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Entscheidung 6 U 3/11


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 26.06.2012
Aktenzeichen 6 U 3/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 02.12.2010 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 31 O 7/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Klägerin mit Geschäftssitz in S… verlangt von der in M…, Vereinigtes Königreich von Großbritannien, ansässigen Beklagten Bezahlung von Papierlieferungen. Die Parteien streiten unter anderem darüber, ob das von der Klägerin produzierte Papier mangelbehaftet war oder nicht.

Bei den Vertragsverhandlungen ließ sich die Beklagte zunächst durch die in der Schweiz ansässige Firma N… GmbH vertreten, welche den Kontakt zur Klägerin aufnahm. Am 25.08.2006 erhielt die Klägerin von der N… GmbH ein in englischer Sprache abgefasstes Bestellschreiben (Purchase order) über 977.000 kg Magazinpapier. Am gleichen Tag sandte die Klägerin per Telefax ein ebenfalls in englischer Sprache abgefasstes zweiseitiges Bestätigungsschreiben (Confirmation) an die Beklagte. Das Bestätigungsschreiben enthält einen Verweis auf die auf der Rückseite abgedruckten Bedingungen (Terms and Conditions printed on the reverse hereof). Ob die Klägerin dabei die Rückseite ihres Geschäftspapiers, auf der nach ihrem Vorbringen ihre in englischer Sprache verfassten Allgemeinen Verkaufsbedingungen (General conditions of sale) abgedruckt sind, per Telefax mitübersandt hat, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Klägerin bestimmen unter Ziff. 16 als Erfüllungsort für Lieferung und Zahlung S… oder Sch… und als Gerichtsstand nach Wahl der Klägerin F…, N…, I… oder den Geschäftssitz des Käufers (Place of delivery for supply and payment shall be S… and Sch… respectively. Place of jurisdiction shall be, at our option, F… and N… respectively, I… or the buyer's place of business). In Ziff. 17 ist vorgesehen, dass ergänzend zu diesen allgemeinen Bestimmungen die Bestimmungen der europäischen Papierindustrie CEPAG in der jeweils gültigen Fassung gelten (Supplementary to these general provisions, the provisions of the European paper industry CEPAC shall apply in their current valid version). Bei den sog. CEPAG-Bestimmungen (AVB CEPAC) handelt es sich um Allgemeine Verkaufsbedingungen der Papier- und Pappenhersteller der Europäischen Union, die auf Empfehlung des Europäischen Verbandes der Zellstoff-, Papier- und Pappenindustrie (CEPAG) aufgestellt worden sind. Artikel 11 AVB CEPAC sieht die Zuständigkeit des Gerichts am Ort des Verkäufers vor.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Klage vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) erhoben. Sie hat gemeint, die internationale Zuständigkeit des Gerichts sei aufgrund der in ihren Allgemeinen Verkaufsbedingungen enthaltenen Klauseln über den Gerichtsstand und den Erfüllungsort gegeben. Ihre Allgemeinen Verkaufsbedingungen seien wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Sie habe diese der Beklagten mit der Auftragsbestätigung am 25.08.2006 per Telefax übermittelt. Später habe sie die unter Verwendung ihres Geschäftspapiers mit Abdruck der Bedingungen auf der Rückseite gefertigte Auftragsbestätigung auch per Post an die Beklagte gesandt. Abgesehen davon habe sie in der Vergangenheit bereits mehrfach Papier an den amerikanischen Mutterkonzern der Beklagten verkauft und dabei ihre Allgemeinen Verkaufsbedingungen zugrunde gelegt. Die in dieser Geschäftsbeziehung entstandenen Gepflogenheiten müsse die Beklagte gegen sich gelten lassen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 53.149,97 GBP zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt (Oder) in Abrede gestellt. International und örtlich zuständig sei das Gericht ihres allgemeinen Gerichtsstandes in Großbritannien. Eine Vereinbarung des Gerichtsstandes oder Erfüllungsortes in F… auf der Grundlage der Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Klägerin sei nicht zustande gekommen. Der Kaufvertrag sei bereits mit Zugang der Bestellung der N… GmbH bei der Klägerin geschlossen worden. Eine Übersendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen erst nach Vertragsschluss genüge den Voraussetzungen an eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung nicht. Zuletzt hat die Beklagte vorgetragen, sie habe das Bestätigungsschreiben der Klägerin per Telefax nur ohne die Rückseite erhalten, ein Zugang per Post sei nicht erfolgt.

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil seine internationale Zuständigkeit nicht gegeben sei. Da die Beklagte ihren allgemeinen Gerichtsstand in Großbritannien habe, komme die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts nur aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 23 EuGVVO oder aus dem Gesichtspunkt des Gerichtsstandes des Erfüllungsortes nach § 5 EuGVVO in Betracht. Beides sei zu verneinen. Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung sei nicht zustande gekommen, weil eine Übersendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach Vertragsschluss den Anforderungen des Art. 23 EuGVVO nicht genüge. Der Vertrag der Parteien sei spätestens mit Zugang des Bestellschreibens der N… GmbH zustande gekommen. Die Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Klägerin seien der Beklagten bis dahin nicht bekannt gewesen. Ein internationaler Handelsbrauch dahin, dass eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Gerichtsstandsklausel gelten solle, wenn die Geschäftsbedingungen erst nach Vertragsschluss im Rahmen einer Auftragsbestätigung übermittelt werden, sei auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens nicht festzustellen. Der vertragliche Erfüllungsort liege in L…, weil die Klägerin das Papier zu der dort ansässigen Druckerei habe liefern müssen. Eine Vereinbarung des Erfüllungsortes in F… nach Maßgabe der Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Klägerin scheitere wiederum daran, dass die Anforderungen an die wirksame Vereinbarung nach Art. 23 EuGVVO nicht erfüllt seien. Dasselbe gelte für die Einbeziehung der AVB CEPAG, nach denen der Gerichtsstand am Ort des Verkäufers bestehe.

Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie rügt, das Landgericht habe fehlerhaft das Zustandekommen einer Gerichtsstandsvereinbarung verneint. Ihre Allgemeinen Verkaufsbedingungen habe sie der Beklagten durch Übersendung per Telefax als Rückseite ihrer Auftragsbestätigung bei Vertragsschluss zur Kenntnis gebracht. Die Annahme eines Vertragsschlusses vor Zugang ihrer Auftragsbestätigung beruhe auf fehlerhafter Tatsachenwürdigung. Sie stehe zudem im Widerspruch zu den üblichen Gepflogenheiten in der gesamten Papierindustrie, wie sie auf der Grundlage der AVB CEPAC entstanden seien.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihrem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt ihr Vorbringen, die Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Klägerin weder per Telefax noch per Post erhalten zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf die tatbestandlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils und den Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.

II.

Die gemäß §§ 511, 517, 519 und 520 ZPO zulässige Berufung der Klägerin rechtfertigt eine Abänderung des angefochtenen Urteils nicht. Die Klage ist unzulässig, weil die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht gegeben ist.

1) Wie das Landgericht richtig gesehen hat, beurteilt sich die internationale Zuständigkeit im Streitfall nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO), denn beide Parteien haben ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union; ferner ist die Klage, die eine Handelssache zum Gegenstand hat, nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung am 01.03.2002 erhoben worden (Art. 1, 2, 60, 66, 76 EuGVVO).

2) Nach den Vorschriften der EuGVVO ist im Streitfall die internationale Zuständigkeit der Gerichte Großbritanniens gegeben, nicht aber die der deutschen Gerichte.

2.1) Gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 60 Abs. 1 EuGVVO sind Gesellschaften und juristische Personen, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, grundsätzlich vor den Gerichten dieses Mitgliedstaates zu verklagen. Gerichte eines anderen Mitgliedstaates können nur dann angerufen werden, wenn sich deren internationale Zuständigkeit aus den besonderen Zuständigkeitsregeln der Art. 5 - 24 EuGVVO ergibt.

Für Klagen gegen die in Großbritannien ansässige Beklagte sind demnach grundsätzlich die Gerichte Großbritanniens zuständig. Eine davon abweichende Zuständigkeit der deutschen Gerichte lässt sich weder auf den vertraglichen Erfüllungsort gemäß Art. 5 Abs. 1 EuGVVO noch auf eine Gerichtsstands- oder Erfüllungsortvereinbarung nach Art. 23 Abs. 1 EuGVVO stützen.

2.2) Dass der vertragliche Erfüllungsort im Sinne des Art. 5 Abs. 1 EuGVVO nicht in F… liegt, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil mit zutreffenden Gründen festgestellt. Richtig hat das Landgericht unter autonomer Auslegung der Vorschrift ohne Rückgriff auf das deutsche Kollisionsrecht den Ort der vertragscharakteristischen Leistung in L… gesehen (vgl. EuGH, Urteil v. 25.02.2010, Az.: C-381/08, NJW 2010, 1059). Die Berufung zeigt keinen Umstand auf, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte.

2.3) Eine nach Art. 23 EuGVVO wirksame Vereinbarung des Gerichtsstands in F…, wie sie sich aus Ziff. 16 der Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Klägerin oder aus den nach Ziff. 17 dieser Bedingungen ergänzend heranzuziehenden AVB CEPAC ergeben könnte, ist nicht festzustellen. Dasselbe gilt für die in Ziff. 16 der Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Klägerin vorgesehene Vereinbarung des Erfüllungsortes in F…, denn auch diese auf Begründung eines Gerichtsstandes am Erfüllungsort gerichtete Klausel muss sich, wie das Landgericht richtig gesehen hat, an den Voraussetzungen einer Gerichtsstandsvereinbarung messen lassen.

a) Zutreffend hat das Landgericht die nach Art. 23 Abs. 1 EuGVVO an eine Gerichtsstandsvereinbarung zu stellenden Voraussetzungen dahin beschrieben, dass eine Vereinbarung im Sinne einer Willenseinigung erforderlich ist, die den Formerfordernissen des Art. 23 Abs. 1 Satz 3 lit. a) - c) EuGVVO genügt.

Wegen des Vorrangs der Verordnung verdrängt Art. 23 EuGVVO das nationale Zuständigkeitsrecht als lex specialis. Artikel 23 EuGVVO stellt eine in sich abgeschlossene Regelung des Rechts der Zuständigkeitsvereinbarungen dar, so dass Zulässigkeit, Form und Wirkungen einer Gerichtsstandsvereinbarung ausschließlich nach dieser Vorschrift in autonomer Auslegung zu prüfen sind (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 24.07.2009, Az.: 13 W 48/09; NJW-RR 2010, 118; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011, Art. 23 EuGVVO Rn. 16 ff; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl. 2010, Art. 23 EuGVVO Rn. 67 ff).

Angesichts der möglichen Folgen einer Gerichtsstandsvereinbarung für die Parteien im Prozess sind die in Art. 23 Abs. 1 EuGVVO aufgestellten Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung eng auszulegen (vgl. EuGH, Urteil v. 14.12.1976, Az.: C-24/76, NJW 1977, 494 und Urteil v. 20.02.1997, Az.: C-106/05, NJW 1997, 1431 jeweils zur gleichlautenden Bestimmung des Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ). Da Art. 23 Abs. 1 EuGVVO eine Vereinbarung verlangt, ist in erster Linie zu prüfen, ob die die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts begründende Klausel tatsächlich Gegenstand einer Willenseinigung zwischen den Parteien war. Die Formerfordernisse sollen gewährleisten, dass die Einigung zwischen den Parteien tatsächlich feststeht (vgl. EuGH, Urteil v. 14.12.1976 a.a.O; OLG Düsseldorf, Urteil v. 30.01.2004, Az.: 23 U 70/03, OLGR 2004, 208; OLG Celle, Beschluss v. 24.07.2009, a.a.O.; Geimer a.a.O. Rn. 77). Dabei muss die Vereinbarung nicht ausdrücklich getroffen werden. Folglich können Zuständigkeitsvereinbarungen auch durch Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen vorgenommen werden. Voraussetzung ist aber auch insoweit, dass die Willenseinigung anhand der Formanforderungen des Art. 23 Abs. 1 EuGVVO tatsächlich feststeht (vgl. Geimer a.a.O. Rn. 85 ff).

b) Gemäß Art. 23 Abs. 1 lit. a bis c) EuGVVO können Gerichtsstandsvereinbarungen schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung (lit. a), oder in einer Form, welche den zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten entspricht (lit. b), oder aber im internationalen Handel in einer Form geschlossen werden, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten (lit. c).

Nach keiner der Alternativen kann eine Willenseinigung der Parteien über die Einbeziehung der Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Klägerin angenommen werden, weil sich nicht feststellen lässt, dass die Klägerin diese Bedingungen der Beklagten im Zuge der Übermittlung der Auftragsbestätigung (Confirmation) per Telefax oder per Post zugesandt hat. Der in einer Auftragsbestätigung enthaltene Hinweis auf rückseitig abgedruckte Allgemeine Geschäftsbedingungen reicht, wenn diese Bedingungen nicht mit übersandt worden sind, nicht aus, eine Willenseinigung festzustellen. Denn dafür ist grundsätzlich erforderlich, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Vertragspartner im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 30.01.2004 a.a.O., OLG Oldenburg, Urteil v. 20.12.2007, 8 U 138/07, OLGR 2008, 694; OLG Celle, Beschluss v. 24.07.2009 a.a.O.; Kropholler/von Hein a.a.O. Rn. 35).

aa) Der Vertragsschluss durch Einigung der Parteien über den wesentlichen Vertragsinhalt ist allerdings - anders als das Landgericht gemeint hat - nicht schon mit Zugang des Bestellschreibens (Purchase order) der N… GmbH bei der Klägerin erfolgt, sondern erst mit Zugang der von der Klägerin nach Erhalt dieses Bestellschreibens an die Beklagten gesandten Auftragsbestätigung (Confirmation). Zwar enthält das Bestellschreiben alle für den Inhalt der wechselseitigen Leistungen maßgeblichen Daten, dass aber die Klägerin schon vor Zugang dieser von der N… GmbH für die Beklagte abgegebenen Willenserklärung eine damit übereinstimmende auf Vertragsabschluss gerichtete Erklärung abgeben hat, ist nicht ersichtlich. Wie die Klägerin zu Recht geltend macht, wird eine „Purchase order“ im Geschäftsverkehr regelmäßig nicht als Annahme eines Angebots, sondern - dem Wortsinn folgend - als Bestellung aufgefasst. Zudem entspricht es im internationalen Handel der Papierindustrie - wie der vom Landgericht zugezogene Sachverständige ausgeführt hat - der Regel, dass der Vertrag erst mit der Auftragsbestätigung zustande kommt. Anlass, die Sachkunde des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen, besteht nicht.

bb) Die Einbeziehung der auf der Rückseite der Geschäftsbriefe der Klägerin abgedruckten Allgemeinen Verkaufsbedingungen auf der Grundlage des Hinweises auf diese Bedingungen auf der ersten Seite der Auftragsbestätigung scheitert aber daran, dass ein Zugang des Textes der Allgemeinen Verkaufsbedingungen bei der Beklagten nicht festzustellen ist.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Auftragsbestätigung am 25.08.2006 von der Klägerin per Telefax an die Beklagte übermittelt worden und bei dieser eingegangen ist. Die Beklagte stellt aber in Abrede, dass dabei die Allgemeinen Verkaufsbedingungen als Rückseite der zweiseitigen Auftragsbestätigung mit übersandt worden sind. Sie macht geltend, die Auftragsbestätigung per Fax ohne rückseitig abgedruckte Bedingungen erhalten zu haben. Per Post habe sie die Auftragsbestätigung überhaupt nicht erhalten.

Das Bestreiten der Beklagten ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht aufgrund widersprüchlichen Prozessvorbringens als unbeachtlich anzusehen. Zwar hat die Beklagte in der Klageerwiderung zunächst mitgeteilt, (erst) mit Zugang der Auftragsbestätigung Kenntnis von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erhalten zu haben. Im weiteren Verlauf des Prozesses hat sie aber vorgetragen, dies sei unrichtig, das Telefax sei ohne Rückseite bei ihr eingegangen. Dazu hat sie erklärt, ihr Vorbringen in der Klageerwiderung zur erstmaligen Kenntnisnahme der Allgemeinen Verkaufsbedingungen mit Zugang der Auftragsbestätigung beruhe auf der - wie sich später gezeigt habe - fehlerhaften Annahme ihrer deutschen Prozessbevollmächtigten, dass die Klägerin insoweit zutreffend vorgetragen habe. Eine Übersetzung der Klageerwiderung in die englische Sprache sei der Beklagten erst nach Einreichung im Prozess zugeleitet worden. Erst nachdem die Klägerin zur Einbeziehung ihrer Allgemeinen Verkaufsbedingungen weiter vorgetragen habe, habe die Beklagte ihre Prozessbevollmächtigten darüber informiert, dass die Auftragsbestätigung ausschließlich per Fax und ohne Rückseite angekommen sei. Der Beklagten ist nicht zu widerlegen, dass ihr ursprünglich anders lautender Sachvortrag auf unzureichender Abstimmung zwischen Partei und Anwalt beruht.

cc) Der Beweis der Tatsache des Zugangs der Allgemeinen Verkaufsbedingungen bei der Beklagten ist der insoweit beweispflichtigen Klägerin nicht gelungen, denn ihr steht kein geeignetes Beweismittel zur Verfügung.

Ein Sendeprotokoll, welches für den Umfang der Telefax-Sendung und damit zugleich für dessen Inhalt eine Indiztatsache oder einen Anscheinsbeweis liefern könnte, weil der Zugang der Telefax-Sendung an sich nicht streitig ist (vgl. dazu BGH, Beschluss v. 21.07.2011, IX ZR 148/10, IBR 2011, 733; Urteil v. 07.12.1994, VIII ZR 153/93, NJW 1995, 665; Palandt/ Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 130 Rn. 21;Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl. § 416 Rn. 9), hat die Klägerin nicht vorlegen können. Sie hat mitgeteilt, sie könne Sendeunterlagen nicht mehr auffinden. Der Senat hat der Beklagten zum Zwecke der Sachaufklärung gemäß § 142 ZPO aufgegeben, die ihr per Telefax zugegangene Auftragsbestätigung als vollständigen Ausdruck des Telefaxgeräts vorzulegen. Darauf hat die Beklagte mitgeteilt, nach erneuter intensiver Recherche befänden sich in ihren Geschäftsunterlagen, die heute noch verfügbar seien, keine Posteingänge von Schriftstücken der Klägerin im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Bestellung. Gegenteiliges lässt sich nicht feststellen. Ein Anhaltspunkt, der die Annahme tragen könnte, dass die Beklagte den Ausdruck des Telefaxgeräts noch in Besitz oder nicht hinreichend sorgfältig danach geforscht hat, ist nicht gegeben. Derartiges hat auch die Klägerin nicht vorgetragen, sie hat keine Umstände aufgezeigt, die dafür sprechen könnten, dass sich der Ausdruck tatsächlich im Besitz der Beklagten befinde. Da der Verkehr der Parteien per Telefax vor mehr als fünf Jahren stattgefunden hat, ist es auch nicht als gänzlich ungewöhnlich anzusehen, dass seinerzeit zugegangene Unterlagen heute nicht mehr aufbewahrt werden. Schließlich hat auch die Klägerin ein Sendeprotokoll nicht (mehr) in Besitz, wenngleich ihr Innendienstleiter K… in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, dass sich ein solches Protokoll in den Geschäftsunterlagen noch befinden dürfte, was dafür spricht, dass die Klägerin derartige Unterlagen üblicherweise aufbewahrt. Bei dieser Sachlage hat kein Anlass bestanden, eine Urkundenvorlage durch Beweisbeschluss anzuordnen (§ 245 ZPO) oder die Beklagte über den Verbleib des Ausdrucks des Telefaxgeräts zu vernehmen (§ 426 ZPO).

Dem Beweisantritt der Klägerin auf Vernehmung ihres Innendienstleiters K… als Zeugen dafür, dass die Auftragsbestätigung einschließlich Rückseite per Telefax und per Post an die Beklagte gesandt wurde, war nicht nachzugehen. Die Aufgabe einer Briefsendung zur Post vermag den Zugang der Sendung nicht zu beweisen, denn es besteht kein Anscheinsbeweis, dass eine zur Post gegebene Sendung den Empfänger erreicht hat (vgl. BGH, Urteil v. 21.01.2009, VIII ZR 107/08, NJW 2009, 2197; Urteil v. 24.04.1996, VIII ZR 150/95, NJW 1996, 2033; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 130 Rn. 21). Soweit es um den Inhalt der unstreitig bei der Beklagten eingegangenen Telefax-Sendung geht, fehlt schon eine Darlegung der Klägerin, welche konkrete Tatsache der Zeuge K… bekunden soll. Es ist unklar, ob der Zeuge das Telefaxgerät bedient hat oder bei Bedienung durch einen Dritten anwesend gewesen sein oder was er sonst wissen soll. Die Auftragsbestätigung selbst nennt als Kontaktperson (Contact person) nicht Herrn K…, sondern G… B…. Abgesehen davon vermag auch die Tatsache der ordnungsgemäßen Bedienung eines Telefaxgeräts unter Eingabe bestimmter zu versendender Unterlagen für sich den Zugang einer dementsprechenden Fernkopie nicht zu beweisen. Die Absendung einer Telefax-Kopie verschafft keine Gewissheit über die ordnungsgemäße Übermittlung an den Empfänger (vgl. BGH, Beschluss v. 21.07.2011 a.a.O.; Urteil v. 07.12.1994 a.a.O.).

Eine Vernehmung des Zeugen K… war ebenfalls nicht veranlasst, soweit die Klägerin diesen zuletzt auch dafür benannt hat, dass unternehmensinterne Arbeitsanweisungen, nach denen der Versand der Verkaufsbedingungen zwingend vorgesehen sei, ständig überwacht und stets befolgt würden. Die behauptete generelle Einhaltung von Arbeitsanweisungen für den Versand von Auftragsbestätigungen lässt hinreichende Feststellungen für den Zugang einer Telefaxsendung mit bestimmtem Inhalt nicht zu, weil sich daraus allenfalls ein Indiz für die Absendung ergeben könnte. Zudem lässt das Sachvorbringen der Klägerin offen, ob die Auftragsbearbeitung im Streitfall überhaupt nach den von ihr vorgelegten Arbeitsanweisungen vorgenommen worden ist. Sachvortrag dazu hält die Klägerin nicht. Die eingereichten Arbeitsanweisungen „Auftrag-/Vertragsprüfung“ vom 06.01.2003 und „Auftragsbearbeitung“ vom 01.12.2000 sehen vor, dass bei Übermittlung der Auftragsbestätigung per Telefax die Verkaufsbedingungen „bei Erst-Geschäften“ mit zu übersenden sind. Ob das Geschäft mit der Beklagten als „Erst-Geschäft“ behandelt worden ist, hat die Klägerin nicht mitgeteilt. Ebensowenig hat sie vorgetragen, ob der Arbeitsanweisung „Auftragsbearbeitung“ hinsichtlich der unter Ziff. 5 vorgesehenen Dokumentationen und Archivierung der Unterlagen zur Auftragserfassung für die Dauer von zehn Jahren entsprochen worden ist.

dd) Eine Vereinbarung über die gerichtliche Zuständigkeit allein aufgrund des Hinweises auf die nicht ausgehändigten Bedingungen lässt sich weder auf Gepflogenheiten der Parteien nach Art. 23 Abs. 1 lit. b) EuGVVO noch auf einen internationalen Handelsbrauch gemäß Art. 23 Abs. 1 lit. a) EuGVVO stützen.

Gepflogenheiten im Sinne des Art. 23 Abs. 1 lit. b) EuGVVO setzen eine laufende Geschäftsbeziehung voraus (vgl. Kropholler/von Hein a.a.O. Rn. 50; Geimer a.a.O. Rn. 117). Schon das ist unter den Parteien nicht der Fall. Die von der Klägerin ohne nähere Darlegung zu Umfang und Intensität angeführten Geschäftskontakte zum amerikanischen Mutterkonzern der Beklagten sind dieser nicht zuzurechnen, weil es sich bei der Beklagten um eine organisatorisch und rechtlich selbständige Gesellschaft handelt. Das Vorbringen der Klägerin ergibt zudem nicht, dass sich in laufender Geschäftsbeziehung mit der Muttergesellschaft eine Gepflogenheit ausgeprägt habe, nach der die bloße Bezugnahme auf Bedingungen auch ohne deren Aushändigung im Sinne ständiger Übung als Einbeziehung gelte.

Ebensowenig ist ein internationaler Handelsbrauch dahin festzustellen, dass eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Gerichtsstandsklausel schon aufgrund einer bloßen Bezugnahme auf diese Bedingungen gelten solle, auch wenn die Bedingungen selbst nicht oder erst nach Vertragsschluss übermittelt worden sind. Einen solchen Handelsbrauch trägt die Klägerin nicht vor, er ist nach den Ausführungen des Sachverständigen auch zu verneinen. Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, es bestehe kein internationaler Handelsbrauch, dass eine in Geschäftsbedingungen enthaltene Gerichtsstandsklausel gelten solle, „wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen erst nach Einigung über alle wesentlichen Vertragsinhalte übermittelt werden“.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird unter Ansatz des Wechselkurs im Zeitpunkt des Eingangs der Berufungsschrift auf bis zu 65.000,- € festgesetzt (§§ 40, 47 GKG).