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Ghana; Visum; Familiennachzug; Einreise in das Bundesgebiet (bereits erfolgt); vorübergehender Aufenthalt (verneint); Zuständigkeit der Ausländerbehörde; Rechtsschutzbedürfnis (verneint)


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 20.05.2014
Aktenzeichen OVG 3 B 3.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das den Beteiligten am 27. September 2011 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge, abgesehen von den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ghanaischer Staatsangehörigkeit begehrt die Erteilung eines Visums zum Nachzug zu seinen 2004 und 2010 geborenen, bei ihrer Mutter in Hamburg lebenden Kindern. Mutter und Kinder verfügten zunächst über die ghanaische Staatsangehörigkeit. Der Kläger erkannte die Vaterschaft an und übt das Sorgerecht gemeinsam mit der Mutter aus. Er lebte bis vor kurzem in Spanien und verfügte dort über einen Aufenthaltstitel. Die Mutter der gemeinsamen Kinder hat ein weiteres, 2001 geborenes Kind deutscher Staatsangehörigkeit, das in ihrem Haushalt wohnt und regelmäßigen Kontakt zu seinem Vater hat.

Den Antrag des Klägers auf Erteilung eines Visums zur Familienzusammenführung lehnte die Deutsche Botschaft in Madrid durch Bescheid vom 29. Juni 2010 mangels Sicherung des Lebensunterhalts ab.

Auf die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht Berlin die Beklagte gemäß Art. 6 GG, § 36 Abs. 2 AufenthG zur Visumerteilung verpflichtet. Die familiäre Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seinen Kindern könne nur im Bundesgebiet hergestellt werden, da die Halbschwester der Kinder deutsche Staatsangehörige sei und ihr Umgang mit ihrem Vater bei Veränderung der Wohnsituation erheblich erschwert würde. Dass der Kläger sich aufgrund seines spanischen Aufenthaltstitels drei Monate pro Jahr im Bundesgebiet aufhalten dürfe, reiche für die Betreuung seiner Kinder nicht aus. Es liege eine Ausnahme von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor. Das von § 36 Abs. 2 AufenthG eröffnete Ermessen sei „auf Null“ reduziert.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die von dem Senat wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassene Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Beigeladene mit Schriftsatz vom 3. Februar 2014 darauf aufmerksam gemacht, dass der Kläger sich bereits im Bundesgebiet aufhält. Er sei zu einem unbekannten Zeitpunkt eingereist und im Januar 2014 bei der Ausübung einer ihm nicht erlaubten Erwerbstätigkeit aufgegriffen worden. Ausweislich des Prüfprotokolls des Zolls nach § 2 Abs. 1 SchwarzArbG hat der Kläger am 22. Januar 2014 angegeben, seit einem Monat bei der Firma als Küchenhilfe beschäftigt zu sein und hierfür monatlich 400 Euro in bar zu erhalten.

Die Beklagte beantragt,

das den Beteiligten am 27. September 2011 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er weist darauf hin, er habe sich durch seine behördlich festgestellte Beschäftigung ein Extraeinkommen verschaffen wollen, um es seinen Kindern zugute kommen zu lassen. Die Beigeladene habe seinen Pass einbehalten. Da er Deutschland nicht verlassen könne, habe er sich bei der Kindesmutter angemeldet. Diese sowie die Kinder selbst hätten zwischenzeitlich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, so dass der Kläger einen Anspruch nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG habe.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Der Senat kann über die Berufung der Beklagten nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130a VwGO durch Beschluss entscheiden. Die Tatsachenlage ist überschaubar und die maßgeblichen Rechtsfragen sind geklärt. Der Senat hält die Berufung der Beklagten einstimmig für begründet.

Das erstinstanzliche Urteil ist zu ändern. Die Verpflichtungsklage muss ohne Erfolg bleiben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), denn der Kläger kann die Erteilung des begehrten Visums zum Nachzug zu seinen im Bundesgebiet lebenden Kindern nicht beanspruchen.

Es besteht kein rechtsschutzwürdiges Interesse an der begehrten Sachentscheidung mehr. Nach der Einreise des Klägers in das Bundesgebiet und seinem Aufenthalt in Hamburg spätestens seit Januar 2014, der schon nach seiner Dauer, aber auch den Erklärungen des Klägers zufolge - er habe gearbeitet, könne nun nicht mehr ausreisen, habe sich polizeilich angemeldet und habe einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch die Beigeladene - keinen Besuchs- oder anderen vorübergehenden Zwecken (mehr) dient, kommt eine Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines Visums zum Zwecke des Familiennachzugs nicht mehr in Betracht.

Das nationale Visum, eine nach seiner gesetzlichen Ausgestaltung in §§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 6 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vor der Einreise einzuholende besondere Form des Aufenthaltstitels, ist nicht für das Aufenthaltserlaubnisbegehren von Ausländern vorgesehen, die bereits ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet begründet haben. Für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Inland ist auch nicht die Beklagte, sondern die Beigeladene als örtlich zuständige Ausländerbehörde berufen (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Auch der mit dem Visumverfahren verfolgte Zweck der Kontrolle und Steuerung des Zuzugs von Ausländern kann nicht mehr erfüllt werden (vgl. zu allem OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. Juni 2009 - OVG 12 N 26.09 -, juris; OVG Berlin, Beschluss vom 6. Februar 2004 - OVG 2 N 121.04 -, juris) .

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG.