Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -).
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 31. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. April 2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Berücksichtigung des Steuerfreibetrages im Rahmen des Teilzeitnettoentgelts bei der Berechnung des monatlichen Aufstockungsbetrages ist unzulässig; der Kläger hat einen Anspruch auf Nachzahlung der Differenz des aufgrund einer für die Monate Januar bis Dezember 2006 vorzunehmenden Nachberechnung entsprechend erhöhten Aufstockungsbetrages (entsprechend § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -).
Der Beklagte hat den Aufstockungsbetrag in diesem Zeitraum zu niedrig bemessen.
Rechtsgrundlage für die Nachzahlung ist § 2 der Verordnung über die Gewährung eines Zuschlags bei Altersteilzeit – Altersteilzeitzuschlagsverordnung - (ATZV) vom 23. August 2001. Danach wird ein Zuschlag in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Nettobesoldung, die sich aus dem Umfang der Teilzeitbeschäftigung ergibt, und 83 vom Hundert der Nettobesoldung, die nach der bisherigen Arbeitszeit während der Altersteilzeit zugrunde gelegt worden ist, gewährt.
Rechnungsposition ist daher zum einen die Nettobesoldung, die der Bedienstete im Rahmen der Teilzeit (hier 50 %) erhält und zum anderen ein (fiktives) Nettoentgelt, das der Bedienstete ohne die Altersteilzeit (hier 100 %) erhalten hätte.
Für die Berechnung dieses fiktiven Nettoentgelts bei Vollzeitbeschäftigung wird in § 2 Satz 2 ATZV bestimmt, dass diesem die Bruttobesoldung abzüglich der Lohnsteuer entsprechend der individuellen Steuerklasse, des Solidaritätszuschlags und eines Betrages in Höhe von 8 % der Lohnsteuer zugrunde gelegt wird. Freibeträge und sonstige individuelle Merkmale bleiben danach unberücksichtigt.
Entsprechende Festlegungen für die zugrunde zulegende Teilzeitnettobesoldung gibt es nicht. Weder ist in der ATZV positiv geregelt, dass die Freibeträge und sonstige individuelle Merkmale bei der Berechnung des Teilzeitnettoentgelts unberücksichtigt bleiben noch dass sie berücksichtigt werden. Eine Berücksichtigung der Freibeträge könnte allenfalls mittelbar daraus folgen, dass es sich bei diesem Betrag an sich um das tatsächlich zu zahlende Nettoentgelt im Rahmen der Teilzeittätigkeit handelt. Dabei ist es indes nicht zwingend, auch die Freibeträge zu berücksichtigen, da der in Altersteilzeit beschäftigte Bedienstete ohnehin nicht den auf seine Teilzeittätigkeit entfallenden Betrag ausgezahlt erhält. Denn während der Arbeitsphase erhält er zusätzlich zu dem ihm zustehenden anteiligen Nettoentgelt den Aufstockungsbetrag und während der Freistellungsphase handelt es sich bei diesem ohnehin auch um ein fiktives Nettoentgelt bei gedachter (weiterer) Teilzeittätigkeit.
Daher ist vom Sinn und Zweck der betroffenen Regelungen ausgehend zu ermitteln, welche Berechnungsweise zu einem tragbaren insbesondere verfassungskonformen Ergebnis führt. Eine solche Auslegung muss im Ergebnis dazu führen, dass die Freibeträge auch im Rahmen des Teilzeitnettoentgelts unberücksichtigt bleiben, da alle Argumente hierfür sprechen und auch nur so ein sachgerechtes Ergebnis erzielt werden kann.
Wollte man bei der Berechnung des als Rechnungsposten zu ermittelnden Teilzeitnettoentgeltes die individuellen Freibeträge des Beamten einfließen lassen, so führt dies durch die damit verbundene Erhöhung des Teilzeitnettoentgeltes zwangsläufig dazu, dass sich der Aufstockungsbetrag entsprechend vermindert. Der Beamte erhält dann in jedem Fall genau 83 % des fiktiven Nettoentgeltes bei Vollzeitbeschäftigung. Dies führt de facto dann aber dazu, dass die auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Freibeträge nicht mehr dem Beamten als Steuerpflichtigen zugute kommen, sondern dass unmittelbar nur der Dienstherr durch die damit verbundene Absenkung des Aufstockungsbetrages den finanziellen Vorteil erhält. Es kämen dem Dienstherrn die steuerlich anerkannten individuellen Belastungen des Bediensteten zugute; denn die Aufwendungen, um derentwegen ein Freibetrag auf Antrag des Bediensteten in dessen Lohnsteuerkarte eingetragen wurde, bewirken eine Minderung des Aufstockungsbetrages, was zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führt. Der Beamte, der wegen individueller Belastungen beantragt, einen Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte einzutragen, müsste eine Kürzung des Aufstockungsbetrages hinnehmen, während der Arbeitnehmer, der die Belastungen erst später im Rahmen der Einkommensteuererklärung geltend macht, den höheren Aufstockungsbetrag erhielte. Das so erzielte Ergebnis ist mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar und dürfte dem Willen des Verordnungsgebers nicht entsprochen haben.
Zudem stellen die auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Freibeträge keinen unabänderlich feststehenden, sondern nur einen vorläufigen Tatbestand dar. Gemäß § 39 Abs. 4 S. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) steht die Eintragung eines Freibetrages unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Aus der Eintragung auf der Lohnsteuerkarte erwächst keine Bindung für die steuerliche Veranlagung. Deshalb hat das Finanzamt nach § 39 Abs. 5 EStG einen Fehlbetrag nachzufordern, wenn wegen der unzutreffenden Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte zu wenig Lohnsteuer erhoben worden ist. Da in der ATZV für solche Fälle keine jährliche Korrektur der Berechnung des Aufstockungsbetrages vorgesehen ist, könnte die Einbeziehung des Freibetrages in die Berechnung des Teilzeitnettoentgelts dazu führen, dass der Beamte im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs gewährten Steuervorteile zurückerstatten muss, ohne dass gleichzeitig der Aufstockungsbetrag derart angepasst und nachgezahlt würde, dass er im Endeffekt nach wie vor 83 % des fiktiven Vollzeitnettos erhalten hätte (vgl. BAG, Urteil vom 17. Januar 2006 – 9 AZR 558/04 -, zit. nach Juris).
Dafür, dass dieses Ergebnis letztlich auch von Seiten des Beklagten als unbefriedigend empfunden wird, spricht, dass dieser die Beamten in Altersteilzeit darauf aufmerksam macht, dass es für sie vorteilhafter und daher empfehlenswert ist, Freibeträge vor Eintritt in die Altersteilzeit von der Lohnsteuerkarte löschen zu lassen. Es spricht indes nichts dagegen, bereits bei der Anwendung des § 2 ATZV diese verfassungskonform so auszulegen, dass die Freibeträge generell keine Berücksichtigung finden.
Nach entsprechender Neuberechnung des Teilzeitnettoentgeltes des Klägers ist der Beklagte verpflichtet, diesem den Differenzbetrag zwischen dem ihm in den Monaten Januar bis Dezember 2006 gezahlten und dem neu berechneten Aufstockungsbetrag zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache war die Berufung nach §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124 a VwGO zuzulassen. Diese folgt aus dem Umstand, dass sich Beamte in Altersteilzeit durch die bisherige Praxis des Beklagten, daran gehindert sehen, individuelle Freibeträge, die ihre jeweilige Sonderbelastungen ausgleichen sollten, in der Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf XXX Euro festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und orientiert sich an dem vom Beklagten behaupteten und vom Kläger nicht bestrittenen Betrag in Höhe von 137,87 €, der die Differenz des Altersteilzeitzuschlages zwischen den Jahren 2006 und 2007 bildete, und der in Hinblick auf die betreffende Zeitspanne von Januar bis Dezember 2006 mit 12 multipliziert wurde.