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zuständiger Unfallversicherungsträger - Überweisung - Auffangzuständigkeit - Arbeitnehmerüberlassung - monostrukturelles Unternehmen


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 15.12.2011
Aktenzeichen L 3 U 145/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 136 SGB 7

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 08. März 2001 wird zurückgewiesen. Die im Berufungsverfahren erhobene Klage auf Überweisung des klägerischen Unternehmens an die Bau-BG Hannover wird abgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Überweisung an einen anderen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 136 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Die Klägerin, die mit Wirkung vom 26. Februar 1994 eine Genehmigung zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung besaß und als Heizungs- und Sanitärfirma tätig war, war zunächst Mitglied der Norddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft (BG), der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen. Im Februar 1996 zeigte die Klägerin bei der Norddeutschen Metall-BG die Aufgabe ihrer Tätigkeit als Heizungs- und Sanitärfirma an und beantragte im Hinblick auf ihre Tätigkeit im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung für Heizung-, Sanitär- und Elektroarbeiten die Überweisung an die Beklagte. Nach Abgabe einer Unternehmensbeschreibung überwies die Norddeutsche Metall-BG das Unternehmen an die Beklagte. Nachdem diese von der Klägerin zur Feststellung der zuständigen BG eine Auskunft vom 10. Dezember 1996 eingeholt hatte und die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung des Landesarbeitsamtes Berlin-Brandenburg vom 15. Februar 1996 vorgelegt worden war, stellte die Beklagte mit unanfechtbarem Bescheid vom 06. August 1997 die Mitgliedschaft der Klägerin mit Wirkung vom 01. Januar 1997 fest.

Mit Schreiben vom 07. März 2000, bei der Beklagten eingegangen am 10. März 2000, beantragte die Klägerin die Zuweisung ihres Unternehmens an die Norddeutsche Metall-BG mit der Begründung, die Beklagte sei, wie sich aus einem Gutachten von Prof. Dr. S vom 24. November 1998 ergebe, für Zeitarbeitsunternehmen nicht zuständig. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. März 2000, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2000, unter Hinweis auf das Gegengutachten von Prof. Dr. P und die bisher hierzu ergangene Rechtsprechung ab. Seit 1942 erstrecke sich ihre Zuständigkeit auf solche Unternehmen, für die keine andere BG sachlich zuständig sei. An einer ausdrücklichen Zuordnung der Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung fehle es, da diese Unternehmensart seinerzeit noch nicht existiert habe. Für das Bundesministerium für Arbeit hätte im Zuge der Neuregelung des Unfallversicherungsrechts durch das SGB VII die Möglichkeit bestanden, diese historisch gewachsene Zuständigkeit der gewerblichen BGen neu zu regeln. Davon sei jedoch kein Gebrauch gemacht worden, so dass es bei den bisherigen Zuständigkeiten geblieben sei.

Mit ihrer am 05. Juli 2000 beim Sozialgericht (SG) Neuruppin erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren, die Beklagte zur Überweisung ihres Unternehmens an die Norddeutsche Metall-BG zu verurteilen, weiterverfolgt. Sie hat sich auf das von Ihr in Kopie vorgelegte „Rechtsgutachten über die Rechtsmäßigkeit des die Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung betreffenden Gefahrtarifs 1998 - 2000 der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft“, erstattet im Auftrag der Interessengemeinschaft Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ) von Prof. Dr. H-D S vom 24. November 1998 bezogen. Des Weiteren hat sie ausgeführt, sie verleihe ausschließlich Arbeitnehmer an Handwerksfirmen im Heizungs- und Sanitärbereich. 90 % der Mitarbeiter seien Facharbeiter, 10 % seien Angelernte. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. S habe die Zuordnung einer Unternehmensart in die sachliche Zuständigkeit einer bestimmten BG gem. § 122 Abs. 1 S. 1 SGB VII durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber zu erfolgen, der bei der Vornahme der Zuordnung seinerseits wieder an die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechtes gebunden sei. An einer solchen Zuweisung durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber fehle es hier. Soweit eine normative Regelung für Unternehmensarten nicht bestehe, seien diese in entsprechender Anwendung der vorhandenen Festlegungen derjenigen BG zuzuordnen, der die jeweilige Unternehmensart nach Art und Gegenstand am nächsten stehe. Dies sei die BG, bei der die für die jeweilige Unternehmensart zweckmäßigste, fachspezifische und leistungsfähigste Unfall- und Krankheitsverhütung betrieben werden könne. Dies gelte insbesondere für monostrukturelle Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung, bei denen Arbeitnehmer dauerhaft und zielgerecht überwiegend an Betriebe verliehen würden, die einer bestimmten BG zugeordnet seien. Die Mitarbeiter des klägerischen Unternehmens würden zu 60 % im Metallbereich (Schlosser u. s. w.) arbeiten, so dass die Norddeutsche Metall-BG für das Unternehmen zuständig sei.

Das SG hat durch Beschluss vom 26. Oktober 2000 gemäß § 75 Abs. 2, 106 Abs. 3 Nr. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Norddeutsche Metall-BG zum Verfahren beigeladen.

Durch Urteil vom 08. März 2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Mit der Aufgabe des Unternehmensteils, eigenständig Heizungs- und Sanitärarbeiten als Unternehmen zu betreiben, sei im Jahre 1996 eine grundlegende und dauerhafte Änderung der Unternehmensausrichtung vorgenommen worden. Die Beigeladene habe zu Recht im Hinblick auf das übrig gebliebene Tätigkeitsfeld der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung unter Herstellung des gesetzlich erforderlichen Einvernehmens zwischen ihr und der Beklagten mit Wirkung zum 01. Januar 1997 die Überweisung des klägerischen Unternehmens an die Beklagte vorgenommen. Der entsprechende Bescheid der Beklagten vom 06. August 1997 über ihre Zuständigkeit ab dem 01. Januar 1997 sei bestandskräftig geworden. Eine geänderte Rechtsauffassung, wie dies die Klägerin unter Bezugnahme auf das Gutachten von Prof. Dr. S darlege, begründe keinen Anspruch auf Überweisung im Sinne von § 136 SGB VII. Ein Unzuständigwerden auf Grund einer Veränderung des Unternehmensgegenstandes sei gerade nicht eingetreten, da weiterhin ausschließlich gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung betrieben werde. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinem Urteil vom 11. August 1998 – B 2 U 31/97 R – dargelegt, dass die Grundsätze der Katasterrichtigkeit und Katasterstetigkeit nur bei solchen nachhaltigen wesentlichen Betriebsveränderungen zu einer Überweisung führe, die das Gepräge des Unternehmens (seine Struktur) grundlegend umgestaltet hätten. Dies werde jedoch von der Klägerin weder dargelegt noch behauptet. Zwar könnte hier ein Fall der falschen Feststellung der Zuständigkeit der BG von Anfang an vorliegen. Hierzu werde als Hauptargument von der Klägerin vorgetragen, dass es an einer Rechtsgrundlage für die Zuordnung des Unternehmens der Klägerin zu der Beklagten fehle. Die Kammer sehe jedoch ebenso wie die Beklagte den Bundesratsbeschluss vom 22. Mai 1885 als ausreichende Rechtsgrundlage für die sachliche Zuordnung von nicht ausdrücklich benannten Unternehmen zur Verwaltungs-BG an. Dieser sei weiterhin geltendes Recht. Da der Gesetzgeber von der Verordnungsermächtigung des § 122 Abs. 1 SGB VII keinen Gebrauch gemacht habe, bleibe es nach § 122 Abs. 2 SGB VII bei der bisherigen Zuständigkeit der BGen für die Unternehmensarten. Verfassungsrechtliche Bedenken habe die Kammer nicht, insbesondere sehe sie nicht die Gefahr eines Verstoßes gegen Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG). Eine Verletzung des Vorbehaltes des Gesetzes werde nicht gesehen, da eine Verordnungsermächtigung bestehe, andererseits die bestehenden Regelungen ihre Praktikabilität über die Jahrzehnte bewiesen hätten. Eine Verordnungsermächtigung beinhalte keine Verpflichtung, gemäß der Ermächtigung auch eine Verordnung zu erlassen. Eine ausfüllungsbedürftige Lücke bestehe vorliegend nicht, da die bestehenden Regelungen die Unternehmensart der Klägerin erfassten. Die Kammer nehme voll inhaltlich Bezug auf das von der Klägerin und der Beklagten in das Verfahren eingeführte Urteil des SG Duisburg vom 12. September 2000 – S 6 U 56/00 – und schließe sich den dortigen Ausführungen an.

Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten Berufung hat die Klägerin ausgeführt, bei „monostrukturell organisierten Zeitarbeitsunternehmen“ sei die Zuständigkeit der Fach-BG und nicht der Beklagten gegeben. Diese habe nur eine Auffangfunktion für nichtmonostrukturelle Zeitarbeitsunternehmen. Die Klägerin hat die vom Landesarbeitsamt Berlin-Brandenburg am 03. März 1997 unbefristet verlängerte, ab dem 26. Februar 1994 geltende Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung, den Gesellschaftsvertrag vom 02. Januar 1997 (Augustin und Holz GbR Heizungsservice und Personalleasing) sowie eine Auflistung ihrer Kunden nach Auftragsnummer (Nrn. 2001 bis 3505), Auftragsdatum (beginnend am 20. April 1994 bis zum 08. März 2002), Baustelle, Kundennummer und Kundenname nebst Anschrift sowie eine namentliche Auflistung der Mitarbeiter (mit Wohnort und Berufsangabe) vorgelegt. Sie hat ausgeführt, alle Mitarbeiter seien als Heizungs- bzw. Sanitärmonteur eingestellt worden und hätten zu 95 % Heizungs- und Sanitärarbeiten durchgeführt. Sie seien bei der Krankenkasse unter dem Tätigkeitsschlüssel 262 (Heizung, Sanitär) angemeldet worden.

Wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin (Beschluss des Amtsgerichtes Neuruppin, Insolvenzabteilung – 15 IN 197/04 – vom 01. Juni 2004) ist das Verfahren bis zur Wiederaufnahme durch die Insolvenzverwalterin, Frau Rechtsanwältin S M., im Juni 2010 gemäß § 202 SGG i.V.m. § 240 Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen worden.

Die Klägerin führt nunmehr aus, entgegen ihrer früheren Annahme sei die Bau-BG Hannover (die Rechtsvorgängerin der BG für Bauwirtschaft) der zuständige Unfallversicherungsträger, da 95 % ihrer Tätigkeiten auf den Bereich Heizungs- und Sanitärarbeiten entfallen seien und es sich daher um ein monostrukturelles Zeitarbeitsunternehmen handele. Insoweit werde auf die Entscheidung des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 34/04 – verwiesen.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 08. März 2001 sowie den Bescheid vom 24. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Unternehmen der Klägerin an die BG der Bauwirtschaft zu überweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend; bei dem Unternehmen der Klägerin handele es sich nicht um ein monostrukturelles Zeitarbeitsunternehmen. Die Rechtsprechung definiere ein Unternehmen als monostrukturell, wenn es Arbeitnehmer in nur einen bestimmten Gewerbezweig verleiht. Dies sei hier nicht der Fall.

Die Beigeladene vertritt ebenfalls die Auffassung, dass das Merkmal einer so genanten monostrukturellen Arbeitnehmerüberlassung nicht erfüllt sei.

Auf Anforderung des Senats haben die Beigeladene die Satzungen der Norddeutschen Metall-BG (Ausgabe 1996 - gültig ab dem 01. Juli 1982 i.d.F. des 1. bis 11. Nachtrages – und Ausgabe 2004 - gültig ab dem 01. Januar 1999 i.d.F. des 1. und 2. Nachtrages) und die BG der Bauwirtschaft die Satzungen der Bau-BG Hannover vom 28. Juni 1978 (i.d.F. der Nachträge bis einschließlich vom 23. Juni 1992) und vom 25. Juni 1997 (i.d.F. der Nachträge bis einschließlich vom 18. Juni 2003) in Kopie vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Senat ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt (siehe Schreiben der Klägerin vom 16. Mai 2011, der Beklagten vom 16. Oktober 2011 und der Beigeladenen vom 17. Mai 2011).

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Sach- und Rechtsstreites wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten (2 Bände) sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Beratung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, jedoch unbegründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach §§ 157, 95, 29 SGG der Bescheid der Beklagten vom 24. März 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2000, in dem der von der Klägerin mit Schreiben vom 07. März 2000 konkret gestellte Antrag auf Überweisung an die Norddeutsche Metall-BG (jetzt BG Holz und Metall) abgelehnt worden ist. Nur über die hiergegen gerichtete, kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) hat das SG entschieden. Soweit die Klägerin im Laufe des Berufungsverfahrens ihr ursprüngliches Leistungsbegehren, gerichtet auf die Überweisung an die Norddeutsche Metall-BG, aufgegeben hat und nunmehr mit der Leistungsklage stattdessen die Überweisung an die Bau-BG Hannover (jetzt BG der Bauwirtschaft) begehrt, ist die Klage unzulässig und daher abzuweisen. Denn die Beklagte hat zur Frage einer Überweisung der Klägerin an die Bau-BG Hannover bzw. BG der Bauwirtschaft bisher keine Entscheidung im Sinne von § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) getroffen. Soweit sich aus der Natur des Rechtsverhältnisses oder wie im Fall des § 136 Abs. 1 SGB VII unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, dass über den geltend gemachten Anspruch durch Verwaltungsakt zu befinden ist, scheidet eine direkte Leistungsklage ohne vorherige Verwaltungsentscheidung aus (vgl. BSG, Urteil vom 08. Mai 2007 - B 2 U 3/06 R -, zitiert nach Juris Rdnr. 25 f). Für die insoweit geänderte Klage fehlt es an einem zwingenden Zulässigkeitserfordernis, dem Vorverfahren nach § 78 SGG. Hierauf ist die Klägerin mit Schreiben des Senats vom 05. Mai 2011 hingewiesen worden, sie hat jedoch an ihrem geänderten Leistungsantrag festgehalten (vgl. Schriftsatz vom 16. Mai 2011).

Wie das SG Neuruppin durch Urteil vom 08. März 2001 zutreffend entschieden hat, ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 24. März 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2000 rechtmäßig. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Überweisung an die Beigeladene (oder eine andere BG) nach § 136 Abs. 1 S. 4 und 5 SGB VII nicht zu, da es sich bei der Beklagten um den für die Klägerin zuständigen Unfallversicherungsträger handelt.

Eine Überweisung kommt nach § 136 Abs. 1 S. 4 SGB VII nur dann in Betracht, wenn die Feststellung der Zuständigkeit für ein Unternehmen von Anfang an unrichtig war oder sich die Zuständigkeit für ein Unternehmen ändert.

Die Feststellung der Zuständigkeit war von Anfang an unrichtig, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht oder das Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde (§ 136 Abs. 2 S. 1 SGB VII). Diese Regelung übernimmt die Rechtsprechung zur Vorgängervorschrift des § 664 Abs. 3 Reichsversicherungsordnung (RVO). Danach war die Berichtigung einer Eintragung eines Unternehmens in das Unternehmerverzeichnis einer BG nur dann zulässig, wenn sie seinerzeit auf Grund eines so gröblichen Irrtums erfolgt war, dass die weitere Belassung des Betriebes bei der formal zuständig gewordenen BG der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung eindeutig zuwider laufen würde oder wenn schwerwiegende Unzuträglichkeiten nachweisbar wären, welche die Belassung des Betriebes bei der BG als unbillige Härte erscheinen ließen. Diese Forderung hatte das BSG in Anbe-tracht des seit jeher im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannten Grundsatzes der Katasterstetigkeit für notwendig gehalten (vgl. BSG, Urteil vom 11. August 1998 – B 2 U 31/97 R – zitiert nach Juris m. w. N.).

Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X, die zu einer Änderung der Zuständigkeit führt, liegt dann vor, wenn das Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden ist (§ 136 Abs. 2 S. 2 SGB VII).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Beklagte war und ist für das klägerische Unternehmen der zuständige Unfallversicherungsträger. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse war nicht eingetreten, da die Klägerin nach ihren eigenen Angaben nach Aufgabe der Tätigkeit als Heizungs- und Sanitärbetrieb im Laufe des Jahres 1996 bis zur Einstellung ihrer Betriebstätigkeit im Rahmen des Insolvenzverfahrens nur noch ein Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung betrieben hat, für das die Beklagte zuständiger Träger der gesetzlichen Unfallversicherung war und ist.

Die Zuständigkeit der Beklagten für das von der Klägerin betriebene Unternehmen der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung bestimmt sich ab dem 01. Januar 1997 nach § 122 Abs. 2 SGB VII. Das SGB VII wie auch die RVO in der bis zum 31. Dezember 1996 geltend Fassung enthält keine eigenständige Regelung hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit der gewerblichen BGen. Nach 122 Abs. 2 SGB VII bleibt jede BG für die Unternehmensarten sachlich zuständig, für die sie bisher zuständig war. Eine Rechtsverordnung zur Regelung der sachlichen Zuständigkeit ist weder auf der Grundlage des § 122 Abs. 1 S. 1 SGB VII noch der Vorgängervorschrift des § 646 Abs. 2 RVO erlassen worden. Nach Art. 4 § 11 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung (UVNG) vom 30. April 1963 blieb jeder Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für die Unternehmen zuständig, für die er bisher zuständig war.

Maßgeblich für die Beurteilung ist daher der die sachliche Zuständigkeit der BGen regelnde Bundesratsbeschluss vom 22. Mai 1885 (AN 1885, 143), das vom Reichsversicherungsamt (RVA) aufgestellte alphabetische Verzeichnis „der Gewerbezweige nach ihrer berufsgenossenschaftlichen Zugehörigkeit“ und die vom RVA vorgenommenen Fortschreibungen (AN 1885, 254; AN 1886, 134; AN 1903, 404; AN 1906, 477; Handbuch der Unfallversicherung, Band III, 1910 Seite 1 ff.), insbesondere aber der – hier einschlägige – Erlass des Reichsarbeitsministeriums (RAM) vom 16. März 1942 (AN 1942 II 201) und die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen des RVA vom 22. April 1942 (AN 1942 II 287), die als vorkonstitutionelles Recht weiter gelten (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteile vom 09. Mai 2006 – B 2 U 34/04 R – und vom 13. Oktober 1993 – 2 RU 23/92 - zitiert nach Juris m. w. N.). Der Erlass des RAM vom 16. März 1942 und die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen gelten fort, weil sie weder formell- noch materiellrechtlich dem GG widersprechen; insbesondere widersprechen sie weder dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG) noch dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die hierzu gemachten Ausführungen des BSG im Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 34/04 R – (a. a. O.), denen er sich anschließt.

Zwar sind Unternehmen der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung weder in den Beschlüssen des Bundesrates, den vom RVA aufgestellten alphabetischen Verzeichnis und den hierzu vorgenommenen Forschreibungen noch im Erlass des RAM vom 16. März 1942 oder den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen des RVA vom 22. April 1942 aufgeführt und einer bestimmten BG oder ihren Rechtsnachfolgern zugeordnet. Dies entsprach dem damaligen Stand des Berufs- und Erwerbslebens. Ist aber ein Gewerbezweig in diesen Zuständigkeitsbestimmungen noch nicht ausdrücklich einer BG zugeordnet, so ist das umstrittene Unternehmen in entsprechender Anwendung der bezeichneten Vorschriften derjenigen BG zuzuweisen, der es nach Art und Gegenstand am nächsten steht. Als geeigneten Maßstab hierfür hat das BSG es angesehen, bei welcher BG die für das betreffende Unternehmen zweckmäßigste Unfall- und Krankheitsverhütung gewährleistet wird. Das dabei in Betracht kommende Arbeitsverfahren und die benutzten Betriebseinrichtungen hängen häufig, aber nicht immer von der Art des Werkstoffes ab, so dass dieser unter Umständen mitbestimmend sein kann. Unabhängig sind sie durchweg von dem Verwendungszweck des Erzeugnisses, dieser ist nur ausnahmsweise dann ausschlaggebend, wenn in Betrieben verschiedener BGen etwa gleiche oder ähnliche Arbeitsverfahren, Betriebseinrichtungen und Werkstoffe vorkommen (vgl. BSG, Urteile vom 09. Mai 2006 – B 3 U 34/04 R -, a. a. O., und vom 05. Juli 2005 – B 2 U 32/03 R – in SozR4-2700 § 157 Nr. 2).

Kann danach ein Unternehmen keiner bestimmten BG zugeordnet werden, so ist die Beklagte für das Unternehmen zuständig. Die ursprünglich als „Versicherungsgenossenschaft der Privatfahrzeuge- und Reittierbesitzer“ errichtete Beklagte erfuhr in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts zahlreiche Änderungen in ihrer Zuständigkeit und erhielt 1929 den Namen „Genossenschaft für reichsgesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft 68)“. Mit dem Sechsten Gesetz über Änderungen in der Unfallversicherung vom 09. März 1942 (RGBl. I 107) wurde der Unfallversicherungsschutz allein an die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit angeknüpft, der RAM wurde ermächtigt, zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Mit Erlass vom 16. März 1942 (AN 1942 II 201) traf der RAM eine Regelung dahingehend, das versicherte Personen in Banken, Krediteinrichtungen, Versicherungsunternehmen, Verbänden, Kanzleien und ähnlichen Unternehmen, in Verwaltungen, die nicht zu einem anderweitig versicherten Unternehmen gehören, sowie Hausbesorger bei der Genossenschaft für reichsgesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft 68) versichert sind. Nummer 10 des Erlasses ermächtigte das RVA, Näheres insbesondere auch über die Abgrenzung der Zuständigkeit von Versicherungsträgern zu bestimmen. Gemäß Nr. 2 der Ausführungsbestimmungen des RVA vom 22. April 1942 (AN 1942 II 287) ist die Genossenschaft für reichsgesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft 68) unter anderem auch zuständig für die Versicherten a) in allen überwiegend büromäßig betriebenen Unternehmen,……. und e) in Unternehmen, für welche die Zuständigkeit eines anderen Versicherungsträgers nicht gegeben ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die BG unter ihrer alten Bezeichnung neu organisiert und erhielt 1954 den von ihr heute geführten Namen „Verwaltungs-BG“ (vgl. hierzu Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. September 2004 – L 4 (2) U 6/03 – zitiert nach Juris m.w.N.).

Bei einem nicht „monostrukturellen“ Unternehmen der Arbeitsnehmerüberlassung, welches Arbeitnehmer immer nicht nur in einem bestimmten, sondern in verschiedene Gewerbezweige verleiht, kommt nach den zuvor genannten Maßstäben keine BG in Betracht. Dies führt zur Auffangzuständigkeit der Beklagten nach Nr. 2 e) der Ausführungsbestimmungen des RVA vom 22. April 1942. Durch die Tätigkeit der verliehenen Arbeitnehmer in verschiedenen Gewerbezweigen ist eine Zuordnung zu einem bestimmten Gewerbezweig und infolge dessen zu einer bestimmten BG ausgeschlossen. Die Leiharbeitnehmer sind in ihrer Tätigkeit unterschiedlichsten Gewerbegefahren ausgesetzt, die keiner BG allumfassend zugeordnet werden können. Eine sachgerechte Prävention kann in solchen Fällen nur durch die Anwendung der im Entleihbetrieb geltenden Unfallverhütungsvorschriften – neben denen des für den Verleiher zuständigen Unfallversicherungsträgers – nach den §§ 708 Abs. 3, 648 RVO bzw. §§ 16, 17 SGB VII und durch ergänzende Maßnahmen gewährleistet werden. Die Zuordnung eines Zeitarbeitsunternehmens zu einer Fach-BG, beispielsweise nach dem überwiegenden Gewerbezweig, widerspricht darüber hinaus dem seit jeher im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannten Grundsatz der Katasterstetigkeit. Denn der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung ist der flexible, nicht auf einen Gewerbezweig fixierte Arbeiteinsatz immanent; die Branche, in die Arbeitnehmer „verliehen“ werden, kann schneller gewechselt werden, als dies bei einem anderen Unternehmen möglich ist. Dies liegt einmal daran, dass das vorwiegende „Produktionsmittel“ des Zeitarbeitsgewerbes der „verliehene“ Arbeitnehmer ist, der flexibler eingesetzt werden kann als Maschinen und andere sächliche Produktionsmittel. Diese Flexibilität, die einen ständigen Wechsel des Unfallversicherungsträgers zur Folge hätte und nicht mit dem Grundsatz der Katasterstetigkeit in Einklang zu bringen wäre, gilt ganz besonders für solche Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung, die nicht auf eine bestimmte Branche spezialisiert sind und deren „Verleihspektrum“ sich umso mehr nach den nachfragenden Auftraggebern richtet (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2006 – B 2 U 34/04 R –, a. a. O.).

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 SGG) vermochte sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass es sich beim Unternehmen der Klägerin um ein monostrukturelles Zeitarbeitsunternehmen im Sinne der zuvor dargestellten Kriterien handelte, welches nur einer einzigen Fach-BG zuzuordnen ist.

So hat die Klägerin während des Klage- und Berufungsverfahren ihren Vortrag betreffend des Gewerbezweiges, in dem die von ihr verliehenen Arbeitnehmer eingesetzt worden seien, geändert. Wurde zur Begründung der Klage noch ausgeführt, die Mitarbeiter des klägerischen Unternehmens würden zu 60 % im Metallbereich (Schlosser u.s.w.) arbeiten, so dass die Norddeutsche Metall-BG für das Unternehmen zuständig sei, hieß es in der Begründung der Berufung dann, alle Mitarbeiter seien als Heizungs- bzw. Sanitärmonteure eingestellt worden und hätten zu 95 % Heizungs- und Sanitärarbeiten durchgeführt, so dass nunmehr die Bau-BG Hannover für das Unternehmen zuständig sei. Die zur Untermauerung ihres Vortrages vorgelegten Aufstellungen betreffend Aufträge und Mitarbeiter lassen jedoch, worauf die Klägerin mit Schreiben des Senats vom 25. Februar 2011 und 05. Mai 2011 hingewiesen worden ist, keine eindeutige Zuordnung zu einer Fach-BG erkennen. Der Auflistung der Mitarbeiter, die weder Angaben zur Beschäftigungsdauer im klägerischen Unternehmen noch zu ihrem konkreten Einsatz (Kunde? Art des Entleihbetriebes? Jeweilige Tätigkeit?) enthält, ist lediglich zu entnehmen, dass die Arbeitnehmerschaft sich im Wesentlichen aus Schweißern, Heizungs- und Sanitärinstallateuren bzw. –monteuren bzw. –helfern, Gas- und Wasserinstallateuren, Lüftungsbauern, Heizungsbauern und Schlossern zusammensetzte. Arbeitnehmer mit diesen beruflichen Qualifikationen sind jedoch in vielen verschiedenen Gewerben bzw. Unternehmen in der Produktion, in Werkstätten und im Baubereich einsetzbar (vgl. hierzu die in der Datenbank der Bundesagentur für Arbeit zu den jeweiligen Berufen beschriebenen vielfältigen Beschäftigungsmöglichkeiten, nachlesbar unter: www.berufenet.arbeitsagentur.de). Nichts anderes gilt für die vorgelegte Kundenliste, die weder eine Beschreibung des Unternehmensgegenstandes des jeweiligen Kunden, noch des konkreten Auftrages (für welche Tätigkeit wurden welche Mitarbeiter mit welcher beruflichen Qualifikation angefordert) oder gar Angaben zu der für den jeweiligen Kunden zuständigen BG enthält. Da sanitäre Installationen, Heizungsbau, Lüftungsbau, Klempner-, Spengler-, Flaschner- und Blechnerarbeiten (auch) von Hochbauunternehmen angeboten werden, unterliegen sie der Zuständigkeit der Bau-BGen, wie z.Bsp. der Bau-BG Hannover nach § 3 Abs. 1 der Satzung vom 28. Juni 1978 (einschließlich der Fassung des Nachtrages vom 23. Juni 1992) bzw. § 3 Abs. 1 der Satzung vom 25. Juni 1997 (einschließlich der Fassung des Nachtrages vom 18. Juni 2003). Andererseits findet man die zuvor genannten Tätigkeiten auch in Betrieben der Eisen, Stahl, Metall und Kunststoff als Hauptmaterial be- oder verarbeitenden Unternehmen, wie bei der Herstellung von Kesseln, Behältern, Apparaten, Rohren, Heizungs- und Lüftungsanlagen, Kälte- und Wärmeisolierungen (Haustechnik, technische Gebäudeausrüstung) oder bei Reparaturwerkstätten für Maschinen und Apparate und dergleichen, bei Unternehmen des Metallhandwerks, Schlossereien, Klempnereien und Schweißereien oder beim Rohrleitungsbau; insoweit unterliegen sie der Zuständigkeit der Beigeladenen, wie sich aus § 3 der Satzung der Norddeutschen Metall-BG vom 01. Juli 1982 (Ausgabe 1996) bzw. vom 01. Januar 1999 (Ausgabe 2004) ergibt. Demzufolge waren die von der Klägerin beschäftigten Arbeitnehmer in Unternehmen entleihbar, die zumindest zwei unterschiedlichen Fach-BGen angehörten. Dieser flexible, nicht auf einen Gewerbezweig fixierte Arbeitseinsatz wird unterstrichen durch den Umstand, dass weder der vom Landesarbeitsamt Berlin-Brandenburg erteilten Genehmigung für gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung noch dem von der Klägerin vorgelegten Gesellschaftsvertrag vom 02. Januar 1997 eine Beschränkung der Arbeitnehmerüberlassung auf einen bestimmten Gewerbezweig bzw. eine bestimmte Branche bzw. allein für den Bereich der Heizungs- und Sanitärinstallation und -montage zu entnehmen ist. Da die Klägerin keine weiteren Unterlagen, die ihr Klagebegehren zu stützen vermögen, vorgelegt bzw. Beweismittel benannt hat, sah der Senat auch keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen „quasi ins Blaue“ hinein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 01. Januar 2002 geltenden Fassung, die im vorliegenden Fall noch anzuwenden war, weil die Klage vor dem SG (wie auch die Berufung) vor dem 01. Januar 2002 rechtshängig geworden ist (vgl. Art. 17 Abs. 1 S. 2 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des SGG vom 17. August 2001 <BGBl. 2001 I 2144 ff>).

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe i.S.v. § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.