Gericht | OLG Brandenburg 5. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 05.05.2011 | |
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Aktenzeichen | 5 U 182/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. November 2009 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam – 1 O 395/08 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung fallen der Beklagten zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Die Klägerin beklagt, dass sie mit Wahrscheinlichkeit einen Vermögensschaden dadurch erleiden werde, dass sie im Vertrauen auf die Wirksamkeit eines zu ihren Gunsten geschlossenen notariellen Grundstückkaufvertrags vom 21. August 1995 (Urkundenrolle-Nr. 510/1995 des Notars M… S… in …), der in Ziff. III eine Grundstückerwerbsverpflichtung der Beklagten zum 21. August 2010 begründet hätte, ihrerseits das Grundstück erworben habe. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil – i. d. F. der Tatbestandsberichtigung vom 4. Januar 2010 – Bezug genommen.
Nachdem die Kommunalaufsicht die Genehmigung des zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten, dem Amt B… und einer B…bau GmbH (B… GmbH) geschlossenen Vertrags mit bestandskräftigem Bescheid vom 15. August 2008 endgültig verweigerte, will die Klägerin festgestellt wissen, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihr durch den unterlassenen Hinweis auf das Erfordernis der kommunalaufsichtsbehördlichen Genehmigung des notariellen Kaufvertrags vom 21. August 1995 – Urkundenrolle-Nr. 510/1995 des Notars M… S… in … – und die Versagung dieser Genehmigung entsteht.
Das Landgericht hat der Feststellungsklage unter dem Gesichtspunkt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung der Beklagten stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die aus den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung ersichtliche Begründung verwiesen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren im ersten Rechtszug gestellten Klageabweisungsantrag weiter.
Hierzu wiederholt, verdeutlicht und vertieft sie ihr erstinstanzliches Verteidigungsvorbringen. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass das Landgericht die Klage bereits mangels Feststellungsinteresse als unzulässig hätte abweisen müssen, weil es die Klägerin nicht vermocht habe, die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Vermögensschadens darzulegen. Die Schadensberechnung sei fehlerhaft, weil die Klägerin keine Sonderabschreibungen nach Fördergebietsgesetz abgesetzt, den Verkehrswert des Grundstücks zu gering veranschlagt, ertragreichere Investitionsmöglichkeiten nicht substantiiert dargetan habe und die Mieteinnahmen jedenfalls weitgehend bezifferbar seien. Bei dieser Sachlage sei bereits kein Mindestschaden erkennbar, der den Ausgangspunkt der künftigen Schadensentwicklung bilden könne.
Darüber hinaus wendet die Beklagte gegen ihre Haftung sachlich ein: Sie habe die B… GmbH nicht über das Genehmigungserfordernis aufklären müssen, weil sie dieser angesichts des Geschäftszwecks der Gesellschaft hinreichende Kenntnisse über einschlägige kommunal-aufsichtliche Genehmigungsvorbehalte habe unterstellen dürfen. Jedenfalls falle der Beklagten kein Verschulden zur Last, da die Genehmigungspflichtigkeit derartiger Verträge zum Zeitpunkt des Vertragschlusses nicht erkennbar gewesen sei. Nach damaliger Erlasslage sei deren Genehmigungsbedürftigkeit nicht ausdrücklich vorgegeben gewesen. Dementsprechend habe auch der Urkundsnotar die Genehmigungsbedürftigkeit übersehen. Eine gegenüber der Klägerin begangene Pflichtverletzung scheide ebenfalls aus. Die Klägerin habe durch die Beklagte schon deshalb nicht auf den Genehmigungsvorbehalt hingewiesen werden können, weil jene ihr, wie unstreitig ist, bei Vertragschluss überhaupt nicht namhaft gemacht worden sei. Auch habe die Kammer trotz Bestreitens unterstellt, dass die B… GmbH einen dieser erteilten Hinweise auf die Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrags an die Klägerin übermittelt hätte. Außerdem hätte die Klägerin bei Nichtabschluss des Vertrags das dafür vorgesehene Kapital in Ausführung des von ihr selbst vorgetragenen Investitionsplans in eine andere Immobilie in den neuen Bundesländern investiert, so dass ihr Investment in gleicher Weise wie das streitgegenständliche unter dem Preisverfall auf dem Immobilienmarkt gelitten hätte.
Schließlich erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung, weil bereits die schwebende Unwirksamkeit des Vertrags zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage der Klägerin geführt und die Verjährungsfrist dementsprechend in 2001 begonnen habe, da diese spätestens in diesem Jahr von der Genehmigungsbedürftigkeit Kenntnis erlangt habe. Die deswegen von der Klägerin zu dieser Zeit aufgewendeten Rechtsverfolgungskosten bildeten mit den streitgegenständlichen Schäden eine Einheit, weswegen bereits diese Aufwendungen die Verjährung für den Gesamtschaden in Lauf gesetzt hätten.
Die Beklagte beantragt,
in Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat zur Begründung des beklagten – wahrscheinlichen, wiewohl nicht abschließend bezifferbaren – Schadens in der Klageschrift im Wesentlichen vorgetragen, dass sie ihre mit 3.624.568,60 € bezifferten Investitionen auch im Vertrauen auf die Realisierung des vertraglich ausbedungenen Verkaufserlöses von 3.834147,14 € getätigt habe. Schon das am aktuellen Verkehrswert orientierte (unverbindliche) Kaufangebot der Beklagten vom 13. Dezember 2006 von 2.400.000,00 € bleibe hinter dem vertraglich versprochenen Kaufpreis deutlich zurück. Hinzu kämen mit wenigstens vier vom Hundert jährlich zu veranschlagende Renditeverluste auf das eingesetzte Kapital. Davon seien im Wege der Vorteilsausgleichung die bis zur anderweitigen Veräußerung des Grundstücks erzielten Mietzinsen und der Veräußerungserlös abzuziehen. Beides könne erst nach anderweitiger Veräußerung des Grundstücks abschließend beziffert werden.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für richtig. Die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts hat sie zudem unter alternativen (hypothetischen) Annahmen, nämlich einer Genehmigung des Vertrags, eines erzielbaren Kaufpreises von 240.000,00 € und einer Alternativanlage des investierten Kapitals in Anleihen zu unterlegen gesucht. Sie meint, soweit die Beklagte bestreite, dass die B… GmbH einen dieser erteilten Hinweis auf die Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrags an die Klägerin übermittelt, sei dies als Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens zu werten, für deren tatsächliche Voraussetzungen die Beklagte beweisfällig geblieben sei.
II.
1. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse i. S. v. § 256 Abs. 1 ZPO an der begehrten Feststellung.
a) Die bei einer Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht für einen künftigen Schaden erforderliche Voraussetzung, dass ein Schaden tatsächlich droht, ist erfüllt. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob dafür die Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreicht (BGH, Beschluss vom 9. Januar 2007, VI ZR 133/06, NJW-RR 2007, 601; Urteile vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99, NJW 2001, 3414 und 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99, NJW 2001, 143) oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit gegeben sein muss (BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 m.w.N.). Denn auch eine solche Wahrscheinlichkeit ist gegeben.
Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats daraus, dass, wie das (unverbindliche) Kaufangebot der Beklagten vom 13. Dezember 2006 hinreichend belegt, einerseits wahrscheinlich ist, dass die Klägerin das Objekt nicht zu dem im notariellen Grundstückkaufvertrags vom 21. August 1995 ausbedungenen Kaufpreis wird veräußern können. Es spricht andererseits nichts dafür, dass die Klägerin ihr Kapital in vergleichbare Immobilie investiert hätte, ohne sich den Weiterkauf zu vergleichbaren Bedingungen verbindlich versprechen zu lassen. Zu Recht weist die Kammer darauf hin, dass dem Geschädigten auch hinsichtlich der von § 256 Abs. 1 ZPO vorausgesetzten Wahrscheinlichkeit eines Vermögensschadens die Beweiserleichterungen nach § 287 Abs. 1 ZPO, § 252 S. 2 BGB zugute kommen.
Deshalb ist unschädlich, dass durchaus plausibel sein mag, dass sich ein Alternativinvestment in eine andere Immobilie in den neuen Ländern, das bei Abstandnahme von dem Vertrag mit der Beklagten erforderlich geworden wäre, wirtschaftlich in ähnlicher Weise wie das streitgegenständliche Investment entwickelt hätte, also voraussichtlich ebenfalls unter gefallenen Immobilienpreisen zu leiden gehabt hätte. Mit gleicher Wahrscheinlichkeit kann dann jedoch auch angenommen werden, dass die Klägerin unter den damaligen Marktbedingungen ein ähnliches Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bei dem alternativen Grundstücksinvestment hätte aushandeln können, wie es in der Vereinbarung zwischen der B… GmbH und der Beklagten gelungen ist. Dass ein solches vergleichbares Investment in jedem Fall, entsprechend den Ausführungen im Widerspruchsbescheid des Landrats des Landkreises … vom 15. August 2008, wegen Verstoßes u. a. gegen das haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach § 7 LHO durch kommunalaufsichtliche Genehmigungsversagung verhindert worden wäre, kann unter den damaligen Bedingungen des Neuaufbaus nicht ohne weiteres unterstellt werden. Jedenfalls würde dies einen vergleichbaren Vertragschluss mit einem privaten Weiterkäufer nicht gehindert haben, so dass sich die Klägerin des Risikos des Preisverfalls auf dem Immobilienmarkt bei vergleichbarer Vertragskonstruktion mittels wirksamer Erwerbsverpflichtung hätte entledigen können.
Zu Unrecht verlangt die Beklagte den Nachweis eines Mindestschadens. Eine Feststellungsklage setzt – auch nach der strengeren Auffassung des XI. Zivilsenats des BGH – nicht voraus, dass ein Schadenseintritt feststeht; es reicht vielmehr aus, dass die Entstehung eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens wahrscheinlich ist (XI. Zivilsenat, a. a. O., Tz. 29; BGHZ 120, 204, 212; BGH, Urteile vom 25. November 1977 - I ZR 30/76, WM 1978, 66, 67 und vom 26. September 1991 - VII ZR 245/90, WM 1992, 334).
b) Das Feststellungsinteresse der Klägerin bestand jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug fort. Bis zu diesem Zeitpunkt vermochte die Klägerin einen ihr entstandenen Schaden schon deshalb nicht zu beziffern, weil die Erwerbsverpflichtung der Beklagten aus dem Vertrag erst am 21. August 2010 und somit nach diesem Zeitpunkt fällig geworden wäre, ein zukünftig erzielbarer Kaufpreis aber nicht zuverlässig vorausbestimmt werden kann. Vor dem Verkauf der Immobilie ist es der Klägerin nicht möglich, den im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertrags getätigten Investitionen die vermögenswerten Vorteile gegenzurechnen, die ihr aus und bis zu einem anderweitigen Verkauf der Liegenschaft zufließen und die sie sich nach der Differenzhypothese, zumindest aber im Wege der Vorteilsausgleichung, anrechnen lassen muss. Auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt erzielt die Klägerin – wessen sich der Senat im Termin durch Nachfrage versichert hat – Mieteinahmen nicht zuletzt aufgrund des mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossenen, noch bis zum Jahr 2016 laufenden Mietvertrags.
Davon abgesehen führt der Umstand, dass der Schaden während des Prozesses bezifferbar geworden sein mag, nicht dazu, dass der Feststellungsantrag mangels Feststellungsinteresses nicht mehr zulässig wäre. Ist eine Feststellungsklage - wie hier - in zulässiger Weise erhoben worden, so ist der Kläger nach der Rechtsprechung des BGH (NJW-RR 2004, 79, 81 m. w. N.) nicht gehalten, zur Leistungsklage überzugehen, wenn der Schaden bezifferbar wird.
2. Die Klage ist auch begründet.
a) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht die Haftung der Beklagten dem Grunde nach bejaht hat, sind in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
aa) Bei der von der Beklagten zugunsten der Klägerin mit notariell beurkundetem Vertrag vom 21. August 1995 übernommenen Erwerbsverpflichtung handelt es sich um einen echten Vertrag zugunsten Dritter i. S. v. § 328 ZPO.
Die Form des § 313b Abs. 1 S. 1 BGB (§ 313 S. 1 BGB a. F.) ist gewahrt. Entgegen der erstinstanzlich geäußerten Auffassung des Streithelfers der Beklagten steht eine Verkaufsverpflichtung der Klägerin, die ihrerseits notariell beurkundungspflichtig gewesen wäre, nicht in Rede. Die Klägerin war an dem Vertrag nicht beteiligt, hat sich nicht und konnte durch ihn nicht zur Veräußerung des Grundstücks verpflichtet werden (vgl. OLG Brandenburg NJW-RR 1976, 978; Staudinger/Wufka, BGB, 2006, § 311b Abs. 1 Rn. 170).
Die Identifizierung der Klägerin mit dem Grundstückskäufer der B… GmbH in Ziff. III. des Vertrages machte sie bestimmbar. Dass der Dritte nicht konkret (namentlich) bezeichnet wird, ist für die Wirksamkeit eines Vertrags zu Gunsten Dritter unerheblich. Es genügt, wenn der Dritte bestimmbar ist (BGH NJW-RR 2008, 683, 684 Tz. 10). Die Pflichten aus § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB (c. i. c.) treffen auch die Parteien (des Deckungsverhältnisses) eines Vertrags zugunsten Dritter jedenfalls in dem Umfang, in dem sie zur Verwirklichung des Forderungsrechts des begünstigten Dritten nach § 328 Abs. 1 BGB beobachtet werden müssen (jetzt § 311 Abs. 3 S. 1 BGB). Da das Forderungsrecht der Klägerin von der kommunalaufsichtlichen Genehmigung des Vertrags abhing, wird durch die darauf bezogenen vorvertraglichen Nebenpflichten der Beklagten auch die Klägerin geschützt.
bb) Eine ihr daraus erwachsende Aufklärungspflicht konnte die Beklagte zwar nicht unmittelbar gegenüber der Klägerin erfüllen, weil sie ihr dazu hätte namhaft gemacht werden müssen (ultra posse nemo obligatur). Die Beklagte hat aber ihre durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen begründete Pflicht verletzt, die B… GmbH auf die mögliche kommunalaufsichtliche Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrags hinzuweisen. Diese Pflicht ergibt sich daraus, dass die Beklagte die für sie geltenden Beschränkungen im Privatrechtsverkehr besser kennen musste als ihr privater Vertragspartner (vgl. BGH NJW 1999, 3335, 3338). Deshalb konnte die Beklagte der B… GmbH nicht unterstellen, über hinreichende Kenntnisse über einschlägige kommunalaufsichtliche Genehmigungsvorbehalte zu verfügen, die sie selbst nicht hatte.
cc) Die Beklagte hat die Pflichtverletzung zu vertreten (§ 276 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB). Es ist schon zweifelhaft, ob sich die Beklagte nach dem objektiv-abstrakten, an Verkehrserwartungen und Vertrauensschutzgesichtspunkten ausgerichteten Fahrlässigkeitsbegriff überhaupt auf ihre Unkenntnis der Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrags berufen kann (vgl. RGZ 152, 129, 133 f.). Dies gilt umso mehr für Genehmigungsvorbehalte, die in der GO und damit im Kernbereich der Gemeindeverfassung geregelt sind. Jedenfalls hätte ihr die Ausgestaltung des Vertrags – sofortige Gebrauchsüberlassung gegen Miete verbunden mit einer nach 15 Jahren fälligen Erwerbsverpflichtung – Anlass zu Zweifeln geben müssen, ob der Vertrag nicht, wie es in § 85 Abs. 5 BbgGO hieß und heißt, „wirtschaftlich einer Kreditverpflichtung gleichkommt“. Zu Recht betont das Landgericht die Ähnlichkeit dieser Vertragsgestaltung mit dem Immobilien-Leasing. Zur Wahrung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte es ausgereicht, diese Zweifel offenzulegen und auf eine nach § 85 Abs. 5 BbgGO in Betracht kommende Genehmigungsbedürftigkeit hinzuweisen.
dd) Für ein Mitverschulden der Klägerin an der Aufklärungspflichtverletzung (§ 254 Abs. 1 BGB) ist nichts ersichtlich. Ein gemäß § 334 BGB beachtliches Mitverschulden der B… GmbH ist ebenfalls nicht dargelegt. Diese hat weder durch ihre Firma noch ihren Geschäftsgegenstand zurechenbar einen Vertrauenstatbestand geschaffen, wonach sie der Aufklärung über kommunalaufsichtliche Genehmigungsvorbehalte nicht bedürfe.
b) Damit steht die haftungsbegründende Kausalität fest, die sich in der vorvertraglichen Nebenpflichtverletzung erschöpft, weil sich, anders als bei der Verletzung absoluter Rechtsgüter, die Verletzungshandlung bei Vertragsverletzungen nicht von einem Schadenseintritt in Natur scheiden lässt. Die Rüge der Beklagten, die Kammer habe trotz Bestreitens unterstellt, dass die B… GmbH einen ihr erteilten Hinweis auf die Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrags an die Kläger übermittelt hätte, betrifft die haftungsausfüllende Kausalität.
aa) Wäre dieses Vorbringen allerdings, wie die Klägerin meint, (bloß) als Einwendung einer hypothetischen Reserveursache (rechtmäßiges Alternativverhalten) zu werten, wäre die Beklagte für sie zumindest beweisfällig (vgl. Baumgärtel/Strieder, HdB der Beweislast, 2. Aufl. 1991, § 249 BGB Rn. 10 f. mit Rechtsprechungsnachweisen). Dies würde dem Vorbringen der Beklagten jedoch nicht vollkommen gerecht. Die Beklagte wendet sich nicht nur dagegen, dass ihr ein eingetretener Schaden nicht zurechenbar ist, weil er bei pflichtgemäßem Verhalten ohnehin eingetreten wäre, sondern will – wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals klargestellt hat – infolgedessen bereits die Kausalität zwischen der Verletzung der Aufklärungspflicht und dem Schadenseintritt bestreiten (vgl. BGH NJW 1996, 311, 312; Staudinger/Schiemann, BGB, 2005, Vorbem. Zu §§ 249 ff. Rn. 93). Sie will behaupten, dass ein Hinweis auf den Genehmigungsvorbehalt hinzugedacht werden könne, ohne dass die Klägerin vom Vertrag Abstand genommen hätte, weil ihn die B… GmbH nicht weitergeleitet hätte. Die Beklagte beruft sich damit zwar auch auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten ihrerseits, das jedoch nicht erst oder jedenfalls nicht ausschließlich den Zurechnungszusammenhang, sondern infolge des zugleich behaupteten rechtswidrigen Fehlverhaltens der B… GmbH bereits den Ursachenzusammenhang unterbrochen hätte.
Der Bundesgerichtshof (NJW 2006, 2767, 2769 Tz. 22) sieht Reserveursachen nicht als ein Problem der Kausalität, sondern der Schadenszurechnung. Die Einwendung geht dahin, „dass der durch das haftungsbegründende Ereignis real bewirkte Schaden später durch einen anderen Umstand (die Reserveursache) ebenfalls herbeigeführt worden wäre“. Überträgt man diese Überlegungen vom Handlungsunrecht (Verletzung einer Unterlassungspflicht) – wie im vom BGH entschiedenen Fall – auf das hier streitgegenständliche Unterlassungsunrecht (Verletzung einer Handlungspflicht), spricht dies ebenfalls dafür, die Einwendung der Beklagten als Bestreiten auch bereits der Kausalität zu werten. Dass die Kausalität beim Unterlassungsunrecht – im Unterschied zum Handlungsunrecht – in gewissem Sinne nie „real“, sondern immer hypothetisch ist, macht ihr Bestreiten nicht zu einer Reserveursache i. S. d. BGH-Rechtsprechung. Aus diesem Grunde erschöpft sich die Einwendung der Beklagten auch nicht im Verweis auf ein in den Kausalverlauf eingreifendes Fehlverhalten eines Dritten, das nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2000, 947, 948) den Zurechnungszusammenhang regelmäßig nicht unterbricht. Auch dieses Zurechnungsproblem stellt sich nämlich erst, wenn die Kausalität des der Beklagten vorzuwerfenden Unterlassens feststeht.
bb) Letztlich bedarf die Frage der rechtlichen Einordnung der Einwendung der Beklagten allerdings keiner Entscheidung. Denn auch als Bestreiten – der in der Darlegungs- und Beweislast der Klägerin liegenden – Kausalität zwischen Verletzungshandlung und wahrscheinlichem Schadenseintritt verhilft es der Rechtsverteidigung der Beklagten nicht zum Erfolg. Eine die Schadensursächlichkeit hindernde Wirkung ließe sich dem zu unterstellenden Fehlverhalten der B… GmbH nur beimessen, wenn die Beklagte ihrer vorvertraglichen Aufklärungspflicht durch jedweden formlosen mündlichen, u. U. beiläufigen Hinweis auf die mögliche Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrags gegenüber der B… GmbH hätte genügen können. Eine derartige formlose Aufklärung würde dem Zweck der vorvertraglichen Aufklärungspflicht, die der Verwirklichung des Forderungsrechts der Klägerin diente (oben 2. a. aa.), indessen nicht gerecht. Gerade weil der begünstigte Dritte, dessen unbedingtes Forderungsrecht von der kommunalaufsichtlichen Genehmigungsfreiheit respektive Genehmigung des Vertrags abhing, zum Zeitpunkt des Vertragschlusses noch nicht namhaft gemacht war, konnte seine zuverlässige Information über die Wirksamkeitserfordernisse des Vertrags, wie für die Beklagte ohne weiteres erkennbar war, nur (auch) ihm selbst gegenüber erfolgen. Die Beklagte wäre daher gehalten gewesen, den Hinweis auf eine etwaig erforderliche aufsichtsrechtliche Genehmigung in den Vertrag aufnehmen zu lassen, um (auch) den Dritten hinreichend über das daraus resultierende Risiko aufzuklären.
cc) Aus diesem Grunde kommt es nicht darauf an, ob es – unter Berücksichtigung der der Klägerin auch bezüglich des Verhaltens der B… GmbH zugute kommenden Beweiserleichterungen gemäß § 287 Abs. 1 ZPO, § 252 S. 2 BGB (vgl. BGH NJW 1983, 2241; MünchKommBGB/Oetker, 5. Aufl. 2007, § 249 Rn. 455) – gerechtfertigt ist, eine für die Feststellung der Ersatzpflicht genügende Wahrscheinlichkeit der Information der Klägerin schon daraus abzuleiten, dass die B… GmbH zu ihr verpflichtet gewesen wäre, wenn sie selbst von der Beklagten auf die mögliche Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrags aufmerksam gemacht worden wäre.
c) Der klagegegenständliche Schadensersatzanspruch der Kl ist nicht verjährt (Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB). Der von der Klägerin beklagte, für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebliche Vertrauensschaden konnte nicht vor endgültiger Verweigerung der Genehmigung des Vertrags mit Bestandskraft des Widerspruchsbescheids der Kommunalaufsichtsbehörde vom 15. August 2008 eintreten.
Der Anspruch der Klägerin unterliegt seit dem 1. Januar 2002 der dreijährigen Verjährung des § 195 BGB. Die Verjährung beginnt demnach mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. In einem Überleitungsfall (Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB), wie er hier vorliegt, müssen die subjektiven Erfordernisse des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den Fristbeginn am 1. Januar 2002 vorliegen.
Da § 199 Abs. 1 und § 195 BGB dem früher geltenden § 852 Abs. 1 BGB nachgebildet sind, kann für die Auslegung des neuen Rechts auf die zu § 852 BGB a. F. ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden (BGH NJW-RR 2008, 1237 Tz. 7 m. w. N.). Danach war allgemein anerkannt, dass die für den Beginn der Verjährung maßgebliche Kenntnis von Schaden und Schädiger keine zutreffende rechtliche Würdigung des Ersatzberechtigten voraussetzte, vielmehr die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände genügte (BGH, NJW 1999, 2041, 2042 m. w. N.).
Ist allerdings die Rechtslage unübersichtlich und zweifelhaft, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht einzuschätzen vermag, kann der Verjährungsbeginn hinausgeschoben sein, weil es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn fehlt (BGHZ 150, 172, 186; NJW-RR 2008, 1237, 1238 Tz. 7 m. w. N.).
So liegt der Fall hier. Die Beklagte selbst ist in erster Linie davon ausgegangen, dass der Vertrag vom 21. August 1995 nicht der kommunalaufsichtsrechtlichen Genehmigung unterliege. Sie hat die Ansicht vertreten, dass das Rechtsgeschäft nicht als (genehmigungspflichtiges) kreditähnliches Geschäft zu qualifizieren sei, da die Erwerbsverpflichtung der Kommune und der Mietvertrag mit dem Amt B… gesondert zu betrachten seien. Diese Ansicht hat die Beklagte noch in ihrem Widerspruchsschreiben vom 27. August 2007 vertreten, wie dem Widerspruchsbescheid des Landkreises … vom 15. August 2008 (Anlage K 6 ) zu entnehmen ist. Erst mit dem Widerspruchsbescheid ist zweifelsfrei, da bestandskräftig entschieden worden, dass a) ein aufsichtsrechtlich genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft vorliegt und b) diese Genehmigung zu versagen ist. Die Klägerin durfte mit der Einleitung von die Verjährung unterbrechenden Maßnahmen mithin bis zur Klärung der Rechtsfrage zu a) zuwarten.
Auch der von Beklagten geltend gemachte Grundsatz der Schadenseinheit verhilft der Einrede nicht zum Erfolg. Danach kann, wenn eine einzige, in sich abgeschlossene Verletzungshandlung mehrere Schadensfolgen ausgelöst hat, die Verjährungsfrist auch für nachträglich auftretende, zunächst also nur drohende, aber nicht unvorhersehbare Folgen beginnen, sobald irgendein (Teil-) Schaden schon entstanden ist (BGH NJW 1993, 648, 650 m. w. N.). Zwar mag man mit der Beklagten annehmen, dass bereits die Genehmigungsbedürftigkeit bei wirtschaftlicher Betrachtung einen Gefährdungsschaden bewirkt hat. Dieser Gefährdungsschaden ist jedoch – ebenso wie die zu seiner Abwendung aufgewendeten Rechtsverfolgungskosten – ein nicht streitgegenständliches aliud. Solange nicht feststeht, dass wenigstens ein Beteiligter sich vom Rechtsgeschäft lösen will - etwa weil er die Hoffnung auf einen Wegfall des Hindernisses aufgegeben hat -, liegt für den anderen erst eine Vermögensgefährdung vor, die zivilrechtlich noch nicht einem Schaden gleichsteht (BGH NJW 1993, 648, 651; vgl. auch BGHZ 100, 221, 231). Geltend macht die Klägerin nicht diejenigen Aufwendungen, die sie im Vertrauen auf die Genehmigungsfreiheit des Vertrags getätigt hat, sondern denjenigen Schaden, den sie im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertrags erleidet und erleiden wird. Jenes Vertrauen mag in verjährter Zeit enttäuscht worden sein. Dieses Vertrauen ist schadenswirksam erst mit endgültiger Verweigerung der kommunalaufsichtlichen Genehmigung enttäuscht worden. Im Genehmigungsfalle wären die im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertrags getätigten Investitionen der Klägerin eben nicht (teilweise) verloren gewesen, zumal sie nicht beanspruchen kann, besser gestellt zu werden, als sie bei Genehmigung des Vertrags stünde. Denn ihre im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertrags getätigten Aufwendungen können sich unter Schadensersatzgesichtspunkten nicht rentabler darstellen als bei Durchführung des Vertrags (vgl. BGH NJW 1983, 443, 444).
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 S. 1 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen.