Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 07.01.2011 | |
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Aktenzeichen | L 2 U 602/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 157 SGB 7 |
Veranstaltungen i. S. des Gefahrtarifs 2007 sind nur solche Unternehmen, die Veranstaltungen wie z. B. Konzerte, Sportereignisse und Messen organisieren, nicht aber Unternehmen, die die sicherheitsrelevante Durchführung dieser Veranstaltungen übernehmen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. September 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 15 000,00 € festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Die Klägerin begehrt die Zuordnung zu einer anderen Gefahrtarifstelle.
Bei der Klägerin handelt es sich um ein Unternehmen, das die Organisation und die Durchführung des Ordnungsdienstes sowie die Betreuung von Veranstaltungen jeglicher Art zum Gegenstand hat, wie sich aus ihrer Selbstauskunft vom 28. Februar 2002 ergibt.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2007 veranlagte die Beklagte die Klägerin für die Zeit ab 01. Januar 2007 zu der Gefahrtarifstelle 10 „Wach- und Sicherheitsunternehmen“ mit der Gefahrklasse 3,57.
Dieser Gefahrtarif sieht u. a. - soweit im vorliegenden Fall von Interesse - folgende Gefahrtarifstellen vor:
Gefahrtarifstelle | Unternehmensart | Gefahrklasse | ||
10 | Wach- und Sicherheitsunternehmen | 3,57 | ||
… | ||||
29 | Veranstaltungsunternehmen | 1,68 |
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2007 zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Entscheidung über die Zuordnung eines Unternehmens zu einer Unternehmensart sich nach Art und Gegenstand des Unternehmens richte, wobei die ausgeübten Tätigkeiten der Beschäftigten grundsätzlich keine Rolle spielten. Nach diesen Grundlagen und anhand der von der Klägerin abgegebenen Unternehmensbeschreibung sei das Unternehmen veranlagt worden. Die Klägerin habe angegeben, dass sie einen Veranstaltungsdienst betreibe. Unternehmensgegenstand sei dabei im Schwerpunkt das Stellen von Arbeitnehmern für Veranstaltungen als Ordnungsdienste. Unternehmen dieser Art würden der Unternehmensart „Wach- und Sicherheitsunternehmen“ zugeordnet. In dem ab 1. Januar 2007 geltenden Gefahrtarif sei der Name der Branche in „Wach- und Sicherheitsunternehmen" geändert worden. Die namentliche Bezeichnung sei angepasst worden, um dem stark gewachsenen Aufgabenspektrum und dem veränderten Dienstleistungsangebot der Branche Rechnung zu tragen. Die Ordnungsdienste seien der Gefahrtarifstelle neu zugeordnet worden, da für diese Unternehmen der Schutz- und Sicherheitsgedanke regelmäßig im Vordergrund stehe, so dass sie in der Struktur den Wach- und Sicherheitsunternehmen nahe stehen würden. Wach- und Sicherheitsunternehmen würden Dienstleistungen anbieten, die auf den Schutz des Lebens, der Gesundheit und/oder des Eigentums, Besitzes und sonstiger Vermögenswerte fremder Personen gerichtet seien. Dabei werde grundsätzlich eine Obhutstätigkeit durch den Menschen vorausgesetzt, die auch unter Nutzung technischer Hilfseinrichtungen erfolgen könne. Im Rahmen des Ordnungsdienstes stehe der Schutz des ungestörten Ablaufs einer Veranstaltung sowie Personenschutz im Verlauf der Veranstaltung regelmäßig im Vordergrund. Wesentliche Aufgaben seien Ordnen, Kontrollieren, Schützen und Bewachen. Die Tätigkeiten würden von Parkplatzdienstleistungen über Eintrittskontrollen, Besetzung der Nottore in den Stadien, Streifengänge auf dem Außengelände um den Veranstaltungsort, Ordnungsdienst im Stadion und auf den Tribünen bis hin zu Sonderdienstleistungen im VIP-Bereich reichen. Die Veranlagung zur Unternehmensart „Wach- und Sicherheitsunternehmen“ bedeute nicht, dass ausschließlich Bewachungsdienste gemäß § 34 a Gewerbeordnung ausgeführt würden. Die Veranlagung des Unternehmens sei daher zutreffend.
Die anschließende Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 8. September 2008 abgewiesen. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Einordnung der Klägerin in die Gefahrtarifstelle 10 des ab 1. Januar 2007 gültigen Gefahrtarifs der Beklagten gegen geltendes Recht verstoßen würde. Die Beklagte habe sachlich nachvollziehbare Gründe angeführt, die für eine Veranlagung von Unternehmen mit dem Gegenstand „Organisation und Durchführung des Ordnungsdienstes und Betreuung von Veranstaltungen jeglicher Art“ zu der Tarifstelle 10 („Wach- und Sicherheitsdienste“) sprechen würden. Die Kammer sehe insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und folge den zutreffenden Ausführungen der Beklagten in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid. Ergänzend sei lediglich auf folgendes hinzuweisen: Die Organisation und Durchführung des Ordnungsdienstes im Rahmen von Veranstaltungen stelle gemäß den eigenen Angaben der Klägerin in der Meldung gegenüber der Beklagten vom 18. Februar 2002 einen wesentlichen Teil des Unternehmensgegenstandes dar. Wenn darüber hinaus seitens der Klägerin noch weitere mit der Organisation von Veranstaltungen zusammenhängende Dienstleistungen erbracht würden, sei dazu anzumerken, dass es gerade Aufgabe der Beklagten sei, bei der Erstellung des Gefahrtarifs für eine gewisse Pauschalierung und Typisierung zu sorgen. In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sei anerkannt, dass den Unfallversicherungsträgern bei der Tarifstellenbildung ein Recht zur Pauschalierung und Typisierung zustehe, um hinreichend große Tarifstellen zu schaffen und eine Zersplitterung der Gefahrtarife zu vermeiden. Tarifstellen sollten möglichst nicht zu klein sein, um einen hinreichenden Ausgleich zu sichern. Die dabei auftretenden Härten im Einzelfall seien bei einer generalisierenden Regelung unvermeidlich und hinzunehmen (BVerfGE 13, 21, 29; 26, 265, 275 ff.; 45, 367, 390). Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Gewerbezweig könne daher nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation im Einzelfall angegriffen werden. Eine Grenze würden die Grundrechte der Klägerin nach Art. 12 Grundgesetz (Berufsfreiheit) bzw. Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (Eigentum) bilden. Es sei jedoch nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass diese Grundrechte in verfassungsrechtlich bedeutender Weise tangiert seien, insbesondere sei eine erdrosselnde Wirkung der Beitragsbelastung der Klägerin nicht erkennbar. Unerheblich sei auch, dass es vertretbar erscheinen möge, die Klägerin nicht der Tarifstelle 10, sondern - vielleicht ebenso gut - der Tarifstelle 29 „Veranstaltungsunternehmen“ mit der Gefahrklasse 1,68 zuzuordnen. Es sei in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinzuweisen, dass es nicht darauf ankomme, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung treffe und dass die Abwägung zwischen mehreren jeweils für die eine oder andere Regelung sprechenden Gesichtspunkten bei der Gestaltung der Gefahrtarife und die daraus folgende Entscheidung dem Unfallversicherungsträger obliegen würde. Der gerichtlichen Überprüfung seien hier enge Grenzen gesetzt. Dass die Beklagte bei der Zuordnung der Klägerin zu der Gefahrtarifstelle 10 gleichsam willkürlich gehandelt habe, das heiße, dass die durch sie vorgenommene Kategorisierung schlechterdings unvertretbar erscheine, sei nicht erkennbar und seitens der Klägerin auch nicht substantiiert vorgetragen.
Gegen dieses ihr am 16. September 2008 zugegangene Urteil richtet sich die am 15. Oktober 2008 eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung führt die Klägerin unter anderem aus, der ab 1. Januar 2001 maßgebliche Gefahrtarif habe zwischen den „Bewachungsunternehmen“ und den „Veranstaltern“ unterschieden. Hierbei sei die Klägerin der Gefahrtarifstelle der „Veranstalter“ zugeordnet worden. Soweit sie nunmehr im Gefahrtarif 2007 den „Wach- und Sicherheitsunternehmen“ zugeordnet werde, sei dies unzutreffend. Sie sei unter dem Gefahrtarif 2007 den „Veranstaltungsunternehmen“ zuzuordnen. Jede Veranstaltungsorganisation habe bei der Durchführung und Planung von Veranstaltungen auch das „Wohl und Wehe“ der Teilnehmer bzw. Besucher einschließlich der von ihnen mitgeführten Gegenstände zu bedenken. Wenn beispielsweise die Garderobendienste den „Veranstaltungsunternehmen“ im Sinne der Gefahrtarifstelle 29 zugeordnet würden, so ergebe sich daraus, dass Tätigkeiten im Veranstaltungsbereich, auch wenn sie Schutz-/Sicherheitsaspekte beinhalten würden, nicht automatisch der Unternehmensart „Wach- und Sicherheitsunternehmen“ zugeordnet würden. Sie habe in ihrer Meldung vom 18. Februar 2002 nicht nur angegeben die Organisation und Durchführung des Ordnungsdienstes anzubieten, sondern auch die Betreuung von Veranstaltungen jeglicher Art durchzuführen. Bei der Betreuung von Veranstaltungen stehe der Service für die Teilnehmer/Besucher im Vordergrund. Dieser Bereich sei der Unternehmensart „Veranstaltungsunternehmen“ zuzuordnen. Im Kern sei jede Veranstaltungsorganisation darauf ausgerichtet, einen ungestörten Ablauf der geplanten Organisation zu gewährleisten. Bei dieser Maßgabe könne jedes Unternehmen, das in irgendeiner Weise mit der Durchführung einer Veranstaltung etwas zu tun habe, den „Wach- und Sicherheitsunternehmen“ zugeordnet werden. Dass dies nicht richtig sein könne, ergebe sich bereits indirekt aus den Hinweisen zur Branchenzuordnung. Wenn den Veranstaltungsunternehmen auch der Garderobendienst zugeordnet werde, so ergebe sich daraus, dass nicht jede Tätigkeit, die auf einen ordnungsgemäßen Ablauf einer Veranstaltung ausgerichtet sei, gleichsam automatisch unter den Begriff „Wach- und Sicherheitsunternehmen“ falle. Das Sozialgericht habe sich mit den Besonderheiten eines Unternehmens, das in die Durchführung einer Veranstaltung einbezogen sei, nicht auseinandergesetzt. Für ein Unternehmen, das im Rahmen der Durchführung und Planung einer Veranstaltung tätig sei, komme eine Zuordnung zu den „Wach- und Sicherheitsunternehmen“ nur dann in Betracht, wenn der Schwerpunkt der Tätigkeit unmittelbar auf den Schutz der Besucher sowie mitgeführter Gegenstände bzw. des Veranstaltungsgebäudes (Gebäude/Mobiliar) gerichtet sei. Dies sei beispielsweise für die Personen- und Taschenkontrolle zu bejahen. Das Wirtschaftsamt Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf habe überprüft, in welchem Umfang sie bei der Durchführung von Großveranstaltungen im Olympiastadion bzw. in der Waldbühne Service- oder Bewachungstätigkeiten ausgeführt habe. Der Anteil der „reinen“ Bewachungstätigkeit liege in keinem Fall über 50 %. Für die ausgewerteten Großveranstaltungen liege der Anteil zwischen 15 und 39 %. Dieses Bild sei für ihre Tätigkeit durchaus repräsentativ. Ganz überwiegend erbringe sie Servicetätigkeiten. Auch wenn jeder Servicetätigkeit, insbesondere einem guten Service, auch ein Ordnungsfaktor zuzusprechen sei, so werde daraus nicht ein Ordnungsdienst im Sinne der Gefahrtarifstelle 10
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. September 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie für die Zeit ab 01. Januar 2007 zur Gefahrtarifstelle 29 „Veranstaltungsunternehmen“ mit der Gefahrklasse 1,68 des Gefahrtarifs 2007 der Beklagten zu veranlagen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil und führt weiter aus, die bisherige Bezeichnung in dem bis 31. Dezember 2006 gültigen Gefahrtarif der Unternehmensart „Bewachungsunternehmen“ sei in dem ab 1. Januar 2007 gültigen Gefahrtarif durch den Begriff „Wach- und Sicherheitsunternehmen“ ersetzt worden. Diese würden Dienstleistungen anbieten, die auf den Schutz des Lebens, der Gesundheit und/oder des Eigentums, Besitzes und sonstiger Vermögenswerte fremder Personen gerichtet seien. Dabei werde grundsätzlich eine aktive Obhutstätigkeit durch den Menschen vorausgesetzt, die auch unter Nutzung technischer Hilfseinrichtungen erfolgen könne. Der Begriff „Bewachungsunternehmen“ habe nur noch unzureichend das stark gewachsene Aufgabenspektrum der Wach- und Sicherheitsunternehmen beschrieben. Der bisherige Begriff habe bei vielen Unternehmen die Vorstellung erzeugt, unter dieser Bezeichnung würden nur die gefährlichen Bewachungsfelder wie Personenschutz, Objektbewachung und Werttransporte fallen. Die Unternehmen würden sich aber mehr und mehr als Dienstleister, die für ihre Kunden ein komplettes, individuell auf den Bedarf des Kunden abgestimmtes Sicherheitsdienstleistungspaket inklusive umfassender Beratung zusammenstellen würden, sehen. Prägendes Element und damit Unternehmenszweck der Wach- und Sicherheitsunternehmen sei die Verwaltung und das Bereitstellen von geeignetem Personal zur Erbringung von Sicherheitsleistungen. Bei der Beschreibung der „marktüblichen“ Ordnungsdienste stehe der Schutz- und Sicherheitsgedanke regelmäßig im Vordergrund, also der Schutz des ungestörten Ablaufs einer Veranstaltung sowie Personenschutz im Verlauf der Veranstaltung. Nach Auffassung der Beklagten liege daher eine Zuordnung zur Bewachungsbranche sachlich näher. Durch die Erweiterung der Bezeichnung der Unternehmensart als „Wach- und Sicherheitsunternehmen“ der Bewachungsbranche könnten die Ordnungsdienste ohne Probleme unter den neuen Begriff subsumiert werden. Da die Klägerin größtenteils den Ordnungsdienst bei Veranstaltungen stelle, sei sie entsprechend des ab 1. Januar 2007 gültigen Gefahrtarifs zutreffend veranlagt worden. Im Übrigen werde auf den Internetauftritt der Klägerin verwiesen, aus dem sich dieser Unternehmenszweck ebenfalls ergebe. Ergänzend hat die Beklagte Ausdrucke des Internetauftritts der Klägerin übersandt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Zuordnung zu einer anderen als der Gefahrtarifstelle 10 des seit 01. Januar 2007 geltenden Gefahrtarifs der Beklagten.
Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), nach dem der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt. Die in der gesetzlichen Unfallversicherung allein von den Unternehmern aufzubringenden Beiträge berechnen sich nach dem Finanzbedarf der Berufsgenossenschaft (BG), den Arbeitsentgelten der Versicherten und dem in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad der Unfallgefahr in den Unternehmen (§§ 153 Abs. 1, 157 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Um eine Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr zu ermöglichen, muss jede BG einen Gefahrtarif aufstellen und diesen nach Tarifstellen gliedern, denen jeweils eine aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten errechnete Gefahrklasse zugeordnet ist. In den Tarifstellen sind unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs Gruppen von Unternehmen oder Tätigkeitsbereiche mit gleichen oder ähnlichen Gefährdungsrisiken zu Gefahrengemeinschaften zusammenzufassen (§ 157 Abs. 1 - 3 SGB VII).
Der Gefahrtarif ist unabhängig von der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (vgl. § 158 SGB VII) durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit überprüfbar. Als autonom gesetztes objektives Recht (vgl. § 157 SGB VII, §§ 33 ff SGB IV) ist der Gefahrtarif allerdings nur daraufhin überprüfbar, ob er mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, also dem SGB VII, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung, somit auch den Trägern der Sozialversicherung, ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen. Als gesetzliche Vorgaben sind die in §§ 152 f, 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen und Wertentscheidungen sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten. Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkte und die daraus folgende Entscheidung obliegt dem Unfallversicherungsträger. Aufgrund dieser eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis kann nicht jeder Fehler Beachtung finden. Die Bildung des Gefahrtarifs muss aber auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (BSG, Urteil vom 24. Juni 2003, Az. B 2 U 21/02 R, m. w. N., zitiert nach juris.de). Zulässiger Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen sind dabei nach der Rechtsprechung entweder der sog. Gewerbezweig, basierend auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen, aber ebenso, da die Anknüpfung an die Art der erzeugten Güter und die Art und Weise ihrer Herstellung oder Bearbeitung in der modernen Dienstleistungsgesellschaft zunehmend an Bedeutung verliert, Art und Gegenstand des Unternehmens, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren im Unternehmen geben (BSG, Urteil vom 5. Juli 2005, Az. B 2 U 32/03 R, zitiert nach juris.de, und BSG, Urteil vom 28. November 2006, Az. B 2 U 10/05 R, zitiert nach juris.de). Die Beklagte hat als Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen zulässigerweise die Unternehmensart gewählt. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Gefahrtarifs 2007 der Beklagten bestehen nicht (siehe bereits das Urteil des Senats vom 23. September 2010, L 31 u 450/08, zitiert nach juris.de), solche sind im Berufungsverfahren von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden.
Die Beklagte hat die Klägerin auch zu Recht der Gefahrtarifstelle 10 zugeordnet. Ein Unternehmen kann nur dann mit Aussicht auf Erfolg fordern, einem anderen Gewerbezweig bzw. einer anderen Unternehmensart zugeteilt zu werden, wenn der Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft mehrere für die betreffende Unternehmensart in Betracht kommende Gefahrtarifstellen ausweist und unklar ist, welcher von ihnen er nach Art und Gegenstand zuzurechnen ist. Steht die nach technologischen Kriterien richtige Zuordnung fest, kann die Zugehörigkeit zu dem Gewerbezweig bzw. der Unternehmensart nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation infrage gestellt werden. Zu prüfen sind hierfür der Unternehmensgegenstand und Unternehmenszweck, die Art der angebotenen Dienstleistungen und die näheren Umstände ihrer Erbringung (BSG, Urteil vom 21. März 2006, Az.: B 2 U 2/05 R, zitiert nach juris.de).
In der Gefahrtarifstelle 10 „Wach- und Sicherheitsunternehmen“ sind Unternehmen zusammengefasst, die Dienstleistungen anbieten, die auf den Schutz des Lebens, der Gesundheit und/oder des Eigentums, Besitzes und sonstiger Vermögenswerte fremder Personen gerichtet sind. Nach den Hinweisen zur Branchenzuordnung der Beklagten (zitiert nach VBG Report 1/2007, S. 25 ff.) gehören hierzu unter anderem:
Alarmzentralen, Notrufverfolgungen, Betriebsfeuerwehren, Betrieb von Leitstellen, Bewachungen bei Einlagerung von Werten, Kaufhausdetektive, Pförtner- und Empfangsdienste, Ordnungsdienste, Revier- und Streifendienste, Sicherheitsdienstleistungen im öffentlichen Personennahverkehr, in kerntechnischen Anlagen, Justizvollzugsanstalten, militärischen Einrichtungen, Unternehmen für Werk-, Objekt-, Personenschutz, Transportbegleitungen, Werks- und Zugangskontrollen.
Zutreffend hat die Beklagte dazu ergänzend ausgeführt, dass prägendes Element und damit Unternehmenszweck der Wach- und Sicherheitsunternehmen die Verwaltung und das Bereitstellen von geeignetem Personal zur Erbringung von Sicherheitsdienstleistungen ist und dass dabei bei der Beschreibung der „marktüblichen“ Ordnungsdienste der Schutz- und Sicherheitsgedanke, also der Schutz des ungestörten Ablaufs einer Veranstaltung sowie der Personenschutz im Verlauf der Veranstaltung regelmäßig im Vordergrund steht. Die Einschätzung der Beklagten, dass deshalb eine Zuordnung der Ordnungsdienste zur Unternehmensart der „Wach- und Sicherheitsunternehmen“ näher liegt als eine Zuordnung zu den „Veranstaltungsunternehmen“, ist daher zur Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden. Die Klägerin bietet auch genau diese Art der Dienstleistung an, wie sich sowohl ihrer Selbstauskunft vom 28. Februar 2002 als auch ihrem Internetauftritt, den die Beklagte in Kopie übersandt hat, entnehmen lässt. Unternehmensgegenstand ist nämlich die „Organisation und die Durchführung des Ordnungsdienstes sowie die Betreuung von Veranstaltungen jeglicher Art“.
Die Klägerin ist nicht der Gefahrtarifstelle 29 „Veranstaltungsunternehmen“ zuzuordnen. Hierzu zählen nach den Hinweisen zur Branchenzuordnung (a. a. O., S. 30) u. a.
Garderobendienste, Hallen- sowie Standvermietungen, Konzert-, Sport- usw. Veranstalter, Messe- und Ausstellungsunternehmen, Messeorganisationen, Veranstaltungsorganisationen.
Zu dieser Gefahrtarifstelle gehören mithin die Unternehmen, die eine Veranstaltung, z. B. Konzert, Sportereignis, Messe, Ausstellung organisieren, nicht aber die Unternehmen, die deren sicherheitsrelevante Durchführung übernehmen. Dementsprechend wirbt die Klägerin in ihrem Internetauftritt auch gerade damit, dass diese Veranstalter, z. B. H, D, O, I, B zu ihren Kunden gehören, denen sie ihr kompetentes Team in den Bereichen, Veranstaltungen, Parkraumbewirtschaftung, Sicherheit, Ordnungsdienst und Objektschutz zur Verfügung stellt. Weiter wirbt die Klägerin damit, dass sie sich um Sicherheit und Ordnung der Veranstaltungen ihrer Kunden kümmert. Aus alledem ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass die Klägerin nicht selbst ein Veranstaltungsunternehmen im Sinne der Gefahrtarifstelle 29 ist, sondern ein Dienstleistungsunternehmen, das Ordnungsdienste für von anderen Unternehmen organisierte Veranstaltungen anbietet und damit ein Wach- und Sicherheitsunternehmen ist.
Der Senat sieht von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ab, da er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist, und verweist auf die umfassende und zutreffende Darstellung der Entscheidungsgründe des Urteils des Sozialgerichts Berlin zu den in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen und der Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichts als auch des Bundessozialgerichts.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes auf die Höhe des dreifachen Auffangstreitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 und Abs. 2 Gerichtskostengesetz, insoweit wird zur Begründung auf die Ausführungen des Bundessozialgerichts im bereits erstinstanzlich genannten Beschluss (Beschluss vom 30. November 2006, Az. B 2 U 410/05 B, zitiert nach juris.de) und gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, denen sich das Gericht anschließt.
Die Festsetzung des Streitwerts ist nicht anfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).