Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 04.11.2011 | |
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Aktenzeichen | 6 Sa 854/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 615 S 1 BGB, § 14 Abs 5 DRK-TV-O |
Gestattet ein Tarifvertrag dem Arbeitgeber, neben der regelmäßigen Arbeitszeit Bereitschaftsdienst anzuordnen, der nur zu einem Prozentsatz als Arbeitszeit gewertet wird, die durch Gewährung von Freizeit ausgeglichen werden kann, so umfasst dies nicht die Befugnis, Bereitschaftsdienst in einem solchen Umfang anzuordnen, dass dadurch die Vollarbeitszeit über einen Freizeitausgleich hinaus verkürzt wird und dadurch Zuschläge für Nacht-, Samstags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit entfallen.
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17.02.2011 – 33 Ca 10061/10 – dahin geändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 150,73 € brutto (einhundertfünfzig 73/100) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 91,44 € seit dem 11.07.2010 und auf 59,29 € seit dem 18.12.2010 zu zahlen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
4. Die Revision wird zugelassen.
Die Parteien streiten darüber, in welchem zeitlichen Umfang von der Beklagten angeordneter Bereitschaftsdienst auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers zu berücksichtigen ist und ob ihm dafür Zuschläge zu zahlen sind.
Der Kläger trat am 1. Januar 1998 als Rettungssanitäter in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten. In seinem Arbeitsvertrag (Ablichtung Bl. 41 – 44 d. A.) wurde unter Punkt 3 die Geltung der Arbeitsbedingungen des Deutschen Roten Kreuzes/Ost in der jeweils gültigen Fassung vereinbart.
§ 39 Abs. 2 DRK-Tarifvertrag Ost vom 1. Januar 1991 (DRK-TV-O) sah vor, dass für die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der dabei geleisteten Arbeit Zeitzuschläge nicht gezahlt würden. Gleichwohl zahlte die Rechtsvorgängerin der Beklagten auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung „Arbeitszeitkonto“ vom 3. März 2006 (Ablichtung Bl. 46 und 47 d. A.) dem Kläger Zuschläge für alle während seiner 24-stündigen Schichten angefallene Nacht-, Samstags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit. Außerdem schrieb sie seinem Arbeitszeitkonto jeweils volle 24 Stunden gut. Die Beklagte setzte diese Praxis nach dem am 1. Januar 2009 vollzogenen Betriebsübergang mit Rücksicht auf eine am 11. Oktober 2009 beschlossene Dienstvereinbarung zur Verlängerung der täglichen Arbeitszeit und zur Dienstplangestaltung im Rettungsdienst (Ablichtung Bl. 55 – 57 d. A.) nur noch bis zum 31. Dezember 2009 fort. Mit Schreiben vom 11. Januar 2010 teilte sie ihren Mitarbeitern mit, dass die regelmäßige Arbeitszeit für Vollbeschäftigte 40 Stunden wöchentlich betrage. Die Bewertung der 24-stündigen Schichten ändere sich dahin, dass die 8 Stunden von 7 – 15 Uhr als Vollarbeitszeit und die 16 Stunden von 15 – 7 Uhr als Bereitschaftsdienst berücksichtigt würden und die laut Wochenarbeitsplan anfallenden täglichen Arbeiten während der Vollarbeitszeit zu erledigen seien. Nach der Tätigkeitsanalyse für 2009 sei während der Bereitschaftszeiten eine Aktivzeit von mehr als 10 – 25 % angefallen, weshalb diese mit 50 % der Vollarbeitszeit zu bewerten seien. Gleichwohl brachte die Beklagte diese Zeiten mit 55 % in Ansatz.
Der Kläger, der sich anlässlich des Betriebsübergangs dafür entschieden hatte, sein Arbeitsverhältnis weiterhin dem DRK-TV-O zu unterstellen, begehrt weitere volle Berücksichtigung der Zeiten seines Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit auf seinem Arbeitszeitkonto und Zahlung sämtlicher Zuschläge für diese Zeiten. Er ist der Ansicht, dass er während seiner gesamten Schicht von 24 Stunden neben tatsächlich anfallender Arbeit ständig Arbeitsbereitschaft zu leisten habe, da die vorgesehene Ausrückzeit von 90 Sekunden ab Eingang eines Notrufs ihm keinen Schlaf erlaube, er vielmehr ständig Dienstkleidung tragen und sich einsatzbereit halten müsse.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach den Ermittlungen der Beklagten fielen während eines 24-Stunden-Dienstes durchschnittlich 2,06 Stunden aktive Einsätze an, wobei unter Berücksichtigung notwendiger Vor- und Nacharbeiten gut 4 Stunden als Arbeitszeit zu berücksichtigen seien. Daneben seien während der Zeit von 7 – 15 Uhr insbesondere Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten und Arbeiten zur Sicherstellung einer adäquaten Lagerhaltung und Materialausstattung zu verrichten. In der Zeit von 15 – 7 Uhr müsse sich der Kläger lediglich in der Rettungsstation aufhalten und binnen 90 Sekunden abfahrbereit sein. Sofern es ihm im Gegensatz zu Kollegen nicht möglich sei, Tiefschlaf zu halten, müsse er sich auf Ruhen oder leichten Schlaf beschränken und ein Schlafdefizit in der anschließenden Freistellungsphase ausgleichen. Damit habe der Kläger für die Zeit des angeordneten Bereitschaftsdienstes gemäß § 39 DRK-TV-O keinen Anspruch auf Zahlung von Zuschlägen und könne nach § 2 der Anlage 2 i. V. m. § 3 der Anlage 1 zum DRK-TV-O auch nicht verlangen, mehr als 55 % dieser Zeit seinem Arbeitszeitkonto als Arbeitszeit gutzuschreiben.
Hinsichtlich der Zuschläge ergebe sich auch nichts anderes daraus, dass die Beklagte trotz Vereinbarung einer 40-Stunden-Woche mit zwei bzw. drei 24-Stunden-Schichten pro Woche lediglich 16 bzw. 24 Stunden Vollarbeitszeit anordne. Grundsätzlich sei der Arbeitgeber in Ausübung seines Weisungsrechts berechtigt, Art und Umfang der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers anzuweisen, solange er die einzelvertraglich, kollektivrechtlich und gesetzlich gesteckten Grenzen einhalte. Der Kläger habe Anspruch auf Vergütung von 40 Arbeitsstunden pro Woche, die er unstreitig erhalte; Anspruch auf Zuweisung zuschlagspflichtiger Arbeitszeiten habe er dagegen nicht.
Schließlich könne der Kläger aus der Betriebsvereinbarung vom 3. Juli 2006 nichts mehr herleiten, weil diese durch die Dienstvereinbarung vom 10. November 2009 abgelöst worden sei.
Gegen dieses ihm am 28. März 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. April 2011 eingelegte und am 30. Mai 2011, einem Montag, begründete Berufung des Klägers. Er vertieft sein Vorbringen zur Leistung von Arbeitsbereitschaft und meint, nach der Logik der Beklagten würden im Tarifvertrag vorgesehene Nachtzuschläge nie anfallen können. Der Kläger verweist auf ein Schreiben der Beklagten vom 8. April 2011 (Ablichtung Bl. 275 und 276 d. A.), wonach von ihm in seinem Schreiben vom 22. Februar 2011 (Ablichtung Bl. 273 und 274 d. A.) genannte Tätigkeiten wie Reinigen der Wache, Entgegennahme von Lieferungen, Durchführung des Desinfektionsplans und Beantwortung von Anfragen der Anordnung von Bereitschaftsdienst nicht entgegenstünden. Indessen stünden diese Tätigkeiten nicht im Zusammenhang mit Notfalleinsätzen. Da nach Nr. 18 der Dienstanweisung vom 15. Dezember 2010 (Ablichtung Bl. 277 – 295 d. A.) der Dienst in Dienstkleidung zu versehen sei, könne er in der Zeit nach 15 Uhr gerade nicht private Dinge jeder Art erledigen.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 541,54 € brutto, hilfsweise 620,14 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, sein Arbeitszeitkonto dahin zu berichtigen, dass diesem für Januar 2010 insgesamt 216 Dienststunden, für Februar 2010 insgesamt 188 Dienststunden, für März 2010 insgesamt 216 Dienststunden und für April 2010 insgesamt 192 Dienststunden angerechnet würden,
hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, die von ihm im Ein-Schicht-System geleistete Anwesenheitszeit am Arbeitsplatz auch in der Zeit von 15 – 7 Uhr bis zur Höhe der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 14 Abs. 1 DRK-TV-O als Arbeitszeit auf seinem Arbeitszeitkonto anzurechnen,
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, die von ihm im Ein-Schicht-System geleistete Anwesenheitszeit am Arbeitsplatz auch in der Zeit von 15 – 7 Uhr in voller Höhe als Arbeitszeit i. S. v. Arbeitsbereitschaft zu vergüten,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn für jede Arbeitsstunde im Rahmen der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden Samstags-Zuschläge für Arbeit an Samstagen zwischen 0 und 24 Uhr in Höhe von 0,58 € brutto pro Stunde, Sonntagszuschläge für Arbeit an Sonntagen von 0 - 24 Uhr in Höhe von 2,71 € brutto pro Stunde, Feiertagszuschläge für Arbeit an gesetzlichen Feiertagen zwischen 0 und 24 Uhr in Höhe von 3,79 € brutto pro Stunde sowie Nachtarbeitszuschläge für zwischen 20 und 6 Uhr geleistete Arbeit in Höhe von 1,15 € brutto pro Stunde in der Weise zu zahlen, dass gemessen an der Anzahl seiner Dienste pro Kalenderwoche für die Arbeitszeit nach 15 Uhr bei zeitlicher Lage der angeordneten Dienstzeit an Samstagen, Sonntagen, Feiertagen oder nachts bei Anordnung von zwei 24-Stunden-Diensten pro Kalenderwoche Zuschläge für die Zeit von 15 – 3 Uhr und bei Anordnung von drei 24-Stunden-Diensten pro Woche Zuschläge für die Zeit von 15 – 20 Uhr bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzungen für den Bezug der Zuschläge nach den eben genannten Regelungen zu zahlen seien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt den Angriffen der Berufung entgegen und beruft sich auf eine Wahlmöglichkeit nach dem DRK-TV-O, für geleisteten Bereitschaftsdienst entweder eine Vergütung entsprechend der jeweiligen Stufe nebst Überstundenzuschlag zu zahlen oder aber mit bezahlter Freistellung auszugleichen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
1. Die gemäß § 222 Abs. 2 ZPO fristgemäß begründete Berufung des Klägers ist in der Sache nur zu einem geringen Teil begründet.
1.1 Der Kläger hat für die Zeiten angeordneten Bereitschaftsdienstes ab Januar 2010 weder Anspruch auf deren vollumfängliche Gutschrift auf seinem Arbeitszeitkonto noch auf Zahlung von Zuschlägen, soweit diese Zeiten auf zuschlagspflichtige Tage oder Tageszeiten gefallen sind oder noch fallen werden.
1.1.1 Ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf solche Leistungen besteht nicht.
1.1.1.1 Für die vom Kläger geleisteten Bereitschaftsdienste hat die Beklagte ihm bereits 5 Prozentpunkte mehr seinem Arbeitszeitkonto gutgebracht als sich eigentlich aus deren Anzahl und dem Umfang der darin erbrachten Arbeitsleistung mit jeweils 25 % gemäß § 2 der Anlage 2 i. V. m. § 3 Buchst. A Abs. 2 lit. a und b Anlage 1 zum DRK-TV-O ergibt, der aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auch nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf das Arbeitsverhältnis der Parteien unstreitig weiterhin Anwendung findet. Damit ist der arbeitsvertragliche Anspruch des Klägers durch Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Eine Zahlung von Zuschlägen für die Zeiten des Bereitschaftsdienstes ist gemäß § 39 Abs. 2 DRK-TV-O ausdrücklich ausgeschlossen.
1.1.1.2 Der Kläger ist in der Zeit von 15 – 7 Uhr jeweils nur in geringem zeitlichen Umfang zur Arbeit herangezogen worden, während er in der übrigen Zeit lediglich Bereitschaftsdienst zu leisten hatte, wie das Arbeitsgericht unter I.2.1 dargelegt hat (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Davon, dass auch Rettungssanitätern trotz ihrer äußerst kurzen Ausrückzeiten die Leistung von Bereitschaftsdiensten möglich ist, sind auch die mit den Gegebenheiten dieses Berufs vertrauten Tarifvertragsparteien ausgegangen, wie die Verweisung in § 2 der Sonderregelungen für das Personal im Rettungsdienst und Krankentransport auf § 3 der Sonderregelung für das Personal in Krankenhäusern, Anstalten und ähnlichen Einrichtungen des DRK in den Anlagen zum DRK-TV-O zeigt. Die Leistung von Bereitschaftsdienst wird entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass außer Einsatzfahrten gelegentlich auch andere Arbeiten zu verrichten sind. Schließlich bleibt darauf hinzuweisen, dass ohnehin selbst solcher Bereitschaftsdienst, den der Arbeitgeber nach den tarifvertraglichen Vorgaben nicht hätte anordnen dürfen, gleichwohl seinen Charakter behält und nicht etwa von selbst zu voller Arbeitsleistung wird (BAG, Urteil vom 24.03.2011 – 6 AZR 769/09 – NZA 2011, 698 R 38) oder wie solche zu behandeln ist (LAG Niedersachsen, Urteil vom 08.02.2011 – 16 Sa 218/10 – juris zu A I 3 der Gründe).
1.1.2 Dass sich ein Anspruch des Klägers mit Rücksicht auf die Dienstvereinbarung vom 10. November 2011 keinesfalls aus der Betriebsvereinbarung vom 3. März 2006 ergeben konnte, hat das Arbeitsgericht unter I.2.1 am Ende seiner Gründe unter Hinweis auf das sog. Ablösungsprinzip dargelegt, ohne dass der Kläger dem mit seiner Berufung entgegengetreten ist.
1.2 Der Kläger hat gemäß § 615 Satz 1 BGB für Januar bis Juli 2010 Anspruch auf Zahlung von 150,73 € brutto sog. Verzugslohns.
1.2.1 Indem die Beklagte den Kläger entsprechend ihrem Rahmendienstplan für jeweils ein viertel Jahr durchschnittlich 48 Stunden pro Woche eingesetzt hat, die sich aus fünf 24-Stunden-Schichten in der Doppelwoche mit jeweils 8 Stunden Vollarbeit und 16 Stunden Bereitschaftsdienst ergaben und sie die Bereitschaftsdienste sogar zu 55 % als Arbeitszeit gewertet hat, hat sie den Kläger durchschnittlich 18 Stunden pro Woche zu wenig zur Vollarbeit herangezogen. Denn bei jeweils 8 Stunden pro Schicht kam der Kläger auf lediglich (8 x 5 : 2 – 40 x 5 % =) 18 Arbeitsstunden. Dazu war die Beklagte entgegen ihrer Ansicht nicht gemäß § 14 Abs. 5 DRK-TV-O befugt, wonach jeder Mitarbeiter verpflichtet ist, neben seiner regelmäßigen Arbeitszeit auf Anordnung Bereitschaftsdienst zu leisten. Dies bedeutet, dass zusätzlich zur regelmäßigen Arbeitszeit Bereitschaftsdienst im Rahmen der arbeitszeitschutzrechtlichen Höchstgrenzen angeordnet werden kann, nicht jedoch an Stelle der regelmäßigen Arbeitszeit. Nur insoweit kann es dazu kommen, dass bei einem Bereitschaftsdienst, der zu 50 % als Arbeitszeit gewertet wird, durch Freizeitausgleich in der Folgezeit (16 x 50 % =) 8 Stunden weniger zu arbeiten sind, woraus sich eine durchschnittliche Arbeitszeit pro Woche von (40 – 8 : 2 =) 36 Stunden ergibt.
1.2.2 Abgesehen davon, dass der Kläger wegen drohenden Verlusts der bisher bezogenen Zuschläge stets seine entsprechende Heranziehung zur Arbeit verlangt und damit ein wörtliches Angebot nach § 295 Satz 1 BGB abgegeben hat, wäre die Beklagte durch ihre planmäßige Beschäftigung des Klägers in einem auf durchschnittlich 18 Wochenstunden beschränkten Umfang ohnehin ausnahmsweise auch im vollzogenen Arbeitsverhältnis gemäß § 296 Satz 1 BGB in Annahmeverzug geraten.
1.2.3 Der Kläger muss sich jedoch gemäß § 615 Satz 2 BGB anrechnen lassen, was er durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erworben hat. Dies ist die ihm von der Beklagten gezahlte Vergütung für seine mit 55 % als Arbeitszeit angerechneten Bereitschaftsdienste. Damit beschränkte sich die für nicht geleistete Arbeit zu zahlende Vergütung auf die darauf erfallenden Zuschläge. Diese konnten gemäß § 287 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 ZPO ausgehend von den tatsächlich gezahlten Zuschlägen für durchschnittlich 18 Wochenstunden Vollarbeit auf eben diesen Betrag geschätzt werden. Dieser belief sich nach den Stunden- und Verdienstabrechnungen des Klägers für Januar bis Juli 2010 (Bl. 60 – 67 und 130 – 132 d. A.) für
Januar 2010
auf
24,02 €
Februar 2010
auf
21,70 €
März 2010
auf
22,86 €
April 2010
auf
22,86 €
Mai 2010
auf
35,27 €
Juni 2010
auf
22,86 €
Juli 2010
auf
1,16 €
150,73 €
brutto.
1.3 Die Voraussetzungen für einen Anspruch des Klägers auf Korrektur seines Arbeitszeitkontos in den Monaten Januar bis April 2010 waren nicht ersichtlich. Dass die Beklagte die 24-Stunden-Dienste mit jeweils 16 Arbeitsstunden bewertet hat, entsprach den tarifvertraglichen Vorgaben. Soweit der Kläger in dieser Zeit insgesamt unter Soll beschäftigt worden sein sollte, ist dies offenbar in der Folgezeit ausgeglichen worden, wie den übereinstimmenden Angaben der Parteien im Verhandlungstermin zu entnehmen war, der Kläger sei im gesamten Jahr 2010 auf durchschnittlich 51 Wochenstunden gekommen, was durch drei Schichten im Januar 2011 ausgeglichen worden sei.
2. Nebenentscheidungen
2.1 Rechtshängigkeitszinsen auf den zugesprochenen Betrag stehen dem Kläger entsprechend §§ 187, 288 Abs. 1 Satz 2, 291 BGB, §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1, 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG jeweils erst ab dem Tag nach Eintritt der Rechtshängigkeit zu.
2.2 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Dabei war die Streitwertberechnung des Arbeitsgerichts nur insoweit zu korrigieren, wie es für den Antrag zu 3 gemäß § 42 Abs. 3 GKG das 36-fache des durchschnittlichen monatlichen Differenzbetrags angesetzt hat. Da es bei der Ermittlung der Quote von Obsiegen und Unterliegen jedoch nicht um den Gebührenstreitwert geht, war gemäß § 9 Satz 1 ZPO der 3 ½-fache Wert des einjährigen Bezugs, mithin der 42-fache Differenzbetrag in Höhe von (541,54 : 4 x 42 =) 5.686,38 € in Ansatz zu bringen. Damit errechnete sich ein Quotenstreitwert von
541,54 €
Antrag 1
1.540,70 €
Antrag 2
5.686,38 €
Antrag 3
186,54 €
Antrag 5
7.955,16 €
Da das Obsiegen des Klägers mit (150,73 : 7.955,96 =) 1,89 % verhältnismäßig geringfügig war und auch keine höheren Kosten veranlasst hat, war es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung zu belassen und waren ihm außerdem die gesamten Kosten der Berufungsinstanz aufzuerlegen.
2.3. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung entscheidungserheblicher Rechtsfragen gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.