter Bedeutung. Gleiches gilt nach dem zuvor Ausgeführten für die Übernahme der zwei Köche und des Klägers.

Der Umstand, dass die Beklagte zunächst nur einzelne behinderte Menschen in dem Betrieb beschäftigt hat, steht dem geänderten Betriebszweck nicht entgegen. Dieser ist von vornherein – der Zielstellung des Unternehmens der Beklagten entsprechend – geplant und gefördert worden. Das hat die der vorgetragenen Planung entsprechende Umsetzung bestätigt.

b) Die Parteien haben in dem Arbeitsvertrag vom 27. März 2009 auch nicht eine Anerkennung von Beschäftigungszeiten aus dem vorangegangenen Arbeitsverhältnis vereinbart.

2) Die Kündigung ist auch nicht nach § 85 SGB IX unwirksam. Die Anforderungen des § 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX waren zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung aus den unter 1) genannten Gründen ebenfalls noch nicht erfüllt.

3) Angesichts der vereinbarten Probezeit hat die Beklagte auch die sich aus § 622 Abs. 3 BGB ergebende Kündigungsfrist von zwei Wochen gewahrt.

III. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

IV. Die Kammer hat die Revision im Hinblick auf die grundlegende Bedeutung der entscheidungsrelevanten Rechtsfragen zugunsten des Klägers zugelassen.