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Entscheidung 31 StL 3/12


Metadaten

Gericht LG Potsdam Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen Entscheidungsdatum 08.04.2013
Aktenzeichen 31 StL 3/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Steuerberater ist der Verletzung von Berufspflichten in 35 Fällen schuldig. Er wird deshalb zu einem

Berufsverbot für die Dauer von einem Jahr

verurteilt.

Er trägt die Kosten des Verfahrens.

Angewandte Vorschriften: §§ 57 Abs. 1, Abs. 2, 79, 90 Abs. 1 Nr. 4 StBerG.

Gründe

I.

Der Steuerberater ist zum Hauptverhandlungstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung unter Hinweis darauf, dass auch ohne ihn verhandelt werden kann – nicht erschienen. Die Hauptverhandlung wurde deshalb in seiner Abwesenheit durchgeführt (§ 121 StBerG).

II.

Der Angeschuldigte wurde am 20. April 2007 von der Steuerberaterkammer Brandenburg zum Steuerberater bestellt. Er übt den Beruf selbständig in eigener Praxis, die zugleich sein Wohnort ist, in H. aus. Dort ist sein Büro allerdings telefonisch vielfach nicht erreichbar. Auch hat er keinen Telefonanrufbeantworter in Betrieb, so dass ihm zu Geschäftszeiten keine Nachrichten übermittelt werden können. Anfragen der Steuerberaterkammer Brandenburg beantwortete er in der Vergangenheit selten. Auch für die Steuerberaterkammer Brandenburg war er im Wesentlichen nicht erreichbar; er reagierte meist weder auf Anschreiben der Steuerberaterkammer Brandenburg oder des Versorgungswerkes mit konkreten Vorwürfen von Dienstvergehen, noch war er z.B. am 20. März 2013 während der gewöhnlichen Geschäftszeit telefonisch für das Gericht erreichbar; ein Anrufbeantworter war nicht in Betrieb.

Der Steuerberater ist zugleich seit dem 20. April 2007 Mitglied im Steuerberaterversorgungswerk Brandenburg. Hierbei handelt es sich um eine Pflichtmitgliedschaft, die die Zahlung monatlicher Beiträge – er war zur Zahlung des Mindestbeitrags verpflichtet - zur Folge hat. Von der Versicherungspflicht ist er nicht befreit.

Die Steuerberaterkammer Brandenburg erteilte dem Steuerberater mit Bescheid vom 22. November 2010 eine Rüge, weil er seine Beiträge zum Steuerberaterversorgungswerk bis dahin bereits nicht bzw. nicht fristgemäß entrichtet hatte, so dass Vollstreckungsmaßnahmen erfolgen mussten.

III.

Die Feststellungen zu den Pflichtverletzungen:

1.

Versäumnisse bei der Abgabe der Umsatzsteuer- und Einkommenssteuererklärungen des Steuerberaters im Zeitraum vom 10. Februar 2008 bis 31. Mai 2011, Versäumnisse gegenüber dem Versorgungswerk und der Steuerberaterkammer Brandenburg (§ 79 Abs. 1 StBerG in Verbindung mit § 1 der Beitragsordnung der Steuerberaterkammer Brandenburg, § 35 Abs. 7 der Satzung des Steuerberaterversorgungswerks) wegen Vorenthaltens von Mitgliedsbeiträgen. Die Höhe des jährlichen Kammerbeitrags setzte die Kammerversammlung mit Beschluss für jedes Jahr auf 400,- Euro fest.

Der Steuerberater war ab dem Jahr seiner Betriebsaufnahme verpflichtet, Umsatzsteuervoranmeldungen jeweils bis zum 10. Tag des Folgemonats der Finanzbehörde – dem Finanzamt – vorzulegen (§ 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 4 UStG); 1.1.

1.1.

Im Einzelnen gab er für das Jahr 2008 monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen, die er jeweils bis zum 10. Tag des Folgemonats vorzulegen hatte, nicht fristgemäß, sondern erst am 4. Januar 2009 ab. Dabei handelte es sich um folgende elf Fälle verspäteter Umsatzvorsteueranmeldung:

Fall 1

-       

Erklärung für Januar 2008, fällig am 10. Februar 2008

Fall 2

-       

Erklärung für Februar 2008, fällig am 10. März 2008

Fall 3

-       

Erklärung für März 2008, fällig am 10. April 2008

Fall 4

-       

Erklärung für April 2008, fällig am 10. Mai 2008

Fall 5

-       

Erklärung für Mai 2008, fällig am 10. Juni 2008

Fall 6

-       

Erklärung für Juni 2008, fällig am 10. Juli 2008

Fall 7

-       

Erklärung für Juli 2008, fällig am 10. August 2008

Fall 8

-       

Erklärung für August 2008, fällig am 10. September 2008

Fall 9

-       

Erklärung für September 2008, fällig am 10. Oktober 2008

Fall 10

-       

Erklärung für Oktober 2008, fällig am 10. November 2008 und

Fall 11.

        

Erklärung für November 2008, fällig am 10. Dezember 2008.

In allen vorgenannten elf Fällen hatte er die jeweils fällige Umsatzsteuervoranmeldung erst am 14. Januar 2009 abgegeben. Ab dem Jahr 2010 war er von der Abgabe monatlicher Voranmeldungen befreit und unterlag der Verpflichtung zur Jahresvorsteuererklärung. Hintergrund dieser Befreiung ist die geringe Steuerlast des Angeschuldigten.

Fall 12
Die Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2008 gab der Angeschuldigte nicht ab, obwohl er auch dazu bis zum 31. Mai 2009 verpflichtet war. Die Folge seines nachlässigen Verhaltens war der Erlass eines Schätzungsbescheides durch das Finanzamt Königs Wusterhausen. Den Schätzungsbescheid für 2008 hat der Angeschuldigte nicht angefochten, so dass er bestandskräftig geworden ist.

Fall 13
Der Angeschuldigte hat für das Jahr 2008 die Einkommenssteuerjahreserklärung, die er bis zum 31. Mai 2009 hätte bei seinem Finanzamt einreichen müssen, nicht erklärt.

Der gleichen gilt für die quartalsmäßig anzufertigenden Umsatzsteuervoranmeldungen.

Fall 14
So hat er die für das erste Quartal 2009 zum 10. Mai 2009 fällige Umsatzsteuervoranmeldung am 13. August 2009, und damit verspätet, eingereicht.

Fall 15
Die für das zweite Quartal 2009 am 10. August 2009 fällige Umsatzsteuervoranmeldung hat er überhaupt nicht abgegeben. Seitens des Finanzamtes Königs Wusterhausen erfolgte deshalb eine Steuerschätzung. Die Steuerschätzung hat der Angeschuldigte nicht angefochten.

Fall 16
Die für das dritte Quartal 2009 am 10. November 2009 fällige Erklärung hat er am 21. Dezember 2009, mithin verspätet abgegeben.

Fall 17
Zuletzt hat er auch die für das vierte Quartal 2009 am 10. Februar 2010 abzugebende Erklärung verspätet erst am 10. Mai 2010 erklärt.

Fall 18
Die Umsatzsteuererklärung für 2009 gab der Angeschuldigte gleichfalls nicht ab, obwohl er auch hierzu bis zum 31. Mai 2010 verpflichtet war.

Fall 19
Am 30. November 2010 erfolgte deshalb ein Schätzungsbescheid des Finanzamtes Königs Wusterhausen, den der Angeschuldigte nicht angefochten hat. Die nach dem Schätzungsbescheid fällige Umsatzsteuer rechnete das Finanzamt Königs Wusterhausen mit einem vorhandenen Guthaben aus einer Eigenheimzulage des Angeschuldigten auf.

Fall 20
Im Jahre 2009 ist dem Angeschuldigten eine sogenannte Dauerfristverlängerung von einem Monat zugestanden worden. Dies bedeutet, dass die gesetzlichen Fristen für die Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung und Einkommenssteuererklärung jeweils um einen Monat verlängert waren. Die Umsatzsteuerjahreserklärung gab der Angeschuldigte am 26. April 2012 ab, obwohl er verpflichtet war, diese bis zum 31. Mai 2011 dem Finanzamt vorzulegen.

Fall 21
Gleiches gilt für die Einkommenssteuerjahreserklärung für 2010. Auch diese hätte der Angeschuldigte bis zum 31. Mai 2011 beim Finanzamt einreichen müssen. Er tat es erst am 26. April 2012.

In allen vorgenannten 21 Fällen ist er regelmäßig vom Finanzamt an seine Pflichten schriftlich erinnert worden. Eine Reaktion auf die Mahnungen des Finanzamtes erfolgte in keiner der Fälle.

1.2. Versäumnisse gegenüber dem Versorgungswerk der Steuerberater:

Neben seiner Verpflichtung gegenüber dem Finanzamt auf fristgemäße Erklärung seiner Einkommensverhältnisse und des Umsatzes hat der Steuerberater weitere Berufspflichten missachtet. Der Angeschuldigte, der Mitglied des Versorgungswerkes der Steuerberater- und Steuerbevollmächtigten im Land Brandenburg ist, hatte seit seinem Beitritt zur Kammer, monatliche Beiträge zu entrichten. Die mit rechtskräftigen Bescheiden festgesetzten monatlichen Beiträge beziehen sich auf folgende Höhen und Fälligkeiten.

Fälle 22 bis 27
Für die Monate Mai 2011 bis Oktober 2011 schuldete der Angeschuldigte jeweils 92,52 € monatlich. Die Fälligkeit der jeweiligen Beträge datierte auf den 15. eines jeden Monats. Inzwischen sind die Beiträge zum Versorgungswerk bis Februar 2012 durch Banküberweisung einer Angehörigen des Angeschuldigten überwiesen worden. Seit dem 15. März 2012 sind wieder Rückstände von etwa 1.100,00 € aufgelaufen. Die Steuerberaterkammer hat zuletzt am 26. Februar 2013 den Angeschuldigten gemahnt und um eine sofortige Zahlung der ausstehenden Gelder nachgesucht.

Im Einzelnen zahlte er für die Monate Mai 2011 bis Oktober 2011 (Ziffer 22. bis 27.) die Beiträge verspätet am 16. Dezember 2011.

Fälle 28 bis 33
Für den Monat Dezember 2011 waren 93,61 € fällig, für den Monat Januar 2012 ein Betrag von 94,08 €, dergleichen für den Monat Februar 2012, für März 2012 ein Betrag in Höhe von 93,61 € und für April und Mai 2012 jeweils ein Betrag von 94,08 € jeweils fällig zum 15. des Folgemonats.

Der Steuerberater zahlte für Dezember 2011 bis Mai 2012 keine Beiträge zum Versorgungswerk.

1.3. Versäumnisse an Beitragszahlungen gegenüber der Steuerberaterkammer Brandenburg:

Fall 34
Für das Jahr 2010 entrichtete der Angeschuldigte zunächst keinen Beitrag an die Steuerberaterkammer Brandenburg (§ 79 Abs. 1 StBerG i.V.m. § 1 der Beitragsordnung der Steuerberaterkammer Brandenburg), obwohl er dazu verpflichtet war, und von der Kammer gemahnt wurde. Mit Bescheid vom 4. Januar 2010 setzte die Steuerberaterkammer Brandenburg ihm zur Begleichung der Kammerbeiträge eine Frist bis zum 31. Januar 2010, die er verstreichen ließ.

Fall 35
Für das Jahr 2012 entrichtete der Angeschuldigte ebenfalls keinen Beitrag an die Steuerberaterkammer Brandenburg. Obgleich er verpflichtet war, 400,00 € - den Mindestbeitrag - zu zahlen. Zur Beitragsbegleichung hat die Steuerberaterkammer ihm eine Frist bis zum 31. Januar 2012 gesetzt, die der Angeschuldigte verstreichen ließ.

Die Kammerbeiträge sind inzwischen bis 2011 ausgeglichen. Hinsichtlich des Versorgungswerks sind 642 € noch fällig; die Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher ist eingeleitet.

IV.

Die Feststellungen beruhen auf den ausweislich des Protokolls durch Bericht des Vorsitzenden eingeführten Urkunden und Schriftstücken. Ferner auf den glaubhaften Bekundungen des als Zeugen gehörten Geschäftsführers des Versorgungswerkes und der Steuerberaterkammer Brandenburg W. H. und des als Zeugen vernommenen Steueramtsrat G. R..

Der Angeschuldigte hat sich schriftlich, insoweit sind diese Urkunden verlesen und in Augenschein genommen worden, dahingehend eingelassen, dass er nicht bewusst gegen seine Pflichten als Steuerberater verstoßen habe. Er sei bis Ende 2009 psychisch erkrankt gewesen. Dies habe mit Depressionen angefangen. Aus „falschem Scham“, Angst vor dem Makel einer psychischen Erkrankung, habe er sich nicht in ärztliche Behandlung gegeben, so dass irgendwann zu den gesundheitlichen Problemen auch noch materielle Probleme hinzu gekommen seien. So sei das mit den verspäteten Zahlungen für das Versorgungswerk zustande gekommen. Er habe der Kammer damals auch mitgeteilt, dass er krank sei. Eine Rüge sei ihm trotzdem erteilt worden. In der Zeit, als das mit seiner Krankheit auf dem Höhepunkt gewesen sei, hätten ihm dann auch Schätzungsbescheide für die Kalenderjahre 2008 und 2009 erreicht. Er sei damals nur noch in der Lage gewesen, diese Verfahren offen zu halten; zu mehr nicht mehr. Die Steuererklärungen für 2010 habe er am 26. April 2012 eingereicht. Die Erklärungen für 2008 und 2009 wollte er zum 22. Mai 2012 einreichen mit der Versicherung, dass es in Zukunft – nach dem 4. Mai 2012, dem Tag seiner Stellungnahme – nicht mehr zu Verzögerungen kommen werde.

Mit Schreiben vom 3. Februar 2010, das in der Hauptverhandlung gleichfalls verlesen und in Augenschein genommen wurde, erklärte der Angeschuldigte gegenüber der Steuerberaterkammer Brandenburg, dass es zutreffend sei, dass es zu Beitragsrückständen bei dem Steuerberaterversorgungswerk gekommen sei und er dies zu verantworten habe. Er habe die Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten. Er sei erst seit zwei Jahren Steuerberater und beruflich „laufe es nicht so richtig“. Im Herbst habe er begonnen, sich in etwas „reinzusteigern“. Das sei wie eine psychische Blockade und die Liquidität sei auch nicht da gewesen. Er habe wirklich „schlimme Zeiten“ hinter sich.

Nach der eigenen Einlassung hat der Angeschuldigte eingeräumt, Beiträge zum Versorgungswerk nicht gezahlt und auch seine Verpflichtung gegenüber dem Finanzamt nicht fristgemäß wahrgenommen zu haben. Sein Teilgeständnis wird gestützt durch die glaubhaften Bekundungen der als Zeugen gehörten Herrn H. und R..

Der Zeuge R. hat die Versäumnisse des Angeschuldigten hinsichtlich der Erklärung der Umsatzvorsteueranmeldung, Umsatzjahressteuer und Einkommenssteuererklärungen in der Hauptverhandlung so bekundet, wie dies in den Feststellungen niedergeschrieben ist. Er konnte im Einzelnen darlegen, für welche Monate der Angeschuldigte keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben hat. Auch das er regelmäßig gemahnt wurde, bestätigte der Zeuge glaubhaft. Im Einzelnen ist seine Zeugenaussage auch deshalb glaubhaft, weil sie detailreich ist. So konnte sich der Zeuge auch anhand seiner dienstlichen Unterlagen noch heute daran erinnern, dass der Angeschuldigte die Umsatzsteuererklärung für 2009 überhaupt nicht eingereicht hat. Die Schätzung seines Finanzamtes vom 30. November 2001 habe eine Zahllast von 618,25 € ergeben. Gegen diesen Schätzungsbescheid habe der Angeschuldigte keine Rechtsmittel eingelegt, so dass im Ergebnis eine Verrechnung der Steuerschuld mit der Eigenheimzulage aus dem Jahr 2011 erfolgt sei. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2010 habe der Angeschuldigte gegen die Umsatzsteuerschätzungen aus 2008 und 2009 dann Einspruch eingelegt und die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Zur Begründung habe er damals vorgetragen, dass er alle Unterlagen bis zum 7. Januar 2011 einreichen werde, diese Zusage habe er nicht eingehalten. Am 13. April 2011 sei der Einspruch gegen die Umsatzsteuervoranmeldung für 2008 und 2009 als unzulässig verworfen worden, weil er bereits verfristet eingelegt worden sei. Hiergegen erhob der Angeschuldigte keine Klage, weshalb die Schätzungen bestandskräftig geworden seien. Stattdessen habe er am 15. Mai 2011 die „schlichte Änderung“ nach § 172 Abs. 1 Satz 3 AO beantragt. Zur Begründung führte er aus, dass er die Umsatzsteuererklärung einreichen werde, was tatsächlich aber nicht erfolgt sei.

Dieses Detailwissen untermauert in der Tendenz das Teilgeständnis des Steuerberaters.

Hinsichtlich der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2010 vermochte sich der Zeuge sich gleichfalls genau daran zu erinnern, dass diese bis zum 31. Mai 2011 vorzulegen gewesen seien aber nicht fristgemäß vorgelegt wurden. Am 21. Juli 2011 sei der Angeschuldigte maschinell erinnert worden und ihm ist eine Frist bis zum 31. August 2011 gesetzt worden. Er habe keine Umsatzsteuerjahreserklärung vorgelegt, so dass auch in diesem Fall die Umsatzsteuer mit Bescheid vom 13. Dezember 2011 geschätzt worden sei. Der Schätzungsbescheid habe eine Zahllast von 1.820,00 € ergeben. Hiergegen habe der Steuerberater am 13. Januar 2012 fristgemäß Einspruch eingelegt und die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Allerdings sei keine Einspruchsbegründung erfolgt; auch wurde die Jahreserklärung nicht vorgelegt, so dass sowohl die Aussetzung als auch der Einspruch mit Bescheiden vom 20. Januar und 31. Januar 2012 als unbegründet verworfen worden seien. Hierauf sei keine Reaktion des Angeschuldigten erfolgt. Am 26. April 2012 seit dann schließlich die Jahreserklärung für die Umsatzsteuer 2010 eingegangen. Dies hätte einen geänderten Steuerbescheid zur Folge gehabt, wonach mit Bescheid vom 16. Mai 2012 eine Umsatzsteuerlast von 549,78 € festgestellt worden. Mangels einer Verrechnungsmöglichkeit- aus der Eigenheimzulage sei kein Guthaben mehr vorhanden gewesen – sei der Betrag nach wie vor fällig gestellt, eine Zahlung sei trotz Mahnungen bisher nicht erfolgt.

Zuletzt war der Zeuge auch in der Lage, detailliert über die Einzelheiten der Einkommenssteuerjahreserklärungen 2008 und 2009 zu berichten. All seine Bekundungen belegen die Versäumnisse des Steuerberaters im Umgang mit eigenen Angelegeheiten.

Auch der vor dem Gericht als Zeuge gehörte Geschäftsführer des Versorgungswerkes der Steuerberaterkammer Brandenburg und der Steuerberaterkammer Brandenburg W. H. bekundete die Versäumnisse des Angeschuldigten so, wie in den Feststellungen niedergeschrieben steht. Der Zeuge bekundete zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft. Seine Aussage war detailreich und ohne überschießende Belastungen ruhig und sachlich vorgetragen.

So konnte sich der Zeuge W. H. im Einzelnen daran erinnern, den Angeschuldigten telefonisch im Grunde nie erreicht zu haben. Die von ihm angegebene Rufnummer, unter der er auch seine Kanzlei unterhält, ist faktisch nicht erreichbar. Auch sei kein Anrufbeantworter in Betrieb. Die Steuerberaterkammer und das Versorgungswerk haben mehrfach versucht mit dem Angeschuldigten in Kontakt zu treten. Schriftliche Anfragen habe er in der Regel nicht beantwortet. Hinsichtlich der offenen Kammerbeiträge habe man bis zum 26. Februar 2013 den Angeschuldigten nochmals angeschrieben und um Begleichung der offenen Forderungen verlangt; es sei keine Reaktion erfolgt. Soweit er – wie dargelegt – Zahlungen geleistet habe, leistete diese nicht der Angeschuldigte, sondern für ihn ein Familienangehöriger. Hinsichtlich der offenen Forderung in Höhe von 642,00 € an Beiträgen zum Versorgungswerk sei die Vollstreckung mit Schreiben der Kammer vom 15. Juni 2012 bei die Gemeinde H. beantragt worden.

Die Erfahrungen der Steuerberaterkammer Brandenburg mit der mangelnden telefonischen Erreichbarkeit des Steuerberaters zur Geschäftszeiten, fand auch das Gericht bestätigt. So war es dem Gericht sowohl am 20. März 2013 als auch in der Hauptverhandlung vom 8. April 2013 nicht möglich, den Steuerberater telefonisch zu erreichen; auch ein Anrufbeantworter war unter seiner Dienstanschrift nicht im Betrieb.

V.

Nach den Feststellungen hat der Angeschuldigte in 35 Fällen seine Pflicht, seinen Beruf gewissenhaft aufzuüben und sich innerhalb und außerhalb der Berufstätigkeit des Vertrauens und der Achtung, die sein Beruf erfordert, würdig zu erweisen, verletzt. Steuerberater haben gemäß § 57 Abs. 1 StBerG in Verbindung mit § 4 BOStB die Pflicht, ihren Beruf gewissenhaft, unabhängig und eigenverantwortlich auszuführen. Sie haben auch die Pflicht, sich außerhalb der Berufstätigkeit des Vertrauens und der Achtung würdig zu erweisen, die der Beruf erfordert. Gerade in eigenen finanziellen Angelegenheiten haben Steuerberater sich besonders korrekt zu verhalten. Der Steuerberater ist deshalb verpflichtet, seine eigenen Steuerangelegenheiten gleichermaßen gewissenhaft und den gesetzlichen Anforderungen entsprechend zu erledigen; Sozialversicherungsbeiträge hat er fristgemäß abzuführen. Mit dem festgestellten Fehlverhalten hat er gegen §§ 79, 57 Abs. 1, Abs. 2 StBerG, 18 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 4, Abs. 3 Satz 1 UStG, § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG, § 149 Abs. 2 Satz 1 AO.

So hatte er in der Zeit vom 10. Februar 2008 bis 31. Mai 2011 die ihn persönlich treffende Pflicht, die erforderlichen Umsatzsteuer- und Einkommenssteuererklärungen rechtzeitig abzugeben, nicht wahrgenommen. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 4 UStG war der Angeschuldigte verpflichtet, im Jahr seiner Betriebsaufnahme, nämlich im Jahr 2008, monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen jeweils bis zum 10. Tag des Folgemonats vorzulegen. Für die Zeiträume von Januar 2008 bis November 2008 blieb er den jeweils bis zum 10. des Folgemonats fälligen Umsatzsteuervoranmeldung gegenüber der Finanzbehörde – hier dem Finanzamt Königs Wusterhausen – säumig. Die Erklärung gab er erst am 4. Januar 2009 ab. Hinsichtlich der Umsatzsteuerjahreserklärungen, zu deren fristgemäßen Abgabe er gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG in Verbindung mit § 149 Abs. 2 Satz 1 AO jeweils bis zum 31. Mai 2009 verpflichtet war, erfolgte gleichfalls keine fristgemäßen Erklärungen; dergleichen für die Einkommenssteuerjahreserklärung für 2008, die gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG in Verbindung mit § 149 Abs. 2 Satz 1 AO zum 31. Mai 2009 vorzulegen war, erfolgte keine fristgemäße Vorlage.

Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 UStG war der Angeschuldigte verpflichtet, im Jahr 2009 quartalsweise Umsatzsteuervoranmeldungen bis zum 10. Tag des darauf folgenden Monats vorzulegen. Diese Frist verlängerte das Finanzamt auf Antrag des Angeschuldigten gemäß §§ 46, 47 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (USt-DV) jeweils um einen Monat. Gleichwohl hatte er im Fall 15 überhaupt keine Erklärung abgegeben und im Fall 14, 16 und 17 jeweils verspätet um einen und drei Monate. Hinsichtlich der Fälle 22 bis 33 ist der Angeschuldigte gemäß § 4 Abs. 2 des Steuerberaterversorgungsgesetzes Pflichtmitglied des Versorgungswerkes. Die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft liegen vor, da der Steuerberater nach dem 31. Dezember 2006 Mitglied der Steuerberaterkammer Brandenburg wurde und zu diesem Zeitpunkt das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Auch lag kein Befreiungstatbestand von der Mitgliedschaft vor, da der Angeschuldigte nicht vor oder am 31. Dezember 2006 bereits Mitglied einer Steuerberaterkammer im Bundesgebiet war, ohne Mitglied eines Versorgungswerkes im Bundesgebiet gewesen zu sein (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 Steuerberaterversorgungsgesetz). Ab Beginn der Mitgliedschaft sind nach den Bestimmungen der §§ 34 bis 37 der Satzung des Steuerberatungsversorgungswerkes von dem Angeschuldigten Versorgungsbeiträge an das Steuerberaterversorgungswerk zu entrichten. Befreiungsanträge von der Pflichtmitgliedschaft und von der Beitragspflicht hat der Angeschuldigte zu keiner Zeit gestellt. Der Höhe nach hatte der Angeschuldigte zwei Zehntel des Regelpflichtbeitrages zu zahlen, was dem Mindestbeitrag entspricht. Gemäß Bescheid nach § 35 Abs. 7 der Satzung des Steuerberaterversorgungswerks waren jeweils 94,08 € monatlich an Beiträgen zu entrichten.

Der Steuerberater handelte auch schuldhaft und hat die Pflichtverletzungen zu vertreten. Soweit er gesundheitliche Probleme pauschal hervorhebt, ist er jeglicher Substantiierung trotz Aufforderung durch das Gericht nicht nachgekommen. Weder hat er sich krank gemeldet noch ärztliche Atteste vorgelegt, die eine psychische oder physische Erkrankung auch nur ansatzweise eröffnen. Die Kammer wertet seine Äußerungen insoweit als reine Schutzbehauptungen, zumal er mit Schreiben vom 3. Februar 2010 der Steuerberaterkammer mitgeteilt hat, die „schlimme Zeit“ hinter sich zu haben. Gleichwohl ist er seiner Ankündigung, in Zukunft alle offenen Beträge rechtzeitig zu bezahlen nicht nachgekommen.

Soweit er sich auf eine – welche auch immer – Krankheit berufen will, wäre er auch dann verpflichtet gewesen, die Beiträge zum Versorgungswerk fristgemäß zu bezahlen und die nötigen Steuererklärungen dem Finanzamt nicht vorzuenthalten. Auch hätte er Vorsorge treffen müssen, damit die übernommenen Mandate weitergeführt oder angewickelt hätten können.

VI.

Gegen den Steuerberater war eine berufsgerichtliche Maßnahme nach §§ 89 Abs. 1, 90 StBerG zu verhängen.

Der Steuerberater muss sich um eine „ehrenhafte Abwicklung“ seiner finanziellen Verpflichtungen bemühen und die Erreichbarkeit auch während der gewöhnlichen Geschäftszeiten in seiner Kanzlei gewährleisten. Die Kammer konnte sich davon überzeugen, dass er auch zu Geschäftszeiten z.B. telefonisch nicht erreichbar ist; die Kanzlei auch nicht besetzt ist. Die Öffentlichkeit erwartet von einem Steuerberater eine tadellose Amtsführung und, dass er nicht schuldhaft seinen Gläubigern die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen zumutet. Die Steuerberaterkammer ist zur kalkulierbaren Deckung ihres Finanzbedarfs auf die rechtzeitige Beitragszahlung durch die Berufsangehörigen angewiesen.

Zu seinen Gunsten ist das Teilgeständnis und die wenigstens teilweise bzw. später auch vollständige Begleichung der Steuerschulden berücksichtigt worden. Auch wurde zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass er teilweise seine Kammerbeiträge und Beiträge zum Versorgungswerk ausgeglichen hat.

Aufgrund der Vielzahl der Pflichtverletzungen, der immer wieder nicht eingehaltenen Zusagen, nunmehr rechtzeitig die gesetzlich erforderlichen Steuererklärungen abzugeben und Beiträge zum Versorgungswerk und der Kammer fristgemäß zu zahlen, als auch des Umstandes, dass er sich auch die ihm erteilte Rüge nicht zur Warnung hat dienen lassen, hat das Berufsgericht gemäß § 90 Abs. 1 Nr. 4 StBerG ein befristetes

Berufsverbot von einem Jahr

für angemessen erachtet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 148 StBerG.