Die Kammer konnte in der Sache ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die Beteiligten zuvor auf diese Möglichkeit hingewiesen wurden und übereinstimmend ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Klage ist zulässig, sie ist auch begründet.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Dieser hat einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen Kosten, die ihm für seine Rechtsverfolgung im Vorverfahren entstanden sind.
Nach § 63 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren beurteilt sich im Anwendungsbereich von SGB X, VwVfG und VwGO nach denselben Maßstäben (Bundesverwaltungsgericht – BVerwG – vom 10.04.1978 Az. 6 C 27.77; BVerwGE 55, 299-306; OVG NRW vom 13.02.2004, veröffentlicht im Juris).
Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren ist auf den Einzelfall abzustellen; die Notwendigkeit ist dabei nicht die Regel, sondern die Ausnahme, die jedoch nicht nur bei schwierigen und umfangreichen Sachverhalten zu bejahen ist. Vielmehr ist abzustellen auf die Sicht eines verständigen Beteiligten, wobei die individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Antragstellers entscheidend sind. Die Notwendigkeit ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn das Widerspruchsverfahren rechtlich oder tatsächlich nicht einfach ist oder auch bei einfachen Fällen der Widerspruchsführer ohne den Bevollmächtigten hilflos wäre (Roos in von Wulffen, SGB X, Kommentar, 6. Auflage, Beckverlag § 63 Randnummer 26, m. w. N.). Maßgebend ist also, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eines Rechtsbeistandes bedient hätte (OVG NRW vom 13.02.2004, veröffentlich in Juris, mit weiteren Nachweisen).
Gemessen hieran war vorliegend die Zuziehung eines bevollmächtigten Rechtsanwalts für das Vorverfahren notwendig. Einem juristischen Laien ist nicht ohne weiteres erkennbar, auf welchen Rechtsgrundlagen ein Verwaltungsakt bzw. ein Bescheid beruht, oft sind Behördenschreiben für eine juristischen Laien unverständlich, die Berechnungen der Leistungen häufig kompliziert, insbesondere die Berechnungen von Sozialleistungen im Sozialrecht sind kompliziert und schwierig und ohne weiteres nicht durchschaubar. Vorliegend ging es um den Eintritt einer Sperrzeit, wobei die Beklagte ausweislich des „vorläufigen“ Bescheides vom 12.06.2007 den Zeitraum vom 01.07. bis 22.09.2007 mit einer „vorläufigen Sperrzeit“ belegt hat. Zudem hat die Beklagte mit dem Sperrzeitbescheid vom 22.06.2007 den Eintritt der Sperrzeit im o.g. Zeitraum endgültig festgestellt. Für einen juristischen Laien war damit durchaus nicht offenkundig, dass es sich insoweit lediglich um eine „vorläufige“ Regelung handeln soll ausgehend vom Empfängerhorizont. Daran ändert auch nicht das von der Beklagten angeführte Begleitschreiben, in dem sie den Kläger darauf hinweist, dass sie über seinen Antrag noch nicht abschließende entscheiden könne, da sie den Eintritt einer Sperrzeit prüfen müsse. Missverständlich sind insoweit in dem „vorläufigen“ Bescheid vom 12.06.2007 die Ausführungen, dass sie über die Erbringung der Leistungen vorläufig entscheide, da die Beklagte gerade vorläufig über Leistungen nicht entschieden hat, vielmehr vorläufig die Anspruchsdauer festgesetzt hat, wie es sich aus dem Wortlaut des Bewilligungsbescheides vom 12.06.2007 ergibt und der Leistungsbetrag in der Sperrzeit mit 0,00 € ausgewiesen wird.
Angesichts der Bedeutung der Sache für den Kläger war anwaltliche Hilfe zur Einlegung des Widerspruchs erforderlich. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist eigentumsrechtlich durch Artikel 14 des Grundgesetzes geschützt, den die Beklagte hier rechtswidrig dem Kläger (wenn auch nur vorläufig) vorenthalten hat. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es für die Kammer als eine unzumutbare Belastung, einen arbeitslos gewordenen Versicherten auf anderweitige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu verweisen, insbesondere nachdem auch derartige Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII nur bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen gewährt werden. Die Zuziehung eines bevollmächtigten Rechtsanwalts war daher hier notwendig.
Gemäß § 328 SGB III kann über die
Erbringungen von Geldleistungen
vorläufig entschieden werden, wenn unter anderem zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat (§ 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3). In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden (§ 328 Abs. 1 Satz 3 SGB III).
§ 328 SGB betrifft die Fälle, bei denen der Anspruch dem Grunde nach noch nicht feststeht, sondern lediglich wahrscheinlich ist (Niesel in SGB III, Kommentar Arbeitsförderung, 3. Auflage, Beckverlag § 328 Rn. 3 m.w.N.). Dies bedeutet, dass gerade in den Fällen, in denen die Voraussetzungen des Ruhens eines Anspruchs zu prüfen sind und an sich der Anspruch auf eine Leistung gegeben ist, eine vorläufige Entscheidung gemäß § 328 SGB III in Betracht kommt, gerade dann, wenn die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit abzuklären sind (Niesel in Niesel a.a.O, Rn. 11, m.w.N.).
Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift wird lediglich die Möglichkeit über die
Erbringung von Geldleistungen
vorläufig zu entscheiden, eröffnet und gerade nicht über den Eintritt einer „vorläufigen“ Sperrzeit.
Mithin ist die Praxis der Beklagten nicht richtig und entbehrt jeder Rechtsgrundlage, wenn die Beklagte – wie hier – vorläufig über die Dauer oder Höhe entscheidet (bei letzteren käme lediglich § 42 SGB I zur Anwendung). Auch erscheint die Sorge der Beklagten, sie werde die vorläufig gewährten Leistungen ggf. nicht zurückerhalten – unbegründet, denn sollte sich im weiteren Verlauf und nach endgültiger Prüfung herausstellen, dass tatsächlich ein Anspruch auf die vorläufig gewährte Geldleistung nicht besteht, so sind erbrachte Leistungen gem. § 328 Abs. 3 SGB III aufgrund einer vorläufigen Entscheidung über die Leistungsbewilligung zu erstatten. Die „vorläufige Nichtgewährung“ von Leistungen – wie hier mit dem Bescheid vom 12.06.2007 – war daher nicht rechtmäßig, da – wie oben dargelegt – es insoweit an einer gesetzlichen Grundlage für die „vorläufige Sperrzeit“ und Nichterbringung des Arbeitslosengeldes fehlt. Insoweit hat die Beklagte auch Anlass für die Einlegung des Rechtsbehelfs gegeben.
Im Übrigen sind Kosten des Widerspruchsverfahrens erstattungsfähig, soweit der Widerspruch erfolgreich war.
Gemäß § 63 Abs. 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.
Ein Widerspruch hat im Sinne des Gesetzes nur dann Erfolg, wenn die Behörde ihm stattgibt. Dies ist vorliegend der Fall. Wie die Beklagte selbst im Änderungsbescheid vom 25.06.2007 und im „Abhilfe“-Bescheid vom 25.07.2007 davon ausgeht, dass dem Widerspruch in
vollem
Umfang abgeholfen werden konnte.
Der Widerspruch ist dann als erfolgreich im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X anzusehen, wenn zwischen dem Rechtsbehelf – wie hier den Widersprüchen vom 22.06.2007 und 23.07.2007 – und begünstigender Entscheidung der Behörde (hier der Rücknahmebescheid vom 27.06.2007 und Abhilfebescheid vom 23.06.2008 eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht (Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 29.01.1998, Az.: B 12 KR 18/97 R, m.w.N., veröffentlicht in Juris). Dies ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend der Fall.
Mit Einlegung des Widerspruchs vom 22.06.2007 gegen den Eintritt der Sperrzeit vom 01.07. bis 22.09.2007 hat der Prozessbevollmächtigte die Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts vorgelegt. Aufgrund dessen hat die Beklagte den Sperrzeitbescheid vom 22.06.2007 mit Bescheid vom 27.06.2007 zurückgenommen, den Änderungsbescheid vom 27.06.2007 und den Abhilfebescheid vom 25.07.2007 erteilt.
Zwar hat der Prozessbevollmächtigte nach Einsichtnahme in die Leistungsakte den Widerspruch im Hinblick auf den Rücknahmebescheid vom 27.06.2007 zurückgenommen, dies ändert jedoch nichts daran, dass der Widerspruch gegen den (rechtswidrigen) vorläufigen Bescheid vom 12.06.2007 schon erfolgreich war und für dieses Verfahren hat der Prozessbevollmächtigte die Kostennote mit dem Kostenfestsetzungsantrag vom 06.07.2007 eingereicht.
Zwar hat die Beklagte mit dem Änderungsbescheid vom 25.06.2006 eine abschließende endgültige Festsetzung der Anspruchsdauer verfügt. Die vorläufige Entscheidung war damit gemäß § 39 Abs. 2 SGB X durch diese abschließende anderweitige Entscheidung erledigt, sodass es an und für sich keiner gesonderten Aufhebung bzw. Rücknahme bedurfte. In der vorläufigen Entscheidung hat die Beklagte jedoch rechtswidrig eine Regelung über
den vorläufigen Eintritt
einer
Sperrzeit
getroffen, sodass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Widerspruch der auf Aufhebung der Sperrzeit gerichtet war und dem endgültigen Bescheid besteht, da insoweit eine „Abhilfe“ erfolgt ist. Erfolgreich ist ein Widerspruch, auf den hin der Verwaltungsakt völlig oder teilweise aufgehoben wird. Dies ist vorliegend der Fall – wie oben dargelegt. Die erforderliche kausale Verknüpfung zwischen dem Widerspruch des Prozessbevollmächtigten vom 22.06.2007 und dem Abhilfe – hier dem Rücknahmebescheid – ist zu bejahen.
Auch das Vorbringen der Beklagten, der Erlass des vorläufigen Bescheides vom 12.06.2007 habe darauf beruht, dass der Arbeitgeber unvollständige Angaben in der Arbeitgeberbescheinigung gemacht hat und der Eintritt der Sperrzeit zu prüfen war wegen Aufgabe einer Beschäftigung – kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn richtig ist zwar, dass insoweit für die Beklagte hinreichender Anlass und die Verpflichtung aus § 20 SGB X bestand, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Zutreffend hat die Beklagte auch zunächst die Voraussetzungen für das Ruhen des Anspruchs insoweit geprüft, als sie sämtliche den Anspruch begründenden Tatbestände, auch die Voraussetzungen des Anspruchs prüfen musste. Der Beklagten war jedoch nicht erlaubt, eine vorläufige Sperrzeit festzustellen sowie vorläufig über die Anspruchsdauer – wie sie es ausweislich der Mitteilung im vorläufigen Bescheid vom 12.06.2007 erklärt hat, zu treffen, da wie oben bereits dargestellt nach § 328 SGB III lediglich vorläufig über die Erbringung von Geldleistungen entschieden werden darf, woran es hier gerade fehlt.
Nach alledem hatte zur Überzeugung des Gerichts des Widerspruchs bedurft und dieser war auch – wie oben dargelegt – vollumfänglich erfolgreich. Die Beklagte hat daher die notwendigen Aufwendungen des Klägers, die ihm im Widerspruchsverfahren entstanden sind, zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Berufung war zuzulassen gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, da zu befürchten steht, dass die Beklagte durch ihre rechtswidrige Praxis ohne Klärung durch die Obergerichte weiterhin auf der Grundlage von § 328 SGB III gerade Geldleistungen nicht erbringt und diese Vorschrift für andere vorläufige, vom Gesetz nicht gedeckte, Entscheidungen heranzieht. Insbesondere vertritt die Beklagte in zahlreichen gleich gelagerten Fällen die Auffassung, dass ihr in Fällen der Sperrzeitprüfung nur die Möglichkeit verbleibe, bis zur endgültigen Klärung gar keine Entscheidung über die Leistungsbewilligung treffen zu können und bei „vorläufigen“ Bescheiden der hier vorliegenden Art es der Einlegung von Rechtsbehelfen nicht bedarf. Es erscheint daher zur Beantwortung dieser Frage eine grundsätzliche Klärung notwendig. Es bedurfte daher der Zulassung der Berufung, da der Streitwert in diesen Fällen naturgemäß 750,00 € nicht erreicht bei der Geltendmachung der Kosten des Vorverfahrens.