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Straßenbaubeitrag; Miteigentümer; Gesamtschuld; Heranziehung eines Miteigentümers durch den Widerspruchsbescheid; Aufhebung des Widerspruchsbescheides gegenüber dem Miteigentümer; Unzulässigkeit der Anfechtungsklage des Miteigentümers; ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (verneint); Verfahrensmangel (verneint)


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 30.10.2013
Aktenzeichen OVG 9 N 156.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 5 VwGO

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 19. Oktober 2012 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 6.559,49 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger, Miteigentümer eines Grundstücks, erhob Widerspruch gegen einen Ausbaubeitragsbescheid, den der Beklagte nur gegen den anderen Miteigentümer gerichtet hatte. Im Widerspruchsbescheid bezeichnete der Beklagte auch den Kläger als Beitragsschuldner. Der Kläger zahlte einen Teil des Beitrages. Während des Klageverfahrens hob der Beklagte den Widerspruchsbescheid auf. Die gleichwohl aufrechterhaltene Anfechtungsklage des Klägers gegen den Beitragsbescheid hat das Verwaltungsgericht wegen Unzulässigkeit abgewiesen. Das Urteil ist dem Kläger am 27. Oktober 2012 zugegangen. Der Kläger hat am 5. November 2012 die Zulassung der Berufung beantragt und seinen Zulassungsantrag erstmals am 13. November 2012 begründet.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO). Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Danach ist die Berufung hier nicht zuzulassen.

1. Die Darlegungen des Klägers wecken nicht die sinngemäß geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

a) Soweit der Kläger durch den Widerspruchsbescheid erstmalig belastet worden ist, ist der Anfechtungsantrag des Klägers nach der Aufhebung des Widerspruchsbescheides durch den Beklagten unzulässig geworden. Er geht ins Leere. Nachdem der Widerspruchsbescheid schon vom Beklagten aufgehoben worden ist, kann der Kläger die gerichtliche Aufhebung des Widerspruchsbescheides nicht mehr erlangen. Daran ändert es auch nichts, dass der Kläger zwischenzeitlich einen Teil der Beitragsforderung beglichen hat; dies nimmt der Aufhebung des Widerspruchsbescheides nicht ihre rechtliche Wirkung. Einen Fortsetzungsfeststellungsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des aufgehobenen Widerspruchsbescheides (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) hat der Kläger nicht gestellt, obwohl er schon im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertreten gewesen ist.

b) Die Anfechtungsklage des Klägers gegen den Ausgangsbescheid ist ebenfalls unzulässig. Wie sich aus der Begründung der Aufhebung durch den Beklagten ergibt, hat mit der Aufhebung des Widerspruchsbescheides der Ausgangsbescheid wieder seine ursprüngliche Gestalt erlangt, d. h. er richtet sich nicht gegen den Kläger, sondern nur gegen den anderen Miteigentümer. Er kann den Kläger insoweit nicht in seinen Rechten verletzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 1975 – IV C 46.72 –, juris; vgl. auch Driehaus, Erschließungs– und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 24, Rdnr. 10). Sollte der andere Miteigentümer wegen dieses Bescheides auf die Beitragsforderung gezahlt haben, läuft der Kläger insbesondere nicht Gefahr, insoweit gleichsam schutzlos einem zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch des anderen Miteigentümers ausgesetzt zu sein. Einem etwaigen Ausgleichsanspruch könnte der Kläger alle Einwendungen entgegen halten, die auch ihm zugestanden hätten, wenn er unmittelbar vom Beklagten in Anspruch genommen worden wäre (vgl. BVerwG, a. a. O., Rdnr. 21; Driehaus, a.a.O., Rn. 11). Es ist nicht ersichtlich, dass die Zivilgerichte dies anders sehen als das Bundesverwaltungsgericht. Soweit der Kläger meint, es sei dem anderen Miteigentümer nicht zuzumuten, wenn der Kläger ihm – und nicht dem Beklagten gegenüber – seine Einwendungen gegen die Beitragserhebung entgegenhalte, zumal der andere Miteigentümer alt und krank sei und mittlerweile unter Betreuung stehe, genügt das nicht, um dem Kläger eine Klagebefugnis gegen den Beitragsbescheid zu vermitteln. Der insoweit vom Kläger angeführte Zumutbarkeitsgedanke ändert nichts daran, dass der Ausgangsbescheid sich nunmehr wiederum nur noch gegen den Miteigentümer richtet. Dieser muss mit den Belastungen aus seinem Miteigentum leben, auch wenn er alt und krank ist; nicht zuletzt um ihm dies zu ermöglichen, gibt es die Möglichkeit der Betreuung.

2. Aus den Darlegungen des Rechtsmittelführers ergibt sich nicht, dass ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat den Kläger im Vorfeld der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf das oben zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts unter Angabe des Entscheidungsdatums, des Aktenzeichens und der Fundstelle in juris hingewiesen. Soweit der Kläger mit seinem Zulassungsantrag rügt, der Abruf des Urteils über juris sei kostenpflichtig, genügt dies nicht, um eine Gehörsverletzung durch das Verwaltungsgericht darzulegen. Vor dem Hintergrund des konkreten zeitlichen Ablaufs hätte der Kläger ohne weiteres Gelegenheit gehabt, sich schon erstinstanzlich um eine kostenfreie Übermittlung des Urteils oder des wesentlichen Urteilsinhalts zu bemühen, hat diese Möglichkeit aber nicht ergriffen; eine Gehörsrüge greift indessen nur, wenn der Betroffene rechtzeitig versucht hat, sich Gehör zu verschaffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3 und 1, § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG).

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 und § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO nunmehr rechtskräftig.