Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 81. Senat | Entscheidungsdatum | 25.03.2014 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | OVG 81 D 3.11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 10 DG BB, § 13 DG BB, § 35 DG BB, § 58 DG BB, § 9 GVO 1980, § 27 GVO 1980, § 57 GVO 1980, § 61 GVO 1980, § 18 Abs 1 aF BG, § 19 Abs 1 aF BG, § 21 aF BG, § 21 StGB, § 133 StGB |
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 19. April 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beklagte wendet sich gegen die auf ihre Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gerichtete Disziplinarklage.
Die 1971 in P. geborene Beklagte wurde nach Abschluss ihrer Rechtspflegerprüfung, dem Erwerb der Laufbahnbefähigung und einer theoretischen Unterweisung ab Mitte Februar 1996 als Justizinspektorin z.A. bei dem Amtsgericht B. als Gerichtsvollzieherin eingesetzt, und zwar zunächst zur Einarbeitung und sodann auf der Grundlage eines von Lehrgängen begleiteten Dienstleistungsauftrages. Mit Wirkung zum 1. März 1998 wurde sie zur Gerichtsvollzieherin ernannt und in eine entsprechende Planstelle der Besoldungsgruppe A 8 BBesO bei dem Amtsgericht B. eingewiesen, nachdem ihre Laufbahnbefähigung antragsgemäß für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes anerkannt worden war. Am 12. August 1998 wurde sie als Gerichtsvollzieherin in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Vom 23. Oktober 2003 bis zur mit Bescheid vom 22. Februar 2008 ausgesprochenen vorläufigen Dienstenthebung war die Beklagte unter Entbindung von den Aufgaben eines Gerichtsvollziehers in den Innendienst des Amtsgerichts P. abgeordnet und dort mit Aufgaben des mittleren Justizdienstes betraut worden. Im Mai 2004 wurde ihre Laufbahnbefähigung für den allgemeinen mittleren Justizdienst gemäß § 6 Abs. 3 und 8 der im damaligen Zeitpunkt gelten Laufbahnverordnung anerkannt.
Die disziplinarrechtlich nicht vorgelastete Beklagte ist ledig und Mutter einer im Jahr 1997 geborenen Tochter, die nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seit 2013 bei ihrem Vater lebt. Sie lebte mit dem Kindesvater und der gemeinsamen Tochter nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bis Anfang 1999, nach dessen Angaben in seiner polizeilichen Zeugenvernehmung vom 31. Juli 2003 bis ca. Juli 2000 zusammen. Die Beklagte wurde mit Bescheid vom 26. November 2011 gemäß § 2 Abs. 3 SGB XI einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Vor ihrer Ernennung zur Gerichtsvollzieherin hatte sie Kreditverbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 115.000 Euro, die auf dem Erwerb eines Einfamilienhauses beruhten sowie der Sanierung eines Mehrfamilienhauses in der T.straße in B., in welchem sich das Gerichtsvollzieherbüro der Beklagten sowie ihre Wohnung befunden hatten. Nach dem Protokoll über den Anhörungstermin im Disziplinarverfahren vom 2. September 2003 waren die Kreditverbindlichkeiten zwischenzeitlich auf 330.000 Euro angestiegen. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte angegeben, das Haus in der T.straße veräußert zu haben, Kreditverbindlichkeiten für das von ihr derzeit bewohnte Einfamilienhaus bestünden fort.
Der Direktor des Amtsgerichts B. leitete am 27. Mai 2002 das streitgegenständliche Disziplinarverfahren gegen die Beklagte aufgrund des Verdachts des Verstoßes gegen die Pflichten zur „ordnungsgemäßen Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen“ ein, gestützt auf den Vorwurf, auf eine Wegnahmeanordnung untätig geblieben zu sein. Das Disziplinarverfahren wurde mit Schreiben vom 5. Juni 2002 auf weitere acht Handlungen ausgedehnt, denen Dienstaufsichtsbeschwerden zugrunde lagen, mit denen der Beklagten eine zögerliche oder vorschriftswidrige Bearbeitung von Vollstreckungsaufträgen vorgeworfen worden war.
Bereits zuvor hatte es bei allen auf den Zeitraum Januar 1999 bis März 2002 beschränkten Geschäftsprüfungen Beanstandungen gegeben, welche die Beklagte teilweise mit dem Hinweis auf eine zu hohe Arbeitsbelastung oder auf gesundheitliche Probleme als zutreffend einräumte. Nach dem von dem Kläger erstinstanzlich eingereichten und nicht bestrittenen Auszug aus der Sammelakte des Amtsgerichts B. zu Überlastungsanzeigen, der den Zeitraum Februar 1997 bis Oktober 2004 umfasst, stellte die Beklagte am 28. Januar und 26. November 2000 Überlastungsanzeigen. In der ersten Anzeige gab sie an, dass aufgrund einer Erkrankung in der Zeit vom 23. November 1999 bis 19. Januar 2000 sowie Krankheits- und Urlaubszeiten im Oktober 1999 Rückstände in Höhe von ca. 800 Vorgängen aufgelaufen seien. Angesichts der bereits vorliegenden Sachstandsanfragen und der zu erwartenden Dienstaufsichtsbeschwerden gehe sie bei gleichbleibender Belastung davon aus, dass es ihr nicht vor Ablauf von sechs Monaten möglich sein werde, die Rückstände aufzuarbeiten. In ihrer zweiten Überlastungsanzeige gab die Beklagte an, es sei ihr „unter anderem auf Grund weiterer Vertretungsregelung für den vorübergehend abwesenden Gerichtsvollzieher H.“ nicht gelungen, einen monatlichen Endbestand unter 900 Aufträgen zu erreichen. Bei gleichbleibender Belastung sehe sie keine Möglichkeit, die derzeitige Situation „kurzfristig abzuändern.“
In den Jahren 1998 bis (jedenfalls) 2003 waren die Gerichtsvollzieher im Land Brandenburg, einschließlich des Amtsgerichtsbezirks B., stark belastet. Der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts errechnete in seinem Vermerk vom 3. März 2008 eine durchschnittliche Belastung bis zu 1,64 Pensen und hielt fest, dass die Beklagte wegen krankheitsbedingter Abwesenheit teilweise das Eineinhalbfache ihres Pensums zu erledigen hatte. In den Personalakten der Beklagten sind für die Jahre 1999 und 2000 krankheitsbedingte Abwesenheitszeiten von 37 bzw. 31 Arbeitstagen aufgeführt. Die für das Jahr 2001 verzeichneten 67 Arbeitstage sind im Wesentlichen auf einen Krankenhausaufenthalt wegen eines gynäkologischen Leidens vom 7. bis 15. Juni und eine sich hieran anschließende Dienstunfähigkeit bis zum 3. August zurückzuführen. Im Jahr 2002 beliefen sich die Fehlzeiten der Beklagten auf 147 Arbeitstage. Sie war nach den von einem Allgemeinmediziner und Chiropraktiker ausgestellten Attesten ab dem 12. Juni 2002 bis Ende des Jahres ununterbrochen dienstunfähig erkrankt und wurde - wie sich aus der am 21. November 2002 zu den Akten gelangten Aufenthaltsbescheinigung ergibt - vom 2. Oktober bis 27. November 2002 in einer medizinisch-psychosomatischen Klinik behandelt. Hieran schloss sich eine das gesamte Jahr 2003 umfassende und bis 21. Mai 2004 andauernde Dienstunfähigkeit wegen Erkrankung an.
Den am 2. Oktober 2002 beginnenden Klinikaufenthalt zeigte die seit dem 16. September 2002 anwaltlich vertretene Beklagte mit Schreiben von demselben Tag dem Direktor des Amtsgerichts B. sowie der Geschäftsleiterin des Gerichts an. Insoweit teilte sie mit, dass sie „aufgrund meiner Erkrankung“ für voraussichtlich sechs bis acht Wochen „stationär behandelt“ werden müsse. Daraufhin wurde der Beklagten mit Schreiben vom 18. September 2002 mitgeteilt, dass nunmehr eine „Umverteilung der Geschäfte“ stattfinden müsse, weil nicht mehr, wie bisher, von kurzfristigen Erkrankungen ausgegangen werden könne, und der Gerichtsvollzieher V. als Dezernent bestimmt. Auf die in dem Schreiben enthaltene Bitte um „Mithilfe bei der Herausgabe von weiteren Sonderakten“ vereinbarte die Beklagte (auch) nach ihrem eigenen Vorbringen am 25. September 2002 mündlich mit der Geschäftsleiterin eine Aktenübergabe zum 1. November 2002. Insoweit wurden kurz vor dem Klinikaufenthalt „hunderte von Aufträgen in allen Bearbeitungsstadien“ zur Bearbeitung durch den Gerichtsvollzieher V. übergeben, wie die Beklagte selbst ausweislich des Übergabeprotokolls vom 29. April 2003, ihres Schreibens an das Landgericht Potsdam in dem Verfahren 26 Ns 73/07 vom 3. September 2007 sowie ihrer mit Schriftsatz vom 17. September 2007 im Strafverfahren eingereichten Erklärung darlegte und es durch die im Strafverfahren gemachten Zeugenaussagen ihrer Schwester vom 14. Juli 2003, des Gerichtsvollziehers V. vom 6. August 2003 und 9. Januar 2007 sowie der Geschäftsleiterin des Amtsgerichts B. vom 2. Februar 2007 bestätigt wird. Die beiden letztgenannten Zeugen haben erläuternd bekundet, dass die Übergabe nicht alle Akten der Beklagten umfasst habe, sondern es nur um die vertretungsweise Aufarbeitung der Rückstände gegangen sei.
Wegen der auch nach dem Klinikaufenthalt andauernden Erkrankung der Beklagten ordnete der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts mit Verfügung vom 2. Januar 2003 eine amtsärztliche Untersuchung an und forderte die Beklagte auf, die noch in ihrem Besitz befindlichen Akten und Geschäftsbücher unverzüglich an den Präsidenten des Amtsgerichts B. herauszugeben. Gleichzeitig wurde die Beklagte gebeten, sich wegen der „erforderlichen weiteren Abwicklung der Dienstgeschäfte“ mit dem Direktor des Amtsgerichts in Verbindung zu setzen und ihm, soweit erforderlich, in geeigneter Weise Zutritt zu ihrem Büro zu gewähren. Daraufhin wurden Übergabetermine für den 31. Januar und 5. Februar 2003 vereinbart, die jedoch nicht eingehalten wurden. Mit Verfügung des Amtsgerichts B. vom 7. März 2003, der Beklagten zugestellt am 14. März 2003, wurde der Beklagten (u.a.) aufgegeben, am 21. März 2003 um 9.30 Uhr der Geschäftsleiterin des Amtsgerichts in den Räumen des Gerichts sämtliche Dienstgegenstände sowie sämtliche aus dienstlichem Anlass der Verfügung der Beklagten unterliegende Gegenstände abzugeben. Auch am 21. März 2003 sowie an den weiterhin für den 24. und 28. April vereinbarten Terminen fand keine Übergabe statt. Während dieses Zeitraumes wurde das Disziplinarverfahren mit der der Beklagten am 26. März 2003 zugestellten Verfügung vom 14. März 2003 um den Vorwurf erweitert, im April 2002 eine eidesstattliche Versicherung nicht dem Schuldner, sondern einem unbekannten Dritten abgenommen zu haben. Zudem wurde der Beklagten mit der ihr an demselben Tag zugestellten Verfügung vom 24. April 2003 aufgegeben, sich wegen der mit einer plötzlichen Erkrankung begründeten Absage des letzten Übergabetermins einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
Am 29. April 2003 suchte die Beklagte in Begleitung ihres damaligen Verfahrensbevollmächtigten das Amtsgericht B. auf und übergab drei Kartons mit ca. 130 Sonderheften. Hierbei gab sie gegenüber dem Ermittlungsführer an, sie habe am Vorabend des für Donnerstag, den 24. April 2003 vorgesehenen Übergabetermins ihre Büroräume aufgesucht und dabei zu ihrem Erschrecken das in den Kellerräumen untergebrachte Archiv leer vorgefunden. Daraufhin wurde das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 8. Mai 2003 unter ordnungsgemäßer Belehrung der Beklagten wie folgt ausgedehnt: „-Aufbewahrung des Archivs entgegen § 61 GVO in einem unverschlossenen Raum; -Dem auf § 9 GVO gestützten Verlangen vom 07.03. 2003 auf Herausgabe sämtlicher in Ihrem Besitz befindlicher Dienstgegenstände und aus dienstlichem Anlass Ihrer Verfügung unterliegender Gegenstände kamen Sie erst am 29.04.2003 nach, wobei Sie wesentliche Unterlagen, nämlich das gesamte Archiv, schuldig geblieben sind.-In diesem Zusammenhang hat sich der Untersuchungsauftrag auch auf die Möglichkeit zu erstrecken, dass sie das Verschwinden des Archives lediglich vortäuschen und es auf diese Weise dem Direktor des Amtsgerichts vorenthalten.-Nachdem Sie nach eigenen Angaben den Verlust des gesamten Archivs am 23.04.2003 bemerkt hatten, informierten Sie den Direktor des Amtsgerichts B... hierüber erst am 29.04.2003.“ Die Beklagte nahm hierzu sowie zu den übrigen Vorwürfen mit Schreiben ihres vormaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 1. September 2003 Stellung und wurde in Begleitung ihres Verfahrensbevollmächtigten am 2. September 2003 persönlich angehört. Eine Disziplinarmaßnahme wurde zunächst nicht ergriffen, sondern eine „gütliche Gesamtlösung“ angestrebt, die jedoch im September 2004 als gescheitert angesehen wurde.
Im bereits zuvor, und zwar im April 2003 auf Anzeige des Direktors des Amtsgerichts B. eingeleiteten Strafverfahren wurde die Beklagte durch das Amtsgericht B. mit Urteil vom 6. März 2007 wegen Verwahrungsbruchs zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Das Amtsgericht folgte der Einlassung der Beklagten nicht, die Akten seien gestohlen worden. Auf die Berufung der Beklagten verurteilte das Landgericht P. die Beklagte mit nach § 267 Abs. 4 StPO abgekürztem Urteil vom 19. November 2007 - 26 Ns 73/07 - zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. In den schriftlichen Urteilsgründen, in denen die Beklagte als Angeklagte bezeichnet wird, wurden folgende, u.a. auf einem Geständnis der Beklagten beruhende Feststellungen getroffen:
„Tatsächlich war es aber so, dass entgegen der Angaben der Beklagten gegenüber dem Direktor des Amtsgerichts B... der gesamte Aktenbestand, ca. 12.000 Sonderakten, durch einen Bekannten der Beklagten, dessen Identität in der Hauptverhandlung nicht geklärt worden ist, unwiederbringlich beiseite geschafft wurde. Da sich - wie oben beschrieben - die Situation aus Sicht der Angeklagten immer weiter zugespitzt hatte (Erkrankung, Depression, Arbeitsanfall der nicht zu bewältigen war, Dienstaufsichtsbeschwerden, Sachstandsanfragen), war sie Anfang März des Jahres 2003, an welchem Tag genau war nicht feststellbar, in ihr Büro gefahren. Sie hatte sich zuvor Alkohol besorgt, Selbstmordgedanken spielten eine wesentliche Rolle, die Angeklagte hatte ernsthaft vor, ihre zuvor gescheiterten Selbstmordversuche nunmehr umzusetzen. Als sie im Büro saß, kam ein Bekannter der Angeklagten vorbei, dem sie sodann den Schlüssel übergab, damit dieser die Akten unwiederbringlich beseitigen konnte, was mit Einverständnis und nach Absprache mit der Angeklagten geschah. Dieses Verhalten der Angeklagten war auch ihrer massiven Verzweiflung zuzuschreiben. Aufgrund der Arbeitsbelastung, ihrer Krankheitssituation und ihrer schweren Depression sah sie keine andere Lösung außer der, die Akten verschwinden zu lassen. Der Angeklagten war klar, dass - wenn auch in geringem Umfang - bei den beiseite geschafften Akten auch solche waren, die nicht archivierungsfähig waren, da sich in ihnen unerledigte Aufträge befanden. Diese Aufträge waren z.T. gar nicht, z.T. nur unvollständig und mit wesentlichen Zeitverzögerungen bearbeitet worden. Auf diese unerledigten Aufträge bezog sich der Großteil der Dienstaufsichtsbeschwerden und der Sachstandsanfragen. Die übrigen beiseite geschafften Sonderakten aus den Jahren 1996 - 2002 waren zwar archivfähig, durften aber noch nicht der Vernichtung preisgegeben werden. Bei den beseitigten Akten waren mindestens 80 Akten, die nicht erledigt waren und in denen sich unerledigte Vollstreckungsaufträge befanden. Dieser Umstand, dass die beseitigten Akten auch belastendes Material enthielten, als daraus zumindest eine zögerliche Arbeitsweise der Angeklagten hergeleitet werden konnte, war der Angeklagten klar. Auch aufgrund der Erkrankung und der Depression war die Angeklagte jedoch nicht in der Lage, für eine angemessene Organisation und Abwicklung des Büros zu sorgen.
Im Tatzeitpunkt litt die Angeklagte an einer rezidivierenden depressiven Störung in schwerer Ausprägung, die gekoppelt war mit psychotischen Syndromen. Die Angeklagte war nicht in der Lage, ihre sozialen, häuslichen und beruflichen Aktivitäten im üblichen Maß fortzuführen. Die Angeklagte sah sich zuletzt nicht einmal mehr in der Lage, ein vernünftiges Telefongespräch auf beruflicher Ebene zu führen. Infolge dieser Depression verbunden mit Antriebsstörungen vernachlässigte die Angeklagte, wie ihr klar war, ihre Pflichten, die ihr als Gerichtsvollzieherin oblagen. Hinzu kam, dass die Angeklagte sich allein gelassen fühlte, insbesondere weil sie keinerlei Unterstützung vom Dienstherrn zu bekommen meinte. Insbesondere vor dem bereits erwähnten Hintergrund, dass sie ihre Krankheit nicht in vollem Umfang offenbaren wollte, geriet sie zunehmend in Bedrängnis.“
Das Landgericht sah die Beklagte als zum Zeitpunkt der Tat schuldfähig an, milderte jedoch die Strafe nach Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß §§ 21, 49 StGB mit der Begründung, dass die Beklagte aus psychiatrischer Sicht während des angeklagten Tatzeitraumes aufgrund einer schweren depressiven Erkrankung in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen sei, wobei davon auszugehen sei, dass die Motivation und das Verhalten der Angeklagten auf diese affektive Störung zurückzuführen sei.
Am 15. Januar 2008 gab das Amtsgericht B. das zuvor, und zwar am 17. Dezember 2005 „gem. § 23 LDG“ ausgesetzte Disziplinarverfahren gemäß § 32 LDG an den Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts ab. Mit Verfügung vom 8. Februar 2008 unterrichtete der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts die Beklagte entsprechend. Gleichzeitig hörte er diese unter Verweis auf die bereits von dem Direktor des Amtsgerichts B. mit Verfügung vom 8. Mai 2003 erhobenen Vorwürfe sowie unter Ankündigung einer Beschränkung des Disziplinarverfahrens gemäß § 20 Abs. 2 LDG und Erhebung einer auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gerichteten Disziplinarklage zu folgenden Tatvorwürfen an: (1) Vernichtung des gesamten Aktenbestandes im Archiv des Gerichtsvollzieherbüros im Umfang von ca. 12.000 Akten, indem auf Veranlassung der Beklagten zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im März 2003 die Akten unwiederbringlich durch einen Dritten beiseite geschafft und dem Zugriff des Dienstherrn endgültig entzogen wurden;(2) „Nichtherausgabe archivierter Akten und Nichtherausgabe dienstlicher Gegenstände (Archiv)“;(3) vorschriftswidrige Aufbewahrung des Aktenbestandes in einem unverschlossenen Keller;(4) verspätete Mitteilung des Verlustes des Aktenbestandes gegenüber dem Dienstherrn.
Nach Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung, der Bezirksschwerbehindertenvertretung und der Hauptschwerbehindertenvertrauensperson sowie nach Erörterung mit und Zustimmung des Hauptpersonalrats im Stufenverfahren und der sodann erklärten Billigung durch das Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg erhob der Kläger mit am 30. Juli 2008 eingegangenem Schriftsatz Disziplinarklage mit dem Ziel, die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Unter Beschränkung nach § 20 Abs. 2 LDG und Verweis gemäß § 53 Abs. 1 Satz 3 LDG auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts P. in dem obengenannten Urteil vom 19 November 2007 hat er der Beklagten vorgeworfen, ein Dienstvergehen nach § 43 Abs. 1 LBG a.F. begangen zu haben, indem diese
- „die archivierten Akten der Jahre 1996 bis 2001 auf eine entsprechende Aufforderung nicht herausgegeben“ habe,
-„den Aktenbestand entgegen § 61 GVO in einem unverschlossenen Raum aufbewahrt sowie verspätet über ihren Verlust informiert“ habe und
-„den gesamten Aktenbestand im Archiv ihres Gerichtsvollzieherbüros im Umfang ca. 12.000 Akten im März 2003 zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt durch einen Dritten“ habe „beiseite schaffen lassen, wodurch dieser dem Zugriff des Dienstherrn endgültig entzogen worden“ sei.
Das Verwaltungsgericht Potsdam hat die Beklagte mit Urteil vom 19. April 2011 aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
Mit ihrer hiergegen eingelegten Berufung trägt die Beklagte vor, sie bestreite nicht, ein Dienstvergehen begangen zu haben, sondern wende sich allein gegen die von der Klägerin begehrte Rechtsfolge. Das unter Zugrundelegung der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts Potsdam begangene Dienstvergehen finde seine Ursache in einer persönlichkeitsfremden psychischen Ausnahmesituation. Nach dem im Strafverfahren eingeholten Sachverständigengutachten habe sie sich im maßgeblichen Zeitraum unverschuldet und ohne in der Lage gewesen zu sein, ihre Erkrankung festzustellen, in einem krankhaften seelischen Zustand befunden. Der Sachverständige habe festgestellt, dass ihre schwere depressive Erkrankung mit einer Vernachlässigung von Pflichten, so auch dem Versäumen von Terminen und Unpünktlichkeit, verbunden gewesen sei. Wegen dieses Zustandes habe sie auch mehrere für die Aktenübergabe vorgesehene Termine verstreichen lassen. Zum Tatzeitpunkt Anfang März habe sie ihr Büro aufgesucht, um sich aus Verzweiflung und unter Alkoholeinfluss das Leben zu nehmen, nicht jedoch, um die Akten zu beseitigen. Ihr Bekannter sei spontan aufgetaucht, sie habe lediglich dessen Angebot angenommen, die Akten zu beseitigen. Hierbei sei sie krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, die Tragweite ihres Handelns zu überblicken. Sie habe auch keinen Vorteil aus dem Beiseite-Schaffen der Akten gehabt. Denn es hätte ausgereicht, einzelne unerledigte Vollstreckungsaufträge zu beseitigen und bestimmte Zwangsvollstreckungen zu verzögern. Insgesamt sei ihre Erkrankung ein schleichender, sich über Jahre hinziehender Prozess gewesen. Sie habe bemerkt, dass sie nicht mehr so belastungsfähig gewesen sei.
Zudem habe ihr Dienstherr die psychische Ausnahmesituation, in welcher sie sich befunden habe, unter Verletzung seiner Fürsorgepflicht in nicht unerheblichem Ausmaß verschuldet. Nach ihrer entsprechenden dienstlichen Beurteilung sei sie im Jahre 1997 ohne Probleme in der Lage gewesen, das anfallende Pensum zu erledigen. Nachdem ab dem Jahr 2001 das Pensum der Gerichtsvollzieher im Amtsgerichtsbezirk B. auf mehr als 150 % des normalen und geplanten Aufkommens angestiegen sei, habe sie Belastungsanzeigen gestellt. Weder diese Überlastungsanzeigen noch die von ihr eingereichten Dienstunfähigkeitsbescheinigungen hätten indes zu einer Entlastung geführt. Vielmehr habe der Direktor des Amtsgerichts B. sie in „Vier-Augen-Gesprächen“ ständig unter Druck gesetzt. Ihrer psychischen Probleme habe sich ihr Dienstherr bewusst sein müssen, nachdem sie eine Bescheinigung einer medizinisch-psychosomatischen Klinik über ihren dortigen Aufenthalt vom 1. Oktober bis 27. November 2002 zu den Personalakten gereicht habe.
Es bestehe auch keine Gefahr einer erneuten Pflichtverletzung. Sie, habe sowohl vor als auch nach dem Dienstvergehen die ihr übertragenen Aufgaben ohne bedeutende Beanstandungen verantwortlich und gewissenhaft erfüllt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 19. April 2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er führt aus, dass eine ordnungsgemäße Aktenführung den Kernbereich der Dienstpflichten der Beklagten betroffen habe. Die von dieser veranlasste Beseitigung des gesamten Archivs wiege auch deshalb besonders schwer, weil sie mindestens 80 noch nicht erledigte Akten umfasst habe, auf die sich ein Großteil der Dienstaufsichtsbeschwerden und Sachstandsanfragen bezogen habe. Die Beklagte habe somit bewusst die eingeleitete dienstaufsichtsrechtliche Prüfung vereitelt. Zudem habe der schiere Umfang der abhanden gekommenen Akten einen nicht unerheblichen logistischen Aufwand und daher erhebliche Anstrengungen erfordert. Wegen des unbekannten Verbleibs der Akten sei nicht einmal sicher, ob sie vernichtet worden oder „in falsche Hände“ geraten seien.
Die psychische Situation der Beklagten im Tatzeitpunkt rechtfertige keine mildere Maßnahme. Die Beklagte habe gegen eine jedermann leicht einsehbare Pflicht verstoßen, über einen langen Zeitraum hinweg die Gelegenheit gehabt, ihre Dienstvorgesetzten über ihre gesundheitlichen und dienstlichen Probleme in Kenntnis zu setzen und mit diesen einen Ausweg zu suchen. Hierzu hätte sie auch die Hilfe der sie behandelnden Ärzte oder Therapeuten in Anspruch nehmen können. Letztlich hätte sie auch die Übergabe der Akten an das Amtsgericht B. durch einen Dritten veranlassen können. Die Tat stelle sich auch nicht als Folge einer schockartig ausgelösten unerwarteten Situation dar. Sowohl die hohen Arbeitsanforderungen im Gerichtsvollzieherdienst als auch die Erkrankung der Beklagten hätten über einen längeren Zeitraum vor Begehung des Dienstvergehens bestanden. Auch spiegele sich in der von der Beklagten begangenen Straftat das von dem Gutachter für Depressive als typisch angesehene passive Verhalten gerade nicht wider. Nach den Umständen der Tatbegehung sei davon auszugehen, dass die Beklagte den Bekannten, der die Akten beiseite geschafft habe, angerufen habe. Das Landgericht habe hierzu keine Feststellungen getroffen. Die Formulierung in dem Urteil, dass jemand „vorbeigekommen“ sei, schließe einen vorherigen Anruf der Beklagten nicht aus. Ein planmäßiges und zielgerichtetes Vorgehen habe die Beklagte schließlich auch dadurch an den Tag gelegt, dass sie unter Verschweigen des wahren Grundes verschiedene Herausgabetermine habe verstreichen lassen. Nach den ausdrücklichen Feststellungen des Landgerichts habe sich in diesem Verhalten eine nicht unerhebliche kriminelle Energie offenbart.
Die zweifellos hohe Belastung der Beklagten während der ihr vorgeworfenen Pflichtverletzungen könne zu keiner günstigeren Betrachtungsweise führen. Der Direktor des Amtsgerichts B. habe bis zum Herbst 2002 zu Recht von einer Entlastung der Beklagten abgesehen, weil die bis dahin eingereichten Dienstunfähigkeitsbescheinigungen jeweils nur kurze Zeiträume umfasst hätten und die Beklagte, wie in dem Urteil des Landgerichts festgestellt, das Gewicht ihrer Erkrankung nicht offenbart habe. Ab Herbst 2002, als erstmals Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung vorgelegen hätten, sei die Beklagte wegen ihrer Erkrankung entlastet worden. Es seien Akten zur Bearbeitung durch den Gerichtsvollzieher V. übergeben worden. Den ab Januar 2003 vereinbarten Terminen zur Abwicklung ihres Gerichtsvollzieherbüros habe sich die Beklagte nachhaltig verweigert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Strafakten der Staatsanwaltschaft P... zu dem Verfahren 26 Ns 73/07, die Akten der Agentur für Arbeit P... zu dem Verfahren 58-16-03799 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Personalakten, Disziplinarakten, Stufenverfahrensakten, Geschäftsprüfungsakten sowie Auszug aus der Sammelakte Überlastungsanzeigen) Bezug genommen, die vorgelegen haben und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen ist.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die Beklagte hat ein Dienstvergehen begangen, das ihre Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erfordert.
I. Die Beklagte hat ein aus mehreren verschuldeten innerdienstlichen Pflichtverletzungen bestehendes einheitliches Dienstvergehen begangen [§ 43 Abs. 1 Satz 1 des Beamtengesetzes für das Land Brandenburg (Landesbeamtengesetz - LBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 1999 (GVBl. I S. 446), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Dezember 2001 (GVBl. I S. 254, 275) - LBG a.F.]
1. Gegenstand der Disziplinarklage sind allein die Tatvorwürfe, Akten trotz Aufforderung nicht herausgegeben und beiseite geschafft zu haben sowie Akten in einem unverschlossenen Raum aufbewahrt zu haben. Der Umstand, dass die Beklagte ihren Dienstherrn verspätet über den Verlust der Akten informierte, kann ihr gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 LDG nicht zur Last gelegt werden. Da es der Beklagten freistand, sich zu dem Verlust der Akten nicht zu äußern, überschreitet es die Grenzen zulässigen Verteidigungsverhaltens (s. hierzu: BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 62.11 -, juris Rn. 49 ff) nicht, wenn sie dies „verspätet“ tut.
2. Hinsichtlich des im Wesentlichen auf das rechtskräftige Urteil des Landgerichts P. vom 19. November 2007 - 26 Ns 73/07 - gestützten Tatvorwurfs, den „gesamten Aktenbestand im Archiv“ beiseite geschafft zu haben, geht der Senat gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 58 Abs. 1 LDG von den in dem Urteil wiedergegebenen tatsächlichen Feststellungen zu den objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen des § 133 Abs. 1, 3 StGB sowie zur Schuldfähigkeit aus (s. zum Umfang der Bindungswirkung: BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 1 WD 2.03 -, juris Rn. 12; Urteil vom 29. Mai 2008 - 2 C 59.07 -, juris Rn. 29; Beschluss vom 1. März 2012 2 B 120.11, juris Rn. 13; Beschluss vom 6. September 2012 - 2 B 31.12 -, juris Rn. 6). Ausgehend von diesem Umfang der Bindungswirkung bestehen keine Gründe für einen Lösungsbeschluss nach § 58 Abs. 1 Satz 2 LDG (s. zu diesen Voraussetzungen: BVerwG, Beschluss vom 26. August 2010 - 2 B 43.10 -, juris Rn. 4 ff; Beschluss vom 1. März 2013 - 2 B 78.12 -, juris Rn. 6 ff.). Dass das Urteil nach § 267 Abs. 4 StPO in abgekürzter Form abgefasst ist, ist unerheblich, da es als Mindestinhalt die erwiesenen Tatsachen angibt, die den gesetzlichen Tatbestand erfüllen, bzw. ausreichende Feststellungen enthält, die den Urteilsspruch tragen. Soweit unklar ist, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen in der strafgerichtlichen Entscheidung ausgegangen wurde oder Lücken bestehen, hat der Senat eigene Ermittlungen anzustellen (s. zu nach § 267 Abs. 4 StPO abgefassten Urteilen: BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - 1 D 31.98 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 27. März 2012 - 2 WD 16.11 -, juris Rn. 20).
Nach diesen Maßstäben steht für den Senat bindend fest, dass die Beklagte zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Tag Anfang März 2003 vorsätzlich und schuldhaft ihr als beamtete Gerichtsvollzieherin anvertraute Akten mit Hilfe eines unbekannten Dritten unwiederbringlich beiseite schaffte. Darüber hinaus schließt sich der Senat den überzeugenden und von der Beklagten, die dem Urteil des Landgerichts ausdrücklich folgt, nicht bestrittenen Feststellungen des Landgerichts an, soweit es die Anzahl (ca. 12.000 Sonderakten) und den Erfassungszeitraum (1996 bis 2002) der abhanden gekommenen Akten sowie die Besonderheit betrifft, dass die Akten auch mindestens 80 offene Verfahren betrafen, auf die sich ein Großteil der gegen die Beklagte gerichteten Dienstaufsichtsbeschwerden bezog.
Da der Kläger den Tatvorwurf maßgeblich mit der strafrechtlichen Verurteilung der Beklagten begründet, ist die Disziplinarklage, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert, anhand der Feststellungen in dem Urteil des Landgerichts P. auszulegen. Damit bezieht sich der von dem Kläger verwendete Begriff „Aktenbestand im Archiv“ erkennbar auf alle Anfang März 2003 abhanden gekommenen Sonderakten, einschließlich der noch nicht archivierten oder archivierungsfähigen Akten, deren Verfahren noch offen waren, sowie auf den Erfassungszeitraum 1996 bis 2002.
Aus den festgestellten Tatsachen ergibt sich, dass die Beklagte schuldhaft gegen ihre Pflichten verstieß, ihr Amt uneigennützig zu verwalten und sich so zu verhalten, dass sie der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die in sie als Gerichtsvollzieherin gesetzt wurden (§ 19 Abs. 1 Satz 2 und 3 LBG a.F., entspricht § 34 Satz 2 und 3 BeamtStG), indem sie einen Verwahrungsbruch beging und die Regelungen der §§ 57 Nr. 4, 61 der Gerichtsvollzieherordnung vom 7. März 1980 - GVO 1980 [für laufende und abgeschlossene Sonderakten, entsprechen §§ 39 Abs. 5 (nur bzgl. abgeschlossener Sonderakten), 43 der Gerichtsvollzieherordnung vom 9. August 2013 - GVO 2013], §§ 9, 27 GVO 1980 (entsprechen §§ 6, 19 GVO 2013), § 27 Nr. 5 i.V.m. Nr. 1 GVO 1980 (entspricht § 19 Satz 1 und 6 GVO 2013) nicht beachtete. Hierbei folgt der der Beklagten vorgeworfene Eigennutz aus dem Umstand, dass nach den Feststellungen des Landgerichts die beseitigten Akten auch belastendes Material enthielten, aus dem sich zumindest die zögerliche Arbeitsweise der Beklagten ergeben hätte, weil sich ein Großteil der gegen sie vorliegenden Dienstaufsichtsbeschwerden und Sachstandanfragen auf die beiseite geschafften unerledigten Sonderakten bezogen, die sodann nicht mehr in sachgerechtem Umfang weiterverfolgt werden konnten. Auch diese - nicht bindenden - Feststellungen des Landgerichts hat die Beklagte, wie ausgeführt, nicht bestritten. Zwar trägt sie im vorliegenden Verfahren vor, keinen Vorteil aus dem Beiseite-Schaffen der Akten gehabt zu haben. Allerdings führt sie zur Begründung an, dass es ausgereicht hätte, einzelne unerledigte Vollstreckungsaufträge zu beseitigen und bestimmte Zwangsvollstreckungen zu verzögern, und stellt die vorstehenden Feststellungen des Landgerichts P. nicht in Frage.
Zudem verstieß die Beklagte gegen ihre Pflicht zu rechtmäßigem Verhalten (§§ 18 Abs. 1 Satz 2, 19 Abs. 1, 21 LBG a.F., entspricht §§ 33 Abs. 1 Satz 2 und 3, 34 Satz 1, 36 BeamtStG - s. zur Ableitung dieser Pflicht: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Dezember 2013 - OVG 81 D 4.10 - nicht veröffentlicht-, S. 34 UA). Dies folgt nicht nur aus den vorgenannten Verstößen gegen § 133 Abs. 1, 3 StGB und gegen die in der Gerichtvollzieherordnung geregelte Aufbewahrungs- und Herausgabepflicht, sondern auch daraus, dass die noch offenen Vollstreckungsverfahren nicht bzw. nicht ordnungsgemäß von einem anderen Gerichtsvollzieher bearbeitet und die Akten der abgeschlossenen Verfahren nicht in Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 61 Nr. 2 Satz 2, Nr. 3 GVO 1980 (entspricht § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GVO 2013) vernichtet werden konnten.
3. Daraus folgt zugleich, dass das dem Beseite-Schaffen der Akten vorangegangene Unterlassen, die Akten auf die Aufforderung vom 7. März 2003 herauszugeben, einen Verstoß gegen die dort genannten Pflichten darstellt. Wegen des engen zeitlichen Zusammenhanges mit der Anfang März 2003 begangenen Straftrat sind auch hinsichtlich dieser Pflichtverletzung Vorsatz und Schuldfähigkeit zu bejahen.
4. Nach dem insoweit nicht bindenden Urteil des Landgerichts wurden die abhanden gekommenen Akten in einem unverschlossenen Teil des Kellers des zum Tatzeitpunkt im Eigentum der Beklagten stehenden Mietshauses in der T.straße aufbewahrt. Dies hatte der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten - jedenfalls soweit es das „Archiv“ betraf - ausweislich des Protokolls vom 29. April 2003 ausdrücklich klargestellt. Damit hatten gleichfalls nach dem in dem Protokoll vom 29. April 2003 festgehaltenen Vorbringen des Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten zumindest im März 2003 vier Mietparteien unbeschränkten Zugang zu dem Archiv und hätten diesen auch Dritten vermitteln können.
Durch dieses Verhalten verstieß die Beklagte gegen die in § 61 Nr. 1 GVO 1980 (entspricht § 43 Abs. 1 GVO 2013) normierte Pflicht, Akten so aufzubewahren, dass jeder Missbrauch, insbesondere eine Einsichtnahme durch Unberechtigte, ausgeschlossen ist, und damit zugleich gegen ihre Pflicht zu rechtmäßigem Verhalten.
5. Die Neufassung des Rechts der Landesbeamten mit Wirkung vom 9. April 2009 sowie der Gerichtsvollzieherordnung vom 7. März 1980 mit Wirkung vom 1. September 2013 hat, wie bei den einzelnen Regelungen aufgezeigt, für die Beklagte gegenüber der im Tatzeitraum geltenden Rechtslage keine materiell günstigere Regelung geschaffen, auf die sie sich nach dem Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB im Disziplinarverfahren berufen könnte (s. hierzu: BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 -, juris Rn. 68 m.w.N.).
II. Das Dienstvergehen erfordert unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalles die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 LDG).
Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG). Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der in dem Katalog des § 5 LDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. Dabei können die von der Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (s. zu alledem: BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 -, juris Rn. 39 f; Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 62.11 -, juris Rn. 39 f).
Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtverletzung und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 LDG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Das weitere Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 LDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden (s. hierzu im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 -, juris Rn. 71 ff; Beschluss vom 28. Juni 2010 - 2 B 84.09 -, juris Rn. 13 ff; Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 -, juris Rn. 10 ff).
Bei der Gesamtwürdigung findet der Grundsatz „in dubio pro reo“ Anwendung. Dies bedeutet, dass insbesondere bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Demgegenüber sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 a.a.O., juris Rn. 72; Urteil vom 29. Mai 2008 - 2 C 59.07 -, juris Rn. 17).
Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG ist ein aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn er das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Dies ist anzunehmen, wenn der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen seine Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen. Unter diesen Voraussetzungen muss das Beamtenverhältnis im Interesse der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Integrität des Berufsbeamtentums beendet werden (BVerfG, Beschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413.01 -, juris Rn. 29; BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 -, juris Rn. 74; Urteil vom 29. Mai 2008 - 2 C 59.07 -, juris Rn. 18). Für die insoweit gebotene objektive Bewertung (s. hierzu: BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O., juris Rn. 56) ist maßgeblich, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen, einschließlich der be- und entlastenden Umstände bekannt würde.
Hat der Beamte, wie vorliegend die Beklagte, mehrere Pflichtverletzungen begangen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der das Schwergewicht des (einheitlichen) Dienstvergehens prägenden Pflichtverletzung (BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 -, juris Rn. 67).
1. Nach diesen Maßstäben hat das Dienstvergehen der Beklagten derart erhebliches Gewicht, dass die Verhängung der Höchstmaßnahme indiziert ist.
Der ordnungsgemäße Umgang mit den einem Gerichtsvollzieher anvertrauten Akten gehört zu seinen Kernpflichten. Mit dem Kernbereich ist derjenige Pflichtenkreis eines Beamten angesprochen, der im Mittelpunkt seines konkreten Amtes im funktionellen Sinn (Dienstposten) steht (BVerfG, Beschluss vom 19. Februar 2003 a.a.O., juris Rn. 31; BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 -, juris Rn. 27). Die hier abhanden gekommenen und auch für die übrigen Pflichtverletzungen maßgeblichen Sonderakten sind von herausragender Bedeutung für die Arbeit eines Gerichtsvollziehers, weil in ihnen die Dokumente über seine Aufträge festgehalten werden (§§ 57, 62, 65 GVO 1980). Ihrer Bedeutung entsprechen die bereits genannten Aufbewahrungs-, Herausgabe- und Vernichtungspflichten, gegen welche die Beklagte verstieß. Die Beklagte hat diese Kernpflichten in besonders schwerer Weise verletzt. Sie hat die Akten unwiederbringlich dem Zugriff ihres Dienstherrn entzogen. Dies geschah zudem mit Hilfe eines Dritten, der aufgrund einer Absprache mit der Beklagten und in ihrem Einverständnis handelte. Die von der Beklagten begangene innerdienstliche Pflichtverletzung stellt sogar eine Straftat nach § 133 Abs. 1, Abs. 3 StGB dar.
Entgegen der Ansicht der Klägerin und des Verwaltungsgerichts darf allerdings eine (etwaige) Medienresonanz nicht zu Lasten der Beklagten gewertet werden. Es wäre mit dem Schuldprinzip nicht zu vereinbaren, die Schwere der Sanktionierung eines Dienstvergehens davon abhängig zu machen, ob die Medien den gegen einen Beamten erhobenen Vorwurf als so bedeutsam ansehen, dass sie darüber berichten (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O., juris Rn. 55 - 57; unklar: BVerfG, Beschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413.01 -, juris Rn. 37).
Der von der Klägerin angeführte Umstand, dass die Beklagte bis heute nicht an der Aufklärung der Fragen mitwirke, durch wen und in welcher Weise die Akten beseitigt worden seien, ist gleichfalls für die Beurteilung des Dienstvergehens unerheblich. Der Beklagten steht es nach § 21 Abs. 1 Satz 3 LDG frei, sich nicht oder nicht vollständig zur Sache zu äußern. Die Beklagte hat mit ihrem Schweigen und der im vorliegenden Verfahren schriftsätzlich aufgestellten Behauptung, niemals Kenntnis davon erhalten zu haben, was mit den Akten geschehen sei, nicht die im Strafverfahren geltenden und auf die dienstrechtliche Wahrheitspflicht im Disziplinarverfahren übertragbaren Grenzen des zulässigen Verteidigungsverhaltens (s. hierzu: BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O., juris Rn. 49 ff. m.w.N.) überschritten.
Auch die subjektiven Handlungsmerkmale lassen ein besonders schwerwiegendes Dienstvergehen erkennen. Die Beklagte hatte die Akten nach den bindenden Feststellungen des Landgerichts vorsätzlich und schuldhaft beiseiteschaffen lassen. Hierbei handelte sie - zumindest bezogen auf die Akten der noch offenen Verfahren, auf welche sich Dienstaufsichtsbeschwerden und Sachstandsanfragen bezogen - eigennützig, um die (jedenfalls) verzögerte Bearbeitung von Vollstreckungsaufträgen zu verschleiern.
2. Milderungsgründe, die es rechtfertigen könnten, von der durch die Schwere der Tat indizierten disziplinarischen Höchstmaßnahme abzusehen, greifen nicht durch.
a) Dies gilt zunächst für den anerkannten Milderungsgrund der erheblich verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB.
aa) Dem Urteil des Landgerichts P. kommt insoweit keine Bindungswirkung zu. Angesichts der unterschiedlichen Zwecke von Kriminalstrafe und Disziplinarmaßnahme erstreckt sich die Bindungswirkung des § 58 Abs. 1 LDG nicht auf diejenigen Feststellungen, die für den Strafausspruch oder das Strafmaß Bedeutung haben. Dies gilt auch für die Frage der verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB. Insoweit bleibt es Sache des erkennenden Disziplinargerichts, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzung des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfähigkeit gegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht. Das Disziplinargericht muss insoweit selbst die erforderlichen Tatsachen feststellten - was auch im Wege der Übernahme entsprechender Feststellungen der „Vorinstanz“ geschehen kann -, und die Rechtsentscheidung treffen, ob die Minderung der Schuldfähigkeit erheblich ist (BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 1 WD 2.03 -, juris Rn. 12; Urteil vom 29. Mai 2008 - 2 C 59.07 -, juris Rn. 29; Beschluss vom 1. März 2012 a.a.O., juris Rn. 13; Beschluss vom 6. September 2012 - 2 B 31.12 -, juris Rn. 6).
Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung i.S.d. § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen, wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Alkoholabhängigkeit kommt, auch wenn sie pathologischer Natur ist, hinsichtlich des Schweregrades einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB nur gleich, wenn sie entweder zu schwerwiegenden psychischen Persönlichkeitsveränderungen geführt hat oder der Betroffene die Tat im akuten Rausch begangen hat. Die an die Feststellung einer Störung im Sinne von § 20 anknüpfende Frage, ob die sich daraus ergebende Verminderung der Schuldfähigkeit „erheblich“ war, ist eine Rechtsfrage, die die Gerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierfür bedarf es, ebenso wie im Strafrecht, einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise (BVerwG, Beschluss vom 20. Oktober 2011 - 2 B 61.10 -, juris Rn. 9 f; Urteil vom 25. März 2010 a.a.O., juris Rn. 29 ff; Urteile vom 3. Mai 2007 - 2 C 30.05 und 2 C 9.06 -, juris Rn. 34 ff bzw. 30 ff).
Liegt eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten i.S.d. § 21 StGB tatsächlich vor, so ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen. Bei einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit kann die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden (BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2013 - 2 B 50.12 -, juris Rn. 10; Beschluss vom 20. Oktober 2011 a.a.O., juris Rn. 9; Urteil vom 25. März 2010 a.a.O., juris Rn. 34).
Soweit es den Tatvorwurf des Beiseite-Schaffens der Anfang März 2003 unter der Obhut der Beklagten stehenden Akten angeht, schließt sich der Senat den überzeugenden Feststellungen und der Würdigung in dem Urteil des Landgerichts P. an. Das Landgericht beurteilte die Frage einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit der Beklagten auf der Grundlage des schriftlichen, wenn auch als „vorläufig“ bezeichneten Gutachtens des von ihm beauftragten Sachverständigen vom 1. November 2007, welches ausweislich des Urteils von diesem in dem Termin vom 5. November 2007 bestätigt wurde. Anlass, an der dem Sachverständigen vorbehaltenen medizinisch-psychologischen Wertung zu zweifeln, dass die Beklagte im Tatzeitpunkt aufgrund einer schweren depressiven Erkrankung an einer anderen seelischen Abartigkeit i.S.d. § 20 StGB litt, besteht nicht. Die rechtliche Würdigung des Landgerichts zu der Frage der Erheblichkeit der durch die depressive Erkrankung eingeschränkten Steuerungsfähigkeit ist überzeugend. Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau wird hierzu in dem Urteil ausgeführt, dass Motivation und Verhalten der Beklagten im angeklagten Tatzeitraum auf die von dem Gutachter festgestellte affektive Störung zurückzuführen seien. Die Beklagte sei wegen ihrer Erkrankung nicht in der Lage gewesen, ihre häuslichen und beruflichen Aktivitäten im üblichen Maß fortzuführen, zuletzt sogar soweit es einfache Tätigkeiten wie ein berufliches Telefonat anginge. Infolge der Erkrankung und des Gefühls, von ihrem Dienstherrn allein gelassen worden zu sein, habe sie, wie ihr klar gewesen sei, die Pflichten, die ihr als Gerichtsvollzieherin oblagen, vernachlässigt. Insbesondere vor dem Hintergrund, ihre Krankheit nicht in vollem Umfang offenbaren zu wollen, sei sie zunehmend in Bedrängnis geraten. Ihr Verhalten sei ihrer massiven Verzweiflung zuzuschreiben gewesen. Aufgrund der Arbeitsbelastung, ihrer Krankheitssituation und ihrer schweren Depression habe sie sich in einer aussichtslosen Lage gesehen.
Vorliegend schließt jedoch die erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit der Beklagten i.S.d. zweiten Alternative des § 21 StGB die Verhängung der Höchstmaßnahme ausnahmsweise nicht aus. Denn es treten über das Eigengewicht der Tat hinaus weitere erschwerende Umstände hinzu, die auch nach der Wertung des Landgerichts P. bemessungsrelevant waren (s. hierzu: BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 a.a.O., juris Rn. 21 ff). Dies gilt schon wegen des außerordentlichen Umfangs der beiseite geschafften Akten. Es ging um ca. 12.000 Sonderakten mit einem geschätzten Gewicht von 833 kg und Volumen von 1,7 Kubikmetern. Selbst wenn man dies anders sähe, ist erschwerend zu berücksichtigen, dass zumindest 80 Akten noch offene Verfahren betrafen, deren Erledigung jedenfalls verzögert wurde. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, wurden deshalb Vollstreckungsgläubiger (zumindest) an der zügigen Umsetzung ihres Rechts gehindert. Die Beklagte behinderte eine zeitgerechte Vollstreckung zusätzlich dadurch, dass sie sich trotz der Aufforderungen vom 8. Mai, 8. und 10. Juli 2003 bis Anfang September 2003 weigerte, für ihren Dienstherrn verwertbare Computerdisketten zur Verfügung zu stellen oder den Zugang zu ihrem vormals dienstlich genutzten PC zu ermöglichen, damit die verloren gegangenen Sonderakten rekonstruiert werden konnten. Ihre Erkrankung stand zumindest einer - vorübergehenden - Herausgabe des PC, ggf. über ihren damaligen Verfahrensbevollmächtigten, nicht entgegen. Dass sie bei dem Termin am 29. April 2003 angeboten habe, den PC zu übergeben, wie ihr vormaliger Verfahrensbevollmächtigter vorgetragen hatte, ist unerheblich. Denn der Ermittlungsführer konnte sich zunächst mit der Aushändigung der (nach seiner Ansicht vermeintlich) fehlerfreien Disketten zufrieden geben. Angesichts dessen, dass Vollstreckungsaufträge sensible Daten zumindest des Vollstreckungsschuldners enthalten, ist weiterhin erschwerend, dass die bereits archivierten oder nach Abschluss der Vollstreckung zu archivierenden Akten nicht in einer Weise vernichtet werden konnten, die dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG) hinreichend Rechnung trägt. Nicht zuletzt dieses Verhalten führte zu einer erheblichen Gefährdung des Ansehens der Rechtspflege. Anhaltspunkte dafür, dass ihre Erkrankung die Beklagte daran gehindert hätte, die Bedeutung der Pflichtverletzung einzusehen, bestehen nicht. Vielmehr war sie nach dem Befund des im strafgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachtens in ihrer Vigilanz nicht beeinträchtigt, zeitlich, örtlich, situativ und zur Person voll orientiert und ohne Gedächtnisstörungen. Ihre Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit waren voll ausreichend, Auffassungsstörungen zeigten sich weder im konkreten noch im abstrakten Bereich. Ebenso wenig waren formale Denkstörungen festzustellen oder bestanden Anhaltspunkte für Wahnwahrnehmungen oder eine Störung der Ich-Identität. Dementsprechend führt das Landgericht P. über die Bejahung einer vorsätzlichen Tatbegehung hinaus aus, dass der Beklagten die Vernachlässigung ihrer Pflichten ebenso klar war wie der Umstand, dass die beseitigten Akten auch sie belastendes Material enthielten. Zudem wies es auf eine nicht unerhebliche kriminelle Energie hin, die sich in dem wiederholten Nichteinhalten von Übergabeterminen offenbart habe. Die Beklagte hatte nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts P. diese Termine nicht lediglich passiv verstreichen lassen, sondern teilweise mit einer wahrheitswidrigen Begründung abgesagt, wie dies insbesondere im Hinblick auf den Termin am 24. April 2003 der Fall gewesen war. Insoweit teilte sie dem Ermittlungsführer ausweislich des Protokolls vom 29. April 2003 mit, dass ihre „plötzlich erscheinende“ Erkrankung damit „zusammengehangen“ habe, dass die Akten abhanden gekommen seien.
bb) Soweit es bereits im Rahmen der Frage, ob trotz bestehender erheblich verminderter Schuldfähigkeit die Höchstmaßnahme ausgesprochen werden kann, auf die übrigen entlastenden Umstände ankommen sollte, greifen im Hinblick auf die durch das Beiseite-Schaffen der Akten begangene Pflichtverletzung weder „anerkannte“ Milderungsgründe noch sonstige mildernde Umstände (s. zu deren Berücksichtigung: BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 a.a.O., juris Rn. 21) durch.
(1) Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt keine Milderung unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass sie in einer plötzlichen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt habe.
Die Beklagte hat insoweit behauptet, ihr Bekannter sei spontan aufgetaucht, sie habe lediglich dessen Angebot angenommen, die Akten zu beseitigen. Hierbei sei sie krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, die Tragweite ihres Handelns zu überblicken. Das Landgericht hat in seinem Urteil - soweit ohne Bindungswirkung überzeugend - festgestellt, dass die Beklagte ihr Büro im Zustand alkoholischer Enthemmung und in der ernsthaften Absicht aufsuchte, ihre zuvor gescheiterten Selbstmordversuche umzusetzen. Dort sei ein Bekannter vorbeigekommen, der die Akten im Einverständnis und nach Absprache mit der Beklagten unwiederbringlich beseitigt habe. Dieses - vorsätzliche und schuldhafte - Verhalten sei „auch“ der massiven Verzweiflung der Beklagten zuzuschreiben gewesen. Sie habe aufgrund der Arbeitsbelastung, ihrer Krankheitssituation und ihrer schweren Depression keine andere Lösung gesehen als die Akten verschwinden zu lassen.
Der Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden Augenblickstat setzt eine plötzlich entstandene Versuchungssituation voraus, die geeignet ist, ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Spontaneität und Unüberlegtheit herbeizuführen, so dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Hierbei steht es der Annahme der Spontaneität des Tatentschlusses nicht entgegen, dass dieser konsequent, überlegt und planvoll ausgeführt wird. Die besondere Versuchungssituation kann sich zum Einen aus den äußeren Umständen des Tatgeschehens - einer besonderen, nicht alltäglichen Situation oder dem Einfluss eines von außen auf die Willensbildung einwirkenden Ereignisses - ergeben, zum Anderen aus einer seelischen Zwangslage. Letzteres kann dann der Fall sein, wenn es vor dem Hintergrund einer langjährigen krankhaften Persönlichkeitsstörung zu einer Affektkumulation gekommen ist, die zu einem Affektdurchbruch in Gestalt der Dienstpflichtverletzung geführt hat. Die Tat ist dann einmalig und persönlichkeitsfremd, wenn der Beamte bis dahin kein einschlägiges Fehlverhalten an den Tag gelegt hat. Denn nur in einem solchen Fall erscheint die Annahme begründet, dass es sich bei der durch eine spezifische Versuchungssituation hervorgerufenen Kurzschlusshandlung um ein einmaliges persönlichkeitsfremdes Versagen ohne Wiederholungsgefahr gehandelt hat (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 -, juris Rn. 5 ff; Beschluss vom 1. August 2013 - 2 B 77.12 -, juris Rn. 14 ff; Urteil vom 6. Juni 2003 - 1 D 30.02 -, juris Rn. 21 ff; Urteil vom 4. Juli 2000 - 1 D 33.99 -, juris Rn. 17; Urteil vom 15. September 1999 - 1 D 38.98 -, juris Rn. 21 ff; Weiß in: GKÖD, J 975 Rn. 89 ff).
Wie auch bei den anderen Milderungsgründen müssen die Voraussetzungen einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation nicht positiv festgestellt werden. Vielmehr genügt es, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte bestehen (so ausdrücklich zu dem vorliegenden Milderungsgrund: BVerwG, Urteil vom 15. September 1999 - 1 D 38.98 -, juris Rn. 21).
Unter Zugrundelegung dieser Feststellungen und Maßstäbe greift der Milderungsgrund nicht ein.
Eine auf den äußeren Umständen des Tatgeschehens beruhende besondere Versuchungssituation bestand nicht. Dass sich die Beklagte in ihrem Büro befand, war keine ungewöhnliche, sondern eine alltägliche Situation. Der Umstand, dass ein Teil der Akten unerledigte Aufträge betraf, zu denen Dienstaufsichtsbeschwerden und Sachstandsanfragen vorlagen, ist nicht plötzlich eingetreten, sondern bestand schon seit längerer Zeit, wie auch der Beklagten bewusst war. Zudem hat die Beklagte vorgetragen, dass sie das Büro nicht zu dem Zweck aufgesucht habe, die Akten beiseite zu schaffen, und dass es ausreichend gewesen wäre, einzelne unerledigte Vollstreckungsaufträge zu beseitigen und bestimmte Zwangsvollstreckungen zu verzögern. Schließlich begründet das - nach ihren Behauptungen - spontane Auftauchen eines Bekannten und dessen Angebot, die Akten zu beseitigen, keine besondere Versuchungssituation. Denn der Einfluss eines von außen auf die Willensbildung einwirkenden Ereignisses muss dadurch gekennzeichnet sein, dass er geeignet ist, ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Spontaneität oder Unüberlegtheit hervorzurufen, etwa indem der Beamte unter Druck gesetzt wird (BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2003 a.a.O., juris Rn. 22). Das Angebot eines Bekannten, Akten anonym zu beseitigen, führt jedoch weder zu einer Drucksituation noch ist es geeignet, eine Kurzschlussreaktion auszulösen.
Unabhängig davon kann dem Vorbringen der Beklagten kein Glauben geschenkt werden, dass ihr Bekannter spontan aufgetaucht und deshalb die Versuchungssituation für sie unvorhersehbar gewesen sei. Der Kläger trägt insoweit zu Recht vor, dass zur Beseitigung einer derart großen Menge von Akten - ca. 12.000 Akten mit einem geschätzten Gesamtgewicht von mehr als 800 kg und einem Volumen von ca. 1,7 Kubikmetern - eine logistische Leistung sei, die eine vorherige Planung erfordere. Insbesondere reichte ein normaler PKW als Transportmittel nicht aus und mussten Vorkehrungen getroffen werden, um den Abtransport durchzuführen, ohne dass Mieter des Hauses dies bemerken konnten, und um den Verbringungsort zu bestimmen. Die Behauptung der Beklagten, ihr Bekannter sei plötzlich und unerwartet aufgetaucht, ist deshalb derart unrealistisch, dass ihr kein Glauben geschenkt werden kann (s. zu dem umgekehrten Fall, dass im Zweifel von einem für den Beamten günstigeren Sachverhalt auszugehen ist, wenn dieser nicht unrealistisch ist: BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2000 a.a.O., juris Rn. 17). Soweit der Feststellung in dem Urteil des Landgerichts, dass ein Bekannter vorbeigekommen sei, überhaupt als Bestandteil des objektiven oder subjektiven Tatbestandes Bindungswirkung zukommt, steht eine vorherige Verabredung zwischen der Beklagten und ihrem Bekannten dieser Feststellung nicht entgegen. Ebenso wenig ist eine vorherige Verabredung der Tat durch die in dem Urteil festgehaltene ernsthafte Absicht der Beklagten ausgeschlossen, zuvor gescheiterte Selbstmordversuche umzusetzen. Denn diese Motivation könnte durch das Beiseite-Schaffen der Akten, dessen Rechtswidrigkeit der Beklagten klar war, höchstens noch verstärkt worden sein. Die Berücksichtigung einer vor Tatbegehung getroffenen Verabredung steht auch nicht im Widerspruch zu der aufgezeigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge eine konsequente, überlegte und planvolle Ausführung der Tat die für das Vorliegen einer besonderen Versuchungssituation erforderlichen Spontaneität nicht ausschließt.
Ist nach alledem davon auszugehen, dass die Beklagte die Tat mit ihrem Bekannten zuvor geplant hatte, so scheidet eine besondere Versuchungssituation auch unter dem Gesichtspunkt eines Affektdurchbruchs aus. Im Ergebnis nichts anderes gilt indes, wenn die Tat nicht verabredet gewesen wäre.
Zwar wäre dann nach dem Grundsatz in dubio pro reo eine besondere Versuchungssituation aufgrund einer psychischen Übersprungshandlung zu bejahen. Eine solche Situation ist dann anzunehmen, wenn sich eine psychische Vorbelastung eines Beamten zum Zeitpunkt des Dienstvergehens zu einer seelischen Zwangslage verdichtet, die vor dem Hintergrund der obwaltenden Umstände in der spontan ausgeführten Tat ihren Ausdruck findet (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 a.a.O., juris Rn. 11). Die Beklagte war durch ihre depressive Erkrankung psychisch vorbelastet und nach den insoweit überzeugenden Feststellungen des Landgerichts alkoholisiert. Sie befand sich zum Zeitpunkt des Dienstvergehens in einer seelischen Zwangslage, sie sah keine andere Lösung, als die Akten verschwinden zu lassen, die Tat war ihrer massiven Verzweiflung zuzuschreiben. Unter diesen Umständen hätte - bei fehlender Verabredung mit ihrem Bekannten - von der Beklagten ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden können (s. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 a.a.O., juris Rn. 6; Beschluss vom 1. August 2013 a.a.O., juris Rn. 14, 15).
Jedoch fehlt es jedenfalls an einem einmaligen und persönlichkeitsfremden Verhalten. Die Beklagte hatte sich auch vor dem Beiseite-Schaffen der Akten nicht tadelfrei verhalten, sondern einschlägiges Fehlverhalten an den Tag gelegt. Dies gilt selbst dann, wenn die weiteren Pflichtverstöße, auf welche die Disziplinarklage gestützt wird, wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit des Dienstvergehens insoweit außer Acht gelassen werden (s. zu dieser Ansicht: Weiß in: GKÖD, J 975, Rn. 97).
Hierbei können allerdings die den bindenden Feststellungen des Landgerichts widersprechenden Schilderungen der Beklagten während des Übergabetermins am 29. April 2003 ein einschlägiges Fehlverhalten nicht begründen. Da die Beklagte hierdurch nicht wider besseres Wissen Dritte diffamiert oder sonst vorsätzlich gegen Strafbestimmungen verstoßen hat (s. hierzu: BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O., juris Rn. 53), stellt diese Verschleierung der Art und Weise der Tatbegehung ein zulässiges Verteidigungsverhalten dar, das nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden darf.
Vorzuhalten ist der Beklagten jedoch, dass sie ihrer Pflicht zu einer ordnungsgemäßen Handhabung von (jedenfalls) Sonderakten bereits vor dem Anfang März 2003 begangenen Beiseite-Schaffen der Akten in erheblichem Umfang nicht nachgekommen war.
Sie ließ, wie das Landgericht in seinem Urteil zutreffend feststellte, bereits vor der Aufforderung vom 7. März 2003, die noch vorhandenen Akten herauszugeben, zahlreiche im Jahr 2003 vorgesehene Übergabetermine teilweise mit vorgeschobenen Gründen - wie die Beklagte jedenfalls hinsichtlich des für den 24. April 2003 vorgesehenen Termins selbst einräumte - verstreichen. Dass sie zu der Übergabe aller noch vorhandenen Akten trotz ihrer bereits bestehenden Erkrankung mit Hilfe eines Dritten, ggf. auch unter Einschalten ihres damaligen Verfahrensbevollmächtigten in der Lage gewesen wäre, wurde bereits ausgeführt.
Auch der bereits im Frühjahr 2002, und zwar mit Verfügungen des Direktors des Amtsgerichts B. vom 29. Mai und 5. Juni 2002, geäußerten Bitte, acht Disziplinarvorwürfe betreffende Sonderakten vorzulegen, war die Beklagte zunächst nicht und sodann erst nach In-Ausicht-Stellen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach § 27 Abs. 1 Satz 2 LDG Mitte September 2002 nachgekommen. In dieser Hinsicht ist gleichfalls nicht erkennbar, dass die Beklagte hierzu wegen ihrer Erkrankung, die seit dem 12. Juni 2002 zur Bescheinigung ihrer Dienstunfähigkeit geführt hatte, nicht in der Lage gewesen wäre. Es ging lediglich um acht Sonderakten, die - wie die Beklagte selbst vorschlug - ihre Bürokraft hätte aussondern und die - wie dies nach dem Vermerk des Ermittlungsführers vom 21. August 2002 später auch geschehen ist - mittels eines Boten hätten herausgegeben werden können. Zudem war die Beklagte - ausweislich des Schreibens vom 16. September 2002 - trotz ihrer Erkrankung in der Lage, im September 2002 einen Verfahrensbevollmächtigten ausfindig und mit den Umständen des Falles vertraut zu machen. Dann hätte sie aber auch acht Sonderakten zumindest in der vorgenannten Weise ihrem Dienstherrn übergeben können. Schließlich war sie auch in der Lage, im Nachgang zu der Absprache vom 25. September 2002 Akten an den Gerichtsvollzieher V. herauszugeben.
Zudem ergibt sich aus den Geschäftsprüfungen seit 1999, dass (u.a.) die Führung von Sonderakten durch die Beklagte zu beanstanden war. So wurden bereits aufgrund der Prüfprotokolle vom 3. Juni 1999 - in welchen u.a. festgehalten worden war, dass Sonderakten nicht umgehend vorgelegt werden konnten und das Datum der Erledigung nicht vermerkt worden sei - und der entsprechenden Stellungnahme der Beklagten vom 3. Oktober 1999 ausweislich des Schreibens des Direktors des Amtsgerichts B. vom 12. Oktober 1999 dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen angedroht, von denen jedoch nach einem pflichtenmahnenden Gespräch abgesehen wurde. In dem Prüfprotokoll vom 28. September 1999 wird u.a. beanstandet, dass Akten verspätet abgeholt wurden, Kostenrechnungen kein Datum aufwiesen und eine unzulässige Neueintragung vorgenommen wurde. Bei der Prüfung vom 28. Juni 2000 wurde (u.a.) von der Beklagten insoweit gleichfalls unbestritten beanstandet, dass Akten nicht rechtzeitig vorgelegt werden konnten, Zustellnachweise und Nachweise für den Kostenansatz in den Akten fehlten, Akten erneut nicht rechtzeitig abgeholt oder angelegt wurden, ein EV-Protokoll kein Datum aufwies. Bei der Prüfung vom 22. Januar 2001 wurde u.a. bemängelt, dass einer DR II-Akte nicht habe entnommen werden können, dass ein Termin zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung bestimmt und der Schuldner geladen wurde, ebensowenig dass - wie die Beklagte in ihrer Stellungnahme mitteilte - der Schuldner unaufgefordert in ihrem Geschäftszimmer erschienen sei. Nach den Protokollen vom 9. April 2001 und 22. November 2001 wurden Akten weiterhin teilweise erst mit Verzögerung registriert. In dem Protokoll der zuletzt, und zwar am 12. März 2002, durchgeführten Prüfung wurde festgehalten, die Beklagte habe zu Beginn der Prüfung mitgeteilt, dass ihr PC Ende 2001 für vier Wochen ausgefallen sei. Deshalb seien keine Buchungen erfolgt.
Schließlich liegt ein weiteres einschlägiges, von der Disziplinarklage nicht umfasstes Fehlverhalten der Beklagten darin, dass sie die dringend zur Erfassung der abhanden gekommenen Akten erforderlichen Computerdisketten erst gut vier Monate nach der Entdeckung der Tat in einem fehlerfreien Zustand herausgab bzw. nicht umgehend nach der Mitteilung eines Diskettenfehlers ihren dienstlich genutzten Computer zur Verfügung stellte.
(2) Der Milderungsgrund des Handelns in einer psychischen Ausnahmesituation scheidet deshalb von vornherein aus, weil die von der Beklagten geltend gemachte Situation auf einer langandauernden psychischen Vorbelastung (s. hierzu: BVerwG, Urteil vom 15. September 1999 a.a.O., juris Rn. 25) beruhte - wie sich auch aus dem im Strafverfahren eingeholten Sachverständigengutachten ergibt und die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals verdeutlicht hat -, und nicht durch ein plötzliches, unvorhergesehenes Ereignis ein seelischer Schock ausgelöst worden war, der für den Pflichtverstoß zumindest mitursächlich war (s. hierzu: BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 C 30.05 -, juris Rn. 38).
(3) Für ein Eingreifen des für Zugriffsdelikte entwickelten Milderungsgrundes des Handelns in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage bestehen keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte. Voraussetzung ist neben einem zeitlich begrenzten Fehlverhalten, dass der Beamte dienstlich anvertraute Gelder zur Milderung oder Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage, einschließlich der Tilgung von Verbindlichkeiten nutzte, deren Nichterfüllung den Beamten von den für den notwendigen Lebensbedarf erforderlichen Leistungen abgeschnitten hat (BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 a.a.O., juris Rn. 74; Urteil vom 6. Juni 2003 - 1 D 30.02 -, juris Rn.25; Weiß in: GKÖD, J 975 Rn. 99 ff). Jedenfalls letztgenannte Voraussetzung liegt nicht vor, so dass es auf die bis heute erheblichen Darlehnsverbindlichkeiten der Beklagten insoweit nicht ankommt. Es fehlte der Beklagten an jeglichem Streben, sich materiell bereichern zu wollen.
(4) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann das Bestehen einer negativen Lebensphase während des Tatzeitraumes je nach den Umständen des Einzelfalles mildernd berücksichtigt werden. Dies gilt allerdings nur für außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass er die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 a.a.O., juris Rn. 29; Beschluss vom 23. Februar 2012 - 2 B 143.11 -, juris Rn. 17; Urteil vom 27. Januar 2011 - 2 A 5.09 -, juris Rn. 39; Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 -, juris Rn. 36; Urteil vom 23. August 1988 - 1 D 136.87 -, juris Rn. 31; Urteil vom 18. April 1979 - 1 D 39.78 -, juris Rn. 12 ff).
Wie bereits angeführt, war die Beklagte bei dem Beiseite-Schaffen der Akten wegen ihrer Arbeitsbelastung und ihrer depressiven Erkrankung (s. zur Berücksichtigung dieses Umstandes: BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O., juris Rn. 36) zutiefst verzweifelt und fühlte sich in einer ausweglosen Lage. Der bei ihr aufgelaufene Rückstand an Erledigungen, welcher zu dieser Situation beigetragen hatte, beruhte darüber hinaus auf ihrer krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit bzw. Einschränkung ihrer Dienstfähigkeit in den Jahren 2001 (67 Arbeitstage) und 2002 (147 Arbeitstage) sowie auf dem Umstand, dass die Beklagte seit der Trennung von dem Kindesvater - unabhängig von dem genauen Zeitpunkt - als alleinerziehende berufstätige Mutter ihre 1997 geborene Tochter zu betreuen hatte (s. zur Betreuung eines Kleinkindes durch eine alleinerziehende berufstätige Mutter: BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2011 a.a.O., juris Rn. 39). Es bestehen auch konkrete Anhaltspunkte, dass die Beklagte unter Erfolgsdruck stand, weil sie seit Beginn ihrer Ernennung zur Gerichtsvollzieherin erhebliche Kreditverbindlichkeiten hatte, die im Jahre 2003 auf 330.000 Euro angestiegen waren (s. zur Berücksichtigung von wirtschaftlichen Schwierigkeiten: BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 2012 a.a.O., juris Rn. 17). All dies hatte zu ihrer psychischen Verfassung im Tatzeitpunkt beigetragen.
Jedoch sind die wirtschaftlichen Schwierigkeiten auch gegenwärtig nicht vollständig überwunden, wie die Aufstellung der Beklagten vom 26. Juni 2008, die zu einem Absehen von dem Einbehalt von Dienstbezügen führte, sowie ihre Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat belegen. Gleiches gilt für die depressive Erkrankung der Beklagten. Sie hat im Gleichstellungsverfahren nach § 2 Abs. 3 SGB IX zwei ärztliche Atteste vorgelegt, denen zufolge ihre - ausweislich des von dem Landgericht P. eingeholten Gutachtens - jedenfalls seit dem Jahr 2002 anhaltende psychische Erkrankung dazu führte, dass sie wegen einer wiederholten schweren und noch im Jahr 2011 „z.Z.“ mittelgradigen Depression sowie verschiedener psychosomatischer Beschwerden nicht „regulär arbeitsfähig“ und „voll belastbar“ war. Diese Bescheinigungen waren und sind Grundlage der Gleichstellung der Beklagten mit einem schwerbehinderten Menschen, auf welche sich die Beklagte bis heute beruft. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat teilte die Beklagte ergänzend mit, dass sie zur „Rückfallprophylaxe“ und weil sie viele Dinge noch nicht verstehe, weiterhin, und zwar bei einem psychologischen Psychotherapeuten, in Behandlung sei.
Allerdings ist die Arbeitsbelastung der Gerichtsvollzieher zwischenzeitlich zurückgegangen, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung klarstellte. Auch ist die Krebserkrankung, an welcher die Beklagte nach der Stellungnahme ihres Verfahrensbevollmächtigten im Disziplinarverfahren vom 1. September 2003 sowie ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Jahr 2001 gelitten hatte, nach der im Disziplinarverfahren abgegebenen Stellungnahme ihres vormaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 1. September 2003 überwunden. Schließlich bedarf die - mittlerweile fast volljährige - Tochter der Beklagten ihrer täglichen Betreuung nicht mehr, da sie seit 2013 bei ihrem Vater lebt. Auch in Anbetracht dieser Umstände ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit eines Gerichtsvollziehers anspruchsvoll und nicht selten von eiligen Vollstreckungsaufträgen gekennzeichnet ist. Es bedarf daher einer stabilen psychischen Verfassung, um diese selbständige Tätigkeit ordnungsgemäß ausüben zu können. In einer solchen, einen Rückfall in einen Zustand verminderter Steuerungsfähigkeit (jedenfalls) mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließenden Verfassung befindet sich die Beklagte nach Aktenlage und ihren Bekundungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht. Sie räumt vielmehr selbst ein, zur „Rückfallprophylaxe“ weiterhin in psychologischer Behandlung zu sein, und meint, dass es ihr nicht „gut tun“ würde, wenn sie wieder als Gerichtsvollzieherin tätig werden würde.
(5) Entlastend wirkt jedoch, dass die Beklagte nach Aktenlage, insbesondere dem Vermerk des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. März 2008, im Zeitraum der strafrechtlich abgeurteilten Tat arbeitsmäßig überlastet war (s. zu diesem als von einem Mitverschulden zu unterscheidenden Milderungsgrund: BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2011 - 2 WD 20.08 -, juris Rn. 38). Da nach den Einlassungen des Gerichtsvollziehers H., der bis zum 1. November 2002 geschäftsplanmäßiger Vertreter der Beklagten war, im Strafverfahren vom 7. August 2003 und 9. Januar 2007 sowie der Zeugenaussage der damaligen Geschäftsleiterin des Amtsgerichts B. vom 2. Februar 2007 die Krankheitsvertretung regelmäßig nur Eilsachen betraf, hatte die Beklagte nach dem bereits genannten Vermerk des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. März 2008 teilweise das 1 ½-fache eines normalen Pensums zu erledigen. Zudem war sie nach der strafverfahrensrechtlichen Zeugenaussage vom 23. Februar 2007 der Prüfbeamtin M. im Strafverfahren eine Zeitlang mit besonders aufwändigen Räumungsklagen belastet gewesen.
Allerdings wurde die Beklagte - anders als es in dem insoweit nicht bindenden Urteil des Landgerichts heißt - über die normale Krankheitsvertretung hinaus deutlich entlastet, nachdem sie mit Schreiben vom 16. September 2002 ihren bevorstehenden Klinikaufenthalt angezeigt hatte und deshalb Akten auf den Gerichtsvollzieher V. „umverteilt“ wurden. Das Landgericht führt selbst an, dass die Beklagte nach der - so das Landgericht - „Aufforderung“ vom 25. September 2002 Akten zum 1. November 2002 an den Gerichtsvollzieher V. herausgeben sollte. Diese Aktenübergabe fand auch statt und umfasste nach den im Tatbestand im Einzelnen aufgeführten Erkenntnismitteln eine nicht unerhebliche Anzahl von Aufträgen in allen Bearbeitungsstadien.
Eine über die normale Krankheitsvertretung hinausgehende Entlastung der Beklagten ergibt sich auch aus den Überlastungsanzeigen der Gerichtsvollzieher betreffenden Vorgängen. Nach dem Schreiben des Direktors des Amtsgerichts B. vom 3. Februar 2000, mit welchem dieser auf die Überlastungsanzeige der Beklagten vom 28. Januar 2000 reagierte, sowie nach dem Protokoll über die am 13. Dezember 2000 durchgeführte Beratung mit den Gerichtsvollziehern, welcher die weitere Überlastungsanzeige der Beklagten vom 26. November 2000 vorausgegangen war, übernahm der damalige geschäftsplanmäßige Vertreter H. Verfahren der Beklagten, einschließlich Räumungsaufträge, um diese zu entlasten. Ausweislich des vorgenannten Protokolls war eine solche Entlastung während des damaligen Zeitraumes auch üblich.
Die vorstehende Arbeitsentlastung der Beklagten ändert jedoch nichts daran, dass ihr Dienstherr wegen der hohen Anzahl der von ihr zu erledigenden Verfahren aufgrund seiner Fürsorgepflicht gehalten gewesen wäre, darüber hinausgehende Maßnahmen zu ergreifen, die zu einem deutlichen Rückgang des Pensums geführt hätten. Allerdings war der Direktor des Amtsgerichts B.- anders als es das landgerichtliche Urteil nahelegt - nicht untätig geblieben. Wie aus seinem auf die erste Überlastungsanzeige der Beklagten hin ergangenem Schreiben vom 3. Februar 2000 folgt, erwog er, die Beklagte - zusätzlich zu der Übernahme von Verfahren durch andere Gerichtsvollzieher - durch eine Änderung der Geschäftsverteilung oder Hilfe aus anderen Gerichtsbezirken zu entlasten. Da er sich hierzu angesichts der landesweit bestehenden Überlastungssituation nicht in der Lage sah, kündigte er an, den Präsidenten des Landgerichts auf die Notwendigkeit einer Abhilfe im gesamten Gerichtsvollzieherbezirk hinzuweisen. Aus dem Protokoll über die kurz nach der zweiten Überlastungsanzeige der Beklagten durchgeführte Beratung der Gerichtsvollzieher vom 13. Dezember 2000 ergibt sich zudem, dass der Amtsgerichtsdirektor sich auch an den Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts wenden wollte, um auf die Notwendigkeit eines Einsatzes (jedenfalls) eines weiteren, zehnten Gerichtsvollziehers zu drängen, wie dies nach dem Vermerk des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. September 2008 in der Folgezeit auch geschah.
Vor allem jedoch bestanden für den Präsidenten des Amtsgerichts B. vor der Anzeige des Klinikaufenthalts vom 16. September 2002 keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass die Beklagte sich in einer krankheitsbedingten Überforderungssituation befand, die ein sofortiges Eingreifen zwingend erfordert hätte (s. zur „Überforderungssituation“ als einen für den Milderungsgrund des Mitverschuldens erforderlichen Gesichtspunkt: BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 2 WD 12.13 -, juris Rn. 43; Urteil vom 13. Januar 2011 a.a.O., juris Rn. 37; Urteil vom 25. August 2009 a.a.O., juris Rn. 75; Urteil vom 13. Februar 2008 - 2 WD 9.07 -, juris Rn. 53; Urteil vom 13. März 2003 - 1 WD 4.03 -, juris Rn. 13). Nach dem vorgenannten Protokoll vom 13. Dezember 2000 sowie der gleichfalls mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 13. April 2011 übersandten Übersicht über die Eingänge und Erledigungen der Gerichtsvollzieher im Bezirk des Amtsgerichts B. für November 2000 ergibt sich, dass neben der Beklagten noch weitere Gerichtsvollzieher erhebliche Rückstände aufwiesen, die teilweise über denen der Beklagten lagen. Die Beklagte war auch erst ab Mitte 2001 in nennenswertem Umfang wegen Krankheit dienstunfähig. Eine längere Krankheitsphase (16. Juni bis 3. August) folgte erst auf den Klinikaufenthalt vom 7. bis 15. Juni 2001, welcher nach den eingereichten Attesten wegen eines gynäkologischen Leidens erforderlich war. Es war nicht erkennbar, dass es sich hierbei um ein nach den insoweit nicht bindenden Feststellungen des Landgerichts seit 1999 bestehendes schwerwiegendes Krebsleiden handelte. Der Begriff „gynäkologisches Leiden“ besagt dies nicht. Der wegen desselben Leidens für den Zeitraum 23. bis 26. November 1999 bescheinigte Klinikaufenthalt umfasste - ebenso wie derjenige des Jahres 2001 - nur wenige Tage. Auch lag es wegen des zwischen beiden Krankenhausaufenthalten liegenden Zeitraumes nicht nahe, dass es sich um dasselbe Leiden handelte. So teilte auch der vormalige Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten in seiner Stellungnahme zu den Ermittlungsergebnissen des Disziplinarverfahrens vom 1. September 2003 mit, dass „lediglich“ im Jahre 2001 eine schwere Erkrankung diagnostiziert worden sei, die zudem „später“ habe ausgeschlossen werden können. Die Beklagte bestätigte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass sie sich nur im Jahr 2001 wegen eines Krebsleidens einer gynäkologischen Operation unterzogen habe. Nach dem 3. August 2001 sind bis zum 12. Juni 2002 lediglich einige kurzfristige Erkrankungen zu verzeichnen. Anhaltspunkte dafür, dass die ab dem 12. Juni 2002 bestehende Erkrankung auf eine depressive Störung zurückzuführen war, die zu einer langfristigen Dienstunfähigkeit führen würde, bestanden erstmals aufgrund der Mitteilung der Beklagten vom 16. September 2002 über den ab 2. Oktober 2002 bevorstehenden Klinikaufenthalt und der am 21. November 2002 zu den Akten gelangten Aufenthaltsbescheinigung, aus welcher sich Hinweise auf eine psychische Erkrankung ergaben. Auf die Mitteilung vom 16. September 2002 reagierte der Präsident des Amtsgerichts B. indes umgehend, indem er die dargelegte, über eine reguläre Krankheitsvertretung hinausgehende Entlastung veranlasste. Angesichts dessen kann sich die Beklagte nicht mit dem Einwand entlasten, der Direktor des Amtsgerichts B. habe sie unter Druck gesetzt.
Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass es bei dieser Sachlage der Beklagten oblegen hätte, bereits vor dem 16. September 2002 ihren Dienstherrn auf ihre schwerwiegenden Erkrankungen aufmerksam zu machen, um mit diesem eine Lösung zu suchen, etwa in Form einer längerfristigen spürbaren Entlastung durch andere Gerichtsvollzieher. Anders als die Beklagte einwendet, wäre dies im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit auch ohne Nennung des Grundes der Erkrankung möglich gewesen. Zudem hätte sich die Beklagte an einen Amtsarzt wenden können und diesem die Gründe mit der Bitte um Vertraulichkeit mitteilen können. Die Beklagte erstattete jedoch nicht einmal Überlastungsanzeigen, aus denen sich eine Überforderungssituation hätte ergeben können, die die Erforderlichkeit eines weitergehenden Einschreitens ihres Dienstherrn hätte erkennbar machen können. Lediglich im Jahre 2000 gingen zwei Überlastungsanzeigen ein, nicht jedoch Ende 2001 oder im Jahre 2002, als sich nach ihrem Vorbringen im Disziplinarverfahren vom 1. September 2003 und dem in dem von dem Landgericht eingeholten Gutachten genannten Bericht des sie vormals behandelnden Arztes vom 30. August 2002 ihre psychische Überlastung bzw. ihre depressive Störung abzeichnete. Weshalb ihr dies nicht möglich gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Die Klägerin war in der Lage, ihre Situation einzuschätzen und suchte deshalb einen Arzt auf, der sie ambulant behandelte. Zudem räumte sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ein, dass ihre psychische Erkrankung über Jahre hinweg ein schleichender Prozess gewesen sei, während dessen sie bemerkt habe, dass sie nicht mehr so belastungsfähig gewesen sei. Sie hätte daher zumindest mit Hilfe der sie behandelnden Ärzte vor Zuspitzung ihrer Rückstände Überlastungsanzeigen stellen können, die ihrem Dienstherrn eine Einschätzung ihrer Lage ermöglicht hätten. Dies war jedoch nicht einmal im Hinblick auf die im Jahr 2000 gestellten Überlastungsanzeigen der Fall. Diese unter dem 28. Januar und 26. November 2000 verfassten Schreiben weisen nicht auf eine dauerhafte erhebliche Erkrankung hin. Vielmehr geht aus ihnen hervor, dass die Beklagte sich - wenn auch über einen längeren Zeitraum - in der Lage sah, ihre Rückstände abzubauen.
Nach alledem ist die Arbeitsüberlastung der Beklagten sowie das Fehlen einer nennenswerten Entlastung durch ihren Dienstherrn zwar zu berücksichtigen, kann jedoch nicht zu einer durchgreifenden Milderung der gebotenen Disziplinarmaßnahme führen.
(6) Zu Gunsten der Beklagten wirkt sich aus, dass sie disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist und nach der Tat bei dem Amtsgericht P. eingesetzt wurde, wenngleich nicht als Gerichtsvollzieherin.
Im Ergebnis liegt allerdings auch unter Berücksichtigung der sonstigen entlastenden Umstände eine Ausnahme von dem Regelfall vor, dass bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit i.S.d. § 21 StGB die Verhängung der Höchstmaßnahme nicht mehr in Betracht kommt. Die über das Eigengewicht der Tat hinausgehenden erschwerenden Umstände, die eine akute Gefährdung des Vertrauens in eine ordnungsgemäße Rechtspflege sowie des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung einer Vielzahl unbeteiligter Dritter begründen, überwiegen deutlich. Lediglich das Fehlen einer disziplinarrechtlichen Vorbelastung sowie ihr Einsatz bei dem Amtsgericht P. können uneingeschränkt zu Gunsten der Beklagten gewertet werden. Der Gesichtspunkt des Handelns in einer überwundenen negativen Lebensphase kann indes, wenn überhaupt, nur in geringem Umfang entlastend wirken, insbesondere weil die Beklagte ihre depressive Erkrankung noch nicht vollständig überwunden hat. Auch die Arbeitsüberlastung der Beklagten und das Fehlen einer nennenswerten Entlastung können nicht zu einer durchgreifenden Milderung der gebotenen Disziplinarmaßnahme führen. Die Beklagte wurde in gewissem Umfang über eine reguläre Krankheitsvertretung hinaus entlastet. Ihr war zudem vor ihrer Ernennung die außergewöhnliche Belastung von Gerichtsvollziehern im Land Brandenburg und in dem Bezirk des Amtsgerichts B. bekannt. Ihre depressive Erkrankung beruhte auf einer langjährigen Krankheitsgeschichte, die Beklagte hatte den hierauf beruhenden Rückgang ihrer Belastungsfähigkeit bemerkt, ohne hieraus rechtzeitig Schlussfolgerungen zu ziehen. Wie ausgeführt, war die Schwere ihrer Erkrankungen für ihren Dienstherrn zumindest bis Mitte September 2002 nicht hinreichend erkennbar und trug die Beklagte auch nicht im Rahmen des ihr Möglichen zu einer entsprechenden Aufklärung bei.
b) Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass auch bei von der vorstehenden Prüfung eines Ausnahmefalles losgelöster Würdigung „anerkannter“ Milderungsgründe sowie sonstiger mildernder Umstände in Bezug auf die das Dienstvergehen prägende Pflichtverletzung, das Beiseite-Schaffen der ca. 12.000 Sonderakten, die durch die Schwere der Tat begründete Indizwirkung nicht entkräftet ist.
3. Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände gebietet die prognostische Gesamtwürdigung die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Hierbei kann eine Würdigung der Tatvorwürfe, die noch vorhandenen Akten trotz der Aufforderung vom 7. März 2003 nicht herausgegeben zu haben, sowie archivierte Akten in einem unverschlossenen Raum aufbewahrt zu haben, offen bleiben. Denn die Beklagte erfüllt schon wegen der das Dienstvergehen prägenden Pflichtverletzung, der Beseitigung von ca. 12.000 Sonderakten, die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG. Dies ergibt sich daraus, dass den genannten mildernden Umständen ein besonders schwerwiegender vorsätzlicher und über das Eigengewicht der Tat hinausgehender Verstoß gegen Kernpflichten eines Gerichtsvollziehers gegenübersteht. Indem die Beklagte Sonderakten unwiederbringlich beiseiteschaffen ließ, die für die Gläubiger und Schuldner von herausragender Bedeutung waren und sensible Daten enthielten, erschütterte sie in besonderem Maße das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Rechtspflege und verletzte das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Dies geschah wegen des Umfanges der abhanden gekommenen Akten und der eigennützigen Motivation der Beklagten in einem Ausmaß, das auch in Ansehung der entlastenden Umstände zu einer nicht wiedergutzumachenden Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums und damit zu einem endgültigen Vertrauensverlust führt.
Aus diesen Gründen lässt sich der Verbleib der Beklagten im Beamtenverhältnis auch nicht auf der Grundlage des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK mit einer unangemessen langen Verfahrensdauer rechtfertigen. Ein von dem Beamten zerstörtes Vertrauen kann nicht durch Zeitablauf und damit auch nicht durch eine verzögerte disziplinarrechtliche Sanktionierung wegen schwerwiegender Pflichtverstöße wiederhergestellt werden (BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 -, juris Rn. 35 ff; Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O., juris Rn. 59 ff; Urteil vom 29. März 2012 a.a.O., juris Rn. 84 ff).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 Abs. 4 LDG i.V.m. § 154 Abs. 2, VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 3 LDG i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 70 LDG i.V.m. § 132 Abs. 2 VwGO oder § 127 BRRG genannten Gründe vorliegt.