Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Einstweilige Verfügung im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren;...

Einstweilige Verfügung im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren; Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Beschwerdefrist; fehlender Beschluss des Personalrats über die Einleitung des gerichtlichen Beschlussverfahrens; Geltendmachung von Rechten eines nicht mehr existenten Übergangshauptpersonalrats; Bestimmung der Mitglieder der Einigungsstelle


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 61. Fachsenat für Personalvertretungssachen Entscheidungsdatum 22.02.2011
Aktenzeichen OVG 61 PV 1.10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 95 Abs 2 PersVG BB, § 71 Abs 3 PersVG BB, § 85 Abs 2 S 2 ArbGG, §§ 233ff ZPO

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 9. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Dem steht zunächst nicht entgegen, dass sie nicht innerhalb der gem. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO maßgeblichen Notfrist von zwei Wochen (vgl. dazu Beschluss des Senats in dieser Sache vom 8. Dezember 2010) eingelegt worden ist. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 16. Juli 2010 zugestellt, die Beschwerde durch ihn am 2. August 2010 erhoben worden. Dem Antragsteller ist jedoch wegen der Versäumung der Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. §§ 233, 236 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 ZPO). Das Verwaltungsgericht hat in der Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Entscheidung dahingehend belehrt, dass die Beschwerde innerhalb der - vom Antragsteller gewahrten - Frist eines Monats beim Beschwerdegericht einzulegen sei. Dass die Versäumung der maßgeblichen zweiwöchigen Beschwerdefrist unter diesen Umständen nicht verschuldet ist, bedarf keiner weiteren Begründung.

Zu Gunsten des Antragstellers mag ferner unterstellt werden, er mache einen im Wege der einstweiligen Verfügung sicherbaren Anspruch geltend, da mit Blick auf die staatliche Justizgewährleitungspflicht (Art. 20 Abs. 3 GG) auch im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren im Einzelfall vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren und zu berücksichtigen ist, dass Beschlüsse der Einigungsstelle der Kontrolle im gerichtlichen Beschlussverfahren unterliegen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. Dezember 1990 - BVerwG 6 P 24.88 -, Juris Rn. 24). Dem entsprechend käme die vorläufige Aussetzung eines Beschlusses der Einigungsstelle im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Betracht.

Ferner dürfte der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen stehen, dass das erstinstanzliche Verfahren nicht durch den jetzigen Antragsteller eingeleitet und durchgeführt worden ist, sondern durch den Hauptpersonalrat des ehemaligen Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz sowie den damaligen Übergangshauptpersonalrat, bestehend aus dem vorgenannten Hauptpersonalrat sowie dem des ehemaligen Ministeriums für Infrastruktur und Raumordnung. Mit der Konstituierung der neuen Personalvertretungen mag das Auswechseln der Antragsteller mit Blick auf die Prozesswirtschaftlichkeit noch als sachdienlich im Sinne von § 263 ZPO anzusehen sein.

Dies hilft jedoch nicht darüber hinweg, dass der Übergangshauptpersonalrat den notwendigen Beschluss über die Einleitung des erstinstanzlichen Verfahrens nicht gefasst hatte. Leitet ein Personalrat ein Beschlussverfahren ein, bedarf es eines entsprechenden Beschlusses des Gremiums, der für jede Instanz gesondert gefasst werden muss (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - BVerwG 6 P 10.94 -, Juris Rn. 19; Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 3. Aufl., § 83 Rn. 50). Diese Entscheidung hatte hier allein der Hauptpersonalrat des ehemaligen Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz in der Sitzung vom 28. April 2010 getroffen. Jener Sitzung war der Hauptpersonalrat des ehemaligen Ministeriums für Infrastruktur und Raumordnung bewusst fern geblieben. Dieser Mangel kann vorliegend nicht mehr geheilt werden. Unabhängig davon, dass das erstinstanzliche Verfahren abgeschlossen ist (vgl. dazu Bundesverwaltungsgericht, a.a.O., Rn. 23), hat der frühere Übergangshauptpersonalrat jedenfalls auf Grund der Wahl des Hauptpersonalrats des Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz und des jetzigen Antragstellers seine Existenz verloren. Soweit Letzterer sich auf ein Recht des damaligen Übergangshauptpersonalrats stützt, wenn er rügt, dass die frühere Einigungsstelle am 3. Mai 2010 in ihrer damaligen Zusammensetzung über die Ablehnung der Mitbestimmung des Hauptpersonalrats zu den Grundsätzen der Personalplanung des Landesbetriebs Forst Brandenburg nicht hätte verhandeln und die erforderliche Zustimmung nicht hätte ersetzen dürfen, sondern neu hätte zusammengesetzt werden müssen, kann die Beschwerde daher keinen Erfolg haben.

Denkbar erscheint danach der Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung allenfalls noch mit Blick auf eine Verletzung der Rechte des Hauptpersonalrats des ehemaligen Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz. Insoweit dürfte dem Antragsteller allerdings die notwendige Antragsbefugnis fehlen. Er ist weder dessen Rechtsnachfolger noch sind Rechtsbeziehungen zwischen diesen beiden Personalvertretungen ersichtlich, auf Grund derer zumindest die Möglichkeit bestehen könnte, dass auch Rechtspositionen des Antragstellers aufgrund einer Verletzung von Rechten des Hauptpersonalrats des ehemaligen Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz missachtet worden sein könnten.

Selbst wenn man unterstellen wollte, dies stünde dem Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung nicht entgegen, scheiterte ihr Erlass indes sowohl am Fehlen eines Verfügungsgrundes als auch eines Verfügungsanspruchs.

Ein Verfügungsgrund ist gegeben, wenn ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die durch die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr ausgeglichen werden könnten (vgl. Beschluss des Senats vom 26. Februar 2009 - OVG 61 PV 1.09 -, Juris Rn. 41). Entsprechende Nachteile hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.

Es ist nicht erkennbar, dass ihm ein irreparabler Schaden entstehen könnte, sofern die Frage, ob die Einigungsstelle ordnungsgemäß besetzt war, erst im Hauptsacheverfahren geklärt werden würde. Der Antragsteller hat insoweit lediglich geltend gemacht, dass „die Ersetzung der Zustimmungsverweigerung zu den Grundsätzen der Personalplanung präjudizierend für weitere Beteiligungsrechte des Gesamtpersonalrats ist“ bzw., dass der Landesbetrieb Forst Brandenburg sich aufgrund der ersetzten Zustimmung zu den Grundsätzen der Personalplanung für berechtigt halte, „weitere mitbestimmungspflichtige Maßnahmen auf dieser Grundlage durchzuführen bzw. die Grundsätze der Personalplanung weiter zu ergänzen.“ Aus dem in diesem Zusammenhang überreichten Schreiben des Landesbetriebs vom 12. August 2010 an den zuständigen Gesamtpersonalrat ergibt sich, dass der Landesbetrieb diesen um Zustimmung zu einzelnen mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen auf der Grundlage der Grundsätze der Personalplanung gebeten hat. Abgesehen davon, dass der Gesamtpersonalrat seine Zustimmung zu diesen Maßnahmen bereits mit Beschluss vom 25. August 2010 verweigert hat und deshalb seine Befassung mit diesen Maßnahmen durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht mehr verhindert werden kann, ist nicht nachvollziehbar, inwiefern dem Antragsteller durch die Befassung des Gesamtpersonalrats mit diesen Maßnahmen ein irreparabler Schaden entstehen könnte. Auch der Umstand, dass das Einigungsstellenverfahren zu den Beteiligungsgegenständen aus dem Schreiben vom 12. August 2010 noch nicht abgeschlossen ist, lässt die Entstehung eines solchen Nachteils des Antragstellers nicht erkennen. Weder die ablehnende Entscheidung des Gesamtpersonalrats vom 25. August 2010 zu den einzelnen mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen noch eine mögliche Entscheidung der Einigungsstelle dazu stünden einer erneuten Verhandlung der Einigungsstelle zu den Grundsätzen der Personalplanung entgegen, sollte die Auffassung des Antragstellers, die Einigungsstelle sei nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, im Hauptsacheverfahren bestätigt werden.

Rechte des Antragstellers bei der Zusammensetzung der Einigungsstelle könnten allenfalls durch die Umsetzung einer nicht mehr rückgängig zu machenden einzelnen mitbestimmungspflichtigen Maßnahme gefährdet werden. Dass eine entsprechende Umsetzung bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren konkret droht, hat der Antragsteller im vorliegenden Verfahren jedoch nicht dargelegt. Insbesondere hat er keine näheren Angaben dazu gemacht, wann der Personalfragebogen zur Erhebung der Sozialdaten, für dessen Verwendung die Einigungsstelle die fehlende Zustimmung der Stufenvertretung ersetzt hat, verteilt und ausgewertet werden soll. Soweit im Verfahren zu OVG 61 PV 5.10 bekannt geworden ist, dass die Fragebögen in der ersten Novemberwoche des Jahres 2010 versandt und im Verlauf des Novembers 2010 ausgewertet werden sollten (Schriftsatz des Beteiligten zu 2. vom 22. Oktober 2010 im Verfahren zu OVG 61 PV 5.10), könnte der Erlass einer einstweiligen Verfügung dies nicht mehr verhindern.

Ein möglicher Verstoß gegen Rechte des Antragstellers durch die Zustimmung einer eventuell unzuständigen oder nicht ordnungsgemäß besetzten Einigungsstelle sowie der mögliche Nachteil, wegen der Dauer des Verfahrens in der Hauptsache ggf. über einen längeren Zeitraum hinnehmen zu müssen, dass der Landesbetrieb Forst die Grundsätze der Personalplanung für mitbestimmt hält, begründet allein keinen Verfügungsgrund (vgl. Beschluss des Senats, a.a.O., Rn. 42).

Es ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass der Schutz der Beschäftigten den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung erfordert. Es ist bereits zweifelhaft, inwieweit deren Belange zu berücksichtigen sind, da das Verfahren vor den Fachgerichten für Personalvertretungsangelegenheiten nicht dazu bestimmt ist, individuelle Rechte der Beschäftigten zu sichern, sondern dazu dient, streitige Rechtsfragen des Personalvertretungsrechts zu klären (Beschluss des Senats, a.a.O, Rn. 43). Selbst wenn man vorliegend die Interessen der Beschäftigten in die Prüfung des Vorliegens eines Verfügungsgrundes mit Rücksicht darauf einbezöge, dass der Personalrat Interessenwalter der Beschäftigten ist, wäre dieser nicht gegeben. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass für die Zeit bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren der Schutz der Beschäftigten ganz oder zum Teil unwiederbringlich vereitelt werden würde (vgl. zu diesen Voraussetzungen: Beschluss des Senats, a.a.O., Rn. 43). Er hat nicht einmal dargelegt, dass die Umsetzung einer nachteiligen Maßnahme unmittelbar bevorsteht (s.o.). Dass der Antragsteller vom Zeitpunkt der Zustellung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts an seinen Verfahrensbevollmächtigten (16. Juli 2010) bis zur Begründung der Beschwerde mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2010 gut elf Wochen hat verstreichen lassen, spricht gegen eine unmittelbar drohende Gefahr einer Rechtsverletzung.

Schließlich fehlt es am Verfügungsanspruch. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Personalvertretung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im Hauptsacheverfahren obsiegen wird (vgl. Beschluss des Senats, a.a.O., Rn. 46).

Er macht geltend, dadurch in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dass die Einigungsstelle am 3. Mai 2010 über die Ablehnung der Mitbestimmung des Hauptpersonalrats zu den Grundsätzen der Personalplanung des Landesbetriebs Forst Brandenburg verhandelt und die erforderliche Zustimmung ersetzt habe, obwohl sie in ihrer damaligen Zusammensetzung wegen der Neuordnung der Ministerien nicht mehr zuständig gewesen sei.

Mit der gerichtlichen Geltendmachung dieses Rechts aus § 71 Abs. 3 PersVG Bbg verstößt der Antragsteller gegen den auch im Personalvertretungsrecht geltenden allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben. Nach dem erstinstanzlichen Vortrag ist sein Rechtsvorgänger, der Hauptpersonalrat des ehemaligen Ministeriums für Infrastruktur und Raumordnung, der gemeinsamen Sitzung mit dem Hauptpersonalrat des ehemaligen Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz, zu der dieser für den 28. April 2010 geladen hatte, fern geblieben, um die Neubesetzung der Einigungsstelle zu verhindern. Dem entspricht es, dass der Hauptpersonalrat des ehemaligen Ministeriums für Infrastruktur und Raumordnung vor dem Verwaltungsgericht durch seine Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 4. Juni 2010 hat vortragen lassen, dass er kein Interesse habe, „dass dieses Verfahren weitergeführt wird“. Wenn der Antragsteller als sein Rechtsnachfolger nunmehr den Beteiligten zu 2. und 3. die Besetzung der Einigungsstelle anlastet und geltend macht, diese habe am 3. Mai 2010 in ihrer damaligen Zusammensetzung keinen Beschluss fassen dürfen, erscheint dies treuwidrig.

Der Antragsteller dürfte ferner durch die Entscheidung der Einigungsstelle vom 3. Mai 2010 nicht in eigenen Rechten verletzt worden sein (siehe schon oben). Nach seinen Ausführungen war zum damaligen Zeitpunkt ein seiner Auffassung nach gebildeter Übergangshauptpersonalrat für den Verhandlungsgegenstand und die Bestimmung der Mitglieder einer neu zu bildenden Einigungsstelle gem. § 71 Abs. 3 PersVG Bbg zuständig. Danach erscheint bei summarischer Prüfung allenfalls eine Verletzung der Rechte des Übergangshauptpersonalrats bzw. der diesen bildenden Hauptpersonalräte schlüssig, nicht aber eine Verletzung der Rechte des Antragstellers, der zum Zeitpunkt der Verhandlung der Einigungsstelle am 3. Mai 2010 noch nicht einmal gewählt war.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.