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Entscheidung 26 TaBV 2215/15


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 26. Kammer Entscheidungsdatum 17.03.2016
Aktenzeichen 26 TaBV 2215/15 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 83 Abs 3 ArbGG, § 40 Abs 1 BetrVG, § 37 Abs 6 S 1 BetrVG

Leitsatz

1. Anforderungen an die Erforderlichkeit einer Betriebsräteschulung zum Umgang mit Konflikten, insbesondere den rechtlichen Rahmenbedingungen ("Bordmittel", Mediation, Einigungsstelle, Arbeitsgericht, Einbeziehung von Rechtsbeiständen, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht).

2. Jedenfalls bei der Vielzahl der Konflikte unter den Beteiligten, die offenbar auch in den gerichtlichen Verfahren nicht geschlichtet werden konnten, war es erkennbar notwendig, dass hier Grundlagen zum kommunikationspsychologisch wie rechtlich richtigen Umgang mit Konfliktsituationen und zu Bewältigungsmöglichkeiten bei den im Betriebsrat insoweit besonders Verantwortlichen gelegt und auch weiter ausgebaut wurden.

3. Der Umstand, dass der Beteiligte zu 3) Student der Rechtswissenschaften war, stand der Erforderlichkeit hier nicht entgegen. Daraus ergibt sich weder eine Verpflichtung, sich in das kollektive Arbeitsrecht einzuarbeiten, noch, sich selbst die durch das Seminar vermittelten Kenntnisse zu verschaffen, zumal das Arbeitsrecht im Rahmen des Studiums des Beteiligten zu 3) keinen Ausbildungsschwerpunkt darstellte und das kollektive Arbeitsrecht - und damit wohl auch das insoweit einschlägige Verfahrensrecht - nicht einmal angeboten wurden.

4. Erstattung von Verpflegungs- und Reisekosten

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. Juli 2015 - 12 BV 10503/14 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, Schulungs-, Fahrt-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu tragen, die anlässlich der Teilnahme der zu 3) und zu 4) beteiligten Betriebsratsmitglieder an einer Schulungsveranstaltung entstanden sind.

Die Arbeitgeberin betreibt Lichtspielhäuser in Berlin. Antragsteller ist der aus fünf Mitgliedern bestehende Betriebsrat mit dem Beteiligten zu 3) als Vorsitzenden und dem Beteiligten zu 4) als dessen Stellvertreter. Die Beteiligten zu 3) und zu 4) sind seit Mai bzw. Juli 2012 im Amt.

In der Vergangenheit hatte es zahlreiche gerichtliche Auseinandersetzungen unter den Beteiligten zu 1) und 2). Am 19. Mai 2014 fasste der Betriebsrat daraufhin den Beschluss zur Entsendung der Beteiligten zu 3) und zu 4) zu dem Seminar „Betriebsverfassungsrecht 6“ für den Zeitraum vom 23. bis zum 27. Juni 2014 in T. mit folgenden Inhalten:

 - Betrieblich mit eigenen Mitteln Betriebsratsrechte sichern und durchsetzen

           - Typische Konfliktsituationen durch effektive Kommunikation vermeiden oder überwinden, kreative Durchsetzungsstrategien

           - Systematische Arbeitsschritte für die zielgerechte und effektive betriebliche Durchsetzung von Betriebsratsrechten vom ersten Gespräch mit dem Arbeitgeber bis zur Gerichtsverhandlung – praktische Übungen

 - Durch Mediation Betriebsratsrechte sichern und durchsetzen – das neue Mediationsgesetz

 - Mit Hilfe der Einigungsstelle Betriebsratsrechte sichern und durchsetzen

 - Vor dem Arbeitsgericht Betriebsratsrechte sichern und durchsetzen

 - Effektive Vorbereitung von Arbeitsgerichtsverfahren und Einigungsstelle durch den Betriebsrat

 - Rechtsanwalt und Betriebsrat – Tipps für die praktische und strategische Zusammenarbeit bei gerichtlichen Verfahren und in der Einigungsstelle

 - Straf- und Ordnungswidrigkeitenvorschriften - §§ 119, 121 BetrVG zur Sicherung von Betriebsratsrechten

 - Hinzuziehung von Rechtsbeiständen – Rechte des Betriebsrats und Kostentragungspflicht

Die Beteiligte Arbeitgeberin hatte bereits im Vorfeld eine Kostenübernahme abgelehnt. Die Beteiligten zu 3) und 4) nahmen an dem Seminar dennoch teil. Der Veranstalter stellte eine Seminargebühr in Höhe von 995 Euro sowie Hotel- und Verpflegungskosten in Höhe von 598 Euro in Rechnung, jeweils zzgl. Umsatzsteuer. Fahrtkosten sind in Höhe von je 108 Euro angefallen, darunter 9 Euro für die Reservierungen.

Mit Schreiben vom 10. Juli 2014 forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, ihn von den Kosten freizustellen. Nachdem dieser das abgelehnt hatte, beschloss der Betriebsrat die Einleitung des vorliegenden Verfahrens. Bis dahin hatten die Beteiligten zu 3) und 4) an drei Inhouse-Seminaren teilgenommen, einem Seminar BR Grundlagen I, einem Seminar Betriebsänderung, Interessenausgleich und Sozialplan und an einem Seminar zum Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, es habe sich bei dem Seminar Betriebsverfassungsrecht 6 um eine Grundlagenschulung gehandelt. Die Erforderlichkeit der Teilnahme an der Schulung ergebe sich aus der Vielzahl der rechtlichen Auseinandersetzungen nach Missachtung von Mitbestimmungsrechten. Auch habe er sich mit Betriebsvereinbarungen zu den Themen Dienstplan, Dienstbekleidung und Raucherpausen auseinandersetzen müssen. Die Arbeitgeberin habe bereits die Anrufung der Einigungsstelle angedroht. Der Umstand, dass der Beteiligte zu 3) Student der Rechtswissenschaften sei, stehe dem Schulungserfordernis nicht entgegen. Veranstaltungen zum kollektiven Arbeitsrecht würden an der Uni Potsdam nicht einmal angeboten, was unter den Beteiligten nicht streitig ist.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, ihn von den Kosten für die Teilnahme des Betriebsratsvorsitzenden B. S. in Höhe von 1.895,67 Euro für das Seminar Betriebsverfassungsrecht 6, „Betriebsratsrechte sichern und durchsetzen“ vom 23. bis zum 27. Juni 2014 freizustellen,

2. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, ihn von den Kosten für die Teilnahme des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden D. K. in Höhe von 1.895,67 Euro für das Seminar Betriebsverfassungsrecht 6, „Betriebsratsrechte sichern und durchsetzen“ vom 23. bis zum 27. Juni 2014 freizustellen,

3. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, an den Beteiligten zu 3) die Fahrtkosten mit der Deutschen Bahn in Höhe von 108 Euro zu zahlen,

4. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, an den Beteiligten zu 4) die Fahrtkosten mit der Deutschen Bahn in Höhe von 108 Euro zu zahlen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, bei der Schulung handele es sich weder um eine Grundlagenschulung, noch sei diese aufgrund eines konkreten Anlasses erforderlich. Zudem könne sich der Betriebsratsvorsitzende als Student der Rechtswissenschaften zumindest einarbeiten und die anderen Betriebsratsmitglieder selbst schulen. Außerdem habe der Betriebsrat bereits zahlreiche Verfahren allein durchgeführt. Die Beteiligten zu 3) und 4) verfügten zudem angesichts ihrer mehrjährigen Betriebsratszugehörigkeit über umfangreiche Erfahrungen im Umgang mit Verhandlungs- und Konfliktsituationen. Der Betriebsrat müsse auch nicht auf Augenhöhe verhandeln können. Funktionale Unterschiede seien hinzunehmen. Die Schulung sei auch an der Ostsee mit fünf Tagen im Hochsommer zu lang gewesen. Außerdem habe die Möglichkeit einer Inhouse-Schulung bestanden. Zudem sei bereits durch die Inhouse-Schulung Betriebsverfassungsrecht 1 ein Teil der Schulungsinhalte abgedeckt.

Bei den Verpflegungskosten handele es sich um Kosten der privaten Lebensführung, für die sie nicht aufzukommen habe.

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen stattgegeben und das im Wesentlichen damit begründet, dass auch Schulungen über effektives Betriebsratsmanagement erforderlich sein könnten sowie über Gesprächs-, Diskussions- und Verhandlungsführung. Es handele sich bei der Schulung danach um eine Grundlagenschulung. Es würden nämlich Kenntnisse vermittelt, die es ermöglichten, Betriebsratsrechte zu sicher und durchzusetzen. Die Dauer von fünf Tagen sei nicht zu beanstanden. Die Teilnehmer seien regelmäßig juristische Laien ohne besondere Rechtskenntnisse. An einem Tag seien diese Grundlagen auf keinen Fall vermittelbar. Die Ausbildung im Bereich Arbeitsrecht an der Universität Potsdam vermittle nur Grundzüge im Individualarbeitsrecht und sei daher für die Betriebsratsarbeit ungeeignet. Auch die Schulung in den Bereichen Verhandlungs- und Konfliktlösung sei erforderlich, da eine mehrjährige Mitgliedschaft im Betriebsrat die systematische Darstellung nicht ersetzen könne. Zu den erforderlichen Kosten gehörten auch die Fahrtkosten einschließlich der Reservierungskosten.

Die Arbeitgeberin hat gegen den ihr am 30. November 2015 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts am 14. Dezember 2015 Beschwerde eingelegt und diese mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 13. Januar 2016 eingegangen Schriftsatz begründet. Zur Begründung wiederholt sie unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Der Normzweck des § 37 Abs. 6 BetrVG bestehe gerade nicht in der Herstellung intellektueller Waffengleichheit. Danach sollten Betriebsratsmitglieder nicht zu Führungskräften des Unternehmens geschult werden. Dies würde den Schulungsbedarf vom jeweiligen Wissens- und Ausbildungsstand des Arbeitgebers abhängig machen. Vielmehr sollten die Betriebsratsmitglieder in die Lage versetzt werden, die Mitbestimmung der Arbeitnehmer sinnvoll zu verwirklichen. Das Seminar habe keine Inhalte vermittelt, die über das hinausgingen, was bereits in der Grundlagenschulung unterrichtet worden sei. Dort sei die Möglichkeit der Rechtsdurchsetzung hinreichend behandelt worden. Bei der Mediation und der „effektiven Kommunikation“ handele es sich nicht um Grundlagenwissen im Betriebsverfassungsrecht, sondern um Spezialwissen, welches einen hier nicht vorhandenen betrieblichen Anlass voraussetzte. Außerdem seien weder die Dauer der Veranstaltung noch der Umstand angemessen, dass zwei Betriebsratsmitglieder entsandt worden seien. Demnach bestehe auch kein Anspruch auf Reise und Reservierungskosten. Verpflegungskosten seien als Kosten der persönlichen Lebensführung ohnehin nicht erstattungsfähig.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. Juli 2015 – 12 BV 10503/14 - abzuändern und die Anträge abzuweisen.

Die Beteiligten zu 1), 3) und 4) beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen. Auch sie wiederholen im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Zu den Grundkenntnissen gehöre insbesondere die Sicherung und Durchsetzung von Betriebsratsrechten im Betrieb, vor Gericht und in der Einigungsstelle, aber auch die Frage, ob und wie Konflikte im Betrieb überwunden werden können. Dazu gehöre heute auch der Themenkomplex Mediation. Aufgrund der neueren BGH-Rechtsprechung zur Haftung des Betriebsrats sei der richtige Umgang mit Rechtsanwälten von besonderer Bedeutung. Jedenfalls sei die Vermittlung der Inhalte hier aber auch erforderlich gewesen. Die Kenntnisse seien entgegen der Behauptung der Arbeitgeberin in keinem Grundlagenseminar vermittelt worden. Die Arbeitgeberin habe mehr als einmal deutlich gemacht, dass sie Konflikten mit dem Betriebsrat nicht ausweiche, sondern mit ihren rechtlichen Möglichkeiten auskämpfe. Er könne nicht darauf verwiesen werden, sich die notwendigen Inhalte im Selbststudium anzueignen.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz vom 13. Januar und vom 17. Februar 2016 sowie auf das Protokoll des Anhörungstermins vom 17. März 2016.

II.

1) Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

2) Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Betriebsrats im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

a) Die Anträge des Betriebsrats sind zulässig.

Der Betriebsrat ist antragsbefugt. Dem steht nicht entgegen, dass es zT. um Kosten der einzelnen Betriebsratsmitglieder geht. Zu den Kosten des Betriebsrats gehören auch die Schulungskosten seiner Mitglieder. Soweit einzelne Betriebsratsmitglieder für den Besuch betriebsverfassungsrechtlicher Schulungsveranstaltungen Zahlungsverpflichtungen eingegangen sind, ist der Betriebsrat als Gremium berechtigt, den Arbeitgeber auf Erstattung der Kosten des Betriebsratsmitglieds an diesen in Anspruch zu nehmen (vgl. etwa BAG 28. Juni 1995 - 7 ABR 55/94, zu B I 1 der Gründe).

b) Neben dem Betriebsrat und der Arbeitgeberin waren auch die Beteiligten zu 3) und zu 4) zu beteiligen. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben im Beschlussverfahren die Stellen ein Recht auf Anhörung, die im Einzelfall beteiligt sind. Beteiligt in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist. Danach waren neben dem Betriebsrat und der Arbeitgeberin auch die Beteiligten zu 3) und zu 4) anzuhören. Diese sind wegen ihres vom Betriebsrat abgeleiteten Rechts unmittelbar von der begehrten Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen, da der Betriebsrat geltend macht, sie seien Inhaber eines Freistellungsanspruchs nach § 40 Abs. 1 BetrVG (vgl. BAG 17. November 2010 - 7 ABR 113/09, Rn. 13 mwN).

c) Die Anträge des Betriebsrats sind auch begründet.

Die Arbeitgeberin ist nach § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG verpflichtet, den Betriebsrat von der Verpflichtung zur Zahlung der Schulungs-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten freizustellen und den Beteiligten zu 3) und zu 4) die Reisekostenzu erstatten, die anlässlich von deren Teilnahme an dem Seminar „Betriebsverfassungsrecht 6“ in der Zeit vom 23. bis zum 27. Juni 2014 in T. entstanden sind.

aa) Nach § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Dazu gehören die Kosten, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Neben den eigentlichen Seminargebühren hat der Arbeitgeber auch die notwendigen Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten des Betriebsratsmitglieds zu tragen. Allerdings steht die Pflicht des Arbeitgebers zur Kostentragung nach § 40 Abs. 1 BetrVG unter dem in § 2 Abs. 1 BetrVG normierten Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Der Betriebsrat ist daher verpflichtet, den Arbeitgeber nur mit Kosten zu belasten, die er der Sache nach für angemessen halten darf. Er hat darauf bedacht zu sein, die durch seine Tätigkeit verursachten Kosten auf das notwendige Maß zu beschränken. Diese Pflicht gilt auch für das einzelne Betriebsratsmitglied (vgl. BAG 27. Mai 2015 - 7 ABR 26/13, Rn. 15, 16).

bb) Nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann. Bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern braucht die Schulungsbedürftigkeit nicht näher dargelegt zu werden, wenn Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung vermittelt werden. Zu unterscheiden ist zwischen der Vermittlung sog. Grundkenntnisse und anderen Schulungsveranstaltungen. Durch die Vermittlung von Grundwissen soll das Betriebsratsmitglied erst in die Lage versetzt werden, seine sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen. Für andere Schulungsveranstaltungen muss ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann (vgl. BAG 14. Januar 2015 - 7 ABR 95/12, Rn. 10).

cc) Bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu. Dieser entbindet ihn jedoch nicht von der Obliegenheit, im Streitfall darzulegen, weshalb das zu der Schulung entsandte Betriebsratsmitglied die dort vermittelten Kenntnisse benötigt, damit das Gremium des Betriebsrats seine gesetzlichen Aufgaben sach- und fachgerecht wahrnehmen kann (vgl. BAG 14. Januar 2015 -7 ABR 95/12, Rn. 11).

dd) Die Schulung des entsandten Betriebsratsmitglieds ist nicht notwendig, wenn die auf der Schulungsveranstaltung vermittelten Kenntnisse im Betriebsrat bereits vorhanden sind. Allerdings ist der Betriebsrat weder verpflichtet, die anstehenden Aufgaben auf wenige kenntnisreiche Mitglieder zu konzentrieren, noch muss er sich bei der Aufgabenerfüllung auf die Information eines einzelnen Betriebsratsmitglieds verlassen. Auch wenn ein Mitglied die erforderlichen Kenntnisse bereits besitzt, kann die sinnvolle Organisation der Betriebsratsarbeit es gebieten, auch andere Mitglieder mit der Aufgabenwahrnehmung zu betrauen. Es hängt dabei maßgeblich von der Größe und personellen Zusammensetzung sowie von der Geschäftsverteilung des Betriebsrats ab, ob und inwieweit eines oder mehrere Mitglieder über Spezialkenntnisse verfügen müssen (vgl. BAG 14. Januar 2015 - 7 ABR 95/12, Rn. 12).

ee) Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat die betriebliche Situation und die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Er hat darauf zu achten, dass der Schulungszweck in einem angemessenen Verhältnis zu den hierfür aufzuwendenden Mitteln steht. Die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung ist nicht erforderlich, wenn sich der Betriebsrat vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise verschaffen kann. Der Betriebsrat ist deshalb allerdings nicht gehalten, anhand einer umfassenden Marktanalyse den günstigsten Anbieter zu ermitteln und ohne Rücksicht auf andere Erwägungen auszuwählen. Er muss nicht die kostengünstigste Schulungsveranstaltung auswählen, wenn er eine andere Schulung für qualitativ besser hält. Der Beurteilungsspielraum des Betriebsrats bezieht sich auch auf den Inhalt der Schulungsveranstaltung. Nur wenn mehrere gleichzeitig angebotene Veranstaltungen auch nach Ansicht des Betriebsrats im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums als qualitativ gleichwertig anzusehen sind, kann eine Beschränkung der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers auf die Kosten der preiswerteren in Betracht kommen. Bei der Prüfung der Angemessenheit der Kosten können auch die Dauer der Veranstaltung im Hinblick auf die behandelten Themen, die örtliche Lage der Schulungsveranstaltung und die Anzahl der zu entsendenden Betriebsratsmitglieder von Bedeutung sein (vgl. BAG 14. Januar 2015 - 7 ABR 95/12, Rn. 13).

ff) Bei Zugrundelegung dieser Gesichtspunkte hält sich der Beschluss des Betriebsrats, sowohl den Vorsitzenden als auch den Stellvertreter zu der Schulung zu entsenden, in dessen Beurteilungsspielraum. Dabei kann es dahinstehen, ob es sich bei dem durch die Veranstaltung vermittelten Wissen um Grundlagenwissen handelt. Die Teilnahme an der Schulung war jedenfalls angesichts der zahlreichen Auseinandersetzungen der Beteiligten in den Jahren 2013 und 2014 erforderlich.

(1) Der Betriebsrat muss bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben konkrete Konfliktlagen nicht nur rechtlich bewerten, sondern auch den richtigen Weg zu ihrer Bewältigung finden. Dabei sind die in dem Seminar „Betriebsverfassungsrecht 6“ vermittelten Kenntnisse durchaus geeignet, Hilfestellung bei der Frage zu leisten, wie der Betriebsrat auf bestehende und zu erwartende Konfliktsituationen sinnvoll reagiert. Dazu ist es erforderlich, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen, um den richtigen Weg einschlagen zu können. Wichtig ist es aber auch, dass alternative und durch die Gesetzgebung neu eröffnete Wege und ihre Bedeutung für die betriebliche Praxis bekannt sind und ihr Potential richtig eingeschätzt werden kann. Im Übrigen gehören zu dem Aufgabenspektrum des Betriebsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters in erheblichem Umfang kommunikative Fähigkeiten. Es ist denkbar, dass entsprechendes Wissen im sonstigen Grundlagenseminaren zT. mitvermittelt wird, wobei dafür, dass das zB. in der Inhouse-Schulung zum Betriebsverfassungsrecht 1 schwerpunktmäßig angeboten worden ist, keine genügenden Anhaltspunkte vorliegen. Jedenfalls bei der Vielzahl der Konflikte unter den Beteiligten, die offenbar auch in den gerichtlichen Verfahren nicht wirklich geschlichtet werden konnten, war es erkennbar notwendig, dass hier Grundlagen zum kommunikationspsychologisch wie rechtlich richtigen Umgang mit der Konfliktsituation und zu Bewältigungsmöglichkeiten bei den im Betriebsrat insoweit besonders Verantwortlichen gelegt und auch weiter ausgebaut wurden.

(2) Der Umstand, dass der Beteiligte zu 3) Student der Rechtswissenschaften war, steht der Erforderlichkeit nicht entgegen. Daraus ergibt sich weder eine Verpflichtung, sich in das kollektive Arbeitsrecht einzuarbeiten, noch, sich selbst die durch das Seminar vermittelten Kenntnisse zu verschaffen, zumal das Arbeitsrecht im Rahmen des Studiums des Beteiligten zu 3) keinen Ausbildungsschwerpunkt darstellte und das kollektive Arbeitsrecht – und damit wohl auch das insoweit einschlägige Verfahrensrecht – nicht einmal angeboten wurden. Entsprechend gab es erst recht keine Verpflichtung des Beteiligten zu 3), seinen Stellvertreter oder andere Mitglieder des Betriebsrats zu schulen.

(3) Die durch die Teilnahme entstandenen Kosten sind auch nicht unverhältnismäßig. Sie entsprechen hinsichtlich der Höhe dem Üblichen bei entsprechenden Schulungen. Angesichts des Potentials an geordneter Konfliktbewältigung, welches sich aus der Teilnahme an entsprechenden Schulungen ergibt, aber auch des richtigen Umgangs hiermit, ist zudem für die Arbeitgeberin mittel- bis langfristig eine Kostenreduzierung nicht auszuschließen. Jedenfalls erscheinen die Kosten auch vor dem Hintergrund der bisher eher zurückhaltenden Wahrnehmung von Teilnahmen an Schulungsveranstaltungen durch die Betriebsratsmitglieder durchaus nicht überzogen.

(4) Der Betriebsrat ist auch von den Übernachtungs- und den Verpflegungskosten freizustellen. Auch diese waren erforderlich und angemessen.

(a) Die Arbeitgeberin hat keinen anderer Veranstalter genannt, der eine entsprechende Schulung in der näheren Umgebung angeboten hätte. Das Angebot einer Inhouse-Schulung mit entsprechenden Inhalten bei einem vergleichbaren Umfang hat die Arbeitgeberin dem Betriebsrat vor der Schulung nicht gemacht. Das ist vor dem Hintergrund, dass sie die Vermittlung dieser Inhalte schon nicht für erforderlich hielt, durchaus verständlich. Im Nachhinein kann sie sich dadurch aber nicht darauf berufen, dass dies eine kostengünstigere Möglichkeit der Schulung gewesen wäre. Übernachtungskosten und Verpflegungskosten liegen auch nicht über dem Üblichen. Insoweit besteht unter den Beteiligten kein Streit.

(b) Soweit die Arbeitgeberin sich darauf beruft, Verpflegungskosten seien generell nicht zu erstatten, steht das im Widerspruch zu der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. ua. BAG 27. Mai 2015 – 7 ABR 26/13, Rn. 15; 14. Januar 2015 – 7 ABR 95/12, Rn. 9; 17. November 2010 – 7 ABR 113/09, Rn. 21; 19. März 2008 – 7 ABR 2/07, Rn. 12; 4. Juni 2003 – 7 ABR 42/02, Rn. 11).

(aa) Die durch die Arbeitgeberin zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Juni 1976 (1 ABR 81/74, zu IV 2 der Gründe) betraf einen besonders gelagerten Sachverhalt. Dort ging es um ein "zusätzliches Taschengeld für Getränke pp.". In diesem Zusammenhang hat das BAG ausgeführt, Aufwendungen für Getränke, Rauchwaren usw. gehörten zu den Kosten der persönlichen Lebensführung und seien deshalb auch dann nicht als Kosten iSd. § 40 Abs 1 BetrVG erstattungsfähig, wenn sie anlässlich einer Schulungsveranstaltung für Betriebsratsmitglieder entstanden seien. Der Sachverhalt liegt hier anders. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich in den in Ansatz gebrachten Beträgen solche „Zusatzleistungen“ befinden. Es geht nicht um solche zusätzlichen Kosten, die selbstverständlich nicht zu den zu erstattenden Kosten gehören.

(bb) Richtig ist allerdings, dass der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts berechtigt ist, von den Verpflegungskosten ersparte Eigenaufwendungen des Schulungsteilnehmers abzuziehen. Hierfür sollte er ggf. in Anlehnung an steuerrechtliche Grundsätze einen Teil der tatsächlichen Verpflegungsaufwendungen anrechnen können. Zudem ist er nicht verpflichtet, auch die Kosten persönlicher Lebensführung zu erstatten. In den von den Veranstaltern zu erstellenden Belegen sind demzufolge die Kosten getrennt nach Unterkunft und Verpflegung anzuführen. In den Belegen muss enthalten sein, welche gastronomischen Leistungen in Rechnung gestellt worden sind. Den der Arbeitgeberin vorgelegten Belegen muss grundsätzlich zu entnehmen sein, wie viele Übernachtungen in Rechnung gestellt wurden, welcher Preis für die einzelnen Übernachtungen zu zahlen ist und welche gastronomischen Leistungen ("Verpflegung") erbracht wurden. Die Zahl der berechneten Frühstücke, Mittagessen und Abendessen ist nach einer – allerdings schon etwas älteren Rechtsprechung des BAG - ebenso anzugeben wie die dafür vereinbarten Einzelpreise. Soweit die vom Schulungsträger erstellte Rechnung Zusatzleistungen wie die Verabreichung von Getränken und Tabakwaren enthält, ist dies unter Angabe des darauf entfallenden Preises kenntlich zu machen (vgl. BAG 30. März 1994 – 7 ABR 45/93, Rn. 27 bei juris). Zu diesen Angaben ist jeder Schulungsveranstalter aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht gehalten, unabhängig davon, ob es sich um einen kommerziellen oder gewerkschaftlichen Anbieter handelt (vgl. BAG 28. Juni 1995 – 7 ABR 55/94, Rn. 28 bei juris).

Die unterbliebenen Angaben zum unterkunfts- und verpflegungsbezogenen Leistungsumfang waren hier ausnahmsweise unschädlich. Aus koalitionsrechtlichen Gründen hat die Arbeitgeberin eine nähere Aufschlüsselung der Unterbringungs- und Verpflegungskosten nicht für notwendig gehalten. Dazu bestand vorliegend auch kein Anlass. Die fragliche Schulungsveranstaltung wurde nicht in einer den Gewerkschaften gehörenden Bildungseinrichtung, sondern in einem kommerziellen Tagungshotel durchgeführt. Für die Belastung mit sogenannten Vorhaltekosten für gewerkschaftliche Bildungsinstitute, die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom Arbeitgeber nicht verlangt werden können, bestanden keine Anhaltspunkte. Aus der Sicht der Arbeitgeberin konnte aber auch nichts dafür sprechen, dass der Veranstalter den von ihm aufgewendeten Betrag für Hotelleistungen mit einem Aufpreis versehen an die einzelnen Tagungsteilnehmer weitergegeben und dadurch einen Gewinn erwirtschaftet hat.

Die Arbeitgeberin hat auch nicht vorgetragen, den beteiligten Betriebsratsmitgliedern einen Teil der Verpflegungsaufwendungen als Haushaltsersparnis anrechnen zu wollen (vgl. BAG 28. Juni 1995 – 7 ABR 55/94, Rn. 29). Vor diesem Hintergrund hat die Arbeitgeberin die Aufschlüsselung der Kosten für Unterkunft und Verpflegung nicht verlangt. Sie beruft sich vielmehr darauf, dass der Betriebsrat generell für seine Mitglieder eine Freistellung von Aufwendungen für die Verpflegung nicht beanspruchen könne, was nicht zutrifft. Es habe sich um Kosten der persönlichen Lebensführung gehandelt. Dafür gibt es hier aber keinerlei Anhaltspunkte, insbesondere nicht dafür, dass in den Rechnungen zB. auch Tabakwaren oder abendliche Getränke enthalten wären. Es liegt kein Sachverhalt zugrunde, der mit dem der durch die Arbeitgeberin zitierten Entscheidung des BAG vom 15. Juni 1976 (1 ABR 81/74, zu IV 2 der Gründe) vergleichbarer wäre, in dem für die Betriebsratsmitglieder ein „zusätzliches“ Taschengeld beansprucht wurde.

Die Arbeitgeberin hat zudem keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass es bei ihr eine betriebliche Reisekostenregelung gäbe, nach der andere Sätze zu zahlen wären. Das kann zulässig sein, wenn die Kosten in ihrer Höhe von dem einzelnen Betriebsratsmitglied beeinflusst werden können (so BAG 28. Februar 1990 – 7 ABR 5/89, Rn. 32 bei juris), wofür hier ebenfalls keine Anhaltspunkte bestehen. Hintergrund hierfür ist, dass es eine nach § 78 Satz 2 BetrVG ungerechtfertigte Besserstellung der Betriebsratsmitglieder darstellte, wenn diese für die im Zusammenhang mit der Ausübung von Betriebsratstätigkeit anfallende Reisetätigkeit höhere Beträge als andere Arbeitnehmer bei betrieblich veranlassten Reisen beanspruchen könnten, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund besteht (vgl. BAG 28. März 2007 – 7 ABR 33/06, Rn. 10). Nach den insgesamt in Ansatz gebrachten Hotelkosten gibt es zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass diese unverhältnismäßig hohe Verpflegungskosten enthielten.

(5) Die Fahrtkosten sind ebenfalls zu erstatten. Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass eine Schulung mit vergleichbaren Inhalten in der näheren Umgebung nicht angeboten wurde. Entsprechendes behauptet die Arbeitgeberin auch nicht. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin waren auch die Reservierungskosten nicht unverhältnismäßig. Diese fallen im Rahmen einer sorgfältig geplanten Reise an. Es wäre umgekehrt unangemessen, von den Betriebsratsmitgliedern zu verlangen, das Risiko einzugehen, zeitweise oder durchgehend im Zug stehen zu müssen. Die geringen Reservierungskosten stehen dazu außer Verhältnis. Die Anträge sind auch zutreffend auf Zahlung der verauslagten Kosten an die Beteiligten zu 3) und zu 4) gerichtet.

(6) Die Dauer der vom Betriebsrat ausgewählten Schulungsveranstaltung von fünf Tagen stellt sich im Hinblick auf die behandelten Themen nicht als unangemessen dar. Auch unter Einbeziehung der Entfernung zum Schulungsort und der Reise- und Übernachtungskosten bewegt sich der wirtschaftliche Aufwand nicht in unangemessenem Rahmen zur Größe des Betriebsrats und der Leistungsfähigkeit der Arbeitgeberin.

(7) Die Beteiligten haben in der Verhandlung auch übereinstimmend erklärt, die Inanspruchnahme seitens des Seminaranbieters als eine solche gegenüber dem Betriebsrat anzusehen. Dies werde bei der Arbeitgeberin so gehandhabt.

III.

Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.