Gericht | OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 21.02.2019 | |
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Aktenzeichen | 9 UF 227/18 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2019:0221.9UF227.18.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Beschwerde des Kindesvaters vom 7. Dezember 2018, gerichtet gegen den Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 13. November 2018, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kindesvater.
3. Der Beschwerdewert beträgt 3.000 €.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde des Kindesvaters bleibt ohne Erfolg, sie ist unbegründet.
Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung sowie auf die Ausführungen in der Senatsverfügung vom 10. Januar 2019 Bezug genommen.
An diesen Ausführungen ist auch angesichts des weiteren Vortrages des Kindesvaters aus dem Schriftsatz vom 30. Januar 2019, der in der Sache keinen neuen erheblichen Tatsachenvortrag enthält, festzuhalten.
1.
Soweit der Kindesvater die Ansicht vertritt, die Kommunikation zwischen den Kindeseltern sei ausreichend gut, um die Einrichtung eines Wechselmodells zu ermöglichen, widerspricht dies dem hier vorliegenden konkreten Lebenssachverhalt.
Der Vertrauensverlust zwischen den Kindeseltern und deren hochemotional geführter Streit untereinander ist bereits erstinstanzlich durch sämtliche neutralen Beteiligten – insbesondere Jugendamt, Verfahrensbeistand und Sachverständige – festgestellt worden und wird letztendlich auch im Rahmen des Beschwerdevorbringens dokumentiert. Sowohl aus der Beschwerdebegründung wie auch der Beschwerdeerwiderung geht erkennbar die ablehnende Haltung der Kindeseltern untereinander hervor. Vater und noch Mutter machen sich insoweit gegenseitig Vorwürfe dahingehend, weshalb es zu Problematiken beim Umgang mit den Kindern kommt und weisen die Schuld jeweils einseitig dem anderen Elternteil zu; beide verkennen insoweit, dass an derartigen Problematiken – wie letztendlich auch die Sachverständige festgestellt hat – beide Kindeseltern aufgrund ihrer mangelnden Fähigkeit zu einer kindeswohlgerechten Kommunikation beitragen. Auf Seiten des Kindesvaters zeigt sich dies besonders deutlich daran, dass schon einleitend innerhalb seines Schriftsatzes vom 30. Januar 2019 bei der Frage, inwieweit ein elterlicher Konflikt besteht, er – obgleich einen solchen negierend – dann gleichwohl aber der Kindesmutter einseitig die Schuld für das hier geführte Verfahren zuweist; dass er selbst mindestens aufgrund seiner stets einen möglichst weitgehenden Umgang einnehmenden Haltung und gerade durch Einlegung der Beschwerde dieses Verfahren wesentlich mit veranlasst hat, erkennt er nicht. Ebenso wenig akzeptiert der Kindesvater an dieser Stelle, dass die Kindesmutter – wie aus ihrer Beschwerdeerwiderung hervorgeht – nunmehr die (deutlich über ihren erstinstanzlich geäußerten Willen hinausgehende) amtsgerichtliche Umgangsregelung akzeptiert und lediglich noch den vom Kindesvater verfolgten, noch weitergehenden Umgang im Beschwerdeverfahren ablehnt.
Dass es in Einzelfällen zu Absprachen zwischen den Kindeseltern gekommen ist, wie der Kindesvater insbesondere auf S. 3 seiner schriftsätzlichen Ergänzung vom 30. Januar 2019 ausführt, widerspricht dem nicht. Die durch den Kindesvater insoweit aufgeführten Beispiele sind allenfalls Mindeststandards, die eine nicht völlig zerstörte Kommunikation der Kindeseltern darstellen mögen; die bei einem Wechselmodell zu stellenden Anforderungen an eine hohe und stabile Kommunikationsfähigkeit der Kindeseltern genügen dem nicht. Das Wechselmodell kann aber nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die Eltern in der Lage sind, ihre Konflikte einzudämmen, beide hochmotiviert und an den Bedürfnissen ihres Kindes ausgerichtet sind und kontinuierlich und störungsfrei miteinander kommunizieren und kooperieren können und wollen (vgl. erneut BGH FamRB 2017, 136 sowie bereits OLG Naumburg FamRZ 2014, 1860; OLG Hamm FamRZ 2012, 1883; Jokisch FuR 2016, 85, 92). Insoweit wird auch weiterhin von sämtlichen neutralen Verfahrensbeteiligten bekundet, dass die Kindeseltern nur durch Zuhilfenahme Dritter – unter Umständen auch ihrer Anwälte – überhaupt in der Lage sind, miteinander zu Gunsten der Kinder zu kommunizieren. Gleichwohl hat der Senat insoweit nochmals Rücksprache mit dem Verfahrensbeistand gehalten, die aber telefonisch auch angesichts ihrer erneuten Befragung der Kinder bestätigt hat, dass dieser elterliche Konflikt und die mangelnde Fähigkeit zu gemeinsamen Gesprächen aus ihrer Sicht nach wie vor bestehen.
Sollte sich dies ändern, in dem die Kindeseltern möglicherweise auch durch eine – seitens der Sachverständigen besonders empfohlene – Moderation gemeinsame Gespräche aufnehmen und insoweit einen gefestigten Konsens untereinander finden, mag sich in der Zukunft die Sachlage anders darstellen; nichts wäre aus Sicht des Kindeswohls im Übrigen wünschenswerter als eine gute und stabile Kommunikation der Eltern. Insoweit muss aber weiterhin Beachtung finden, dass aktuell die Kindeseltern gegen über ihren Kindern nicht die Pflicht zur wechselseitigen störungsfreien Kommunikation beachten und so gegen ihre sorgerechtlichen Pflichten verstoßen. Denn aus ihrer Elternschaft und dem Sorgerecht ergibt sich das Bestehen eines Schuldverhältnisses im Interesse und zum Wohl des Kindes, welches dazu dient, die Funktionsfähigkeit der beiden zwischen dem Kind und seinen beiden Elternteilen jeweils bestehen Rechtsverhältnisse (Sorgeverhältnisse) zu gewährleisten. Aus diesem Schuldverhältnis ergibt sich die Pflicht zu umfassender Kooperation der Eltern im Interesse und zum Wohl der Kinder (OLG Bremen MDR 2018, 95; OLG Frankfurt FamRZ 2016, 387; OLG Köln FamRZ 2015, 151; Löhnig NZFam 2018, 32).
Im Zusammenhang damit erkennen die Kindeseltern und innerhalb des Beschwerdeverfahrens besonders der Kindesvater nicht, dass es für die Kinder am wichtigsten wäre, dass die Kindeseltern untereinander eine störungsfreie Kommunikation aufbauen würden. Dass der elterliche Konflikt bei den Kindern zu Verhaltensauffälligkeiten geführt hat, ist bereits ausgeführt und vor allem auch durch die Sachverständige im Ausmaße als bereits bedenklich eingeordnet worden.
Durch einen sich hier eher vertiefenden elterlichen Streit werden sich auch die kindlichen Problematiken nicht beheben lassen, vielmehr besteht die Gefahr, dass sich diese noch vertiefen. Es sei erneut insoweit angemerkt, dass für die Kinder die Art und Weise und auch die Dauer des Umgangs nicht von entscheidender Bedeutung ist, vielmehr das elterliche Verhalten im Zusammenhang damit. Aus psychologischer Sicht gibt es noch keine eindeutigen Forschungsergebnisse dazu, ob die Anordnung paritätischer Betreuung im Regelfall für das Kindeswohl am geeignetsten sei. Vielmehr kommen die vorliegenden Studien weit überwiegend zu dem Ergebnis, dass zwar eine Aufrechterhaltung der Beziehung und Bindung des Kindes zu beiden Elternteilen nach einer Trennung der Eltern für die psychisch-seelische und sogar körperliche Entwicklung des Kindes zum jungen Erwachsenen förderlich ist und dass ein Bindungsabbruch sich unter Umständen schädlich auf die Entwicklung des Kindes auswirken kann. Um eine gesunde und förderliche Entwicklung des Kindes zu gewährleisten, ist jedoch nicht die Quantität, sondern die Qualität der Kontakte und des Bindungs- und Erziehungserhalts entscheidend (Schumann, Gutachten B zum 72. Deutschen Juristentag Leipzig 2018, B 22 m.w.N.; Kostka, Das Wechselmodell als Leitmodell? Streit 2014, 147, 148, 156).
Wenn beide Kindeseltern und im Rahmen des Beschwerdeverfahrens insbesondere der Kindesvater weiterhin an den Kindern ziehen und versuchen, eigene Vorstellungen ohne Rücksicht auf die schwierige kindliche Lage durchzusetzen, wächst die Gefahr einer sich verstärkenden Problematik bei den Kindern noch. Würden dagegen die Kindeseltern einvernehmlich zusammenarbeiten und den Kindern vermitteln, dass der Umgang wie durch das Gericht angeordnet auch ihrem eigenen elterlichen Willen entspricht, sind derartige Gefahren nach einer Lebenserfahrung des Senates in solchen Verfahren bereits in kurzer Zeit behoben; Kindern geht es weniger um die Quantität, vielmehr um die Qualität und Störungsfreiheit der wahrzunehmenden Umgänge als Ausdruck der Beziehung zu ihren Eltern.
2.
Hinsichtlich der Ferienregelung ist zu beachten, dass die Kindesmutter nunmehr die durch das Amtsgericht angeordnete Festlegung akzeptiert und es insoweit spätestens im Rahmen des Beschwerdeverfahrens an einem vermeintlichen Konsens der Kindeseltern fehlt; dies übersieht der Kindesvater nach wie vor. Im Übrigen bleibt es dabei, dass die Ferienregelung des Amtsgerichts sich als ausgewogen gestaltet darstellt und daher beizubehalten ist.
3.
Auch der durch den Kindesvater immer wieder angeführte Kindeswille – denen die Mutter ihrerseits faktisch in umgekehrter Richtung anführt – führt hier nicht zu einer anderen als durch das Amtsgericht festgelegten Umgangsregelung.
Dabei hat das Amtsgericht ausgewogen die unterschiedlichen kindlichen Bedürfnisse berücksichtigt und die insbesondere durch die Sachverständige hervorgehobene besondere Beziehung von B… zum Vater bedacht. Mit der durch das Amtsgericht festgelegten Umgangsregelung, die in etwa einem Verhältnis von sechs Tage beim Vater, acht Tage bei der Mutter entspricht, sind den entsprechenden Bedürfnissen des Sohnes vollumfänglich Rechnung getragen.
Dass B… insoweit tatsächlich mehr Umgang mit dem Kindesvater will – wie der Kindesvater meint –, kann jedenfalls nicht im Sinne eines unbefangen gebildeten kindlichen Willens festgestellt werden. Ein nachdrücklich geäußerter Kindeswille ist zwar ein Akt der Selbstbestimmung des Kindes, dem mit zunehmendem Alter des Kindes Rechnung zu tragen ist. Entscheidend ist der Wille aber regelmäßig nur, wenn er durch das Kind autonom gebildet wurde und zudem mit dem Kindeswohl vereinbar ist (OLG Frankfurt FamRZ 2019, 206; Clausius FamRB 2019, 57). Schon angesichts des jungen Kindesalters ergeben sich insoweit Zweifel bei B… an einem autonom gebildeten Willen, wie bereits ausgeführt wurde. Auch die Sachverständige hat ihrerseits bekundet, dass sich die Kinder beide (insbesondere A…) in einem stärkeren Loyalitätskonflikt befinden. Hinzu tritt der Umstand, dass auch im Rahmen der erneuten Anhörung der Kinder durch den Verfahrensbeistand sich deutliche Zweifel an einer unbeeinflussten Willensbildung ergeben. Soweit B… bei seiner erneuten Anhörung vor dem Verfahrensbeistand tatsächlich von einem gleichen Verhältnis (acht zu acht bzw. sieben zu sieben) gesprochen hat, deutet schon dieser mathematische Umstand auf eine gewisse Vorgabe seitens eines Elternteils hin, was hier zwangsläufig den Kindesvater betreffen würde; möglicherweise spielt insoweit eine Rolle, dass der Kindesvater nach den Feststellungen der Sachverständigen konfliktbezogene Inhalte mit den Kindern kommuniziert. Erst recht stellt sich die Frage einer Beeinflussung unter Berücksichtigung dessen, dass es B… nach seinen Angaben für unfair halte, dass er die Kindeseltern nicht gleichlange sehe; eine solche Einschätzung von einem derart jungen Kind wird üblicherweise nicht ohne Einflussnahme von außen gebildet werden. Gerade bei jungen Kindern ist sind solche Empfindungen noch nicht in einer derartigen Art und Weise ausgeprägt, als dass tatsächlich von einem eigenbestimmten Zeit-/Gerechtigkeitsempfinden ausgegangen werden könnte.
Die Tochter A… dagegen hat vor dem Verfahrensbeistand erkennbar zum Ausdruck gebracht, mit der jetzigen Regelung leben zu können und diese - jedenfalls im Grundsatz - in Ordnung zu finden.
Soweit der Kindesvater entgegen dem der Meinung ist, eine Zerrissenheit der Kinder sei lediglich vermeintlich, negiert er die Tatsachenlagerung und die kindlichen Bedürfnisse. Insoweit scheint sich bei ihm eher eine einseitige, seine eigenen Interessen in den Vordergrund stellende Betrachtungsweise zu verfestigen. Dies zeigt sich an Formulierungen wie warum wird der Konflikt noch verstärkt, indem der Vater erheblich benachteiligt wird (S. 5 seines Schriftsatzes vom 30. Januar 2019) usw. Offenbar sieht sich der Kindesvater als Verlierer, wenn keine paritätische Umgangsregelung erfolgt, ohne zu beachten, dass bei der Festlegung des Umgangs im Vordergrund das Wohl des Kindes zu stehen hat.
Im Übrigen hat auch bereits die Sachverständige und – im Telefonat mit dem Vorsitzenden – auch der Verfahrensbeistand bekräftigt, dass der kindliche Wunsch lediglich ein derzeitiger sei es ist durchaus möglich, dass der kindliche Wunsch gerade von B… auch nicht immer so anhalten werde. Der Verfahrensbeistand hat deshalb auch nochmals ausdrücklich bekräftigt, zum Wohle der Kinder an der amtsgerichtlichen Umgangsregelung festzuhalten. Ferner sei dazu nochmals angemerkt: Würden beide Elternteile einvernehmlich die gerichtliche Regelung tragen und den Kindern durch die Eltern ein einvernehmlicher Elternwunsch vermittelt, wäre nach aller Lebenserfahrung des Senates in keiner Weise zu erwarten, dass die Kinder sich dann mit der getroffenen Regelung nicht zufrieden und glücklich erklären würden.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, der Verfahrenswert der Beschwerde auf §§ 40, 45 FamGKG. Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde bestehen nicht.