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Informationszugang; Sportförderung; öffentliche Zuwendungen an Sportdachverband; Prüfung durch Bundesrechnungshof und Bundesverwaltungsamt; Akteneinsicht; vorrangige Spezialregelung; Zugang zu Akten des Bundesrechnungshofs; entsprechende Akten der geprüften Stelle; Ausschlussgrund; Betriebs- und Geschäftsgeheimnis


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat Entscheidungsdatum 27.08.2015
Aktenzeichen OVG 12 B 35.14 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 1 Abs 3 IFG, § 6 S 2 IFG, § 96 Abs 4 BHO

Leitsatz

1. § 96 Abs. 4 BHO stellt eine vorrangige spezialgesetzliche Regelung im Sinne des § 1 Abs. 3 IFG dar, die den Zugang zu Informationen betreffend die Prüftätigkeit des Bundesrechnungshofs abschließend regelt.

2. Nach Wortlaut und Sinn und Zweck des § 96 Abs. 4 Satz 4 BHO erstreckt sich der Schutz der "entsprechenden Akten bei den geprüften Stellen" auf diejenigen Akten der geprüften Stellen, die inhaltlich den zur jeweiligen Prüfungstätigkeit geführten Akten des Bundesrechnungshofs entsprechen, d.h. inhaltlich spiegelbildlich Informationen enthalten, die auch Gegenstand der geschützten Akten des Bundesrechnungshofs sind.

Tenor

Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Kläger werden zurückgewiesen.

Die Kläger tragen 4/5 und die Beklagte trägt 1/5 der Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des Vollstreckungsbetrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger, zwei Journalisten, begehren Zugang zu Informationen des Bundesministeriums des Innern (BMI), die im Zusammenhang mit der finanziellen Förderung des beigeladenen Sportdachverbandes stehen.

Mit E-Mail vom 19. Mai und 21. November 2011 beantragten die Kläger unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG), ihnen Einsicht in die beim Bundesministerium des Innern zum Beigeladenen geführte Akte zu gewähren, die die vom Bundesverwaltungsamt und vom Bundesrechnungshof durchgeführte Prüfung von Zuwendungen betrifft. In ihrem Antrag erklärten sie sich mit der Schwärzung von Namen natürlicher Personen, Straßen und Postleitzahlen einverstanden. Der nach Antragstellung angehörte Beigeladene widersprach schriftsätzlich der Veröffentlichung aller Unterlagen mit finanziellen Inhalten, des Prüfberichts des Bundesrechungshofs 2004/05 und des Berichts des Bundesverwaltungsamtes 2007/08.

Mit Bescheid des Bundesministeriums des Innern vom 1. August 2012 lehnte die Beklagte den Informationszugang zu den Dokumenten Nr. 1, 2, 5 bis 7, 9 bis 12, 13, 14 und 15 bis 17 vollständig und zu den Dokumenten Nr. 3, 4 und 8 teilweise ab; im Übrigen gab sie dem Antrag der Kläger statt. Hierzu händigte sie den Klägern eine Kopie der streitbefangenen Akte aus, in der die entnommenen Seiten und die geschwärzten Stellen mit den im Bescheid angeführten Dokumentennummern gekennzeichnet sind. Zur Begründung der (teilweisen) Ablehnung führte die Beklagte aus, dass die Schwärzungen in den Dokumenten Nr. 3, 4 und 8 personenbezogene Daten Dritter beträfen. Bei den identischen Dokumenten Nr. 1 und 13 handele es sich um den Bericht des Bundesrechnungshofs vom 3. Dezember 2004, der als Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch - eingestuft und gemäß § 3 Nr. 4 IFG vom Informationszugang ausgenommen sei. Die identischen Dokumente Nr. 2 und 14 enthielten Details zur finanziellen Lage des Beigeladenen, die Dokumente Nr. 5 bis 7, 9 bis 12 und 15 bis 17 Informationen mit wettbewerbsrechtlicher Relevanz. Insoweit liege der Ablehnungsgrund des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vor. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Kläger wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. August 2013 zurück.

Im Verlauf des erstinstanzlichen Klageverfahrens hat die Beklagte den Klägern Zugang zu den bislang nicht offengelegten Teilen der Dokumente Nr. 4 und 8 gewährt; die geschwärzten Sponsorennamen seien auf der Homepage des Beigeladenen veröffentlicht und damit offenkundig. Gegen die Schwärzung personenbezogener Daten in Dokument Nr. 3 haben die Kläger keine Einwände erhoben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat die Beklagte zudem zugesagt, den Klägern aus dem Dokument Nr. 15 im Einzelnen bezeichnete Seiten des Prüfberichts des Bundesverwaltungsamtes vom 11. September 2007 vollständig bzw. in teilweise geschwärzter Form zugänglich zu machen. Die Kläger haben ihren Klageantrag daraufhin auf die Seiten 27 und 28 des Prüfberichts beschränkt; auf eine Offenlegung der übrigen Seiten des Berichts und der weiteren Teile des Dokuments Nr. 15 haben sie verzichtet. Im Übrigen haben die Kläger mit ihrem Klageantrag weiterhin Zugang zu den Dokumenten Nr. 1 (Bericht des Bundesrechnungshofs vom 3. Dezember 2004), Nr. 2 (Anlage zum vorgenannten Bericht), Nr. 5 (Schreiben des BMI an den Bundesrechnungshof vom 6. Mai 2003), Nr. 6 (Schreiben des BMI an den Bundesrechnungshof vom 23. Oktober 2003, Vermerk des BMI), Nr. 7 (Vermerk des BMI vom 11. November 2002 zur Prüfung des Bundesrechnungshofs aus 2002) und Nr. 12 (Stellungnahme des BMI vom 17. Januar 2005 zum Bericht des Bundesrechnungshofs 2004) begehrt. Hinsichtlich der weiteren streitbefangenen Dokumente haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit Urteil vom 6. November 2014 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der ablehnenden Bescheide verpflichtet, den Klägern Zugang zu gewähren

- zu jenen Teilen des Vermerks des BMI vom 11. November 2002 (Dokument Nr. 7) über die Konsequenzen, die die Beklagte aus der Prüfung durch den Bundesrechnungshof gezogen hat,
- den Seiten 27 und 28 des Prüfberichts des Bundesverwaltungsamtes vom 11. September 2007 (in Dokument Nr. 15).

Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Den Klägern stehe kein Anspruch auf Zugang zu den Dokumenten Nr. 1, 2, 5, 6 und 12 zu; ebenso wenig könnten sie Zugang zu den Teilen des Vermerks des BMI vom 11. November 2002 (Dokument Nr. 7) beanspruchen, die nach den Angaben der Beklagten eine inhaltliche Wiedergabe des Prüfberichts des Bundesrechnungshofs aus dem Jahr 2002 enthielten. Hinsichtlich dieser Dokumente sei der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht eröffnet, da § 96 Abs. 4 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) eine spezialgesetzliche Regelung im Sinne des § 1 Abs. 3 IFG enthalte, die den Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes vorgehe.

Mit der am 19. Juli 2013 in Kraft getretenen Vorschrift des § 96 Abs. 4 BHO habe der Gesetzgeber den Zugang zu amtlichen Informationen betreffend die Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofs abschließend geregelt; hinreichende Anhaltspunkte für eine in der Literatur diskutierte formelle Verfassungswidrigkeit der Neuregelung lägen nicht vor. Nach § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO stehe die Gewährung von Zugang zu abschließend festgestellten Prüfungsergebnissen im Ermessen des Bundesrechnungshofs. Zugang zu den zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit geführten Akten werde zum Schutz des Prüfungs- und Beratungsverfahrens nicht gewährt (Satz 3). Diesen Schutz habe der Gesetzgeber ausdrücklich auch auf die entsprechenden Akten bei den geprüften Stellen erstreckt (Satz 4) und damit ausweislich der Gesetzesmaterialien ein einheitliches Schutzniveau gewährleisten wollen. Zu den „entsprechenden Akten bei den geprüften Stellen“ gehörten diejenigen Akten, die den beim Bundesrechnungshof zur jeweiligen Prüfungstätigkeit geführten Akten inhaltlich entsprächen, mithin inhaltlich spiegelbildlich seien. Diese Voraussetzungen seien bei den vorstehenden Dokumenten erfüllt, soweit sie den Prüfbericht des Bundesrechnungshofs und den Schriftwechsel zwischen dem Bundesrechnungshof und dem BMI als der geprüften Stelle beträfen. Soweit sich die Dokumente auf Vermerke des BMI bezögen, lägen diese zwar nicht in der gleichen Form in den beim Bundesrechnungshof geführten Akten vor. Die Vermerke enthielten nach den Angaben der Beklagten jedoch Informationen, die in gleicher Weise in den Akten des Bundesrechnungshofs verkörpert seien. Dies gelte sowohl für den in Dokument Nr. 6 enthaltenen Vermerk, der der Vorbereitung des Schriftwechsels mit dem Bundesrechnungshof gedient habe, als auch für die Teile des Vermerks in Dokument Nr. 7, die die Prüfungsergebnisse des Bundesrechnungshofs aus dem Jahr 2002 wiedergäben.

In dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang sei die Klage dagegen begründet. Insoweit stehe den Klägern gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG ein Anspruch auf Informationszugang zu, der nicht durch § 96 Abs. 4 BHO gesperrt sei. Die Teile des Vermerks des BMI vom 11. November 2002 (Dokument Nr. 7), die sich zu den Konsequenzen verhielten, die die Beklagte aus der Prüfung des Bundesrechnungshofs gezogen habe, gehörten nicht zu den entsprechenden Akten der geprüften Stelle. Nichts anderes gelte für die Seiten 27 und 28 des Prüfberichts des Bundesverwaltungsamtes vom 11. September 2007 (aus Dokument Nr. 15). Nach den Angaben der Beklagten habe das Bundesverwaltungsamt im Auftrag des BMI geprüft, ob die ordnungsgemäße Geschäftsführung des Beigeladenen gesichert erscheine; auf den Seiten 27 und 28 werde das Ergebnis dieser Prüfung dargelegt und erläutert. Diese Informationen lägen in den beim Bundesrechnungshof geführten Akten nicht vor. Bei den vorstehenden Informationen handele es sich auch nicht um abschließend festgestellte Prüfungsergebnisse im Sinne des § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO, auf die vorrangiges Fachrecht Anwendung finde.

Auf den Ausschlussgrund des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gemäß § 6 Satz 2 IFG könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Hinsichtlich des noch in Rede stehenden Teils des Vermerks vom 11. November 2002 habe die Beklagte nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ein Zusammenhang zwischen den aus der Prüfung des Bundesrechnungshofs gezogenen Konsequenzen und exklusivem technischen oder kaufmännischen Wissen des Beigeladenen bestehe. Hinsichtlich der Seiten 27 und 28 des Prüfberichts des Bundesverwaltungsamtes habe die Beklagte zwar plausibel gemacht, dass der Beigeladene in einem Teilbereich wirtschaftlich am Markt aktiv sei. Ausweislich seiner Satzung stünden ihm die Werberechte für die von ihm ausgeschriebenen und durch seine Mitgliederorganisationen ausgerichteten Sportveranstaltungen zu. Zudem sei er zur Sicherung seiner Existenz auf die Einwerbung von Sponsorenmitteln angewiesen, die nicht unbegrenzt zur Verfügung stünden und bei denen er im Wettbewerb mit anderen Verbänden ähnlicher Sportarten stehe. Jedoch fehle es auch mit Blick auf die Bewertungen des Bundesverwaltungsamtes an einer nachvollziehbaren Darlegung, dass diese Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse des Beigeladenen enthielten oder zumindest Rückschlüsse auf exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen des Beigeladenen zuließen. Die vom Beigeladenen geäußerte Sorge, dass die Preisgabe des Prüfungsergebnisses des Bundesverwaltungsamtes zu einem Ansehensverlust in der Öffentlichkeit führen und Sponsoren abschrecken könnte, gebe dafür nichts her. Im Übrigen sei auch angesichts des Alters der streitigen Informationen nicht dargetan, dass diese noch als schutzwürdig anzusehen seien.

Gegen das erstinstanzliche Urteil hat die Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die Kläger haben Anschlussberufung erhoben.

Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht die Beklagte geltend, dass der Vermerk in Dokument Nr. 7 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur teilweise, sondern in seiner Gesamtheit von der Spezialregelung des § 96 Abs. 4 Satz 4 BHO erfasst sei. Für eine formale Aufteilung des insgesamt 4 ½ seitigen Dokuments sei kein Raum. Es sei inhaltlich eng mit der im Jahr 2002 durchgeführten Prüfung des Bundesrechnungshofs verknüpft; in dem Vermerk würden Sachverhalte aus dem damaligen Prüfverfahren, insbesondere Einzelheiten zur Förderung des Leistungssportpersonals, wiedergegeben und hieraus Schlussfolgerungen gezogen. Die dargelegten Konsequenzen bezögen sich jeweils auf die Beanstandungen des Bundesrechnungshofs und ließen daher Rückschlüsse auf dessen Prüfungsergebnis zu. Im Übrigen liege der Ausschlussgrund des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gemäß § 6 Satz 2 IFG vor. Soweit der Vermerk Einzelheiten zur Förderung des Leistungssportpersonals enthalte, handele es sich um betriebsinterne Vorgänge des Beigeladenen, an deren Nichtverbreitung dieser ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse habe. Entsprechende Informationen könnten bei einer Offenlegung auch zum jetzigen Zeitpunkt noch ein Werturteil über den Beigeladenen und seine Führungsebene in der Öffentlichkeit prägen und einen wirtschaftlich relevanten Nachteil im Wettbewerb um Sponsoren darstellen.

Hinsichtlich der Seiten 27 und 28 des Prüfberichts des Bundesverwaltungsamtes vom 11. September 2007 (Dokument Nr. 15) habe das Verwaltungsgericht das Vorliegen des Versagungsgrundes des § 6 Satz 2 IFG gleichfalls zu Unrecht verneint. Die dem Bundesverwaltungsamt obliegende Prüfung einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung umfasse betriebsinterne Strukturen und Geschäftsvorgänge und betreffe den Beigeladenen daher in seiner unternehmerischen Gesamtheit. Bei der Bewertung dieser Vorgänge handele es sich um geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse; das Prüfungsergebnis des Bundesverwaltungsamtes lasse Rückschlüsse auf kaufmännisches Wissen des Beigeladenen, interne Geschäftsvorgänge und Einzelheiten der Geschäftsführung zu. Die Befürchtung des Beigeladenen, dass eine Offenlegung des Ergebnisses zu einem Ansehensverlust in der Öffentlichkeit und zu Wettbewerbsnachteilen führen könne, sei berechtigt. Ein „plakatives“ Testat des Bundesverwaltungsamtes über die Geschäftsführung eines Zuwendungsempfängers - wie hier auf Seite 27 des Berichts - sei in der Außenwirkung für den Gewinn von Sponsoren von hoher Bedeutung. Dies gelte unabhängig vom Zeitablauf, da ein negatives Testat aus früheren Jahren zu einem fortdauernden Vertrauensverlust im Sinne einer „Stigmatisierung“ führen könne. Bei der Auslegung des gesetzlichen Ablehnungsgrundes sei zudem die besondere Situation des Beigeladenen zu berücksichtigen, der als Empfänger öffentlicher Zuwendungen zugleich im wirtschaftlichen Wettbewerb stehe. Durch die Verpflichtungen aus dem öffentlich-rechtlichen Zuwendungsverhältnis - namentlich die Pflicht zur Offenlegung betriebsinterner Strukturen und Vorgänge - dürfe der Schutz der wirtschaftlichen Betätigung nicht unterlaufen werden. Andernfalls werde der Beigeladene gleichheitswidrig schlechter gestellt als sonstige Unternehmen, die derartigen Pflichten nicht unterlägen.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 6. November 2014 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen,

2. die Anschlussberufung der Kläger zurückzuweisen.

Die Kläger beantragen,

1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

2. das Urteil des Verwaltungsgerichts teilweise zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesministeriums des Innern vom 1. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2013 zu verpflichten, ihnen auch Zugang zu den in den vorgenannten Bescheiden genannten Dokumenten Nr. 1, 2, 5, 6, 7 (vollständig) und 12 zu gewähren.

Zur Begründung ihrer Anschlussberufung machen die Kläger geltend, dass ihnen bis zum Inkrafttreten der Neuregelung des § 96 Abs. 4 BHO auch ein Anspruch auf Zugang zu den Informationen zugestanden habe, die Gegenstand der klageabweisenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts seien. Das Verwaltungsgericht sei zwar im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass für die Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen sei. Von diesem Grundsatz müsse aber vorliegend aus Gründen der Verfahrensfairness eine Ausnahme gemacht werden. Die Beklagte habe die vom Bundesrechnungshof initiierte Gesetzesänderung abgewartet, um den Informationszugang verweigern zu können; ein derartiges Vorgehen könne in einem Rechtsstaat nicht hingenommen werden.

Zudem habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommen, dass die streitgegenständlichen Vermerke in Dokument Nr. 5 (gemeint wohl: Dokument Nr. 6) und Nr. 7 unter die Spezialregelung des § 96 Abs. 4 Satz 4 BHO fielen. Die Regelung sei als Ausnahmevorschrift eng auszulegen und erfasse ihrem ausdrücklichen Wortlaut nach nur „entsprechende Akten“. Sie beziehe sich damit nur auf spiegelbildlich identische Aktenbestandteile; der erstinstanzlich angeführte Zweck der Gewährleistung eines einheitlichen Schutzniveaus rechtfertige keine erweiternde Auslegung auf sonstige Informationen. Bei den Dokumenten Nr. 1 und 2 handele es sich um abschließend festgestellte Prüfungsergebnisse im Sinne des § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO. Insoweit habe nicht nur der Bundesrechnungshof nach Ermessen über die Freigabe zu entscheiden. Aus systematischer Sicht sei es vielmehr zwingend, auch der geprüften Stelle einen Ermessensspielraum einzuräumen. Eine Ermessensentscheidung habe die Beklagte nicht getroffen; im Übrigen könne sie ihr Ermessen nur im Sinne einer Freigabe ausüben, da sie vergleichbare Informationen bereits herausgegeben habe. Zugang sei danach auch zu dem Schreiben in Dokument Nr. 5 zu gewähren, da dessen Inhalt schon anderweitig nicht für geheimhaltungsbedürftig angesehen worden sei.

Der Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt und sich im Wesentlichen den Ausführungen der Beklagten angeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und die eingereichten Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten (1.) und die Anschlussberufung der Kläger (2.) sind zulässig, aber unbegründet.

1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht einen Anspruch der Kläger aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG auf teilweisen Zugang zu dem Vermerk des BMI vom 11. November 2002 (Dokument Nr. 7), soweit er die aus der Prüfung des Bundesrechnungshofs gezogenen Konsequenzen betrifft, und auf Zugang zu den noch streitigen Seiten 27 und 28 des Prüfberichts des Bundesverwaltungsamtes vom 11. September 2007 (aus Dokument Nr. 15) bejaht.

a) Hinsichtlich der vorstehenden Informationen scheitert der geltend gemachte Anspruch nicht bereits an der fehlenden Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes. Nach § 1 Abs. 3 IFG gehen Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 VwVfG und des § 25 SGB X vor. Bei der am 19. Juli 2013 in Kraft getretenen Vorschrift des § 96 Abs. 4 BHO handelt es sich zwar um eine vorrangige spezialgesetzliche Regelung, die den Zugang zu Informationen betreffend die Prüftätigkeit des Bundesrechnungshofs abschließend regelt (vgl. Amtliche Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 17/13931 S. 4). Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der Vermerk des BMI in Dokument Nr. 7 jedoch nicht in seiner Gesamtheit von der Spezialregelung des § 96 Abs. 4 BHO erfasst; ebenso wenig unterliegen die Seiten 27 und 28 des Prüfberichts des Bundesverwaltungsamtes dem Anwendungsbereich der Vorschrift.

Nach § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO kann der Bundesrechnungshof Dritten durch Auskunft, Akteneinsicht oder in sonstiger Weise Zugang zu dem Prüfungsergebnis gewähren, wenn dieses abschließend festgestellt wurde. Gleiches gilt nach Satz 2 für Berichte, wenn diese abschließend vom Parlament beraten wurden. Zum Schutz des Prüfungs- und Beratungsverfahrens wird Zugang zu den zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit geführten Akten des Bundesrechnungshofs nicht gewährt (Satz 3). Das gilt auch für die entsprechenden Akten bei den geprüften Stellen (Satz 4). Die Gewährung von Informationszugang zu abschließend festgestellten Prüfungsergebnissen und Berichten ist danach in das Ermessen des Bundesrechnungshofs gestellt. Darüber hinaus schließt die Vorschrift den Zugang zu den zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit geführten Akten des Bundesrechnungshofs und den entsprechenden Akten der geprüften Stellen auch nach Feststellung des Ergebnisses aus, um das Prüfungs- und Beratungsverfahren, namentlich den Prozess der ungehinderten Entscheidungsfindung, zu schützen (Dittrich, BHO, Kommentar, Stand: Januar 2015, § 96 Rn. 9.2; vgl. zum Gang der parlamentarischen Beratung der Gesetzesänderung: Bericht des Bundesrechnungshofs an den Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages vom 12. März 2014, S. 8 bis 11). Nach Wortlaut und Sinn und Zweck des § 96 Abs. 4 Satz 4 BHO erstreckt sich der Schutz der „entsprechenden Akten bei den geprüften Stellen“ in Übereinstimmung mit der Auslegung des Verwaltungsgerichts auf diejenigen Akten der geprüften Stellen, die inhaltlich den zur jeweiligen Prüfungstätigkeit geführten Akten des Bundesrechnungshofs entsprechen, d.h. inhaltlich spiegelbildlich Informationen enthalten, die auch Gegenstand der geschützten Akten des Bundesrechnungshofs sind. Die erstinstanzliche Auslegung trägt ersichtlich der vom Gesetzgeber beabsichtigten Gewährleistung eines einheitlichen Schutzniveaus der Unterlagen des Bundesrechnungshofs und der geprüften Stellen Rechnung (BT-Drs. 17/13931 S. 4).

Die vorstehenden Voraussetzungen sind bei den Teilen des Vermerks des BMI in Dokument Nr. 7, hinsichtlich der das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat, nicht erfüllt. Dass sämtliche Teile des Vermerks - einschließlich der Teile, die sich auf die aus der Prüfung des Bundesrechnungshofs für die Zukunft gezogenen Konsequenzen beziehen - inhaltlich den Informationen entsprechen, die auch in den beim Bundesrechnungshof zum damaligen Prüfverfahren geführten Akten vorliegen, behauptet die Beklagte selbst nicht. Vielmehr macht sie geltend, dass die in dem Vermerk dargelegten Schlussfolgerungen inhaltlich nicht von dem Prüfbericht des Bundesrechnungshofs zu trennen seien; sie bezögen sich jeweils konkret auf die einzelnen Beanstandungen des Bundesrechnungshofs. Dies rechtfertigt nicht die Annahme, der Vermerk gehöre insgesamt zu den entsprechenden Akten der geprüften Stelle. Soweit der Vermerk die aus dem Prüfbericht gezogenen Konsequenzen betrifft, erschöpft er sich nicht in einer Wiedergabe inhaltlich spiegelbildlicher Informationen, die auch Gegenstand der geschützten Akten des Bundesrechnungshofs sind. Der angeführte Sachzusammenhang mit den Beanstandungen des Bundesrechnungshofs ändert nichts daran, dass es sich bei den in Rede stehenden Teilen des Vermerks um eigenständige Bewertungen des Bundesinnenministeriums als Zuwendungsgeber und damit um andere Informationen handelt, als sie inhaltlich in den beim Bundesrechnungshof geführten Akten vorliegen. Die von der Beklagten offensichtlich befürchtete Möglichkeit, aus den im Vermerk enthaltenen Schlussfolgerungen Rückschlüsse auf das Ergebnis der Prüfung des Bundesrechnungshofs zu ziehen, wird vom Schutzzweck des § 96 Abs. 4 Satz 4 BHO nicht erfasst. Der Zugang zu den Akten der geprüften Stelle ist zum Schutz des Prüfungsverfahrens nur hinsichtlich der Informationen ausgeschlossen, die ihrem konkreten Inhalt nach identisch mit den in den Akten des Bundesrechungshofs verkörperten Informationen sind. Ein bloßer Sachzusammenhang mit der Prüftätigkeit des Bundesrechnungshofs reicht dafür nicht aus; dies gilt jedenfalls dann, wenn die Akten oder Aktenteile der geprüften Stelle - wie vorliegend - Informationen enthalten, die einen weitergehenden Inhalt aufweisen. Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass die danach gebotene Differenzierung zwischen der Wiedergabe von Informationen, die inhaltlich spiegelbildlich den beim Bundesrechnungshof geführten Akten entsprechen, und den die vom Ministerium gezogenen Konsequenzen betreffenden Teilen des Vermerks objektiv unmöglich wäre, sind nach dem bereits erstinstanzlich geschilderten Aufbau des Vermerks weder dargetan noch erkennbar.

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass auch die streitigen Seiten 27 und 28 des Prüfberichts des Bundesverwaltungsamtes vom 11. September 2007 (aus Dokument Nr. 15) nicht zu den entsprechenden Akten der geprüften Stelle im Sinne des § 96 Abs. 4 Satz 4 BHO gehören. Der erstinstanzlichen Feststellung, dass diese Informationen nicht in den beim Bundesrechnungshof geführten Akten vorliegen, ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

b) Die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG sind unstreitig erfüllt. Die Kläger sind anspruchsberechtigt; das beklagte Bundesministerium des Innern ist eine anspruchsverpflichtete Behörde. Bei den streitbefangenen Dokumenten handelt es sich um amtliche Informationen im Sinne des § 2 Nr. 1 IFG, über die das Ministerium verfügen kann (§ 7 Abs. 1 Satz 1 IFG), da sie von ihm selbst erstellt bzw. in Auftrag gegeben worden sind.

c) Der von der Beklagten allein geltend gemachte Ausschlussgrund des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des Beigeladenen (§ 6 Satz 2 IFG) liegt nicht vor.

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Ein solches Interesse ist anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Konkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbssituation des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen oder ihm in sonstiger Weise wirtschaftlichen Schaden zuzufügen (Urteil des Senats vom 28. Januar 2015 - OVG 12 B 13.13 - juris Rn. 107 mit Nachweisen zur st. Rspr. der Bundesgerichte). Die prognostische Einschätzung nachteiliger Auswirkungen im Falle des Bekanntwerdens der Informationen muss nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 - BVerwGE 150, 383, juris Rn. 28); die Darlegungslast liegt bei der Beklagten als anspruchsverpflichtete Behörde, die sich auf eine Ausnahme vom freien Informationszugang beruft.

Gemessen hieran ist auch im Berufungsverfahren nicht plausibel gemacht, dass die Teile des Vermerks in Dokument Nr. 7, die sich auf die von der Beklagten aus der Prüfung des Bundesrechnungshofs gezogenen Konsequenzen beziehen, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen des Beigeladenen enthalten oder Rückschlüsse auf wettbewerbsrelevante Umstände zulassen. Zwar ist der Beigeladene nach den zutreffenden erstinstanzlichen Feststellungen in einem Teilbereich wirtschaftlich aktiv, soweit es um die Beschaffung von Eigenmitteln und die Einwerbung von Sponsorengeldern geht. Dem Vorbringen der Beklagten und des Beigeladenen lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass gerade die Teile des Vermerks, die Gegenstand der stattgebenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts sind, Informationen zur wirtschaftlichen Lage des Beigeladenen oder seinen Marktaktivitäten enthalten, die bei einer Offenlegung zu Nachteilen im Wettbewerb führen oder ihm sonst wirtschaftlichen Schaden zufügen können. Der wiederholte Hinweis, dass sich die im Vermerk dargelegten Schlussfolgerungen auf einzelne Beanstandungen des Bundesrechnungshofs bezögen und auch zum jetzigen Zeitpunkt noch ein Werturteil über den Beigeladenen und seine Führungsebene prägen könnten, genügt dafür nicht. Das öffentliche Ansehen des Beigeladenen ist für sich genommen kein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, das Rückschlüsse auf wettbewerbsrelevante Tatsachen, Umstände oder betriebsinterne Vorgänge zulässt. Ob eine Offenlegung der in Rede stehenden - mittlerweile fast 13 Jahre alten - Informationen auch gegenwärtig noch zu dem behaupteten Ansehensverlust führen kann, kann danach dahinstehen; konkrete Anhaltspunkte sind insofern von der Beklagten und dem Beigeladenen auch auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen worden.

Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Seiten 27 und 28 des Prüfberichts des Bundesverwaltungsamtes vom 11. September 2007 (aus Dokument Nr. 15). Auch insoweit fehlt es an der gebotenen Differenzierung und Darlegung, dass gerade die noch streitbefangenen Seiten des Prüfberichts, die nach den Angaben der Beklagten das Ergebnis der Prüfung sowie die Erläuterungen hierzu betreffen, schutzwürdige Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse des Beigeladenen enthaltenen. Abgesehen davon, dass das abschließende Testat des Bundesverwaltungsamtes auf Seite 27 des Prüfberichts den Klägern ausweislich der ihnen zugänglich gemachten Unterlagen ohnehin bekannt ist (Anlage K 09, Blatt 63), handelt es sich nach der zutreffenden Feststellung des Verwaltungsgerichts sowohl bei dem Testat selbst als auch bei den erläuternden Bemerkungen um Bewertungen des Bundesverwaltungsamtes. Das Ergebnis der durch das Haushaltsrecht des Bundes vorgegebenen Prüfung der Geschäftsführung (vgl. Nr. 1.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 44 BHO, abgedruckt bei Dittrich, a.a.O.) stellt der Sache nach kein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis dar, das dem Beigeladenen exklusiv zugeordnet ist. Ebenso wenig ist substantiiert dargetan, dass die ergänzenden Bemerkungen, die sich nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung namentlich auf Organisationsabläufe beziehen, Rückschlüsse auf wettbewerbsrelevante Daten des Beigeladenen zulassen, die seine wirtschaftlichen Verhältnisse maßgeblich bestimmen. Die angeführten Außenwirkungen eines „plakativen“ Testats des Bundesverwaltungsamtes zielen wiederum auf einen vom Beklagten befürchteten Ansehungsverlust in der Öffentlichkeit ab, der - wie dargelegt - für sich genommen nicht dem Schutz des § 6 Satz 2 IFG unterliegt. Daran ändert auch der Hinweis auf die Verpflichtungen, denen der Beigeladene als Empfänger öffentlicher Zuwendungen - anders als andere Unternehmen - unterliegt, nichts.

2. Hinsichtlich der darüber hinaus streitigen Dokumente Nr. 1, 2, 5, 6 und 12 sowie der noch streitbefangenen Teile des Vermerks in Dokument Nr. 7 hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Die Anschlussberufung der Kläger ist unbegründet; die angefochtenen Bescheide verletzen sie insoweit nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

a) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht für die Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens der Kläger auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgestellt.

Ob der mit der Verpflichtungsklage geltend gemachte Anspruch besteht, ergibt sich aus dem einschlägigen materiellen Recht; maßgeblich für die Entscheidung des Gerichts sind unabhängig von der Klageart grundsätzlich die Rechtsvorschriften, die sich im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. Entscheidung über das Klagebegehren Geltung beimessen (Urteil des Senats vom 15. Juni 2010 - OVG 12 B 39.09 - juris Rn. 27 m.w.N.). Für eine Ausnahme von diesem - auch von den Klägern nicht in Abrede gestellten - Grundsatz aus Gründen der „Verfahrensfairness“ ist kein Raum. Dabei kann dahinstehen, ob den Klägern vor Inkrafttreten des § 96 Abs. 4 BHO ein Anspruch auf Informationszugang zugestanden hätte. Denn die Neuregelung des § 96 Abs. 4 BHO ist während des laufenden Verwaltungsverfahrens am 19. Juli 2013 ohne Übergangsregelung in Kraft getreten (BGBl I S. 2395) und beansprucht damit auch Geltung für bereits anhängige Informationsanträge. Im Übrigen liegen keine Anhaltspunkte für eine bewusste Verfahrensverzögerung der Beklagten vor. Die Kläger haben ihren mit Schreiben vom 16. August 2012 eingelegten Widerspruch, mit dem sie eine Entscheidung über ihr weiteres Vorgehen in der „Gesamtangelegenheit“ angekündigt haben, erst mit Schreiben vom 30. Juni 2013 begründet. Dass die Beklagte die vom Bundesrechnungshof initiierte Gesetzesänderung bewusst abgewartet hätte, um den Informationszugang zu verweigern, trifft danach nicht zu.

b) Der zutreffenden und vom Senat geteilten Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass § 96 Abs. 4 BHO eine abschließende spezialgesetzliche Regelung im Sinne des § 1 Abs. 3 IFG ist, die eine Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes ausschließt, sind die Kläger nicht entgegengetreten. Ebenso wenig wenden sie sich gegen die erstinstanzliche Annahme, dass die Dokumente Nr. 1, 2 und 12 sowie die an den Bundesrechnungshof gerichteten Schreiben in den Dokumenten Nr. 5 und 6 in den Anwendungsbereich des § 96 Abs. 4 BHO fallen.

Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Anwendungsbereich der Vorschrift auch hinsichtlich des Vermerks des BMI in Dokument Nr. 6 und der von der Klageabweisung erfassten Teile des Vermerks in Dokument Nr. 7, die den Prüfbericht des Bundesrechnungshofs aus dem Jahr 2002 inhaltlich wiedergeben, eröffnet. Für eine enge Auslegung des Begriffs der „entsprechenden Akten der geprüften Stellen“, die formal auf das Vorliegen spiegelbildlich identischer Aktenbestandteile abstellt, ist auch unter Berücksichtigung des angeführten Ausnahmecharakters des § 96 Abs. 4 Satz 4 BHO kein Raum. Die von den Klägern reklamierte formale Sichtweise würde der erklärten Absicht des Gesetzgebers zuwiderlaufen, den Schutz der zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit geführten Akten des Bundesrechnungshofs zur Gewährleistung eines einheitlichen Schutzniveaus auf die bei den geprüften Stellen vorhandenen Akten zu erstrecken. Der gesetzlich ausdrücklich angeordnete Schutz des Prüfungs- und Beratungsverfahrens des Bundesrechnungshofs wäre erkennbar nur unvollständig gewährleistet; er würde in den Fällen leerlaufen, in denen die Akten der geprüften Stelle zwar nicht der Form, aber ihrem konkreten Inhalt nach spiegelbildlich Informationen enthalten, die auch Gegenstand der vom Informationszugang ausgenommenen Akten des Bundesrechnungshofs sind. Dass die geprüfte Stelle bei diesem Begriffsverständnis jeden Aktenbestandteil von der „Freigabe“ ausschließen könnte, der „irgendwie mit der Prüfung des BRH zu tun hat oder den sie hiermit in Verbindung bringt“, trifft angesichts der vorstehenden Darlegungen nicht zu. Konkrete Einwände, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 96 Abs. 4 Satz 4 BHO bei den mit der Anschlussberufung angegriffenen Vermerken bzw. deren Teilen nicht erfüllt sind, sind von den Klägern weder erhoben worden noch sonst ersichtlich.

c) Entgegen der Auffassung der Kläger steht ihnen auch kein Anspruch auf Zugang zu den Dokumenten Nr. 1 und 2 zu. Zu Recht hat bereits das Verwaltungsgericht darauf verwiesen, dass nach § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO allein der Bundesrechnungshof Zugang zu abschließend festgestellten Prüfungsergebnissen gewähren kann. Für eine Ermessensentscheidung der Beklagten als der geprüften Stelle fehlt es an einer Rechtsgrundlage; daran vermag auch der von den Klägern angeführte Gesetzeszweck des § 96 Abs. 4 Satz 4 BHO nichts zu ändern. Damit scheidet auch die Gewährung von Informationszugang zu dem Schreiben des BMI in Dokument Nr. 5 im Wege des Ermessens aus, unabhängig davon, dass es sich ohnehin nicht um ein abschließend festgestelltes Prüfungsergebnis handelt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO und trägt dem Maß des jeweiligen Unterliegens der Beteiligten Rechnung, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Auslegung und Reichweite des § 96 Abs. 4 BHO zugelassen.