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Rentenwert Ost - Rentenformel


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 22. Senat Entscheidungsdatum 15.12.2011
Aktenzeichen L 22 R 688/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 254b SGB 6, § 256a SGB 6

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 08. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung einer höheren Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung unter Zugrundelegung der jeweiligen aktuellen Rentenwerte anstatt der aktuellen Rentenwerte (Ost).

Der 1953 geborene Kläger hat sein Berufsleben teils im Beitrittsgebiet, teils in den alten Bundesländern verbracht; zuletzt war er bis 31. Dezember 2005 als Kältemonteur bei einem Arbeitgeber in Potsdam tätig.

Mit Bescheid vom 19. Juni 2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach Aufgabe der knappschaftlich versicherten Beschäftigung, beginnend am 01. Februar 2006, mit einem monatlichen Zahlbetrag von zunächst 332,00 Euro, danach wegen der Anrechnung von Hinzuverdiensten, des Zusammentreffens mit einer Übergangsgeldleistung in unterschiedlicher Höhe bzw. für die Zeit vom 01. Mai 2007 bis 31. April 2008 gar keine Leistung (vgl. Anlage 1 des Rentenbescheides). Bei der Berechnung der Rente berücksichtigte die Beklagte u. a. Beiträge für Tätigkeiten im Beitrittsgebiet, wobei die dort erzielten Entgelte mit den Werten der Anlage 10 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hoch gewertet wurden (vgl. Anlage 2 des Rentenbescheides). Die Beklagte errechnete daraus für die Zeit ab 01. Februar 2006 zunächst 24,0037 persönliche Entgeltpunkte - EP - (Ost) aus der allgemeinen Rentenversicherung und 0,9684 EP (Ost) aus der knappschaftlichen Rentenversicherung (Ost); 5,0773 EP wurden aus der allgemeinen Rentenversicherung errechnet, 0,0093 EP aus der knappschaftlichen Rentenversicherung, insgesamt (Anlage 6 Seite 04 des Rentenbescheides). Zur Bestimmung des Rentenzahlbetrages sind – u. a. – die jeweiligen EP (Ost) mit dem am 01. Februar 2006 gültigen aktuellen Rentenwert (Ost) von 22,97 Euro, für die Zeit ab 01. Juli 2007 von 23,09 Euro, für die Zeit ab 01. Juli 2008 von 23,34 Euro und für die Zeit ab 01. Juli 2009 von 24,13 Euro multipliziert (vgl. Anlage 1 des Rentenbescheides). Weiter wurden Entgeltpunkte aus den in den alten Bundesländern zurückgelegten Entgelten berücksichtigt, die mit dem jeweils aktuellen Rentenwert (für die Zeit ab 01. Juni 2006: 26,13 Euro; ab 01. Juli 2007: 26,27 Euro; ab 01. Juli 2008: 26,56 Euro; ab 01. Juli 2009: 27,20 Euro; vgl. Anlage 1 des Rentenbescheides) multipliziert sind.

Der Kläger erhob Widerspruch, da seine Rente seiner Auffassung nach durchgängig nur unter Berücksichtigung des jeweiligen aktuellen Rentenwertes unter Außerachtlassung der jeweiligen aktuellen Rentenwerte (Ost) zu berechnen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Gegen den am 30. Oktober 2009 abgesandten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 30. November 2009 Klage beim Sozialgericht Neuruppin (SG) erhoben.

Er hat vorgetragen, dass er es ungerecht finde, dass der aktuelle Rentenwert bei der Berechnung der Höhe der Rente in den beiden Rentensystemen, die in der Bundesrepublik Deutschland existierten (einerseits neue Bundesländer, andererseits alte Bundesländer), verschieden hoch sei, zumal ein sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter in der Bundesrepublik Deutschland überall den gleichen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung zahle. Weil es zwei Rentensysteme in der Bundesrepublik Deutschland gebe, werde der Beitrag für die Altersversorgung der Eltern nicht mehr in deren Rentensystem gezahlt, sondern bei sozialpflichtig Beschäftigten mit Wohnsitz in den alten Bundesländern in das Rentensystem für die alten Bundesländer. Damit sei die Solidarität zwischen den Generationen nicht mehr gegeben. Würde es nur ein Rentensystem geben, wäre es egal, in welchem Bundesland der versicherungspflichtig Beschäftigte seinen Wohnsitz habe und arbeite, es würde sich nur in der Statistik des jeweiligen Bundeslandes etwas ändern. Schließlich seien seine Kinder diejenigen, die seine Rente erarbeiteten, und diese seien nun mal im Westen und nicht im Osten tätig.

Der Kläger hat beantragt,

den Rentenbescheid der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine höhere Rente unter Berücksichtigung des jeweils aktuellen Rentenwertes statt des Rentenwertes (Ost) zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Urteil des SG vom 08. Juni 2011 ist die Klage abgewiesen worden. Wegen der Einzelheiten des Urteils wird auf Bl. 78 ff. der Gerichtsakten Bezug genommen.

Gegen das ihm am 21. Juni 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06. Juli 2011 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, dass Versicherte, die in einem Bundesland mit einem aktuellen Rentenwert (Ost) lebten, benachteiligt würden, wenn ihre Kinder in einem Bundesland mit einem höheren aktuellen Rentenwert arbeiteten und auch dort ihre sozialversicherungspflichtigen Rentenbeiträge einzahlten. Es sei nicht mehr zeitgemäß, dass in einem föderalen Land mit 16 Bundesländern die sozialversicherungspflichtige Rente verschieden berechnet werde und die Rentenbeiträge gleich seien.

Der Senat entnimmt dem Vorbringen des Klägers als Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 08. Juni 2011 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2009 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm höhere Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach Aufgabe der knappschaftlich versicherten Beschäftigung zu gewähren unter Multiplikation der persönlichen Entgeltpunkte mit dem aktuellen Rentenwert anstatt mit dem aktuellen Rentenwert (Ost).

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten () Bezug genommen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis dazu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Urteil des SG vom 08. Juni 2011 und der Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach Aufgabe der knappschaftlich versicherten Beschäftigung. Denn die Beklagte hat in dem angegriffenen Bescheid in zutreffender Weise die Berechnung der Rente - auch - unter Berücksichtigung des jeweils gültigen aktuellen Rentenwerts (Ost) vorgenommen. Die Beklagte ist nach wie vor gemäß §§ 254 b Abs. 1, 255 a SGB VI verpflichtet, besondere Entgeltpunkte (Ost) mit dem aktuellen Rentenwert (Ost) und nicht mit dem aktuellen Rentenwert zu multiplizieren.

Der Wert des Rechts auf Rente (so genannter „Monatsbetrag der Rente“) bei Rentenbeginn bestimmt sich nach der Rentenformel der §§ 63 Abs. 6, 64 SGB VI als Produkt der Summe der Entgeltpunkte, dem Zugangsfaktor, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert, jeweils mit ihrem Wert bei Rentenbeginn. Die Rentenformel gilt seit der Überleitung des SGB VI zum 01. Januar 1992 auch im Beitrittsgebiet, wobei nach den übergangsrechtlichen Sonderbewertungsvorschriften „Ost“ - den §§ 254 b, 254 d und 255 a, 256 a SGB VI - besondere Entgeltpunkte (Ost) und ein besonderer aktueller Rentenwert (Ost) einzustellen sind (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2006, B 4 RA 41/04, veröffentlicht in juris). Die Vorschriften zum aktuellen Rentenwert (Ost) lauten:

§ 254 b:

(1) Bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland werden persönliche Entgeltpunkte (Ost) und ein aktueller Rentenwert (Ost) für die die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente aus Zeiten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet gebildet, die an die Stelle der persönlichen Entgeltpunkte und des aktuellen Rentenwerts treten.

(2) Liegen der Rente auch persönliche Entgeltpunkte zugrunde, die mit dem aktuellen Rentenwert zu vervielfältigen sind, sind Monatsteilbeträge zu ermitteln, deren Summe den Monatsbetrag der Rente ergibt.

§ 254 c:

Renten, denen ein aktueller Rentenwert (Ost) zugrunde liegt, werden angepasst, indem der bisherige aktuelle Rentenwert (Ost) durch den neuen aktuellen Rentenwert (Ost) ersetzt wird.

§ 255 a

(in der Fassung des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 09. Dezember 2004, BGBl. I Seite 3242, gültig vom 01. Januar 2005 bis 11. Dezember 2006):

(1) Der aktuelle Rentenwert (Ost) beträgt am 30. Juni 2005 22,97 Euro. Er verändert sich zum 01. Juli eines jeden Jahres nach dem für die Veränderung des aktuellen Rentenwertes geltenden Verfahren. Hierbei ist jeweils die für das Beitrittsgebiet ermittelte Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer maßgebend. § 68 Abs. 2 Satz 2 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die für das Beitrittsgebiet ermittelte beitragspflichtige Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer ohne Beamte einschließlich der Bezieher von Arbeitslosengeld zugrunde zu legen ist.

(2) Der aktuelle Rentenwert (Ost) ist mindestens um den Vom-Hundert-Satz anzupassen, um den der aktuelle Rentenwert angepasst wird.

(3) Abweichend von § 68 Abs. 4 werden bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Anzahl der Äquivalenzrentner und die Anzahl der der Äquivalenzbeitragszahler für das Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet und das Beitrittsgebiet getrennt gerechnet. Für die weitere Berechnung nach § 68 Abs. 4 werden die jeweiligen Ergebnisse anschließend addiert. Für die Berechnung sind die Werte für das Gesamtvolumen der Beiträge aller in der allgemeinen Rentenversicherung versicherungspflichtig Beschäftigten, der geringfügig Beschäftigten (§ 8 Viertes Buch) und der Bezieher von Arbeitslosengeld eines Kalenderjahres, das Durchschnittsentgelt nach Anlage 1, das Gesamtvolumen der Renten abzüglich erstatteter Aufwendungen für Renten und Rententeile eines Kalenderjahres und eine Regelaltersrente mit 45 Entgeltpunkten für das Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet und für das Beitrittsgebiet getrennt zu ermitteln unter Berechnung zugrunde zu legen. Im Beitrittsgebiet ist dabei als Durchschnittsentgelt für das jeweilige Kalenderjahr der Wert der Anlage 1 dividiert durch den Wert der Anlage 10 zu berücksichtigen und bei der Berechnung der Regelaltersrente mit 45 Entgeltpunkten der aktuelle Rentenwert (Ost) zugrunde zu legen.

Unter Berücksichtigung dieser Vorschriften hat die Beklagte im Bescheid vom 19. Juni 2009 für die vom Kläger im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten 24,0037 EP (Ost) aus der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) und 0,9584 EP (Ost) aus der knappschaftlichen Rentenversicherung (Ost) ermittelt und diese mit dem damals (01. Februar 2006) aktuellen Rentenwert (Ost) in Höhe von monatlich 22,97 Euro multipliziert, was einen Monatsteilbetrag von 275,68 Euro aus der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) sowie einen weiteren Monatsteilbetrag von 20,02 Euro aus der knappschaftlichen Rentenversicherung (Ost) ergab, jeweils unter Berücksichtigung eines Rentenartfaktors in Höhe von 0,5 bzw. 0,9 (§§ 67 Nr. 2, 82 Satz 1 Nr. 2 b SGB VI). Die restlichen Teilbeträge ergaben sich gemäß § 254 b Abs. 2 SGB VI unter Zugrundelegung der ermittelten Entgeltpunkte aus den im alten Bundesgebiet zurückgelegten Zeiten unter Multiplikation mit dem damals aktuellen Rentenwert in Höhe von 26,13 Euro. In dieser Form sind auch die aus der Anlage 1 des Rentenbescheides ersichtlichen weiteren Monatsteilbeträge ermittelt worden, wobei für die Zeit ab 01. Juli 2007 ein aktueller Rentenwert (Ost) von monatlich 23,09 Euro (§ 1 Abs. 2 der Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 01. Juli 2007 - Rentenwertbestimmungsverordnung 2007, BGBl. I 2007 1113), für die Zeit ab 01. Juli 2008 von monatlich 23,34 Euro (§ 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Bestimmung der aktuellen Rentenwerte ab 01. Juli 2008 - Rentenwertbestimmungsgesetz 2008, BGBl. I 2008 1076) und für die Zeit ab 01. Juli 2009 von monatlich 24,13 Euro (§ 1 Abs. 2 der Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 01. Juli 2009 - Rentenwertbestimmungsversordnung, BGBl. I 2009 1335) berücksichtigt wurde.

Dafür, dass die Beklagte die Höhe der Rente nach Maßgabe der geltenden gesetzlichen Bestimmungen rechnerisch falsch ermittelt hätte, ist weder etwas ersichtlich noch etwas vom Kläger vorgetragen worden.

Die von der Beklagten bei der Zugrundelegung des aktuellen Rentenwertes (Ost) im angegriffenen Rentenbescheid beachteten gesetzlichen Vorgaben sind nicht verfassungswidrig. Die Differenzierung nach aktuellem Rentenwert und aktuellem Rentenwert (Ost) verstößt nicht gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz und ebenso wenig gegen das (einfach-)rechtliche Angleichungsgebot des Art. 30 Abs. 5 S. 3 Einigungsvertrag.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Anwendung eines aktuellen Rentenwertes (Ost) im Urteil vom 14. März 2006 (B 4 RA 41/04 R, veröffentlicht in juris) ausgeführt (dort Rn. 20, 21, 25):

„b) Durch den "aktuellen Rentenwert" (§ 68 SGB VI) bzw den aktuellen Rentenwert (Ost)" (§ 255a SGB VI) wird erstmals der Geldwert des Rechts auf Rente bei Rentenbeginn bestimmt und seine Anpassung an die Lohn- und Gehaltsentwicklung der aktiven Beschäftigten ("Rentnerlohnprinzip") angebunden. Die "Anpassung" des aktuellen Rentenwerts (Ost) dient zur Erfüllung von zwei verschiedenen rechtlichen Vorgaben, zum einen - wie "im Westen" - der Aktualisierung des "Rentnerlohnprinzips", zum anderen des "Angleichungsgebots" des EinigVtr.

Das durch die Rentenreform 1957 eingeführte Alters- oder Rentnerlohnprinzip (dazu und zur weiteren Entwicklung: BSGE 90, 11, 16 ff, 25 f = SozR 3-2600 § 255c Nr 1 S 6 f, 16 f) hält das Rentenniveau (dynamisch) "in der Nähe" des Entgelts der aktiven Versicherten. Während der aktuelle Rentenwert bei seiner Einführung am 1. Januar 1992 an das bestehende Gehaltsniveau von 1984 anknüpfte, richtet sich der aktuelle Rentenwert (Ost) und dessen Anpassung nach den Einkommensverhältnissen im Beitrittsgebiet und deren Veränderungen (§§ 254b, 254c, 255a SGB VI). Er wurde aber anfänglich (1992) in Abhängigkeit vom aktuellen Rentenwert (§ 68 Abs 1 SGB VI) für das "alte Bundesgebiet" festgesetzt, nämlich nach dem Verhältnis, in dem eine fiktive sog verfügbare Standardrente im Beitrittsgebiet und eine solche im alten Bundesgebiet im Dezember 1991 zueinander gestanden hätten (§ 255a Abs 1 SGB VI). Er wurde danach im Grundsatz nach dem Quotient der Entwicklung der versicherten Arbeitsentgelte im Beitrittsgebiet angehoben (§ 255a Abs 2 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung des Zweiten SGB VI-Änderungsgesetzes vom 2. Mai 1996 <BGBl I 659>).

…..

Zwar werden in dem seit 1992 bundeseinheitlichen System der gesetzlichen Rentenversicherung die Vorleistungen von Versicherten zT ungleich behandelt, soweit wegen einer niedrigeren Beitragsbemessungsgrenze im Beitrittsgebiet Arbeitsverdienste nicht in gleicher Höhe wie "im Westen" versichert sind (und insoweit bei der "Hochwertung auf West-Niveau" ausfallen). Ebenso wird das Rentnerlohnprinzip ungleich ausgestaltet, weil auf das im Beitrittsgebiet niedrigere Niveau der Entgelte der aktiven Versicherten abgestellt wird. Das Gesetz differenziert insoweit jeweils materiell danach, dass die Wirtschaft im Beitrittsgebiet deutlich weniger an Roherträgen erwirtschaftet als die im "alten Bundesgebiet", also auch entsprechend weniger zur Finanzierung der aktuellen Rentner beiträgt, sodass "Beitragstransfers" und "Steuertransfers" an die Rentner im Beitrittsgebiet notwendig sind. Daher wird die (gleichgestellte) Vorleistung der Versicherten zum Rohertrag der Wirtschaft im Beitrittsgebiet niedriger bewertet; aus diesem Grunde ist auch der Durchschnitt der versicherten Arbeitsverdienste der aktiven Versicherten im Beitrittsgebiet, in dessen Nähe der "Rentnerlohn" liegen muss, ebenfalls geringer.“

Zwar hat das BSG darin eine ungleiche Ausgestaltung der subjektiven Rechte der Versicherten und Rentner und damit eine Beeinträchtigung des Rechts auf (System-)Gleichheit gesehen, dies jedoch für die Dauer des entscheidungserheblichen Zeitpunkt im Juli 2000 für gerechtfertigt gehalten. Es hat dazu ausgeführt (Rn. 27, 28 bei juris):

„Das Recht des Klägers ist nicht verletzt (dh: rechtswidrig beeinträchtigt), weil die Ungleichbehandlung (gemessen am materiellen Differenzierungskriterium des Gesetzes) auf einem vernünftigen Grund von hinreichendem Gewicht beruht (vgl BVerfGE 100, 138, 174; 101, 54, 101; 107, 218, 244). Die Sonderregelungen für EP aus im Beitrittsgebiet erbrachten Vorleistungen und diejenigen für das Rentnerlohnprinzip im Beitrittsgebiet waren im Hinblick auf den Gleichheitssatz jedenfalls am 20. Juli 2000 durch die unterschiedlichen Roherträge der Wirtschaft im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet gerechtfertigt. Die Ausgaben der Rentenversicherung werden vor allem durch die Beiträge der Arbeitgeber finanziert, die sie allein und in voller Höhe aus ihrem Privatvermögen bezahlen müssen und dafür allein mit ihrem Privatvermögen haften, auch wenn sie das abdingbare und auflösend bedingte Recht haben, sich bis zur Hälfte ihrer Beitragsschuld aus dem Arbeitslohn der Versicherten zu refinanzieren. Grundsätzlich erfüllen sie ihre Beitragsschuld, indem sie die Beiträge aus den Roherträgen ihres Unternehmens bezahlen. Entscheidend für die Finanzierung der Rentenversicherung sind daher (jedenfalls seit 1957) die Roherträge der Wirtschaftsunternehmen in Deutschland. Schwankungen nach Branchen oder Regionen sind dabei grundsätzlich unerheblich, nicht aber ein durch Kriegsfolgen bedingtes Zurückbleiben eines durch diese geprägten besonderen Wirtschaftsraums. Die gesetzlichen Unterschiede sind auf die besondere Ausnahmesituation nach der Wiedervereinigung (vor dem Hintergrund des Staatsbankrotts der DDR) und der damit - auch im Bereich der Rentenversicherung - zu bewältigenden Gesamtaufgaben des Staates zurückzuführen (vgl BVerfGE 107, 218, 243). Demnach rechtfertigt der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz als Gebot der sachgerechten Differenzierung die im Grunde systemwidrige Ungleichbehandlung zwischen der Bewertung der im Beitrittsgebiet und der im "alten Bundesgebiet" erbrachten wirtschaftlichen Vorleistung und des Maßstabs des Rentnerlohns, jedenfalls bis zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse im Bundesgebiet.

Die übergangsrechtliche Sonderbewertungsvorschrift des § 254b Abs 1 SGB VI stellt in Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sicher, dass die Teilhabeberechtigung aus Beitrittsgebietszeiten unter Wahrung des Verhältnisses der im Beitrittsgebiet versicherten Arbeitsentgelte zum Durchschnittsentgelt der dort Beschäftigten im jeweiligen Kalenderjahr gewonnen wird (EP <Ost>); ebenso wird gewährleistet, dass das Systemversprechen gemäß den aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen der versicherten Beschäftigten im Beitrittsgebiet (aktueller Rentenwert <Ost>) erfüllt wird (vgl BSG SozR 3-2600 § 256a Nr 2 S 7 f). Maßgebend für die übergangsrechtliche Sonderbewertung ist bis zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse im Bundesgebiet die Überlegung, dass der Geldwert von Renten im Beitrittsgebiet auch bei bundesgesetzlich durch Aufwertung und Hochrechnung auf "West-Niveau" gleichgestellter Vorleistung dem im übrigen Bundesgebiet geltenden Geldwert erst dann entsprechen soll, wenn (auch) die Lohn- und Gehaltssituation im Beitrittsgebiet an die im übrigen Bundesgebiet angeglichen ist (vgl BT-Drucks 12/405 S 111). Dadurch wird zum einen eine Überlastung der Arbeitgeber und der aktiven Versicherten verhindert und zum anderen gesichert, dass die Rentner "Ost" auch bis zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse an der Entwicklung der Löhne und Gehälter der aktiven Versicherten im Beitrittsgebiet nach dem Alterslohnprinzip teilhaben (vgl BSGE 90, 11, 26 = SozR 3-2600 § 255c Nr 1 S 17; dazu auch: BSG SozR 4-2600 § 93 Nr 2 RdNr 38; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - B 4 RA 27/05 R, Umdruck RdNr 71, zur Veröffentlichung vorgesehen).“

Auch in seiner Entscheidung vom 13. November 2008 (B 13 R 129/08 R, veröffentlicht in juris)wird vom BSG zwar eine fortschreitende Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen den alten Bundesländern und dem Beitrittsgebiet gesehen, aber unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur "Beamtenbesoldung Ost" vom 12.Februar 2003 (BVerfGE 107, 218, 248 ff, 250)davon ausgegangen (a.a.O., Rn. 82 in juris),

„dass sich die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse, darin eingeschlossen das allgemeine Preis- und Lohnniveau, nach wie vor in den neuen Ländern erheblich von denen in den alten Ländern unterscheiden. Es ist nicht ersichtlich, dass sich hieran seither wesentlich etwas geändert hätte, wie auch am verbliebenen Unterschied zwischen dem aktuellen Rentenwert und dem aktuellen Rentenwert (Ost) abzulesen ist (Berechnungsmethode:§ 255a Abs 1 SGB VI.“

Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Dies gilt auch insoweit, als das BSG das Angleichungsgebot des Art. 30 Abs. 5 Satz 3 des Einigungsvertrages („Im Übrigen soll die Überleitung von der Zielsetzung bestimmt sein, mit der Angleichung der Löhne und Gehälter in dem in Artikel 3 genannten Gebiet an diejenigen in den übrigen Ländern auch eine Angleichung der Renten zu verwirklichen.“) zum Zeitpunkt des 20. Juli 2000 nicht verletzt gesehen hat.

Festzustellen ist, dass das die Ungleichbehandlung rechtfertigende Differenzierungskriterium der „unterschiedlichen Roherträge der Wirtschaft im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet“nach wie vor Bestand hat und erfüllt ist. Bei dem hierzu anzustellenden Vergleich stellt der Senat dabei nicht auf den Vergleich einzelner Bundesländer untereinander ab, sondern auf die jeweiligen Durchschnittswerte aller „Alt-“Bundesländer bzw. aller „Neu-“Bundesländer. Dies entspricht der Konzeption des Gesetzgebers und ist nach wie vor verfassungsgemäß.

Die Unterschiedlichkeit der „Roherträge“ der Wirtschaft lässt sich zunächst einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE im Bundestag und der Fraktion selbst vom 13. Juli 2010 entnehmen (BT-Drucksache 17/2572, dort Seite 4). Danach haben sich die Bruttolöhne und Gehälter je Arbeitnehmer von 1991 bis 2009 für West- und Ostdeutschland so entwickelt, dass - wenn man die Bruttolöhne und Gehälter je Arbeitnehmer in Gesamtdeutschland = 100 setzt - die Bruttolöhne und Gehälter je Arbeitnehmer in Westdeutschland 1991 einen Wert von 109,8, in Ostdeutschland hingegen einen von 56,4 erreichten. Bis 2009 haben sich die Werte wie folgt verändert: Westdeutschland liegt mit 103,0 über dem gesamtdeutschen Durchschnitt, während Ostdeutschland jetzt einen Wert von 82 erreicht. Der Angleichungsprozess ist bis zum Jahr 1995 sehr dynamisch verlaufen (Ostdeutschland hatte bereits 1995 einen Wert von rund 78 erreicht, seitdem ist die Annäherung jedoch nur noch in kleinen Schritten vorangegangen; vgl. Tabelle Anlage 1 der BT-Drucksache 17/2572). Die Bruttolöhne und Gehälter je Arbeitnehmer betrugen in den alten Bundesländern 2009 je Arbeitnehmer 28 479Euro, in den neuen Bundesländern nur 22 667 Euro (vgl. Tabelle Anlage 1 der BT-Drucksache 17/2572).

Auch bei sonstigen wichtigen wirtschaftlichen Leistungsgrößen haben sich die neuen Bundesländer zwar weiter dem Niveau der alten Bundesländer angenähert, ohne es indes zu erreichen. So stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Einwohner in den neuen Bundesländern von 42,9 % im Jahr 1991 auf 73,0 % des westdeutschen Niveaus im Jahre 2009 (vgl. Tabelle 2.1 „Wichtige gesamtwirtschaftliche Daten im Ost-West-Vergleich“, auf Seite 3 der im „Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2010“, herausgegeben vom Bundesministerium des Innern, veröffentlichten „Regionaldaten“). Im „Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2010“ (herausgegeben vom Bundesministerium des Innern) – Jahresbericht 2010 – wird für den Zeitraum von 2000 bis 2008 zwar von einem „nachhaltigen Wachstumskurs“ (Seite 76) berichtet, wobei das BIP je Einwohner in den neuen Bundesländern in diesem Zeitraum um 3,7 Prozentpunkte auf knapp 71 % des westdeutschen Durchschnittsniveaus gestiegen ist; pro Kopf gerechnet hat sich das BIP zwischen 2000 und 2008 in den neuen Bundesländern um 14,5 %, in den Alt-Bundesländern dagegen nur um 9,2 % erhöht. 2009 ist das BIP je Einwohner infolge der schwächeren Betroffenheit Ostdeutschlands durch die Wirtschafts- und Währungskrise auf 73 % des westdeutschen Niveaus gestiegen (Seite 76); es betrug je Einwohner in den neuen Bundesländern im Jahre 2009 22 702,00 Euro und in den alten Bundesländern 31 086,00 Euro (vgl. Tabelle 2.1 „Wichtige gesamtwirtschaftliche Daten im Ost-West-Vergleich“, auf Seite 3 der im Jahresbericht 2010 veröffentlichten „Regionaldaten“). Auch die Vergleichsdaten (zitiert nach der Tabelle 3 Seite 77 des „Jahresberichts 2010“) für die Entwicklung der Produktivität (in Ostdeutschland im Jahre 2000 76 % des westdeutschen Niveaus, im Jahre 2009 81 % des westdeutschen Niveaus), der Bruttowertschöpfung des verarbeitenden Gewerbes pro Erwerbstätigem (im Jahre 2000 72 % des westdeutschen Niveaus, 85 % des westdeutschen Niveaus in 2009), der Exportquote (im Jahre 2000 56 %, in 2009 73 % des westdeutschen Niveaus), der Selbständigenquote (84 % des westdeutschen Niveaus in 2000, 106 % im Jahr 2009) oder des Kapitalstocks pro Beschäftigtem (für das Jahr 2000 78 % des westdeutschen Niveaus, 85 % im Jahr 2009) zeigen den „strukturellen Konvergenzprozess“ (Tabelle 3 S. 76 des „Jahresberichts 2010“) an, der aber noch nicht zum Ziel des gleichen Standards geführt hat.

Dies gilt auch für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung. Auch dort ist es zu einem Anpassungsprozess gekommen, der aber noch nicht zu einer vollständigen Angleichung geführt hat. Im Ergebnis (vgl. Seite 106 des „Jahresberichts 2010“) hat sich die Relation der Renten Ost von 40,3 % des Westniveaus am 01. Juli 1990 auf 88,7 % seit dem 01. Juli 2009 verbessert; die monatlich verfügbare Rente in den neuen Bundesländern stieg von 344,00 Euro auf rund 977,00 Euro, in den alten Bundesländern stieg sie im selben Zeitraum von 852,00 Euro auf rund 1 111,00 Euro (Seite 105 des „Jahresberichts 2010“). Der aktuelle Rentenwert (Ost) beträgt seit dem 01. Juli 2009 24,13 Euro; der entsprechende Wert im Westen beträgt 27,20 Euro. Der Hochwertungsfaktor für das Jahr 2010 beträgt 1,1889. Die durchschnittlichen Zahlbeträge bei den Versichertenrenten (tatsächliche Renten nach SGB VI und nach RÜG) liegen in den ostdeutschen Ländern sowohl bei den Männern mit durchschnittlich 1 019,00 Euro als auch bei den Frauen mit 700,00 Euro über denjenigen in den alten Ländern mit durchschnittlich 969,00 Euro für Männer und 500,00 Euro für Frauen (Stand: 31. Dezember 2009). Diese im Vergleich zu den verfügbaren Renten günstigere Ost-West-Relation der durchschnittlichen Versichertenrentenzahlbeträge resultiert aber nicht aus einer Angleichung der Bruttolöhne und –gehälter, sondern vor allem aus den überwiegend geschlossenen Erwerbsbiografien der heutigen Rentnerinnen und Rentner in den ostdeutschen Bundesländern; diese tragen insbesondere bei den Frauen zu höheren durchschnittlich verfügbaren Versichertenrenten bei (Seite 105, 106 des Jahresberichts 2010).

Für die Verfassungsmäßigkeit der Festlegung unterschiedlicher aktueller Rentenwerte auch zum heutigen Zeitpunkt spricht im Übrigen die Hochwertung der erzielten Entgelte im Beitrittsgebiet mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI, mit denen eine nachteilige Wirkung der geringeren Arbeitsverdienste in den neuen Bundesländern bei einer späteren Rente verhindert wird. Dadurch wird sichergestellt, dass ein Durchschnittsverdiener Ost bei Erreichen einheitlicher Einkommensverhältnisse und dann gleich hohen aktuellen Rentenwerten auch für die vor Erreichen einheitlicher Einkommensverhältnisse liegenden Beitragszeiten einen gleich hohen Rentenbetrag erhält wie ein Durchschnittsverdiener in den alten Bundesländern. Hierzu ist von der Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion selbst vom 13. Juli 2010 (BT-Drucksache 17/2572) folgendes Beispiel gegeben (Seite 4):

„Das rentenrechtliche Durchschnittsentgelt betrug im Jahre 2008 in den alten Ländern rund 31 000,00 Euro und in den neuen Ländern rund 26 000,00 Euro. Bei der Berechnung der Entgeltpunkte werden die 26 000,00 Euro auf 31 000,00 Euro hoch gewertet. Ein Versicherter aus Hannover hat also im Jahre 2008 mit einem Jahresverdienst von 31 000,00 Euro brutto einen Entgeltpunkt erworben. Dagegen erreichte im Jahr 2008 ein Beschäftigter im Magdeburg mit einem Jahresverdienst von nur 26 000,00 Euro durch die Hochwertung ebenfalls einen Entgeltpunkt, allerdings einen Entgeltpunkt (Ost). Durch die Hochwertung des Arbeitsentgelts wird erreicht, dass das geringere Lohnniveau in den neuen Ländern nicht zu verfestigten niedrigeren Entgeltpositionen für die Zukunft führt. Durch das Zusammenspiel von Hochwertung und aktuellem Rentenwert (Ost) wird für Rentnerinnen und Rentner mit vergleichbarer Erwerbsbiografie in den alten und neuen Ländern ein gleich hohes Rentenniveau hergestellt. Die Renten Ost folgen damit den Löhnen Ost: Solange die Löhne Ost geringer als die Löhne West sind, sind auch die aktuellen Rentenwerte (Ost) geringer als die aktuellen Rentenwerte West. Bei gleichem relativem Lohnniveau hingegen sind vergleichbare Renten in Ost und West gleich hoch, und dies, obwohl zum Zeitpunkt des Erwerbs der Rentenansprüche das Lohnniveau Ost noch unter dem Westniveau lag. Die Hochwertung nach Anlage 10 SGB VI ist kein Instrument, das darauf ausgerichtet ist, Altersarmut zu begegnen. Sie stellt im System der lohn- und beitragsbezogenen Rentenversicherung sicher, dass den Versicherten in den neuen Ländern Nachteile beim Erwerb der Entgeltpunkte in den neuen Ländern aufgrund des dort niedrigeren Lohnniveaus nicht entstehen und sich im Zusammenwirken mit dem aktuellen Rentenwert (Ost) ein gleich hohes Rentenniveau wie in den alten Ländern einstellt.“

Hinzu kommt, dass durch die Hochwertung mit den Werten der Anlage 10 trotz des niedrigeren aktuellen Rentenwerts in den neuen Bundesländern das Verhältnis von Beitragshöhe zu Rentenertrag in den neuen Bundesländern höher ist. Hierzu heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion selbst vom 13. Juli 2010 (BT-Drucksache 17/2572 Seite 11):

„In den neuen Ländern wird bei gleicher Beitragsleistung (in Euro) im Vergleich zu den alten Ländern für das Jahr 2008 eine um rund 4 % höhere Rentenanwartschaft (in Euro) erworben. Dieser Wert ergibt sich, indem die Relation der aktuellen Rentenwerte (2008: 87,9 %) und die Relation der durchschnittlichen Versichertenentgelte gemäß den Anlagen 1 und 10 SGB VI (2008: 84,3 %) ins Verhältnis gesetzt werden.

Für das Jahr 2009 liegt bisher nur das vorläufige Entgelt gemäß SGB VI vor. Dieses wurde mit der Rechengrößenverordnung im Herbst 2008 ausgehend vom endgültigen Entgelt 2007 mit der doppelten Lohnwachstumsrate des Jahres 2007 festgelegt. Auf Basis des vorläufigen Entgelts ergibt sich eine Ost-West-Relation von 84,3 %. Da die Relation der aktuellen Rentenwerte zum 01. Juli auf 88,7 % gestiegen ist, beträgt der „Vorteil“ für die im Jahr 2009 erworbenen Anwartschaften somit rund 5 %. Für im Jahr 2010 erworbene Anwartschaften ergibt sich auf Basis der vorläufigen Entgelte ebenfalls ein Wert von rund 5 %, da sich die Entgeltrelation nur geringfügig und die aktuellen Rentenwerte gar nicht ändern.

Auf Basis der vom Statistischen Bundesamt im März 2010 gemeldeten Lohnentwicklung 2009 für die Rentenanpassung zum 01. Juli 2010 ergäbe sich für das Jahr 2009 eine Relation der Versichertenentgelte von 85,4 %. Die Löhne Ost hätten sich also den Löhnen West angeglichen, was jedoch auf den Rückgang der Westlöhne basiert. Der „Vorteil“ beträgt danach für das Jahr 2009 nur noch rund 4 %. Der endgültige Wert kann allerdings erst berechnet werden, wenn das endgültige Versichertenentgelt im Herbst durch die Rechengrößenverordnung festgelegt wird. Dabei werden die im August gemeldeten Daten des Statistischen Bundesamtes verwendet.“

Im Ergebnis werden somit bei gleichen Löhnen in den neuen Bundesländern höhere Rentenanwartschaften erworben als in den Alt-Bundesländern.

Zudem sorgt die Vorschrift des § 255 a Abs. 2 SGB VI (oben zitiert) dafür, dass es ausgeschlossen ist, dass sich das Verhältnis des aktuellen Rentenwertes (Ost) zum aktuellen Rentenwert verschlechtert. Denn diese Schutzklausel gewährleistet, dass der aktuelle Rentenwert (Ost) mindestens um den Prozentsatz angehoben wird, um den der aktuelle Rentenwert angepasst wird.

Soweit der Kläger meint, Versicherte, die in einem Bundesland „mit einem niedrigeren aktuellen Rentenwert“ leben, würden benachteiligt, wenn ihre Kindern in einem Bundesland „mit einem hohen aktuellen Rentenwert“ arbeiteten und auch dort ihre Rentenbeiträge zahlten, verkennt er, dass - worauf das SG im angegriffenen Urteil bereits hingewiesen hat - es für die Berechnung seiner Rente nicht auf die Arbeitsverdienste und daraus resultierender Beiträge seiner Kinder ankommt, sondern – im Wesentlichen – auf seine eigenen Arbeitsverdienste und die daraus resultierenden Beiträge. Für die Höhe der Rente des Klägers ist es unerheblich, ob seine Kinder in den neuen oder alten Bundesländern ihren Arbeitsverdienst erwirtschaften und hieraus Beiträge zahlen. Soweit der Kläger meint, es sei nicht mehr „zeitgemäß“, dass in einem föderalen Land mit 16 Bundesländern die sozialversicherungspflichtige Rente verschieden berechnet werde und die sozialversicherungspflichtigen Rentenbeiträge gleich seien, bleibt unberücksichtigt, dass sich die Höhe der Rente zwar aus den „Vorleistungen“ des Rentners selbst ergibt, die Finanzierung der aktuellen Renten aber nicht auf seinen Vorleistungen beruht, sondern durch die Beitragszahlungen der aktuell versicherungspflichtig Beschäftigten - neben Zahlungen aus dem Bundeshaushalt (z.B. Bundeszuschüssen, sonstigen Erstattungen aus öffentlichen Mitteln) und sonstigen Einnahmen – gewährleistet wird. Insoweit wird nicht der Kläger als Rentner selbst belastet und kann somit schon in Grundrechten nicht beeinträchtigt sein. Soweit der Kläger meint, dass ein Rentner, welcher in einem der Länder mit „hohem aktuellen Rentenwert“ lebe und keine Kinder habe, eine höhere Rente erhalte, obwohl er „nichts für seine sozialversicherungspflichtige Rente getan“ habe, ist zwar richtig, dass die Umlagefinanzierung der gesetzlichen Renten bei steigender Zahl der Rentner und abnehmender Zahl der Beitragszahler gefährdet wird; dies ist aber völlig unabhängig davon, ob die Beitragszahler in den alten oder in den neuen Bundesländern arbeiten, hat also mit der Frage der Differenzierung der aktuellen Rentenwerte nichts zu tun.

Nach alledem musste der Berufung der Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.