Die Parteien streiten um abgerechnete Arbeitsvergütung für die Monate Juni und Juli 2009 sowie um vom Geschäftsführer der Beklagten abgetretene und aufgerechnete Schmerzensgeldansprüche.
Der Kläger ist 30 Jahre alt und war vom 1. Januar 2009 bis 31. Juli 2009 bei der Beklagten, die ein Transport- und Umzugsunternehmen betreibt, als Kraftfahrer mit einer Vergütung von 1.020,-- EUR brutto monatlich beschäftigt. Ausweislich der jeweiligen Abrechnungen betrug die Nettovergütung für den Monat Juni 2009 insgesamt 617,23 EUR, für den Monat Juli 2009 insgesamt 620,29 EUR.
Am 17. Juli 2009 trafen sich der Kläger und der heute 34jährige Geschäftsführer der Beklagten im Büro der Beklagten wegen der Vergütungszahlung. Während dieses Gespräches übergab der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger das Kündigungsschreiben vom 1. Juli 2009. An diesem Tag war auch die Büroangestellte Frau A. K. in den Büroräumen, allerdings während des Gespräches nicht im Geschäftsführerbüro, anwesend.
Am 21. Juli 2009 trafen der Kläger und der Geschäftsführer der Beklagten am Nachmittag gegen 15:40 Uhr erneut im Büro der Beklagten aufeinander. Während dieses Zusammentreffens kam es zu einer verbalen und körperlichen Auseinandersetzung zwischen beiden, wobei die Einzelheiten des Ablaufes streitig sind. Dabei nahm mindestens der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger in den Schwitzkasten, wovon der Kläger nach einem Bericht der Rettungsstelle der E. E. Klinik vom 21. Juli 2009 um 18:34 Uhr eine Distorsion (Prellung, Verstauchung, Verrenkung bzw. Fasereinriss im Bandapparat) der Halswirbelsäule sowie eine oberflächliche Prellung der Jochbeinregion und der Kieferregion davon trug. Der Geschäftsführer der Beklagten erstattete Strafanzeige gegen der Kläger, der Kläger seinerseits gegen den Geschäftsführer der Beklagten. In dem Abschlussbericht des Polizeipräsidenten vom 10. September 2009 zur Strafanzeige gegen den Kläger ist ausgeführt, dass der Kläger mit einer auf dem Bürotisch liegenden Schere mehrmals in den Rücken des Geschäftsführers gestochen habe, dass die Klingen aber nicht in den Körper eingedrungen seien, sondern nur kleinere Schnittwunden/ Kratzwunden verursacht hätten.
Der Kläger hat behauptet, er habe die Vergütung für Juni und Juli 2009 bislang nicht erhalten.
Die Beklagte hat erwidert, dass sie die Vergütung durch ihren Geschäftsführer in bar, jedoch ohne Quittung, an den Kläger ausbezahlt habe. Während dieses für die Juni-Vergütung nicht durch Zeugen belegt werden könne, könne die Büroangestellte K. bezeugen, dass der Kläger vom Geschäftsführer der Beklagten am 17. Juli 2009 den Betrag von 620,-- EUR in einem Umschlag überreicht bekommen habe. Der Geschäftsführer habe die Zeugin über das Erscheinen des Klägers am 17. Juli 2009 und einen auszuzahlenden Betrag von 620,-- EUR informiert. Bei dieser Höhe habe sich der Geschäftsführer der Beklagten an der Nettosumme des Monats Juni 2009 orientiert, da die extern erstellte Vergütungsabrechnung Juli 2009 noch nicht vorgelegen habe. Frau K. habe dem Geschäftsführer der Beklagten das Geld bereit gelegt. Von einem anderen Raum aus habe sie gesehen, dass der Kläger das Geld in einem Umschlag erhalten habe. Nach Erinnerung des Geschäftsführers der Beklagten habe es sich um 4 Scheine zu je 100,-- EUR, 4 Scheine zu je 50,-- EUR und einen Schein zu 20,-- EUR gehandelt. Da die vom Lohnbuchhaltungsbüro erstellte Abrechnung und auch die dazugehörige Quittung noch nicht vorbereitet gewesen seien, habe er sich den Erhalt nicht quittieren lassen.
Bei dem Zusammentreffen am 21. Juli 2009 sei der Kläger gegen 15:20 Uhr erschienen. Obwohl eine Kundin anwesend gewesen sei und der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger mehrfach aufgefordert habe, das Büro zu verlassen, sei er dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Der Kläger habe sich vor dem Geschäftsführer aufgebaut und ihn beschimpft. Es sei dann zu einer Rangelei gekommen. Der Geschäftsführer habe dabei versucht, den Kläger aus dem Büro herauszuzerren. Darauf habe der Kläger ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen und in den Finger gebissen. Anschließend habe der Geschäftsführer erneut versucht, den Kläger aus den Betriebsräumen zu schaffen und habe ihn dazu in den Schwitzkasten genommen. Dabei habe der Kläger die auf dem Schreibtisch liegende Schere ergriffen und dem Beklagten in den Rücken gestochen. Danach sei der Kläger weggerannt. Der Geschäftsführer der Beklagten sei durch die Handlungen des Klägers erheblich verletzt worden. Er habe Schnittwunden im Rücken und Bisswunden am kleinen Finger der linken Hand erlitten. Letztere hätten ihn bei der Berufsausübung erheblich beeinträchtigt. Es sei ein Schmerzensgeld von 1.500,-- EUR angemessen. Mit diesem werde nach Abtretung an die Beklagte vom 26. Januar 2010 aufgerechnet.
Der Kläger bestreitet den Erhalt sowohl der Junivergütung wie auch der Julivergütung. Einen Umschlag mit Geld habe der Kläger am 17. Juli 2009 nicht erhalten. Er habe nur die Kündigung ausgehändigt bekommen. Hinsichtlich der körperlichen Auseinandersetzung am 21. Juli 2009 hat der Kläger sich erstinstanzlich darauf beschränkt vorzutragen, dass er bisher nicht rechtskräftig wegen der vom Geschäftsführer der Beklagten behaupteten Vorfälle verurteilt worden sei.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 10. Februar 2010 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Ansprüche des Klägers zwar nicht durch Erfüllung erloschen seien. Während der Vortrag zur Zahlung der Junivergütung völlig unsubstantiiert geblieben sei, sei auch dem Vortrag hinsichtlich der Zahlung der Julivergütung nicht weiter nachzugehen gewesen. Denn dem Vortrag der Beklagten habe nicht entnommen werden können, dass die Zeugin bestätigen könne, dass sich in dem nach dem Vortrag der Beklagten übergebenen Umschlag auch das Geld befunden habe. Genauso gut hätte sich darin auch ein beliebiges Schriftstück befinden können. Allerdings sei der Anspruch des Klägers durch Aufrechnung mit der abgetretenen Schmerzensgeldforderung des Geschäftsführers der Beklagten erloschen. Dem Vortrag der Beklagten, dass der Kläger dem Geschäftsführer mit der Faust ins Gesicht geschlagen, ihn in den Finger gebissen und mit einer Schere auf ihn eingestochen habe, sei der Kläger nicht erheblich entgegen getreten. Das nach Billigkeit festzusetzende Schmerzensgeld sei wegen der insgesamt drei Handlungen und der Gefährlichkeit der Schere mit 1.500,-- EUR angemessen und übersteige deshalb die Klageforderung.
Gegen dieses der Klägervertreterin am 12. März 2010 zugestellte Urteil legte diese am 12. April 2010 Berufung ein und begründete diese nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist mit Schriftsatz vom 8. Juni 2010.
Zur Begründung hat der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag bekräftigt, dass er weder seine Vergütung für Juni 2009 noch für Juli 2009 erhalten habe. Weiter hat er ausgeführt, dass er dem Geschäftsführer der Beklagten nicht mit der Faust ins Gesicht geschlagen habe. Falsch sei auch, dass er ihn ohne Not gebissen und mit einer Schere verletzt habe. Tatsächlich habe er sich am 21. Juli 2009 in das Büro der Beklagten begeben, um seine Arbeitspapiere abzuholen. Nachdem man zunächst am Schreibtisch Platz genommen habe, sei es zu Streitigkeiten zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten gekommen. In deren Verlauf habe der Geschäftsführer dem Kläger mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Anschließend habe er ihn mit den Worten: „Du Hurensohn, ich fick Deine Mutter und ich bringe Dich um“ beleidigt. Der Geschäftsführer habe dann den Kläger von hinten angegriffen, seine Arme um diesen geschlungen und ihn am Hals gewürgt. Der Kläger habe kaum noch Luft bekommen und erfolglos versucht, sich zu wehren. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger eher schmächtig sei, der Geschäftsführer der Beklagten jedoch ein gut trainierter Kraftsportler. Im Zuge der Auseinandersetzung habe der Kläger auf dem Schreibtisch eine Schere ertastet und ungezielt in Richtung des Rückens des Geschäftsführers gestochen. Da der Geschäftsführer dennoch nicht von ihm abgelassen habe, habe der Kläger dann dem Geschäftsführer in den kleinen Finger gebissen. Daraufhin habe der Geschäftsführer von dem Kläger abgelassen, so dass der Kläger die Räumlichkeiten habe verlassen können. Der Kläger habe sich dann sofort zur Polizei begeben und Strafanzeige gegen den Geschäftsführer erstattet. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Berufsausübung infolge der Bisswunde werde bestritten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Februar 2010 - 29 Ca 19538/09 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.237,52 EUR netto zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte erwidert, dass er an seinem erstinstanzlichen Vortrag zur Erfüllung der streitigen Vergütungsansprüche festhalte. Bestritten werde, dass die körperliche Gewalt vom Geschäftsführer ausgegangen sei und dieser den Kläger wie behauptet beleidigt habe. Zur körperlichen Auseinandersetzung wiederholt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Unter dem 24. Juni 2010 hat das Gericht die Parteien unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes etwa im Urteil vom 13. Oktober 1992 - VI ZR 201/91 - darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn ein Schmerzensgeldanspruch des Geschäftsführers der Beklagten festgestellt werden sollte, es sehr fraglich erscheine, ob dieser, wie vom Arbeitsgericht angenommen, in Höhe von 1.500,-- EUR festzusetzen wäre. Denn angesichts der Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes seien Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien bei der Bemessung des Schmerzensgeldes. Da nach den Angaben in der Strafanzeige gegen den Geschäftsführer der Beklagten dieser eine ärztliche Behandlung vor Ort abgelehnt habe und auch sonst keine näheren Angaben zu den Verletzungen und den damit verbundenen Schmerzen oder Leiden bislang vorgetragen seien, dürfe bislang wohl von einer Bagatellverletzung des Geschäftsführers der Beklagten auszugehen sein. Dafür erscheine derzeit allenfalls ein minimales Schmerzensgeld angemessen. Auch die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes werde kaum zu einer anderen Höhe des etwaigen Anspruchs führen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung des Klägers vom 8. Juni 2010 und den Schriftsatz vom 15. Juli 2010 sowie auf die Berufungsbeantwortung der Beklagten vom 21. Juni 2010 sowie das Sitzungsprotokoll vom 23. Juli 2010 Bezug genommen.